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28 Internet World BUSINESS SPECIAL: PAYMENT 7. Januar 2014 1/14 KAUF AUF RECHNUNG Raus aus dem Risiko Nach wie vor kaufen die Deutschen am liebsten per Rechnung ein. Um mögliche Verluste durch Zahlungsausfälle zu verhindern, können Shop-Betreiber Dienstleister mit ins Boot holen. Dabei gilt es, einige Knackpunkte zu beachten ie gilt als sicher, ist allen sympathisch Sund nach wie vor der Deutschen liebste Bezahlart im Online Shop: die Rechnung. Doch für den Shop-Betreiber ist sie ein zweischneidiges Schwert: Er kann damit zwar seinen Kunden entgegenkommen, trägt aber das Risiko von Zahlungsausfällen. Bei knapp einem Drittel der Online- Händler fallen beim Rechnungskauf mehr als drei Prozent der Zahlungen aus, bei knapp der Hälfte sind es zwischen einem und drei Prozent, wie eine Befragung von Ibi Research ergeben hat. Um bei der Kundschaft punkten zu können, entscheiden sich dennoch viele Händler, das Risiko einzugehen. Erst inhouse, dann outgesourct Im Sommer 2010 hat der Online-Marktplatz Hitmeister den Kauf auf Rechnung in sein Payment-Portfolio aufgenommen. Seitdem hat sich der Rechnungskauf zu „einer sehr wichtigen Zahlart“ entwickelt, weiß Matthias Schumacher, Leiter Kundenservice und Operations bei Hitmeister. Damals hat das Shop-Portal die Abwicklung selbst in die Hand genommen und hat ein eigenes System zur Bonitätsbewertung der Kunden aufgebaut. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass es ein aufwendiger Prozess ist, der zudem fortlaufend optimiert werden muss – und das zählt nicht unbedingt zu unseren Kernkompetenzen“, räumt Schumacher ein. Deswegen Die Rechnung auf dem Silbertablett zu servieren, kann für Shop-Betreiber sehr lohnend sein hat sich Hitmeister entschlossen, den Kauf auf Rechnung an einen Dienstleister abzugeben und hat im Herbst 2011 Klarna mit der Abwicklung betraut. „Klarna verfügt natürlich über eine bessere Datengrundlage als wir und kann daher die Bonität besser bewerten“, begründet Schumacher den Schritt. „Dadurch ist die Quote der für den Rechnungskauf akzeptierten Kunden besser. Sie liegt jetzt bei 70 bis 75 Prozent.“ Zudem sei es durch die optimierte Bonitätsprüfung möglich geworden, größere Warenkörbe durchzuwinken. Zu guter Letzt haben auch die Kosten eine Rolle gespielt: „Klarna hat uns sehr gute Anfangskonditionen eingeräumt“, ist allerdings alles, was Schumacher verraten will. Als Hitmeister den Rechnungskauf noch in Eigenregie angeboten hat, lagen die Kosten inklusive Inkasso bei drei bis vier Prozent vom Rechnungswert. So wie Hitmeister haben sich immer mehr Händler dafür entschieden, das Risiko an einen Dienstleister abzugeben. Zahlreiche Anbieter haben sich darauf spezialisiert (siehe Tabelle). Dennoch muss sich jeder Shop-Betreiber im Klaren darüber sein, dass sich damit einiges in der Foto: Fotolia / Thorsten Schmitt Kundenbeziehung ändert. Ein wichtiger Punkt ist, dass der Shop-Betreiber in aller Regel keinerlei Zugriff mehr auf die Daten zum Zahlverhalten seiner Kunden hat. Er weiß nicht, welche Kunden immer pünktlich bezahlen und welche nicht, weiß nicht, welche Produktgruppen häufig Zahlungsausfälle nach sich ziehen und welche selten. „Das sind natürlich Daten, die Klarna nicht gerne weitergibt“, räumt Schumacher ein. Ihn stört dies aber nicht: Hitmeister habe zuvor auch die eigenen Daten nicht ausgewertet. „Für uns ist letztlich entscheidend, dass wir unser Geld bekommen“, resümiert er. Kundenservice muss stimmen Ein anderer Punkt ist der Kundenkontakt. Wird einem Kunden der Kauf auf Rechnung aufgrund der Bonitätsprüfung verwehrt, muss der Kundenservice des Dienstleisters in der Lage sein, dies dem Kunden zu erklären, und zwar möglichst elegant. „Wir selbst kennen die Gründe, warum ein Kunde abgelehnt wurde, ja gar nicht“, erklärt Schumacher, „deswegen müssen wir ihn an Klarna verweisen.“ Mit dem Service dort ist er aber sehr zufrieden: Die Zusammenarbeit laufe sehr gut, negative Rückmeldungen von Kunden erhalte Hitmeister nicht. Dieser Punkt ist auch Jörg Arndt, Geschäftsführer des Wohnaccessoires-Shop Butlers, sehr wichtig: „Professionelle Kun- Anbieter von gesichertem Rechnungskauf im Überblick Unternehmen Web-Adresse Produkt Zielgruppe Anzahl Händler Grundgebühr Transaktionsgebühr Arvato Infoscore Trust-n-pay.de Trust‘n Pay Händler mit erwartetem Rechnungskaufvolumen von mehr als einer Mio. Euro/Jahr Disagio k. A. ◯ ◯ Agio, errechnet aus angekauften Rechnungskaufforderungen des Vormonats; i. d. R. zwischen 1,5 und 4,9 % Auszahlungsfrequenz Ein-/zweimal wöchentlich, banktäglich Billpay Billpay.de Rechnungskauf Alle Online-Händler k. A. 9,99 Euro/Monat k. A. k. A. Wöchentlich Billpay Rechnungssteller Händler Billsafe Domnowski Inkasso Paypal.de/ billsafe Billsafe Rechnungskauf Alle Online-Händler k. A.. ◯ 3,99 % plus 0,99 Euro (Rabatte möglich) Payprotect.de Pay Protect Mittlere Händler, Großkunden k. A.. ◯ Risikomanagementgebühr je Anfrage: 0,95 Euro Klarna Klarna.de Rechnungskauf Alle Online-Händler >15.000 in sieben europ. Ländern Vertragsabhängig, i. d. R. 29 Euro/Monat k. A. Wöchentlich Händler ca. 3 % (individuelle Kalkulation ab 500.000 Euro Jahresumsatz) Monatlich Händler Vertragsabhängig ◯ Vertragsabhängig Klarna Payever Payever.de Rechnungskauf Alle Online-Händler ca. 500 ◯ ◯ 3,6 % Sofort/täglich Payever Paymorrow Paymorrow.de Rechnungskauf Händler mit mehr als 30 Rechnungen/Monat Payolution Payolution.com Kauf auf Rechnung Ratepay Ratepay.com Ratepay- Rechnung Universum Group Universumgroup.de © INTERNET WORLD Business 1/14 Flexi Pay Mittlere/große Händler, B-to-B-Handel > 1.000 ◯ i. d. R. zwischen 0,59 und 0,99 Euro; nur für akzeptierte Bestellungen > 500 in DACH-Region i. d. R. zwischen 1,9 und 3,09 % Wöchentlich; bei mehr als 5.000 Rechnungen im Monat täglich Händler ◯ Vertragsabhängig i.d. R. < 3,5 % Wöchentlich Händler Mittlere und große Händler > 200 ◯ Verhandlunsgbasis i. d. R. zwischen 2 und 4 % Monatlich, wöchentlich oder täglich Alle Online-Händler, Versandhandel k. A. ◯ ◯ i. d. R. zwischen 1,5 und 3,5 % Zahlungen gehen direkt auf das Händlerkonto, im Garantiefall Auszahlung monatlich Je nach Wunsch Händler selbst oder Ratepay Händler (bleibt Forderungsinhaber) ● Ja ◯ Nein
1/14 7. Januar 2014 SPECIAL: PAYMENT Internet World BUSINESS 29 denkommunikation ist für uns die Grundlage für eine langfristige und strategisch sinnvolle Partnerschaft.“ Butlers hat sich für die Otto-Tochter Ratepay entschieden. Durch die enge Zusammenarbeit könne Ratepay sich individuell an die Butlers-Prozesse anpassen und so kundenfreundlich reagieren. Ebenfalls wichtig für den Kundenkontakt: die Rechnung selbst. Einige Dienstleister treten hier gar nicht in Erscheinung, die Rechnung trägt Logo und Handschrift des Händlers. Bei anderen tritt der Dienstleister als Rechnungssteller auf, die Rechnungssumme wird auf sein Konto überwiesen. Das kann zur Verwirrung für den Kunden führen, wenn er die Rechnung und den Einkauf nicht mehr problemlos zuordnen kann. Arndt betont daher: „Ausschlaggebend für uns ist, dass Ratepay die Kunden in unserem Namen betreut und auf eigenes Branding komplett verzichtet.“ Für andere ist wichtiger, die Abwicklung ganz aus der Hand zu geben; sie weisen die Kunden gleich im Check-out auf den Dienstleister hin. B2B hat spezielle Anforderungen Zahlungen zwischen Unternehmen folgen anderen Gesetzmäßigkeiten als die von Endverbrauchern an Unternehmen. Im B2B-Bereich fallen die Kaufentscheidungen oft in Gruppen, deren Mitglieder stammen oft aus verschiedenen Fachbereichen. Derjenige, der das Produkt auswählt, hat nicht zwingend die Freigabeberechtigung für den Kauf. Zudem zahlen Unternehmen nicht immer den gleichen Preis, sondern erhalten Sonderkonditionen. Für die Zahlung ist eine Rechnung nötig, die sie entsprechend den vereinbarten Zahlungsbedingungen begleichen. Zudem fließen erheblich Zahlpause: Im Dezember testete Hitmeister den neuen Service Ansonsten unterscheiden sich die Dienstleister am Markt vor allem bei der Akzeptanzquote und den Gebühren. Diese setzen sich oftmals aus einer festen Transaktionsaktionsgebühr und einem variablen Disagio, also einem bestimmten Prozentsatz der Rechnungssumme, zusammen. Beides, Preis und Akzeptanzquote, hängt in erster Linie vom Sortiment und der Kundenstruktur des Shops ab. Generell größere Geldbeträge als im Endkundengeschäft. Auf solche B2B-Zahlungen hat sich der Zahlungsdienstleister Traxpay spezialisiert. Er tritt als Mittler zwischen den Unternehmen auf, der die Gelder entsprechend den Anweisungen der Käufer und Verkäufer empfängt, verwahrt und auszahlt. Auf diese Weise werden das Betrugsrisiko und Zahlungsverzögerungen umgangen. Traxpay ermöglicht zudem die Übertragung umfangreicher Daten, die direkt in die ERP- und Buchaltungssysteme übernommen werden können. Auch der Workflow der Genehmigungsinstanzen wird abgebildet. gilt: Je betrugsanfälliger das Produktsortiment – besonders gefährdet ist etwa Elektronik – desto geringer ist die Akzeptanzquote und desto höher sind die Gebühren. Deswegen zieren sich viele Anbieter auch, feste Preise und Quoten zu nennen, sondern geben lediglich eine Preis-Range vor. Entsprechend tut sich hier für Shop-Betreiber Verhandlungsspielraum auf, der bares Geld wert sein kann. Zudem besteht immer die Möglichkeit, nach einer gewissen Zeit nochmals nachzuverhandeln. Allerdings behalten sich auch einige Anbieter das Recht vor, die Gebühren bei Bedarf erneut anzupassen. Daher gilt es hier genau nachzufragen und zu prüfen, was zur eigenen Strategie passt. Ebenso verhält es sich mit der Berechnung im Retourenfall. Einige Anbieter ziehen den Wert von retournierter Ware von der Rechnungssumme ab, für die das Disagio berechnet wird, und behalten lediglich eine Stornogebühr ein. Andere tun dies nur für stornierte Bestellungen, die noch nicht in den Versand gegangen sind. Darüber hinaus fällt teilweise eine einmalige Einrichtungsgebühr an. Auch Mindestvertragslaufzeiten können als Kriterium für die Dienstleisterwahl gelten. Darüber hinaus lohnt auch ein Blick auf zusätzliche Angebote, wie etwa einen Ratenkauf oder eine Offline-Verknüpfung. Ratepay beispielsweise bietet Butlers seit Kurzem an, über eine iPad-Anwendung auch in den stationären Butlers-Filialen per Rechnung zu bezahlen. Hitmeister offeriert auch den Ratenkauf von Klarna und testete im Dezember deren Angebot einer Zahlpause. Kunden können damit die Zahlung der Weihnachtsgeschenke bis in den März 2014 verschieben – ohne Risiko für sich oder den Händler. cf ■ Interview Sebastian Siemiatkowsi CEO und Mitgründer von Klarna ■ www.klarna.de Gerrit Seidel Vorstandsvorsitzender der Sofort AG ■ www.sofort.de „Gegengewicht zu amerikanischen Unternehmen aufbauen“ Mitte Dezember 2013 hat der Rechnungskaufanbieter Klarna den Konkurrenten Sofort AG von Reimann Investors übernommen. INTERNET WORLD Business hat mit Sebastian Siemiatkowski, Geschäftsführer von Klarna, und Gerrit Seidel, Vorstandsvorsitzender der Sofort AG, gesprochen. Warum hat Klarna die Sofort AG übernommen? Sebastian Siemiatkowski: Wir betrachten das weniger als Übernahme, sondern als das Bündeln von Kräften. Wir führen zwei erfolgreiche Payment-Methoden zusammen, die sich sehr gut ergänzen. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, einen unabhängigen europäischen Anbieter als Gegengewicht zu amerikanischen Unternehmen aufzubauen. Gerrit Seidel: Mit Klarna können wir unsere Internationalisierung vorantreiben, wir werden noch europäischer als bislang. Und Klarna kennt sich mit Marketing gegenüber Endkunden aus. Das sind für uns wichtige Argumente. Partner für Bonitätsprüfung Infoscore, eigener Datenbestand, bei Bedarf weitere Auskunfteien Prozentsatz der akzeptierten Rechnungskäufer Vereinbarte Mindestannahmequoten zwischen 65 und 85 % Referenzen Ratenkauf Anzahl Händler Zinssatz Partner Kfzteile24.de, Tom-tailor.de Obi.de, Mister-spex.de ● k. A. 1,7 bis 4,9 % p. a. BFS Finance Hat Klarna die Sofort AG komplett gekauft? Siemiatkowski: Ja, wir haben 100 Prozent von Reimann Investors übernommen. Seidel: Reimann Investors wird sich seinerseits wieder an Klarna beteiligen. Schufa, Bürgel, Deltavista, eigene Datenbestände 80 bis 90 % Home24.de, Jades24.com, Street-one.com, Cecil.de, Frontline.de Schufa, Bürgel k. A. ATU, Medion, Cortexpower, Bergzeit Schufa, Bürgel, Creditreform Boniversum, Infoscore Schufa, Bürgel,Creditreform Boniversum, Infoscore, Deltavista Schufa, Bürgel, Creditreform Boniversum, Infoscore Schufa, Bürgel, Creditreform Boniversum, Infoscore Alle in DACH-Region verfügbaren Auskunfteien Schufa, Bürgel, Infoscore, Creditreform Boniversum, EOS Information Service ca. 75 bis 95 % Christ.de, Dress24.com, Orsay.de, Mawaju.de k. A. Asos.de, Planet-sports.de, Baby-walz.de, Fahrrad.de ● (verschiedene Modelle) > 3.500 Je nach Modell, z. B. Null-%- Finanzierung ◯ ◯ ◯ ◯ ◯ ◯ ◯ ◯ ● k. A. 14,95 % p. a. ◯ Net-M Privatbank 50 bis 80 % Technikdirekt.de ● ca. 500 9,99 % p. a. Credit Europe Bank, Fidor > 80 % Heldenlounge.de, Japanwelt.de 75 bis 85 % k. A., da White-Label- Lösung bis max. 98 % Germanwings.de, Blume2000.de, Butlers.de, Reno.de Schufa 80 bis 90 % k. A., da White-Label- Lösung ● > 500 9,47 % p. a. Commerz Finanz ● > 100 in Dach- Region 0 % bis 16 % p. a. möglich ● > 150 0 % bis 13,7 % p. a. möglich Net-M Privatbank Wirecard ● k. A. Wird individuell ◯ vom Händler bestimmt, bleibt Forderungsinhaber Quelle: Unternehmensangaben Beide Unternehmen sollen operativ selbstständig bleiben. Warum? Siemiatkowski: Wir glauben, dass Händler mit unabhängigen Playern zusammenarbeiten wollen. Und wir verfügen über zwei bekannte Marken, die gut eingeführt sind. Was ändert sich für die Händler? Siemiatkowski: Für sie ändert sich erst einmal nichts. Aber wir können künftig gemeinsam paneuropäische Lösungen anbieten, die dem Trend der Händler zur Internationalisierung entgegenkommen. Deshalb sind die Reaktionen der Händler positiv. Außerdem konzentrieren wir uns darauf, unsere Lösungen weiterzuentwickeln, gerade im Bereich Mobile Payment. Was passiert mit der „Rechnung by Sofort“? Wird es das Produkt wieder geben? Seidel: Wir sagen uns „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, beim Kerngeschäft. Wir haben das Produkt eingestellt und werden es nicht wiederbeleben.
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