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2.2006 PDF 5.4 mb - ITI

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Netzwerke internationaler Theaterarbeit<br />

Theater- und Mediengesellschaft<br />

Lateinamerika<br />

Die <strong>ITI</strong>-Mitglieder Hedda Kage, Alexander Stillmark,<br />

Dieter Welke, Kati Röttger, Maria Franziska Schüller,<br />

Angie Hiesl und Almuth Fricke sind aktiv in der Theater-<br />

und Mediengesellschaft. Die Theater- und Mediengesellschaft<br />

Lateinamerika e.V. versteht sich nicht<br />

nur als Promotor des lateinamerikanischen Theaters in<br />

Deutschland, sondern fördert auch den intensiven Austausch<br />

zwischen Theaterschaffenden in den einzelnen<br />

Regionen des Kontinents. Als Privatinitiative wurde sie<br />

1988 von ÜbersetzerInnen, DramaturgInnen und TheaterwissenschaftlerInnen<br />

gegründet und leistet seitdem<br />

eine kontinuierliche kulturelle Zusammen- und Vermittlungsarbeit.<br />

Ihre Mitglieder organisieren Konferenzen<br />

und Lesungen, initiieren Übersetzungen und Buchpublikationen<br />

und vermitteln Theatertexte und Hörspielmanuskripte<br />

an Verlage, Theater und Rundfunkanstalten.<br />

Darüber hinaus pflegt die TMG die theaterwissenschaftliche<br />

Forschung am Institut für Romanische Philologie<br />

an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo<br />

sie auch die Sammlung „Lateinamerikanisches Theater“<br />

verwaltet. Bisher wurden acht Anthologien lateinameri-<br />

kanischer Dramatik mit deutschen Übersetzungen und<br />

einem wissenschaftlichen Begleitteil herausgegeben.<br />

Die Theater- und Mediengesellschaft Lateinamerika ist<br />

natürlich auch bei wichtigen Konferenzen und Foren<br />

zum lateinamerikanischen Theater vertreten, zuletzt<br />

bei dem Forum zur internationalen Verbreitung dramatischer<br />

Texte im Juni in Mexico-City oder bei dem<br />

Symposium über den brasilianischen Dramatiker Nelson<br />

Rodrigues Ende April in Berlin. Für das Treffen von<br />

Dramatikern aus allen WM-Ländern „Dichter ran!“<br />

im Rahmenprogramm der diesjährigen Mülheimer<br />

„stücke 2006“ kuratierte sie die lateinamerikanische<br />

Beteiligung. Ihre Website www.tmg-online.org informiert<br />

nicht nur über aktuelle Veranstaltungen zum<br />

und Aufführungen von Theater aus Lateinamerika in<br />

Deutschland, sondern bietet auch eine Datenbank mit<br />

Übersetzungen sowie eine umfangreiche Linksammlung.<br />

Momentan laufen die Vorbereitungen für „Transatlantische<br />

Bilderwelten“, ein europäisch-lateinamerikanisches<br />

Projekt für theater- und filmwissenschaftliche<br />

Forschungsvorhaben, und für das Dialogprojekt<br />

„Mythos und Repräsentation“.<br />

www.tmg-online.de<br />

Dieter Welke<br />

„Die internationale Theaterarbeit ist untrennbar mit<br />

meinem persönlichen und beruflichen Lebensweg verbunden.<br />

Seit meiner Kindheit bin ich in zwei Kulturen<br />

und Sprachen zuhause, der deutschen und der französischen.<br />

Zum Theater kam ich vor nun fast dreißig Jahren<br />

in Paris, wo ich seit Mitte der 70er Jahre lebte und<br />

arbeitete. Das französische Theater mit seinem reichen<br />

Erbe und seiner großen Experimentierfreudigkeit hat<br />

mich entscheidend geprägt. Bis 1992 war ich als Dramaturg<br />

Mitglied der Compagnie des Matinaux, einer<br />

Pariser Theatertruppe, der einst auch zwei der bedeutendsten<br />

französischen Theaterleute des 20. Jahrhunderts<br />

angehörten: der Bühnenbildner Charles Dullin<br />

sowie der Schauspieler und Regisseur Louis Jouvet. Die<br />

Theaterarbeit Jouvets ist für mich bis heute Vorbild und<br />

Quelle der Inspiration. In meiner Pariser Zeit habe ich<br />

zahlreiche deutsche Texte ins Französische übersetzt<br />

und adaptiert, sowohl zeitgenössische Stücke als auch<br />

alte Texte, wie den „Ackermann aus Böhmen“, der bis<br />

heute in Frankreich oft gespielt wird. Die Pariser Bühnenfassung<br />

dieses Textes wurde später zur Vorlage für<br />

weitere Übersetzungen und Inszenierungen in Italien,<br />

Portugal, England und Irland. Auch heute noch ist die<br />

Compagnie für mich künstlerische Heimat. Bei ihr habe<br />

ich mein Handwerk gelernt; dies umfasst eigentlich alles,<br />

was zur praktischen Theaterarbeit gehört, nicht nur<br />

das Dramaturgisieren. Ich bin spät nach Deutschland<br />

zurückgekehrt. 1992 holte mich Frank-Patrick Steckel<br />

als Dramaturg ans Schauspielhaus Bochum mit dem<br />

expliziten Auftrag, das Haus verstärkt für die internationale<br />

Kooperation zu öffnen - ein Auftrag, den ich<br />

mit viel Enthusiasmus wahrgenommen habe. Immer<br />

wieder kam es zur Zusammenarbeit mit ausländischen<br />

Regisseuren, vornehmlich aus dem französischen und<br />

spanischen Kulturraum. Daneben entstanden Übersetzungen<br />

und Bearbeitungen französischer und spanischer<br />

Texte ins Deutsche. Als Auslandsdeutscher und<br />

französischer Theatermann betrachtete ich die deutsche<br />

Theaterlandschaft aus der Nähe der eigenen Kultur<br />

und aus der Distanz des Fremden. Den doppelten<br />

Blick habe ich stets beibehalten. Zeitweilig hatte es<br />

mich nach Lateinamerika verschlagen, in der bleiernen<br />

Epoche der Militärputschs und Diktaturen. Ich habe viel<br />

Elend und Blut gesehen. Auch dies hat mich nachhaltig<br />

geprägt. Die spanische Sprache wurde meine dritte<br />

Lebens- und Arbeitssprache; 1995 ging ich nach Buenos<br />

Aires, um dort mit dem Theaterkollektiv „Periférico<br />

de Objetos“ die „Hamletmaschine“ zu erarbeiten, eine<br />

Inszenierung, die in vielen Ländern der Welt gezeigt<br />

wurde. Bis zum Jahre 2002 habe ich immer wieder mit<br />

dieser Gruppe gearbeitet. Seit neun Jahren widme ich<br />

mich verstärkt der Regie und war in dieser Funktion<br />

viel in Lateinamerika unterwegs. 1999 entschloss ich<br />

mich, die Fleischtöpfe des deutschen Theaters hinter<br />

mir zu lassen und ging in ein Land, in dem Bürgerkrieg<br />

herrscht: nach Kolu<strong>mb</strong>ien. In Bogotá arbeitete ich als<br />

Dozent für Schauspiel und als Regisseur. Im Zusammenhang<br />

mit meiner Regiearbeit übersetzte ich auch wieder<br />

Theaterstücke, diesmal ins Spanische. Als ich 2001<br />

nach Deutschland zurückkam, musste ich die bittere<br />

Erfahrung machen, dass internationale Arbeit in der<br />

deutschen Theaterszene viel zu wenig wahrgenommen<br />

wird. Und so treibt es mich immer wieder zurück zum<br />

transatlantischen Brückenbauen, ob nach Kolu<strong>mb</strong>ien,<br />

Venezuela, Mexiko, Argentinien oder Ecuador. Ansonsten<br />

wohne ich in einem Städtchen am Taunusrand mit<br />

dem sehnlichen Wunsch, dort nicht zu verfaulen.“<br />

Dieter Welke ist Gesellschafter der Société des Auteurs et<br />

Compositeurs Dramatiques (Paris) und der Theater- und<br />

Mediengesellschaft Lateinamerika (TMG) Dieter Welke,<br />

Regisseur und Dramaturg.<br />

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