Musterartikel DAZ Nr. 46, 2012 - Lak-rlp.de
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II-Studie, die 1982 im New<br />
England Journal publiziert wur<strong>de</strong>,<br />
wur<strong>de</strong>n insgesamt 178 Patienten<br />
mit unterschiedlichen Tumorentitäten<br />
(vorwiegend Brustkrebs,<br />
Kolon- und Lungenkarzinom)<br />
mit zu dieser Zeit gutem<br />
Allgemeinbefin<strong>de</strong>n eingeschlossen.<br />
Die Patienten hatten zuvor<br />
keine an<strong>de</strong>re Tumortherapie erhalten<br />
bzw. eine vorherige Therapie<br />
lag min<strong>de</strong>stens einen Monat<br />
zurück. Sie erhielten über 21<br />
Tage Amygdalin intravenös, gefolgt<br />
von einer oralen Erhaltungstherapie.<br />
Wie auch in entsprechen<strong>de</strong>n<br />
„Therapieempfehlungen“<br />
(z. B. Stoffwechseltherapie<br />
nach Krebs) üblich,<br />
erhielten die Patienten zusätzlich<br />
Vitamine und Pankreasenzyme<br />
und mussten eine spezielle<br />
Diät einhalten. Von<strong>de</strong>n 175 auswertbaren<br />
Patienten zeigte nur<br />
ein Patient ein partielles Ansprechen,<br />
das während <strong>de</strong>r zehnwöchigen<br />
Amygdalin-Therapie anhielt.<br />
45% <strong>de</strong>r Patienten hatten<br />
hingegen bereits am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
intravenösen Therapie einen<br />
messbaren Tumorprogress. Sieben<br />
Monate nach Abschluss <strong>de</strong>r<br />
intravenösen Amygdalin-Gabe<br />
war die Tumorerkrankung bei<br />
allen Patienten vorangeschritten.<br />
Dies entspricht in etwa <strong>de</strong>m,<br />
was auch zu erwarten gewesen<br />
wäre, wenn die Patienten keine<br />
Therapie erhalten hätten. Die<br />
Autoren schlussfolgerten daher,<br />
dass Amygdalin (Laetrile) keine<br />
effektive Tumortherapie ist.<br />
Diese im Gegensatz zu positiven<br />
anekdotischen und Einzelfallberichten<br />
sowie im Internet kursieren<strong>de</strong>n<br />
persönlichen Krankheitsverläufen<br />
ernüchtern<strong>de</strong>n Ergebnisse<br />
<strong>de</strong>r praktisch einzigen<br />
uns bekannten publizierten größeren<br />
Studie führten dazu, dass<br />
vom NCI keine weiteren Studien<br />
durchgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />
ANtWORt KURZ GeFASSt<br />
. Die Bezeichnung Vitamin B 17 istirreführend.<br />
. Es gibt keinen Beleg für einen Nutzen von<br />
Amygdalin bzw.Laetrile in <strong>de</strong>r Behandlung<br />
von Tumorerkrankungen.<br />
. Es besteht ein hohes Intoxikationsrisiko.<br />
. Von einer Behandlung mit Laetrile ist<br />
dringend abzuraten.<br />
Cochrane-Review:<br />
keine Evi<strong>de</strong>nz<br />
In einem erst 2011 veröffentlichten<br />
Cochrane-Review wur<strong>de</strong>n<br />
die zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n<br />
Daten noch einmal bezüglich<br />
<strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r propagierten<br />
Antitumorwirkung sowie möglicher<br />
Nebenwirkungen ausgewertet.<br />
Auch mit dieser sehr<br />
umfassen<strong>de</strong>n Literaturrecherche<br />
konnte keine publizierte bzw.<br />
laufen<strong>de</strong> randomisierte klinische<br />
Studie gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Schlussfolgerung <strong>de</strong>r Autoren ist<br />
daher, dass auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r zur<br />
Verfügung stehen<strong>de</strong>n Daten keinerlei<br />
Evi<strong>de</strong>nz für einen Nutzen<br />
vonAmygdalin o<strong>de</strong>r Laetrile als<br />
Mittel zur Behandlung von<br />
Krebs besteht.<br />
Gefahr Cyanidvergiftung<br />
Einem nicht belegten Nutzen<br />
steht jedoch eine zumin<strong>de</strong>st<br />
mögliche Gefährdung infolge<br />
einer Blausäure- bzw. Cyanid-<br />
Vergiftung vor allem bei oraler<br />
Einnahme entgegen. Während<br />
es bei intravenöser Applikation<br />
vonAmygdalin (4,5 g/qm) im<br />
Rahmen pharmakokinetischer<br />
Untersuchungen keine klinischen<br />
o<strong>de</strong>r labormedizinischen<br />
Zeichen einer Cyanid-Intoxikation<br />
gab, führte die orale Gabe<br />
(500 mg Amygdalin als Tablette)<br />
teilweise zu signifikant erhöhten<br />
Blutcyanid-Konzentrationen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs hohe Werte wur<strong>de</strong>n<br />
bei zwei Patienten beobachtet,<br />
die zusätzlich Man<strong>de</strong>lkerne<br />
verzehrt hatten. Die gemessenen<br />
Cyanid-Konzentrationen betrugen<br />
dabei bis zu 2,1µg/ml im<br />
Gesamtblut [5]. Dies sind durchaus<br />
kritische Werte, <strong>de</strong>nn Cyanid-Konzentrationen<br />
>0,5µg/ml<br />
können bereits toxische Effekte<br />
verursachen, komatös-letale<br />
Wirkungen sind ab 1bis 3µg/ml<br />
beschrieben [7].<br />
Cyanid-Ionen bin<strong>de</strong>n mit hoher<br />
Affinität an dreiwertiges Eisen.<br />
Durch eine entsprechen<strong>de</strong> Bindung<br />
an Cytochromoxidasen <strong>de</strong>r<br />
Mitochondrien ist eine Sauerstoffverwertung<br />
praktisch nicht<br />
mehr möglich. Es kommt zu<br />
einer „inneren Erstickung“ [7].<br />
Klinische Zeichen einer Blausäure-<br />
bzw. Cyanid-Vergiftung<br />
können unspezifische Sym-<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>46</strong>| 15.11.<strong>2012</strong>