Altbier-Magazin - Clemens-Sels-Museum
Altbier-Magazin - Clemens-Sels-Museum
Altbier-Magazin - Clemens-Sels-Museum
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
41<br />
THEMEN<br />
TIPPS<br />
TOUREN<br />
St. Michaelskapelle auf dem Hoogenhof<br />
Wo Josef Diebels<br />
einst braute<br />
Foto: Theo Knips<br />
Die Darre wurde bei der Sanierung des Humberghauses<br />
freigelegt. Foto: Humberghaus Dingden<br />
Das Bierglasfenster in der St. Michaelskapelle; Foto: Stadt Kamp-Lintfort<br />
Die Hofkapelle des Hoogenhofes in Kamp-Lintfort besitzt<br />
etwas Einmaliges, ein Fenster mit Szenen aus der Arbeitswelt<br />
eines Braubetriebes. Es sind dies 26 kleine, bunte Glasscheiben,<br />
die sich zu einem großen Fenster vereinen. Zu sehen sind<br />
darauf ein Wirt mit Schenkkrug und Trinkglas und mehrere<br />
Ansichten aus einer Rossmühle, wo gerade Malz geschrotet<br />
wird. Verschiedene Scheiben mit Widmungssprüchen lassen<br />
darauf schließen, dass Verwandte dieses Fenster anlässlich<br />
einer Wirtshauseröffnung gestiftet haben. Fast alle Scheiben<br />
tragen die Jahreszahl 1724, die Kapelle jedoch ist später<br />
gebaut worden. Wie kann ein Fenster älter sein als das Gebäude<br />
selbst und wie kommt so ein unheiliges Fenster in eine<br />
Kapelle? Die Antwort ist typisch niederrheinisch.<br />
Als lange vor der Entstehung dieser Kapelle auf dem Hoogenhof<br />
eine Brauerei eröffnet wurde, baute man darüber eine<br />
Kapelle – wohl um sich der Gnade Gottes zu versichern. Als der<br />
Braubetrieb florierte und die Mauern der Kapelle<br />
hinderlich wurden, wurde diese an eine andere<br />
Stelle im Hof verlegt. Aus der ehemaligen Kapelle<br />
über der Brauerei wurde ein Schankraum. Zur feierlichen<br />
Eröffnung wurden Freunde und Verwandten<br />
gebeten, nach altem Brauch ein Fenster zu stiften.<br />
Wenn jemand ein Gebäude errichtete, nicht nur bei<br />
Brauereien oder Gastwirtschaften, so legten Freunde<br />
und Verwandte zusammen und ließen ein Fenster<br />
gestalten, auf dem sie sich als Spender verewigten.<br />
Dies honorierte der Bauherr dann mit viel<br />
Bier. Solche Scheiben hießen dann »Fensterbierscheiben«<br />
oder »Bierglas-Fenster«. Anfangs<br />
schien der Brauereibetrieb auf dem Hoogenhof gut<br />
zu laufen. Doch Jahre später, als die Motive auf<br />
den Scheiben schon arg verblichen waren, musste<br />
der Braubetrieb aufgegeben werden, womit der<br />
Schankraum überflüssig geworden war. Und weil<br />
man auf dem Hof Platz brauchte, kam die Kapelle<br />
wieder an ihren alten Platz. Das schöne, aber<br />
unansehnlich gewordene Fenster aus dem<br />
Schankraum wollte man behalten und baute es in<br />
die neue Kapelle ein, wo es wenig beachtet wurde.<br />
Erst Denkmalschützern, denen die unkirchlichen<br />
Motive aufgefallen waren, erkannten ihren künstlerischen<br />
und historischen Wert.<br />
Da aber das höchst begehrte Braurecht weiterhin<br />
an den Hof gebunden war, mietete vor mehr als<br />
hundert Jahren Josef Diebels den alten Braukeller<br />
unter der Kapelle und begann hier erneut mit dem<br />
Bierbrauen. Jahre später gründete er dann seine<br />
eigene Brauerei in Issum. Somit ist der Hoogenhof<br />
die Keimzelle der bekannten Diebels Alt-Brauerei.<br />
Im Jahre 2009 übernahm die Familie Diebels die gesamte<br />
Sanierung des Eichenfensters mit seinen Fensterbierscheiben.<br />
St. Michaelskapelle auf dem Hoogenhof in Kamp-Lintfort (Saalhoff)<br />
Besichtigung nach Anmeldung bei den Besitzern,<br />
Familie Baaken, Tel.: 02842 / 4310.