Ausgabe 4/2013 - Schoellerbank
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TRENDS & PERSPEKTIVEN<br />
Zeitgenössische Kunst wird für viele Anleger zunehmend als alternatives Investment interessant. Doch<br />
Vorsicht: Der Weg zum eigenen Kunstdepot ist tückisch. Einschlagen sollte ihn nur, wer etwas von der<br />
Materie versteht. Wie zahlreiche Beispiele belegen.<br />
Ein Artikel von Heinz Erdmann und Martin Schwarz, freie Journalisten<br />
Mehr als die Aktie an der Wand<br />
Um ihre Sammlungen werden ganze Museen<br />
gebaut. Und ohne sie wäre ein moderner Kunstbetrieb<br />
heute kaum noch möglich. Oftmals liegt<br />
der Ursprung ihrer Sammelleidenschaft aber in einem<br />
frühen, emotionalen Kindheitserlebnis. „Es gab so<br />
etwas wie eine Initialzündung, die mich zur Kunst<br />
brachte, und das schon in sehr früher Jugend“, hatte<br />
einer der größten österreichischen Kunstsammler,<br />
Hans Dichand, einmal erzählt. „Ich wurde durch<br />
Plakate in Graz, die eine Kunstausstellung der bedeutenden<br />
steirischen Künstlerin Norbertine Bresslern-<br />
Roth ankündigten, auf ein Bild aufmerksam, das<br />
Richard Gerstls „Bildnis Henryka Cohn“ ist im Leopold Museum<br />
in Wien zu bewundern.<br />
mich besonders anzog: Ein Bauer pflügt seinen Acker,<br />
gebannt blickt er auf seine Scholle. Neben ihm läuft<br />
ein Bub in meinem damaligen Alter. Sein Blick ist auf<br />
Störche gerichtet, die hoch über dem Acker fliegen.<br />
Ich spürte, was sich der Bub gerade denken musste,<br />
Oftmals liegt der Ursprung einer<br />
Sammelleidenschaft in einem frühen,<br />
emotionalen Kindheitserlebnis.<br />
nämlich „Fernweh“. Natürlich konnte ich mir das Bild<br />
damals nicht kaufen. Aber ich ging in die Ausstellung,<br />
und zwar barfuß, wie ich auch in die Schule gehen<br />
musste. Meine Kindheit spielte sich ja in großer Armut<br />
ab, in einem echten Slum, einem Elendsviertel von<br />
Graz“, erzählte der mittlerweile verstorbene Zeitungsmacher<br />
2009. Und, dass ihn das Bild von Norbertine<br />
Bresslern-Roth nie wirklich los ließ. Viele Jahre später<br />
entdeckte der Medienmogul das Gemälde zufällig in<br />
einer Galerie und kaufte es. Dichands frühkindliches<br />
Kulturerlebnis ist geradezu beispielhaft für das emotionale<br />
„Erweckungserlebnis“, das Sammler mit ihrer<br />
Leidenschaft verbindet – oftmals ein ganzes Leben<br />
lang. Dichands Sammlung ist ebenso legendär wie<br />
sagenumwoben. Seine Villa in Döbling sei voll von<br />
Meisterwerken, sagen Eingeweihte. Selbst über Kunstdepots<br />
im Ausland wird gemunkelt.<br />
Ein Museum für die Sammlung<br />
Ein ähnliches Schlüsselerlebnis hatte auch der junge<br />
Rudolf Leopold. Schon während seines Medizinstudiums<br />
in den späten 1940ern kam Leopold zur Kunst<br />
und begann zu sammeln. Das erste Gemälde seiner<br />
Sammlung, ein Bild von Friedrich Gauermann, finanzierte<br />
er sich mit Nachhilfestunden. Seine wirkliche<br />
Leidenschaft zur bildenden Kunst entfachte, als ihm<br />
1950 ein Werkkatalog von Egon Schiele in die Hände<br />
fiel. Die Wiener Moderne ließ ihn danach zeitlebens<br />
18 | mehr Vermögen 04/<strong>2013</strong>