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Games Aktuell Magazin Großer Vergleichtstest - PS4 vs. XBox One (Vorschau)

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Ausgang meines Freizeitparadieses<br />

nur erreichen, wenn sie mit meiner<br />

Achterbahn (ich habe sie „Schleudertrauma“<br />

genannt) fahren. Doch<br />

die Leute beschweren („Ich kann<br />

den Parkausgang nicht finden!“) und<br />

verwandeln sich zu rotköpfigen Wüterichen,<br />

die meine Parkeinrichtung<br />

aus Frust zertrümmern. Für solche<br />

Querulanten habe ich eine Erziehungsanstalt<br />

am anderen Ende der<br />

Karte. Sie ist genau ein Feld groß,<br />

gefüllt mit Wasser und lässt aggressive<br />

Trotzköpfe schnell und heimlich<br />

für immer verschwinden. Nur meine<br />

Achterbahn, die steht immer noch<br />

verschmäht und ohne nur einem<br />

einzigen Fahrgast das Leben gekostet<br />

zu haben herum.<br />

Essen und fegen<br />

Rückblickend verraten meine stundenlangen<br />

Sitzungen mit Rollercoaster<br />

Tycoon zwei Dinge. Erstens:<br />

Ich wäre im echten Leben kein guter<br />

Chef eines Freizeitparkes. Zweitens:<br />

Trotz meiner offensichtlichen<br />

Unfähigkeit, eine Achterbahn statt<br />

einer Todesfalle (siehe auch Kasten<br />

auf der linken Seite) zu bauen, liebe<br />

ich die Spielereihe. Und das liegt<br />

nicht nur an den herzallerliebsten<br />

Kotz-Animationen. Unter der bunten<br />

Oberfläche liegt nämlich eine beträchtliche<br />

strategische Tiefe. Wer<br />

zum Beispiel viele Fressbuden mit<br />

salzigen Speisen im Angebot baut,<br />

kann die Getränkepreise erhöhen,<br />

denn die Besucher werden durstig<br />

sein. Nicht zu empfehlen ist die<br />

Platzierung besagter Fressbuden<br />

jedoch in der Nähe von Ausgangsbereichen<br />

aufregender Fahrgeschäfte<br />

wie Achterbahnen – wenn die Gäste<br />

mit grünlichem Teint aussteigen<br />

und ihnen dann Hamburger-Duft<br />

um die Nase weht, erhöht dies das<br />

Erbrochenes-zu-Asphalt-Verhältnis<br />

erheblich.<br />

Wenn es regnet, hat niemand<br />

Lust, in eine Achterbahn zu steigen,<br />

dafür rennen die Besucher den<br />

sonst kaum frequentierten Langweiler-Geschäften<br />

wie Geisterbahnen<br />

und Karussells die Türen ein – da<br />

kann man gleich mal den Preis nach<br />

oben korrigieren! Oder man verkauft<br />

an jeder Ecke des Parks Regenschirme<br />

und verdient sich so eine<br />

goldene Nase. Anders als etwa bei<br />

Sim City empfand ich den Schwierigkeitsgrad<br />

von Rollercoaster Tycoon<br />

nie als zu hoch oder frustrierend.<br />

Während Städte in der erstgenannten<br />

Simulation bei mir rasch zu<br />

hoffnungslos verschuldeten und kriminellen<br />

Höllenlöchern mutierten,<br />

waren meine Freizeitparks profitabel<br />

und sauber. Nur selten sah ich<br />

die Notwendigkeit, Gäste in meiner<br />

Umerziehungsanstalt zu ertränken,<br />

und die meisten Besucher verließen<br />

meinen Park mit besserer Laune als<br />

beim Betreten. Zu einigen der Männlein<br />

habe ich sogar persönliche Bindungen<br />

aufgebaut: Wer sich jeden<br />

denkbaren Merchandise-Krempel<br />

an meinen Info-Ständen kaufte, der<br />

stieg in meiner Gunst. Und wer trotz<br />

empfindlichen Magens (solche Statuswerte<br />

kann man bei jedem Gast<br />

einsehen) mit einem extremen Fahrgeschäft<br />

fuhr, sich dann vor Übelkeit<br />

erbrach und sofort grinsend wieder<br />

anstellte, den fand ich auch sympathisch.<br />

Damals fiel mir übrigens gar<br />

nicht auf, dass meine Freizeitparks<br />

nur von erwachsenen Männern und<br />

Transsexuellen besucht wurden,<br />

Charaktermodelle für Kinder und<br />

Frauen gab es nämlich nicht.<br />

Physik und wirtschaft<br />

Ich würde nun gerne sagen, dass<br />

Rollercoaster Tycoon mich wichtige<br />

physikalische Gesetze und<br />

wirtschaftliche Zusammenhänge<br />

gelehrt hat. Doch das wäre gelogen.<br />

Meine einzige aus dem Spiel<br />

resultierende betriebswirtschaftliche<br />

Erkenntnis beschränkt sich auf<br />

„Verlange immer Geld für den Toilettenbesuch“<br />

und mein physikalisches<br />

Verständnis der Welt besteht immer<br />

noch aus: „Sachen fallen dem Erdboden<br />

entgegen“. Dafür weiß ich<br />

aber, dass, wenn man einem Gast<br />

den Namen Chris Sawyer gibt, er<br />

Fotos vom Park machen wird. Und<br />

ich weiß, dass sich in Rollercoaster<br />

Tycoon selbst der wütendste Gast<br />

an die „Betreten verboten“-Schilder<br />

hält. Ich weiß, dass Luftballons,<br />

die Besucher loslassen, mit einem<br />

Mausklick zum Platzen gebracht<br />

werden können. Und zu guter Letzt<br />

weiß ich noch, dass ich mit keiner<br />

anderen Simulation so viele spaßige<br />

Stunden verbracht habe wie mit dem<br />

interaktiven Vergnügungspark. kr<br />

Wo bekomme ich das heute noch her?<br />

Auch heute noch spaßig und gar nicht so schwierig zu bekommen<br />

– wir verraten, wo und für wie viel Geld!<br />

Der erste Teil der Reihe in neuem Zustand kommt euch teuer zu<br />

stehen. Bis zu 70 Euro wollen einige Händler sehen. Das dürfte nur<br />

für Sammler von Interesse sein. Wer mit einer gebrauchten Version<br />

leben kann, macht manchmal im einstelligen Euro-Bereich ein<br />

Schnäppchen. Doch Vorsicht:<br />

Auf Rechnern mit Windows 7<br />

und Windows 8 als Betriebssystem<br />

müsst ihr entweder<br />

auf inoffizielle Patches<br />

zurückgreifen, um den Titel<br />

zum Laufen zu bringen,<br />

oder ihr startet euren PC im<br />

Win95- oder Vista-Modus.<br />

Das gilt auch für Teil 2 der<br />

Serie, den es für spottbillige<br />

sechs Euro mit allen Erweiterungen<br />

in der Software-Pyramide<br />

gibt. Für Rollercoaster Tycoon 3 müsst ihr noch etwa elf Euro<br />

berappen. Ein Vermögen müsst ihr also nicht investieren, um euch<br />

als Freizeitpark-Mogul zu versuchen – das Spielprinzip ist herrlich<br />

zeitlos und macht auch heute noch jede Menge Spaß.<br />

Kombiniere, kombiniere: Wasserrutschen wie das türkise<br />

Modell oben links sind nur gut besucht, wenn die<br />

Sonne scheint und die Temperatur angenehm ist. (PC)<br />

Und das sagen die anderen<br />

Entwickelt hat Rollercoaster<br />

Tycoon eine einzige Person:<br />

Chris Sawyer. Lediglich Musik<br />

und Grafik stammen nicht<br />

komplett aus seiner Hand. Die<br />

jahrelangen Mühen wurden von<br />

Kritikern und Spielern mit tollen<br />

Verkaufszahlen belohnt.<br />

Die Website www.gamerankings.<br />

com gibt als Durchschnittswertung<br />

des ersten Spiels der Reihe satte<br />

87 % Spielspaß an. Der Nachfolger<br />

konnte nicht an die traumhaf-<br />

Chris Sawyer<br />

ten Bewertungen anknüpfen, hauptsächlich wurden die zu wenigen<br />

Neuerungen bemängelt. Dafür bekam der dritte Teil (nun nicht mehr<br />

mit Iso-Ansicht, sondern in 3D) mit 83 % Durchschnittswertung wieder<br />

gute Kritiken. Ein vierter Teil befindet sich gerüchteweise in Entwicklung.<br />

Ob und wann eine Fortsetzung erscheint, steht aber unter<br />

anderem wegen der ungeklärten Rechtelage in den Sternen.

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