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Aufgespürt: IFA Radtraktor Münch<br />
Als Fotograf und Autor ist Udo Paulitz seit Jahrzehnten ein Urgestein <strong>der</strong> Szene. Zahlreiche Bücher<br />
über Nutzfahrzeuge hat er verfasst, sein Bildarchiv ist eine wahre Schatzkammer, die er immer an<br />
dieser Stelle für die Leser <strong>von</strong> TRAKTOR CLASSIC öffnet und einen beson<strong>der</strong>en Exoten vorstellt.<br />
Fundstücke<br />
aus dem Bildarchiv <strong>von</strong><br />
Udo Paulitz<br />
Der vor allem wegen seiner schlechten<br />
Achslastverteilung vorzeitig beendete<br />
Bau des IFA-Radschleppers RS 03/30<br />
Aktivist erlebte ab 1957 unerwartet eine<br />
verbesserte Neuauflage. Im Rahmen einer<br />
Kleinserie wurde die Fertigung des<br />
„Aktivist“ als „Radtraktor Münch“ <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Maschinenfabrik Münch in Grumbach<br />
bei Freital/Sachsen bis zum Jahr<br />
1968 fortgeführt. Dieser Betrieb bestand<br />
seit 1928 und befasste sich zunächst mit<br />
Reparaturen an Maschinen und Motoren<br />
aller Art. Zehn Jahre später stellte er<br />
seinen ersten selbstgefertigten <strong>Traktor</strong><br />
auf die Rä<strong>der</strong>. In den ersten Nachkriegsjahren<br />
waren es hauptsächlich Fahrzeuge<br />
mit einfachen verdampfungsgekühlten<br />
Motoren verschiedener Fabrikate,<br />
die mehr o<strong>der</strong> weniger als individuelle<br />
Eigenbauten entstanden. Dies än<strong>der</strong>te<br />
sich erst, als <strong>der</strong> Weiterbau des RS 03/30<br />
übernommen wurde. Der technisch<br />
kaum verän<strong>der</strong>te <strong>Traktor</strong> bezog wie bisher<br />
seine Kraft aus dem 30 PS starken,<br />
wassergekühlten Zweizylin<strong>der</strong>-V-Diesel,<br />
<strong>der</strong> nach dem Luftspeicherverfahren<br />
funktioniert. Auch das Vierganggetriebe<br />
blieb unangetastet. Der <strong>Traktor</strong> hatte<br />
bei gleichen Abmessungen eine wesentlich<br />
mo<strong>der</strong>nere Form erhalten, konnte<br />
aufgrund seiner technischen Merkmale<br />
seine enge Verwandtschaft zum früheren<br />
„Aktivist“ nicht verleugnen. Anfangs<br />
konnten Triebwerke noch <strong>von</strong> den Brandenburger<br />
<strong>Traktor</strong>enwerken bezogen<br />
werden. Später beschränkte sich dies<br />
nur noch auf die Getriebe, während <strong>der</strong><br />
Motor <strong>von</strong> einem Berliner Privatbetrieb<br />
gebaut werden musste. Im Gegensatz<br />
zum ursprünglichen RS 03/30 hatte <strong>der</strong><br />
2.300 kg schwere Münch-<strong>Traktor</strong> jetzt<br />
eine bedienungsfreundlichere elektrische<br />
Startanlage erhalten. Bis zum Ende<br />
<strong>der</strong> Kleinserienfertigung entstanden <strong>von</strong><br />
ihm rund 150 Einheiten.<br />
Udo Paulitz<br />
BUCHTIPP<br />
Hol<strong>der</strong>: Nicht nur<br />
Einachser mit Knicklenkung<br />
Handlich, preiswert und<br />
voller Informationen.<br />
Autor Ted Lemberger kennt sich aus: Der<br />
Winzer aus Vaihingen an <strong>der</strong> Enz fährt<br />
selbst einen zweiachsigen Hol<strong>der</strong> B 10, den<br />
ersten 10 PS-Zweitakt-Diesel mit Achsschenkel-Lenkung,<br />
gebaut <strong>von</strong> 1951 bis<br />
1959. Exakt 76 an<strong>der</strong>e Einachs-Schlepper,<br />
<strong>Traktor</strong>en und Kommunalfahrzeuge stellt<br />
uns Lemberger jeweils mit einem kurzen<br />
Text, einem Foto und einem ausführlichen<br />
Datenkasten vor. In seiner kompakten Einleitung<br />
verdeutlicht er wesentliche Entwicklungen<br />
und charakterisiert Stärken<br />
und Schwächen <strong>der</strong> Hol<strong>der</strong>-Baureihen seit<br />
1929. Schon im Kaiserreich bauten die<br />
Brü<strong>der</strong> Christian und Martin Hol<strong>der</strong> die<br />
erste selbsttätige Pflanzenspritze <strong>der</strong> Welt.<br />
Christians Sohn Max Hol<strong>der</strong> konstruierte<br />
TRAKTOR CLASSIC 3|2014<br />
nach einem USA-Aufenthalt<br />
die „Plantagenfräse“,<br />
den vielseitigen Einachsschlepper<br />
„Pionier“, <strong>der</strong><br />
auf kleinen Höfen das<br />
Pferd ablöste und lange<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
noch immer gefragt<br />
war. In den 1950er-Jahren<br />
entwickelte Hol<strong>der</strong> den ersten Mini-Diesel,<br />
den innovativen Kleinschlepper B 10 und<br />
den Allrad-Schmalspurtraktor mit Knicklenkung<br />
A 10 für den Einsatz im Obst- und<br />
Weinbau, im Wald und bei Kommunen.<br />
Das Programm wurde ständig überarbeitet<br />
und erweitert, <strong>der</strong> Markterfolg blieb nicht<br />
aus. Mit den eigenen Motoren gab es allerdings<br />
ab und zu Probleme,<br />
so dass Hol<strong>der</strong> auf<br />
Zulieferer auswich, bis<br />
man schließlich bei<br />
<strong>Deutz</strong> landete. Der<br />
Strukturwandel und die<br />
Konkurrenz machten<br />
Hol<strong>der</strong> in den 1980er-<br />
Jahren schwer zu schaffen.<br />
Mit <strong>der</strong> „Generation<br />
2002“ in Orangerot statt wie früher überwiegend<br />
in Grün schaffte die Metzinger<br />
Firma einen technischen Neustart. HF<br />
Ted Lemberger: Hol<strong>der</strong>. Einachsschlepper<br />
und <strong>Traktor</strong>en seit 1930, 96 Seiten,<br />
90 Abbildungen, ISBN 978-3-613-03590-4,<br />
Motorbuch Verlag Stuttgart, 9,95 Euro<br />
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