Bötsch beschützt Biobeiträge Seite 4 Investieren trotz ... - Bioaktuell.ch
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MARKT<br />
Gente<strong>ch</strong>- und antibiotikafrei<br />
ist wi<strong>ch</strong>tiger als Bio<br />
Aus der Perspektive der Konsumentinnen und Konsumenten – genauer: der Gelegenheitsbiokonsumenten<br />
– s<strong>ch</strong>einen einzelne Einkaufskriterien wie gente<strong>ch</strong>- oder pestizidfrei wi<strong>ch</strong>tiger zu sein als<br />
das «Gesamtverkaufsargument» Biolandbau. Die wi<strong>ch</strong>tigsten Ergebnisse einer EU-Studie samt einer<br />
Eins<strong>ch</strong>ätzung ihrer Bedeutung für den Biomarkt.<br />
Über die vergangenen fünfzehn Jahre<br />
ist der Biomarkt in der S<strong>ch</strong>weiz kontinuierli<strong>ch</strong><br />
gewa<strong>ch</strong>sen. Stetig nimmt au<strong>ch</strong><br />
die Gruppe derer zu, die gelegentli<strong>ch</strong> Biolebensmittel<br />
kaufen. Diese Gruppe der<br />
Gelegenheitsbiokäufer ist für den Biosektor<br />
besonders wi<strong>ch</strong>tig: In diesem Konsumentensegment<br />
darf man das Potenzial<br />
für künftiges Wa<strong>ch</strong>stum vermuten.<br />
Daher hat das FiBL in den letzten<br />
Jahren zwei Konsumentenbefragungen<br />
dur<strong>ch</strong>geführt, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> auf die Gelegenheitskäuferinnen<br />
von Biolebensmitteln<br />
konzentrieren. Untersu<strong>ch</strong>t wurden<br />
die Relevanz von Einkaufskriterien sowie<br />
die Wahrnehmung und Beurteilung<br />
der Qualität von Biolebensmitteln. Die<br />
Studien wurden im Rahmen des EU-Fors<strong>ch</strong>ungsprojektes<br />
QLIF* dur<strong>ch</strong>geführt.<br />
Einzelne Einkaufskriterien<br />
geben den Auss<strong>ch</strong>lag<br />
Die Bewertung einzelner Einkaufskriterien<br />
hat als zentrales Resultat ergeben:<br />
Gelegenheitskäuferinnen und -käufer<br />
von Biolebensmitteln era<strong>ch</strong>ten einzelne<br />
Merkmale des Biolandbaus als wi<strong>ch</strong>tiger<br />
als das Gesamtsystem Biolandbau. Das<br />
zeigte si<strong>ch</strong> bei allen drei untersu<strong>ch</strong>ten<br />
Produkten Mil<strong>ch</strong>, Joghurt und Äpfeln.<br />
Während bei Mil<strong>ch</strong> und Joghurt vor<br />
allem das Kriterium «ohne vorbeugenden<br />
Einsatz von Antibiotika» als sehr relevant<br />
oder relevant era<strong>ch</strong>tet wurde, war bei Äpfeln<br />
der Aspekt «ohne Gente<strong>ch</strong>nik hergestellt»<br />
am wi<strong>ch</strong>tigsten.<br />
Zwar erfüllen Biolebensmittel viele<br />
Erwartungen der Konsumentinnen und<br />
Konsumenten hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> Qualität, Lebensmittelsi<strong>ch</strong>erheit<br />
und Gesundheit.<br />
Denno<strong>ch</strong> bevorzugen Konsumierende –<br />
jedenfalls Gelegenheitskonsumierende –<br />
Einzelmerkmale, beispielsweise die artgere<strong>ch</strong>te<br />
Tierhaltung oder den Verzi<strong>ch</strong>t auf<br />
<strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>-synthetis<strong>ch</strong>e Pflanzens<strong>ch</strong>utz-<br />
* «Improving quality and safety and reduction<br />
of costs in the European organic and<br />
‹low-input› food supply <strong>ch</strong>ain»<br />
mittel, stärker als das Gesamtsystem Biolandbau.<br />
Diese Erkenntnis mag für Biobauern<br />
oder Strateginnen des Biomarktes etwas<br />
enttäus<strong>ch</strong>end sein, betont, ja bes<strong>ch</strong>wört<br />
man do<strong>ch</strong> seit Jahrzehnten die Ganzheitli<strong>ch</strong>keit<br />
der Produktion und Verarbeitung<br />
von Biolebensmitteln. Versu<strong>ch</strong>en<br />
wir also, die Wahrnehmung der Konsumentinnen<br />
und Konsumenten aus deren<br />
Situation heraus zu verstehen.<br />
Die Konsumentenwahrnehmung ist<br />
ein selektives System der Informationsaufnahme<br />
und -verarbeitung; die Konsumierenden<br />
müssen aus der unübersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Fülle an Informationen und<br />
Sinnesreizen einzelne Informationen<br />
herauspicken, um si<strong>ch</strong> überhaupt orientieren<br />
und ents<strong>ch</strong>eiden zu können.<br />
Die notgedrungen selektive Wahrnehmung<br />
der Konsumierenden in einem<br />
reizüberfluteten Umfeld lässt den Versu<strong>ch</strong><br />
aussi<strong>ch</strong>tslos ers<strong>ch</strong>einen, am Markt<br />
komplexe Zusammenhänge des Biolandbaus<br />
oder der Lebensmittelqualität zu<br />
vermitteln.<br />
Die oftmals punktuelle Beri<strong>ch</strong>terstattung<br />
in Zeitungs-, Radio- und Fernsehbeiträgen<br />
über einzelne Aspekte von Produktion,<br />
Verarbeitung und Qualität trägt<br />
wohl wesentli<strong>ch</strong> zur Fokussierung der<br />
Konsumierenden auf Einzelkriterien bei.<br />
Beispielsweise war die artgere<strong>ch</strong>te<br />
Haltung von Legehennen in den vergangenen<br />
Jahren in den Medien sehr präsent.<br />
Sol<strong>ch</strong>e Beri<strong>ch</strong>te vermögen Konsumentinnen<br />
und Konsumenten zwar für<br />
artgere<strong>ch</strong>te Tierhaltung zu sensibilisieren,<br />
aber meist nur für eine verglei<strong>ch</strong>sweise<br />
kurze Zeit und nur auf bestimmte<br />
tieris<strong>ch</strong>e Erzeugnisse. Viele werden beim<br />
Einkauf ihrer Frühstückseier an die Haltungsbedingungen<br />
der Legehennen denken<br />
und diesen Aspekt beim Einkauf berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />
– s<strong>ch</strong>on beim Griff na<strong>ch</strong><br />
Mayonnaise oder Eierteigwaren dürfte<br />
die Mehrheit das Huhn und dessen Ansprü<strong>ch</strong>e<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr mit dem Produkt in<br />
Verbindung bringen.<br />
Wahrgenommen wird<br />
die letzte Produktionsstufe<br />
Als zweites zentrales Ergebnis haben die<br />
Studien gezeigt, dass die Auseinandersetzung<br />
der Konsumentinnen und Konsumenten<br />
mit der Produktion von Lebensmitteln<br />
vornehmli<strong>ch</strong> die jeweils letzte<br />
Stufe des Produktionsprozesses betrifft.<br />
So steht bei den pflanzli<strong>ch</strong>en Produkten<br />
Äpfel und Tomaten die Frage im Vordergrund,<br />
ob <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>-synthetis<strong>ch</strong>e Pflanzens<strong>ch</strong>utzmittel<br />
eingesetzt wurden. Bei<br />
tieris<strong>ch</strong>en Erzeugnissen wird dieser Aspekt<br />
kaum wahrgenommen, obwohl die<br />
konventionelle Landwirts<strong>ch</strong>aft natürli<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> bei der Futterproduktion <strong>ch</strong>emis<strong>ch</strong>-synthetis<strong>ch</strong>e<br />
Pflanzens<strong>ch</strong>utzmittel<br />
einsetzt.<br />
Ähnli<strong>ch</strong> sieht es bei verarbeiteten Lebensmitteln<br />
aus. Wenn es um Joghurt<br />
geht, sind den Konsumenten Aspekte der<br />
Produktion von Mil<strong>ch</strong>, beispielsweise der<br />
Einsatz von Gente<strong>ch</strong>nik oder Antibiotika,<br />
wesentli<strong>ch</strong> weniger präsent als bei<br />
unverarbeiteten Produkten wie Eiern.<br />
Besonders deutli<strong>ch</strong> wird die Rolle des<br />
Verarbeitungsgrades beim Kriterium «aus<br />
artgere<strong>ch</strong>ter Tierhaltung». Für die Wahl<br />
von Eiern kommt diesem Kriterium eine<br />
hohe Relevanz zu. Für das Drei-Minutenoder<br />
Spiegelei bevorzugen viele Eier aus<br />
Freilandhaltung oder biologis<strong>ch</strong>er Erzeugung.<br />
Dagegen verwenden dieselben<br />
Konsumentinnen und Konsumenten Eier<br />
aus Boden- oder gar Käfighaltung, wenn<br />
sie diese weiterverarbeiten, beispielsweise<br />
einen Ku<strong>ch</strong>en backen.<br />
Dieses Verhalten ers<strong>ch</strong>eint zunä<strong>ch</strong>st<br />
paradox. Wenn die Konsumenten dur<strong>ch</strong><br />
den Kauf von Eiern aus artgere<strong>ch</strong>ten Haltungssystemen<br />
einen Beitrag zum Wohlergehen<br />
der Tiere leisten wollen, ma<strong>ch</strong>t<br />
die Unters<strong>ch</strong>eidung na<strong>ch</strong> Verwendungszweck<br />
keinen Sinn. Bei näherer Betra<strong>ch</strong>tung<br />
zeigt si<strong>ch</strong>, dass einige Konsumenten<br />
mit artgere<strong>ch</strong>ten Haltungsverfahren au<strong>ch</strong><br />
einen höheren Genusswert verbinden.<br />
Und da bei verarbeiteten Produkten das<br />
Ei ni<strong>ch</strong>t mehr als sol<strong>ch</strong>es wahrgenom-<br />
14 bioaktuell 6/09