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Gefängnisse und Lager im sowjetischen Herrschaftssystem - gulag

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Sowjetische <strong>Gefängnisse</strong> <strong>und</strong> <strong>Lager</strong> 601<br />

„dwojka“, gefällt. Die <strong>Lager</strong> wurden zu einem „Reservoir“, wohin alle geschickt<br />

wurden, die der Erschießung entgangen sind.<br />

Ab Herbst 1937 begann die Zahl der Häftlinge <strong>im</strong> GULAG katastrophal zu<br />

wachsen <strong>und</strong> <strong>im</strong> Jahre 1938 überschritt sie die 2 Millionen Grenze. 77 Die<br />

Hauptprobleme des GULAG waren in der Zeit die Organisation der Aufnahme,<br />

Verteilung, Bewachung <strong>und</strong> des Arbeitseinsatzes dieser gigantischen Masse<br />

von Menschen. In der Vorbereitung der Massenverfolgung hatten die staatlichen<br />

Stellen die Organisation von einigen neuen <strong>Lager</strong>n eingeplant, vor allem<br />

für Holzbeschaffungsarbeiten. Das hatte sicherlich hauptsächlich ökonomische<br />

Gründe: die Holzbeschaffungsarbeiten forderten vorläufig keine großen Investitionen<br />

<strong>und</strong> die Existenz riesiger Waldmassive <strong>im</strong> ganzen Norden des europäischen<br />

Teil des Landes <strong>und</strong> in Sibirien erlaubte eine Verteilung der Häftlinge<br />

auf diese Regionen. Man organisierte <strong>im</strong> Laufe von einigen Monaten 13 neue<br />

Waldlager, aber auch sie konnten das Problem nicht lösen. Gleichzeitig schuf<br />

der NKWD noch weitere 9 <strong>Lager</strong>, die mit verschiedenen Industrieobjekten<br />

verb<strong>und</strong>en waren. Aber auch diese <strong>Lager</strong> konnten das Problem der Aufnahme<br />

der Masse von Häftlingen nicht lösen, <strong>und</strong> man schickte die Häftlinge weiter in<br />

die alten <strong>Lager</strong> wie Dallag, Bamlag <strong>und</strong> andere. Diese <strong>Lager</strong> wuchsen dadurch<br />

so enorm (z. B. <strong>im</strong> Dallag am 1.10.37: 157.375, <strong>im</strong> Bamlag am 1.4.38:<br />

268.637 Häftlinge) 78 , daß der NKWD gezwungen war, diese <strong>Lager</strong> zu verkleinern,<br />

so wurde z. B. Bamlag in sechs kleinere Eisenbahnlager aufgelöst.<br />

Auf diese Weise wurden die alten <strong>Lager</strong>formen, die noch <strong>im</strong> Sinne des Beschlusses<br />

des Jahres 1929 aufgebaut <strong>und</strong> auf die komplexe Erschließung der<br />

unbewohnten Regionen orientiert waren, allmählich durch die kompaktere<br />

Formen ersetzt, die eine konkrete wirtschaftliche Profilorientierung hatten.<br />

Diese Spezialisierung führte dazu, daß die Zahl der <strong>Lager</strong> sich sehr schnell<br />

vergrößerte. Das erforderte auch die Einrichtung neuer Strukturen, die dann<br />

entsprechend profilierte <strong>Lager</strong> verwalten konnten. Mit der Vergrößerung der<br />

Zahl der <strong>Lager</strong> (1938: 51, 1939: 58, Ende 1940: 70) wuchs das Niveau der<br />

technischen Aufgaben, was eine fachmännische Ingenieurleitung erforderlich<br />

machte. Das Verwaltungssystem des GULAG insgesamt wurde <strong>im</strong>mer schwerfälliger<br />

<strong>und</strong> ineffektiver.<br />

4.8. Die Reorganisation am Vorabend des Krieges<br />

Die Krise des <strong>Lager</strong>systems entwickelte sich vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Vorkriegsmilitarisierung<br />

der <strong>sowjetischen</strong> Wirtschaft, der beschleunigten Entwicklung<br />

der neuen Industrierichtungen <strong>und</strong> der Vergrößerung der Kapazitäten<br />

in den alten, aber nicht ausreichend entwickelten Branchen. Im Rahmen des<br />

streng zentralisierten Systems des NKWD gab es wahrscheinlich nur zwei<br />

Wege: entweder die Ausgliederung des GULAG aus dem NKWD in ein selbständiges<br />

Volkskommissariat mit den entsprechend spezialisierten Verwaltun-<br />

77 GARF, f. 9414, op.1, d.115, l.20, d.2740, l.41,47.<br />

78 Ebenda, d.2740, l.62,63.

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