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Gefängnisse und Lager im sowjetischen Herrschaftssystem - gulag

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Sowjetische <strong>Gefängnisse</strong> <strong>und</strong> <strong>Lager</strong> 617<br />

dieser Begräbnisstätten zuzusichern, sind längst nicht alle örtlichen Behörden<br />

bereit.<br />

Im Zusammenhang mit den Begräbnisorten entstehen die verschiedensten Probleme.<br />

Zum Beispiel hat man in einigen Orten in letzter Zeit damit begonnen,<br />

diese Stücke Land der orthodoxen Kirche zu übergeben. Und statt einem<br />

Denkmal entstehen hier jetzt Kapellen, Kirchen <strong>und</strong> daneben Wohnhäuser für<br />

die Priester. Ausgrabungen werden von niemandem durchgeführt <strong>und</strong> es ist<br />

völlig unklar, ob all diese Gebäude nicht direkt auf den Gräbern gebaut werden.<br />

Das geschieht zur Zeit beispielsweise in Butowo – dem größten unter<br />

Moskaus Massengräbern (hier liegen mehr als 20.000 Erschossene).<br />

Schl<strong>im</strong>mer noch steht es um die <strong>Lager</strong>friedhöfe. Die Mehrheit der alten <strong>Lager</strong><br />

wurde geschlossen <strong>und</strong> die Gefangenenfriedhöfe (die gab es fast bei jedem <strong>Lager</strong>)<br />

bleiben unbekannt. „Memorial“ schafft es nicht – mit wenigen Ausnahmen<br />

– sich darum zu kümmern. Aber auch die Kräfte von „Memorial“ sind beschränkt,<br />

außerdem hat „Memorial“ seine stärksten Gruppen nur in den großen<br />

Städten.<br />

In den vergangenen Jahren hat man viele Friedhöfe bei <strong>Lager</strong>n für ausländische<br />

Kriegsgefangene gef<strong>und</strong>en. Diese Arbeit hat „Kriegsmemorial“ durchgeführt<br />

(eine eigene Organisation, die mit der Gruppe gleichen Namens keinerlei<br />

Verbindung hat), soweit bekannt ist, gemeinsam mit ausländischen Organisationen.<br />

Das wichtigste Element bei der Einrichtung der Erinnerung an die Opfer der<br />

Repressionen ist aber die Herausgabe von „Gedenkbüchern“. Sie werden in<br />

verschiedenen Regionen Rußlands von gesellschaftlichen Kräften herausgegeben<br />

(meistens Gruppen von „Memorial“ oder Vereinigungen von ehemaligen<br />

Verfolgten), aber <strong>im</strong>mer mit der Unterstützung des FSB oder der Staatsanwaltschaft.<br />

Ohne diese Unterstützung ist die Arbeit an diesen Büchern nicht möglich,<br />

denn nur die staatlichen Behörden bewahren die unumgänglich notwendigen<br />

Informationen auf (Untersuchungsakten, Kartotheken). Üblicherweise bestehen<br />

diese Bücher aus einer alphabetischen Liste der Erschossenen (manchmal<br />

auch aller Verhafteten <strong>und</strong> Verurteilten) mit kurzen Angaben zu den Personen<br />

– Familienname, Geburtsort <strong>und</strong> Geburtsjahr, Nationalität, Ausbildung,<br />

Adresse, Beruf; wann, von wem <strong>und</strong> nach welchen Paragraphen verurteilt,<br />

Datum der Erschießung. Die Informationen kommen aus den Fragebögen in<br />

den Untersuchungsakten, aus den Urteilen, den Rehabilitierungsunterlagen.<br />

Leider gibt es solche Bücher heute erst in weniger als der Hälfte aller russischen<br />

Regionen. Nicht weniger schade ist es, daß die Bücher in den verschiedenen<br />

Regionen nach verschiedenen Methoden hergestellt werden, <strong>und</strong> daß<br />

man in der Regel nur die Liste <strong>und</strong> die Biographien der Toten druckt. Große<br />

Bedeutung hätte nämlich gerade die Veröffentlichung der Namen der Überlebenden.<br />

Das würde es den Menschen erlauben, sich gegenseitig zu finden <strong>und</strong><br />

gleichzeitig würde der Öffentlichkeit so die Rehabilitierung bekannt gemacht.

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