Heft 2 (2010) - Interessengemeinschaft deutschsprachiger Autoren eV
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ESSAY<br />
Verlegenheit, Verliebtheit, Scham, Zorn etc.).<br />
Und denken Sie auch an: rote Rosen, rot sehen,<br />
rote Briefe etc. etc..<br />
Allerdings wird die Liebe wohl auch bunter<br />
erlebt, als die Symbolik verallgemeinert.<br />
Die Farben schwanken, wie auch die mit der<br />
Liebe verbundenen Freuden und Leiden:<br />
7% der Befragten nannten Rosa, 4% nannten<br />
Gold, je 3% Orange und Blau, je 2% violett<br />
und weiß, je 1% Schwarz, Silber, Grün. Die<br />
Gründe waren so unterschiedlich wie die<br />
Farben.<br />
Rot, als kräftigste aller Farben, steht auch<br />
für Kraft und Leben („blutjung“, „heute rot,<br />
morgen tot“ z.B.). Blut gilt in vielen Kulturen<br />
als Sitz der Seele, daher gab es bei frühen<br />
Religionen die Blutopfer.<br />
Beim christlichen Abendmahl symbolisiert<br />
der Rotwein z.B. das Blut Christi und<br />
an den Tagen, die an die Leiden Jesu erinnern<br />
(Palmsonntag, Karfreitag) und<br />
an Gedenktagen für Märtyrer sind die<br />
Gewänder der katholischen Geistlichen, die<br />
Altardecke und die Kanzeldecke rot.<br />
Im Gegensatz zu Grün, der Farbe des pflanzlichen<br />
Lebens, ist Rot die Symbolfarbe des<br />
animalischen Lebens.<br />
Rot- Orange – Gelb sind die Farben des<br />
Feuers, der Flammen, also auch die Farben<br />
der Wärme. Rot – Orange sind auch die<br />
Hauptfarben der Leidenschaft, des „feurigen<br />
Bluts“, denn wie Feuer kann auch<br />
Leidenschaft „brennen“ und „verzehren“.<br />
Hier verbindet sich die Symbolik des Feuers<br />
mit der des Bluts.<br />
Automatisch rot stellen sich die meisten<br />
Flammen vor – tatsächlich sind sie gelb oder<br />
blau (Streichholzköpfchen z.B. stellen sich<br />
viele auch rot vor).<br />
So alt wie der Glaube an die Kraft des Blutes<br />
ist auch die Verehrung des Feuers als göttliche<br />
Kraft. Das Feuer vertreibt die Kälte<br />
und die Mächte der Dunkelheit, es reinigt,<br />
indem es vernichtet. Ihm kann nichts widerstehen:<br />
alle Flammen streben nach oben,<br />
deshalb sah man auch darin die göttliche<br />
Herkunft. In allen Religionen erscheinen<br />
Götter im Feuer (Gott erscheint im brennenden<br />
Dornbusch, Heiliger Geist erscheint<br />
als Flamme, Buddhabildnisse umgeben von<br />
Flammen). Zu der Zeit, in der man dachte,<br />
die Erde sei eine Scheibe, glaubte man, das<br />
Rot der Abenddämmerung sei das auflodernde<br />
Höllenfeuer.<br />
Rot sollte auch vor dem bösen Blick der<br />
Dämonen und der Neidischen schützen.<br />
Die Steckkissen, in denen man früher Babys<br />
herumtrug, waren rot oder zumindest mit<br />
roten Bändern besetzt, denn Neugeborene,<br />
die noch nicht getauft waren, galten als besonders<br />
gefährdet durch den bösen Blick (sicher<br />
auch in Zusammenhang mit der früher<br />
hohen Sterblichkeit bei der Geburt).<br />
Bis etwa 1930 waren Babys und Kleinkinder<br />
vielfach weiß gekleidet, meist mit einem roten<br />
Band in der Taille (s. auch alte Gemälde).<br />
Und denken Sie an Rotkäppchen: eine rote<br />
Kappe als magischer Schutz gegen den bösen<br />
Wolf.<br />
Zum Schluss des ersten Teils noch einiges zu<br />
Namen:<br />
Rot galt als „männliche Farbe“, daher<br />
gibt es wesentlich mehr Jungennamen, als<br />
Mädchennamen:<br />
lateinisch: Rufus, in England und Amerika:<br />
Roy, Robin (abgeleitet v. Rubin, z.B. Robin<br />
Hood), Robinson („Sohn des Robin“)<br />
aus dem germanischen: Ruprecht, Robert,<br />
Roger, Roland, Rüdiger, Rudolf.... (aus dem<br />
germanischen Wort „hroth“, das „Ruhm“<br />
bedeutet, es ist sprachlich sehr ähnlich zu rot<br />
und entspricht der Blutsymbolik, denn mit<br />
Ruhm war Kriegsruhm gemeint, daher das<br />
Wort „hroth“ in o.a. Namen.<br />
Noch ein Jungenname: Adam = aus roter<br />
Erde geformt<br />
Mädchennamen: ein alter, griechisch-hebräischer<br />
Name ist Susanna oder Susanne, es ist<br />
ursprünglich der Name einer roten Lilie<br />
Zwei neuere Namen: Scarlett und Ruby<br />
Familiennamen: z.B. Roth, Rothschild,<br />
Rubinstein<br />
Es gibt über „Rot“ noch vieles zu sagen und<br />
zu schreiben, deshalb folgt demnächst eine<br />
Fortsetzung.<br />
Quellen: dtv – Brockhaus, E. Heller: Wie Farben auf Gefühl<br />
und Verstand wirken, V. van Gogh: van Gogh in seinen<br />
Briefen<br />
IGDA aktuell, <strong>Heft</strong> 2 (<strong>2010</strong>) Seite 27