Kandidatinnen und Kandidaten zur Aufstellung der Liste ... - Die Linke
Kandidatinnen und Kandidaten zur Aufstellung der Liste ... - Die Linke
Kandidatinnen und Kandidaten zur Aufstellung der Liste ... - Die Linke
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
jedenfalls in den Bevölkerungen – massiv verringert o<strong>der</strong> ist einer europapolitischen Gleichgültigkeit<br />
gewichen. Nach einer aktuellen Umfrage, die TNS Emnid für die Bertelsmann-Stiftung im September<br />
2012 durchführte, meinten inzwischen beispielsweise 49 Prozent <strong>der</strong> Deutschen, dass es ihnen ohne<br />
die EU heute besser ginge, <strong>und</strong> 48 Prozent, dass <strong>der</strong> soziale Frieden durch die EU-Mitgliedschaft<br />
unsicherer sei. 4<br />
<strong>Die</strong> Haltung <strong>zur</strong> Europäischen Union <strong>und</strong> Vereinigung ist zweifellos für jede politische Richtung (mit<br />
Ausnahme <strong>der</strong> nationalistischen <strong>und</strong> rechtsextremen Bewegungen, die immer antieuropäische<br />
Positionen vertraten) zu einer strategischen Entscheidungsfrage geworden <strong>und</strong> wird auch<br />
unterschiedlich beantwortet. Es ist in <strong>der</strong> Tat höchste Zeit, sich zu entscheiden: für <strong>und</strong> gegen die<br />
Europäische Union o<strong>der</strong> eine Renationalisierung, für <strong>und</strong> gegen unterschiedliche Inhalte <strong>und</strong><br />
Richtungen <strong>der</strong> politischen, sozialen, wirtschaftspolitischen, ökologischen, sicherheitspolitischen <strong>und</strong><br />
internationalen Orientierung <strong>und</strong> Entwicklung <strong>der</strong> EU. Das ist umso dringlicher, als die Alternativ- <strong>und</strong><br />
Demokratiefähigkeit <strong>der</strong> EU akut gefährdet sind. Auch potenziell proeuropäische Parteien <strong>und</strong><br />
politische Richtungen laufen Gefahr, sich von den unübersehbaren Defiziten <strong>der</strong> EU-Politik<br />
insbeson<strong>der</strong>e auf demokratiepolitischen, sozialen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Gebieten sowie <strong>der</strong><br />
zunehmenden EU-skeptischen <strong>und</strong> -ablehnenden Stimmungen in den Bevölkerungen <strong>und</strong> eigenen<br />
Wählergruppen beeinflussen zu lassen.<br />
<strong>Die</strong> Akzeptanz <strong>der</strong> Europäischen Union wie<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> neu zu gewinnen, verlangt erlebbare soziale,<br />
wirtschaftliche <strong>und</strong> demokratische Ergebnisse für die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger unter den<br />
differenzierten Situationen ihrer Staaten. Ein solcher Fortschritt, eine solche Wie<strong>der</strong>gewinnung <strong>der</strong><br />
europäischen Einigung wird durchaus eine revolutionäre Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Europäischen Union <strong>und</strong><br />
nationaler Politiken erfor<strong>der</strong>n, ganz im Sinne von Walter Benjamin, <strong>der</strong> Revolutionen als Griff »nach<br />
<strong>der</strong> Notbremse« sah. Ein Rückweg in den europäischen Nationalstaat als Ersatz für die weitere<br />
europäische Einigung kann nur unheilvoll in die Vergangenheit führen. <strong>Die</strong> unvermeidliche,<br />
stattfindende Globalisierung nicht nur wirtschaftlicher, finanzpolitischer, son<strong>der</strong>n auch ökologischer,<br />
sicherheitspolitischer <strong>und</strong> kultureller gesellschaftlicher Reproduktionsbedingungen wird auf jeden Fall<br />
keine Barriere gegen die Renaissance europäischer Nationalismen sein. <strong>Die</strong> Bewahrung <strong>und</strong><br />
Erneuerung <strong>der</strong> europäischen Einigung wird im Gegenteil auch die eigentliche Chance sein, die<br />
negativen Konsequenzen einer marktliberalen Globalisierung, darunter eines erneuten <strong>und</strong><br />
bedrohlichen Nationalismus, abzuwehren <strong>und</strong> zu einer friedlicheren <strong>und</strong> zukunftsorientierten<br />
Gestaltung <strong>der</strong> Weltgemeinschaft beizutragen.<br />
Indem die EU zum Vehikel <strong>zur</strong> Durchsetzung neoliberaler <strong>und</strong> unsozialer Politik gemacht wurde <strong>und</strong><br />
wird, droht sie auch zum bedrohlichen Vehikel national beherrschter, sogar nationalistischer Politik<br />
<strong>und</strong> ihrer Durchsetzung zu werden. Wenn die Politik, das Recht <strong>und</strong> die Realität <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union die Menschen nicht bei ihren realen <strong>und</strong> alltäglichen Problemen <strong>und</strong> Sorgen ergreifen, wird sie<br />
sie auch für eine persönliche <strong>und</strong> proeuropäische Integrationspolitik nicht <strong>zur</strong>ückgewinnen können.<br />
4 http://www.extremnews.com/nachrichten/weltgeschehen/9ca814165250bab; 19.09.2012;<br />
http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/wachsende-eu-skepsis-haelfte-...; 19.09.2012<br />
11