JAHRESBERICHT - Gymnasium Liestal
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Fotos Barbara Hediger<br />
rade auch bei Schüler/-innen vorhanden ist,<br />
zum Beispiel an Maturfeiern, bei Chor- oder<br />
Orchesteraufführungen.<br />
O: Das Theater an unserer Schule hat mir<br />
immer auch sehr viel Freude bereitet. Wir<br />
haben das Kleintheater in der Aula gegründet;<br />
das hat eine Weile lang gut funktioniert.<br />
Auch die Kunstausstellungen von Reinhart<br />
Maag in der Aula sind mir in guter Erinnerung,<br />
ebenso das Kino 5.<br />
Wie gross war der Handlungsspielraum als<br />
Rektor? Wie schätzen Sie das ein?<br />
K: Zu meiner Zeit war der Handlungsspielraum<br />
gross. Das war die Zeit, in der die<br />
Teilautonomie für unsere Schule kam. Da<br />
konnten wir sehr viel machen und es wurde<br />
auch gewünscht; wir wurden unterstützt,<br />
auch von der Regierung. In der Schweiz<br />
sind wir Rektoren sowieso sehr privilegiert,<br />
indem wir Lehrpersonen sozusagen selber<br />
anstellen können, was man nicht unterschätzen<br />
darf, gerade auch im Vergleich zum<br />
Ausland, z.B. Deutschland. Dort werden<br />
einem Schulleiter Lehrer zugewiesen.<br />
O: Ich habe das ähnlich erlebt, gerade auch<br />
im Vergleich zu unserer Partnerschule in<br />
Berlin, dem Georg-Herwegh-<strong>Gymnasium</strong>.<br />
Ich habe grosses Vertrauen genossen. In<br />
meiner Amtszeit habe ich insgesamt nur<br />
zweimal den Finanzkontrolleur bei mir gehabt.<br />
R: Der finanzielle Handlungsspielraum ist<br />
enger geworden. Er wurde deutlich eingeschränkt.<br />
Vieles wurde und wird zunehmend<br />
zentralisiert und häufiger kontrolliert. Die<br />
Selbstständigkeit und der Handlungsspielraum<br />
werden dadurch eingeschränkt. Ich<br />
würde es zwar nicht als Misstrauen bezeichnen,<br />
aber als Bestreben, jederzeit die Kontrolle<br />
zu haben.<br />
K: Die neuen Medien ermöglichen natürlich<br />
diese Kontrolle; das ist heute technisch ganz<br />
einfach.<br />
Wie haben Sie die Schülerschaft erlebt?<br />
O: Die politisch-gesellschaftliche Lage war,<br />
als ich Konrektor wurde, schwierig. Vor<br />
allem Ende der 70er-Jahre wollten junge<br />
Menschen Aufmerksamkeit, sie wollten,<br />
dass man sich mit ihnen auseinandersetzt.<br />
Ziel der Schüler war es, die Schule autonom<br />
zu führen. Sie forderten uns von der Schulleitung<br />
auf, zurückzutreten und die Leitung<br />
der Schule ihnen zu<br />
übergeben. Es gab<br />
zum Beispiel Grossversammlungen<br />
bei der<br />
Erziehungsdirektion<br />
oder die berühmte<br />
«Sofa-Aktion» (vgl.<br />
Chronik, Frühjahr 1979;<br />
Anm. der Red.). Zum<br />
Teil haben auch Lehrer<br />
mitgemacht. Das war<br />
für mich eine belastende Zeit. Ich musste<br />
damals als Konrektor den erkrankten Rektor<br />
Leo Tschurr vertreten, gerade auch bei<br />
Vollversammlungen der Schülerschaft, was<br />
sehr schwierig war. Es gab Maturfeiern, zu<br />
denen Schüler barfuss gekommen sind, mit<br />
kaputten Kleidern ... Es gab aber auch Lehrer,<br />
die mich in jener schwierigen Situation<br />
unterstützt haben.<br />
R: Das war eine sehr politische Schülerschaft.<br />
Das vermissen wir heute. Wir müssen<br />
heute als Schulleitung quasi mithelfen,<br />
dass es überhaupt noch eine SO (Schülerorganisation)<br />
gibt! Das ist ein Riesenwandel.<br />
Unsere Schülerschaft heute ist zu einem<br />
grossen Teil apolitisch.<br />
K: Es gab noch in der Zeit des Mensabaus<br />
eine politisch aktive Schülergruppe. Diese<br />
befürchtete, dass jetzt die Schule mit dem<br />
Monopolkapital zusammenarbeiten würde …<br />
R: Weil aus Platzgründen Schülervollversammlungen<br />
nicht mehr möglich sind, haben<br />
wir als Schulleitung die Schülerschaft<br />
eingeladen unter dem Motto «Die Schulleitung<br />
steht Red und Antwort». Nach zweimaliger<br />
Einladung waren fünf Schulleitungsmitglieder<br />
und drei Schüler/-innen in der Aula,<br />
wobei sich einer zufällig in der Aula befand,<br />
nicht etwa wegen unserer Einladung.<br />
K: Auch in meiner Zeit haben wir das gemacht,<br />
da kamen vielleicht etwa 20 Schüler/-innen<br />
… Insgesamt habe ich die Schülerschaft<br />
sehr positiv erlebt. Der Rektor war<br />
eine Autoritätsperson, ich habe diesbezüglich<br />
nie Probleme gehabt.<br />
O: Eine wichtige Grundvoraussetzung ist,<br />
dass man die Jugendlichen mag.<br />
R: Die Rolle des Rektors hat sich im Lauf der<br />
Zeit bestimmt sehr gewandelt. Wir hatten<br />
in meiner eigenen Schulzeit Angst vor unserem<br />
Rektor. Das ist heute anders. Unsere<br />
Schüler sehen mich zum Beispiel im Kraftraum<br />
und merken, der Rektor ist ein ganz<br />
normaler Mensch. Im Allgemeinen ist der<br />
Umgang Rektor-Schülerschaft sehr respektvoll,<br />
aber sicher deutlich näher als zu meiner<br />
Schulzeit. Und das finde ich gut so!<br />
Die Redaktion dankt den drei Rektoren<br />
für das angeregte Gespräch!