Ausgabe 4/2013 - Schoellerbank
Ausgabe 4/2013 - Schoellerbank
Ausgabe 4/2013 - Schoellerbank
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WISSEN & WERTE<br />
Nicht das Gold aus den Händen der Azteken und Inkas bescherte den Europäern seit der Entdeckung der<br />
Neuen Welt durch Christopher Kolumbus den vermeintlich unermesslichen und unversiegbaren Reichtum,<br />
sondern die Vielfalt der bis dahin im christlichen Abendland unbekannten Pflanzen.<br />
Ein Artikel von MMag. Thiemo Gaisbauer, Emissionsspezialist/Aktiv Passiv Management<br />
Der globalisierte Genuss<br />
Gerüchte über den legendären Fürsten „El<br />
Dorado“ lockten die portugiesischen und spanischen<br />
Eroberer tief in das Amazonasgebiet.<br />
Was sie allerdings fanden, war bestenfalls das<br />
angesammelte Edelmetallgeschirr und der Zeremonienschmuck,<br />
welcher von den Indios für ihre Riten<br />
und Bräuche verwendet wurde. Die Bedeutung dieser<br />
Gegenstände war für die indigene Bevölkerung eine<br />
völlig andere als für die nach Reichtum Ausschau<br />
haltenden Konquistadoren. „Wie Affen hoben sie das<br />
Gold auf …“ schilderten die Azteken die pathologische<br />
Suche der Spanier nach dem Edelmetall. Für sie war<br />
das Edelmetall kein Inbegriff von Reichtum.<br />
Der erhoffte Ertrag aus den Raubzügen versiegte<br />
schneller, als den Invasoren lieb war. Zwar fanden<br />
die Spanier im südamerikanischen Potosí und später<br />
im mexikanischen Zacatecas reiche Silbervorkommen,<br />
nachhaltig reich wurden sie aber damit nicht.<br />
Vom Glanz des Goldes zum Genuss der Frucht<br />
Das Gold und Silber wurde von den Kriegszügen<br />
der iberischen Königshäuser und derem prunkvollen<br />
Lebensstil mehr als verzehrt. Die importierte Edelmetallinflation<br />
tat ein Übriges und der einstige Glanz<br />
verblasste rasch. Was aber zunächst in Europa und<br />
dann auf der ganzen Welt seinen nachhaltigen Nie-<br />
derschlag fand, war die Nachfrage nach neuen, bisher<br />
unbekannten Pflanzen. Nichts hat den europäischen<br />
Konsumenten mehr überzeugt als der verlockende<br />
Geschmack von fremden Früchten, der bestechende<br />
Duft von Gewürzen oder der verzaubernde Anblick<br />
von exotischen Blumen, auch wenn sich diese Luxusprodukte<br />
zunächst nur die Wohlhabendsten unter<br />
ihnen leisten konnten. Hinter der Expansion in die<br />
Neue und die Orientale Welt stand im späten Mittelalter<br />
stark der Wunsch der Europäer nach mehr und<br />
günstigeren Gewürzen.<br />
Über die Straße der Ozeane<br />
Nachdem sich die Welt den Entdeckern zunehmend<br />
erschlossen hatte, entwickelte sich ab der zweiten<br />
Hälfte des 16. Jahrhunderts ein maritimes Handelsnetz,<br />
welches zunächst die Portugiesen kontrollierten.<br />
Gewürze und Nutzpflanzen wie Pfeffer, Gewürznelken,<br />
Ingwer, Zimt, Zucker und der Farbstoff Indigo<br />
waren im frühneuzeitlichen Europa zwar keine Neuheit<br />
mehr, der Bedarf danach nahm allerdings sehr<br />
rasch zu. Mit zunehmender Vertrautheit mit den Weltmeeren<br />
fanden sich auch neue Wege und vor allem<br />
der notwendige Frachtraum, um die begehrten Agrarprodukte<br />
billiger an ihr Ziel zu bringen. Aus dem Vorderen<br />
Orient gelangte Zucker auf die Märkte Europas,<br />
wo dieser schnell zu einem der wichtigsten Objekte<br />
kulinarischer Gelüste wurde. Der extreme Nachfrageüberhang<br />
nach Zucker erforderte neue Anbauflä-<br />
Nichts hat den europäischen<br />
Konsumenten mehr überzeugt<br />
als der verlockende Geschmack<br />
von fremden Früchten, der<br />
bestechende Duft von Gewürzen<br />
oder der verzaubernde Anblick<br />
von exotischen Blumen.<br />
22 | mehr Vermögen 04/<strong>2013</strong>