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Jahre lang verschie<strong>de</strong>ne Parameter wie Temperatur,<br />

Feuchtigkeit, Windrichtung und -intensität,<br />

Strahlungsintensität und Verdünnungseffekte gemessen<br />

wer<strong>de</strong>n. Ein Jahr lang geschah dies ohne<br />

photokatalytischen Putz, seit August mit <strong>de</strong>r<br />

stickoxidabbauen<strong>de</strong>n Fassa<strong>de</strong>nbeschichtung. An<br />

<strong>de</strong>r freibewitterten Fassa<strong>de</strong> lassen sich so Abbauten<strong>de</strong>nzen<br />

und -raten testen bzw. erfassen.<br />

Unter Fe<strong>de</strong>rführung <strong>de</strong>s MFPA sind weitere wissenschaftliche<br />

Einrichtungen <strong>de</strong>r sächsischen Metropole<br />

in das Projekt eingebun<strong>de</strong>n. So wer<strong>de</strong>n die<br />

eigentlichen Messungen vom Kooperationspartner<br />

Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT)<br />

Leipzig vorgenommen. Den Wissenschaftlern<br />

<strong>de</strong>s MFPA geht es nicht zuletzt um die Auswirkungen<br />

auf die mechanischen, physikalischen und<br />

chemisch-mineralogischen Eigenschaften <strong>de</strong>r<br />

Baustoffoberflächen. Da diese Form <strong>de</strong>s Titandioxids<br />

auch reinigen<strong>de</strong> Wirkung hat, darf erwartet<br />

wer<strong>de</strong>n, dass mit <strong>de</strong>m Putz beschichtete Fassa<strong>de</strong>n<br />

länger ihre ursprüngliche Farbe behalten.<br />

Für die LWB ist die Schaffung und Erhaltung eines<br />

lebenswerten und gesun<strong>de</strong>n Wohnumfelds und<br />

-komforts durch saubere Luft ein Standortvorteil.<br />

„Wir sind immer offen für Innovationen, die die<br />

Lebensqualität unserer Mieter und aller Bürger <strong>de</strong>r<br />

Stadt verbessern“, erklärt LWB-Geschäftsführerin<br />

Dr. Gabriele Haase. Dabei suche und festige das<br />

Wohnungsunternehmen die Zusammenarbeit mit<br />

Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.<br />

Sollte, wie von allen Projektbeteiligten erwartet,<br />

die Versuchsreihe an <strong>de</strong>m 1963 erbauten Mehrfamilienhaus<br />

in <strong>de</strong>r Leipziger Südstadt erfolgreich<br />

verlaufen, wird das kommunale Unternehmen diese<br />

Technologie in weiteren Projekten aufgreifen:<br />

„Im Zuge <strong>de</strong>r verstärkten Sanierungen in unsere<br />

Bestän<strong>de</strong> wollen wir <strong>de</strong>n photokatalytischen Fassa<strong>de</strong>nputz<br />

zunächst im Kreuzstraßenviertel anwen<strong>de</strong>n,<br />

das <strong>de</strong>rzeit energetisch saniert wird“, so<br />

die zuständige LWB-Geschäftsführerin.<br />

Stickoxi<strong>de</strong> belasten Gesundheit<br />

Für eine Strategie zur Verringerung <strong>de</strong>r Luftbelastung<br />

in urbanen Räumen könnte das Leipziger<br />

Projekt einen generellen Weg aufzeigen. Denn in<br />

zu hoher Konzentration wirken sich Stickoxi<strong>de</strong><br />

negativ auf die Gesundheit aus. Prof. Dr. Hartmut<br />

Herrmann vom IfT: „Stickoxi<strong>de</strong> verursachen<br />

Entzündungen in <strong>de</strong>n Atemwegen und verstärken<br />

die Reizwirkung von Allergenen. Nimmt die<br />

Stickstoffdioxidbelastung <strong>de</strong>r Außenluft zu, lei<strong>de</strong>n<br />

mehr Menschen an Atemwegserkrankungen<br />

und es treten mehr Herzrhythmusstörungen auf.<br />

Längerfristig häufen sich Infektionskrankheiten<br />

<strong>de</strong>r Atemwege und die Lungenfunktion wird<br />

schlechter.“ Der Experte verweist zu<strong>de</strong>m darauf,<br />

Mit dieser unscheinbaren Konstruktion wer<strong>de</strong>n Parameter<br />

wie Temperatur, Feuchtigkeit, Windrichtung<br />

und -intensität, Strahlungsintensität und Verdünnungseffekte<br />

gemessen.<br />

dass Stickoxi<strong>de</strong> auch Vorläufersubstanzen <strong>de</strong>r<br />

photochemischen Ozonbildung und <strong>de</strong>r Entstehung<br />

von Feinstaubmasse sind.<br />

Labortests sehr erfolgversprechend<br />

Die beteiligten Wissenschaftler und <strong>de</strong>r Putzhersteller<br />

Saint-Gobain Weber aus Düsseldorf<br />

sind optimistisch. „Unsere bisherigen Wirksamkeitstests<br />

unter Laborbedingungen und als<br />

Feldversuch im Kleinmaßstab haben einen sehr<br />

effizienten Abbau von Stickoxid erbracht“, erklärt<br />

Prof. Dr.-Ing. Frank Dehn, Geschäftsführer<br />

<strong>de</strong>r MFPA und gleichzeitig Stiftungsprofessor für<br />

Multifunktionale Konstruktionswerkstoffe an <strong>de</strong>r<br />

Universität Leipzig. „Wir sind froh, unsere sehr<br />

positiven Ergebnisse nun mit Unterstützung <strong>de</strong>r<br />

LWB unter realen Bedingungen überprüfen zu<br />

können.“<br />

Auch <strong>de</strong>r Putzhersteller Saint-Gobain Weber<br />

rechnet mit einem positiven Verlauf <strong>de</strong>r Messungen.<br />

„Wir haben <strong>de</strong>n Nachweis hoher photokatalytischer<br />

Aktivität unter Laborbedingungen“,<br />

so Dr. Wolfram Maier von Saint-Gobain<br />

Weber. Der Oberputz habe in Versuchen 2,3 mg<br />

Stickoxid/h und m 2 abgebaut. Beim Pilotprojekt<br />

an <strong>de</strong>m Leipziger Wohnhaus han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

einen mineralischen, <strong>de</strong>korativen Dünnschichtputz,<br />

<strong>de</strong>r wie herkömmlicher Putz verarbeitet<br />

wird. Dabei wird auf <strong>de</strong>n Einsatz von Nanotechnologie<br />

verzichtet.<br />

Saint-Gobain Weber ist mit seinen Forschungen<br />

nicht allein: Seit <strong>de</strong>m vergangenen Jahr gibt es<br />

auf Initiative <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Mineralfarbenindustrie<br />

e. V. einen Fachverband für angewandte<br />

Photokatalyse (FAP). In diesem engagieren<br />

sich sowohl Hersteller von Photokatalysatoren<br />

als auch die Anwen<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Baustoff- und<br />

Coatingindustrie, um die Forschungen und <strong>de</strong>n<br />

Einsatz von photokatalytisch wirken<strong>de</strong>n Stoffen<br />

voranzutreiben.<br />

Wun<strong>de</strong>rmittel Titandioxid<br />

Die Wissenschaftler bedienen sich eines Stoffes,<br />

<strong>de</strong>r 1908 in Norwegen ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>, und <strong>de</strong>ssen<br />

bemerkenswerte Eigenschaften in <strong>de</strong>n 1960er Jahren<br />

hervortraten: Titandioxid kann mit Hilfe von<br />

Lichtenergie organische Verbindungen (als Verursacher<br />

von unangenehmen Gerüchen o<strong>de</strong>r Verschmutzungen),<br />

Biofilme (Algen, Pilze, Bakterien)<br />

und eben Stickoxi<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Luft in unschädliche<br />

Verbindungen umwan<strong>de</strong>ln. Das ungiftige Weißpigment,<br />

das unter an<strong>de</strong>rem als Farbstoff eingesetzt<br />

wird, wirkt schmutzauflösend und neutralisiert<br />

Giftstoffe in Luft und Wasser.<br />

Vorreiter bei <strong>de</strong>r Nutzung von Titandioxid ist Japan.<br />

Dort haben inzwischen viele mit <strong>de</strong>r Stoffverbindung<br />

versehene Fenster o<strong>de</strong>r Glasfassa<strong>de</strong>n<br />

einen geringeren Reinigungsaufwand. Das neueste<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Hochgeschwindigkeitszuges Shinkansen<br />

fährt bereits zwischen Tokio und Osaka mit<br />

titandioxidbeschichteten Fenstern. Bessere Sicht<br />

für die Fahrgäste inklusive.<br />

Erste Testreihen zur Vermin<strong>de</strong>rung von Stickoxi<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>r Luft durch entsprechen<strong>de</strong> Zuschlagstoffe<br />

in Fahrbahnbelägen laufen bereits in verschie<strong>de</strong>nen<br />

europäischen Län<strong>de</strong>rn. Auch Baustoff- und<br />

Dachziegelhersteller integrieren das Prinzip <strong>de</strong>r<br />

Photokatalyse zunehmend in ihre Forschungen<br />

und künftige Endprodukte. Nun also <strong>de</strong>r interessante<br />

Leipziger Versuch, das Potenzial von<br />

Titandioxid auch durch Häuserwän<strong>de</strong> nutzbar zu<br />

machen. Im En<strong>de</strong>ffekt könnte die Wohnungswirtschaft<br />

in Zukunft einen ganz eigenen und be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />

Beitrag zur Luft- und damit Lebensqualität<br />

in Städten beisteuern.<br />

Alle Beteiligten sind nun gespannt, <strong>de</strong>nn spätestens<br />

im Herbst 2013 liegen erste Messergebnisse vor.<br />

PROJEKTPARTNER<br />

• Leipziger Wohnungsund<br />

Baugesellschaft mbH (LWB)<br />

• Gesellschaft für Materialforschung<br />

und Prüfanstalt für das Bauwesen<br />

Leipzig mbH (MFPA)<br />

• Leibniz-Institut für Troposphärenforschung<br />

(IfT) Leipzig<br />

• Institut für Mineralogie, Kristallographie<br />

und Materialwissenschaft <strong>de</strong>r<br />

Universität Leipzig<br />

• Institut für Technische Chemie<br />

<strong>de</strong>r Universität Leipzig<br />

• Saint-Gobain Weber GmbH Düsseldorf<br />

1 | 2013<br />

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