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3.2.1.6 Distanzlosigkeit
Kinder, die Distanzlosigkeit zeigen, wenden sich mit ihrem Bedürfnis nach Bindung an
jede beliebige Person. Das heißt, dass sie mit jeder Person mitgehen und ausgesprochen
offen und fröhlich wirken. Gleichzeitig lassen sie sich auf dichtere, emotional tiefere
Beziehungen nicht ein. Dieses Verhalten ist Folge von einem häufigen Wechsel von
Bezugspersonen, oder häufigen stationären Aufenthalten. Es handelt sich um Kinder,
die keine elterliche, exklusive Bezugsperson erfahren haben, was zu einer Störung der
emotionalen Entwicklung führt. 100
3.2.1.7 Auswirkungen des Bindungsmodells
Diese früh entwickelten Bindungsmuster sind deshalb so bedeutend, weil sie in der
späteren Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes in vielen Bereichen Einfluss
nehmen und handlungsleitend werden. Bereiche, für die ein Zusammenhang mit den
frühen Bindungserfahrungen nachgewiesen ist, sind der Umgang mit emotionalen
Belastungen, die Entwicklung von Selbstkonzept und Überzeugungen von
Selbstwirksamkeit, die Gestaltung von Beziehungen und Kommunikation von
Gefühlen. Untersuchungen, welche die langfristigen Auswirkungen der frühen
Bindungserfahrungen bestätigen, liegen mittlerweile für alle Altersbereiche bis in das
Erwachsenenalter vor. Diese belegen eine relative Stabilität der einmal erworbenen
Bindungsmuster. 101
Wichtig für die Arbeit von Pflegeeltern ist die Erkenntnis, dass bei Pflegekindern oft
unsichere und desorganisierte Bindungsmodelle vorliegen, aber auch die Feststellung,
dass „der Bindungstyp eines Kindes sich weiterhin durch ein verändertes Umfeld […]
verändern kann“. 102 Die Bindungstheorie geht davon aus, dass Bindungsmuster, auch
wenn sie sich bei gleichbleibenden Bedingungen sehr festigen können, keineswegs
unabänderlich sind. Sie können sich, je nachdem, welche neuen Erfahrungen das Kind
macht, verändern. Voraussetzung dafür ist, dass die neuen Eltern als sichere und
schützende Bezugspersonen wahrgenommen werden. 103
100 vgl. ebda, S. 87
101 vgl. Scheuerer-Englisch (2001), S. 76
102 Cassidy (1998), zit. n. Cappenberg (2005), S. 78
103 vgl. ebda, S. 90
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