Solothurn - Kirchenblatt
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Inhalt<br />
2<br />
2 Standpunkt<br />
Solitär<br />
3 Aus Kirche und Welt<br />
4 Thema<br />
ZeitenSand<br />
6 Glauben und beten<br />
die redlichen<br />
Liturgischer Wochenkalender/<br />
Namenstage<br />
7 Kirche in den Medien<br />
8 Vermischtes<br />
Tipps und Hinweise<br />
9 Dekanatspfarreien<br />
25 <strong>Solothurn</strong><br />
30 Grenchen<br />
32 Jugendseite<br />
Schreib dich frei!<br />
IMPRESSUM: <strong>Kirchenblatt</strong> für römischkatholische<br />
Pfarreien im Kanton <strong>Solothurn</strong><br />
ISSN 1420-5149; ISSN 1420-5130.<br />
www.kirchenblatt.ch<br />
Erscheint alle 14 Tage<br />
Verlag/Adressenverwaltung: AZ Fachverlage AG,<br />
Neumattstrasse 1, 5001 Aarau<br />
Telefon 058 200 56 87, Fax 058 200 55 56.<br />
Administration und Produktion: Vogt-Schild Druck AG,<br />
Gutenbergstrasse 1, 4552 Derendingen<br />
Telefon 058 330 11 58, Fax 058 330 11 78,<br />
E-Mail: kirchenblatt@vsdruck.ch<br />
Redaktion für den allgemeinen Teil («Mantel»):<br />
Dr. Reto Stampfli (Leitung), St. Niklausstrasse 24,<br />
4500 <strong>Solothurn</strong>, Telefon 032 622 42 87,<br />
E-Mail: retostampfli@bluemail.ch / Heinz Bader,<br />
Seelsorger, 4710 Balsthal / Urban Fink, 4515 Oberdorf /<br />
Franz Rüegger, Zeichenlehrer, 4500 So lo thurn (Layout) /<br />
Daniele Supino, 4500 <strong>Solothurn</strong> (Jugendseite) /<br />
Pfarrer Mario Tosin, 2540 Grenchen.<br />
KIRCHENBLATT 10 2013<br />
Standpunkt<br />
Solitär<br />
Kürzlich stiess ich in Wien auf einen Hinweis auf eine aussergewöhnliche<br />
Kulturveranstaltung. Auf einem bunten Plakat kündigte ein junger Schriftsteller<br />
an, er würde einen Abend lang aus seinen gesammelten SMS-Gedichten<br />
vorlesen. SMS-Gedichte – also kurze Texte, die per Handymitteilung<br />
verschickt werden – von dieser Literaturgattung hatte ich noch nie<br />
gehört. Das klang interessant und vermochte aufzuzeigen, dass das Verfassen<br />
von Gedichten auch im 21. Jahrhundert eine lebendige Angelegenheit<br />
ist, obwohl die Lyrik im Allgemeinen eher ein Schattendasein in<br />
der Literatur fristet.<br />
Das war jedoch nicht immer so: Es gab Zeiten, da las man sich in Literaturzirkeln<br />
gegenseitig Gedichte vor, und die Stimmung der Anwesenden<br />
kippte von Anteilnahme und Trauer über, zu Ergriffenheit und Begeisterung<br />
und wieder zurück. Solch ein Treiben würde man heute doch eher als<br />
eine Kuriosität empfinden. Man stelle sich eine lyrische Lesung an den <strong>Solothurn</strong>er<br />
Literaturtagen vor, während der das Publikum lautstark und<br />
emotional mitgehen würde. Leserinnen und Leser von Gedichten sind in<br />
der Regel jedoch eher ruhige Menschen – die Verfasser meistens auch, die<br />
sich vermutlich nicht einmal in ihren eigenen vier Wänden bei der Lektüre<br />
oder beim Verfassen übermässig ausleben. Doch sie leben sich auf eine andere,<br />
weniger spektakuläre Weise aus, indem sie in den Versen eines Gedichtes<br />
jede Menge Persönliches und tiefe Gefühle und Gedanken preisgeben.<br />
Jedes Gedicht verdichtet eine unfassbare Menge von Eindrücken<br />
und Erlebnissen; es ermöglicht eine literarische Erfahrung auf kleinstem<br />
Raum, die bei einem Roman Hunderte von Seiten umfassen kann.<br />
Die Lyrik als literarische Gattung wird oft unterschätzt. Sie ermöglicht jedoch<br />
eine Spracherfahrung, die einem Augen und Ohren öffnen kann.<br />
Verfasser und Leserde stehen sich quasi gegenüber. Der bekannte Schweizer<br />
Literaturkritiker und Schriftsteller Peter von Matt versucht dieses Phänomen<br />
in seiner Gedichtsammlung «Wörterleuchten» mit einem eingängigen<br />
Bild zu umschreiben: «Im Gedicht gewinnt die deutsche Sprache die<br />
äusserste Verdichtung ihrer sinnlichen und intellektuellen Möglichkeiten.<br />
Es geschieht auf einmal, so wie uns ein Gesicht auf einmal erscheint. Das<br />
Nacheinander der Verse wird ebenso rasch zu einem Zugleich wie das<br />
Nacheinander von Stirn und Augen, Nase, Mund und Kinn. Das merkwürdige<br />
archaische Gesetz, das vom Gedicht einen grafischen Umriss verlangt,<br />
der es von allen anderen Texten der Schriftkultur unterscheidet, eine optische<br />
Gestalt, die selbstgewiss Raum greift und Raum verschwendet, sich<br />
damit für einzigartig erklärt, zum Solitär eben – wie man den einzeln gefassten<br />
Diamanten nennt [...] dieses Gesetz nähert das Gedicht tatsächlich<br />
dem begegnenden menschlichen Gesicht an.» Jedes Gedicht ist also eine<br />
intensive Begegnung mit einem Menschen und seiner Gedankenwelt, ein<br />
überschaubares Wortgemenge, dessen Ausdruckskraft in der Verdichtung<br />
magische Züge annehmen kann.<br />
Mit freundlichen Grüssen<br />
!<br />
Reto Stampfli<br />
Der 1937 in Luzern geborene Peter von Matt ist emeritierter<br />
Professor für Neuere Deutsche Literatur und Autor zahlreicher<br />
Bücher. In seinem Werk «Wörterleuchten» erschliesst er sechzig<br />
deutschsprachige Gedichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart.<br />
Das im dtv-Verlag erschienene Büchlein bietet sich als<br />
ein geeigneter Einstieg in die Lyrik an.