Katalog - Antiquariat Franz Siegle

4
dem zu belehrenden Homo ethico-politicus das Problem und Situationen, die jeweilige
Anwendung ermahnt und ermuntert ihn zu rechter Aktion und Reaktion im menschlichen
Zusammenleben; zahlreiche Beispiele, Klugheiten und Anekdoten sind aus der
antiken Historie und Literatur, auch aus der böhmischen Geschichte genommen; XI
spricht eigens Sekretäre und Räte an, IX thematisiert z. B. auch Geldvermehrung und
verantwortliches Teilen mit einem lateinischen Wortspiel des Kirchenvaters Ambrosius,
wonach Geldwucher den Tod der Seele bedeute (fenus pecuniae funus animae).
Das abgebildete Kupfer zur Statio VI zeigt das Innere einer Apotheke mit Schubläden
und Regalen, Töpfen und Fläschchen, den Apotheker (Pharmazeut) hinter der Theke
mit Instrumenten zum Anrichten der Arznei (Devise: dat miscendo medelam): nicht
nur die Dosis auch die Mischung macht`s. Die zwei Distichen der Subscriptio (nur in
IX und XV besteht das Epigramm aus drei Distichen) vergleichen die rechte Mischung
mit der rechten streng-laxen Dressur eines Pferdes. So kommt es in allem auf das
Gleichgewicht, die Mischung von Sanftmut und „Salz und Säure billigen Zorns“ (sal
aut acor iustae irae) an mit Bildern des (Tier)Friedens zwischen un gleichen Tieren
(hierher gehört wohl auch das Gegenüber des raubenden Adlers und des selbstlosen
Pelikans oben auf dem Kupfer) oder des Wettkampfs (certamen) zwischen ungleich
wirkendem West- und Nordostwind; es gilt etwa (und Janowka zitiert hier Bauhusius
gest. 1619): schlecht der Lehrer, unter dem nichts, ganz schlecht, unter dem alles erlaubt
ist.
So nützlich und bedenkenswert, in der Selbstkritik und dem lauernden Beobachten des
Anderen wohl auch in typisch jesuitischer Argumentation, wird hier für examinierte
und zukünftige Studenten der politischen Ethik und kirchlichen Führungselite eine
Milchstraße zur Glückseligkeit gewiesen; Galilei hatte die Galaxien vor mehr als hundert
Jahren erforschen können, das böhmische Emblembuch gibt literarisch die Milch
jesuitisch-frommer Denkart zu trinken.
Nr. 38