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E-COMMERCE<br />
20 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
24. Juni 2013 13/13<br />
POP-UP STORES<br />
Offline-Kick für den Online Shop<br />
Heute dort, morgen fort: Pop-up Stores erheben das Verknappungsprinzip zur neuen Tugend für Online Shops<br />
Facts & Figures zu Pop-up Stores<br />
■ Pop-up Stores sind Ergebnis eines veränderten<br />
Konsumverhaltens: Kunden wollen nicht<br />
mehr nur kaufen, sondern auch erleben. Die<br />
temporäre Begrenzung erhöht den Reiz.<br />
■ Neben Stores etablieren sich auch zunehmend<br />
andere Formen: Pop-up-Restaurants,<br />
die zeitlich begrenzt und an außergewöhnlichen<br />
Orten „Event-Essen“ anbieten; Pop-up-<br />
Hotels öffnen nur für eine Saison und schließen<br />
dann wieder.<br />
■ Gemeinsamer Nenner aller Pop-up-Formen:<br />
Sie sind zeitlich limitiert und bieten Außergewöhnliches<br />
und Exklusives (Sortiment,<br />
Event etc.).<br />
■ Vorrangiges Ziel eines Pop-up Store ist meist<br />
das Erscheinungsbild der Marke, weniger der<br />
direkte Umsatz im Store.<br />
Magnum öffnete für zweieinhalb Wochen in Hamburg<br />
in Trend erzeugt meist einen Gegen-<br />
Dank Online-Handel sind<br />
Etrend:<br />
Waren inzwischen immer und überall verfügbar,<br />
oft liegt das Hauptaugenmerk auf<br />
dem Preis. „Doch diese Waren verlieren<br />
ihren Reiz. Das Produkt wird immer<br />
weniger erlebt“, so Oliver Golz, Geschäftsführer<br />
der Hamburger Eventagentur East<br />
End. Deshalb bekommen Pop-up Stores,<br />
die Begehrlichkeiten nach dem Verknappungsprinzip<br />
wecken sollen, als Gegenentwurf<br />
gerade neuen Aufwind. Reine<br />
Online-Händler wie Zalando, Frontlineshop<br />
oder eBay profitieren von diesem<br />
Trend, bietet er ihnen doch die Möglichkeit,<br />
mit beschränktem Budget im stationären<br />
Handel Präsenz zu zeigen und so die<br />
eigene Marke aufzubauen.<br />
Exklusiverlebnis vor Ort<br />
Das Prinzip ist nicht wirklich neu.<br />
Schon vor rund zehn Jahren wussten<br />
Designerlabels wie Comme des<br />
Garcons, Chanel und Louis Vuitton<br />
den „Haben-will-Reflex“ limitierter<br />
Angebote für sich zu nutzen. „Der<br />
konsumorientierte und aufgeschlossene<br />
Mensch will nicht mehr nur<br />
einkaufen, sondern auch erleben“,<br />
erklärt Golz. Die Emotionalisierung<br />
von Produkten und Marken sei<br />
durch den wachsenden Online-Handel<br />
kaum oder gar nicht möglich. Der Konsument<br />
habe nicht das Gefühl, etwas Besonderes<br />
zu sein. „Und genau hier ist der<br />
Bedarf und hier liegt die Chance für Marken“,<br />
ist der Eventmanager überzeugt, der<br />
mit seiner Agentur im Jahr durchschnittlich<br />
zwölf bis 15 Pop-up Stores über alle<br />
Branchen hinweg realisiert. Golz: „Wer<br />
seine Marke pflegen möchte, verwandelt<br />
seine Verkaufsstelle.“<br />
Das dachte sich auch der Berliner Heimtextilienversender<br />
Urbanara und eröffnete<br />
seinen ersten Pop-up Store im November<br />
2012 in seiner Heimatstadt, weitere drei<br />
sollen in diesem Jahr folgen. „Wir verkaufen<br />
Produkte, die von ihrer Haptik leben,<br />
wie Heimtextilien aus Kaschmir, Seide<br />
und Alpaka. Die Kunden sollen diese auch<br />
einmal anfassen können“, erläutert Geschäftsführer<br />
Benjamin Esser die Beweggründe.<br />
Neben dem sinnlichen Erlebnis<br />
sieht er auch für Produkte, bei denen mit<br />
dem Kunden eine gewisse Interaktion<br />
erfolgen muss, gute Voraussetzungen für<br />
einen Pop-up Store – wie zum Beispiel bei<br />
Brillen oder maßgeschneiderter Kleidung.<br />
„Zudem wollen wir mit den Läden auf Zeit<br />
eine eigene Marke aufbauen. Und das findet<br />
zu einem wesentlichen Teil offline und<br />
nicht nur über Online Marketing statt“,<br />
nennt Esser als weiteren Grund. „Das<br />
Prinzip des Pop-up Store hat für den<br />
Image-Aufbau handfeste Vorteile“, unterstreicht<br />
auch Golz. Der Umsatz des temporären<br />
Shops ist dabei zunächst einmal<br />
zweitrangig.<br />
Während Pop-up Stores hierzulande<br />
vorrangig der Markenkommunikation<br />
dienen, ist man in den USA schon einen<br />
■ Der finanzielle Aufwand hängt stark von der<br />
Ausgestaltung des Pop-up-Konzepts ab.<br />
Größter Kostenfaktor ist immer die Location.<br />
Vermieter verlangen im Durchschnitt 20 bis<br />
30 Prozent mehr Miete bei einer nur kurzen<br />
Nutzung. In Innenstadtlagen fallen pro<br />
Quadratmeter Ladenfläche Mieten ab 100<br />
Euro aufwärts an. Hinzu kommen Kosten für<br />
Ladenbau, Events (wie die Eröffnungsfeier),<br />
Personal, begleitende – vor allem lokale –<br />
Marketingmaßnahmen wie Flyer, Katalog,<br />
Außenwerbung etc. Eine wesentliche Rolle<br />
spielt auch Mundpropaganda.<br />
■ Bislang hat sich eine Handvoll Agenturen auf<br />
Pop-up Stores spezialisiert, darunter East End<br />
Communications, Made my Day, Bold, Uniplan<br />
oder Zweite Heimat.<br />
Ebay demonstrierte in Berlin,<br />
wie das Shopping der Zukunft<br />
aussehen könnte<br />
ihr eigenes Magnum-Eis zusammenstellen<br />
konnten. Als Zugpferde wurden Schauspielerin<br />
Jessica Schwarz und Sternekoch<br />
Tim Raue engagiert. Auf Exklusivität<br />
setzte auch eBay mit seiner Barcode-Boutique:<br />
Zwischen dem 6. und 16. Dezember<br />
Toys‘R‘Us erweitert via<br />
Pop-ups seine Ladenfläche<br />
2012 konnten Kunden in<br />
der eBay-Weihnachtsboutique<br />
in der Berliner<br />
Oranienburger Straße mit<br />
dem Smartphone einkaufen.<br />
Es waren etwa 150<br />
Artikel aus dem eBay-<br />
Weihnachtssortiment<br />
ausgestellt, deren QR-<br />
Urbanara präsentiert stationär nur 15 Prozent des Sortiments Code der Kunde scannen<br />
konnte, anschließend<br />
Schritt weiter und nutzt die temporären<br />
Läden auch als klassischen Distributionskanal,<br />
wie beispielsweise Toys’R’Us. Der<br />
Spielwarenhändler eröffnet bereits seit<br />
einigen Jahren immer wieder zwischen<br />
Thanksgiving und Weihnachten rund 600<br />
Pop-up Stores in leeren Verkaufshallen<br />
amerikanischer Shopping Malls, um seine<br />
Verkaufsfläche zur Hauptsaison zu erweitern.<br />
Manch Händler wiederum setzt Popup<br />
Stores zur Marktforschung ein, um die<br />
Akzeptanz neuer Produkte zu testen oder<br />
herauszufinden, ob Umgebung und Lage<br />
stimmen. Das griechische Naturkosmetik-<br />
Label Korres eröffnete 2009 einen Pop-up<br />
Store am Münchner Gärtnerplatz. Der<br />
erwies sich als so erfolgreich dass er<br />
schließlich zum Flagship-Store wurde.<br />
Storytelling im Shop<br />
Welches Ziel die Stores auch haben, das<br />
Prinzip ist bei allen gleich: Ihre Öffnung<br />
ist zeitlich limitiert und sie müssen besondere<br />
Produkte anbieten. „Wichtig ist es zu<br />
überraschen, anders zu sein, das Besondere<br />
oder auch Exklusive zu bieten, Erlebnisse<br />
zu schaffen, Kunden zu inspirieren und<br />
Geschichten zu erzählen“, fasst Oliver Golz<br />
zusammen. So hatte seine Agentur East<br />
End im Sommer 2012 für die Unilever-<br />
Marke Magnum Infinity eine für zweieinhalb<br />
Wochen geöffnete Lounge in der<br />
hatte er die Möglichkeit mobil einzukaufen.<br />
Auch Urbanara zeigt – nicht nur aus<br />
logistischen Gründen – nur 10 bis 15 Prozent<br />
seines Sortiments im Pop-up Store.<br />
Benjamin Esser erklärt: „Der Store ist<br />
Teaser und nicht Offline-Spiegel des<br />
Online-Angebots. Wir wollen die Leute<br />
für die Marke begeistern. Im Idealfall kauft<br />
der Store-Besucher dann auch online ein.“<br />
Schließlich ist es der Vorteil des Online<br />
Shops, Waren- und Lagerbestände zentralisieren<br />
zu können. Der Umsatz des Stores<br />
ist dann ein netter Nebeneffekt. Bei Urbanara<br />
ist der Ertrag immerhin zwei bis<br />
drei Mal höher als der Aufwand, wie Esser<br />
berichtet: „Hinzu kommt der nicht genau<br />
bezifferbare PR-Effekt. Der Store hat sich<br />
damit für uns voll gelohnt.“<br />
Im Multichannel Marketing werden<br />
Pop-up Stores an Bedeutung gewinnen.<br />
„Das persönliche Erlebnis in Verbindung<br />
mit Limitierung hat eine Sogwirkung, die<br />
sich mit anderen Maßnahmen kaum erreichen<br />
lässt“, resümiert Oliver Golz. Zudem<br />
lasse sich ein solches Thema gut über verschiedene<br />
Kommunikationskanäle wie PR<br />
oder Social Media hinweg orchestrieren.<br />
Golz: „Man kommuniziert ,One-to-one‘,<br />
im Optimalfall unterstützt durch klassische<br />
Werbung über Radio und Print. So<br />
kann man Geschichten erzählen. Denn<br />
über einen normalen Laden würde sonst<br />
Hamburger Innenstadt realisiert, in der niemand reden oder schreiben.“<br />
■<br />
sich Kunden mit verschiedenen Zutaten<br />
CHRISTINA ROSE