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24. Juni 2013<br />
MARKETING & WERBUNG <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS 11<br />
SPECIAL: AFFILIATE MARKETING<br />
Im kleinen Kreis<br />
Private Networks bieten den Werbekunden Einsparpotenziale im Affiliate Marketing<br />
er Name liest sich wie ein Twitter<br />
DHashtag – #performancevalue. Die<br />
trendige Bezeichnung hat der schwedische<br />
Affiliate-Netzwerkbetreiber Tradedoubler<br />
seiner neuesten Initiative gegeben, die an<br />
einem ehernen Prinzip des Affiliate Marketing<br />
rührt: der Network Fee. 30 Prozent<br />
ist der normale Satz, den Affiliate-Netzwerke<br />
von ihren Werbekunden für ihre<br />
Dienste kassieren. Von jedem Werbe-Euro,<br />
den ein Advertiser an einen Netzwerkbetreiber<br />
wie Affilinet, Belboon, Commission<br />
Junction oder Zanox überweist, schüttet<br />
dieser nur 70 Cent Provision an die Affi liates<br />
aus, die die Werbemittel des Advertisers auf<br />
ihren Seiten platzieren. Tradedoubler bietet<br />
jetzt für Neukunden eine Halbierung der<br />
Netzwerkgebühr auf 15 Prozent an. Eine<br />
Revolution oder der verzweifelte Schritt<br />
eines Anbieters, der in Deutschland derzeit<br />
keinen leichten Stand hat?<br />
Network Fee auf der Kippe<br />
Die Reaktion der Konkurrenz ist verhalten.<br />
Man glaubt nicht, dass Tradedoubler<br />
mit seiner Initiative einen neuen Preisstandard<br />
etablieren kann. Tobias Allgeyer,<br />
Country Manager Germany von Commission<br />
Junction, befürchtet, dass Tradedoubler<br />
jetzt mit seinen Bestandskunden,<br />
für die das Angebot nicht gilt, über Preise<br />
reden muss: „Ich weiß nicht, ob eine Preisdiskussion<br />
der richtige Weg ist.“ Dabei<br />
gibt es längst andere Affiliate-Modelle, bei<br />
denen die lästigen 30 Prozent kein Thema<br />
mehr sind: Private Networks.<br />
„Ich weiß nicht, ob eine Preisdiskussion<br />
der richtige Weg ist.“<br />
TOBIAS ALLGEYER<br />
Country Manager Commission Junction<br />
Ein öffentliches Affiliate-Netzwerk gleicht<br />
einem großen Basar, auf dem jeder mit<br />
jedem handelt: Die Affiliates melden sich<br />
mit ihren Seiten an, die Advertiser stellen<br />
ihre Partnerprogramme vor. Die Aufgabe<br />
des Netzwerkbetreibers besteht darin, die<br />
geeigneten Partner zusammenzubringen<br />
Private Affiliate Network: Die Vor- und Nachteile<br />
Pro<br />
■ Die Netzwerkgebühr des Infrastrukturbetreibers<br />
fällt weg bzw. reduziert sich.<br />
■ Die eingesparten Netzwerkgebühren können<br />
als zusätzlicher Anreiz an die Top Publisher<br />
weitergegeben werden.<br />
■ Die Daten der Publisher und des Advertisers<br />
bleiben im Unternehmen und können nicht<br />
von Dritten analysiert werden (wenn das<br />
Network inhouse betrieben wird).<br />
■ Der Kontakt zwischen Advertiser und<br />
Publisher ist persönlicher und intensiver, das<br />
senkt auch das Betrugsrisiko.<br />
Geschlossene Gesellschaft: Oft bringt eine kleine Gruppe von Publishern die meisten Umsätze<br />
und die für das Partnerprogramm erforderlichen<br />
Werbemittel auszuspielen. Anschließend<br />
erfasst der Betreiber, welche<br />
Aktionen das Werbemittel auf welcher<br />
Seite ausgelöst hat, ordnet den dazugehörigen<br />
Affiliates die ihnen<br />
dafür zustehenden Provisionen<br />
zu und sorgt für<br />
die Auszahlung der Beträge<br />
– bei Hunderttausenden<br />
von Affliates<br />
durchaus ein anspruchsvoller<br />
Job.<br />
Ein Private Network<br />
funktioniert technisch<br />
ähnlich, nur ist sein Teilnehmerkreis beschränkt.<br />
Nicht jeder der vielen Affiliates –<br />
allein Zanox führt über eine Million Website-Betreiber<br />
in seiner Datenbank – hat<br />
Zugang zum Partnerprogramm, sondern<br />
nur eine kleine Gruppe von vielleicht 20<br />
oder 40 Publishern, doch die haben großes<br />
Contra<br />
■ In einem Public Network erfahren viele Publisher<br />
vom Angebot. In einem Private Network<br />
müssen sie jedoch einzeln akquiriert werden.<br />
■ Der technische und organisatorische Aufwand<br />
für den Advertiser ist erheblich höher.<br />
In einem Public Network ist der Netzwerkbetreiber<br />
auch für Dinge wie Tracking und<br />
Abrechnung zuständig.<br />
■ Public Networks genießen bei vielen<br />
Publishern ein höheres Vertrauen, weil sie<br />
sich bei den großen Playern auf eine technisch<br />
korrekte Abwicklung verlassen können.<br />
Gewicht. André Soulier, Geschäftsführer<br />
der Marketingagentur Nayoki, sagt: „Private<br />
Networks sind in erster Linie für große<br />
Kunden interessant, also solche, die<br />
mindestens einen sechsstelligen Betrag<br />
monatlich im Affiliate Marketing ausgeben.<br />
Diese Kunden arbeiten zumeist eng<br />
mit einigen wenigen Top Publishern zusammen<br />
und erwirtschaften mit diesen<br />
über 90 Prozent des Affiliate-Umsatzes.“<br />
Markus Kellermann, Organisator des Fachkongresses<br />
Affiliate Tactixx, rät Werbungtreibenden<br />
ohnehin, ihre Top Affiliates<br />
gesondert zu betreuen, ähnlich wie bei<br />
einem Vertriebsteam.<br />
Warum also den Kontakt<br />
zu diesem kleinen, wichtigen<br />
Personenkreis über<br />
Foto: Fotolia / M. Rido<br />
Die wichtigsten Begriffe:<br />
■ Advertiser (Merchant): Werbungtreibender,<br />
stellt die Werbemittel und das Budget<br />
■ Affiliate (Publisher): Seitenbetreiber,<br />
veröffentlicht die Werbemittel und wird<br />
Performance-basiert bezahlt<br />
■ Netzwerkbetreiber: Vermittelt den<br />
Kontakt zwischen Advertiser und Affiliate,<br />
kümmert sich um Tracking, Billing und<br />
Betrugsprävention<br />
■ Private Network: Affiliate-Netzwerk eines<br />
Advertisers, zu dem nur eine geschlossene<br />
Gruppe von Advertisern Zugang hat<br />
■ White Label Network: Wird von einem<br />
Netzwerkbetreiber im Namen und im<br />
Look & Feel eines Unternehmens betrieben<br />
den Netzwerkbetreiber<br />
laufen lassen – und ihm<br />
dafür auch noch viel<br />
Geld bezahlen?<br />
Ein Private Network<br />
kann ein Werbungtreibender<br />
theoretisch auch im Alleingang<br />
betreiben, entsprechende Software gibt es<br />
für 100 Dollar im Netz. Commission-<br />
Junction-Mann Allgeyer rät von solchen<br />
Einfachstlösungen ab: „Tracking der Aktionen,<br />
steuerlich saubere Auszahlung der<br />
Provisionen, das kann nicht jede Software.“<br />
Auch der Aufwand für Publisher-<br />
Akquise und Betrugsprävention sei nicht<br />
zu unterschätzen. Alle großen Netzwerkbetreiber<br />
bieten ihren Kunden den Betrieb<br />
von Private Networks an, wohl wissend,<br />
dass dabei die 30 Prozent Network Fee zur<br />
Disposition stehen. Für die geschlossenen<br />
Netze nutzen sie dieselbe technische Infrastruktur<br />
wie für ihr Public Network, allerdings<br />
ohne Services wie Provisionsauszahlung<br />
und Publisher-Akquise. Für Dino<br />
Leupold von Löwenthal, Head of Affiliate<br />
bei der Performance-Agentur Explido,<br />
eine logische Entwicklung: „Jeder Advertiser<br />
denkt irgendwann einmal darüber<br />
nach, mit seinen Top Publishern gesonderte<br />
Vereinbarungen zu treffen.“<br />
Die Devise: Kunden halten<br />
Die Netzwerkbetreiber machen bei diesem<br />
Deal zähneknirschend mit, um Bestandskunden<br />
nicht an den Wettbewerb<br />
oder an reine Technologie-Anbieter wie<br />
Netslave oder Ingenious Technologies zu<br />
verlieren. Beide ermöglichen die Verwaltung<br />
von Private Networks, und zwar auch<br />
in einer White-Label-Variante. Für den<br />
Werbekunden bedeutet das, dass er sein<br />
eigenes Affiliate-Netzwerk in seinen Online-Auftritt<br />
einbinden kann. Das hat Vorund<br />
Nachteile: Einerseits kann ein Unternehmen<br />
seine Partner damit besser und<br />
direkter ansprechen, andererseits genießen<br />
Public Networks der großen Betreiber<br />
bei Publishern mehr Vertrauen. Der technische<br />
Integrationsaufwand ist überschau-<br />
„Private Networks sind in<br />
erster Linie für große Werbekunden<br />
interessant.“<br />
ANDRÉ SOULIER<br />
Geschäftsführer Nayoki Interactive Advertising<br />
bar: Beide Lösungen laufen als Software as<br />
a Service – um Wartung und Updates<br />
kümmert sich der Betreiber. Noch einen<br />
Schritt weiter geht Ingenious Technologies<br />
beim Kundenservice: In Kooperation mit<br />
dem Kapitalgeber Fidor Bank übernimmt<br />
die Münchner Tool-Schmiede die Auszahlung<br />
der Provisionen an die Publisher<br />
quasi in Echtzeit nach jeder vermittelten<br />
Aktion. Voraussetzung für diesen Service:<br />
Fidor hat eine Banklizenz und darf deshalb<br />
die Gelder des Advertisers verwalten.<br />
Egal ob mit einem Technologiepartner<br />
oder über eine geschlossene Gruppe bei<br />
einem großen Netzwerk: Die 30 Prozent<br />
Network Fee scheinen ein Auslaufmodell<br />
zu sein. fk<br />
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