INTERSECTION Sport & Elektrik (Vorschau)
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gebrauchte wagen<br />
tatra 603<br />
Das Luxusauto des Sozialismus, Fidel Castro<br />
fuhr ihn sogar klimatisiert<br />
erste Liebe<br />
subaru LiberO<br />
das dj-duo tiefschwarz glauben: nur die guten Frauen<br />
stehen auf den winzigen Kastenwagen<br />
Der Tatra 603 ist einer dieser vergessenen Limousinen, deren Glanz nicht<br />
vergeht. Geboren wurde er in Koprivnice am Rande der Beskiden in der Tschechoslowakei.<br />
Seine legendären Väter, der Tatra 77 und der Tatra 87, waren die<br />
weltweit ersten in Serie gefertigten Automobile mit aerodynamischer Karosserie.<br />
Als der Tatra 77 im Jahre 1934 auf der Berliner Automobilausstellung vorgestellt<br />
wurde, war er eine Weltsensation. Heute steht der Wagen als Design-<br />
Ikone in Museen wie der Neuen Pinakothek der Moderne in München.<br />
Im Windschatten dieses Erbes trat František Kardaus an, das Design für<br />
den 603 zu entwickeln. Aus dem Auto wurde zur Zeit des Sozialismus die Karosse<br />
der Ost-Bosse. Ausschließlich höhere Funktionäre der Kommunistischen<br />
Partei, leitende Beamte des Staatsapparats sowie Direktoren der größeren<br />
Staatsbetriebe durften in dem 603 durch den Sozialismus schaukeln. Der kubanische<br />
Staatschef Fidel Castro soll noch heute einen weiß lackierten 603<br />
besitzen. Ein besonderes Exemplar, denn Castros Tatra sei der einzige weltweit,<br />
der werkseitig mit einer Klimaanlage ausgerüstet wurde, munkelt man<br />
unter Sammlern. Für einen Durchschnittsbürger ohne Parteibuch hingegen<br />
war der Wagen schlichtweg unbezahlbar. Und weil Tatras so exklusiv waren,<br />
muss man sie heute mit der Lupe suchen. Ihre Seltenheit macht sie zu einem<br />
begehrten Sammlerstück. Ein unrestaurierter Tatra zum Beispiel ist letztes<br />
Jahr für über 200.000 Euro in die USA gegangen.<br />
Die Karosserie des 603 ist ein Blickfang. Seine komfortable Rücksitzbank<br />
wunderbar großzügig. Hier sitzt man wie Karel Gott in Prag, weich, bequem<br />
und gut gefedert. Entspannt lehnt man sich zurück, bestaunt den mit Leder<br />
ausgekleideten und in Handarbeit hergestellten Innenraum und streckt die Füße<br />
aus. Eine absolute Besonderheit des 603: Vorne dürfen drei Personen sitzen, der<br />
Tatra verfügt über eine Straßenzulassung für bis zu sechs Personen. Dort, wo<br />
heutzutage jeder charakterlose Serien-PKW die Koffer seiner Fahrer verschluckt,<br />
gluckert beim Tatra 603 der mächtige V-Achtzylinder-Motor. Gut gekühlt und<br />
vollgetankt werden dem Hubraum von 2545 cm³ satte 95 PS entlockt, die den<br />
Wagen bis zu 165 km/h in der Spitze vorwärts katapultieren. Für die damalige<br />
Zeit war das eine Formel-1-Geschwindigkeit. Der 603 fuhr sogar mal die Rallye<br />
Monte Carlo und ein auf 190 PS hochgetunter 603 feierte einen Sieg beim legendären<br />
„Marathon de la Route“.<br />
Einen Tatra 603 der 3. Serie bekommt man in einem guten, fahrbereiten Zustand<br />
ab 8.000 Euro, Restaurierungsobjekte sind bereits ab 2.000 Euro zu finden,<br />
erzählt mir ein Freund. Er selbst besitzt bereits sechs Modelle dieses vergessenen<br />
Automobilherstellers. Immer wenn ich in meinem modernen, leider etwas<br />
charakterlosen Auto sitze, frage ich mich: Warum eigentlich nicht Tatra fahren?<br />
Aber so eine Servolenkung hat schließlich auch ihre Vorteile, denke ich, und<br />
schalte die Klimaanlage ein. Fahren wie Fidel Castro. Klimatisierter Luxus pur,<br />
aber so ein Tatra kommt mir bestimmt auch mal in die Garage.<br />
Text & foto lutz hase<br />
Man muss nicht mit Faithless der Meinung sein, dass Gott ein DJ sei, um dennoch<br />
einzuräumen, dass es für einen Mann, der immer auch ein bisschen Junge<br />
bleiben will, eigentlich keinen besseren Job auf der Welt als eben DJ gibt. Man<br />
spart sich die Nachteile eines durchschnittlichen Erwachsenenlebens (Zwänge,<br />
Alltag, Langeweile) und kann sich der bewundernden Aufmerksamkeit hedonistischer<br />
junger Frauen sicher sein. Was aber wäre das passende Automobil,<br />
um einem solch privilegierten Lebensentwurf auch schon auf dem Weg zum<br />
Club angemessenen Ausdruck zu verleihen? Ali Schwarz und sein Bruder Basti,<br />
bekannt als Berliner Produzenten und DJ-Team Tiefschwarz, fanden darauf eine<br />
eigene, bei kurzem Nachdenken eigentlich sogleich vollkommen einleuchtende<br />
Antwort: Einen Subaru Libero Deluxe.<br />
Der Subaru Libero sieht aus wie Bernd das Brot – allerdings auf Rädern. Der<br />
Kleinbus aus Japan ist ein ebenso originelles wie skurriles, doch vor allem ist er<br />
ein putziges Gefährt. Jedenfalls aus der Sicht jener Frauen, die man vernünftigerweise<br />
mit einem Auto zu beeindrucken wünscht. Etwa neun von zehn Frauen<br />
gucken einen in einer solchen Kiste nicht mal mit ihrem Allerwertesten an,<br />
dafür gehört die eine, die hinschaut, zu denjenigen, die etwas verstanden hat. Ali<br />
Schwarz jedenfalls bestätigt in unserem Gespräch, dass seine beiden Liberos,<br />
Baujahr ‘89 und ‘94, bei den guten Frauen vergleichbar entzückte Reaktionen<br />
ausgelöst haben, wie ein junger Hund, den man an einem sonnigen Tag zum<br />
ersten Mal spazieren führt. Dies war aber eher ein willkommener Nebeneffekt.<br />
Denn vor allem sei es die eigenartige Anmutung dieses Kleinwagens im Busformat<br />
gewesen, die ein Habenwollen in ihm ausgelöst habe. Zumal so ein<br />
Libero auf seine Weise furchtbar praktisch ist. Zwar ist er viel zu windanfällig<br />
für längere Fahrten auf der Autobahn und jeder nicht völlig glimpfliche Unfall<br />
führt unweigerlich zu einer Unterleibsamputation. Doch als variabler Transporter<br />
von bis zu sechs Personen oder Unmengen an Altglas sei dieser nur<br />
3,42 Meter lange und nur 1,4 Meter breite Zwerg unschlagbar.<br />
Kein Wunder, dass Ali nach dem Ableben seines ersten Liberos alles dran<br />
setzte, um einen würdigen Nachfolger aufzutreiben. Als ihm dies ausgerechnet<br />
über eine Versteigerung auf Ebay gelang (die er wie ein großer Kunsthändler<br />
über Telefon und einen Freund abwickeln musste, da er bei Auktionsende<br />
im Borchardt saß), war die Freude groß und man ließ zum Auftakt eines denkwürdigen<br />
Abends die Champagnerkorken knallen.<br />
Allein das Ende der Tiefschwarzen Beziehung zum Libero ist dann doch<br />
etwas arg prosaisch, denn ausgerechnet die Abwrackprämie wurde ihm zum<br />
Verhängnis. So scheiterte auch diese erste Liebe am mächtigsten Feind aller<br />
Romantiker: dem Realitätsprinzip.<br />
Text martin simons<br />
foto Robert Wunsch<br />
192 werkstatt<br />
<strong>INTERSECTION</strong> nr. 02 2009<br />
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