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TRENDS & STRATEGIEN<br />
6 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
24. Juni 2013 13/13<br />
OUTDOOR-MARKT<br />
„Statt Erlebnis bieten wir Inhalt“<br />
Multistore-Betreiber wird Outdoor-Experte: Die Esslinger <strong>Internet</strong>stores kauft Addnature und spezialisiert sich weiter<br />
ie Übernahme von Addnature macht<br />
Ddeutlich: Der Esslinger Online-Händler<br />
<strong>Internet</strong>stores hat seine Strategie geändert<br />
und wird zum Outdoor-Spezialisten.<br />
Anfang 2013 wurde der Möbel-Shop<br />
Livingo verkauft, Fitness.de ist bei Fahrrad.de<br />
integriert. Mit der Übernahme will<br />
<strong>Internet</strong>stores-Gründer René Marius<br />
Köhler im nächsten Geschäftsjahr beim<br />
Umsatz die 100-Millionen-Euro-Marke<br />
„deutlich überschreiten“.<br />
Investoren ausgetauscht, Livingo verkauft,<br />
Addnature übernommen – in den letzten<br />
Monaten ging es rund bei Ihnen.<br />
René Marius Köhler: Ja, es passiert gerade<br />
sehr viel, aber unterm Strich sind es vor<br />
allem positive Entwicklungen. Am Ende<br />
zeigt <strong>Internet</strong>stores ein klares Profil als<br />
Outdoor-Händler und steht viel<br />
stärker da als vor einem Jahr.<br />
Für 27 Millionen Euro haben Sie<br />
gerade den schwedischen Outdoor-<br />
Spezialisten Addnature gekauft. Was<br />
versprechen Sie sich davon?<br />
Köhler: Outdoor ist ein attraktiver<br />
Markt, in Deutschland werden hier<br />
pro Jahr etwa zwei, in Europa sechs<br />
Milliarden Euro umgesetzt. <strong>Internet</strong>stores<br />
ist im Online-Fahrradhandel im<br />
deutschsprachigen Raum Marktführer,<br />
Addnature führt den schwedischen Outdoor-Markt<br />
an – wir können eine Menge<br />
Synergien heben. Das meine ich nicht auf<br />
Kostenseite, Kündigungen wird es nicht<br />
geben, sondern im Bereich Wachstum und<br />
Erfahrungen. Mit Addnature steigt der<br />
Umsatz von <strong>Internet</strong>stores um mehr als 20<br />
Millionen Euro in diesem Jahr, gemeinsam<br />
können wir schneller wachsen. Wir<br />
gewinnen 70 motivierte Mitarbeiter, einen<br />
Standort in Stockholm, viel Erfahrung mit<br />
Outdoor-Produkten. Umgekehrt steuert<br />
<strong>Internet</strong>stores Wissen zu Logistik, Marketing<br />
und Fahrrad bei. Der Kauf ist vor<br />
allem ein Signal ins Unternehmen: Bisher<br />
haben wir mit Fahrrädern den Hauptteil<br />
■ 2003 gründet René Marius Köhler Fahrrad.de.<br />
Im Geschäftsjahr 2004/05 (August) setzt der<br />
Online Shop 2,4 Mio. Euro um.<br />
■ 2006 startet Köhler Fitness.de. Sein Unternehmen<br />
erzielt inzwischen 12 Mio. Euro.<br />
■ <strong>Internet</strong>stores wird Partner von Otto, Quelle<br />
und Neckermann, wächst durch die Eröffnung<br />
weiterer Rad-Shops auch international. Umsatz<br />
2007/08: 20 Mio. Euro; 80 Mitarbeiter.<br />
■ 2008 wandelt sich <strong>Internet</strong>stores zur AG, die<br />
Brüder Samwer kaufen über den European<br />
Founders Fund (EFF) für knapp 6 Mio. Euro 20<br />
Prozent des Unternehmens. 2009 öffnet in<br />
Stuttgart der erste Laden mit Rädern und Fitnessgeräten.<br />
Umsatz 2009/10: 29 Mio. Euro.<br />
René Marius Köhler<br />
führt die <strong>Internet</strong>stores GmbH. Der<br />
heute 31-Jährige lernte im elterlichen<br />
Radhandel und startete 2003 mit<br />
Fahrrad.de seinen ersten Webshop.<br />
■ www.internetstores.de, www.fahrrad.de<br />
unserer Erlöse erwirtschaftet, mit Addnature<br />
wächst der Bereich Outdoor auf gut<br />
ein Drittel – es fällt einfach leichter, Geschäft<br />
aufzubauen, wenn es auch in den<br />
Köpfen der Mitarbeiter stark verankert ist.<br />
Entsteht hier Konkurrenz für Globetrotter?<br />
Köhler: Wir stehen mit jedem im Wettbewerb,<br />
der vergleichbare Produkte verkauft.<br />
Globetrotter ist in Deutschland Marktführer,<br />
aber sehr stark im stationären Geschäft.<br />
Wir konzentrieren uns auf Online<br />
und stellen uns international auf.<br />
Lässt sich Outdoor nicht besser in Läden<br />
verkaufen, wo Kunden Ausrüstung ausprobieren<br />
können und Ansprache finden?<br />
Köhler: Wir sind Online-Händler, uns fehlt<br />
■ 2010 startet mit Livingo ein Shop für Möbel<br />
und mit Campz ein Outdoor-Ableger. Umsatz<br />
2010/11: 37,5 Mio. Euro, 150 Mitarbeiter.<br />
■ Die Wachstumsmaschine beginnt 2011 zu<br />
stottern: Die Pleiten von Neckermann und<br />
Quelle bremsen, Livingo läuft nicht rund.<br />
Köhler schließt 2012 die Filiale, die Anteile des<br />
EFF übernimmt EQT Expansion Capital. <strong>Internet</strong>stores<br />
kauft die Radmarke Votec. 2013 geht<br />
Livingo an die Möbel Trend GmbH, die Übernahme<br />
von Addnature folgt. Umsatz 2012/13:<br />
70 Mio. Euro, mit Addnature: rund 92 Mio.<br />
Euro; 250 Mitarbeiter.<br />
■ Shops derzeit:<br />
Campz.de (re.),<br />
Fahrrad.de, Bikester.de,<br />
Bikeunit.de,<br />
Bruegelmann.de<br />
und E-ways.de.<br />
das stationäre Geschäft nicht.<br />
Statt Erlebnis bieten wir Inhalt<br />
– also 360-Grad-Bilder,<br />
Fotos, Bewertungen. Addnature<br />
ist sehr kompetent in<br />
diesem Bereich.<br />
Ihr neuer Investor EQT Capital<br />
kommt aus Schweden –<br />
kam der Anstoß zum Kauf von<br />
dieser Seite?<br />
Köhler: Dass EQT schwedische<br />
Wurzeln hat, hat die<br />
Übernahme gefördert. Aber<br />
wir waren mit Bikester und<br />
Campz schon in Skandinavien<br />
aktiv. Die Region ist durch<br />
ihre Kaufkraft attraktiv,<br />
gerade im Outdoor-Segment.<br />
Wir haben uns dort einige<br />
Firmen angesehen, bei Addnature<br />
passte es wirtschaftlich<br />
und menschlich am besten.<br />
Mehr Übernahmen geplant?<br />
Köhler: Wir wollen aus eigener<br />
Kraft wachsen, sind aber offen<br />
für Zukäufe, vor allem international.<br />
Trennung vom Möbel-Shop Livingo, Kauf<br />
von Addnature: Warum der Wechsel?<br />
Köhler: <strong>Internet</strong>stores hat durch die Insolvenz<br />
von Neckermann und Quelle gelitten,<br />
der Wegfall dieser Vertriebspartner<br />
bremste unser Wachstum. <strong>Internet</strong>stores<br />
brauchte ein schärferes Profil, wir<br />
haben daher auf Outdoor gesetzt<br />
und dafür Möbel und Fitness aufgegeben.<br />
Das war viel Arbeit, aber wir<br />
haben es hingekriegt: Livingo ist bei<br />
Möbel Trend untergekommen, das<br />
Geschäft läuft jetzt gut. Die Mitarbeiter<br />
von Fitness.de sind bei uns.<br />
Es ist toll, ein Wachstumsmarkt wie<br />
E-Commerce ermöglicht solche<br />
Strategiewechsel ohne große<br />
menschliche Dramen.<br />
Wie stark hat EQT auf den Wandel<br />
zum Outdoor-Spezialisten gedrängt?<br />
Köhler: Die Idee, <strong>Internet</strong>stores auf<br />
Outdoor auszurichten, hatten wir<br />
schon vor dem Einstieg. Das Einzige, worauf<br />
EQT besteht, ist, auf die Profitabilität<br />
der Geschäfte zu achten. In der Vergangenheit<br />
haben wir auch eher einmal Verluste<br />
getragen. Fahrräder sind unser Kerngeschäft,<br />
aber das ist saisonal geprägt.<br />
Anfangs dachten wir, Fitnessgeräte wären<br />
eine Ergänzung. Aber das ist kein interessanter<br />
Markt. Fitnessmode verkaufen<br />
viele, die logistische Aufgabe, Großgeräte<br />
international zu vertreiben,<br />
ist enorm. Auch bei<br />
Livingo haben wir den<br />
Aufwand unterschätzt.<br />
Wie hoch ist der Anteil<br />
von EQT?<br />
Köhler: 2012 investierte<br />
EQT 30 Millionen Euro<br />
und schoss zum Kauf von<br />
Addnature erneut Kapital zu. Der Anteil ist<br />
von 35 auf knapp 40 Prozent gewachsen.<br />
Wie arbeiten Sie mit EQT?<br />
Köhler: Sehr partnerschaftlich. EQT ist ein<br />
schwedischer Investor, das prägt den Managementstil,<br />
alles ist auf Konsens und<br />
partnerschaftliche Entscheide ausgerichtet.<br />
Und wie gestaltete sich davor die Zusammenarbeit<br />
mit den Samwers?<br />
Köhler: Beide Investoren sind nicht miteinander<br />
zu vergleichen. Die Samwers<br />
waren etwas Besonderes, sehr sachlich, sehr<br />
effizient, sehr reduziert auf die Essenz. EQT<br />
nimmt sich mehr Zeit, unser Geschäft zu<br />
verstehen. Aber inhaltlich verfolgten sie<br />
dasselbe Ziel: Wachstum erhöhen und das<br />
Unternehmen strategisch weiterbringen.<br />
Sie leisten sich einen Beirat aus Online-Spezialisten<br />
und Investoren. Was bringt der?<br />
Köhler: Als Gründer und Unternehmer<br />
muss man sich im Alltag um operative<br />
Fragen kümmern – laufen Website, Logistik,<br />
Organisation? Da gerät man<br />
schnell in einen Tunnel, in dem man Entscheidungen<br />
nur noch wegbaggert, ohne<br />
lange nachzudenken. Ein Beirat fördert,<br />
dass du dir Zeit nimmst für strategische<br />
Fragen, noch mal darüber nachdenkst<br />
und verschiedene Facetten bedenkst. Wir<br />
bauen jetzt mit Addnature ein neues Unternehmen<br />
auf, das mehr als 350 Mitarbeiter<br />
an drei Standorten beschäftigt und<br />
27 Millionen Euro lässt sich <strong>Internet</strong>stores<br />
Addnature (Umsatz 21 Millionen) kosten. Die<br />
Gründer (o.) investieren einen Teil ihrer Erlöse<br />
ins gemeinsame Unternehmen<br />
im nächsten Jahr schätzungsweise 120,<br />
130 Millionen Euro Umsatz erzielt. Wir<br />
sind Web-Unternehmen, Händler, Hersteller<br />
eigener Marken, Logistiker – da<br />
sollten wir uns hin und wieder Zeit für<br />
wichtige Entscheidungen nehmen. Müssen<br />
Sie schnell entscheiden, tut es gut,<br />
erfahrene Berater und versierte Navigatoren<br />
an Ihrer Seite zu wissen.<br />
■<br />
SUSANNE VIESER