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Erzeugung intensiver hochpolarisierter Elektronenstrahlen mit hoher ...

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Habilitationsschrift<br />

zur Erlangung der<br />

Venia Legendi<br />

<strong>Erzeugung</strong> <strong>intensiver</strong> <strong>hochpolarisierter</strong><br />

<strong>Elektronenstrahlen</strong> <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong><br />

Symmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Kurt Aulenbacher<br />

6. Juli 2007


Gutachter der Habilitationsschrift:<br />

Prof. Dr. Yuri Mamaev; Sankt Petersburg State Technical University<br />

Prof. Dr. Dr h.c. mult. Achim Richter; Technische Universität Darmstadt<br />

Prof. Dr. Erhard Steffens; Universität Erlangen<br />

Datum des Kolloquiums: 14. 2. 2007<br />

Datum der Antrittsvorlesung: 2.5.2007<br />

iii


Vorwort<br />

Solche und dergleichen Grillen trieben sie um, und es wäre auch gar possierlich anzuschauen<br />

gewesen, dafern man nur gewusst hätte, dass es ein gutes Ende nehmen und<br />

ohne Schaden abgehen würde.<br />

Grimmelshausen<br />

Mit Photokathoden auf der Basis von III/V Halbleitern können spinpolarisierte <strong>Elektronenstrahlen</strong><br />

erzeugt werden. Obwohl noch weitere Vorzüge, wie z.B. die fast beliebig<br />

wählbare Zeitstruktur des Strahls hinzutreten, wurden solche ”<br />

Photoquellen“ nach ihrer<br />

Einführung Mitte der siebziger Jahre am SLAC [1] zunächst nur für wenige Experimente<br />

an Elektronenbeschleunigern eingesetzt. Dafür gab es folgende Beweggründe: Bei den<br />

damals üblichen ”<br />

Einarmmessungen“ - Streuung von <strong>Elektronenstrahlen</strong> an unpolarisierten<br />

Targets <strong>mit</strong> Nachweis nur eines gestreuten Teilchens - sind spinabhängige Effekte<br />

in der Regel paritätsverletzender Natur [1],[2],[3]. Viele der interessierenden Effekte in<br />

der Elektronenstreuung sind jedoch paritätserhaltend, so dass ein polarisierter Strahl<br />

für die meisten Experimente der Kern- und Nukleonenphysik keinen Vorteil darstellte.<br />

Weiterhin gestaltete sich der Einsatz der empfindlichen Photokathoden in der eher<br />

rauen Umgebung eines Elektronenbeschleunigers problematisch. Zuweilen konnte trotz<br />

großem Aufwand nicht die für Elektronenstreuexperimente notwendige stabile Betriebsweise<br />

der Quelle erzielt werden. Daher hatten Photoquellen nahezu das Ansehen einer<br />

aufwändigen Kuriosität <strong>mit</strong> beschränktem Anwendungsbereich.<br />

Einige Zeit später wurden c.w.-Elektronenbeschleuniger verfügbar, die gegenüber den<br />

älteren, gepulsten Maschinen bessere Betriebsbedingungen bieten. Verschiedene Realisierungskonzepte<br />

wie Elektronen-Stretcherringe <strong>mit</strong> langsamer Extraktion (Universität<br />

Bonn), supraleitende Rezirkulatoren (Universität Darmstadt) und normalleitende Rennbahnmikrotrone<br />

(Universität Mainz) wurden erfolgreich realisiert. In unserem Institut<br />

in Mainz wurde der Aufbau der Rennbahnmikrotronkaskade ”<br />

MAMI B“ <strong>mit</strong> 850 MeV<br />

Elektronenenergie 1991 abgeschlossen.<br />

Die c.w.-Beschleuniger erlauben unter anderem komplexe Koinzidenzexperimente, die<br />

zuvor aufgrund der Untergrundverhältnisse so gut wie ausgeschlossen waren. Bei solchen<br />

Messungen können auch paritätserhaltende spinabhängige Observablen auftreten.<br />

Theoretische Analysen ließen darauf hoffen, dass ”<br />

Doppelpolarisationsexperimente“ (beiv


spielsweise die Streuung polarisierter Elektronen an einem polarisierten Target) der<br />

Schlüssel zur Messung wichtiger Messgrößen wie dem elektrischen Formfaktor des Neutrons<br />

sein könnten [4]. Daher lebte das Interesse an spinpolarisierten <strong>Elektronenstrahlen</strong><br />

auf, aber auch die Anforderungen an die Elektronenquelle wurden drastisch erhöht. Dies<br />

manifestierte sich z.B. in einer im Verhältnis zu den vorhergehenden Experimenten um<br />

Größenordnungen höheren geforderten Strahlbrillanz und bedeutend verlängerten Experimentierzeiten.<br />

Um diesen Anforderungen an MAMI dauerhaft gerecht zu werden,<br />

wurde 1992 die ”<br />

B2-Kollaboration“ gegründet. Diese Arbeitsgruppe wurde bis zu seiner<br />

Pensionierung im Jahr 1998 von Professor Erwin Reichert geleitet und steht seither<br />

unter meiner Leitung.<br />

Bis Ende der neunziger Jahre konnten <strong>mit</strong> Hilfe des spinpolarisierten Strahls wegweisende<br />

Experimente zum elektrischen Formfaktor des Neutrons am MAMI Elektronenbeschleuniger<br />

abgeschlossen werden [5],[6],[7]. Seither wurde die Photoquelle auch<br />

für eine Vielzahl weiterer Doppelpolarisationsexperimente, wie z.B. die Überprüfung<br />

der Gerassimov-Drell-Hearn Summenregel [8] oder die Vermessung der Verhältnisse von<br />

Multipolmomenten bei der Anregung der Delta-Resonanz [9], genutzt. Die größten Anforderungen<br />

an die Photoquelle wurden (und werden) jedoch von einem etwa 1995 konzipierten<br />

Experiment definiert, das die präzise Vermessung der Paritätsverletzung in<br />

der elastischen Elektronenstreuung am Proton zum Ziel hat. Dieses Projekt trägt die<br />

Bezeichnung ”<br />

A4“.<br />

Es zeigte sich bald, dass viele der zur damaligen Zeit verfügbaren Kenngrößen der<br />

polarisierten Elektronenquelle erneut um Größenordnungen verbessert werden mussten,<br />

um das A4-Experiment <strong>mit</strong> Aussicht auf Erfolg durchzuführen. So war es unter anderem<br />

erforderlich die Strahlintensität und die da<strong>mit</strong> verknüpfte Kathodenlebensdauer nochmals<br />

zu verzehnfachen und gleichzeitig die Emissionsasymmetrie beim Umschalten der<br />

Elektronenstrahlhelizität um etwa das Hundertfache zu reduzieren.<br />

Im Rahmen der hier vorliegenden Habilitationsschrift versuche ich aufzuzeigen, wie<br />

die Zusammenhänge zwischen der Physik der Photoquelle und den erzielbaren Strahlparametern<br />

beschaffen sind. Durch die hier präsentierten Arbeiten konnten einerseits einige<br />

der grundlegenden Mechanismen aufgeklärt werden, die z.B. die Strahlpolarisation und<br />

die Symmetrie unter Helizitätswechsel begrenzen. Zugleich setzten uns andere Entwicklungsarbeiten<br />

in den Stand, die geforderte Strahlintensität zu erreichen. Die erste Runde<br />

der A4-Experimente ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen [10],[11],[12].<br />

Dabei ist die Darstellung folgendermaßen gegliedert: Das erste Kapitel stellt die Installation<br />

der Quelle am MAMI-Beschleuniger vor und erklärt die Bedingungen, unter denen<br />

es möglich wurde, praktisch alle an der Quelle produzierten Elektronen zum Experiment<br />

zu transportieren und dabei trotzdem ausgezeichnete E<strong>mit</strong>tanzwerte und Strahlstabilität<br />

zu erzielen. Die notorische Problematik der begrenzten Lebensdauer der Photokathode<br />

konnte nicht nur entschärft, sondern die beteiligten Prozesse zum Teil aufgeklärt werden,<br />

so dass sich zum heutigen Zeitpunkt weitere Entwicklungspotentiale abzeichnen. Im darauf<br />

folgenden Kapitel werden Untersuchungen vorgestellt, die sich <strong>mit</strong> der Depolarisation<br />

des Elektronenensembles bei der Photoemission aus den an MAMI verwendeten III/V<br />

Heterostrukturen befassen. Das dritte Kapitel beschreibt die Kontrolle der Symmetrie<br />

der Strahlparameter beim Helizitätswechsel des Elektronenstrahls.<br />

vi


Um die vorliegende Schrift für einen möglichst weiten Leserkreis zugänglich zu machen<br />

habe ich außerdem ergänzende Hintergrundinformationen und Details in drei Anhängen<br />

zusammengestellt, auf die am geeigneten Ort verwiesen wird.<br />

An dieser Stelle möchte ich allen jenen danken, die mich bei meinen Arbeiten so<br />

ausdauernd und wohlwollend unterstützt haben. Dazu gehören meine Mentoren Herr<br />

Professor Dietrich von Harrach und Herr Professor Karl Schilcher sowie insbesondere<br />

Herr Professor Erwin Reichert.<br />

Als Mitglieder der Arbeitsgruppe B2, die <strong>mit</strong> ihren Arbeiten den Grundstein für viele<br />

der hier präsentierten Ergebnisse gelegt haben, dürfen bei dieser Danksagung nicht<br />

unerwähnt bleiben: Dr. Michael Steigerwald, Dr. Valeri Tioukine, die Diplomphysiker<br />

Gerhard Arz, Roman Barday, Roman Bolenz, Jörg Schuler, Markus Wiessner, Monika<br />

Weis, Konrad Winkler und Christian Zalto.<br />

Die Arbeitsgruppe B2 kann nicht ohne eine harmonische Zusammenarbeit <strong>mit</strong> der<br />

MAMI-Beschleunigerabteilung (B1) existieren. Daher möchte ich mich beim Betriebsleiter<br />

von MAMI, Herrn Dr. Karl-Heinz Kaiser für die vielen Jahre der vertrauensvollen<br />

und erfolgreichen Zusammenarbeit bedanken. Dieser Dank gilt in gleicher Weise allen<br />

anderen Mitgliedern der Beschleunigerabteilung.<br />

Richard ”<br />

Ritchie“ Herr - der langjährige technische Generalmanager des Instituts für<br />

Kernphysik - ist eine Ausnahmeerscheinung. Ohne seine Fähigkeiten und seinen Einsatz<br />

wäre so manche Messung (nicht nur bei B2!) unterblieben; ohne seinen Humor wäre<br />

mancher Rückschlag noch schwerer zu überwinden gewesen. Ihm gehört mein besonderer<br />

Dank.<br />

Im Laufe meiner Arbeiten haben ich <strong>mit</strong> vielen anderen Mitgliedern des Instituts<br />

für Kernphysik zusammen gearbeitet, sei es aus den Forschungskollaborationen, den<br />

verschiedenen Werkstätten oder der Verwaltung. Ich bin ihnen allen zu Dank verpflichtet,<br />

denn immer wieder bin ich zuvorkommend und <strong>mit</strong> großem Einsatz und Verständnis für<br />

meineProblemeunterstützt worden.<br />

Die deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt die hier präsentierten Arbeiten durch<br />

Personal- und Sach<strong>mit</strong>tel im Rahmen des SFB 443 ”<br />

Vielkörperstruktur stark wechselwirkender<br />

Systeme“. Die Entwicklung der Photokathoden für MAMI im Rahmen einer Kollaboration<br />

<strong>mit</strong> der Sankt Petersburg Technical University wurde von der europäischen<br />

Union innerhalb des INTAS Projektes 99-00125 gefördert.<br />

Meiner Freundin Dorothe Dalheimer danke ich von ganzen Herzen für die unendliche<br />

Geduld <strong>mit</strong> den Grillen, die mich umtreiben.<br />

vii


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger 1<br />

1.1. Der MAMI-Beschleunigerkomplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

1.2. Die Entwicklung der polarisierten Elektronenquelle . . . . . . . . . . . . 3<br />

1.3. Das Injektionsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.3.1. Anforderungen an die Elektronenoptik . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.3.2. Eigenschaften der Elektronenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.3.3. Die kompakte Injektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1.3.4. Spintuning durch Energievariation . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

1.3.5. Verbessertes Spintuning: Der Wienfilter . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

1.3.6. Polarisationsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

1.3.7. Vermessung der Spinpolarisation durch Mottstreuung . . . . . . . 20<br />

1.4. Das Transmissionsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

1.4.1. Aufbau und Funktionsweise des Chopper/Buncher-Systems . . . 24<br />

1.4.2. Bunchersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

1.4.3. Der Synchrolaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

1.4.4. Experimentierbetrieb <strong>mit</strong> dem Synchro-Laser . . . . . . . . . . . 40<br />

1.4.5. Experimentelle Untersuchung höchster Bunchladungen . . . . . . 40<br />

1.4.6. Betriebsbedingungen: Ein Resumée . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

1.5. Das Lebensdauerproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

1.5.1. Verfügbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

1.5.2. Einwirkung von Molekülen aus der Gasphase . . . . . . . . . . . . 44<br />

1.5.3. Lebensdauerproblematik: Phänomenologischer Ansatz . . . . . . 46<br />

1.5.4. Lebensdauer unter verschiedenen Betriebsbedingungen . . . . . . 47<br />

1.5.5. Transmissionsverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

1.5.6. Schädigungen durch Transmissionsverlust . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

1.5.7. Die Maskentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

1.5.8. Entwicklung des Qualitätsfaktors . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

1.5.9. Entwicklungspotentiale der Photoquelle . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

1.6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden 65<br />

2.1. Spinpolarisation und Quantenausbeute von Strained-Layer- und Superlattice<br />

Kathoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

2.2. Depolarisation: Untersuchung durch Kurzzeitspektroskopie . . . . . . . . 72<br />

2.2.1. Streuprozesse im Leitungsband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

2.2.2. Experimenteller Aufbau zur Kurzzeitspektroskopie . . . . . . . . . 73<br />

viii


Inhaltsverzeichnis<br />

2.2.3. Apparative und physikalische Begrenzungen . . . . . . . . . . . . 75<br />

2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone . . . . . . . . . . 79<br />

2.3.1. Durchführung des Experiments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

2.3.2. Experimentelle Resultate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

2.3.3. Analyse der Daten unter der Annahme von Diffusion . . . . . . . 83<br />

2.3.4. Verbesserte Modellierung durch Random-Walk . . . . . . . . . . . 85<br />

2.3.5. Berechnung der <strong>mit</strong>tleren Aufenthaltszeit im Halbleiterkristall . . 91<br />

2.3.6. Depolarisation im Kristallgitter der Strained-Layer-Kathode . . . 92<br />

2.4. Spezielle Depolarisationseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

2.4.1. Depolarisation bei Strained-Layer-Kathoden . . . . . . . . . . . . 95<br />

2.4.2. Depolarisation beim Superlattice . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

2.4.3. Polarisationsoptimiertes Superlattice . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel 102<br />

3.1. Probleme der Messung extrem kleiner Streuasymmetrien . . . . . . . . . 102<br />

3.1.1. Spinabhängige Observablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102<br />

3.1.2. Eine kurze Beschreibung des A4-Experiments . . . . . . . . . . . 103<br />

3.1.3. Falsche“ Asymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104<br />

”<br />

3.2. Die Rolle der Polarisationsoptik im A4-Experiment . . . . . . . . . . . . 106<br />

3.2.1. Helizitätsabhängige Experimentsteuerung . . . . . . . . . . . . . . 106<br />

3.2.2. Grundtatsachen der helizitätsabhängigen Datenerfassung . . . . . 108<br />

3.2.3. Aufbau der Polarisationsoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

3.2.4. Nicht-ideale Optiken als Erzeuger helizitätskorrelierter Asymmetrien110<br />

3.3. Die inhomogene Strain-Relaxation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

3.3.1. Physikalischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

3.3.2. Alternative Materialien zu uniaxial deformiertem GaAs . . . . . . 115<br />

3.4. Stromasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />

3.4.1. Stokes Parameter und Müller Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />

3.4.2. Beschreibung nicht-idealer Optik im Stokes/Müller Formalismus . 117<br />

3.4.3. Experimentelles Resultat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120<br />

3.4.4. Stabilität der Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

3.5. Asymmetrien der Strahllage und Strahlform . . . . . . . . . . . . . . . . 123<br />

3.5.1. Interferenzeffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124<br />

3.5.2. Ortsaufgelöste Messung der Intensitätsasymmetrie . . . . . . . . . 126<br />

3.5.3. Auswirkungen piezomechanischer Effekte . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

3.6. Strahlfluktuationen am A4-Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128<br />

3.6.1. Transformation in Strahlparameter am Target . . . . . . . . . . . 128<br />

3.6.2. Stabilisierung von Strahlparametern . . . . . . . . . . . . . . . . 130<br />

3.7. Resultate und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

A. <strong>Erzeugung</strong> spinpolarisierter <strong>Elektronenstrahlen</strong> aus NEA-Photokathoden 139<br />

A.1. <strong>Erzeugung</strong> von Spinpolarisation durch Photoabsorption in Halbleitern . . 139<br />

A.1.1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

A.1.2. Kristallklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

ix


Inhaltsverzeichnis<br />

A.1.3. Wellenfunktionen im Halbleiter I: Konsequenzen der Translationsinvarianz<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

A.1.4. Wellenfunktionen im Halbleiter II: Raumgruppensymmetrie und<br />

Auswahlregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144<br />

A.1.5. Absorptionskoeffizient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148<br />

A.2. Strukturen <strong>mit</strong> reduzierter Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151<br />

A.2.1. Uniaxial deformierte Kathoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151<br />

A.2.2. Strained-Layer-Kathoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153<br />

A.2.3. Superlattice Photokathoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155<br />

A.2.4. Technische Aspekte der Kathodenherstellung . . . . . . . . . . . . 157<br />

A.3. Dotierungseffekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160<br />

A.3.1. Einfluss der Dotierung auf Leitfähigkeit und Lage des Fermi-Niveaus161<br />

A.3.2. Unerwünschte Nebeneffekte der Dotierung . . . . . . . . . . . . . 163<br />

A.3.3. Modulationsdotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165<br />

A.4. Halbleiterlaser: Ein weiteres Beispiel für Heterostrukuren . . . . . . . . . 166<br />

A.4.1. Details zum Betrieb des MAMI Master Oszillator Lasers . . . . . 169<br />

A.5. Wechselwirkungen im Leitungsband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170<br />

A.5.1. Phononen-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170<br />

A.5.2. Effekt der Dotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172<br />

A.5.3. Ladungsträgerlebensdauer im Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . 172<br />

A.6. Aktivierung von Halbleitern zur negativen Elektronenaffinität . . . . . . 174<br />

A.6.1. Elementares Modell der Herstellung von NEA . . . . . . . . . . . 174<br />

A.6.2. NEA-Herstellung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177<br />

A.6.3. Weitere physikalische Aspekte von NEA-Oberflächen . . . . . . . 179<br />

B. Spezielle elektronenoptische Aspekte der MAMI-Photoquelle 182<br />

B.1. Stromdichteverteilungen, Raumladungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . 182<br />

B.1.1. Stromdichteverteilung an der Kathode . . . . . . . . . . . . . . . 182<br />

B.1.2. Oberflächenladungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184<br />

B.1.3. Raumladungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186<br />

B.2. Strahltransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188<br />

B.2.1. Lineare Strahloptik <strong>mit</strong> Quadrupolen großer Apertur . . . . . . . 189<br />

B.2.2. Arbeitsprinzip des Buncher Systems von MAMI . . . . . . . . . . 192<br />

B.2.3. Buncher System <strong>mit</strong> vergrößertem Einfangbereich: 2f-Buncher“ . 194<br />

”<br />

C. Lichttransmission durch nicht perfekte Polarisationsoptiken 196<br />

C.1. Eigenschaften von KD*P als elektrooptischer Modulator . . . . . . . . . 196<br />

C.1.1. ’Piezomechanische’ Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

C.2. Der Einfluss optischer Imperfektionen auf den Helizitätswechsel . . . . . 198<br />

C.2.1. Stokes-Müller-Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198<br />

C.2.2. Polarisationstransport <strong>mit</strong> realen optischen Komponenten . . . . 199<br />

x


1. Die Quelle spinpolarisierter<br />

Elektronen am<br />

MAMI-Beschleuniger<br />

1.1. Der MAMI-Beschleunigerkomplex<br />

Die Abbildung 1.1 zeigt eine Aufsicht auf den MAMI-Beschleunigerkomplex und seine<br />

Experimentiereinrichtungen. Das MAinzer MIcrotron (MAMI) besteht im Wesentlichen<br />

aus einer Kaskade von drei Race-Track-Mikrotronen (RTM-1 bis RTM-3) [13]. Die derzeitige<br />

Maximalenergie beträgt etwa 880 MeV [14]. Einige charakteristische Vorteile des<br />

Konstruktionsprinzips sind seine hohe inhärente strahloptische Stabilität, die geringe<br />

E<strong>mit</strong>tanzvergrößerung während des Beschleunigungsvorgangs und nicht zuletzt die konservativ<br />

ausgelegte normalleitende Technologie, die eine hohe Betriebszuverlässigkeit erlaubt.<br />

Zurzeit kann der Strahl für mehr als 6000 Stunden pro Jahr den Experimenten<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Eine vierte Stufe zur weiteren Erhöhung der Energie auf mehr als 1500 MeV ist zur<br />

Zeit im Bau. Bei dieser Stufe wird das Konstruktionsprinzip des RTM’s insoweit modifiziert,<br />

als dass zwei Mikrowellenbeschleuniger eingesetzt werden und die 180 Grad-<br />

Ablenksysteme aus zwei statt aus einem einzigen Magneten bestehen. Dieses System<br />

wird doppelseitiges Mikrotron (DSM) genannt, wobei aus strahldynamischen Gründen<br />

[15] einer der beiden Linearbeschleuniger bei der doppelten Frequenz (2 x 2.449 GHz)<br />

arbeiten muss, daher die Bezeichnung ”<br />

harmonisches“ DSM (HDSM). Die Beschleunigeranlage<br />

als Ganzes wird ”<br />

MAMI-C“ genannt.<br />

Die Rennbahnmikrotronkaskade benötigt einen hochrelativistischen Strahl am Injektionspunkt.<br />

Zur Beschleunigung der Elektronen auf die hierfür nötige Energie von einigen<br />

MeV wird ein Injektorlinearbeschleuniger ( ”<br />

ILAC“) eingesetzt. Dieser wird seinerseits<br />

entweder von einer konventionellen Elektronenquelle (thermische Elektronenemission)<br />

oder von der Photoemissionsquelle gespeist, die den polarisierten Elektronenstrahl erzeugt.<br />

Im Maßstab der Abbildung 1.1 sind die Quellen zu klein, um wahrgenommen<br />

werden zu können. Abbildung 1.2 zeigt daher eine vergrößerte Ansicht des Quellenbereichs.<br />

Zum jetzigen Zeitpunkt (2005) werden etwa zwei Drittel der Experimente <strong>mit</strong> dem<br />

polarisierten Elektronenstrahl durchgeführt, wobei alle Experimentiergruppen beteiligt<br />

sind. Dies ist eine ”<br />

Erfolgsgeschichte“, da noch zur Zeit des Baus der Anlage (Ende der<br />

1980er Jahre) keine Infrastruktur für einen spinpolarisierten Strahl im Beschleunigerkomplex<br />

vorgesehen war. Das vorliegende Kapitel wird die speziellen operativen Aspek-<br />

1


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

MAMI-Beschleunigerkomplex:<br />

Race-Track-Mikrotron-Kaskade<br />

(RTM1-RTM-3) <strong>mit</strong> Experimentierstationen<br />

A1,A2,A4,X1.<br />

RTM1-3 HDSM (1.5 GeV):<br />

Fertigstellung 2006<br />

HDSM<br />

10m<br />

X1<br />

Elektronenquellen und<br />

Injektorlinearbeschleuniger<br />

Strahltransport zu den<br />

Experimenten<br />

A2 A4-<br />

“Tagger Halle” “Kalorimeter-<br />

Halle”<br />

A4-<br />

“Polarimeter-<br />

Halle”<br />

A1<br />

“Spektrometer-Halle”<br />

Abbildung 1.1.: Aufsicht auf den MAMI-Beschleunigerkomplex <strong>mit</strong> den angeschlossenen Experimentierstationen<br />

2


1.2. Die Entwicklung der polarisierten Elektronenquelle<br />

te des polarisierten Strahlbetriebs darstellen, wobei im folgenden Abschnitt zunächst<br />

einmal die Problemstellung definiert wird.<br />

1.2. Die Entwicklung der polarisierten Elektronenquelle<br />

Die Verwendung spinpolarisierter <strong>Elektronenstrahlen</strong> am MAMI-Beschleuniger war zunächst<br />

auf die Durchführung von Doppelpolarisationsexperimenten (z.B. 3 ⃗ He(⃗e, e ′ n)pp)<br />

beschränkt. Diese Experimente sollten eine genauere Bestimmung des elektrischen Formfaktors<br />

des Neutrons ermöglichen [4].<br />

Schon beim Beginn dieses Projektes war klar, dass eine der komplexeren Teilkomponenten<br />

das Injektionssystem für die polarisierten Elektronen sein würde. Unter dem Begriff<br />

”<br />

Injektionssystem“ soll im Folgenden die Kombination der Teilchenquelle <strong>mit</strong> dem<br />

nachfolgenden Strahltransportsystem verstanden werden. Das Transportsystem erstreckt<br />

sich bis zu dem Punkt, an dem die Beschleunigung durch die erste Hochfrequenzsektion<br />

des Injektorlinearbeschleunigers einsetzt.<br />

Bis etwa 1995 war es der B2-Kollaboration gelungen, bei der Entwicklung des Injektionssystems<br />

eine Reihe von Meilensteinen zu setzen:<br />

• Der Elektronenstrahl erreichte die für MAMI notwendige hohe Brillanz. Dabei<br />

konnten innerhalb der Lebensdauer einer Photokathode Ladungsmengen von einigen<br />

Coulomb produziert werden [16],[17].<br />

• Un<strong>mit</strong>telbar nach der Fertigstellung der aufwändigen Strahltransportstrecke zwischen<br />

Quelle und Beschleuniger [18] begannen die Experimente <strong>mit</strong> dem spinpolarisierten<br />

Strahl [19]. Es wurde demonstriert, dass <strong>mit</strong> Hilfe eines speziell konstruierten<br />

Spinmanipulators die Orientierung des Polarisationsvektors in alle Raumrichtungen<br />

möglich ist [20].<br />

• Die Lebensdauerproblematik der Quelle wurde durch eine Anlage zum schnellen<br />

Kathodenaustausch ( ”<br />

Schleuse“) gemildert, so dass eine Verfügbarkeit 1 der Quelle<br />

von etwa 95% erreicht wurde [21].<br />

• In Zusammenarbeit <strong>mit</strong> Arbeitsgruppen an der Sankt Petersburg Technical University<br />

und dem Joffe Institut in St. Petersburg wurde eine modulationsdotierte<br />

Photokathode entwickelt, die es erlaubte ausreichende Quantenausbeuten bei einer<br />

Strahlpolarisation von etwa 75% zu erzielen [22].<br />

• Im Dauerbetrieb war ein Strahlstrom von etwa I=2 Mikroampère bei P=75% Longitudinalpolarisation<br />

am Target des Neutronformfaktorexperiments verfügbar [23].<br />

So<strong>mit</strong> wurde ein Qualitätsfaktor 2 von<br />

Q = P 2 I ≈ 1μA (1.1)<br />

1 Verfügbarkeit: Verhältnis der Einschaltbereitschaft der Quelle zur Gesamtexperimentierzeit.<br />

2 Zu einer Diskussion des Qualitätsfaktors siehe Abschnitt 1.5.<br />

3


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

am Experiment erreicht.<br />

Die Messkampagnen der Neutronformfaktorexperimente konnten auf dieser Basis bis<br />

1996 erfolgreich zu Ende geführt werden [5],[6],[7].<br />

Zu dieser Zeit war klar, dass der polarisierte Strahlbetrieb von einem ”<br />

Ausnahmezustand“<br />

zu einem Standard werden musste, da inzwischen alle Arbeitsgruppen am Institut<br />

für Kernphysik ein Experimentierprogramm <strong>mit</strong> polarisierten Elektronen aufgelegt<br />

hatten. Die höchsten Anforderungen stellte dabei das bereits im Vorwort erwähnte Experiment<br />

zur Paritätsverletzung (A4). Unter anderem wurde den Planungen ein Qualitätsfaktor<br />

von Q =12μA zugrundegelegt, was in einer Messzeit von etwa 1000 Stunden<br />

eine ausreichende statistische Signifikanz des Resultats ergeben sollte. Zusätzlich wurde<br />

verlangt, die absoluten Strahlparameterfluktuationen um eine, sowie helizitätskorrelierte<br />

Intensitätsfluktuationen um etwa zwei Größenordnungen zu reduzieren (siehe hierzu<br />

Kapitel 3).<br />

Um die sich abzeichnenden Anforderungen zu erfüllen, mussten folgende Probleme<br />

gelöst werden:<br />

1. Injektionsproblem: DiehoheStrahlqualität der Elektronenquelle konnte während<br />

des Strahltransports zum Injektorlinearbeschleuniger nicht aufrechterhalten werden.<br />

Auch erforderte die mangelnde zeitliche Stabilität des Strahltransports häufige<br />

Unterbrechungen zum Zwecke der Neujustierung des Strahls.<br />

2. Transmissionsproblem: Die Strahltransmission war wegen der begrenzten longitudinalen<br />

Akzeptanz auf etwa 10-15% beschränkt.<br />

3. Lebensdauerproblem: Selbst bei vollständiger Transmission wäre ab Strahlströmen<br />

von 20 Mikroampère die Betriebsperiode der Photokathoden wegen der begrenzten<br />

e<strong>mit</strong>tierbaren Ladung zu kurz gewesen. Die e<strong>mit</strong>tierbare Ladung während der<br />

Lebensdauer“ der Photokathode musste bedeutend erhöht werden.<br />

”<br />

Die Injektionsthematik wurde in weiten Teilen durch die Dissertationsarbeit von M.<br />

Steigerwald gemeistert [24],[25]. Im nächsten Abschnitt wird daher der Aufbau des Injektionssystems<br />

nur insoweit besprochen, als es zum Verständnis der weiteren Probleme<br />

notwendig ist. Nur die seither neu entwickelte Niederenergiespinrotation wird im Detail<br />

dargestellt. Die darauf folgenden Abschnitte bieten einen ausführlichen Überblick über<br />

die Lösung der beiden letztgenannten Probleme.<br />

1.3. Das Injektionsproblem<br />

Die elektronenoptischen Eigenschaften der Photoquelle und des 100 keV Strahltransportsystems<br />

sind bereits dargestellt worden [17],[18], so dass es hier genügt, die Anforderungen<br />

und Resultate zu referieren. Im Bezug auf einige spezielle Aspekte sind allerdings<br />

seither neue Erkenntnisse erzielt worden, die im Anhang B zusammengestellt sind. Im<br />

folgenden wird an entsprechenden Stellen darauf verwiesen.<br />

4


1.3. Das Injektionsproblem<br />

1.3.1. Anforderungen an die Elektronenoptik<br />

Aufgrund der langjährigen Betriebserfahrungen <strong>mit</strong> der konventionellen Elektronenquelle<br />

an MAMI kann man festlegen, dass die typische maximale E<strong>mit</strong>tanz dieser Quelle<br />

eine sinnvolle Obergrenze darstellt. Dieser Richtwert beträgt bei einer Strahlenergie von<br />

100 keV [26]:<br />

ɛ x max = ɛy max =1π · mm · mrad. (1.2)<br />

Um sicherzustellen, dass die Quelle<strong>mit</strong>tanz den angegebenen Wert nicht wesentlich<br />

übersteigt, wird eine Akzeptanzbegrenzung vorgenommen. Diese Begrenzung wird bewusst<br />

in der Injektionsstrahlführung erzeugt, um Strahlverluste bei hohen Energien und<br />

die da<strong>mit</strong> verbundenen Strahlungsprobleme zu vermeiden. Zwei runde Wolframkollimatoren<br />

(Abbildung 1.2) <strong>mit</strong> 2.5 mm Durchmesser werden für diese Aufgabe verwendet.<br />

Das Injektionssystem muss folgende wesentliche Aufgaben erfüllen:<br />

1. Die Transmissionsverluste an der Akzeptanzbegrenzung müssen minimiert werden,<br />

da die Quelle nur eine begrenzte Ladungsmenge liefern kann. Des Weiteren führt<br />

ein ”<br />

Abschneiden“ des Strahls zu vergrößerten Strahlintensitätsschwankungen, die<br />

durch Transmissionsschwankungen an der Akzeptanzbegrenzung ver<strong>mit</strong>telt werden.<br />

Man benötigt also eine Strahle<strong>mit</strong>tanz, die klein im Vergleich zur Akzeptanz<br />

ist.<br />

2. Nichtlinearitäten der Elektronenoptik der Quelle und der Strahlführungselemente<br />

müssen wegen der nachteiligen Wirkung auf die E<strong>mit</strong>tanz vermieden werden.<br />

3. Die Strahlführung muss es erlauben, die Strahle<strong>mit</strong>tanz an die gegebene Akzeptanz<br />

anzupassen ( ”<br />

matching“).<br />

4. Es muss eine hinreichende zeitliche Stabilität der Strahlparameter vorhanden sein.<br />

5. Eine weitere – nicht direkt <strong>mit</strong> der Strahloptik verknüpfte – Forderung resultiert<br />

aus dem Anspruch der Experimente, eine wohldefinierte Spinorientierung am Experiment<br />

zu erzielen. Es muss daher eine Möglichkeit vorgesehen werden, die Spinpräzession<br />

während des Beschleunigungsprozesses in MAMI zu kompensieren.<br />

1.3.2. Eigenschaften der Elektronenquelle<br />

Eine detaillierte Übersicht über die Entwurfsprinzipien und Eigenschaften der Elektronenquelle<br />

findet sich in meiner Dissertation [17]. Daher folgt hier nur eine kursorische<br />

Darstellung ihrer Eigenschaften.<br />

Die elektronenoptischen Basisbedingungen der Elektronenquelle sind im Wesentlichen<br />

durch das elektrostatische Potential und die Geometrie des Feldes an der Kathode, sowie<br />

dem an dieser Stelle vorliegenden Laserstrahldurchmesser festgelegt. Die Zahlenwerte der<br />

entsprechenden Parameter sind in Tabelle 1.1 angegeben.<br />

5


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Parameter Symbol Wert<br />

Durchm. des e<strong>mit</strong>tierenden Areals 2r 0 < 300μm (4σ)<br />

Potential U -100 kV<br />

Kathoden-Anoden-Abstand d 0.145m<br />

Zugfeld an der Kathode E kath 0.89 MV/m<br />

E<strong>mit</strong>tanz ɛ 0.3 π mm mrad<br />

Twissparameter (Anode) α, β, γ -2.2, 0.3m/rad, 20 rad/m<br />

Tabelle 1.1.: Elektronenoptische Parameter der polarisierten Elektronenquelle.<br />

Der elektrische Feldgradient an der Kathode wurde ausreichend groß 3 gewählt, so dass<br />

trotz des kleinen Emissionsareals – d.h. hohe Stromdichte <strong>mit</strong> potentiellen Raumladungseffekten<br />

– konstante elektronenoptische Eigenschaften für alle notwendigen Stromstärken<br />

vorliegen sollten. Aus dem gleichen Grunde wird die vom Injektor verlangte kinetische<br />

Energie (100 keV) in einer einzigen elektrostatischen Beschleunigungsstufe auf die Elektronen<br />

übertragen.<br />

Weitere Messergebnisse zu den elektronenoptischen Eigenschaften der Quelle und speziell<br />

zur E<strong>mit</strong>tanz und Brillanz wurden bereits in meiner Dissertation zusammengestellt<br />

[17]. Diese ca. 1994 erzielten Resultate ließen ausgezeichnete Betriebsbedingungen erwarten.<br />

Leider konnte zu dieser Zeit die Strahlqualität in der ursprünglich 25 Meter<br />

langen Strahltransportstrecke nicht aufrecht erhalten werden. Es kam zu E<strong>mit</strong>tanzvergrößerungen<br />

und Instabilitäten der Strahlposition, die nur durch eine sehr sorgfältige,<br />

zeitaufwändige und periodisch wiederkehrende Einstellung der elektronenoptischen Elemente<br />

auf ein erträgliches Maß gemildert werden konnten. Dies belastete sowohl die<br />

Quellenoperateure als auch die Experimente in einer auf die Dauer nicht tolerablen Weise.<br />

1.3.3. Die kompakte Injektion<br />

Die ursprüngliche Injektionsstrahlführung wurde nach Abschluss der Neutronformfaktorexperimente<br />

stillgelegt und dafür 1996/97 eine Quelle <strong>mit</strong> stark verkürzter Strahlführung<br />

in der Beschleunigerhalle aufgebaut.<br />

Neben dem Anreiz die Unzulänglichkeiten beim Betrieb der alten Strahlführung zu<br />

vermeiden, war als positiver Aspekt hinzu getreten, dass die Elektronenquelle deutlich<br />

weniger Wartungsaufwand benötigte als ursprünglich angenommen, so dass auf einen<br />

permanenten Zugang zur Quelle verzichtet werden konnte. Die notwendigen Arbeiten<br />

wurden in Zusammenarbeit der B1-(Beschleuniger-) und der B2-(Quellen-)gruppe durchgeführt,<br />

wobei M. Steigerwald für die Konzeption verantwortlich war [24],[25].<br />

Die Abbildung 1.2 zeigt eine dreidimensionale Ansicht der Installation am Injektor<br />

3 Es ist von entscheidender Wichtigkeit einen geeigneten Kompromiss zwischen <strong>hoher</strong> und niedriger<br />

Feldstärke zu finden, da die <strong>mit</strong> hohen Gradienten verbundenen Probleme (Feldemission/Entladungen)<br />

den Betrieb der Photoquelle li<strong>mit</strong>ieren bzw. verhindern [17].<br />

6


1.3. Das Injektionsproblem<br />

von MAMI, der Apparat wird Polarisierte Elektronen KAnone-1 (PKA1) 4 genannt.<br />

Zum Aufbau von PKA1 wurden Kopien der für die Neutron-Formfaktor Experimente<br />

entwickelten Elektronenquelle und des Kathodenwechslers ( ”<br />

Schleuse“) benutzt [17],[21].<br />

In Abbildung 1.2 wird der Eintrittspunkt des Laserstrahls in das Vakuumsystem angedeutet,<br />

die geometrischen Verhältnisse im Zentrum der Quelle (Beschleunigungsregion)<br />

sind im eingesetzten Schnittbild gezeigt. Das Anregungslicht trifft auf die in der Quelle<br />

montierte Photokathode, die auf einem Potential von -100 kV gehalten wird. An dieser<br />

Stelle werden die Elektronen ins Vakuum freigesetzt, vom elektrostatischen Feld der<br />

Elektronenquelle beschleunigt und in das Transportsystem injiziert. Die Strahlführung<br />

von der Quelle bis zum Chopper 5 besitzt eine Länge von 3 Metern <strong>mit</strong> insgesamt 8<br />

optischen Elementen, was <strong>mit</strong> 25 Metern und 50 Elementen in der zuvor benutzten<br />

Strahlführung verglichen werden muss. Für die benötigten elektronenoptischen Linsen<br />

und den Magneten zur Einlenkung auf die Linac-Achse wurde auf die bewährten Komponenten<br />

aus der alten Strahlführung zurückgegriffen [18]. Durch den Einsatz des 270 Grad<br />

Umlenkmagneten wird die an der Quelle vorliegende Rotationsymmetrie des Strahls<br />

gestört. Die sechs frei einstellbaren Einzelbrennweiten der zwei Quadrupol-Tripletts werden<br />

daher geeignet gewählt, um einerseits ausreichende Fokussierung zu ver<strong>mit</strong>teln und<br />

andererseits die horizontalen und vertikalen Abbildungsmatrizen am Ausgang des zweiten<br />

Tripletts aneinander anzugleichen.<br />

Vorzüge des heutigen Aufbaus<br />

Die erwarteten Vorteile hinsichtlich der Bedienbarkeit und Stabilität im Vergleich zum<br />

alten Injektionssystem wurden erreicht: Die Optimierung der Elektronenoptik kann zum<br />

heutigen Zeitpunkt routinemäßig vom studentischen Hilfspersonal durchgeführt werden,<br />

diese Arbeiten erfordern in der Regel nur wenige Minuten pro Tag. Alle wichtigen Größen<br />

wie die Transmission, die Strahlungspegel in den Beschleunigerhallen, oder die Stabilität<br />

des Strahlstroms wurden im Vergleich zur vorangegangenen Situation deutlich verbessert<br />

[24]. Die ursprünglich an der Quelle aufgefundenen E<strong>mit</strong>tanzmesswerte liegen jetzt auch<br />

am Injektionspunkt vor, wie Abbildung 1.3 zeigt. Diese etwa 50 cm vor der ersten Sektion<br />

des ILAC gemessenen E<strong>mit</strong>tanzflächen betragen:<br />

ɛ x =0.17 πmmmrad (1.3)<br />

ɛ y =0.30 πmmmrad.<br />

Wie aufgrund der kleinen E<strong>mit</strong>tanz zu erwarten, ist die Transmission durch die akzeptanzdefinierenden<br />

Kollimatoren sehr hoch, sie beträgt mehr als 99%.<br />

Die erlaubten Maximalwerte sind mehr als Dreimal größer als die gemessenen E<strong>mit</strong>tanzen.<br />

Daher kann der Betrieb des Beschleunigers <strong>mit</strong> minimalem Strahlungsuntergrund<br />

4 Die Quelle der 25-Meter Strahlführung wurde <strong>mit</strong> PKA2 bezeichnet, zusätzlich wurde noch eine<br />

Testquelle (PKAT) gebaut. Diese im Bezug auf die Quelle identischen Aufbauten spielen für die<br />

Darstellung in diesem Kapitel keine Rolle.<br />

5 Der Chopper“ sorgt für eine angemessene longitudinale Kollimation, auf seine Funktion wird im<br />

”<br />

Abschnitt 1.4 eingegangen.<br />

7


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Differentielle Pumpstufe<br />

(vordere Pumpe entf.)<br />

Wien-Fiter<br />

Kompensations-<br />

Quadrupole<br />

B<br />

B<br />

B<br />

E<br />

E<br />

E<br />

Beginn des<br />

Chopper-Systems<br />

Kollimatoren<br />

(2.5mm Durchmesser)<br />

Quadrupol-<br />

Triplett 2<br />

Vakuum-<br />

Fenster<br />

Position der<br />

Kathode<br />

‘Präparationskammer’<br />

magnetische<br />

Manipulatoren<br />

‘Schleuse’<br />

Quadrupol-<br />

Triplett 1<br />

Thermischer<br />

Elektronenstrahl<br />

270 Grad ‘alpha’-<br />

Magnet<br />

30 cm<br />

Abbildung 1.2.: Ansicht des PKA1-Injektionssystems.<br />

8


1.3. Das Injektionsproblem<br />

Abbildung 1.3.: Transversale E<strong>mit</strong>tanzen der Photoquelle PKA1 am Einschuss von MAMI.<br />

und Strahlhalo durchgeführt werden. Die fast identische Orientierung der Ellipsen bei<br />

doch deutlichem Größenunterschied könnte durch ein Problem des E<strong>mit</strong>tanzmessverfahrens<br />

verursacht sein, denn auch <strong>mit</strong> dem völlig rotationssymmetrischen Aufbau der<br />

konventionellen Elektronenquelle werden unterschiedliche E<strong>mit</strong>tanzen beobachtet [27].<br />

Die Akzeptanz der Maschine umschließt die gemessenen E<strong>mit</strong>tanzen allerdings derart<br />

weiträumig, dass auch ein wirklicher Größenunterschied kaum ins Gewicht fallen würde.<br />

Die ”<br />

normierte“ (d.h. die von der kinetischen Energie T unabhängige, siehe Anhang<br />

B) E<strong>mit</strong>tanz beträgt:<br />

ɛ norm (±1σ) = 1 4 βγɛ ≈ 1.5 − 2 · 10−7 m (1.4)<br />

Die beiden auch im Weiteren oft benutzten Größen γ und β sind folgendermaßen<br />

definiert:<br />

γ =1+T/m 0 c 2 (1.5)<br />

β = √ 1 − 1/γ 2 = v c<br />

(m 0 : Teilchenruhemasse; v, c: Teilchen- und Vakuumlichtgeschwindigkeit). Zur Berechnung<br />

von ɛ norm muss die kinetische Energie T (hier: 100 keV) an der Stelle der E<strong>mit</strong>tanzmessung<br />

eingesetzt werden.<br />

Weiter sollte beachtet werden, dass die E<strong>mit</strong>tanzmessung an MAMI auf Strahlbreitenmessungen<br />

beruht, die das Vierfache der Varianz (σ) der gemessenen Stromdichteverteilung<br />

als ”<br />

Strahlbreite“ bezeichnen. Da andererseits oft ±1σ als Strahlbreite betrachtet<br />

wird – und diese gemessene Breite quadratisch eingeht – wird hier noch ein Faktor 1/4<br />

eingeführt.<br />

Da das E<strong>mit</strong>tanzwachstum auch bei den höchsten Strömen, die in MAMI bis auf<br />

855 MeV beschleunigt werden können, weniger als 50% Prozent beträgt (Abschnitt 1.4.5),<br />

9


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

kann das Injektionssystem im Bezug auf den elektronenoptischen Aspekt allen Anforderungen<br />

gerecht werden.<br />

1.3.4. Spintuning durch Energievariation<br />

Mit dem hier verwendeten Injektionssystem konnte zunächst keine Variation der Spinrichtung<br />

vorgenommen werden. Fast alle Experimente <strong>mit</strong> polarisiertem Strahl verlangen<br />

eine longitudinale Spinstellung am Targetort, da die Größe von transversalen Asymmetrien<br />

um den Faktor 1/γ unterdrückt ist.<br />

Zwar produziert die Quelle einen longitudinal polarisierten Strahl (siehe Anhang A.1),<br />

aber es zeigt sich, dass die Orientierung der Polarisation relativ zum Strahlimpuls nicht<br />

konstant bleibt, sondern sich <strong>mit</strong> einer von der Impulsdrehung verschiedenen Präzessionsfrequenz<br />

verändert. Diese Frequenz kann <strong>mit</strong> Hilfe der BMT-Formel berechnet werden,<br />

die den Vektor der Winkelgeschwindigkeit in Beziehung zu den im Labor benutzten<br />

Feldern und der Teilchengeschwindigkeit setzt<br />

⃗ω Spin =<br />

e (<br />

(<br />

(1 + a) B<br />

m 0 γ<br />

⃗ ‖ +(1+aγ) B ⃗ ⊥ − a + 1 ) γ<br />

(<br />

⃗v × E) )<br />

1+γ c ⃗ . (1.6)<br />

2<br />

B ‖ ,B ⊥ sind die Magnetfeldkomponenten parallel und senkrecht zur Geschwindigkeit<br />

v. Während der Beschleunigung in MAMI wird der Strahl in den RTM-Dipolen vielfach<br />

durch den Einfluss von praktisch rein transversalen Magnetfeldern rezirkuliert. Der<br />

entsprechende Summand der BMT-Formel liefert:<br />

ω Spin = eB ⊥<br />

(1 + aγ) =ω z (1 + aγ). (1.7)<br />

γm 0<br />

Dabei bezeichnet a =(g − 2)/2 ≈ α/2π ≈ 1/800 das anomale magnetische Moment<br />

des Elektrons, α ist die Feinstrukturkonstante. Weiterhin ist<br />

ω z = eB ⊥<br />

(1.8)<br />

γm 0<br />

die im Labor beobachtete Winkelgeschwindigkeit des Impulses, die Zyklotronfrequenz.<br />

Für die letzten Bahnen in MAMI (bei Energien > 800 MeV), wo γ in etwa einen Wert von<br />

1600 besitzt, ist ω Spin also ungefähr dreimal größer als ω z . Der resultierende Winkel zwischen<br />

Spin und Impuls ist die Summe der Winkeländerungen in den einzelnen Umläufen<br />

und weicht also in der Regel von 0 Grad ab. Diese Winkelstellung ist aufgrund der hohen<br />

Energiestabilität des Beschleunigers zeitlich konstant, man benötigt daher lediglich<br />

die Möglichkeit, den sich bei Normalbedingungen einstellenden Fehlwinkel durch einen<br />

Spinrotator“ zu kompensieren. Im heute verwendeten Injektionssystem konnte jedoch<br />

”<br />

der vor 1996 benutzte Spinrotator [20] wegen Mangels an Raum nicht installiert werden.<br />

Man nahm daher zunächst Zuflucht zu einer Veränderung des Energiegewinns in der<br />

dritten Stufe (RTM-3) der Mikrotronkaskade, was dann eine relative Änderung ΔE/E<br />

10


1.3. Das Injektionsproblem<br />

der Ausgangsenergie erzeugt. Es zeigt sich, dass bei einem solchen Vorgehen der resultierende<br />

Zusatzspindrehwinkel (die so genannte Kompensationsreserve“) <strong>mit</strong> hinreichender<br />

Genauigkeit 6 durch folgende Funktion der Zahl der benutzten Umläufe N des RTM-3<br />

”<br />

gegeben ist:<br />

ΔΦ Spin =2πa ΔE [<br />

E N γ 0 + 1 ]<br />

2 (N +1)γ soll . (1.9)<br />

Dabei ist γ 0 ≈ 360 die Einschussenergie des RTM-3 (in Einheiten von Elektronenruhemassen)<br />

unter Normalbedingungen und γ soll ≈ 15 der Sollenergiegewinn pro Umlauf des<br />

RTM-3. Die Ableitung der Formel beruht auf der Einhaltung der Mikrotronkohärenzbedingungen;<br />

sie findet sich in [24].<br />

Für die dritte Stufe des RTM-3 ergibt sich eine Kompensationsreserve von etwa 45<br />

Grad pro MeV Energievariation, bei N=90 Umläufen (855 MeV Ausschussenergie). Offensichtlich<br />

werden im Extremfall ±90 Grad Kompensationsreserve benötigt, um z.B.<br />

eine senkrecht orientierte Spinpolarisation in eine longitudinale zu transformieren. Die<br />

mögliche Energievariation des Beschleunigers beträgt zur Zeit nur etwa ±1.7 MeV bei<br />

855 MeV, bzw. ΔΦ Spin = ±76 ◦ . Allerdings betragen die im Sollzustand auftretenden<br />

Fehlwinkel bei der Endenergie des RTM-3 in den verschiedenen Experimentierhallen<br />

nur zwischen 30 und 40 Grad, so dass bislang alle Experimente bei 855 MeV <strong>mit</strong> der<br />

gewünschten Polarisation durchgeführt werden konnten. Allerdings besaß die Methode<br />

folgende Nachteile:<br />

1. Es konnte keine präzise Spinpolarisationsmessung an der Quelle PKA1 mehr durchgeführt<br />

werden, da man bei der Mottpolarimetrie – dem Standardverfahren bei<br />

niedrigen Energien – auf transversale Spinstellung angewiesen ist, während die<br />

Quelle longitudinalpolarisierte Elektronen liefert.<br />

2. Experimente an MAMI werden <strong>mit</strong> Strahlenergien im gesamten Bereich des Energiehubs<br />

des RTM-3, also von 180 bis 850 MeV, durchgeführt. Dabei kann der Strahl<br />

auf jeder zweiten der 90 Rezirkulationsbahnen ausgelenkt werden, so dass sich <strong>Elektronenstrahlen</strong><br />

<strong>mit</strong> Energien im Abstand von ΔE =(2·(850−180))/90 ≈ 15 MeV<br />

extrahieren lassen.<br />

Das Energievariationsverfahren ist jedoch in der hier geschilderten Form für Energien<br />

unter 400 MeV (N


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Drehsinn bei der Beschleunigung im HDSM umgekehrt wird. Führt man in diesem<br />

Fall die Variation der Energie des RTM-3 durch, so wird die Kompensationsreserve<br />

durch die nachfolgenden Drehungen im DSM wieder aufgezehrt. Die Lösung dieses<br />

Problems kann darin bestehen, die Energieänderung des RTM-3 <strong>mit</strong> einer Mikrowellenbeschleunigungssektion<br />

im Verbindungskanal zwischen RTM-3 und DSM<br />

(Interface-4) wieder rückgängig zu machen. Dies ist prinzipiell möglich, stellt jedoch<br />

wegen der hohen Kosten für das benötigte Klystron und für die dazugehörige<br />

Beschleunigungssektion, sowie auch wegen des großen Installationsaufwandes eine<br />

erhebliche Mehrbelastung in der Aufbauphase des MAMI-C Projektes dar.<br />

Es wurde daher versucht, einen kompakten Spinrotator in die Injektion zu integrieren.<br />

1.3.5. Verbessertes Spintuning: Der Wienfilter<br />

Der Bereich zwischen der Elektronenquelle und der ersten Beschleunigersektion wird<br />

Interface-0“ (INT0) genannt. Dort war für den Einbau eines Spinrotators ein Raum<br />

”<br />

von etwa 90 cm vorhanden, welcher fast identisch <strong>mit</strong> der Strecke zwischen den beiden<br />

in Abbildung 1.2 gezeigten Kollimatoren ist. Hier konnte ein etwa 44 cm langer Wienfilter<br />

(äußere Baulänge <strong>mit</strong> Vakuumkammer) eingebaut werden. Eine vergrößerte Darstellung<br />

des relevanten Bereichs findet sich in Abbildung 1.5.<br />

Wienfilter haben als Spinrotator folgende Funktionsweise: Ein Wienfilter besitzt zueinander<br />

senkrecht stehende, in der Regel homogene, elektrische und magnetische Felder.<br />

Die von diesen Feldern auf das Teilchen ausgeübten Kräfte sind gleich groß, wenn gilt<br />

E/B = v. (1.10)<br />

In diesem Falle wird ein Teilchen auf der zentralen Bahn des Wienfilters kräftefrei sein<br />

und nicht abgelenkt werden, während der Spin nach der BMT-Formel (Gleichung 1.6)<br />

gedreht wird. Ersetzt man in der BMT-Formel das elektrische Feld nach Gleichung 1.10<br />

durch das Magnetische, so erhält man<br />

ω Spin = ω z<br />

γ . (1.11)<br />

Der Spindrehwinkel ergibt sich dann aus dem Produkt von Präzessionsfrequenz und<br />

Flugzeit:<br />

φ Spin = ω z<br />

γ t f = ω zβc<br />

γL . (1.12)<br />

Dabei sind β,γ die relativistischen Faktoren aus Gleichung 1.5 und L ist die effektive<br />

7 Länge des Feldbereichs des Filters. So<strong>mit</strong> ergibt sich durch Einsetzen in die obigen<br />

Gleichungen der Zusammenhang zwischen dem B-Feld und dem gewünschten Spindrehwinkel<br />

7 Die in der Regel kontinuierlich abfallenden Randfelder werden durch ein ”<br />

effektives“ Feld <strong>mit</strong> rechteckigem<br />

Verlauf, aber gleichem Integral Bdl ersetzt.<br />

12


1.3. Das Injektionsproblem<br />

B(φ Spin )=φ Spin<br />

βγ 2 m 0 c<br />

eL . (1.13)<br />

Mit dem gegebenen B-Feld folgt unter Beachtung der Gleichgewichtsbedingung 1.10<br />

auch das E-Feld. Die hier benötigten Maximalwerte sind<br />

B(90 ◦ )=64Gauss (1.14)<br />

E(90 ◦ )=1.08 MV/m.<br />

Das magnetische Feld ist so<strong>mit</strong> recht klein, während das elektrische Feld bei sorgfältiger<br />

Fertigung noch als beherrschbar angesehen werden kann. Unter diesen Umständen<br />

lässt sich jeder Spinwinkel in der Ebene senkrecht zur Magnetfeldrichtung realisieren,<br />

weil bei bipolarer Auslegung der Netzgeräte zunächst eine kontinuierliche Orientierung<br />

im Intervall −90 ◦ ≤ φ Spin ≤ +90 ◦ möglich ist. Das noch fehlende Winkelintervall wird<br />

durch die Helizitätsumkehr (d.h. Spindrehung um 180 Grad) erreicht, welche durch die<br />

Umpolung der Zirkularpolarisation des Anregungslichts an der Photokathode erzeugt<br />

wird (siehe Kapitel 3 und Anhang A).<br />

Der Wienfilter wird so eingebaut, dass die Spindrehung in der gleichen Ebene erfolgt<br />

wie die BMT-Präzession im Beschleuniger, so dass der aus dieser Präzession resultierende<br />

Fehlwinkel in jeder experimentellen Situation kompensiert werden kann. Bislang<br />

sind keine Experimente an MAMI geplant, die eine Spinstellung außerhalb dieser Ebene<br />

benötigen 8 .<br />

Abbildung 1.4 zeigt einen Schnitt durch den Wienfilter. Das hier eingesetzte Gerät<br />

ist kein eigener Entwurf, sondern ein Nachbau [29] eines Filters, der für die polarisierte<br />

Elektronenquelle PEGGY-II am SLAC entwickelt wurde. Das magnetische Feld wird von<br />

einem Magneten des ”<br />

Window-Frame“ Typs erzeugt, das elektrische Feld durch einen<br />

Plattenkondensator, wobei der homogene Feldbereich für E und B etwa 30 cm lang ist.<br />

Leider wurden bisher keine Designprinzipien oder experimentelle elektronenoptische<br />

Resultate vom SLAC veröffentlicht [30]. Trotz des erfolgreichen Einsatzes des Filters<br />

am SLAC war keineswegs klar, ob dieses Konzept auf MAMI übertragbar ist, da die<br />

Akzeptanz von MAMI deutlich kleiner als die der Stanford-Anlage ist.<br />

Wienfilter der vorliegenden Bauform haben unattraktive elektronenoptische Eigenschaften,<br />

wenn sie – wie hier vorgesehen – <strong>mit</strong> variablem Feld eingesetzt werden müssen:<br />

In einer einmal gewählten Einstellung des Filters variiert die Elektronengeschwindigkeit<br />

nach dem Eindringen in den Filter, falls eine Ablage des Teilchens in Richtung<br />

des E-Feldes (d.h. hier horizontal, x-Richtung in Abbildung 1.5) vorliegt, weil in dieser<br />

Richtung eben auch das elektrostatische Potential <strong>mit</strong> der Ablage wächst. So<strong>mit</strong> sind<br />

Teilchen <strong>mit</strong> horizontalen Ablagen von der Sollbahn aufgrund von Gleichung 1.10 nicht<br />

8 Dies kann jedoch im Prinzip ebenfalls realisiert werden, indem einer der stromabwärts vom Filter<br />

angeordneten Doppelsolenoide des INT0-systems asymmetrisch betrieben wird, da nach der BMTformel<br />

dann eine Spinrotation der transversalen Komponente aus der Beschleunigerebene heraus<br />

stattfindet. Hierzu sind nur Feldintegrale von etwa 14 Gauss · mfür eine 90 Grad Drehung erforderlich,<br />

was im Rahmen der ohnehin zur Fokussierung benötigten Feldintegrale liegt [28].<br />

13


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.4.: Schnitt durch den Wienfilter (aus [31]).<br />

mehr kräftefrei. Die resultierende Kraft zeigt zur Sollbahn, ihre Stärke ist – siehe die<br />

Gleichungen 1.10, 1.13 – vom Spindrehwinkel abhängig. Für einen Wienfilter ohne Randfeld<br />

(abrupter Feldanstieg) entspricht die Abbildungsmatrix in der horizontalen Ebene<br />

einem fokussierenden Quadrupol, in der Vertikalen einer Driftstrecke, da bei vertikalen<br />

Ablagen die Kräftefreiheit gewahrt bleibt. So<strong>mit</strong> kann die horizontale Abbildungsmatrix<br />

(nach, z.B., [32]) als Funktion des Betrags des Spindrehwinkels folgendermaßen dargestellt<br />

werden:<br />

(<br />

L<br />

cos(γ|φ Spin |)<br />

γ|φ<br />

M hor (φ Spin )=<br />

sin(γ|φ )<br />

Spin | Spin|)<br />

− γ|φ . (1.15)<br />

Spin|<br />

sin(γ|φ<br />

L Spin |) cos(γ|φ Spin |)<br />

Das Matrixelement M 2,1 – dem bei einer dünnen Linse die Brechkraft entspricht –<br />

wächst im hier interessierenden Bereich monoton, man findet<br />

0


1.3. Das Injektionsproblem<br />

Abbildung 1.5.: Skizze des Wienfilters <strong>mit</strong> den Kompensationsquadrupolen (aus [31]).<br />

bei der Realisierung der Elektronenoptik darauf geachtet wurde, eine hohe Transmission<br />

durch beide Kollimatoren zu realisieren. Dies ist vorteilhaft, da die Auswirkungen der<br />

variablen Matrixelemente des Filters auf diese Weise gemildert werden. Weiter konnten<br />

zusätzlich zum vorhandenen Triplett noch zwei weitere Quadrupole ( ”<br />

Dublett“) zu<br />

Kompensationszwecken hinter dem Filter eingebaut werden (Abbildung 1.5). Die Fokussierstärken<br />

der 5 Quadrupole können variiert werden, um den Effekt des Wienfilters zu<br />

kompensieren. Da in linearer Näherung (also bei Benutzung von Transfermatrizen für<br />

Strahlführungselemente, siehe z.B. [33], p.152ff.) die Orientierungsparameter der horizontalen<br />

und vertikalen E<strong>mit</strong>tanzellipse Funktionen der Matrixelemente sind, eröffnet<br />

sich die Möglichkeit einer exakten Kompensation: Die fünf separat wählbaren Fokussierstärken<br />

gehen - wenn auch in recht komplexer Weise - in die Elemente der Transfermatrix<br />

ein, so dass die vier unabhängigen Parameter (also z.B. die Twissparameter<br />

α, β für die horizontale und vertikale Ebene) der E<strong>mit</strong>anzellipse am Ausgang des Systems<br />

konstant gehalten werden können [34]. Für die hier verwendeten Quadrupole <strong>mit</strong><br />

einem großen Apertur zu Längenverhältnis (A/L ≈ 1) führt jedoch die Verwendung<br />

von Standard-Abbildungsmatrizen zu Fehlern bei der Berechnung der Twissparameter,<br />

wie im Anhang B.2.1 besprochen wird. Eine solche Rechnung (also z.B. <strong>mit</strong> einem der<br />

verfügbaren Matrizenprogramme wie z.B. BEAMOPTIK) liefert also nur Richtwerte,<br />

von denen ausgehend dann eine geeignete Lösung auf experimentellem Wege gefunden<br />

werden kann.<br />

Aufgrund dieser Vorausbetrachtungen wurde der vorhandene Wienfilter im Herbst<br />

2002 in das Injektionssystem integriert. Die Planung und Durchführung dieses wegen<br />

15


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

der hohen Komponentendichte diffizilen Vorgangs wurde von V. Tioukine geleistet [34].<br />

Nach dem Einbau des Filters wurde ein weiterer Effekt beobachtet, der zu einer spinwinkelabhängigen<br />

Strahlablage in der Größenordnung von Millimetern und Winkelablenkungen<br />

von einigen Millirad bei voller Spindrehung führt. Als Erklärung für diesen Effekt<br />

bietet sich der Randfeldverlauf an, der in Abbildung 1.6 <strong>mit</strong> einem Computersimulationsprogramm<br />

9 berechnet worden ist. Offensichtlich ist das Verhältnis von magnetischem<br />

zu elektrischem Feld im Randbereich nicht konstant, so dass die Gleichgewichtsbedingung<br />

1.10 dort nicht erfüllt ist. Dies resultiert aus der konstruktiven Notwendigkeit<br />

die elektrischen Feldplatten in den Magneten zu integrieren. So<strong>mit</strong> ist die magnetische<br />

Apertur ( ”<br />

Gapweite“) größer als die elektrische, was sich in einem weiter auslaufenden<br />

magnetischen Randfeld bemerkbar macht. Daher wird der Strahl zunächst vom B-Feld<br />

abgelenkt und dann vom E-Feld zurückgebogen.<br />

Der resultierende Strahlversatz wurde von [32] berechnet und zwar zu<br />

DM 2 Δx = I − D2 E<br />

rand . (1.17)<br />

R<br />

Wobei D M ,D E die Gapweiten des Magneten (6 cm) und der elektrischen Feldplatten<br />

(4 cm) sind. R ist der Krümmungsradius des Teilchens im gegebenen B-Feld (16 cm bei<br />

90 Grad Spindrehung). Die in Abbildung 1.4 sichtbare Vergrößerung von D E am Rand<br />

des Kondensators dient dort also nicht nur zur Erhöhung der Hochspannungsfestigkeit,<br />

sondern minimiert auch den Zähler in der Beziehung 1.17. Für einen Randfeldverlauf<br />

ohne Feldbegrenzung ist die Konstante I rand von der Größenordnung 1, wo<strong>mit</strong> man<br />

hier je nach Spinwinkel einen Strahlversatz Δx zwischen 0 und 2 cm erhalten würde.<br />

Die Randfelder müssen daher begrenzt werden, was in unserem Fall durch eine Kurzschlussplatte<br />

aus Armco-Eisen ( End Plates“ in Abbildung 1.4) geschieht. So<strong>mit</strong> wird<br />

”<br />

die Feldstärke von B und E innerhalb ca. einer Länge D E außerhalb der effektiven Feldgrenze<br />

auf vernachlässigbar kleine Werte abgesenkt. Eine numerische Berechnung der<br />

Elektronenbahnen im so gegebenen Feldverlauf führt auf Ablagen und Ablenkwinkel der<br />

oben genannten Größe. Dies ist qualitativ im Einklang <strong>mit</strong> dem beobachteten Strahlversatz<br />

auf dem in Abbildung 1.4 gezeigten Leuchtschirm. Hinter dem Filter ist eine<br />

Kompensation der Ablage und des Knicks durch zwei Korrekturmagnete ( Wedler“) ”<br />

notwendig, um den Strahl wieder auf die Sollbahn zu zentrieren. Diese Prozedur ist in<br />

der Praxis leicht durchführbar.<br />

Der Wienfilter besitzt Nichtlinearitäten (Bildfehler), die unter anderem durch die nicht<br />

hinreichend symmetrische Feldverteilung zwischen Kurzschlussplatte und homogenem<br />

Teil ausgelöst werden. Diese zeigen sich sowohl in der Computersimulation als auch in<br />

der Praxis, wenn Ablagen des Strahls von der Symmetrieachse von mehr als 3-4 Millimetern<br />

zugelassen werden. In unserem Fall ist der Strahl jedoch auf wenige Zehntel<br />

Millimeter genau auf die Sollbahn zentriert und es kommen wegen der kleinen E<strong>mit</strong>tanz<br />

auch keine großen Abweichungen von dieser Bahn vor. Die Messungen bei verschiedenen<br />

Spindrehwinkeln (Abb. 1.7) zeigen daher keine nennenswerte Vergrößerung der E<strong>mit</strong>tanzfläche.<br />

Erfreulich ist weiterhin die nur geringe Veränderung der Ellipsenparameter<br />

9 Firma Vector Fields, Programmpaket ”<br />

Opera-3-d“, Elektro- und Magnetostatisches Modul ”<br />

Tosca“.<br />

16


1.3. Das Injektionsproblem<br />

Abbildung 1.6.: Elektrisches und magnetisches Randfeld des Wienfilters (aus [31]).<br />

bei der Spindrehung. Im Experimentierbetrieb müssen die Kompensationsquadrupole<br />

daher auch bei großen Spindrehwinkeln nicht verwendet werden.<br />

Die bisher erzielten Resultate <strong>mit</strong> dem Wienfilter können folgendermaßen zusammengefasst<br />

werden:<br />

• Bis zum Spindrehwinkel von 90 Grad kann ohne beunruhigende E<strong>mit</strong>tanzvergrößerung<br />

gearbeitet werden.<br />

• Der Beschleunigerbetrieb ist auch <strong>mit</strong> Spindrehwinkeln in der Nähe des Maximalwerts<br />

dauerhaft und ohne Kompromisse für die Strahlqualität möglich. Wegen<br />

der Kleinheit der E<strong>mit</strong>tanz können die Änderungen der Form der E<strong>mit</strong>tanzellipse<br />

toleriert werden; auf den Einsatz der Kompensationsquadrupole kann verzichtet<br />

werden.<br />

• Eine Spindrehung kann deutlich schneller und <strong>mit</strong> kleinerem Aufwand als <strong>mit</strong> der<br />

oben besprochenen Energievariationsmethode durchgeführt werden. Dieses wurde<br />

z.B. zum systematischen Test des Compton-Transmissionspolarimeters der A4-<br />

Kollaboration [35] und zur Umschaltung von der Messung der ”<br />

Single-Spin-Asymmetry“<br />

[11] (Transversalstellung) zur paritätsverletzenden Asymmetrie [10] (Longitudinalstellung)<br />

ausgenutzt. In Abbildung 1.10 ist die Vermessung der transversalen<br />

Polarisationskomponente durch das neu aufgebaute Mottpolarimeter bei<br />

3.5 MeV dargestellt. Wie man sieht, produziert die Quelle eine longitudinale Spinorientierung<br />

(Asymmetrie=0), die vom Wien-Filter in eine transversale Orientierung<br />

(maximale Asymmetrie) transformiert wird.<br />

17


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.7.: E<strong>mit</strong>tanzellipsen bei verschiedenen Spindrehwinkeln.<br />

18


1.3. Das Injektionsproblem<br />

So<strong>mit</strong> hat der Spinrotator Messungen ermöglicht, die <strong>mit</strong> der Energievariationsmethode<br />

nur mühsam bzw. gar nicht durchführbar gewesen wären. Weiter kann man zum<br />

jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass <strong>mit</strong> der Einführung des Wienfilters die in Abschnitt<br />

1.3 formulierten Anforderungen an das Injektionssystem vollständig erfüllt sind.<br />

1.3.6. Polarisationsmessung<br />

Erst der erfolgreiche Einbau des Wien-Filters erlaubte es uns, den Polarisationsgrad<br />

des Strahls auch vor der Beschleunigung in MAMI zu vermessen. Die Bestimmung des<br />

Polarisationsgrads (0 < | ⃗ P | < 1) wird durch die Messung einer Ratenasymmetrie vorgenommen<br />

A exp = R+ − R −<br />

R + + R = S − x · P x + S y · P y + S z · P z . (1.18)<br />

Hier steht R + für die beobachtete Streurate bei einer Ausrichtung des Polarisationsvektors<br />

P ⃗ parallel zu einer gegebenen Raumrichtung und R − für die antiparallele<br />

Ausrichtung. Dieses Umklappen“ des Polarisationsvektors wird durch den Wechsel der<br />

”<br />

Zirkularpolarisation des Anregungslichts der Photoquelle realisiert. Das rechtshändige<br />

Koordinatensystem ist so vereinbart, dass z durch die Impulsrichtung der Elektronen vor<br />

dem Streuprozess definiert wird, x die Senkrechte zu z in der Streuebene ist und y da<strong>mit</strong><br />

die Senkrechte auf die Streuebene darstellt. Zur Messung verwendet man einen Prozess,<br />

für den eine Komponente der Analysierstärke – z.B. S y – bekannt ist. Die Polarisation<br />

sollte vollständig in die entsprechende Raumrichtung orientiert sein, d.h. P = P y .Dies<br />

wird durch den eben besprochenen Spinrotator geleistet.<br />

Man extrahiert dann die Polarisation zu<br />

P = A exp<br />

. (1.19)<br />

S y<br />

Offensichtlich wird man physikalische Prozesse <strong>mit</strong> einem großem Betrag von S bevorzugen,<br />

um leicht messbare Werte von A exp zu erzielen. Daher kommt in einem Experiment<br />

<strong>mit</strong> lediglich einem Spin-1/2-Freiheitsgrad lediglich S y in Frage, da andere<br />

Analysierstärken paritätsverletzend (und so<strong>mit</strong> winzig klein) wären. Im Gegensatz dazu<br />

kann bei Doppelpolarisationsexperimenten auf große Analysierstärken wie z.B. A zz<br />

zurückgegriffen werden, wenn der Strahl und das Target in z-Richtung polarisiert sind.<br />

Allerdings muss zusätzlich der Polarisationsgrad des Targets bekannt sein, wenn ein<br />

Experiment dieser Art als Polarimeter genutzt werden soll.<br />

Das Standardinstrument im Energiebereich der MAMI-Experimente (E >400 MeV )<br />

ist der Möllerpolarimeter, bei dem in einem Doppelpolarisationsexperiment die Streuung<br />

von polarisierten Strahl-Elektronen an polarisierten Target-Elektronen beobachtet<br />

wird. Die Analysierstärken dieses Prozesses sind sehr genau berechenbar. Die Rolle des<br />

polarisierten Elektronentargets wird von einem in einem äußeren Feld von mehreren<br />

Tesla vollständig magnetisierten Ferromagneten übernommen. Für das vollständig magnetisierte<br />

Material ist der Spinpolarisationsgrad der im Target vorliegenden Elektronen<br />

19


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.8.: Analysierstärke eines Goldatomkerns (ohne Berücksichtigung der Abschirmung<br />

durch die Elektronenhülle) als Funktion der Elektronenenergie und<br />

des Streuwinkels.<br />

recht genau bekannt. Die Absolutgenauigkeit solcher Polarimeter liegt daher bei weniger<br />

als 2 Prozent [36],[37].<br />

Es ist allerdings schon alleine vom Aufwand her nicht möglich das Möllerpolarimeter<br />

an MAMI zu Monitorzwecken und/oder für systematische Studien an den Photokathoden<br />

zu nutzen. Daher sollte auch ein Niederenergiepolarimeter vorhanden sein, das zumindest<br />

gute Reproduzierbarkeit aufweist, und – wenn möglich – auch eine Absolutgenauigkeit<br />

erreichen sollte, die es erlaubt die Genauigkeitsaussagen der verschiedenen Polarimeter<br />

aufeinander zu beziehen.<br />

1.3.7. Vermessung der Spinpolarisation durch Mottstreuung<br />

Die Streuung von Elektronen am Coulombfeld des Atomkerns wird Mottstreuung genannt,<br />

da Mott [38] zeigte, dass sich die Lösung der Dirac-Gleichung für die Streuung von<br />

Elektronen am spinlosen Atom (d.h. rotationssymmetrisches Potential) <strong>mit</strong> der Kernladung<br />

Z geschlossen darstellen lässt. So<strong>mit</strong> ist auch die Größe der Analysierstärke (die<br />

durch Spin-Bahnwechselwirkung erzeugt wird) für ein rotationsymmetrisches Potential<br />

berechenbar 10 . In Abbildung 1.8 ist die Streuwinkelabhängigkeit S y (Θ) für verschiedene<br />

Elektronenenergien bei der Streuung am Coulombfeld eines ”<br />

nackten“ Goldkerns (Z=79)<br />

gezeigt. Es werden Beträge der Analysierstärke von 0.4 und mehr bei Rückwärtswinkeln<br />

≥ 120 Grad errechnet.<br />

10 Siehe die ausführliche Zusammenstellung zur elastischen Elektronenstreuung von Motz et al. [39].<br />

20


1.3. Das Injektionsproblem<br />

Normalerweise werden Mott-Polarimeter <strong>mit</strong> elektrostatischer Beschleunigung der Elektronen<br />

betrieben. Die typischen kinetischen Energien betragen 40-120 keV. Die niedrige<br />

Energie ist einerseits vorteilhaft, weil die Wirkungsquerschnitte und da<strong>mit</strong> die statistische<br />

Effizienz groß sind. Andererseits ergeben sich mindestens zwei systematische Probleme:<br />

Die Unsicherheiten, die sich aus der nicht genau bekannten Form der Abschirmung<br />

durch das Z-Elektronensystem bei der Bestimmung von S y ergeben, betragen für Energien<br />

von < 100 keV etwa ein Prozent und sie wachsen für kleinere Energien weiter an.<br />

Ein weiteres Problem erwächst aus Elektronen, die durch zwei elastische Streuungen (die<br />

einzeln keine nennenswerte Analysierstärke aufweisen) in den Detektor gelangen und so<br />

die Asymmetrie verdünnen. Diese Probleme sind seit langen bekannt und es erscheint<br />

schwierig, <strong>mit</strong> einem solchen ”<br />

konventionellen“ Polarimeter eine größere Absolutgenauigkeit<br />

als 2% zu erreichen [40],[41].<br />

Es wurde daher beschlossen, ein Polarimeter für 3.5 MeV – der kinetischen Energie der<br />

Elektronen nach dem Injektorlinac von MAMI – aufzubauen, das gegenüber Standard-<br />

Mott-Polarimetern folgende prinzipiellen Vorteile haben sollte:<br />

• Der Impulsübertrag von Q 2 ≈ 4E 2 sin 2 (θ/2) = 1.2 · 10 −3 fm −2 (bei Θ = 164 ◦ )ist<br />

einerseits so groß, dass die Details des Aufbaus der Elektronenhülle keinen Beitrag<br />

mehr leisten. Andererseits ist Q 2 so klein, dass der Atomkern, dessen Einfluss<br />

bei einer Energie von z.B. 14 MeV die Analysierstärke um 20 Prozent reduziert<br />

[42], S y hier nur um wenige Zehntel Prozent absenkt. So<strong>mit</strong> ist die Berechnung<br />

der Analysierstärke nicht mehr empfindlich auf die Details der elektronischen und<br />

nuklearen Struktur.<br />

• Die oben angesprochenen Effekte der Doppelstreuung spielen bei hohen Energien<br />

eine geringere Rolle, außerdem lassen sie sich im Bereich von mehreren MeV relativ<br />

gut modellieren. Dies wurde von Steigerwald [43] für den 5 MeV Mott Polarimeter<br />

des Jefferson Lab demonstriert.<br />

Das 3.5 MeV Polarimeter an MAMI<br />

Die Hauptkomponenten des Polarimeters sind in der Photographie 1.9 abgebildet. Der<br />

Strahl wird nach dem 3.5 MeV LINAC aus der Strahlführung ausgelenkt und auf ein<br />

Goldtarget geschossen. Da der Spin in der horizontalen Ebene steht, wird die Streuung<br />

nach oben und nach unten vermessen. Die Analysierstärke für den hier gewählten Streuwinkel<br />

von 164 Grad beträgt S y = −0.46. Es steht je ein 90 Grad-Spektrometermagnet<br />

zur Verfügung, der die unter ±164 Grad elastisch gestreuten Elektronen auf einen Szintillator<br />

abbildet: Der Spektrometermagnet ist in der ablenkenden Ebene fokussierend.<br />

Durch eine geeignet gewählte Inhomogenität des Magnetfelds wird eine gleich starke<br />

fokussierende Wirkung auch in der senkrechten Richtung erzielt, so dass der Strahlfleck<br />

auf dem Target 1:1 auf den Szintillator abgebildet werden kann. Der Szintillator ist vom<br />

Vakuum durch ein wenige Zehntel Millimeter dickes Aluminiumfenster getrennt, das die<br />

Elektronen durchdringen können. Alle übrigen Teile der Elektronenbahn befinden sich<br />

im Vakuum.<br />

21


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Detektor<br />

Ca. 10cm<br />

Spektrometermagnet<br />

Primärstrahlrichtung<br />

Spin<br />

stellung<br />

Streuzentrum<br />

in Vakuumkammer<br />

<strong>mit</strong> mehreren<br />

bewegl. montierten<br />

Goldtargets<br />

Abbildung 1.9.: Photographie des 3.5MeV Mottpolarimeters.<br />

Der Hauptzweck der Spektrometer ist es, Untergrundereignisse zu unterdrücken, denn<br />

wegen der beengten Verhältnisse ist <strong>mit</strong> erheblicher Sekundärstreuung der Elektronen<br />

an den Vakuumkammerwänden, sowie auch <strong>mit</strong> hohen Untergrundraten von Gamma-<br />

Quanten zu rechnen. Aufgrund der abbildenden und dispersiven Wirkung des Spektrometers<br />

sind diese Beitrage stark unterdrückt. Das Signal zu Untergrundverhältnis<br />

beträgt bei einem ein Mikrometer dicken Goldtarget mehr als 100:1. Die Nutzrate ist<br />

dann etwa 300 Hertz pro Mikroampère, die für MAMI-Experimente typischen Strahlströme<br />

von 20 Mikroampère können zur Messung benutzt werden. Dies ist ein Vorteil<br />

im Vergleich zum Möllerpolarimeter, bei dem die Targeterhitzung den maximalen Strom<br />

auf weniger als 1Mikroampère begrenzt. Bei einer Polarisation von ca. 80% wird <strong>mit</strong> dem<br />

Mott-Polarimeter eine statistische Genauigkeit von 1% innerhalb von 2 Minuten erreicht<br />

(wieder bei 20 Mikroampère Strahlstrom). Die Abbildung 1.10 zeigt die gemessene Asymmetrie<br />

als Funktion des Spindrehwinkels, der <strong>mit</strong>tels des Wien-Filters eingestellt wurde.<br />

Der große Wert der Amplitude der Sinuskurve – <strong>mit</strong> dem 1 Mikrometer dicken Target<br />

wird eine Asymmetrie von 30% gemessen – zeigt an, dass die ”<br />

effektive“ Analysierstärke<br />

des Targets bereits sehr hoch ist. Die Asymmetrie wird, wie oben gesagt, durch Doppelstreuereignisse<br />

im Target verdünnt. Da diese Ereignisse grob geschätzt <strong>mit</strong> dem Quadrat<br />

der Targetdicke zunehmen, sollte <strong>mit</strong> dünneren Targets eine höhere Asymmetrie vermessen<br />

werden. In der Tat beobachteten wir bei einer Verkleinerung der Foliendicke auf 0.1<br />

Mikrometer ein Ansteigen der Asymmetrie auf 35%. Mit der Analysierstärke für Einzelstreuung<br />

von – 0.46 ergäbe sich dann eine Polarisation von 76%, was etwas unter den vom<br />

22


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Abbildung 1.10.: Streuasymmetrie als Funktion des Spindrehwinkels.<br />

Möller Polarimeter gemessenen Werten von 78-84% liegt. Eine genaue Untersuchung der<br />

Abhängigkeit der experimentellen Asymmetrie von der Targetdicke steht noch aus, es<br />

ist geplant eine Modellierung der Kurve analog zu der in [43] vorzunehmen.<br />

Die Abbildung 1.11 zeigt die zeitliche Stabilität einer Langzeitmessung über 8 Stunden.<br />

Die sich andeutende Drift der Resultate von etwa ΔA/A =0.6 % in 8 Stunden liegt<br />

vermutlich an der Erhöhung der Strahlpolarisation aufgrund der Alterung der Photokathode(siehenächstes<br />

Kapitel), so dass die wahre Stabilität des Apparats wahrscheinlich<br />

besser ist.<br />

Daher kann der Polarimeter jetzt bereits als relatives Messinstrument – z.B. um die Reproduzierbarkeit<br />

der Polarisation nach einer Reaktivierung der Photokathode nachzuweisen<br />

– benutzt werden. Um eine Absolutkalibrierung vorzunehmen, muss die Abhängigkeit<br />

der Asymmetrie von der Targetdicke genauer untersucht werden. Eine ”<br />

Selbsteichung“<br />

des Polarimeters (ohne Bezugnahme auf die Resultate anderer Polarimeter) steht daher<br />

noch aus, sie kann aber in nächster Zukunft durchgeführt werden.<br />

1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Neben den bisher besprochenen ”<br />

transversalen“ müssen auch ”<br />

longitudinale“ Strahleigenschaften<br />

berücksichtigt werden: Die Teilchen müssen zum richtigen Zeitpunkt (Phase<br />

11 ) auf die beschleunigende Welle ”<br />

aufgesetzt“ werden, auch darf die Energiebreite des<br />

eingeschossenen Ensembles nicht zu groß sein. Dies definiert eine Akzeptanz in den Koordinaten<br />

φ, E (dem ”<br />

longitudinalen Phasenraum“), an die die zeitliche und energetische<br />

11 Die H.f.-Periode beträgt 400 Pikosekunden, ein Phasenbereich Δφ von 1 Grad entspricht also 1.1 ps.<br />

23


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.11.: Wiederholte Messung der Asymmetrie <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong> statistischer Genauigkeit.<br />

Verteilung des injizierten Strahls angepasst werden muss. Die Anpassungsanforderungen<br />

an der für das Injektionssystem entscheidenden Stelle – der ersten Sektion ( ”<br />

Graded-<br />

Beta-Sektion“) des Injektorlinearbeschleunigers (ILAC) – sind nach dem Entwurf von<br />

Th. Weis [44]:<br />

Δφ = ±1 Grad (1.20)<br />

ΔT = ±3keV.<br />

Dies wurde im Wesentlichen auch experimentell bestätigt (siehe Abbildung 1.13). Offensichtlich<br />

ist ein d.c.-Strahl an diese Anforderungen nicht angepasst, denn ein solcher<br />

Strahl besitzt zwar eine sehr gute Energieschärfe (siehe Anhang B.1), aber er belegt alle<br />

möglichen Phasen, so dass nur ein kleiner Bruchteil des Stroms (


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Einlaufender Strahl<br />

Resonatoren <strong>mit</strong><br />

kreisförmiger Ablenkung,<br />

R- gegensinnig zu R+<br />

L D<br />

=0.17m<br />

L F<br />

=1.37m<br />

R+ R-<br />

M1<br />

M2<br />

ILAC<br />

(graded beta)<br />

Spalt der<br />

Breite d<br />

Kollimator <strong>mit</strong> bewegl.<br />

horizontalen Backen.<br />

Je ein Solenoid vor<br />

und hinter Kollimator<br />

nicht gezeichnet.<br />

CHOPPER<br />

Modulatoren <strong>mit</strong><br />

fundamentaler (1f)<br />

und harmonischer (2f)<br />

Frequenz<br />

BUNCHER<br />

Länge des Chopper/Buncher Systems ca 2.7m<br />

Abbildung 1.12.: Aufbau des Chopper/Buncher Systems (schematisch). Das System beginnt<br />

dort, wo Abbildung 1.2 endet. Der Strahl fliegt von links nach rechts.<br />

25


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

von Komponenten gebräuchlicherweise der ”<br />

Buncher“. Im folgenden wird die Funktionsweise<br />

dieser Elemente beschrieben, soweit es zum Verständnis der weiteren Probleme<br />

notwendig ist.<br />

Chopper<br />

Der Chopper [45] erlaubt es, einen d.c.-Strahl synchron zur MAMI-H.f. zu zerhacken<br />

( ”<br />

choppen“), um Elektronen <strong>mit</strong> falscher Phasenlage auszublenden. Dazu werden Resonatoren<br />

verwandt, die eine <strong>mit</strong> der Hochfrequenzperiode umlaufende transversale Kraftwirkung<br />

auf den Strahl ausüben, so dass der Strahl hinter dem Ablenkresonator eine<br />

Kreisbahn in der transversalen Ebene beschreibt, die <strong>mit</strong> der Hochfrequenzperiode T H.f.<br />

durchlaufen wird. Dann folgt der Chopperkollimator, dessen feste obere Backe 180 Grad<br />

der Hochfrequenzperiode abblockt. Durch verschiebbare seitliche Kollimatoren, die einen<br />

Spalt der Breite d freilassen, kann der Phasenbereich der verbleibenden 180 Grad noch<br />

weiter eingegrenzt werden. Die Transmission T sinkt dabei natürlich weiter ab, sie berechnet<br />

sich aus dem Verhältnis<br />

T = θ frei<br />

2π<br />

≤ 0.5 (1.21)<br />

wobei θ frei der von den Kollimatoren freigelassene Winkelbereich des Kreises ist.<br />

Aufgrund der endlichen Strahlgröße wird immer ein etwas größerer Phasenbereich<br />

zum Strahl beitragen, als sich aus dem Verhältnis der freigelassenen Bahnlänge zum<br />

Kreisumfang ergibt. Durch einfache geometrische Betrachtungen [45] kann man für die<br />

gegebenen Parameter (Strahlbreite w =0.5mm, Durchmesser des Chopperkreises von<br />

D =3.8mm) ableiten, dass es durch die Variation der Spaltbreite möglich ist, Phasenbereiche<br />

zwischen 15 und 195 Grad <strong>mit</strong> Elektronen zu belegen. Der größere Wert ergibt<br />

die oben angegebenen Transmission von 50%.<br />

Man wird im Betrieb <strong>mit</strong> der polarisierten Quelle versuchen, aufgrund der begrenzten<br />

e<strong>mit</strong>tierbaren Ladung eine möglichst große Bunchlänge zu benutzen, um die – zunächst –<br />

maximal mögliche Transmission von 50% zu erreichen. Wenn man zusätzlich in der Lage<br />

ist, zur H.f. synchronisierte Elektronenpulse an der Quelle zu erzeugen, die kürzer als 200<br />

Pikosekunden (180 Grad) sind, wird die Transmission vollständig sein. Verwendet man<br />

in diesem ”<br />

Synchro“-Zustand eine kleine Spaltbreite, so kann man das Intensitätsprofil<br />

des Elektronenpulses <strong>mit</strong> etwa 16 ps (15 Grad) Auflösung vermessen. Dabei verschiebt<br />

man die Phase des angelieferten Elektronenpulses und misst die durch den Spalt trans<strong>mit</strong>tierte<br />

Intensität.<br />

Die Elektronenoptik des Choppersystems ist so gewählt, dass der Strahl <strong>mit</strong> Hilfe<br />

eines um den Chopperkollimator angeordneten Solenoiden vom ersten Ablenkresonator<br />

zum Zweiten abgebildet wird. Dieser ist symmetrisch zum ersten Resonator hinter dem<br />

Chopperkollimator angeordnet. Der zweite Resonator hebt im Idealfall die vom ersten<br />

Resonator ausgelösten Transversalimpulse wieder auf, so dass die transversale E<strong>mit</strong>tanz<br />

kaum vergrößert wird.<br />

26


1.4.2. Bunchersystem<br />

1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Ein Buncher“ kann durch eine <strong>mit</strong> der Beschleuniger-Hochfrequenz synchronisierte,<br />

”<br />

periodische Geschwindigkeitsmodulation und eine darauf folgende Laufstrecke L F realisiert<br />

werden. Dabei sollen alle Teilchen aus dem vom Chopper durchgelassenen Phasenintervall<br />

nach der Laufstrecke zur gleichen Zeit ankommen, dort befindet sich der<br />

longitudinale Fokus“, an dem die Bedingung aus Gleichung 1.20 erfüllt werden soll.<br />

”<br />

Wie im Anhang B.2.2 abgeleitet wird, genügt in erster Näherung eine Modulation der<br />

ursprünglichen Geschwindigkeit β 0 = v/c =0.55 von<br />

Δβ(φ) = β2 0 λφ<br />

(1.22)<br />

2πL f<br />

um dieses Ziel zu erreichen.<br />

Die gewünschte Geschwindigkeitsmodulation kann in einem begrenzten Phasenbereich<br />

schon durch eine einzelne Beschleunigungszelle (Resonator) erzielt werden. Dies entspricht<br />

der ursprünglich an MAMI realisierten Anordnung, dem sogenannten 1f- oder<br />

Standardbuncher. Da es sich um eine sinusförmige Modulation handelt, treten jedoch<br />

bei größeren Phasenwinkeln Nichtlinearitäten auf und es ist daher nicht möglich Phasenablagen<br />

von mehr als ±20 Grad zuzulassen, ohne die Akzeptanzbedingung (1.20) zu<br />

verletzen. Dies ist für die thermische Elektronenquelle ausreichend, da der Verlust von<br />

fast 90% des Strahlstroms hier unwesentlich ist, während dies im Falle der Photoquelle,<br />

deren e<strong>mit</strong>tierbare Ladung begrenzt ist, ein entscheidender Nachteil sein kann.<br />

In einer Reihe von Arbeiten versuchten Shvedunov et al. [46],[47] diese Situation zu<br />

verbessern. Sie entwarfen die in Abbildung 1.12 skizzierte Anordnung ( 2f-Buncher“), die<br />

”<br />

aus zwei Resonatoren in einem geeignet gewählten Abstand L D besteht. Dabei arbeitet<br />

der zweite Buncher <strong>mit</strong> der doppelten MAMI-Frequenz 2ω. Durch die geschickte Anordnung<br />

wird eine Approximation der linearen Geschwindigkeitsmodulation erzielt, die<br />

der optimalen Annäherung durch drei harmonische Funktionen der Frequenzen ω, 2ω, 3ω<br />

entspricht. Dies wird im Anhang B.2.2 näher erläutert.<br />

Resultate des 2f-Buncher Systems<br />

Als Vorarbeit zur Realisierung des 2f-Bunchers wurde zunächst die longitudinale Akzeptanz<br />

des Beschleunigers abgetastet, indem bei optimiertem Beschleuniger <strong>mit</strong> Bunchen<br />

kleiner Phasenausdehnung Einschussenergie und -phase variiert wurden. Ein Überschreiten<br />

der Akzeptanz führt zu longitudinal instabiler Beschleunigung, die <strong>mit</strong> Hilfe von<br />

Diagnosepulsen 12 (und auch durch erhöhte Strahlung in den Beschleunigerhallen) detek-<br />

12<br />

”<br />

Diagnosepulse“ sind kurze Strahlpulse, die es erlauben, die in den LINACS der RTM’s räumlich übereinanderliegenden<br />

Strahlen durch Hochfrequenzmonitorsignale zeitlich zu trennen und die Strahllagen<br />

in RTM’s automatisch zu optimieren [48]. Diagnosepulse sind daher für das Einjustieren des<br />

Beschleunigers unverzichtbar. Der Diagnosepuls muss zeitlich kürzer sein als die kürzeste RTM-<br />

Umlaufzeit (8 ns für die erste Bahn im RTM-1). Die Peakstromstärke in der Maschine sollte etwa<br />

50μA betragen, die Repetitionsrate beträgt 100 Hz bis maximal 10 kHz. Optimierungsprozeduren an<br />

der Maschine <strong>mit</strong> den dabei fast unvermeidbaren Strahlverlusten erzeugen im Betrieb <strong>mit</strong> Diagnosepulsen<br />

aufgrund des niedrigen Tastverhältnisses nur ein Minimum an Strahlung. Die Pulse werden an<br />

27


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.13.: Links: Akzeptanz des RTM-1 bezogen auf den Eingang des ILAC. Rechts:<br />

Phasenraum am longitudinalen Fokus. Die graue Fläche bezeichnet den<br />

simulierten Phasenraum des Strahls bei einer Eingangs-Phasenbreite von<br />

±80 Grad und einer Energiebreite von ±10 Volt. Abbildung aus [46].<br />

tiert werden kann. Die Quadrate in der linken Abbildung in 1.13 zeigen die so bestimmte<br />

longitudinale Akzeptanz am Eingang des ILAC. Die grauen Flächen (im linken Teil der<br />

Abbildung eher als Linie wahrzunehmen) repräsentieren den simulierten longitudinalen<br />

Phasenraum des Strahls. Es wurde eine Energiebreite des Strahls von ±10 Volt zugelassen,<br />

was einer möglichen Drift der Quellenhochspannung Rechnung tragen soll. Der<br />

rechte Teil der Abbildung zeigt den simulierten longitudinalen Fokus dieses Strahls, der<br />

kurz (34 cm) hinter dem Eingang des ILAC liegt, falls der ILAC nicht eingeschaltet wird.<br />

Wie man sieht, beträgt dort die Energiebreite etwa ±2.8 keV und die Phasenbreite etwa<br />

±0.8 Grad, in Einklang <strong>mit</strong> den in (1.20) geforderten Werten. Da aber, wie im linken<br />

Bild zu erkennen ist, die Ränder der Akzeptanz beinahe berührt werden, ist es in der<br />

Praxis sinnvoll den Phaseneinfangbereich noch etwas zu verkleinern um eine bessere<br />

Betriebsstabilität – z.B. gegen Phasendriften des 2f-Resonators – zu erreichen.<br />

Durch den Einsatz des 2f-Bunchers ließ sich die Transmission des polarisierten Elektronenstrahls<br />

tatsächlich um mehr als das Dreifache, auf typischerweise 45% steigern.<br />

Der Entwurf von Shvedunov et al. wurde so<strong>mit</strong> gut bestätigt. Ein spektakulärer Sprung<br />

in der Entwicklung des Qualitätsfaktors für den polarisierten Strahl war die Folge (siehe<br />

Abbildung 1.30).<br />

Im Dauerbetrieb wird die Bunchlänge am Chopper auf etwa 150 Grad begrenzt.<br />

Die durch diese Maßnahme gewonnene Betriebsstabilität – es kann auch <strong>mit</strong> hohen<br />

Stromstärken unter Umständen für viele Tage experimentiert werden, ohne dass irgendder<br />

Photoquelle durch einen separaten, gepulsten Halbleiterlaser erzeugt, der dem Hauptlaserstrahl<br />

überlagert wird.<br />

28


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Parameter Symbol Wert Bemerkung<br />

Repetitionsrate f rep 2.449 GHz, synchron zur MAMI-H.f.<br />

Pulslänge: t p < 72 ps für T=95%<br />

<strong>mit</strong>tlere Leistung P > 200 mW<br />

Laserwellenlänge λ 750-850 nm typisch 830 nm.<br />

Tabelle 1.2.: Anforderungen an den Synchrolaser.<br />

eine Nachjustierung des Systems erforderlich wäre – macht die nicht ganz optimierte<br />

Transmission mehr als wett. So<strong>mit</strong> ist eine Transmission von etwa 40% zum Experiment<br />

möglich, wenn ein d.c.-Strahl an der Quelle erzeugt wird.<br />

1.4.3. Der Synchrolaser<br />

Anforderungen<br />

Das Prinzip des Synchrolasers besteht darin, <strong>mit</strong> der Beschleunigerhochfrequenz von<br />

2.449 GHz synchronisierte Lichtblitze zu erzeugen. Sind diese Lichtblitze kürzer als die<br />

durch die Phasenakzeptanz des Chopper/Buncher Systems festgelegte Zeitspanne, so<br />

kann man vollständige Transmission erreichen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der<br />

Mechanismus des Photoeffekts in der Photokathode nicht zu einer übergroßen Verlängerung<br />

der Elektronenpulse im Verhältnis zu den Lichtblitzen führt. Dies ist für die an<br />

MAMI verwendeten ”<br />

hochpolarisierten“ Strained-Layer-Kathoden der Fall, wie im Kapitel<br />

2 ausgeführt wird. Die wesentlichen Anforderungen an das Synchrolasersystem sind<br />

in Tabelle 1.2 zusammengefasst.<br />

Die dort angeführte Pulslänge ergibt bei Annahme eines gaußförmigen zeitlichen Intensitätsprofils<br />

und einer Akzeptanz von 150 Grad eine Transmission von über 95%.<br />

Die geforderte Leistung folgt aus dem Wunsch den Maximalstrom des Beschleunigers<br />

(100μA) liefern zu können. Theoretisch reichen hierzu weniger als 50 mW an Laserleistung<br />

auf der Photokathode aus, wenn die typische Quantenausbeute von mehr als<br />

2μA/mW vorliegt. Man benötigt jedoch noch Reserven, um das Abfallen der Quantenausbeute<br />

während des Strahlbetriebs aufzufangen und um den in Kapitel 3 beschriebenen<br />

optischen Proportionalregler <strong>mit</strong> genügender Steilheit und Linearität betreiben zu<br />

können. Der in Tabelle 1.2 genannte Wellenlängenbereich ermöglicht sämtliche zur Zeit<br />

relevanten Photokathodentypen bei maximaler Spinpolarisation zu nutzen.<br />

Entwurfsprinzipien für den Synchrolaser<br />

Es wurden im Wesentlichen drei denkbare Realisierungspfade für den Synchrolaser untersucht.<br />

Es ist scheinbar naheliegend einen Mode-gelockten Laser Oszillator genügender<br />

Ausgangsleistung (Power-Oszillator, PO) zu nutzen. Solche Systeme sind z.B. als selbstmodengekoppelte<br />

Titan-Saphir Laser kommerziell erhältlich. Der Nachteil dieser Laser<br />

liegt jedoch in der zu geringen Pulsrepetitionsrate, die durch<br />

29


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

f rep =<br />

c<br />

(1.23)<br />

2ln r<br />

gegeben ist. Das Symbol c stehthierfür die Lichtgeschwindigkeit, n ist der <strong>mit</strong>tlere<br />

Brechungsindex des Resonators: n r ≈ 1für Titan-Saphir Laser oder n r ≈ 3.6 für Halbleiterlaser<br />

ohne externen Resonator. Weiter ist l die Länge des Laserresonators, welche<br />

für die kommerziellen Laser etwa 1 Meter beträgt. So<strong>mit</strong> ergeben sich Repetitionsraten<br />

von 50-100 MHz, was für den MAMI-Standard-Betrieb ungeeignet ist. Allerdings ist<br />

ein solcher Laser für Nischenanwendungen“ zum Einsatz gekommen (siehe Abschnitt<br />

”<br />

1.4.5).<br />

Hoffmann [49] gelang die Miniaturisierung eines Titan-Saphir Laser-Resonators auf<br />

das benötige Maß von l =6.12 cm. Dabei wurde der Pulsbetrieb erreicht, jedoch gelang<br />

es nicht eine Phasensynchronisation der Pulse zur externen Referenz zu erzielen.<br />

Als Konsequenz daraus wurde versucht Power-Oszillatoren auf die Modulation eines<br />

leistungsschwachen Master-Oszillators“ festzulegen ( Injection-locking“), da<strong>mit</strong> entsteht<br />

der Master-Oszillator/Power-Oszillator“-Aufbau (MOPO). Mit einem solchen Ap-<br />

”<br />

” ”<br />

parat, der auf zwei gekoppelten Halbleiterlasern beruhte, wurde erstmals ein H.f.-synchronisierter<br />

Einschuss in MAMI demonstriert [50], kurze Zeit später gelang das gleiche Experiment<br />

<strong>mit</strong> einem MOPO, dessen Leistungsoszillator auf Titan-Saphir beruhte [49].<br />

Allerdings ließen beide Systeme Wünsche an die Langzeitstabilität, Bedienungsfreundlichkeit<br />

und Ausgangsleistung offen.<br />

Nun eröffnen Halbleiterstrukturen auch im c.w.-Betrieb eine hohe Verstärkung eines<br />

optischen Eingangssignals bei nur einem einzigen Durchgang durch das verstärkende<br />

Medium ( Single-Pass-Amplifier“). Daher besteht eine weitere Möglichkeit darin,<br />

”<br />

die Ausgangsleistung eines Master-Oszillators <strong>mit</strong> einem solchen Halbleiterelement zu<br />

verstärken. Die Beschleunigeranwendung dieses Master-Oszillator-Power-Amplifier (MO-<br />

PA) Prinzips für einen c.w.-Strahl wurde <strong>mit</strong> 0.5 GHz Repetitionsrate am CEBAF 13<br />

demonstriert [51]. Unsere Gruppe versuchte daraufhin einen MOPA für die MAMI-<br />

Frequenz von 2.449 GHz aufzubauen [52]. Dieses System ist seit 1998 erfolgreich in Betrieb<br />

[53] und wurde seither weiterentwickelt. Der aktuelle Zustand soll im folgenden<br />

näher beschrieben werden.<br />

Hochfrequenzmodulation von Laserdioden<br />

Das Kernstück aller erfolgreichen Anordnungen ist offensichtlich der Master-Oszillator.<br />

In unserem Aufbau besteht dieser aus einem Halbleiterlaser (auch ”<br />

Diodenlaser“ genannt).<br />

Die wesentlichen Prinzipien, die den Laserbetrieb eines modernen Halbleiterlasers<br />

ermöglichen, werden im Anhang A.4 dargestellt. Dort wird gezeigt, dass in Abhängigkeit<br />

von der injizierten Ladungsträgerdichte ( ”<br />

Carrier“-dichte, n C )eineVerstärkung der<br />

Form<br />

13 Der supraleitende CEBAF Beschleuniger arbeitet bei 1500 MHz, jedoch werden drei verschiedene,<br />

<strong>mit</strong> 500 MHz repetierende Laser eingesetzt, die jeweils um 120 Grad phasenverschoben eingeschossen<br />

werden. Der Einsatz dreier separater Laser erlaubt dort – zusammen <strong>mit</strong> einer geeigneten subharmonischen<br />

Hochfrequenzenergiemodulation – den gleichzeitigen, unabhängigen Betrieb von drei<br />

räumlich separierten Strahlen für drei verschiedene Experimente.<br />

30


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

I(x) =I 0 e g(nc)x (1.24)<br />

erzielt wird, wobei g(n c ) durchaus Werte von 100 cm −1 erreichen kann, und so<strong>mit</strong> auch<br />

in den typischerweise nur 0.5 mm langen Schichten große Verstärkungen erzielt werden.<br />

Gewöhnlich genügt es daher, zum Erreichen der Laser-Oszillation die Rückreflexion der<br />

auslaufenden Intensität an der Halbleiter/Luft Oberfläche zu benutzen, die aufgrund des<br />

hohen Brechungsindex des Halbleiters etwa 30% beträgt. Durch die Wahl des Halbleitermaterials<br />

lässt sich die Bandlücke und da<strong>mit</strong> auch die Laserwellenlänge kontinuierlich<br />

verändern, so dass zumindest prinzipiell alle Wellenlängen im nahen Infrarot – und da<strong>mit</strong><br />

auch das in Tabelle 1.2 angeforderte Intervall – verfügbar sind.<br />

Während konventionelle Laser kurze Lichtblitze durch Modenkopplung erzeugen, ist<br />

man – für die Zeitskalen unserer Problemstellung – beim Halbleiterlaser auf die Modenkopplung<br />

nicht angewiesen, denn der Modenabstand beträgt nach Gleichung 1.23 für<br />

die typischerweise etwa 0.5 mm langen Laserresonatoren etwa 100 GHz. Diese Frequenz<br />

ist auch die charakteristische Bandbreite, <strong>mit</strong> der sich Modulationen der Ladungsträgerdichte<br />

durch die Rückkopplung im Laserresonator in die optische Ausgangsintensität<br />

transferieren. Man kann also Pulslängen im Bereich von wenigen Pikosekunden erhoffen.<br />

Um dies zu erreichen, kann man beispielsweise die Ladungsträgerdichte bei einem Betriebszustand<br />

in der Nähe der Laserschwelle modulieren und so<strong>mit</strong> die Verstärkung ein<br />

und aus schalten; man spricht dann auch vom ”<br />

Gain-switching“. Da die Rückkopplung<br />

wegen des hohen Gains extrem stark ist, kann vermutet werden, dass sich schnelle Modulationen<br />

ergeben, weil kurz nach dem Überschreiten der Schwelle durch das Steuersignal<br />

die gesamte gespeicherte Energie innerhalb von wenigen Pikosekunden abgerufen wird.<br />

Quantitative Aussagen kann man durch das Lösen der ”<br />

Ein-Moden“-Ratengleichung<br />

erreichen 14 . Diese schreiben sich<br />

dn γ (t)<br />

dt<br />

dn c (t)<br />

dt<br />

= β n c(t)<br />

τ c<br />

= j(t)<br />

ed − n c(t)<br />

τ c<br />

− g(n c (t)) c n r<br />

n γ (1.25)<br />

+Γg(n c (t)) c n r<br />

n γ − n γ(t)<br />

τ γ<br />

. (1.26)<br />

(Die Tabelle 1.3 fasst die in diesen Gleichungen vorkommenden Größen, ihre Bezeichnung<br />

und ihre typischen Werte zusammen.) Dabei wird in der ersten Gleichung die zeitliche<br />

Änderung der Ladungsdichte n c durch drei Terme beschrieben: Zunächst nimmt n c durch<br />

die Stromdichte j(t) zu, die in die aktive Zone des Halbleiters <strong>mit</strong> der Dicke d eindringt<br />

(erster Summand auf der rechten Seite). In der aktiven Zone findet die Rekombination<br />

<strong>mit</strong> einer Rate statt, die dem Quotienten aus vorhandener Trägerdichte und der Lebensdauer<br />

der Träger bezüglich spontaner Rekombination (τ c ) entspricht (zweiter Summand).<br />

14 Die Existenz eines ”<br />

gepulsten“ einzelnen Lasermodes ist nur ein scheinbarer Widerspruch, da das im<br />

Prinzip zeitlich unendlich lange Trägersignal des Modes durch die Gainmodulation phasenmoduliert<br />

wird, beispielsweise ist bei n = n t der Brechungsindex des Halbleiters n = 1 und nicht n r =3.6 wie<br />

im nichtgepumpten Fall.<br />

31


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Liegen im Halbleiter Photonen <strong>mit</strong> einer Dichte n γ vor, die sich <strong>mit</strong> einer Geschwindigkeit<br />

c/n r bewegen, so führt dies – falls n c n t/τ c (1.28)<br />

(j: <strong>mit</strong>tlere Stromdichte), ob die Transparenzladungsträgerdichte erreicht werden und<br />

so<strong>mit</strong> der Vorzeichenwechsel des dritten Summanden erzielt werden kann. Dies entspricht<br />

dem Überschreiten der Verstärkungsschwelle“, aber nicht der Laserschwelle, da<br />

”<br />

die Rückkopplung nur 30% beträgt. Allerdings liegen die entsprechenden Stromdichten<br />

wegen des großen differentiellen Gewinns meist nahe beieinander.<br />

Die zweite Ratengleichung beschreibt die zeitliche Änderung der Photonendichte (n γ )<br />

im Lasermode. Da dieser Mode nur einen begrenzten Raumwinkelbereich ausfüllt, trägt<br />

nur ein kleiner Anteil β ( Sponteneous-Emission-Factor“) der gesamten spontanen Emission<br />

zum Wachstum der Photonendichte bei (erster Summand auf rechter Seite). Die<br />

”<br />

eventuelle Zunahme von n γ bei Überschreitung von n t (stimulierte Emission) wird durch<br />

den zweiten Summanden berücksichtigt. Hier führt man noch einen Überlappungsfaktor<br />

Γein,derberücksichtigt, dass der optische Mode eventuell größer ist als die aktive Zone,<br />

und daher die Photonen aus der Zone herausgebeugt werden. Für die zur Zeit an MAMI<br />

verwendeten Quantum-Well“-Strukturen ist Γ ≈ 0.1. Wenn die Photonendichte n ” γ im<br />

Resonator sich selbst überlassen bliebe, würde sie innerhalb eines Umlaufs praktisch verschwinden,<br />

da an jeder Endfläche 70% des Lichts ausgekoppelt werden. Daher beträgt die<br />

Zerfallsrate für Photonen n γ /τ γ <strong>mit</strong> τ γ ≈ 1 ps; diesentsprichtderBerücksichtigung der<br />

Auskoppelverluste. Erst bei einer genügenden Überschreitung der Transparenzladungsträgerdichte<br />

wird man daher eine Lasertätigkeit beobachten können. Dies entspricht der<br />

Schwellenstromdichte j S .<br />

Die Differentialgleichungen wurden numerisch integriert. Die Abbildung 1.14 zeigt den<br />

so er<strong>mit</strong>telten Verlauf der Photonendichte als Funktion der Zeit im eingeschwungenen<br />

Zustand des Lasers. Dabei wird die <strong>mit</strong>tlere Stromdichte in Einheiten der Stromdichte<br />

an der Laserschwelle angegeben (Parameter R=j/j S ). Die drei Modulationsamplituden<br />

betragen 10, 30 und 100% der Schwellstromdichte.<br />

Obwohl das verwendete Modell vereinfacht ist, zeigen sich Trends, die sich im Experiment<br />

– siehe nächster Abschnitt – im Wesentlichen bestätigen lassen:<br />

32


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Intensität (w.E.)<br />

Intensität (w.E.)<br />

( ) ( )<br />

Intensität (w.E.)<br />

Intensität (w.E.)<br />

( )<br />

( )<br />

Abbildung 1.14.: Modellvorhersage unter verschiedenen Modulationsbedingungen.<br />

33


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Parameter Symbol Wert<br />

Transparenzladungsträgerdichte n t 1 · 10 18 cm –3<br />

Dicke der aktiven Schicht d 10 nm<br />

Differential-Gain K 1 · 10 −16 cm −4<br />

Ladungsträgerlebensdauer τ c 2 ns<br />

Photonenlebensdauer τ γ 1ps<br />

Optical-Confinement-Factor Γ 0.1<br />

Spontaneous-Emission-Factor β 1 · 10 −4<br />

Tabelle 1.3.: Halbleiterlaserparameter für Quantum-Well-Struktur.<br />

1. Knapp oberhalb der Schwelle (R =1.5) gelingt es, sehr kurze phasensynchrone<br />

Pulse zu erzielen, die den Anforderungen an MAMI vollständig entsprechen.<br />

2. In diesem Fall ist die Pulsform annähernd gaußförmig.<br />

3. Oberhalb etwa R = 2 werden die Pulse durch eine ”<br />

Doppelpuls“-Struktur verlängert<br />

und es bildet sich ein d.c.-Untergrund aus.<br />

4. Mit variierender Stromdichte und Modulationshöhe verschiebt sich die Anstiegsflanke<br />

des Pulses.<br />

5. Ähnliche Resultate werden erzielt, wenn man die Simulation so verändert, dass<br />

z.B. die relative Modulation bei variabler Stromdichte gleich bleibt, oder eine sinusförmige<br />

Modulation der Spannung an der Diode vorgenommen wird, was aufgrund<br />

der Kennlinie der Diode eine nichtlineare Modulation der Ladungsdichte<br />

auslöst.<br />

Die z.B. in der Abbildung unten links bei <strong>hoher</strong> Modulation auftauchenden subharmonischen<br />

Pulsfolgen konnten bislang nicht beobachtet werden.<br />

Master Oszillator: Experimenteller Aufbau<br />

Die experimentelle Untersuchung des Pulsbetriebs der Halbleiterlaser wurde in einer<br />

Diplomarbeit durchgeführt [54], weitere Details finden sich im Anhang A.4.<br />

Abbildung 1.15 zeigt einen Schnitt durch das Lasergehäuse und eine Photographie des<br />

Master-Oszillators. Das Lasergehäuse – eine Modifikation einer kommerziell erhältlichen<br />

Kollimationshalterung – besteht aus einer Aufnahme für den Laser, einer vorgeschalteten<br />

asphärischen Kollimatorlinse, und dem SMA-Hochfrequenzanschluss. Der kompakte<br />

Aufbau wurde gewählt, um die Induktivität des nicht angepassten Leiterstücks (wenige<br />

Millimeter) zu minimieren. Der Koaxialaußenleiter kontaktiert <strong>mit</strong> der Diode über das<br />

Metall der Halterung und das Diodengehäuse. Der rechte Teil der Abbildung zeigt eine<br />

Photographie des nur wenige Zentimeter großen Aufbaus.<br />

34


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Abbildung 1.15.: Obere Bilder: Schematische Schnittzeichnug und Photographie des Master-<br />

Oszillators (die außen angebrachten Peltier-Elemente sind abgenommen).<br />

Unteres Bild: Schematischer Aufbau der Master-Oszillator-Ansteuerung,<br />

aus [54].<br />

35


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Im unteren Teil der Abbildung 1.15 wird die Ansteuerung des Master-Oszillators dargestellt:<br />

Die d.c.-Ansteuerung wird durch ein kommerzielles Laserdiodentreibergerät vorgenommen.<br />

Dessen d.c.-Strom wird über ein so genanntes ”<br />

Bias-Tee“ in die Laserdiode<br />

eingekoppelt. Mit dem Bias-Tee wird der N.f-Frequenzbereich (bis 10 kHz) vom H.f.-<br />

Bereich (>10 MHz) getrennt.<br />

Der Hochfrequenzzweig ist folgendermaßen aufgebaut: Der MAMI-Hochfrequenzoszillator<br />

( ”<br />

H.f.-Master“ genannt) liefert das Referenzsignal. Mit einem Phasenschieber kann<br />

die Referenzphase verschoben werden, um den vom Laser produzierten Elektronenpuls<br />

an das Akzeptanzfenster des Chopper-Systems anzupassen. Eine Kombination aus einem<br />

variablen Hochfrequenzabschwächer ( ”<br />

Step-Attenuator“) und einem Festverstärker<br />

(+30dB) erlaubt variable Leistungen bis zu 2.5 Watt zur Verfügung zu stellen. Der folgende<br />

Zirkulator schützt den Verstärker vor einer Impedanzfehlanpassung, zusätzlich kann<br />

die an der Diodenimpedanz reflektierte Leistung P ref am Ausgangsport des Zirkulators<br />

gemessen werden. Hinter dem Zirkulator muss eine Impedanzanpassung vorgenommen<br />

werden: Ein hierzu in der H.f.-Technik übliches Verfahren ist die Einführung zusätzlicher<br />

Reflexionen durch Stichleitungen ( ”<br />

Stubs“), deren Länge variiert werden kann. Nach geeigneter<br />

Justierung des ”<br />

Double-Stub-Tuners“ beträgt die reflektierte Leistung an der<br />

kombinierten Schaltung aus Tuner und Laserdiode nur noch wenige Prozent.<br />

Es sollte weiter angemerkt werden, dass diese Anpassung nicht garantiert, dass die Ladungsmodulation<br />

an der Halbleiterdiode auf eine effektive Weise stattfindet. Beispielsweise<br />

lassen sich baugleiche Laserdioden, die im größeren Leistungstransistorgehäuse<br />

TO-3 montiert sind, zwar anpassen, aber schlechter modulieren, da hier vermutlich die<br />

vergrößerte Induktivität der Zuleitung zu einer Abstrahlung der H.f.-Leistung führt.<br />

TO-3 Gehäuse besitzen den Vorteil, dass Peltierelemente und Temperaturfühler zur<br />

Temperaturstabilisierung eingebaut werden können, was in den kleineren Gehäuseformen<br />

nicht mehr möglich ist. Der in Abbildung 1.15 gezeigte Laser wird daher <strong>mit</strong> extern<br />

angebrachten Peltierelementen und Sensoren temperaturstabilisiert.<br />

Master-Oszillator: Experimentelle Resultate<br />

Die Messung der Pulsform im Zeitbereich kann, wie im Abschnitt über den Chopper<br />

erwähnt wurde, durch Messung des durch den Chopper trans<strong>mit</strong>tierten Stroms bei kleiner<br />

Spaltweite erfolgen. So werden etwa 16 ps Zeitauflösung erreicht, was für die Abtastung<br />

der hier produzierten Pulse noch ausreicht 15 .<br />

Die Abbildung 1.16 zeigt im linken Bild das auf diese Weise gemessene Signal, wobei<br />

der Laser in der Nähe der Laserschwelle (j/j S =1.5) betrieben wurde. Die dunklen Bereiche<br />

zeigen die Grenzen der <strong>mit</strong> 150 Grad angenommenen Akzeptanz. Im Einklang <strong>mit</strong><br />

den Vorhersagen der Modellrechnung entsteht ein Puls <strong>mit</strong> so geringer Halbwertsbreite,<br />

dass über 98% des Gesamtstroms innerhalb der Akzeptanz liegen.<br />

Der Master-Oszillator soll eine möglichst große <strong>mit</strong>tlere Leistung aufweisen, um den<br />

nachgeschalteten Verstärker zu entlasten. Die hier verwendeten Laserdioden liefern bei<br />

geeigneter transversaler Modenform (d.h. einigermaßen beugungsbegrenzter Strahl, so<br />

15 Ansonsten kann auf die Testquelle zurückgegriffen werden, die etwa 2 ps Auflösung erreicht.<br />

36


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

R=1.5 R=5<br />

35<br />

P<br />

30<br />

P Laser<br />

=30mW, P HF<br />

=1W<br />

Laser<br />

>150mW P HF<br />

=2,3W<br />

30<br />

25<br />

25<br />

I (nA)<br />

Kolli12<br />

20<br />

15<br />

FWHM 27ps<br />

I (nA)<br />

Kolli12<br />

20<br />

15<br />

FWHM 135ps<br />

10<br />

10<br />

5<br />

5<br />

0<br />

0 50 100 150 200<br />

t(ps)<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500<br />

t(ps)<br />

Abbildung 1.16.: Puls des Master-Oszillators bei 30 mW optischer Ausgangsleistung (links)<br />

und bei 150 mW (rechts). Die roten Flächen repräsentieren die Grenzen<br />

des für die Injektion zugelassenen Zeitbereichs von etwa 150 Pikosekunden.<br />

Aus [55].<br />

dass ein genügend kleiner Strahlfleck auf der Photokathode hergestellt werden kann) eine<br />

hohe c.w.-Leistung. Es sind bis zu 200 mW <strong>mit</strong>tlere Ausgangsleistung möglich, wobei die<br />

dazu notwendige d.c.-Stromstärke etwa das Sechsfache der Laserschwelle ist.<br />

Allerdings ist der Puls in der Nähe der Maximalleistung stark verzerrt, wie der rechte<br />

Teil der Abbildung 1.16 zeigt, der bei 150 mW <strong>mit</strong>tlerer Ausgangsleistung (entsprechend<br />

fünffacher Überschreitung der Schwellenstromdichte, R = j/j S = 5) gemessen wurde.<br />

Dies ist in qualitativer Übereinstimmung <strong>mit</strong> den Vorhersagen des Ratengleichungsmodells<br />

(Abbildung 1.14). Dieser Betriebsmodus wird zur Zeit nicht verwendet, einerseits,<br />

wegen der nicht mehr optimalen Pulsform, die die Transmission auf 90% herabsetzt und<br />

andererseits, weil nicht klar ist, ob die Laserlebensdauer durch die hohe hier verwendete<br />

H.f.-Leistung von 2.3 Watt herabgesetzt werden könnte.<br />

Im Standardbetrieb an MAMI wird der Master-Oszillator daher <strong>mit</strong> etwa 40-50 mW<br />

<strong>mit</strong>tlerer optischer Ausgangsleistung (etwa R = 2) und einer H.f.-Leistung von 0.4 Watt<br />

betrieben, was etwa 40 ps lange Pulse erzeugt. Der Laser weist im Routinebetrieb konstante<br />

Betriebsparameter auf, d.h. weder die d.c.-Stromstärke noch die H.f.-Amplitude<br />

werden verändert. Die optische Leistungseinstellung geschieht ausschließlich <strong>mit</strong> fernbedienbaren<br />

externen Abschwächern. Der Master-Oszillator besitzt in diesem Betriebszustand<br />

alle positiven Eigenschaften eines Halbleiterlasers, speziell ist er völlig wartungsfrei,<br />

wobei Betriebszeiten von mehreren tausend Stunden realisiert wurden.<br />

Die Intensitätsstabilität des Lasers wird durch das in Abbildung 1.17 gezeigte Histogramm<br />

demonstriert. Hier wurde die Intensität <strong>mit</strong> einem rauscharmen Detektorsystem<br />

über einen Zeitraum von 300 Sekunden <strong>mit</strong> einer Messrate von 1 kHz gemessen. Die<br />

RMS-Leistungsstabilität des freilaufenden, gepulsten Master-Oszillators im so definierten<br />

Frequenzbereich beträgt ±3·10 −4 . Dies bedeutet eine gute Ausgangsposition, um die<br />

für das A4-Experiment benötigte Strahlstromstabilität (siehe Kapitel 3) zu erreichen.<br />

Der Standardbetriebszustand <strong>mit</strong> 50 mW Ausgangsleistung reicht bei Kathoden <strong>mit</strong><br />

37


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

=3.005V<br />

-4<br />

(U)=8,02*10 V<br />

(U)/U=2.67*10<br />

-4<br />

Abbildung 1.17.: Intensitäts-Histogramm des freilaufenden Master-Oszillators. Aus [56].<br />

guter Quantenausbeute im Prinzip für alle zur Zeit an MAMI laufenden Experimente aus<br />

(bis 30 Mikroampère Strahlstrom). Es ist beinahe unnötig zu sagen, dass dieser Aufbau<br />

der denkbar einfachste ist und so<strong>mit</strong> die beste Lösung darstellt, solange die beschränkte<br />

Ausgangsleistung den Anforderungen genügt. Ist dies nicht der Fall, wird der Verstärker<br />

zugeschaltet.<br />

Leistungsverstärker<br />

Wie im vorigen Abschnitt dargestellt wurde, führt die große Verstärkung der Halbleiterlasermaterialien<br />

normalerweise durch die Rückkopplung an der Halbleiteroberfläche<br />

zur Lasertätigkeit. Man kann dies durch eine Entspiegelung der Oberfläche unterdrücken<br />

und so die gespeicherte Energie durch externe Signale abrufen, zum Beispiel also die Intensität<br />

des Master-Oszillators verstärken (MOPA=Master-Oszillator-Power-Amplifier).<br />

Solche c.w.-Verstärker sind kommerziell erhältlich.<br />

Der MOPA wurde noch vor den systematischen Untersuchungen am Master-Oszillator<br />

aufgebaut und an MAMI zum Einsatz gebracht [52]. Der Aufbau des MOPA’s ist noch<br />

immer recht einfach, wie in der Abbildung 1.18 gezeigt wird: Der vom Master-Oszillator<br />

kommende Strahl wird durch zwei Umlenkspiegel in den Leistungsverstärker eingekoppelt.<br />

Der Leistungsverstärker wird an Eingang und Ausgang <strong>mit</strong> optischen Isolatoren<br />

(Faraday-Rotatoren) versehen, um sowohl den Master wie auch den Verstärker vor einer<br />

Überlastung durch optische Rückkopplung zu schützen. Die Inbetriebnahme des Systems<br />

geschieht folgendermaßen: Man führt dem Verstärker einen kleinen Pumpstrom<br />

zu, so dass aus seinen beiden Endflächen die Intensität austritt, die aus der verstärkten<br />

spontanen Emission herrührt (Amplified Spontaneous Emission, ASE). Mit den beiden<br />

38


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Abbildung 1.18.: Schematischer Aufbau des MOPA-Systems.<br />

Umlenkspiegeln bringt man jetzt den ASE-Strahl und den Master-Strahl zur Deckung,<br />

bei genauer Überlappung der Strahlen registriert man eine Erhöhung des Signals hinter<br />

dem Verstärker. Die so optimierte Verstärkung V = P out /P in kann durch den Verstärkerpumpstrom<br />

reguliert werden (Abbildung 1.19), typischerweise wählt man V =5− 10,<br />

wobei <strong>mit</strong>tlere Leistungen bis 300 mW erzeugt wurden. Diese Leistung ist bei weitem<br />

ausreichend für alle Anwendungen, daher braucht die spezifizierte Leistungsgrenze der<br />

Verstärker (500 mW) nicht ausgereizt zu werden.<br />

Das MOPA System ist nicht ganz so intensitätsstabil wie der Master-Oszillator, was<br />

nicht verwundert, da mehrere Rausch- und Driftquellen hinzutreten. Hierzu gehört z.B.<br />

die Einkopplung des MO-Strahls in die etwa 5 Mikrometer große Wellenleiterstruktur<br />

des Verstärkers, die mechanisch sehr genau fixiert sein muss. Die relative Stabilität<br />

wurde simultan zu der des Master-Oszillators gemessen [56], sie ist <strong>mit</strong> etwa ±1.1 · 10 −3<br />

etwa vierfach schlechter als die des Master-Oszillators. Dies ist immer noch ausreichend<br />

für den Standardbetrieb an MAMI, die üblichen Strahlstromschwankungen, die durch<br />

andere Störungen des Injektionsbereiches (z.B. zeitlich variable Transmissionsverluste)<br />

erzeugt werden, sind um ein Mehrfaches größer.<br />

Ein zusätzliches Problem ist die begrenzte Lebensdauer der Verstärkerbauelemente.<br />

Die Einsatzphilosophie für den Verstärker besteht daher zur Zeit darin, das System nur<br />

dann zu benutzen, wenn die hohe Ausgangsleistung wirklich gebraucht wird; ansonsten<br />

wird der Strahl des Master-Oszillators direkt auf die Photokathode gelenkt.<br />

Es ist <strong>mit</strong> dem Verstärker gelungen, <strong>mit</strong>tlere Ströme aus Strained-Layer-Kathoden von<br />

39


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.19.: Kennlinienfeld des Verstärkers. Abbildung aus [52].<br />

mehr als 200 Mikroampère bei optimaler Polarisation zu erzeugen, was die maximalen<br />

Anforderungen weit übertrifft.<br />

1.4.4. Experimentierbetrieb <strong>mit</strong> dem Synchro-Laser<br />

Im Experimentierbetrieb an MAMI werden 2-f Buncher und Synchrolaser gleichzeitig<br />

eingesetzt. Die typischerweise 30-40 ps (FWHM) langen Pulse füllen die Akzeptanz des<br />

Choppers bei weitem nicht aus, so dass eine gute Stabilität und Toleranz gegen Driften<br />

gegeben ist. Dabei beträgt die Transmission des Elektronenstrahls zum Target<br />

90


1.4. Das Transmissionsproblem<br />

Veränderungen erfahren können. Es stellte sich also die Frage, welche E<strong>mit</strong>tanzvergrößerungen<br />

in Abhängigkeit der Pulsladung zu erwarten sind.<br />

Für den PKA1 Aufbau wurde die Frage experimentell beantwortet, indem die maximale<br />

Bunchladung gemessen wurde, die noch einen Betrieb <strong>mit</strong> der an MAMI üblichen<br />

Strahlqualität zulässt. Offensichtlich ist es dazu notwendig einen Kompromiss aus einer<br />

möglichst großen Bunchlänge und der begrenzten 2f-Buncher Akzeptanz zu finden. Daher<br />

wurde die FWHM-Pulslänge zu etwa 100 ps gewählt, was immer noch Transmissionen<br />

von über 90% erlaubt.<br />

Die Schwierigkeiten von Messungen bei hohem Strahlstrom (thermische Probleme, hohe<br />

Belastung der Hochfrequenzanlage) wurden durch die Verwendung eines auf die 32.<br />

Subharmonische (Duty-Cycle also 1/32) synchronisierten Titan-Saphir Lasers umgangen<br />

16 . Weiterhin wird eine Nichtlinearität des Beschleunigersystems, die nichts <strong>mit</strong> dem<br />

Injektionssystem zu tun hat, unterdrückt: Die Raumladung der bis zu 90 gleichzeitig in<br />

den rezirkulierenden LINACS der Mikrotrone anwesenden Strahlen bildet ein elektrostatisches<br />

Potential, das ab einer <strong>mit</strong>tleren Stromstärke von wenigen Mikroampère (für den<br />

externen Strahl außerhalb des LINACS) beginnt, ionisierte Restgasatome an den Strahl<br />

zu binden. Das Potential dieser Ionen bildet eine strahlstromabhängige Linse, die die<br />

Beurteilung der erwünschten Konstanz der Betriebsbedingungen erschwert. Daher ist<br />

eine Reduktion der <strong>mit</strong>tleren Stromstärke durch die Herabsetzung des Tastverhältnisses<br />

hier sinnvoll.<br />

Andererseits ist die Repetitionsrate <strong>mit</strong> 76 MHz noch immer so hoch, dass die zur<br />

E<strong>mit</strong>tanzmessung verwendete Elektronik wegen ihrer kleineren Bandbreite von etwa<br />

10 kHz den Strahl nicht als gepulst wahrnimmt, so dass kein Unterschied zu einer c.w.-<br />

Messung vorliegt.<br />

Der modengekoppelte Titan-Saphir Laser liefert Pulse, deren ursprüngliche zeitliche<br />

Ausdehnung von 0.15 auf die erwähnten 100 ps vergrößert werden muss. Dazu macht man<br />

sich die Gruppengeschwindigkeitsdispersion (Group Velocity Dispersion, GVD) in der<br />

50 Meter langen Glasfaser zunutze, die diesen Laser <strong>mit</strong> PKA1 verbindet. Die Pulslänge<br />

nach einer Propagation durch ein dispersives Medium der Länge z ist für einen zunächst<br />

fourierli<strong>mit</strong>ierten Gaußschen Puls gegeben durch [61]<br />

√<br />

t(z) =t(0) 1+ 16(ln(2)β′′ z) 2<br />

. (1.30)<br />

t(0) 4<br />

Dies geht, wenn der z-Abhängige Summand unter der Wurzel groß gegen Eins wird, in<br />

t(z) ≈ 4ln(2)β ′′ z/t(0) über. Bei einer Wellenlänge von 800 nm besitzt die hier verwendete<br />

Quarzglasfaser eine Gruppengeschwindigkeitsdispersion von β ′′ =0.1ps 2 m −1 , also folgt<br />

nach z =50meinePulslänge von 92 ps 17 , was im Experiment auch beobachtet wird.<br />

16 Der subharmonische Betriebsmodus besitzt über diese spezielle Messung hinausweisende Anwendungsmöglichkeiten:<br />

Dazu gehört die Zeitmarkengenerierung für Flugzeitmessungen, was an MAMI<br />

von der A1-Kollaboration ausgenutzt wurde [57], während z.B. am Jefferson Laboratorium (JLAB)<br />

das Projekt G0 [58],[59] auf eine ähnliche Zeitstruktur angewiesen ist. Der eigentliche Beweggrund<br />

für das hier geschilderte Experiment war die <strong>Erzeugung</strong> unterstützender Daten für einen der Entwurfsvorschläge<br />

des ELFE-Beschleunigers [60].<br />

17 Des Weiteren führt die GVD zur Ausbildung eines ”<br />

Chirps“, d.h. die ”<br />

roten“ Komponenten des La-<br />

41


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Bei den benötigten maximalen Ladungen von 40 fC pro Bunch wurden nur geringe<br />

E<strong>mit</strong>tanzvergrößerungen nachgewiesen. Bei einer Bunchladung von etwa 125 Femtocoulomb<br />

betrug das transversale E<strong>mit</strong>tanzwachstum etwa 45%, während sich die Bunchlänge<br />

am Chopper um 15% vergrößert hatte [62]. Die Transmission betrug dabei noch immer<br />

mehr als 90%. Der Beschleuniger ließ sich ohne Veränderung seiner Einstellung nach wie<br />

vor <strong>mit</strong> guter Strahlqualität betreiben. Diese Bunchladung entspricht einer <strong>mit</strong>tleren<br />

Stromstärke von 320 Mikroampère, wenn die volle Repetitionsrate zum Einsatz kommt,<br />

also deutlich mehr als der Maximalstrom von MAMI, der durch die begrenzte installierte<br />

Mikrowellenleistung vorgegeben ist.<br />

1.4.6. Betriebsbedingungen: Ein Resumée<br />

Die Problemstellungen, die sich aus den Anforderungen des Beschleunigers bezüglich<br />

der longitudinalen und der transversalen Akzeptanz, sowie der flexiblen Spinrotation<br />

ergeben, sind gelöst. Auch die sich abzeichnende Inbetriebnahme von MAMI-C sollte<br />

hier keine größeren Schwierigkeiten mehr erzeugen.<br />

1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

1.5.1. Verfügbarkeit<br />

Experimente <strong>mit</strong> der Photoquelle können nur dann effizient durchgeführt werden, wenn<br />

eine genügende Verfügbarkeit gegeben ist, die folgendermaßen definiert wird<br />

V =1− t Ausfall<br />

. (1.31)<br />

t exp<br />

Die Verfügbarkeit hängt von der Betriebsweise des Beschleunigers ab. Zur Zeit können<br />

kontinuierliche Produktionsintervalle von t exp =10− 20 Tagen als charakteristisch angesehen<br />

werden, worauf 1-2 Tage zur Wartung des Beschleunigers folgen. Im Wartungsintervall<br />

sind Arbeiten an der Quelle möglich, ohne die Verfügbarkeit herabzusetzen.<br />

Die Ausfallzeit der Quelle (und natürlich auch die aller anderen am Beschleunigungsprozess<br />

beteiligten Komponenten) soll also während der Zeit t exp gegen Null gehen. Die<br />

Hauptursache für Ausfälle der Quelle liegt darin, dass die Quantenausbeute der Photokathode<br />

nach ihrer Aktivierung zur Photosensitivität abnimmt und so<strong>mit</strong> nach einer<br />

gewissen Zeit eine Regeneration vorgenommen, bzw. eine neue Photokathode eingesetzt<br />

werden muss.<br />

Die Bereitstellung einer zu geeignet großer Photosensitivität formierten Kathode –<br />

in der Regel eine Halbleiterheterostruktur aus III/V Elementen, siehe Anhang A.2 und<br />

Kapitel 2 – ist ein komplexes technisches und logistisches Problem, das von der Beschaffung<br />

und zerstörungsfreien Charakterisierung der Photokathoden im Vorfeld [63] über<br />

serspektrums treffen früher ein als die ”<br />

blauen“. Für die gegebene Bandbreite des Lasers machen sich<br />

diese Effekte aber noch nicht durch Verzerrungen in der Photoemission (z.B. durch unterschiedliche<br />

Quantenausbeute der spektralen Komponenten) bemerkbar.<br />

42


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

die Montage unter Reinstgas ( ”<br />

Closed-Cycle“) [64] und den Transport und die Schleusung<br />

in die Präparationskammer [21] bis zur möglichst exakten Einhaltung der korrekten<br />

Aktivierungsprozedur reicht [65],[66]. Das Ziel der Aktivierungsprozedur (auch ”<br />

Präparation“<br />

genannt) besteht darin, dass eine in etwa monoatomare Lage aus Cäsium und<br />

Sauerstoff auf die optimal vorbereitete Kathodenoberfläche im Ultrahochvakuum aufgebracht<br />

ist. Bei geeigneter Prozessführung kann man es erreichen, dass wegen der durch<br />

das Cäsium erzeugten Austrittsarbeitsabsenkung die potentielle Energie eines Elektrons<br />

nach der Photoabsorption ins Leitungsband höher ist als im Vakuum. Diesen Zustand,<br />

in dem der Übergang der Elektronen vom Festkörper ins Vakuum energetisch möglich<br />

ist, nennt man die ”<br />

Negative-Elektronen-Affinität“ (NEA). In Verbindung <strong>mit</strong> geeigneten<br />

Photokathoden erreicht man dann eine hohe Umsetzungseffizienz von Photonen in<br />

Elektronen, diese Effizienz wird die ”<br />

Quantenausbeute“ genannt.<br />

In extremer Kürze dargestellt, führt man die Herstellung einer frischen Photokathode<br />

folgendermaßen durch: Die neue Kathode wird in einem abgeschlossen, <strong>mit</strong> reinem<br />

Stickstoff gefüllten Behälter (ein so genannter Handschuhsack) in den aus Molybdän<br />

gefertigten Kathodenhalter montiert (schematisch zu erkennen in Abbildung 1.23). Im<br />

Behälter befindet sich auch ein dicht verschließbares Transportgefäß, in das daraufhin<br />

der Halter verbracht wird. Nach dem Verschließen des Transportgefäßes wird dieses<br />

zur PKA1 gebracht und auf die in Abbildung 1.2 skizzierte Schleuse montiert. Das<br />

Transportgefäß wird geöffnet und die Schleuse evakuiert, bis ein Druck von weniger<br />

als 10 −7 mbar erreicht ist. Dann kann der Kathodenhalter <strong>mit</strong> Hilfe eines magnetischen<br />

Manipulators in die Präparationskammer transportiert werden. Dort wird die Kathode<br />

einer thermischen Reinigung bei typischerweise 580 Grad Celsius unterworfen. Nach der<br />

Abkühlung wird <strong>mit</strong> geeigneten Quellen ( ”<br />

Dispensern“) gasförmiges Cäsium erzeugt,<br />

welches auf der Kathodenoberfläche adsorbiert wird. Durch Hinzufügen von Sauerstoff<br />

wird die durch das Cäsium erzeugte Austrittsarbeitsabsenkung weiter erhöht, so dass<br />

schließlich NEA-Verhältnisse erzielt werden können. Während dieses Vorgangs wird <strong>mit</strong><br />

einer geeigneten Lichtquelle ein Photoemissionsstrom erzeugt. Bei fester Lichtleistung<br />

wird der Prozess solange fortgeführt, bis der Photostrom optimiert ist. Danach wird<br />

die Kathode <strong>mit</strong> einem anderen Manipulator in die Quelle eingeschleust. Der gesamte<br />

Prozess kann innerhalb eines Tages durchgeführt werden. Wenn eine Kathode lediglich<br />

regeneriert werden soll – dies bedeutet sie aus der Quelle wieder in die Präparationskammer<br />

zurückzuführen und die Präparation <strong>mit</strong> der thermischen Reinigung zu beginnen –<br />

so reduziert sich die Zeit auf wenige Stunden. Eine detaillierte Beschreibung der Schleusen/Präparationskammeranlage<br />

findet sich in [21].<br />

Es sei daher im folgenden angenommen, dass es möglich ist, innerhalb weniger Stunden<br />

eine neue Photokathode zum Einsatz zu bringen, bzw. eine vorhandene zu regenerieren,<br />

so dass sich die im folgenden Kapitel in Abbildung 2.3 gezeigten optimalen Ausgangsparameter<br />

der Spinpolarisation (P ) und der Quantenausbeute (Quantum-Efficiency, QE)<br />

simultan erzielen lassen. Dies ist in den letzten Jahren im Betrieb an MAMI auch der<br />

Fall gewesen. Man findet bei erfolgreicher Aktivierung im Falle der besten an MAMI<br />

verwendeten Strained-Layer-Kathoden 18 folgende Ausgangssituation vor:<br />

18 Die Photokathoden werden vom Joffe Institut in St. Petersburg hergestellt, Details zu ihrer Struktur<br />

43


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

P | λ=825 nm =75− 80% (1.32)<br />

QE| λ=825 nm =2− 3μA/mW.<br />

Im anschließenden Betrieb wird eine vollständige Verfügbarkeit erreicht, wenn es gelingt<br />

den vom Experiment geforderten Strom kontinuierlich für die oben erwähnte Zeitspanne<br />

t exp = 20 Tage zu liefern. Dies entspricht beim maximalen denkbaren Strom<br />

(i max = 100μA) einer Ladungsmenge von<br />

Q = t exp i max = 170 Coulomb. (1.33)<br />

Da bisher nur Stromstärken bis zu 30 Mikroampère angefordert wurden, war dies bislang<br />

aber auf weniger als 50 Coulomb reduziert.<br />

Nach der Inbetriebnahme der Kathode in der Quelle setzt der bereits erwähnte Abfall<br />

der Quantenausbeute ein, der die kontinuierlich erzeugbare Ladungsmenge und da<strong>mit</strong><br />

auch die Betriebszeit begrenzt. Die Darstellung in den folgenden Abschnitten dient dazu,<br />

die verantwortlichen Effekte zu identifizieren und darzulegen, welche Gegenmaßnahmen<br />

getroffen werden mussten, um eine Leistungsfähigkeit zu erzielen, die an die geforderten<br />

Werte heranreicht.<br />

1.5.2. Einwirkung von Molekülen aus der Gasphase<br />

Die Struktur der Cäsiumoxidschicht, die die NEA-Verhältnisse erzeugt, ist komplex und<br />

bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Details des Schichtaufbaus, wie z.B. der Oxidation<br />

der Halbleiteroberfläche sind nach wie vor umstritten [67].<br />

Im Falle der MAMI-Quelle sind solche Untersuchungen besonders schwierig, da die<br />

vielfältigen Randbedingungen den Einsatz von Oberflächenanalysegeräten praktisch verhindern.<br />

Auch treten durch den Betrieb <strong>mit</strong> dem hochenergetischen Elektronenstrahl<br />

bei hohen elektrischen Feldern noch Effekte hinzu, die die Situation weiter verkomplizieren.<br />

Wir waren daher mehr oder weniger auf empirische Methoden angewiesen, um<br />

ein Verständnis für die Lebensdauereffekte zu erzielen.<br />

Der zunächst naheliegende Gedanke besteht darin, dass chemische Reaktionen die<br />

NEA-Oberflächenschicht zerstören. In dedizierten Experimenten anderer Autoren [68],[69]<br />

wurde die Einwirkung verschiedener Gase auf NEA-Oberflächen untersucht. Es wurde<br />

festgestellt, dass die Cs-O bedeckte Oberfläche extrem reaktiv ist und sauerstoffhaltige<br />

Moleküle in der Regel die größte Reduktion der Quantenausbeute verursachen.<br />

Typische im Restgas nachweisbare Moleküle dieser Art sind CO,CO 2 und H 2 O.Dabei<br />

scheint Kohlenmonoxid nicht kritisch zu sein, weil es eine große Dissoziationsenergie von<br />

11 eV aufweist und so<strong>mit</strong> in Oberflächenreaktionen kein Sauerstoff abgespalten werden<br />

finden sich im Anhang A.2. Die hier erwähnten Kathoden stammen vom gleichen Wafer und tragen<br />

die Produktionsnummer X-2208. Im Laufe der Jahre kamen vier Kathoden dieses Typs zum Einsatz.<br />

44


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

kann. Daher kann eine Kathode CO-Expositionen von vielen Langmuir 19 ausgesetzt werden,<br />

ohne dass die Quantenausbeute messbar verkleinert wird. Bei Einwirkung von CO 2<br />

oder H 2 O wurde jedoch ein exponentieller Abfall der Quantenausbeute bei Einwirkung<br />

der Gase festgestellt. Liegen mehrere Gasspezies gleichzeitig vor – dies ist aufgrund der<br />

Restgaszusammensetzung immer der Fall – so kann die Zeitkonstante des Zerfalls durch<br />

die parallele Wirkung der einzelnen Zeitkonstanten dargestellt werden, da die Gase unabhängig<br />

voneinander einwirken<br />

QE(t) =QE 0 e −t/τ 1/τ =1/τ CO2 +1/τ H2 0 + ... . (1.34)<br />

Im Betrieb an MAMI entspricht die Zeitkonstante τ auch ungefähr der kontinuierlichen<br />

Betriebszeit, da aufgrund der vorliegenden Quantenausbeuten und der beschränkten<br />

Laserleistung der Abfall der QE nur über ca. eine Zeitkonstante durch Erhöhen der<br />

Laserleistung aufgefangen werden kann. Daher ist der Begriff ”<br />

Lebensdauer“ für die<br />

Zeitkonstante hier auch aus praktischen Gründen angebracht.<br />

Dabei ist der Beitrag der i-ten chemischen Komponente zur Zeitkonstante umgekehrt<br />

proportional zum Druck<br />

τ i = k i p −1<br />

i i = H 2 O, CO 2 , .... . (1.35)<br />

Die Proportionalitätskonstanten, der daraus folgende Partialdruck zum Erreichen einer<br />

Zeitkonstanten von 20 Tagen, sowie die entsprechende Exposition in Einheiten von<br />

Langmuir, sind aus den Resultaten von Wada et al. [68] abzuleiten:<br />

k H2 0 =7.2 · 10 −7 [s · mbar] (p 20 =4.2 · 10 −13 mbar) (0.5Langmuir) (1.36)<br />

k CO2 =4.8 · 10 −6 [s · mbar] (p 20 =2.7 · 10 −12 mbar) (2.5Langmuir)<br />

Für die Einwirkungen von Sauerstoffmolekülen komme ich aus der Beobachtung während<br />

der Kathodenaktivierung zu ähnlichen Werten: Schaltet man bei dem typischen<br />

Sauerstoffpartialdruck (während der Aktivierung) von 5 · 10 −9 mbar die Cs-Quelle ab, so<br />

sinkt die Quantenausbeute binnen weniger als 5 Minuten auf 1/e ab. Daraus folgt eine<br />

Abschätzung für k O2<br />

k O2 =1.5 · 10 −6 [s · mbar] (p 20 =9· 10 −13 mbar) (1 Langmuir). (1.37)<br />

Eine notwendige Bedingung für die angestrebte Lebensdauer von 20 Tagen ist daher,<br />

dass der angegebene Partialdruck p 20 unterschritten wird, zusätzlich gilt natürlich noch<br />

die ”<br />

Summenregel“ aus Gleichung 1.34. Dabei ist CO 2 ein (noch) problematischeres Gas<br />

als Wasser, weil der freigesetzte Sauerstoff aus der Dissoziation des CO 2 auf der Oberfläche<br />

Arsenoxide produzieren kann. Solche Oxide sind normalerweise nur durch eine<br />

19 Ein Langmuir entspricht der Einwirkung eines Drucks von 1.33·10 −6 mbar für 1 Sekunde, entsprechend<br />

dem Aufwachsen von etwa einer atomaren Lage, wenn die Haftwahrscheinlichkeit eins beträgt.<br />

45


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.20.: Messung der Partialdrucke in der Photoquelle (links), sowie Anstieg des<br />

Wasserpartialdrucks <strong>mit</strong> der Operationszeit des Massenseparators.<br />

thermische Reinigung bei besonders hohen Temperaturen (ca. 580 Grad und mehr) wieder<br />

zu entfernen. Die OH-Molekülgruppen aus der Dissoziation des Wassers hingegen<br />

scheinen zur Cäsiumhydroxidbildung zu führen, dieses und auch die sich bildenden Cäsiumsuboxide<br />

(z.B. Cs 11 O 3 , siehe [70]) können durch Zugabe von frischem Cäsium wieder<br />

zurückgebildet werden, so dass eine abgesunkene Quantenausbeute wieder regeneriert<br />

werden kann ( ”<br />

Nachcäsierung“).<br />

Wenn man beachtet, dass die schädlichen Wirkungen durch das Sauerstoffatom ver<strong>mit</strong>telt<br />

werden, so folgt, dass auch die Partialdrucke für die Atome und auch Ionen<br />

(O, O + ) mindestens auf dem Niveau von Gleichung 1.37 gehalten werden müssen, ganz<br />

gleich auf welche Weise sie entstehen.<br />

1.5.3. Lebensdauerproblematik: Phänomenologischer Ansatz<br />

Die Empfindlichkeit moderner Quadrupol-Massenseparatoren <strong>mit</strong> Sekundärelektronenvervielfachern<br />

ist <strong>mit</strong> einigen 10 −14 mbar im Prinzip durchaus ausreichend, um die eben<br />

genannten Partialdrucke nachzuweisen. Abbildung 1.20 zeigt die Restgaszusammensetzung<br />

des Quellenvakuums, wie sie von einem solchen Massenseparator gemessen wird.<br />

Die Lebensdauer der Photokathode in der Elektronenquelle – ohne weitere störende<br />

Einflüsse, die weiter unten diskutiert werden – beträgt<br />

τ V = 50 Tage (1.38)<br />

( ”<br />

Vakuumlebensdauer“). Die Berücksichtigung der Partialdrucke von CO 2 und H 2 O<br />

liefert nach den oben angegebenen Beziehungen einen um mehr als eine Größenordnung<br />

kleineren Wert. Diese Beobachtung führt auf ein grundsätzliches Problem der Rastgasmessung<br />

im UHV-Bereich, denn die vom Massenseparator er<strong>mit</strong>telte Gaszusammensetzung<br />

besteht in Wirklichkeit aus folgenden Komponenten [71]:<br />

1. Die ”<br />

echte“ Gasphase.<br />

46


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

2. Die durch Erwärmung der Strukturmaterialien beim Betrieb der Elektronenstoßionisationsquelle<br />

abgegebenen Gase.<br />

3. Durch Elektronenstoß auf die Wände desorbierte Gase (Electron-Stimulated-Desorbtion,<br />

ESD).<br />

4. Die durch den Elektronenstoß erzeugten Sekundärteilchen (weiche Röntgenstrahlung,<br />

Sekundärelektronen) können metastabile Moleküle auf den Wänden der Vakuumkammer<br />

(auch abseits der Auftreffstellen der Elektronen) erzeugen. Die Produktion<br />

dieser Moleküle kann sich sogar nach Abschalten der Elektronenquelle<br />

fortsetzen, was im Abschnitt 1.5.6 diskutiert wird.<br />

Der zweite Aspekt ist wahrscheinlich für das beobachtete H 2 O-Signal verantwortlich,<br />

da dieses <strong>mit</strong> einer Zeitkonstante gegen einen Sättigungswert strebt, die <strong>mit</strong> der<br />

Erwärmung der Außenhülle des Massenseparators korreliert (rechte Seite der Abbildung<br />

1.20).<br />

In [72] gelang es, durch eine Flugzeitmessung die Restgas- und ESD-Beiträge zu trennen,<br />

das Resultat ist in Abbildung 1.21 abgebildet. Ein großer Anteil des Signals des<br />

Massenseparators besteht aus atomaren Sauerstoff, der in ionisierter Form durch ESD-<br />

Effekte erzeugt wird. Die vom Massenseparator angezeigten Werte entsprechen daher<br />

nur einer oberen Grenze der Partialdrucke der Gasphase. Gerade im Bezug auf die hier<br />

interessierenden Moleküle besitzen Massenseparatoren also kein ausreichendes Signal zu<br />

Untergrundverhältnis.<br />

Die gerade beschriebenen Effekte könnten als ärgerlicher Seitenaspekt abgetan werden,<br />

wenn sie nicht einen Einstieg in die Phänomene böten, die hauptsächlich für die Lebensdauerverminderung<br />

verantwortlich sind: Der Betrieb einer Elektronenquelle selbst<br />

erzeugt gerade diejenigen Komponenten, die für die Photokathode schädlich sind. Es<br />

muss daher untersucht werden, ob der Betrieb der Photokathode Rückwirkungen auf<br />

das Restgas hat. Diese sind jedoch, wie eben gezeigt, wegen der Schwächen der Vakuummesstechnik<br />

nur schwer als Änderung der Restgaszusammensetzung nachweisbar.<br />

Wegen der Abwesenheit geeigneter Diagnosegeräte wird daher im folgenden eine phänomenologische<br />

Deutung aufgrund der Beobachtung der Lebensdauer der Photokathode<br />

unter verschiedenen Betriebsbedingungen unternommen.<br />

1.5.4. Lebensdauer unter verschiedenen Betriebsbedingungen<br />

Als Modell für die Lebensdauereffekte wird hier angenommen, dass es eine Reihe von voneinander<br />

unabhängigen Effekten gibt, die von den verschiedenen Betriebszuständen der<br />

Elektronenquelle abhängen. Diese Effekte werden auf dem Umweg über die <strong>Erzeugung</strong><br />

schädlicher Gasspezies (oder anderer, noch zu diskutierender Prozesse) die Lebensdauer<br />

parallel wirkend verkleinern. Die beobachtete ”<br />

effektive“ Lebensdauer schreibt sich dann<br />

analog zu Gleichung 1.34<br />

1<br />

= ∑ τ eff<br />

i<br />

1<br />

τ i<br />

. (1.39)<br />

47


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.21.: Vergleich der Signalanteile von ESD- und Gasphasenspezies (aus [72]).<br />

Abbildung 1.22.: Quantenausbeute als Funktion der Experimentierzeit bei verschiedenen<br />

Photoströmen. Die Daten für das Experiment <strong>mit</strong> 50 Nanoampère sind<br />

aus Übersichtsgründen nicht dargestellt.<br />

48


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

Betriebszustand τ eff (h) (zusätzl.) Lebensdauersummand τ i<br />

Aktiviert 1200 +1000<br />

–200 Restgas, τ V<br />

Betriebsbereitschaft 20 850 +200<br />

–100 Rückströmung und Feldemission, τ FE<br />

Betrieb <strong>mit</strong> I =12μA 720 +100<br />

–100 Desorption und Backbombardment, τ I<br />

Betrieb <strong>mit</strong> I =30μA 520 +80<br />

–80 τ I<br />

Hochstrom 21 I = 200μA 160 +20<br />

–20 τ I<br />

Tabelle 1.4.: Beobachtung verschiedener Kathodenlebensdauern.<br />

Man kann jetzt versuchen, die einzelnen Komponenten τ i auf der rechten Seite der<br />

Gleichung 1.39 zu er<strong>mit</strong>teln, indem man die effektive Lebensdauer unter verschiedenen<br />

Betriebszuständen misst. Die entsprechenden Resultate finden sich in der Abbildung 1.22<br />

und in Tabelle 1.4. Die Messungen repräsentieren die Leistungsfähigkeit der Quelle in den<br />

Jahren 2000-2003. Die Beobachtungen wurden im allgemeinen während der laufenden<br />

kernphysikalischen Experimente vorgenommen, da die Bestimmung einer Lebensdauer<br />

von mehreren hundert Stunden entsprechend lange Beobachtungszeiten voraussetzt,<br />

die an MAMI nur parasitär“ verfügbar sind. Eine Ausnahme bot eine mehrwöchige<br />

”<br />

Umbaupause des Beschleunigers im Herbst 2001, während der ein dediziertes Lebensdauerexperiment<br />

<strong>mit</strong> einem Strom von 180-220 Mikroampère durchgeführt wurde. Die<br />

Vakuumlebensdauer konnte nach einem längeren Experiment bestimmt werden, das <strong>mit</strong><br />

der konventionellen Elektronenquelle durchgeführt worden war.<br />

Die beobachteten Lebensdauern können folgendermaßen interpretiert werden: Die Vakuumlebensdauer<br />

τ V begrenzt die Zeitspanne, für die eine aktivierte Kathode für Experimente<br />

(ohne Betrieb) vorgehalten werden kann, auf die bereits erwähnten 50 Tage, also<br />

τ eff = τ V . Das endliche τ V ist wahrscheinlich durch oxidierende Substanzen im Restgas<br />

gegeben, die einen Partialdruck von etwa 10 −13 mbar haben. Bei der Bestimmung von<br />

τ V ist die Quelle durch ein Ventil vom Beschleuniger getrennt.<br />

Die Betriebsbereitschaft der Quelle wird hergestellt, indem man das Absperrventil zum<br />

Beschleuniger öffnet und die Kathodenhochspannung einschaltet. Es wird aber noch<br />

kein Photostrom produziert. In diesem Zustand kann man eine leichte Verminderung<br />

von τ eff beobachten. Diese Verschlechterung könnte zwei Ursachen haben, nämlich zum<br />

einen eine Rückströmung des Restgases aus dem Beschleuniger in die Quellenregion.<br />

Zum zweiten kann es durch die angelegte Beschleunigungsspannung zu einem Feldemissionsstrom<br />

kommen. Diese Feldelektronen schlagen in die Wände der Apparatur ein und<br />

produzieren Atome und Ionen, wobei die positiven Ionen ihrerseits wieder zur Hochspannungselektrode<br />

beschleunigt werden. Dies ist eine der oben erwähnten Rückwirkungen<br />

des Quellenbetriebs auf das Vakuumsystem. Aus meinen in [17] dargestellten Messungen<br />

20 In diesem Experiment wurde ein vernachlässigbar kleiner Strom von 50 nA für ein Experiment <strong>mit</strong><br />

reellen Photonen produziert [73].<br />

21 Hier wurde ein GaAs-Kathode benutzt. Die Stromstärke in diesem Experiment wurde nur bis zum<br />

Beginn des Injektors transportiert, da MAMI eine derartige Stromstärke nicht mehr beschleunigen<br />

kann. Die Entwicklung der Quantenausbeute als Funktion der e<strong>mit</strong>tierten Ladung ist Abbildung<br />

1.29 dargestellt.<br />

49


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

kann man den entsprechenden Summanden in Gleichung 1.39 zu<br />

τ FE = k FE I −1<br />

FE<br />

k FE =3.6 · 10 −2 [A · s] (1.40)<br />

abschätzen. Anders formuliert bedeutet das, dass die Freisetzung von 36 Millicoulomb<br />

Feldemissionselektronen genügt, um die Kathode zu zerstören. Dabei erfolgt die Zerstörung<br />

natürlich nicht direkt durch die Emission, sondern über sekundäre Prozesse<br />

beim Auftreffen der Elektronen auf die Vakuumkammerwand.<br />

Schreibt man die beobachtete Lebensdauerverminderung ausschließlich einer Feldemission<br />

zu, so erhält man τ FE = 3000 h bzw. einen Feldemissionsstrom von 3 nA. Ein<br />

Strom dieser Größe ist <strong>mit</strong> den derzeit an PKA1 eingesetzten Messmethoden nicht nachweisbar,<br />

so dass offen bleibt, ob die Reduktion der Lebensdauer durch Rückströmung<br />

oder Feldemission erfolgt. Die in diesem Zustand vorliegende Lebensdauer τ eff ist erfreulicherweise<br />

noch immer deutlich größer als die angestrebten t exp = 20 Tage, so dass<br />

die Feldemissions- bzw. Rückströmungsproblematik hier nicht von extremer Bedeutung<br />

ist. Allerdings muss dem Feldemissionsaspekt kontinuierlich Beachtung geschenkt werden,<br />

da er sich durch schwer zu kontrollierende Umstände, wie z.B. Verunreinigungen,<br />

dramatisch zum Schlechteren hin verlagern kann 22 .<br />

Wie aus Tabelle 1.4 hervorgeht, findet eine Reduktion der Lebensdauer <strong>mit</strong> steigendem<br />

Experimentierstrom statt. Als Ursache kommt z.B. die Produktion schädlicher Gasspezies<br />

durch Strahl/Wand Wechselwirkung in Frage, die im folgenden Abschnitt diskutiert<br />

wird. Weiterhin existiert auch eine Ionisation des Restgases in der Beschleunigungsstrecke,<br />

diese führt auch bei kleinen Drücken zu einer keineswegs vernachlässigbaren<br />

Ionendosis, wie von unserer Gruppe in [21],[23] dargestellt wurde. Beide Produktionsmechanismen<br />

sind proportional zum Strom, so dass ein zusätzlicher Lebensdauersummand<br />

τ I in Gleichung 1.39 <strong>mit</strong> umgekehrt proportionaler Abhängigkeit vom Experimentierstrom<br />

aufgefunden werden sollte:<br />

τ I = k I · I −1 (1.41)<br />

Wertet man die drei Experimente <strong>mit</strong> größeren Strömen unter Berücksichtigung der<br />

vorher er<strong>mit</strong>telten Werte von τ V und τ FE aus, so erhält man folgenden Mittelwert für<br />

k I<br />

k I = 199 +9<br />

−11 Coulomb. (1.42)<br />

Als Fehler ist die maximale Abweichung vom Mittelwert angegeben. Ein überproportionaler<br />

Abfall der Quantenausbeute bei sehr hohen Strömen ist nicht signifikant<br />

nachweisbar, obwohl der Wert von k I beim Hochstromexperiment <strong>mit</strong> k I = 188C der<br />

kleinste war. Bei der gleichartig arbeitenden Quelle des Jefferson Laboratoriums wurde<br />

von einer Reduktion von k I um einen zusätzlichen Faktor 2 beim Übergang zu einer<br />

22 Es wurde beobachtet, dass ein einziger größerer Partikel (ca. 20μm Größe) auf der HV-Elekrode den<br />

Feldemissionsstrom in den Mikroampèrebereich treiben kann, was die Anlage unbrauchbar macht.<br />

50


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

Photokathode<br />

Andruckfeder<br />

Molybdänhalter<br />

Kontaktstelle<br />

zwischen Kathode<br />

und Halter<br />

Lumineszensstrahlung<br />

(zum<br />

Spektrometer)<br />

Fokussierender<br />

Konus<br />

Pumplaser<br />

Abbildung 1.23.: Links: Skizze der Kathodenhalterung. Rechts: Lumineszensspektren bei<br />

verschiedenen Laserleistungen.<br />

Stromstärke von 250 Mikroampère auf dann etwa 300 Coulomb berichtet [74] 23 .Solche<br />

nichtlinearen Effekte sind ab einem gewissen Schwellenwert des Stroms zu erwarten, wie<br />

im folgenden diskutiert werden soll:<br />

Thermische Effekte<br />

Die zur Produktion des Strahlstroms benötigte Laserleistung wird fast völlig in Wärme<br />

umgesetzt. Diese Leistung muss über die Auflagefläche der Photokathode auf den Kathodenhalter<br />

und von dort auf die Hochspannungselektrode übertragen werden (siehe<br />

Abbildung 1.23). Der Übergangswiderstand der Auflagefläche ist schwer abschätzbar, so<br />

dass die Kathodenerwärmung experimentell bestimmt wurde.<br />

Eine berührungslose Messung dieser Erwärmung war möglich, indem die Lumineszensstrahlung<br />

der Photokathode <strong>mit</strong> einem Spektrometer detektiert und die spektrale<br />

Verschiebung (Abbildung 1.23) des Lumineszensmaximums gemessen wurde. Diese Verschiebung<br />

hängt in eindeutiger Weise von der Temperatur ab [75]. Wie unsere Photolumineszensmessungen<br />

zeigten [55],[63], führt der große Wärmewiderstand der Kathodenauflage<br />

zum Halter zu einer Erwärmung von 0.4 Grad pro Milliwatt eingestrahlter<br />

Laserleistung.<br />

Inzwischen haben wir nachgewiesen [76], dass es daher für unsere Kathodenhalter<br />

nicht möglich ist, die Laserleistung über 200 mW zu erhöhen, ohne die Lebensdauer<br />

dramatisch zu verkleinern. Zwar lässt sich der Übergangswiderstand stark reduzieren<br />

[77], jedoch sind die entsprechenden Maßnahmen (z.B. <strong>hoher</strong> Anpressdruck der Kathode)<br />

nicht ohne Neukonstruktionen im Bereich der Quelle realisierbar. Zur Produktion der<br />

für die MAMI-Experimente geforderten Ströme ist es daher zur Zeit notwendig, eine<br />

23 Die um etwa einen Faktor 3 höhere Konstante k I = 600 Coulomb bei kleinen Stromstärken könnte<br />

durch das höhere effektive Saugvermögen oder eine bessere Strahltransmission der dort aufgebauten<br />

Quelle erklärt werden.<br />

51


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Quantenausbeute von mehr als 1 Mikroampère pro Milliwatt zu erzielen, um nicht durch<br />

die ohnehin notwendige Erhöhung der Laserleistung (zur Kompensation der anderen<br />

Lebensdauereffekte) die thermischen Effekte zu provozieren.<br />

Ion-Trapping<br />

Für einen langen zylindrischen Strahl <strong>mit</strong> einem Verhältnis der Radien von Vakuumrohr<br />

zu Strahlradius r/a berechnet sich die Potentialtiefe (siehe, z.B. [15]) zwischen Strahlrohrwand<br />

und Strahl<strong>mit</strong>te zu<br />

I<br />

ΔΦ = (1/2+ln(r/a)). (1.43)<br />

2πɛ 0 βc<br />

Da bei 1 mm Strahldurchmesser r/a ≈ 40 ist, folgt bei I =2· 10 −4 A eine Potentialtiefe<br />

von 90 meV, also deutlich mehr als die thermische Energie bei Zimmertemperatur<br />

(25 meV). Dies könnte bedeuten, dass thermalisierte“ Ionen vom Strahl eingefangen<br />

”<br />

werden und diesen nur in axialer Richtung (u.a. auf die Kathode zu!) verlassen können.<br />

In diesem Fall wird die Ionen-Rückströmung bedeutend verstärkt. Inzwischen wurden<br />

von R. Barday aus unserer Gruppe Experimente bei extrem hohen Strömen (≈ 1mA)<br />

durchgeführt, bei denen sich diese zusätzliche Ionenrückströmung durch eine Reduzierung<br />

der Lebensdauer auszuwirken scheint. Der Effekt ist aber selbst bei diesem Strahlstrom<br />

noch nicht dominierend, was in Übereinstimmung <strong>mit</strong> dem linearen Verhalten bei<br />

den hier untersuchten Strömen ist.<br />

Aktuelle Betriebsbedingungen an MAMI<br />

Unter den gegebenen Umständen kann man folgende Bedingungen für die kontinuierliche<br />

Betriebszeit von Experimenten festhalten:<br />

1. Bereitstellung:<br />

Eine frisch aktivierte Photokathode kann für einige Wochen für Experimente aller<br />

Art bereitgehalten werden. Nach etwa 3-4 Wochen ist das Risiko, dass die Kathode<br />

ein Experiment durch Alterungseffekte behindert, erhöht, so dass es sich empfiehlt<br />

prophylaktisch eine Neuaktivierung vorzunehmen.<br />

2. Kleine Ströme (I


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

4. Große Ströme 30


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

reich des Emissionsstroms konstante Fokussierungseigenschaften aufweist 24 ,während die<br />

Stromunabhängigkeit für den Betrieb an MAMI über einen Bereich von vielen Dekaden<br />

gewährleistet sein muss.<br />

Als Konsequenz ergibt sich eine Überfokussierung von Elektronen die sehr nahe am<br />

Rand der Kathode e<strong>mit</strong>tiert werden, so dass diese hinter der Anode verloren gehen. Eventuell<br />

vorhandenes Streulicht 25 wird Elektronen aus diesen Randbereichen herauslösen.<br />

Der so entstehende Strahlverlust in der un<strong>mit</strong>telbaren Nähe der Anode beträgt etwa<br />

1 Promille des gesamten Strahlstroms (siehe Tabelle 1.5). Unter diesen Umständen wurde<br />

die Konstante aus Gleichung 1.41 zu etwa<br />

k I ≈ 5 − 10 Coulomb (1.44)<br />

bestimmt, also mehr als eine Größenordnung kleiner als der aktuelle Wert.<br />

1.5.6. Schädigungen durch Transmissionsverlust<br />

a) Vergleich <strong>mit</strong> Feldemissionsmessdaten<br />

Bei der Analyse der Feldemissionseffekte (Gleichung 1.40) wurde dargestellt, dass τ FE<br />

einer Ladung von 36 mC entspricht, die durch den Feldemissionsprozess in die Quellenkammer<br />

geschossen wird. Die entsprechenden Ladungsverluste beim angegebenen Transmissionsverlust<br />

und der Produktion von 10 Coulomb (entsprechend k I ) liegen <strong>mit</strong> 10 mC<br />

in der gleichen Größenordnung, auch misst der Kollektor, an dem die Verluste gemessen<br />

werden, nicht alle verlorengehenden Elektronen. Die ”<br />

Strahlverlustelektronen“ sollten die<br />

Kathode im Vergleich zu den Feldemissionselektronen auf effizientere Weise zerstören,<br />

denn zum einen finden diese Verluste in direkter Sicht vor der Kathode statt. Außerdem<br />

laufen die Verlustelektronen unter kleinen Winkeln ( ”<br />

streifend“) in das Strahlrohr vor<br />

der Kathode hinein, während Feldemissionselektronen vornehmlich unter großen Winkeln<br />

auftreffen (siehe Abbildung 1.24). Beim streifenden Einfall finden die Energieverluste<br />

(Ionisation, Emission von kontinuierlicher und charakteristischer Röntgenstrahlung)<br />

daher in kleiner Tiefe statt, so dass diese ”<br />

Sekundärstrahlung“ leichter ins Vakuum entweichen<br />

kann. Daher wird die Ausbeute bei streifendem Einfall besser sein, und so<strong>mit</strong><br />

die Schädigung der Photokathode größer.<br />

b) Metastabile Moleküle<br />

Bei den geringen Transmissionsverlusten von etwa 1 Promille ist die Frage berechtigt,<br />

ob die Wechselwirkung des Strahls <strong>mit</strong> Adsorbaten auf der Vakuumkammer überhaupt<br />

ausreicht, um die benötigte Menge von Neutralteilchen oder Ionen zu liefern. Solche<br />

24 Es ist durchaus möglich eine Quelle <strong>mit</strong> raumladungsbegrenzter Emission zu entwerfen, die einigermaßen<br />

stromunabhängige Fokussierungsbedingungen aufweist, was speziell an MAMI <strong>mit</strong> der konventionellen<br />

Elektronenquelle demonstriert wurde [26]. Diese Designphilosphie führt aber zu extrem<br />

hohen Transmissionsverlusten nahe an der Kathode.<br />

25 Einen Eindruck von den Intensitätsverhältnissen des Streulichts relativ zum Kern“ des Strahls ver<strong>mit</strong>telt<br />

die Abbildung 3.9 in Kapitel ”<br />

3.<br />

54


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

HV-Elektrode<br />

Kathodenhalter<br />

Kathode<br />

Streulicht erzeugt<br />

‘Randelektronen’<br />

Bevorzugter Ort und<br />

Richtung von Feldemission<br />

Anodenapertur<br />

Hauptstrahl<br />

(Laser& Elektronen)<br />

I loss<br />

Messung von Transmissionsverlusten<br />

an isoliertem Kollektor.<br />

Abbildung 1.24.: Schematische Darstellung zur Entstehung von Strahlverlusten durch parasitische<br />

Emission im Randbereich der Photokathode.<br />

Betrachtungen sind von einer Vielzahl nur ungenau bekannter Parameter – z.B. Ausheiztemperatur<br />

der Vakuumkammer, Einfallsenergie und -winkel der Elektronen, Beschaffenheit<br />

der Oberfläche – abhängig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Literaturwerte<br />

für die Effizienz der Gasproduktion um mehrere Größenordnungen differieren<br />

können [79],[80].<br />

Daher soll eine Diskussion dieser komplexen Thematik hier entfallen und durch eine<br />

weitere experimentelle Beobachtung ersetzt werden, die den Transmissionsverlust als<br />

Ursache für die Schädigung noch weiter plausibel macht:<br />

Unterbricht man den Strahlbetrieb, so beobachtet man das in der Abbildung 1.25<br />

dargestellte Verhalten. Der Zerfall der Quantenausbeute geht zunächst weiter, obwohl<br />

in der dreistündigen Betriebspause kein Strahl mehr produziert wird. Unterbricht man<br />

für einen längeren Zeitraum, so stoppt der Zerfall letztendlich.<br />

Dieses Verhalten ist zunächst nicht <strong>mit</strong> der Auswirkung von Transmissionsverlusten<br />

in Einklang zu bringen, da diese ja <strong>mit</strong> dem Abschalten des Strahls zum Erliegen kommen<br />

sollten. Eine Erklärung scheinen Messungen von Gröbner [81] anzubieten, die in<br />

Abbildung 1.26 dargestellt sind.<br />

Groebner benutzte niederenergetische Röntgenstrahlung (Synchrotronstrahlung) im<br />

Energiebereich 0.005-3 keV, die unter streifenden Winkel auf die Vakuumkammerwand<br />

einfiel und beobachtete die resultierende Gasproduktion. Das Resultat ist, dass – scheinbar<br />

entgegen der üblichen Annahme, dass Synchrotronstrahlung eine ”<br />

reinigende“ Wirkung<br />

besitzt – die Produktion aktiver Gase erst einige Zeit nach der Einwirkung der<br />

Strahlung beginnt und nach dem Abschalten nicht spontan endet, sondern sich über<br />

längere Zeiträume fortsetzt (rechte Seite der Abbildung 1.26). Man schreibt dies der Bil-<br />

55


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.25.: Strahlunterbrechung beim Betrieb <strong>mit</strong> ca. 1 Promille Strahlverlust.<br />

Abbildung 1.26.: Produktion verschiedener Gasspezies während und nach Beendigung der<br />

Bestrahlung <strong>mit</strong> weicher Röntgenstrahlung (aus [81]).<br />

56


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

dung ”<br />

metastabiler Moleküle“ 26 aus den Oxiden der Edelstahl-Kammerwand zu (zum<br />

Beispiel könnte sich Wasser durch eine photochemisch induzierte Reaktion des Chromoxids<br />

des Stahls <strong>mit</strong> dem im Material gelösten Wasserstoff bilden). Durch die Existenz<br />

der weichen Röntgenstrahlung bilden sich also Moleküle, die vorher nicht im System<br />

vorhanden waren, analog zu den oben diskutierten Problemen bei der Restgasanalyse<br />

durch Massenseparatoren.<br />

Diese Phänomene könnten das in Abbildung 1.25 gezeigte Verhalten erklären. Weiterhin<br />

machen sie plausibel, warum bei fortlaufendem Betrieb der Quelle kein nennenswerter<br />

Reinigungseffekt beobachtet werden kann, denn die Oxide und der gelöste Wasserstoff<br />

stellen vermutlich ein nicht ausschöpfbares Reservoir dar. Die Produktion dieser Gase<br />

wird weitergehen, solange ein Transmissionsverlust die weiche Röntgenstrahlung erzeugt.<br />

Der nahe liegende Weg aus diesem Dilemma ist die Transmissionsverluste deutlich zu<br />

verkleinern.<br />

1.5.7. Die Maskentechnik<br />

Es wurde zunächst versucht das Streulicht, das für die parasitische Emission verantwortlich<br />

ist, durch bessere Laserstrahlformung, Reinigung der Optik, Blenden etc. zu reduzieren.<br />

Es gelang die Proportionalitätskonstante k I auf bis zu 15 Coulomb zu erhöhen,<br />

was aber bei weitem nicht ausreichend ist. Die Gruppe am Jefferson Lab erzielte bessere<br />

Werte (k I = 100 C)[82], indem folgende Maßnahmen durchgeführt wurden:<br />

1. Erhöhung des spezifischen Saugvermögens in der Quelle durch massiven Einsatz<br />

von NEG 27 .<br />

2. Erweiterung der Strahlrohrapertur auf 63 mm.<br />

3. Vermeidung der Photosensitivität der Randbereiche durch elektrolytische Oxidation<br />

( ”<br />

Anodisierung“), einer Technik aus der Halbleiterfabrikation [83], die am<br />

SLAC zur Erhaltung einer definierten Oberfläche der Photokathode verwendet<br />

worden war [84].<br />

Leider war es durch die gleichzeitige Durchführung aller Maßnahmen nicht möglich zu<br />

entscheiden, ob eine der Maßnahmen für sich allein genommen den entscheidenden Anteil<br />

an der Steigerung von k I hatte. Die Realisierung der ersten beiden Punkte ist zwar<br />

prinzipiell nur ein technisches Problem, das aber einen erheblichen Aufwand zur Anfertigung<br />

der benötigten Komponenten – speziell der Strahlführungselemente <strong>mit</strong> großer<br />

Apertur – verlangt. Nach den Überlegungen über den Strahlverlust aus den Randbereichen<br />

der Photokathode war zu erwarten, dass sich <strong>mit</strong> der Anodisierungstechnik die<br />

26 Der Begriff wird aus Gründen der Prägnanz gewählt. Wahrscheinlich handelt es sich um gewöhnliche<br />

Moleküle, die jedoch nicht stabil an die Oberfläche gebunden sind.<br />

27 NEG=Non-Evaporable-Getter, an der MAMI Quelle befindet sich ein NEG-Modul <strong>mit</strong> einen Saugvermögen<br />

von etwa 500l/s, die an die JLAB-Quelle angebauten Module entsprechen etwa 2000-<br />

3000l/s.<br />

57


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Ort der Messung Apertur Abstand von Anode nackt“ anodisiert<br />

”<br />

Isoliertes Rohr 25 mm 0.1 m 5 · 10 −4 − 10 −3 10 −6<br />

Diff. Pumpstufe 8 mm 2 m 5 · 10 −4 < 5 · 10 −6<br />

Kollimator 7 2.5 mm 2.5 m 1.3 · 10 −2 1.1 · 10 −3<br />

Kollimator 10 2.5 mm 3.8 m 6 · 10 −2 1.8 · 10 −2<br />

Tabelle 1.5.: Relative Stromverluste bei ”<br />

nackter“ und anodisierter Kathode<br />

Transmissionsverluste um Größenordnungen verkleinern lassen sollten. Wir entschlossen<br />

uns daher die begrenzten Ressourcen zunächst auf diesen Punkt zu konzentrieren.<br />

Weiterhin gewährte die Existenz des Schleusensystems, welches den raschen Austausch<br />

von Photokathoden erlaubt, die Möglichkeit systematische Vergleichsmessungen durchzuführen.<br />

Die Anodisierung findet statt, indem man die zukünftige Photokathode als Anode in<br />

ein elektrolytisches Bad eintaucht. Dann wird eine Spannung von einigen Volt zwischen<br />

der Anode und einer Platin-Kathode angelegt. Durch den Stromfluss im Elektrolyt verwandelt<br />

sich das dem Elektrolyt ausgesetzte GaAs in Oxidkomponenten, die später im<br />

Vakuum nicht mehr zu einer nennenswerten Photosensitivität aktiviert werden können.<br />

Während der Prozedur wird der zentrale Teil der Kathode vom Elektrolyt freigehalten.<br />

Die Schichtdicke kann gut kontrolliert werden, denn die Formation der Oxide wird nach<br />

Erreichen einer Schichtdicke, die in etwa linear von der Anodiserungsspannung abhängt,<br />

von selbst stoppen. Die Proportionalitätskonstante beträgt etwa 1.5 nm/Volt [83]. Die<br />

kleine Schichtdicke ist ein Vorteil gegenüber der eigentlich nahe liegenden Idee, eine nicht<br />

photosensitive Maske vor den Kristall zu montieren, was ja ebenfalls die parasitische<br />

Emission unterdrücken würde. Da eine solche Maske aber aus mechanischen Gründen<br />

eine gewisse Stärke haben muss, kommt es wieder zur Entstehung eines Randbereichs,<br />

so dass erneut eine Überfokussierung stattfindet.<br />

Die Transmissionsverluste an verschiedenen Stellen der Strahlführung sind für eine<br />

Kathode <strong>mit</strong> voll photosensitiver Fläche ( ”<br />

nackte“ Photokathode) und für eine anodisierte<br />

Kathode in Tabelle 1.5 zusammengefasst.<br />

Die erwartete Reduzierung der Transmissionsverluste wurde erreicht. Ein weiterer positiver<br />

Seitenaspekt wurde durch die Verminderung der Verluste an den e<strong>mit</strong>tanzbegrenzenden<br />

Kollimatoren im Injektionssystem von PKA1 (siehe Abbildung 1.2) demonstriert.<br />

Der Strahl ist weitaus schärfer begrenzt als bei nackter Kathode. Da selbst kleine Verluste<br />

(< 10 −4 ) im Beschleuniger zu Strahlungsproblemen führen, ist ein schärfer begrenzter<br />

Strahl ein erheblicher Vorteil, der sich seitdem in einer einfacheren Einstellprozedur für<br />

den Beschleuniger bemerkbar macht. Das eigentliche Ziel, die positive Auswirkung auf<br />

die Lebensdauer, wurde ebenfalls erreicht [85]. Trotzdem wurde das Verfahren nach einer<br />

Idee von V. Tioukine durch die Maskenaktivierung ersetzt, die in Abbildung 1.27<br />

skizziert ist:<br />

Zunächst wird <strong>mit</strong> Hilfe der Vakuummanipulatoren ein Stahlbehälter (die Maske) in<br />

die Präparationskammer eingeschleust. Der Kathodenhalter wird während der Cs/O-<br />

Deposition in die Maske hineingesetzt. Durch ein 3mm großes Loch im Boden des<br />

58


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

Halter wird zur PKA1<br />

transferiert<br />

Kathode<br />

Halter<br />

Maske<br />

Trägerrad i. d.<br />

Präp.-kammer<br />

Cs-Fluss<br />

Cs-Dispenser<br />

Abbildung 1.27.: Darstellung der Maskenaktivierung (schematisch).<br />

Behälters wird eine entsprechende Fläche der Kathode aktiviert, der Rest der Fläche<br />

bleibt frei von Cäsium und wird daher nicht photosensitiv. Nach der Aktivierung wird<br />

der Kathodenhalter aus der Maske herausgehoben und in die Elektronenquelle transferiert.<br />

Ein Unsicherheitsfaktor bei dieser Methode bestand darin, dass ein Wandern des Cäsiums<br />

auf der Oberfläche zu einer nachträglichen Veränderung der Quantenausbeuteverteilung<br />

und da<strong>mit</strong> zur Aufhebung des gewünschten Effekts führen könnte. Es wurde<br />

jedoch nichts derartiges beobachtet. Die Vorteile der Maskenaktivierung – zusätzlich zur<br />

Vermeidung der Nasschemie – gegenüber der Anodiserungstechnik sind:<br />

• Die auf die Photokathode und den Halter abgegebene Cäsiumdosis wird minimiert.<br />

Cäsierte Metallflächen können noch immer eine geringe Quantenausbeute aufweisen,<br />

die jetzt wegfällt. Die Transmissionsverluste sind daher noch geringer als bei<br />

der Anodisierungstechnik.<br />

• Die Minimierung der Cäsiumbelegung ist aus hochspannungstechnischen Gesichtspunkten<br />

immer wünschenswert, da Cs nicht nur die Austrittsarbeit der Kathode,<br />

sondern die aller Materialien absenkt. Hier ist speziell die Empfindlichkeit gegen<br />

Feldemission (Gleichung 1.40) zu nennen.<br />

• Man kann an der gleichen Kathode die maskierte und unmaskierte Operationsweise<br />

vergleichen, indem man die ”<br />

abgebrannte“ Photokathode sofort reaktiviert und<br />

un<strong>mit</strong>telbar wieder einsetzt. Das ist in Abbildung 1.28 dargestellt.<br />

Das Resultat der letztgenannten Messung ist eindeutig, offensichtlich wird die e<strong>mit</strong>tierbare<br />

Ladung bei der Maskenpräparation um Faktoren größer. In Abbildung 1.29 wird<br />

59


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.28.: Verhalten von ein und derselben Kathode bei ”<br />

nackter“ und bei nachfolgender<br />

”<br />

maskierter“ Präparation.<br />

gezeigt, dass sich in einer Lebensdauer der Photokathode dann etwa 120 Coulomb abziehen<br />

lassen. Dies entspricht unter Berücksichtung der Brutto-Experimentierzeit“ von<br />

”<br />

mehr als 500 Stunden 28 dem in Abschnitt 1.5.4 angegebenen Wert von k I = 188 Coulomb.<br />

Es ist interessant, die Betriebsparameter vor und nach der Einführung der Maskenaktivierung<br />

auf folgende Weise darzustellen: Es existiert eine Stromstärke I eq ,beider<br />

die stromabhängigen Auswirkungen (τ I = k I /I eq )diegleicheGröße aufweisen wie die<br />

kombinierten Effekte des Vakuums τ V und der Feldemission (τ FE )<br />

( 1<br />

I eq = k I · + 1 )<br />

. (1.45)<br />

τ V τ FE<br />

Oberhalb von I eq wird die Begrenzung der kontinuierlichen Betriebszeit also vom<br />

Strahlstrom und nicht mehr von den Basisbedingungen dominiert. Setzt man die oben<br />

angegebenen Werte für die Parameter ein, so stellt man fest, dass die Einführung der<br />

Maskentechnologie den Wert von I eq von etwa 8 auf jetzt 65 Mikroampère erhöht hat.<br />

Da viele der Experimente <strong>mit</strong> polarisiertem Strahl etwa 20 Mikroampère erfordern, war<br />

diese Verbesserung also von erheblicher Bedeutung.<br />

Am Ende dieser Betrachtung soll noch auf einen besonderen Umstand hingewiesen<br />

werden. Obwohl die Transmissionsverluste am Kollektor unterhalb der Anode um min-<br />

28 Das Experiment wurde zur Nachtzeit in etwa 20 Perioden à 8 Stunden durchgeführt, weil der Beschleunigeraufstellungsraum<br />

wegen Umbauarbeiten tagsüber zugänglich sein musste. Beim Wiederanfahren<br />

der Quelle lies sich dann nicht immer die gleiche Quantenausbeute auffinden, was die stark<br />

fluktuierenden Werte der Quantenausbeute in Abbildung 1.29 zumindest teilweise erklärt.<br />

60


1.5. Das Lebensdauerproblem<br />

Abbildung 1.29.: Vergleich der Auswirkung der e<strong>mit</strong>tierten Ladung auf die Quantenausbeute<br />

von ”<br />

nackten“ und ”<br />

maskierten“ Kathoden.<br />

destens drei Größenordnungen abgenommen haben, hat sich die e<strong>mit</strong>tierbare Ladung<br />

nur etwa verzehnfacht. Bei einer Betrachtung der (zufälligen) Unterbrechung in der <strong>mit</strong><br />

30 Mikroampère aufgenommenen Kurve in Abbildung 1.22 fällt aber auf, dass der oben<br />

diskutierte ”<br />

Unterbrechungseffekt“ nach wie vor vorhanden ist. Nun garantiert ein Verschwinden<br />

der Verluste an dem etwa 10 cm langen Kollektor keineswegs, dass die Verluste<br />

in allen Bereichen <strong>mit</strong> direkter Sicht auf die Kathode in gleicher Weise optimiert sind.<br />

Leider ist zur Zeit eine direkte Messung des verlorengehenden Stroms nicht möglich, da<br />

hierzu das Strahlrohr unterhalb der Quelle (Abb. 1.2) als ganzes von der Masse isoliert<br />

werden muss. Entsprechende Verbesserungen sind jedoch in Vorbereitung.<br />

1.5.8. Entwicklung des Qualitätsfaktors<br />

Am Ende dieses Kapitels soll versucht werden, die gegenwärtige Leistungsfähigkeit der<br />

polarisierten Quelle zu beurteilen und das Potential der Halbleiterphotoquelle für zukünftige<br />

Projekte an anderen Beschleunigern einzuschätzen.<br />

Die Leistungsfähigkeit einer polarisierten Teilchenquelle wird oft durch<br />

Q = P 2 I (1.46)<br />

beschrieben, da einerseits (bei einer Betrachtung, die sich auf statistische Fehler beschränkt)<br />

der relative Fehler einer gemessenen Asymmetrie umgekehrt proportional zur<br />

Polarisation ist. Andererseits ist der Fehler auch umgekehrt proportional zur Wurzel aus<br />

61


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

der detektierten Statistik, die ihrerseits wieder linear vom Strahlstrom abhängt. Also<br />

folgt ΔA/A ∝ 1/(P √ I) → Q ∝ P 2 I.<br />

Diese Definition hat in der Praxis jedoch Schwächen, da Experimente meistens in der<br />

einen oder anderen Weise im Strom li<strong>mit</strong>iert sind, so dass sich eine Verbesserung nur<br />

noch über die Polarisation erreichen lässt, sobald der maximal zuträgliche Strom geliefert<br />

werden kann. Daher werden die Planungen an MAMI oder für andere Großprojekte<br />

an Beschleunigern in der Regel davon ausgehen, dass mindestens die Polarisation der<br />

Strained-Layer-Kathode zur Verfügung steht, also P 2 ≥ 0.6.<br />

Die Entwicklung des Qualitätsfaktors seit der Aufnahme des Strahlbetriebs <strong>mit</strong> spinpolarisiertem<br />

Strahl an MAMI ist in Abbildung 1.30 dargestellt. Zusätzlich werden die<br />

Zeitpunkte der Einführung der in diesem Kapitel beschriebenen Innovationen angegeben,<br />

die schwarzen Quadrate stehen für Langzeitexperimente <strong>mit</strong> mindestens hundert Stunden<br />

Dauer, die an ihrem jeweiligen Stromli<strong>mit</strong> <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong> Verfügbarkeit durchgeführt<br />

werden konnten.<br />

In Abschnitt 1.5.4 wurde die unter optimalen Bedingungen mögliche Verfügbarkeit<br />

beim Maximalstrom zu V =0.95 abgeschätzt, diese Verfügbarkeit senkt den Qualitätsfaktor<br />

etwas ab. Weiter ist zu berücksichtigen, dass – wie im Kapitel 2 dargestellt werden<br />

wird – bei den extrem hohen Quantenausbeuten die Polarisation eher P =0.75 ist. Der<br />

maximal an MAMI bei voller Beschleunigerenergie mögliche Qualitätsfaktor in einem<br />

Langzeitexperiment wird daher derzeit zu<br />

Q = VTP 2 I max =50μA (1.47)<br />

eingeschätzt (T=Transmission des Elektronenstrahls zum Experiment, ≈ 0.95), er ist<br />

in der Figur 1.30 ebenfalls eingetragen.<br />

1.5.9. Entwicklungspotentiale der Photoquelle<br />

Die Forderung nach bedeutend höheren <strong>mit</strong>tleren Stromstärken wird bei geplanten Beschleunigerprojekten<br />

wie dem Electron/Light Ion Collider (ELIC) [86] erhoben, wo<br />

Ströme bis zu einigen Milliampère benötigt werden. Dies entspricht einer kontinuierlich<br />

zu erzeugenden Ladungsmenge von etwa 10 4 Coulomb, um realistische Experimentierzeiten<br />

zu gewährleisten. Es stellt sich die Frage welche Art von Innovation für eine genügende<br />

Verfügbarkeit sorgen soll. Zum heutigen Zeitpunkt ist die Konstante k I = 200−600C,<br />

die an MAMI und JLAB beobachtet wurde, zu klein. Der Unterschied zwischen 200 C<br />

(MAMI) und 600 C (JLAB) kann durch das bessere Vakuumsystem und/oder eine noch<br />

höhere Strahltransmission am JLAB erklärt werden.<br />

Derzeit wird an einer Testquelle an MAMI ein vakuumtechnisch optimiertes Injektionssystem<br />

aufgebaut [76], das möglichst vollständig <strong>mit</strong> nicht verdampfbaren Getter (NEG)<br />

bedeckte Oberflächen aufweisen soll. Ein solches System sollte einerseits einen Restgasdruck<br />

von weniger als 10 −12 mbar erreichen können [87], dessen störendste Komponente<br />

ein Anteil von etwa 2 · 10 −13 mbar Methan ist. Auch hinsichtlich der Strahl/Wand Wechselwirkung<br />

(ESD-Ionen/Metastabile Moleküle) ist ein solches System optimiert [88]. Die<br />

Größe der Strahlverluste wird durch eine Isolation der Strahlrohre zumindest diagnosti-<br />

62


1.6. Zusammenfassung<br />

zierbar werden. Es besteht, wie oben dargestellt wurde, durchaus die Möglichkeit, dass<br />

Strahlverluste von einigen 10 −4 in einer Entfernung von etwa einem Meter von der Kathode<br />

noch immer der li<strong>mit</strong>ierende Faktor sind. Eine unbekannte Größe, die ebenfalls<br />

zur Zeit untersucht wird, ist die Ionisierung und das Ionentrapping im Restgas.<br />

Ein anderer Aspekt ist die Frage nach der Peakstromstärke und speziell nach der<br />

Brillanz. Für die an gepulsten Beschleunigern erwünschten Stromdichten (j von vielen<br />

A/cm 2 für einige Nanosekunden) kann die Strahle<strong>mit</strong>tanz jedoch nur unter Anwendung<br />

von hohen Feldstärken und Beschleunigungsfeldern klein gehalten werden. Die konventionelle<br />

Methode zur Lösung dieses Problems besteht darin immer höhere d.c.-Felder<br />

und Potentiale anzuwenden [82],[89],[90]. Eine solche Quelle ist durchaus in der Lage die<br />

geplanten Hochenergiebeschleuniger wie NLC/JLC oder ILC/TESLA <strong>mit</strong> den erforderlichen<br />

Peakstromstärken und Bunchladungen zu versorgen.<br />

Dabei existiert noch ein weiterer störender Effekt, nämlich die sich bei hohen Peakströmen<br />

aufbauende Raumladung in der Oberflächenzone (Surface-Photovoltage, SPV),<br />

die die e<strong>mit</strong>tierbare Bunchladung begrenzt ( ”<br />

Surface-Charge-Li<strong>mit</strong>“,[91]). Dieser Effekt<br />

ist durch die Entwicklung gradient-dotierter Photokathoden (siehe Kapitel 2) erst in<br />

den letzten Jahren auf ein für die Hochenergiebeschleuniger genügendes Maß reduziert<br />

worden [92]. Eine kurze Diskussion der Bedeutung dieser Effekte an MAMI findet sich<br />

im Anhang B.1.2.<br />

Im Hinblick auf Peakbrillanz bieten jedoch wohl letztlich Hochfrequenzquellen, bei denen<br />

die Photokathode in einen Hochfrequenzresonator eingebaut wird, das größte Entwicklungspotential.<br />

Solche Quellen werden <strong>mit</strong> stabilen Photokathoden (z.B. Cäsium-<br />

Tellurid) standardmäßig an ambitionierten Beschleunigerprojekten verwendet [93]. Bei<br />

Feldern an der Oberfläche der Photokathode von bis zu 120 MV/m, die eine Beschleunigung<br />

bis auf einige MeV auf einer Distanz von wenigen Zentimetern erlauben, werden<br />

Spitzenstromdichten von 1000A/cm 2 erzielt. Die Verwendung von NEA-GaAs ist jedoch<br />

in einer normalleitenden Hochfrequenzkavität vakuumtechnisch problematisch [94],[95].<br />

Hier scheint jedoch eine H.f.-Quelle <strong>mit</strong> supraleitender Kavität, deren erster Prototyp<br />

kürzlich entwickelt wurde [96], bessere Voraussetzungen zu bieten.<br />

1.6. Zusammenfassung<br />

Mit der PKA1 Installation an MAMI wurden die elektronenoptischen Anforderungen an<br />

die Photoquelle an MAMI gelöst. Speziell ist die Strahlstabilität und -qualität ausgezeichnet.<br />

Durch die zusätzliche Installation eines kompakten Spin-Rotators können alle<br />

zur Zeit geplanten Experimente in flexibler Weise <strong>mit</strong> der gewünschten Spinorientierung<br />

versorgt werden.<br />

Der <strong>mit</strong> der Hochfrequenz von MAMI synchronisierte Halbleiterlaser stellt eine extrem<br />

einfache und daher zuverlässige und intensitätsstabile Lösung für das Lasersystem der<br />

Quelle dar. Die von der Quelle gelieferte Ladung kann daher – auch wegen des inzwischen<br />

auf 150 Grad optimierten Einfangbereichs des MAMI-Bunchers – fast vollständig zum<br />

Experiment geführt werden.<br />

Durch neue Experimentiertechniken (Masken-Aktivierung) ist es gelungen, einen der<br />

63


1. Die Quelle spinpolarisierter Elektronen am MAMI-Beschleuniger<br />

Abbildung 1.30.: Verbesserung des Qualitätsfaktors P 2 I.<br />

Hauptgründe für die begrenzte Lebensdauer bzw. für die begrenzte kontinuierlich e<strong>mit</strong>tierbare<br />

Ladung der Photokathoden – die Transmissionsverluste – zu identifizieren und<br />

weitgehend zu vermeiden. So<strong>mit</strong> können jetzt auch hohe Stromstärken an MAMI <strong>mit</strong><br />

genügender Zuverlässigkeit produziert werden.<br />

Durch das Zusammenwirken der eben genannten Fortschritte kann das Experimentierprogramm<br />

<strong>mit</strong> spinpolarisiertem Strahl an MAMI seit einigen Jahren ohne Einschränkungen<br />

realisiert werden. In den Jahren 2003 bis 2005 wurde der weitaus größere<br />

Teil der Gesamtexperimentierzeit – jeweils mehrere tausend Stunden pro Jahr – <strong>mit</strong> der<br />

Photoquelle durchgeführt.<br />

Trotzdem existieren noch problematische Teilaspekte, die weiterer Entwicklungsarbeit<br />

bedürfen: Die periodisch notwendige Reaktivierung der Photokathoden stellt zwar keine<br />

schwere Bürde für die Bedienungsmannschaft mehr dar, aber die in vielen Bereichen<br />

empfindliche Anlage wird sehr wohl belastet (z.B. durch Entleerung der Cäsiumquellen).<br />

Weiter werden auch die schwer zu ersetzenden Photokathoden durch die unnötig vielen<br />

Reaktivierungen verschlissen.<br />

Eine Analyse der über mehrere Jahre des Quellenbetriebs unter verschiedenen Betriebsbedingungen<br />

aufgetretenen Lebensdauereffekte hat ergeben, dass sich diese Li<strong>mit</strong>ierung<br />

durch die konsequente Verwendung der NEG-Beschichtungstechnik weiter verringernlassensollte.DieNutzbarmachung<br />

dieser Techniken an MAMI stellt so<strong>mit</strong> einen<br />

der wichtigsten verbleibenden Aspekte des Quellenentwicklung dar.<br />

64


2. Depolarisationseffekte bei der<br />

Photoemission aus<br />

NEA-Photokathoden<br />

Vorbemerkung<br />

In diesem Kapitel werden Experimente zur Auswirkung der Halbleitervolumen- und<br />

Oberflächeneigenschaften auf die Spinpolarisation des freigesetzten Elektronenstrahls<br />

beschrieben. Die Entwicklung von Photokathoden für hochpolarisierte <strong>Elektronenstrahlen</strong><br />

ist ein spezieller Bereich der Physik optoelektronisch bedeutsamer Halbleiter. Die<br />

grundlegenden physikalischen Konzepte dieses Fachgebiets sind bekannt und z.B. in Monographien<br />

von Cardona [97], Sze [98] und Singh [99] dargestellt. Es fließen aber auch<br />

viele spezielle und zum Teil recht technische Aspekte ein, die im allgemeinen nur dem<br />

Spezialisten bekannt sind, aber trotzdem in ihrem Zusammenwirken betrachtet werden<br />

müssen, wenn ein Verständnis für die Gesamtproblematik erreicht werden soll. Da an<br />

dieser Stelle jedoch eine kompakte Darstellung zweckmäßig erscheint, die sich auf die erzielten<br />

Fortschritte beschränkt, wird die Beschreibung der Photokathodenphysik in den<br />

Anhang A verlegt und an den entsprechenden Stellen darauf verwiesen.<br />

NEA-Photokathoden als effiziente E<strong>mit</strong>ter spinpolarisierter Elektronen.<br />

In Photokathoden aus III/V-Halbleitern, wie z. B. GaAs, erreicht ein Großteil der durch<br />

Photoabsorption ins Leitungsband transferierten Elektronen die Oberfläche. Formiert<br />

man die Photokathode <strong>mit</strong> einer Aktivierungsschicht aus Cäsium- und Sauerstoffatomen,<br />

so liegt das Leitungsbandniveau im Inneren des Halbleiters energetisch über dem<br />

Vakuumniveau (Negative Elektronen Affinität, (NEA)), so dass der Austritt der Elektronen<br />

in das Vakuum möglich wird [100].<br />

Da die Austrittswahrscheinlichkeit relativ hoch sein kann, sind solche NEA-Photokathoden<br />

sehr effizient. Die ”<br />

Quantenausbeute“ (Quantum-Efficiency, QE) bezeichnet<br />

die Zahl der ins Vakuum freigesetzten Elektronen pro eingestrahltem Photon. Verwendet<br />

man eine monochromatische (Laser-) Lichtquelle der Leistung P , so ist es praktischer<br />

den erzielten Photostrom I pro eingestrahlter Lichtleistung – die Photosensitivität S Ph<br />

– zu berechnen. Es gilt<br />

S Ph = I/P = QE eλ<br />

hc = λ · QE [Ampère/Watt]. (2.1)<br />

1.24<br />

Nach dem dritten Gleichheitszeichen ist λ in Einheiten von Mikrometern einzusetzen.<br />

Unter optimalen Bedingungen kann die Quantenausbeute bis zu 50% betragen<br />

65


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

[101]. Die hier relevanten NEA-Photokathoden arbeiten im nahen Infrarot <strong>mit</strong> Wellenlängen<br />

um 800 nm, entsprechend kann man maximale Sensitivitäten von etwa S Ph ≈<br />

0.3Ampère/Watt erreichen.<br />

Mitte der 70er Jahre erkannte man, dass es die Symmetrie der Wellenfunktionen in den<br />

Valenz- und Leitungsbandniveaus erlaubt, Aspekte der Methoden des optischen Pumpens,<br />

die ursprünglich für atomare Systeme entwickelt worden waren [102], auf Galliumarsenid<br />

und andere III/V Halbleiter zu übertragen. Nach der Absorption von zirkular<br />

polarisiertem Licht liegt ein spinpolarisiertes Elektronenensemble im Leitungsband des<br />

Halbleiters vor 1 . So<strong>mit</strong> kommt es zum Zusammentreffen zweier günstiger Umstände,<br />

nämlich dass man Elektronen aus einem Reservoir <strong>hoher</strong> Dichte heraus polarisieren,<br />

und sie außerdem <strong>mit</strong> großer Effizienz ins Vakuum freisetzen kann. Angeregt durch eine<br />

entsprechende (Laser-)Lichtquelle entstehen dann hochbrillante spinpolarisierte <strong>Elektronenstrahlen</strong>,<br />

die – li<strong>mit</strong>iert durch die Symmetrieeigenschaften des GaAs-Kristallgitters<br />

– eine Spinpolarisation von bis zu 50% aufweisen können [103],[104]. Durch die Entwicklung<br />

von Halbleiterkristallen <strong>mit</strong> geeignet reduzierter Symmetrie – siehe Abbildungen<br />

2.1, 2.2 – konnte man Anfang der 90er Jahre die Polarisation auf etwa 80% steigern<br />

[105],[106] – dies allerdings auf Kosten einer erheblichen Verkleinerung der verfügbaren<br />

Quantenausbeute. Letzteres stellt sich zwangsläufig deswegen ein, weil sich die symmetriereduzierten<br />

Strukturen nur in Dicken von etwa einem Zehntel der Absorptionslänge<br />

des Lichtes herstellen lassen 2 . Diese Quantenausbeute reicht aber in der Regel aus, meist<br />

sind sogar beträchtliche Reserven vorhanden, um z.B. Lebensdauereffekte zu kompensieren<br />

(siehe Kapitel 1).<br />

Weitere Vorteile – die durch die im Kapitel 1 dargestellten experimentellen Techniken<br />

illustriert werden – sind die Einfachheit und die Flexibilität einer auf einer solchen<br />

Festkörperkathode basierenden Elektronenquelle, sowie die immens hohe Antwortgeschwindigkeit<br />

der Photokathode, die in Verbindung <strong>mit</strong> geeigneten Anregungslaserpulsen<br />

fast jede gewünschte Zeitstruktur und Peakstromstärke des Elektronenstrahls erlaubt.<br />

Daher hat die halbleiterbasierte Quelle diejenigen Systeme, die auf der Ionisation freier<br />

Atome in der Gasphase beruhen 3 ,verdrängt.<br />

Im folgenden Abschnitt soll der ”<br />

Stand der Technik“ im Bezug auf die beiden wichtigen<br />

Charakterisierungsgrößen Spinpolarisation und Quantenausbeute dargestellt werden.<br />

2.1. Spinpolarisation und Quantenausbeute von<br />

Strained-Layer- und Superlattice Kathoden<br />

Die zum heutigen Zeitpunkt an Beschleunigern eingesetzten Photokathoden gehören entweder<br />

zu den ”<br />

uniaxial-deformierten“ ( ”<br />

Strained-Layer“) oder den ”<br />

Quanten-Übergitter“<br />

1 Näheres hierzu findet sich im Anhang A.1<br />

2 Diese Zusammenhänge sind im Anhang A in den Abschnitten A.1 und A.2 im Detail erklärt.<br />

3 Ein Prototyp einer gasbetriebenen Elektronenquelle für MAMI wurde am Institut de Physique<br />

Nucleaire (IN2P3) in Orsay entwickelt. Trotz großer Anstrengungen gelang es nicht die für MA-<br />

MI notwendige Brillanz des Strahls zu erreichen [107]. Die Entwicklung gepulster Quellen [108]<br />

wurde schon in den siebziger Jahren aufgegeben.<br />

66


2.1. Spinpolarisation und Quantenausbeute von Strained-Layer- und Superlattice Kathoden<br />

E<br />

S 1/2<br />

Leitungsband<br />

=+1<br />

P 3/2<br />

E strain<br />

P 1/2<br />

M= -3/2 -1/2 +1/2 +3/2<br />

j<br />

Valenzband<br />

Abbildung 2.1.: Schema der Absorption von zirkular polarisierter Strahlung, wobei die Entartung<br />

im Valenzband der Photokathode durch reduzierte Symmetrie des<br />

Kristallgitters aufgehoben ist. Die Aufspaltung ΔE strain lässt bei geeignet<br />

gewählter Photonenenergie ein vollständig polarisiertes Ensemble im Leitungsband<br />

erwarten. Details hierzu siehe Anhang A, Abschnitt A.1.<br />

( ”<br />

Superlattice“) Kathoden. In beiden Fällen wird durch eine reduzierte Symmetrie des<br />

Kristallgitters eine Aufhebung der Entartung der Valenzbandzustände (Abbildung 2.1)<br />

erzeugt. Beim ”<br />

Strained-Layer“ wird die photoaktive Zone der Kathode durch Verspannung<br />

verformt, so dass die kubisch flächenzentrierte Einheitszelle des III/V Halbleiters<br />

in eine weniger symmetrische, tetragonale übergeht. Beim Superlattice wird die Symmetrie<br />

in Richtung der Flächennormalen durch die periodische Anordnung von zwei<br />

Halbleiterschichten <strong>mit</strong> verschiedenen Energielücken verändert: Es entsteht ein Kristall<br />

dessen Gitterkonstante in der Wachstumsebene dem der verwendeten III/V Halbleiter<br />

entspricht, während in der Normalenrichtung die ”<br />

Gitterkonstante“ durch die Breite der<br />

Basisperiode gegeben ist. Zahlreiche Details zur Herstellung und Funktionsweise dieser<br />

Strukturen finden sich in Anhang A.2. Eine Skizze des Schichtaufbaus der beiden in<br />

diesem Kapitel hauptsächlich untersuchten Kathoden findet sich in der Figur 2.2.<br />

Ein geeigneter Strained-Layer Kathodentyp wurde schon vor einiger Zeit von der Sankt<br />

Petersburg Technical State University (SPTU) und dem Joffe Institut (ebenfalls in St.<br />

Petersburg) für den Einsatz am MAMI Beschleuniger entwickelt [22]. In Abbildung 2.3<br />

werden Resultate eines der neuesten der für uns gefertigten Wafer gezeigt. Die Lage<br />

des Polarisationsmaximums stimmt <strong>mit</strong> den theoretisch zu erwartenden Werten (Anhang<br />

A, Gleichungen A.16, A.17) überein, zudem ist die Breite des Bereichs maximaler<br />

Polarisation (ein Maß für die Aufspaltung ΔE strain ) <strong>mit</strong> etwa 70 meV sehr groß. Dies<br />

deutet darauf hin, dass die realisierte Kathode der in Abb.2.2 gezeigten Struktur nahe<br />

kommt. Die Superlattices SL-5-998 (und das weitgehend identische SL-5-337) sind ein<br />

neues Produkt unserer Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den St. Petersburger Institutionen.<br />

Die von den beiden Kathoden gelieferten Polarisations- und Quantenausbeutewerte<br />

67


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Lichteinfall<br />

Arsen-Kappe<br />

ca. 20 nm dick<br />

(Passivierung)<br />

Aktive Zone:<br />

s-GaAs0.95P0.05<br />

120 Nanometer<br />

Dotierung: Magnesium 7*10 cm<br />

Oberflächennah (10 nm) 10 cm<br />

Buffer: GaAs0.7P0.3<br />

1 m dick<br />

17 -3<br />

19 -3<br />

Superlattice<br />

(Unterdrückung von Fehlstellen)<br />

GaAs0.55P 0.45/GaAs0.85P0.15<br />

10 Perioden a 20nm/Periode<br />

Anpassungsschichten<br />

GaAs(1-x)<br />

Px<br />

x=0.1,0.2,0.3<br />

je 0.3 m dick<br />

Substrat: GaAs(100) intr. Dotiert<br />

0.5 mm dick<br />

Strained Layer Kathode X-2883<br />

Lichteinfall<br />

Arsen-Kappe<br />

(Passivierung)<br />

Oberflächennahe Zone:<br />

GaAs 6 Nanometer<br />

Dotierung: Beryllium 10 cm<br />

19 -3<br />

Aktive Zone: Superlattice<br />

In0.16Al0.2Ga0.64As/Al0.28Ga0.72As<br />

15 Perioden a 7.5nm/Periode<br />

Buffer:<br />

Al0.4Ga0.6As<br />

1.25m dick<br />

Substrat: GaAs(100)<br />

0.5 mm dick<br />

intr. Dotiert<br />

Superlattice SL-5-998<br />

Abbildung 2.2.: Strukturaufbau der Strained-Layer-Kathode X-2883 und der Superlattice-<br />

Kathode SL-5-998.<br />

68


2.1. Spinpolarisation und Quantenausbeute von Strained-Layer- und Superlattice Kathoden<br />

können als Funktion der Anregungswellenlänge in der Abbildung 2.3 abgelesen werden.<br />

Diese Messungen wurden von unserer Gruppe <strong>mit</strong> der unten beschriebenen ”<br />

Testquellenapparatur“<br />

durchgeführt. Spektren dieser Art werden seit langer Zeit vermessen, sie<br />

enthalten eine Fülle von Informationen über die Bandstruktur der jeweiligen Halbleiter.<br />

An dieser Stelle soll die Diskussion allerdings auf die Verwendbarkeit des jeweiligen<br />

Kathodentyps an MAMI beschränkt werden: Die entscheidende Größen sind die Polarisation<br />

und die Quantenausbeute am ”<br />

Arbeitspunkt“, nämlich dort wo die Polarisation<br />

von ihrem Plateauwert zu kürzeren Wellenlängen hin abzufallen beginnt.<br />

In der hier präsentierten Messung war die Quantenausbeute am Arbeitspunkt des<br />

Strained-Layer (Wafer X-2883) mehr als Zehnmal niedriger als die des Superlattice.<br />

Dies ist nur zum kleinen Teil ein Effekt der Kristallstruktur, sondern hat seine Ursache<br />

hauptsächlich darin, dass technologische Probleme bei der Fertigung der Strained-Layer-<br />

Kathode im MOCVD-Verfahren unter Umständen zu Oberflächen führen, die nur eine<br />

reduzierte Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen ins Vakuum erlauben (Details siehe<br />

Anhang). Mit der gegebenen Quantenausbeute wäre der Einsatz solcher Kathoden an<br />

MAMI erheblich erschwert, beispielsweise kann man erst ab Ausbeuten von etwa 0.3%<br />

den in Kapitel 1 beschriebenen intensitätsstabilen (aber leistungsschwachen) Laseraufbau<br />

verwenden, der sich im A4-Experimentierprogramm als äusserst hilfreich erwiesen<br />

hat. Erfreulicherweise konnten jedoch bei ausgesuchten Exemplaren (Wafer X-2208) ähnliche<br />

Werte wie für das Superlattice erzielt werden. Diese Kathoden wurden sämtlich in<br />

den Jahren 2001-2004 an der MAMI-Quelle eingesetzt, so dass keine spektral aufgelösten<br />

Daten für diesen Wafer genommen wurden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die<br />

Differenzen zum gezeigten Spektren lediglich in einer global erhöhten Quantenausbeute<br />

und einer Verschiebung des Spektrums um etwa 20 Nanometer zum Infrarot hin bestehen.<br />

Die etwas höhere Polarisation des Strained-Layer (82%) im Vergleich zum Superlattice<br />

(78%) erklärt sich aus der unten diskutierten Korrelation zwischen Quantenausbeute<br />

und Polarisation. Bei gleicher Quantenausbeute erzielen diese Kathoden daher im Wesentlichen<br />

auch die gleiche Spinpolarisation, bei großen Quantenausbeuten (≥ 0.4%)<br />

beträgt der Polarisationsgrad knapp unter 80%.<br />

So<strong>mit</strong> scheint die Obergrenze der Strahlpolarisation bei ausreichender Quantenausbeute<br />

durch einen Wert von etwa 80% gegeben zu sein 4 . Da die Kathoden die Produktion<br />

der maximal für die MAMI Experimente möglichen Ströme erlauben, ist die statistische<br />

Genauigkeit, die ein Experiment innerhalb einer gegebenen Messzeit an MAMI erzielen<br />

kann, nur noch durch eine Erhöhung der Polarisation zu verbessern. In die statistische<br />

Effizienz einer solchen Messung geht der Wert der Polarisation quadratisch ein (siehe<br />

Kapitel 1, Gleichung 1.46); so<strong>mit</strong> zeigt der Wert<br />

P 2 ≤ 0.64 (2.2)<br />

an, dass man nur etwa zwei Drittel des Optimums erreicht. Zieht man den enormen<br />

Aufwand in Betracht, den z.B. der vieltausendstündige Betrieb des A4-Experiments<br />

4 Ein kurze Diskussion der absoluten Genauigkeit der Polarisationsmessung, die solchen Vergleichen<br />

zugrundeliegt, erfolgt in Anhang 1.3.6<br />

69


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Abbildung 2.3.: Polarisations- und Quantenausbeutespektren einer ”<br />

Strained-Layer“-Kathode<br />

(oben) und einer ”<br />

Superlattice“-struktur (unten).<br />

70


2.1. Spinpolarisation und Quantenausbeute von Strained-Layer- und Superlattice Kathoden<br />

Unteres Ausbeute<br />

Li<strong>mit</strong> für MAMI<br />

Experimente<br />

Abbildung 2.4.: Zeitlicher Verlauf von Quantenausbeute (offene Kreise) und Polarisation<br />

(Quadrate) bei hohem Sauerstoffpartialdruck (dieser wird künstlich hergestellt,<br />

um das Experiment auf überschaubarer Zeitskala durchführen zu<br />

können). Im Bereich der an MAMI notwendigen Quantenausbeuten korrelieren<br />

niedrige Ausbeuten <strong>mit</strong> hohen Polarisationsgraden (aus [109]).<br />

verursacht, so ist die Optimierung der Polarisation keineswegs nur von akademischem<br />

Interesse.<br />

Vermindert sich die Quantenausbeute – dies wird durch die allmähliche Verschmutzung<br />

der Kathodenoberfläche im Vakuum verursacht – so stellt sich eine Erhöhung der<br />

Polarisation ein. Dies wurde sowohl an MAMI – bei manchen Kathoden wurden <strong>mit</strong><br />

dem Möller Polarimeter Werte bis zu 89 Prozent beobachtet, wenn die Quantenausbeute<br />

um einen Faktor 2-3 gefallen war – als auch in dedizierten Experimenten an der SPTU<br />

beobachtet (Abbildung 2.4).<br />

Ein solcher Vorgang sollte <strong>mit</strong> einem Phänomen der Halbleiteroberfläche verbunden<br />

sein, was die weitere Untersuchung des Emissionsprozesses als ”<br />

Depolarisator“ nahe legt.<br />

Der Emissionsprozess wird – nach Spicer’s Dreistufenmodell [101],[110] – in die voneinander<br />

unabhängigen Schritte Absorption, Transport zur Oberfläche und Transmission<br />

durch die Oberflächenzone ins Vakuum aufgeteilt. Unsere apparative Ausstattung erlaubt<br />

Untersuchungen zur Auswirkung der beiden letzten Schritte auf die Spinpolarisation.<br />

Details zu den Problemen der <strong>Erzeugung</strong> maximaler Polarisation während der<br />

Absorption werden im Anhang A.3 besprochen.<br />

71


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

2.2. Depolarisation: Untersuchung durch<br />

Kurzzeitspektroskopie<br />

2.2.1. Streuprozesse im Leitungsband<br />

Ein Elektron im Leitungsband des Halbleiters unterliegt einer sehr intensiven Wechselwirkung<br />

<strong>mit</strong> dem Kristallgitter (Phononenemission bzw. -absorption). Für unsere stark<br />

p-dotierten Photokathoden tritt noch die Rutherford-Streuung an den negativ geladenen<br />

Akzeptorionen hinzu [111]. Dies läuft darauf hinaus, dass die <strong>mit</strong>tlere freie Weglänge der<br />

Elektronen deutlich kleiner als die aktive Schichtdicke der Kathoden (150 nm) ist. Daher<br />

ist der Elektronentransport in erster Näherung durch einen Diffusionsprozess darstellbar.<br />

Die Diffusionskonstante für die Elektronen beträgt im hier relevanten Bereich von<br />

Dotierungsgraden [98]:<br />

80 >D>30 [cm 2 /s]. (2.3)<br />

Der höhere Wert entspricht den niedrigsten Akzeptorkonzentrationen unserer Photokathoden<br />

(N A =7· 10 17 cm −3 ), der niedrige dem der höchsten Dotierung von etwa<br />

N A =1· 10 19 cm −3 . Die durchschnittliche Entfernung ( Diffusionslänge“), die das Elektron<br />

bei der Rekombination von seinem Entstehungsort aufweist, ”<br />

ist:<br />

l diff =(Dτ rec ) 1/2 . (2.4)<br />

Die Zeit τ rec kann in einem stark dotierten MaterialnochimmermehralseineNanosekunde<br />

betragen, was zu einer Diffusionslänge von typischerweise 2 Mikrometer führt. Dies<br />

ist von ähnlicher Größe wie die Lichtabsorptionslänge 1/α ≈ 1μm. Dieser Sachverhalt ist<br />

die Grundlage für die hohe Effizienz des zweiten Schritts des Spicerschen Modells: Ein<br />

großer Teil der photoabsorbierten Elektronen erreicht während des Diffusionsprozesses<br />

irgendwann einmal die Kathodenoberfläche.<br />

Wenn man annimmt, dass sich die Elektronen bis zur Rekombination <strong>mit</strong> thermischer<br />

Geschwindigkeit fortbewegen, so ist die gesamte zurückgelegte Strecke einige hundert Mikrometer.<br />

Dabei wird die Impulsrichtung durch Streuprozesse immer wieder verändert,<br />

so dass sich das Elektron im Mittel nicht weiter als l diff von seinem Entstehungsort<br />

entfernt. Zwar erhalten die bisher erwähnten Streuprozesse die Spinpolarisation, aber es<br />

existieren darüber hinaus noch eine Vielzahl von anderen Prozessen, die sehr wohl die<br />

Spinpolarisation zerstören können. Hierzu geben Fishman et al. [112] einen Überblick.<br />

Die Spinaustauschstreuung an den unpolarisierten 5 Löchern ist im hochdotierten Material<br />

(bei Raumtemperatur) der dominierende Spinrelaxationsmechanismus. Für diesen<br />

sogenannten Bir-Aronov-Pikus-Prozess ( BAP-Prozess“)[113] gibt Fishman einen Wirkungsquerschnitt<br />

von ca. σ BAP ≈ 10 −16 cm 2 an, woraus für die Spinrelaxationszeit τ p<br />

”<br />

folgt<br />

τ p ≈ τ BAP =(N A σ BAP v) −1 . (2.5)<br />

5 Zwar entstehen aus Drehimpulserhaltungsgründen bei der Photoabsorption auch polarisierte Löcher,<br />

ihre Zahl ist hier aber gegen den Dotierungsgrad vernachlässigbar.<br />

72


2.2. Depolarisation: Untersuchung durch Kurzzeitspektroskopie<br />

Für die maximale Dotierung von Halbleiterkathoden von etwa N A =10 19 cm −3 und<br />

thermalisierte Elektronen (m ∗ v 2 ≈ 2kT) 6 bei Zimmertemperatur folgt hieraus eine Spinrelaxationszeit<br />

von 27 Pikosekunden, eine entsprechend längere Zeit würde für niedrigere<br />

Dotierungen erreicht. So<strong>mit</strong> stellt sich die Frage nach der Aufenthaltszeit der Elektronen<br />

im Leitungsband im Verhältnis zu diesen kurzen Spinrelaxationszeiten. Diese Frage kann<br />

experimentell durch zeitaufgelöste Messungen des Emissionsstroms und der Strahlpolarisation<br />

– im Folgenden als Kurzzeitspektroskopie bezeichnet – beantwortet werden.<br />

2.2.2. Experimenteller Aufbau zur Kurzzeitspektroskopie<br />

Der hier verwendete Apparat, die so genannte ”<br />

Testquelle“, wurde in der Dissertationsarbeit<br />

von Peter Hartmann [114] detailliert beschrieben. Die Anlage (Abbildung 2.5) besitzt<br />

<strong>mit</strong> der Elektronenquelle und dem Kathodenwechslersystem identische Komponenten<br />

zur Quelle an MAMI (PKA1, siehe Kapitel 1), auch die angeschlossene Elektronenstrahlführung<br />

ist dem PKA1-System ähnlich. Im Unterschied zu PKA1 stellt jedoch eine<br />

Hochfrequenz-Deflektorkavität [115] hinter der etwa drei Meter langen Strahlführung eine<br />

periodische Modulation der Strahlposition her. Die Deflektorkavität wird von einem<br />

Klystron angesteuert, das bei der MAMI-Frequenz von 2.449 GHz betrieben wird. Bei einer<br />

in die Kavität eingekoppelten Leistung von etwa 41 Watt wird ein Ablenkwinkel von<br />

etwa 0.5 Grad erreicht, was für einen d.c.-Strahl zu einer periodischen Modulation der<br />

Strahlposition von fast ±1 cm am Eingangsspalt eines Toruskondensator-Spektrometers<br />

[20],[116] führt.<br />

Abbildung 2.6 zeigt das Schema der Zeitmessung. Das Klystron wird von einem stabilen<br />

Sender ( ”<br />

Master“) angesteuert, ein Teil der Sendeleistung wird ähnlich wie beim<br />

MAMI-Synchrolaser dazu verwendet <strong>mit</strong> der Ablenkung synchronisierte Lichtimpulse<br />

herzustellen. Diese Impulse sollen kurz gegen die Depolarisationszeiten – typisch vielleicht<br />

30 ps (Gleichung 2.5) – sein. Ist die Impulsantwort der Photokathode auf die Anregung<br />

<strong>mit</strong> einem solchen Lichtblitz nicht beliebig kurz, so führt dies zu unterschiedlichen<br />

Ankunftszeiten der e<strong>mit</strong>tierten Elektronen an der Deflektorkavität, die daraufhin an unterschiedliche<br />

transversale Positionen in der Spaltebene abgebildet werden. Verschiebt<br />

man die Ankunftszeit der Teilchen <strong>mit</strong>tels einer Phasenverschiebung des Lasers (relativ<br />

zur Deflektor-H.f.), so kann das zeitliche Pulsprofil durch eine Messung des durch<br />

den Spalt hindurchtretenden Stroms im Faradaycup vermessen werden. Die Vermessung<br />

der Spinpolarisation der trans<strong>mit</strong>tierten Elektronen <strong>mit</strong> Hilfe eines Mottpolarimeters<br />

ermöglicht zusätzlich Aussagen über die Zeitabhängigkeit der Polarisation im Photoemissionsprozess.<br />

Der Toruskondensator zwischen Spalt und Polarimeter nimmt die zur<br />

Mottmessung nötige Spintransformation von longitudinaler zu transversaler Spinstellung<br />

vor, siehe Kapitel 1, Gleichung 1.7. Da zur Messung des Stroms und insbesondere der<br />

Polarisation erhebliche Integrationszeiten erforderlich sind, ist man auf eine gute Phasenstabilität<br />

der Synchronisation der Laserpulse relativ zur Hochfrequenz angewiesen.<br />

Um genügend kurze Lichtpulse zu erzielen verwendet man einen selbstmodengekoppel-<br />

6 Zur Definition der effektiven Masse m ∗ ,diefür GaAs 0.067 Elektronenmassen beträgt, siehe im<br />

Anhang A.1 Gleichung A.5<br />

73


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Faradaycup<br />

Mottdetektor<br />

Spektrometer Deflektor<br />

1 m<br />

-100 kV<br />

GaAsP<br />

-50 kV<br />

γ e<br />

0 V<br />

Scanner<br />

Diff. Pumpstufe<br />

Solenoid<br />

Elektronenkanone<br />

Triplett<br />

Alphamagnet<br />

Dublett<br />

γ<br />

Abbildung 2.5.: Ansicht der Testquelle (aus [114]).<br />

74


2.2. Depolarisation: Untersuchung durch Kurzzeitspektroskopie<br />

ten Titan-Saphir-Laser. Mit dem hier verwendeten kommerziellen Laser 7 erreicht man<br />

den Anforderungen entsprechende Pulse von 0.15 ps bei einer Pulsrepetitionsrate von 75-<br />

80 Megahertz. Diese Pulse sind jedoch zunächst noch nicht auf die Ablenkfrequenz synchronisiert,<br />

was aber auf folgende Weise realisiert wird (Abb. 2.6): An der Ablenkkavität<br />

wird das H.f.-Signal durch eine Antenne aufgenommen und per Koaxialkabel zum Laserraum<br />

transportiert. Dort wird die 2.5 GHz Hochfrequenz durch einen 1:32 Frequenzteilerbaustein<br />

auf 76 MHz untersetzt und dient dann als lokaler Oszillator für einen Mischer<br />

(Doubly-Balanced-Mixer, DBM). Dieser erhält außerdem das Phasensignal der 76 MHz<br />

Fourierkomponente der Laserpulse, welche von einem schnellen Photodetektor erzeugt<br />

wird (die Oberwellen des Detektorsignals werden durch einen geeigneten H.f.-Filter abgetrennt).<br />

Der Ausgang des DBM liefert dann ein Signal <strong>mit</strong> der Differenzfrequenz. Eine<br />

Regelungseinheit variiert die Resonatorlänge <strong>mit</strong> den Ziel das DBM-Signal konstant zu<br />

halten, wo<strong>mit</strong> die relative Phase zwischen Klystron und Laserpulsen synchronisiert ist.<br />

Hartmann konnte <strong>mit</strong> dieser Apparatur eine Reihe von Resultaten erzielen:<br />

1. Es wurde gezeigt, dass die Impulsantwort von Strained-Layer-Kathoden kürzer<br />

als 10 ps ist. Dies beantwortete die Frage, ob die zeitliche Dispersion durch die<br />

Emissionsvorgänge klein gegen die longitudinale Akzeptanz von MAMI (ca. 150 ps)<br />

ist [117].<br />

2. Die phasenaufgelöste Messung an hochdotiertem Material, bei dem die aktive Zone<br />

größer als die Absorptionslänge ist – ein so genannter Bulk-Kristall – ergibt<br />

einen Puls von charakteristischer, asymmetrischer Form. Im zeitlichen Verlauf des<br />

Pulses zerfällt die Polarisation exponentiell und <strong>mit</strong> einer Zeitkonstante, die in der<br />

Größenordnung der von [112] vorausgesagten Werte liegt. Eine solche Messung, die<br />

<strong>mit</strong> der später verbesserten Apparatur aufgenommen wurde, ist in Abbildung 2.8<br />

dargestellt; die exponentielle Zerfallskonstante beträgt τ =52ps.<br />

3. Die Pulsform konnte relativ gut durch einen Diffusionsvorgang erklärt werden<br />

[118]. Dieses Modell bildet die Grundlage für die weiter unten durchgeführten Parametrisierungen<br />

der Emission dünner Photokathoden und wird dort weiter erläutert.<br />

Die Depolarisation während der Diffusion im Leitungsband konnte jedoch in Anbetracht<br />

der Depolarisationszeiten nicht als Hauptursache für die Reduktion der durchschnittlichen<br />

Polarisation der e<strong>mit</strong>tierten Elektronen von 100 auf 80% ausgeschlossen<br />

werden, da die Zeitauflösung noch nicht ausreichend war.<br />

2.2.3. Apparative und physikalische Begrenzungen<br />

Im Rahmen der Dissertation von Jörg Schuler [119] wurde die Testquelle aufgrund<br />

einer Analyse der li<strong>mit</strong>ierenden Faktoren weiter verbessert. Der zunächst wichtigste<br />

Aspekt war die ungenügende Stabilität der Phasensynchronisation der Laserpulse auf<br />

die Ablenkcavität ( ”<br />

Jitter“ bzw. ”<br />

Drift“). Durch eine verbesserte thermische Stabilität<br />

der phasenempfindlichen Teile (Hochfrequenzkabel von der Deflektorkavität zum<br />

7 MIRA-900 der Firma Coherent <strong>mit</strong> ”<br />

Synchro-Lock“ Einheit zur externen Phasensynchronisation.<br />

75


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Prinzip:<br />

Faradaycup<br />

Toroid-<br />

Kond.<br />

Mott<br />

Pulszug vom Laser (grün)<br />

erzeugt Pulszug von Elektronen<br />

(rot), immer synchron zur H.f!<br />

Schlitz<br />

Master<br />

Klystron<br />

Elektronen<br />

pulse<br />

Elektronenstrahl<br />

Deflektor-<br />

Kavität<br />

Phasenschieber<br />

Aktive<br />

Phasenstabilisierung<br />

Laser<br />

Teiler<br />

<br />

/32<br />

DBM<br />

76Mhz Filter/<br />

Photodet.<br />

Kathode<br />

Pulsfolge <strong>mit</strong> Periode<br />

32*T(H.f.)<br />

Lichtoptischer Strahltransport<br />

(Glasfaser oder Spiegelstrecke)<br />

Abbildung 2.6.: Operationsprinzip der Testquelle.<br />

76


2.2. Depolarisation: Untersuchung durch Kurzzeitspektroskopie<br />

DBM, Frequenzteiler), sowie durch den Einsatz eines intensitätsstabilen diodengepumpten<br />

Nd : YVO 4 Pumplasers wurden diese Probleme vermindert.<br />

Des Weiteren wird die Zeitauflösung durch die endliche transversale Ausdehnung des<br />

Elektronenstrahls auf dem Spalt begrenzt, denn die Ablenkgeschwindigkeit des Strahls<br />

beträgt etwa 100 μm pro Pikosekunde, während man unter besten Umständen (minimierte<br />

E<strong>mit</strong>tanz und optimierte Fokussierung auf den Spalt) eine minimale FWHM-<br />

Strahlgröße von etwa 180 μm erreicht. So<strong>mit</strong> wird die Zeitauflösung durch die Strahlgröße<br />

auf τ Str ≈ 2ps li<strong>mit</strong>iert. Eine weitere Verkleinerung des Strahlflecks ist jedoch –<br />

vermutlich wegen der Linsenfehler der fokussierenden Solenoide – nicht ohne weiteres<br />

möglich. Die apparative Auflösung ist also durch<br />

Δt app = ( τ jitter (T mess ) 2 + τ 2 str + t2 Laser) 1/2<br />

(2.6)<br />

gegeben, wobei τ jitter <strong>mit</strong> der benötigten Messzeit anwächst. Für Messzeiten von einigen<br />

Minuten pro Phasenpunkt, wie sie zur Bestimmung der Strahlpolarisation hinter<br />

dem Spalt nötig sind, kann man von τ jitter =2ps ausgehen, während für kürzere Messzeiten<br />

die Strahlgröße den li<strong>mit</strong>ierenden Faktor darstellt. Da t Laser deutlich kleiner als<br />

eine Pikosekunde ist, spielt dies für den Wert von Δt app eine vernachlässigbare Rolle.<br />

So<strong>mit</strong> erreicht man für die schnell durchführbare Messung des Intensitätsprofils ein<br />

Δt app von etwa 2 Pikosekunden, für die langwierigere Messung der Spinpolarisation etwa<br />

3ps 8 . Abbildung 2.7 zeigt die bislang kürzeste beobachtete Impulsantwort, die durch<br />

eine experimentelle Auflösung von Δt App =2.3ps (FWHM) beschrieben werden kann.<br />

Die beobachtete Pulslänge wird zusätzlich noch durch eine Laufzeitdispersion vergrößert,<br />

die durch die unterschiedlichen Startenergien der Elektronen entsteht. Die kinetische<br />

Energie des Elektrons nach dem Austritt aus der Photokathode kann prinzipiell<br />

zwischen 0 eV und dem Wert der NEA, E NEA , variieren (siehe Abbildung 2.9). Ein<br />

typischer Wert ist E NEA = 200 meV . Treten zwei Elektronen <strong>mit</strong> dem maximalen Unterschied<br />

der kinetischen Energien aus, so ergibt sich der Laufzeitunterschied nach einer<br />

Beschleunigungsstrecke zu<br />

√<br />

2ENEA m<br />

Δt B =<br />

. (2.7)<br />

eF<br />

Diese Formel gilt unter der Annahme, dass die Laufzeit in der Beschleunigungstrecke<br />

weit größer als Δt B selbst ist, was für die etwa 1 ns andauernde Beschleunigung in der<br />

Quelle zutrifft. Die Feldstärke F an der Kathode beträgt etwa 1MV/m. Eingesetzt in die<br />

Formel ergibt sich Δt B =1.5 ps. Die reale Dispersion ist allerdings von der Gestalt der<br />

Energieverteilung abhängig, daher Δt B (FWHM) ≈ 1 ps. Die Pulsverlängerung findet<br />

8 Inzwischen werden die Phasenschwankungen aufgezeichnet und über ein Stellglied ausgeregelt. Dies<br />

eliminiert die Effekte des Frequenzteilers, die die Regeleinheit des Lasers nicht berücksichtigen kann.<br />

Weiterhin wurde die statistische Effizienz des Mottpolarimetes in der Zwischenzeit um etwa das<br />

Zehnfache verbessert, was das Problem weiter entschärft [120],[121]. Da die Ablenkgeschwindigkeit<br />

des Strahls wegen der vorhandenen Reserven an Mikrowellenleistung noch verdoppelt werden kann,<br />

kann man die Zeitauflösung wahrscheinlich noch bis auf 1 ps (FWHM) verbessern, ohne eine prinzipielle<br />

Umkonstruktion der Anlage ins Auge fassen zu müssen.<br />

77


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Intensität (w.E.)<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4<br />

Zeit (ps)<br />

Abbildung 2.7.: Impulsantwort einer 100 nm dicken Photokathode. Die durchgezogene Linie<br />

ist ein gaußförmiges Profil, das einer apparativen Zeitauflösung von 2.3 ps<br />

entspricht. Die gepunktete Linie beschreibt die zusätzliche Verbreiterung<br />

des Pulses, falls die Emission der Photokathode dem Diffusionsmodell folgt.<br />

Abbildung 2.8.: Impulsantwort einer ”<br />

Bulk“-Kathode (aus [119]).<br />

78


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

in einem Raumgebiet un<strong>mit</strong>telbar vor der Kathode statt, nämlich dort, wo die Energieunterschiede<br />

noch nicht vernachlässigbar klein gegen die <strong>mit</strong>tlere kinetische Energie<br />

sind. Der für diesen Effekt relevante Raumbereich ist daher bei dem gegebenen Wert von<br />

F ≈ 1MV/m nur wenige Zehntel mm groß. Berechnet man z.B. die Auswirkungen der<br />

nachfolgenden 3 Meter langen 100 keV-Transportstrecke der Elektronen zum Deflektor,<br />

so bewirkt diese lediglich einen Laufzeitunterschied von 20 Femtosekunden.<br />

Selbst <strong>mit</strong> einer beliebig guten apparativen Auflösung kann man also nur die Faltung<br />

der zeitlichen Verteilung der Elektronen an der Kathodenoberfläche <strong>mit</strong> der durch die<br />

Energieverteilung ausgelösten Laufzeitverteilung beobachten 9 .<br />

Trotz dieser Li<strong>mit</strong>ationen erlaubte die erzielte Verbesserung eine Untersuchung des<br />

zeitlichen Emissionsverhaltens für ”<br />

dünne“ Photokathoden <strong>mit</strong> aktiven Zonendicken bis<br />

weit unterhalb der Absorptionslänge, was den Verhältnissen bei den ”<br />

Strained-Layer“-<br />

und ”<br />

Superlattice“-Kathoden entspricht. Diese Ergebnisse wurden in [122] veröffentlicht<br />

und werden im nächsten Abschnitt zusammen <strong>mit</strong> einigen neueren Analysen dargestellt.<br />

2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven<br />

Zone<br />

2.3.1. Durchführung des Experiments<br />

Halbleiterstrukturen von <strong>hoher</strong> Perfektion werden als dünne Filme auf so genannte Substrate<br />

(auch Buffer genannt) aufgebracht (siehe Anhang A.2). So besteht die Möglichkeit<br />

photoaktive Strukturen <strong>mit</strong> variabler Dicke herzustellen. Dabei muss natürlich eine Beteiligung<br />

des Substrats an der Photoemission ausgeschlossen sein. Beim Strained-Layer<br />

ist dies automatisch garantiert, denn die Bandlücke des Substrates ist hier größer als die<br />

der aktiven Zone. Bei einer Photonenenergie nahe der Bandkante, wo die interessanten<br />

Polarisationswerte erreicht werden können, werden also Elektronen ausschließlich in der<br />

aktiven Zone entstehen; diese können nicht in das Substrat eindringen. Allerdings kann<br />

die Strained-Layer-Kathode nicht, wie hier vorgesehen, <strong>mit</strong> einer weiten Spanne von<br />

Schichtdicken hergestellt werden, da dickere Schichten zur Relaxation der Verformung<br />

neigen (siehe Anhang A.2.4 ).<br />

Für die hier dargestellte Untersuchung wurde daher reines GaAs <strong>mit</strong> einer möglichst<br />

einfachen Bufferstruktur (nämlich wiederum GaAs) verwendet. Da aber da<strong>mit</strong> die aktive<br />

Zone die gleiche Bandlücke aufweist wie das GaAs-Substrat, wendet man folgenden<br />

Kunstgriff an (Abb. 2.9):<br />

Die GaAs-Kathoden wachsen auf einem intrinsisch (bzw. kompensiert 10 ) dotierten<br />

9 Der Einfluss des elektrischen Feldes in Gleichung 2.7 gibt einen Hinweis auf weitere experimentelle<br />

Möglichkeiten: Einerseits kann man die Laufzeitverschmierung durch eine höhere Feldstärke verkleinern,<br />

was aber aufgrund technischer Probleme schwierig ist. Andererseits kann man den Gradienten<br />

reduzieren, um die Laufzeiteffekte zu vergrößern. In diesem Fall wird die Anlage zu einem Flugzeit-<br />

Spektrometer.<br />

10 Die Herstellung von wirklich intrinsischen Substraten ist problematisch, da sich i.a. immer noch Fremdatome<br />

finden, die eine p- oder n-Leitfähigkeit auslösen. Daher stellt man bewusst eine Dotierung<br />

79


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

E CB<br />

E FERMI<br />

E<br />

-<br />

<br />

- - - -<br />

<br />

<br />

<br />

- -<br />

<br />

-<br />

Austritt <strong>mit</strong> verschiedenen<br />

kinetischen Energien<br />

E VAC<br />

E -E<br />

CB<br />

VAC<br />

=NEA<br />

E VB<br />

Raumladungszonen an den<br />

Grenzschichten zum Vakuum<br />

und zum Substrat<br />

z<br />

Kompensiert dotiert<br />

[n]=[p]<br />

Buffer (0.3mm)<br />

p-dotiert<br />

Aktive Zone (0.1-1.6 m)<br />

Bei Modulationsdotierung:<br />

erhöhte p-dotierung<br />

in 10nm dicker Zone an<br />

der Oberfläche<br />

Vakuum<br />

Abbildung 2.9.: Oben: Energetische Lage der Bänder als Funktion des Ortes. Unten:<br />

Struktur des Halbleiters. In der aktiven Zone produzierte Leitungsband-<br />

Elektronen werden entweder an der Vakuum- oder an der Substrat-<br />

Grenzfläche austreten. Eine Emission von Elektronen aus dem Substrat ist<br />

nicht möglich.<br />

Substrat auf, das ebenfalls aus GaAs besteht. Im thermischen Gleichgewicht muss die<br />

Fermi-Energie im Halbleiter konstant sein, die Lage der Bänder relativ zu E Fermi ist<br />

aber durch den Dotierungsgrad bestimmt. Im kompensiert dotierten Material liegt die<br />

Fermi-Energie in der Mitte der Bandlücke, im p-dotierten Material in der Nähe der<br />

Valenzbandzustände (siehe hierzu auch Anhang A.3, speziell Gleichungen A.24, A.25).<br />

Daher liegen die Leitungsband- und Valenzbandzustände im Substrat energetisch tiefer<br />

als in der aktiven Zone. An der Grenzfläche zwischen Substrat und aktiver Zone eintreffende<br />

Elektronen können nur von der aktiven Zone in das Substrat gelangen, aber nicht<br />

umgekehrt.<br />

Die Dicke der Bandbiegungszone an der Oberfläche, wo die Bänder durch die Füllung<br />

der Grenzflächenzustände abermals ihre Lage relativ zur Fermi-Energie verändern (Anhang<br />

A.6) ist durch<br />

b =<br />

√<br />

ɛɛ 0 E BB<br />

2πe 2 [p]<br />

(2.8)<br />

abschätzbar, wobei ɛ = 13 die statische Dieelektrizitätskonstante des GaAs ist, und<br />

E BB die Größe der Bandverbiegung (typischerweise die halbe Bandlückenenergie, etwa<br />

0.7 eV) darstellt. Weiter ist [p] die Konzentration der p-Dotierungsatome und e die<br />

her und kompensiert dann durch Hinzufügen einer Dotierung der Gegensorte, bis das gewünschte<br />

intrinsische Verhalten hergestellt ist.<br />

80


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

Elektronenladung.<br />

Es wurden 7 Photokathoden aus der Produktion des Joffe Instituts verwendet und<br />

zwar zunächst eine Gruppe von 4 ”<br />

modulationsdotierten“ GaAs-Kathoden <strong>mit</strong> Dicken<br />

von 1.6, 1, 0.3 und 0.1 Mikrometern. Diese Kathoden weisen eine p-Dotierung von<br />

7·10 17 Magnesium-Atomen pro Kubikzentimeter auf, die obersten 10 Nanometer sind <strong>mit</strong><br />

1 · 10 19 cm −3 dotiert (Modulationsdotierung, siehe Anhang A.3). Die Produktion erfolgte<br />

in einer MBE-Anlage. Des Weiteren wurden zwei homogen dotierte Kathoden (200 und<br />

400 Nanometer dick) <strong>mit</strong> einer Dotierung von 4 · 10 18 cm −3 benutzt. Schließlich wurde<br />

zum Vergleich noch eine Strained-Layer-Kathode untersucht. Die beiden letztgenannten<br />

Kathodentypen wurden in MOCVD-Anlagen hergestellt. Näheres zu den Herstellungsverfahren<br />

der Kathoden findet sich in [123] und den entsprechenden Abschnitten im<br />

Anhang A.2, A.3.<br />

Für die hier vorliegenden Dotierungen beträgt die Ausdehnung der Oberflächen-Bandbiegungszone<br />

6 bis 10 Nanometer. Dies ist bei den dünneren der im folgenden untersuchten<br />

Strukturen bereits nicht mehr klein gegenüber der gesamten Schichtdicke der aktiven<br />

Zone. In der Analyse der Dickenabhängigkeit des Photoemissionsprozesses scheinen sich<br />

darum für diese Kathoden Effekte der Raumladungszone anzudeuten (Abschnitt 2.3.4).<br />

Die Experimente am Strained-Layer wurden bei einer Zentralwellenlänge von 830 nm<br />

durchgeführt. Dies garantiert, dass trotz der großen spektralen Breite der Laserpulse<br />

(±5 nm) alle produzierten Elektronen im Maximum der Polarisationskurve angeregt werden<br />

(siehe Abbildung 2.3). Die Messungen an GaAs fanden bei gleicher Laserpulslänge,<br />

aber <strong>mit</strong> um 20 nm größerer Zentralwellenlänge statt, um in etwa die gleiche kinetische<br />

Anfangsenergie der Elektronen im Leitungsband zu realisieren. Diese ist bestimmt durch<br />

E kin = E γ − E Gap ≈ 40 meV .<br />

Die <strong>mit</strong>tlere Stromstärke in diesen Experimenten lag bei etwa 3 nA, d.h. bei einer<br />

Ladung von etwa 200 Elektronen pro Puls, so dass keine Pulsverzerrungen durch Raumladungseffekte<br />

auftreten konnten (siehe auch Abbildung B.3 im Anhang B.1.3).<br />

2.3.2. Experimentelle Resultate<br />

Abbildung 2.10 zeigt eine Auswahl der Impulsantworten von modulations- und homogendotierten<br />

GaAs-Kathoden. Das entsprechende Resultat für die Strained-Layer-Kathode<br />

ist in Abbildung 2.15 zu finden.<br />

Es ist eine drastische Abnahme der Antwortzeit <strong>mit</strong> abnehmender Dicke der aktiven<br />

Zone zu erkennen. Bei der 200 nm dicken Struktur wird deutlich, dass die ansteigende<br />

Flanke nicht mehr sehr viel steiler als die abfallende ist, weil sich die Impulsantwortzeit<br />

der apparativen Zeitauflösung nähert. Bei noch dünneren Schichten ist die Asymmetrie<br />

des Pulsprofils praktisch nicht mehr zu erkennen (Intensitätsprofile der 150 nm dicken<br />

Strained-Layer-Kathode sowie der 100 nm Struktur in den Abbildungen 2.15, 2.7).<br />

Aus den vorliegenden Daten wurde die Zeit t 90 extrahiert, in der 90% der Pulsladung<br />

enthalten ist, was sich bei einigen Kathoden wegen der stark asymmetrischen Pulsform<br />

deutlich von der FWHM-Breite unterscheidet. Die Zeit t 90 ist so<strong>mit</strong> ein sinnvolles Mass<br />

für das notwendige zeitliche ( ”<br />

longitudinale“) Akzeptanzfenster, das im Beschleunigerbetrieb<br />

benötigt wird, um eine hohe Strahltransmission zu gewährleisten (siehe auch den<br />

81


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Intensität (w.E.)<br />

200nm hom. dot.<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0,0<br />

-4 -2 0 2 4 6 8 10 12<br />

Zeit (ps)<br />

Intensität (w.E.)<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

400nm hom. dot.<br />

0,0<br />

-5 0 5 10 15 20 25 30<br />

Zeit (ps)<br />

Intensität (w.E.)<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

300nm grad. dot.<br />

0,0<br />

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Zeit (ps)<br />

Intensität (w.E.)<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

1000nm grad. dot.<br />

0,0<br />

-5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

Zeit (ps)<br />

Abbildung 2.10.: Impulsantworten von GaAs-Kathoden verschiedener Dicke. Die durchgezogenen<br />

Linien sind Anpassungen der Daten nach dem Diffusionsmodell.<br />

82


p<br />

2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

1/2<br />

t 90 ( s<br />

1/2 )<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

D hom<br />

=24cm 2 /s D grad<br />

=40cm 2 /s<br />

Hom. Dot.<br />

Grad. Dot.<br />

Model min<br />

=0ps<br />

Model min<br />

=2.3ps<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600<br />

Dicke der aktiven Zone (nm)<br />

Abbildung 2.11.: Quadratwurzel aus der Zeit t 90 gegen Dicke der aktiven Zone. Durchgezogene<br />

Linie: Modellvorhersage für endliche Zeitauflösung. Gepunktete Linie:<br />

Ohne apparative Begrenzung.<br />

Abschnitt 1.4 und Anhang B.2.2).<br />

In Abbildung 2.11 ist t 90 für die einzelnen Photokathoden gegen ihre aktive Schichtdicke<br />

aufgetragen. Im Bereich von Dicken unter 1 Mikrometer ergibt sich ein annähernd<br />

quadratischer Zusammenhang zwischen Schichtdicke und t 90 , was im Einklang <strong>mit</strong> der<br />

Annahme eines diffusiven Vorgangs ist.<br />

Konsequenzen für Anwendungen an Beschleunigern<br />

Hochfrequenzquellen für ambitionierte Elektronenbeschleunigerprojekte erfordern Anfangsimpulslängen<br />

von t 90 < 20 ps [94]. Diese Forderung wird von der Impulsantwort<br />

der Strained-Layer-Kathoden <strong>mit</strong> Sicherheit erfüllt.<br />

2.3.3. Analyse der Daten unter der Annahme von Diffusion<br />

In Anhang A.5 wird dargestellt, dass die Elektronen innerhalb einer Zeitspanne ”<br />

thermalisieren“,<br />

die <strong>mit</strong> ≈ 1 ps etwas kleiner ist als die experimentelle Auflösung. Daher sollten<br />

sich die Daten näherungsweise unter der Annahme einer zeitlich konstanten (Maxwell-)<br />

Verteilung interpretieren lassen. Der Transportprozess wird in dieser einfachsten Näherung<br />

alleine durch die <strong>mit</strong>tlere freie Weglänge λ beschrieben. Diese steht in einem einfachen<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> der Diffusionskonstante D (siehe, z.B., [124])<br />

λ = 3D v . (2.9)<br />

83


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Hier ist v =(2/ √ π) √ 2kT/m ∗ die <strong>mit</strong>tlere Geschwindigkeit des thermalisierten Elektronenensembles<br />

und m ∗ = 0.067m die effektive Masse des Elektrons im Leitungsband<br />

des GaAs. Für die hier vorliegenden kleinen Elektronendichten ( Minoritätsladungsträger“)<br />

im p-dotierten Material steht die Diffusionskonstante in einem linearen<br />

”<br />

Zusammenhang zur experimentell bestimmbaren Elektronenbeweglichkeit μ ( Einstein- ”<br />

Relation“)<br />

D = μkT<br />

e . (2.10)<br />

Multipliziert man die bekannten Elektronenbeweglichkeiten in GaAs [98] <strong>mit</strong> kT/e ≈<br />

1/40 V ,soerhält man die entsprechenden Diffusionskonstanten und über 2.9 die freien<br />

Weglängen. Diese liegen für unsere Kathoden zwischen 55 nm (niedrige Dotierung) und<br />

30 nm (hohe Dotierung).<br />

Die photoe<strong>mit</strong>tierten Teilchen müssen daher im Mittel an mehreren Streuprozessen<br />

teilgenommen haben, bevor sie die Oberfläche erreichen. Dabei ist allerdings für<br />

die dünnen Strukturen die Grundvoraussetzung für die Beschreibung durch Diffusion,<br />

nämlich, dass die Dicke d der aktiven Zone groß gegen die freie Weglänge ist (d ≫ λ)<br />

nur in etwa erfüllt. Die Auswirkungen dieses Sachverhaltes werden in Abschnitt 2.3.4<br />

genauer diskutiert.<br />

Die Ladungsträgerdichte im Halbleiter soll also der folgenden vereinfachten Diffusionsgleichung<br />

genügen:<br />

δ<br />

δ2 1<br />

c(z, t) − D c(z, t)+ c(z, t) = 0 (2.11)<br />

δt δz2 τ rec<br />

Die ersten beiden Summanden der Differentialgleichung beschreiben die Diffusion der<br />

Ladungsträger. Der dritte Summand berücksichtigt die spontane Rekombination der<br />

Elektronen ins Leitungsband, die exponentiell <strong>mit</strong> der Zeitkonstanten τ rec stattfindet.<br />

Die Generation von Ladungsträgern braucht nicht in Betracht gezogen zu werden, weil<br />

angenommen ist, dass ein infinitesimal kurzer Laserpuls zur Zeit t = 0 die Anfangsladungsdichte<br />

erzeugt hat.<br />

Die transversale Ausdehnung des anregenden Laserstrahls ist <strong>mit</strong> 300 Mikrometern<br />

wesentlich größer als die Diffusionslänge l diff ≈ 1μm. So<strong>mit</strong> wird die transversale Strahlform<br />

nicht durch die Diffusion modifiziert und das Problem kann auf die longitudinale<br />

Koordinate z beschränkt werden.<br />

Bei der Lösung der Differentialgleichung können folgende Randbedingungen ausgenutzt<br />

werden: Man kann zunächst annehmen, dass die Konzentration außerhalb der<br />

aktiven Zone verschwindet, um der Vermutung Rechnung zu tragen, dass an beiden<br />

Grenzflächen die Elektronen <strong>mit</strong> großer Geschwindigkeit aus dem System verschwinden<br />

und nicht zurückkehren können. So<strong>mit</strong> wird das Berechnungsgebiet auf die aktive Zone<br />

beschränkt und gefordert, dass die Lösung an den Rändern gegen Null geht. Weiter<br />

muss die Anfangskonzentration c(z, t = 0) dem Absorptionsprofil des Laserstrahls entsprechen.<br />

So<strong>mit</strong> erhält man folgende Randbedingungen, wobei die Kathodenoberfläche<br />

bei z=0 liegen soll und das Vakuum den Halbraum z>0 darstellt<br />

84


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

c(−d, t) =c(0,t)=0 ∀ t (2.12)<br />

c(z, 0) ∝ exp(z/α)Θ(−z).<br />

Die Sprungfunktion Θ(−z) begrenzt die Konzentration auf das Kristallvolumen. Bis<br />

auf die Forderung, dass die Konzentration auch an der Grenzfläche zum Substrat verschwinden<br />

soll, entspricht dieser Ansatz dem von Hartmann in [118] vorgeschlagenen<br />

Modell. Die zur Anpassung des Modells an die experimentellen Daten benötigten Parameter<br />

sind zunächst die Absorptions- und die Diffusionskonstante, die Schichtdicke,<br />

sowie die Zeitauflösung.<br />

Der Wert des Absorptionskoeffizienten α für hochdotiertes GaAs beträgt bei der<br />

verwendeten Wellenlänge α = 7 · 10 3 cm −1 [125] (siehe Abbildung A.10 im Anhang<br />

A.3). Die Zeitauflösung wurde aufgrund der Analyse der apparativen Begrenzungen zu<br />

2.3 Pikosekunden festgelegt und durch Faltung <strong>mit</strong> den Resultaten des Modells berücksichtigt.<br />

Die Schichtdicken wurden aus den Herstellerangaben übernommen. Als variabler<br />

Fitparameter verbleibt da<strong>mit</strong> allein die Diffusionskonstante, die aber für alle Kathoden<br />

gleicher Dotierungskonzentation den gleichen Wert annehmen sollte. Da<strong>mit</strong> wurde<br />

D mod =40cm 2 /s für die modulationsdotierten und D hom =24cm 2 /s für die homogen<br />

dotierten Kathoden festgelegt. Die durchgezogenen Linien in Abbildung 2.10 wurden auf<br />

diese Weise gewonnen.<br />

Weiter wurde zur Anpassung an die Daten der dickeren Schichten ein exponentieller<br />

Zerfall der Gesamtladungsträgerkonzentration <strong>mit</strong> einer Zeitkonstanten von τ rec = 100 ps<br />

benötigt, was nicht ganz realistisch scheint, da in einem perfekten Material τ rec > 1 ns<br />

sein sollte. Wie es des Öfteren in der Halbleiterphysik der Fall ist, besteht hier eine<br />

Erklärungsmöglichkeit, indem die Abweichung vom perfekten Verhalten durch eine hohe<br />

Fehlstellenkonzentration begründet wird. Die Auswirkung der Einführung dieser Rekombinationszeit<br />

wird am Beispiel des Fits an die Impulsantwort der 1600 nm dicken<br />

Struktur in Abbildung 2.12 gezeigt. Für die Kathoden <strong>mit</strong> kleineren aktiven Zonen als<br />

1000 nm hat diese Rekombinationszeit praktisch keine Bedeutung.<br />

2.3.4. Verbesserte Modellierung durch Random-Walk<br />

Das Verhältnis der in der Modellierung aufgefundenen Diffusionskonstanten<br />

D mod<br />

=1.67 (2.13)<br />

D hom<br />

entspricht dem entsprechenden Verhältnis der Literaturwerte [98]. Allerdings sind die<br />

absoluten Werte dort etwa zweimal größer. Dies gilt sowohl für Experimente, die die<br />

Drift in schwachen angelegten äußeren Feldern messen (siehe Anhang A.5) als auch für<br />

Diffusionsmessungen ohne externes Feld 11 [126], die eher unseren experimentellen Metho-<br />

11 In der zitierten Arbeit werden in einer p/n-Diodenstruktur im feldfreien Raum der p-Zone durch<br />

einen Laserblitz Elektronen erzeugt, die zur p/n Grenzschicht diffundieren, wo die Elektronen in<br />

die n-Zone beschleunigt werden. Der so zu messende zeitliche Verlauf der Photospannung entspricht<br />

dem Integral über den an der p/n Grenzschicht eingetroffenen Diffusionsstrom.<br />

85


Intensität (w.E.)<br />

2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

1600nm grad. dot.<br />

ohne Rekombination<br />

<strong>mit</strong> Rekombination ( =100ps)<br />

-5 0 5 10 15 20 25 30<br />

Zeit (ps)<br />

Abbildung 2.12.: Auswirkung der Einführung einer Rekombinationszeit von 100 ps auf die<br />

Anpassung an die experimentellen Daten bei der 1600 nm Struktur.<br />

den entsprechen. Es soll daher analysiert werden, warum die bislang erzielten Resultate<br />

diese Werte nicht reproduzieren.<br />

Randbedingungen im Diffusionsmodell<br />

Man könnte vermuten, dass die Randbedingung c(0,t) = 0 wegen der Unstetigkeit der<br />

Konzentration an der Oberfläche unrealistisch und daher für die Abweichungen verantwortlich<br />

ist. Eine bessere Randbedingung für den Diffusionsprozess durch eine Grenzfläche<br />

lässt sich folgendermaßen ableiten: Zunächst ist die Diffusionsstromdichte durch<br />

j = eD dc(0,t)<br />

(2.14)<br />

dz<br />

gegeben. Andererseits kann die Stromdichte durch die Grenzfläche auch so aufgefasst<br />

werden, dass sich die momentan vorhandene Ladungsträgerkonzentration <strong>mit</strong> einer Geschwindigkeit<br />

S durch die Grenzfläche hindurchbewegt<br />

j = ec(0,t)S. (2.15)<br />

S wird die Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit 12 genannt. Im Falle des thermalisierten<br />

Ensembles wird sich die Hälfte der Ladungsträger <strong>mit</strong> der <strong>mit</strong>tleren thermischen<br />

Geschwindigkeit v auf die Oberfläche zu bewegen, wobei die <strong>mit</strong>tlere Normalenkomponente<br />

der Geschwindigkeit v/2 ist.Dieswürde die maximale Oberflächenrekombinati-<br />

12<br />

”<br />

Zusammengesetzte Substantive sind keine Wörter, sondern Buchstabenprozessionen“ (Mark Twain).<br />

86


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

onsgeschwindigkeit zu S max = v/4 festlegen. Dieser Wert wird auch oft in der Literatur<br />

aufgefunden [127]. Eine genauere Betrachtung ergibt allerdings einen weiteren Faktor<br />

Zwei [128], so dass<br />

S max = v/2 ≈ 2 · 10 5 m/s. (2.16)<br />

Will man die Möglichkeit der Rückstreuung (Rückstreufaktor R) an der Grenzfläche<br />

in Betracht ziehen, so kann man<br />

(1 − R) v<br />

S = (2.17)<br />

(1 + R) 2<br />

ansetzen.<br />

Durch Gleichsetzen von 2.14 und 2.15 lässt sich folgende Randbedingung ableiten<br />

dc(0,t) 1<br />

dz c(0,t) = S D . (2.18)<br />

Nun ist für unseren Fall bei t=0 die Ladungsträgerkonzentration durch das Absorptionsprofil<br />

des Lasers gegeben. Selbst wenn man die Unstetigkeit des Profils an der Oberfläche<br />

durch eine geeignete Verschmierung“ vermeiden würde, so gibt es doch keinen<br />

”<br />

Grund, warum die Absorption in der durch 2.18 beschriebenen Weise <strong>mit</strong> den Transportparametern<br />

S und D verknüpft sein sollte. Erst nach einigen Stoßzeiten“ könnte<br />

”<br />

sich die Randbedingung in der beschriebenen Weise einstellen. So<strong>mit</strong> ist klar, dass die<br />

dünnen Photokathoden, bei denen die <strong>mit</strong>tlere freie Weglänge bis zu einem Viertel der<br />

Schichtdicke beträgt, nicht befriedigend durch ein Diffusionsmodell beschrieben werden<br />

können, da viele Elektronen die Schicht bereits verlassen haben, bevor die notwendigen<br />

Wechselwirkungen stattgefunden haben. Daher muss eine Überlagerung von wechselwirkungsfreier<br />

( ballistischer“) Emission und der Diffusion angewandt werden. Für die<br />

”<br />

unter diesen Umständen zu erwartende <strong>mit</strong>tlere Emissionszeit geben Subashev et al.<br />

[129] die folgende Beziehung an<br />

= d/S + kd 2 . (2.19)<br />

Random-Walk<br />

Es wurde eine erneute Anpassung an die Daten auf der Basis eines Random-Walk Modells<br />

durchgeführt. Dabei wird angenommen, dass die Teilchen unabhängig voneinander<br />

Streuprozesse durchführen, die ihre Bewegungsrichtung nach jeweils einer freien<br />

Weglänge zufällig neu bestimmen. Die Diffusion ist eine makroskopische Näherung dieses<br />

Prozesses im Limes großer Stoßzahlen [127],[130]. Daher sollte eine Random-Walk Modellierung<br />

einerseits die Randbedingung 2.18 nach genügend vielen Wechselwirkungszeiten<br />

einhalten und andererseits die ballistischen Anteile am Impulsanfang annäherungsweise<br />

beschreiben.<br />

In der hier vorgenommenen eindimensionalen ( ”<br />

Monte-Carlo-“ oder ”<br />

MC-“) Simulation<br />

werden Teilchen <strong>mit</strong> zufällig gewählten Startorten generiert. Dabei entspricht die<br />

87


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Abbildung 2.13.: Mittlere Emissionszeit im Random-Walk- und im Diffusionsmodell.<br />

Wahrscheinlichkeitsdichte dem Absorptionsprofil des Laserstrahls. Dann wird zufällig<br />

bestimmt, ob das Teilchen auf die Oberfläche (+z-Richtung) zu oder von ihr weglaufen<br />

soll. Die Weite des Schrittes in z-Richtung ist dann durch eine halbe freie Weglänge<br />

(entspricht dem Mittelwert der Projektion der in der Realität isotrop in den Halbraum<br />

verteilten Richtungen auf die z-Achse) gegeben. Die zeitliche Dauer eines solchen<br />

Schrittes beträgt l frei /v, dasentsprichtfür die verwendeten freien Weglängen etwa<br />

0.17-0.30 Pikosekunden. Erreicht ein Teilchen eine Grenzfläche, so wird die Simulation<br />

des Teilchens abgeschlossen und die Zahl der Schritte bis zu diesem Ereignis ergibt<br />

die Laufzeit bis zur Emission (bzw. Rekombination im Substrat). Endliche Rückstreufaktoren<br />

nach Gleichung 2.17 können gegebenenfalls berücksichtigt werden, indem man<br />

das Teilchen <strong>mit</strong> einer Wahrscheinlichkeit R an die letzte Position vor der Grenzfläche<br />

zurücksetzt. Der Fall R = 0, der den folgenden Resultaten zugrundeliegt, entspricht der<br />

Bedingung S = S max .<br />

Das Problem der ballistischen Emission wird beim Random-Walk teilweise berücksichtigt,weilfür<br />

kleine Schichtdicken viele Elektronen die Grenzfläche erreichen ohne<br />

eine einzige Wechselwirkung (=Richtungsänderung) erlebt zu haben. Allerdings ist die<br />

Simulation nicht exakt, da z.B. die minimale Emissionszeit durch den Zeitschritt gegeben<br />

ist. Um <strong>mit</strong> den Voraussagen des Diffusionsmodells vergleichen zu können wurden<br />

den Monte-Carlo-Simulationen durch die Beziehung l frei =3D/v entsprechende ”<br />

Diffusionskonstanten“<br />

zugeordnet.<br />

88


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

Vergleich Diffusionsmodell <strong>mit</strong> Random-Walk-Modell<br />

Die Abbildung 2.13 zeigt, dass die Random-Walk-Modellierung auf eine etwa 2.5-mal<br />

größere Diffusionskonstante führt, wenn die gleichen <strong>mit</strong>tleren Emissionszeiten errechnet<br />

werden sollen. Die ”<br />

Diffusionskonstante“ des Random-Walk-Modells liegt da<strong>mit</strong> deutlich<br />

näher bei den Literaturwerten.<br />

Ein Fit an die ”<br />

Daten“ des Random-Walk-Modells in Abbildung 2.13 nach Gleichung<br />

2.19 liefert die erwartete Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit S max zurück. Da die<br />

experimentellen Daten durch das Modell beschrieben werden, ist anzunehmen, dass die<br />

Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeiten der NEA-Oberfläche (und des Substrates)<br />

durch S max gegeben sind: Teilchen, die in die Zonen an den Grenzflächen (Abbildung<br />

2.9) hineingeraten, kehren wegen der schnell stattfindenden Energieverluste nicht zurück<br />

(R ≈ 0).<br />

Ein Vergleich der Qualität der Fits an die experimentellen Daten in Tabelle 2.1 zeigt<br />

des Weiteren, dass das Random-Walk-Modell <strong>mit</strong> den realistischeren Diffusionskonstanten<br />

bei den drei dicken Schichten (400, 1000, 1600nm) bessere Fits liefert. Dabei sind<br />

die χ 2 -Werte der beiden dicksten Strukturen nicht sehr sensitiv auf die Wahl der Diffusionskonstante,<br />

aber die MC-Simulation liefert immer die bessere Anpassung.<br />

Für die zwei dünnsten Schichten – 200 und 300 nm 13 – besitzen die beiden Modelle ein<br />

gegensätzliches Verhalten: Das Diffusionsmodell fordert die kleine Diffusionskonstante,<br />

während die MC-Simulation immer größere verlangt.<br />

Variiert man im MC-Modell jedoch bei festem ( ”<br />

realistischem“) D die Schichtdicke,<br />

so erhält man das kleinste χ 2 bei einer Schichtdicke, die etwa 20 % kleiner ist als die<br />

nominelle. Dabei wird die Anpassung in beiden Fällen besser als für die Referenzparameter<br />

des Diffusionsmodells. Nun muss nach Formel 2.8 eine Ausdehnung der Raumladungszone<br />

14 von etwa 3-10% der Strukturdicke angesetzt werden. So<strong>mit</strong> wäre die ”<br />

effektive“<br />

Dicke der Struktur tatsächlich kleiner. Nur außerhalb der Raumladungszone<br />

findet feldfreie Diffusion statt, innerhalb der Zonen wird die Elektronenbewegung beschleunigt<br />

auf die Grenzfläche zu verlaufen. Dies könnte auch einer der Gründe für die<br />

überraschend kurze Responsezeit der Strained-Layer-Kathode sein: An sich sollte hier<br />

ein <strong>hoher</strong> Rückstreufaktor für diejenigen Elektronen vorliegen, die das Buffer-Interface<br />

erreichen, so dass Elektronen die Struktur nur durch die Vakuumgrenzfläche verlassen<br />

können. Dies bedeutet eine effektive Verdopplung der Schichtdicke. Man erwartet also<br />

eher eine Impulsantwort ähnlich der der 300 Nanometer Kathode. Dies ist aber nicht<br />

der Fall. Andererseits nimmt hier die Raumladungszone einen noch größeren Anteil der<br />

Struktur ein, was wieder einen beschleunigenden Effekt haben sollte. Natürlich kann<br />

die vorgenommene Modellierung ohnehin nicht das ”<br />

letzte Wort“ sein, da eine weitere<br />

Voraussetzung des Modells, nämlich die ”<br />

Thermalisierung“ des Elektronenensembles bei<br />

den dünnen Schichten in zunehmenden Maße entfällt.<br />

Es zeigt sich also, dass durch die Monte-Carlo-Simulation des Random-Walks eine ver-<br />

13 Die 100 und 150 nm Kathoden zeigen praktisch keine Abweichung von der experimentellen Auflösung<br />

und werden daher hier ignoriert.<br />

14 Man könnte spekulieren, dass sich an der Substrat-Grenzfläche eine zweite Raumladungszone befindet,<br />

was die Schichtdicke zusätzlich verkleinern würde.<br />

89


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Dicke d. aktiven Zone D/D ref χ 2 /χ 2 (REF ) χ 2 /χ 2 (REF )<br />

Monte-Carlo Diffusion<br />

d=1600nm 4 0.87 2.19<br />

D ref =40cm 2 /s 3 0.77 1.54<br />

2.5 0.85 1.21<br />

2 0.90 1.17<br />

1 0.95 1(REF)<br />

0.5 1.08 1.08<br />

d=1000 nm 4 1.09 4.35<br />

D ref =40cm 2 /s 3 0.89 3.13<br />

2.5 0.70 2.45<br />

2 0.73 1.85<br />

1 0.68 1(REF)<br />

0.5 0.79 0.91<br />

d=400 nm 4 1.46 4.21<br />

D ref =25cm 2 /s 3.25 1.02 3.46<br />

2.4 0.88 2.97<br />

2 1.00 2.24<br />

1 1.62 1(REF)<br />

0.5 2.28 1.06<br />

d=300 nm 4 0.86 8.76<br />

D ref =40cm 2 /s 3 1.83 6.83<br />

2.5 3.42 6.01<br />

2 5.91 3.84<br />

1 19.17 1(REF)<br />

0.5 32.2 9.42<br />

d=200nm 4 1.03 5.43<br />

D ref =25cm 2 /s 3.2 1.49 3.81<br />

2.4 3.53 2.83<br />

2 4.31 2.28<br />

1 16.2 1(REF)<br />

0.5 33.2 7.96<br />

Tabelle 2.1.: Anpassungen der experimentellen Daten <strong>mit</strong> dem Diffusions- und dem Monte-<br />

Carlo-Modell. Die χ 2 -Angaben sind in Einheiten desjenigen χ 2 -Betrags, der im<br />

Rahmen des Diffusionsmodells für die jeweilige Kathode gefunden wurde.<br />

90


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

besserte Modellierung möglich ist. Allerdings geschieht dies auf Kosten der Anschaulichkeit.<br />

Das Diffusionsmodell ist hier durchaus eine Alternative, da es ja die experimentellen<br />

Daten praktisch genauso gut beschreibt, wenn auch <strong>mit</strong> einer nicht ganz realistischen<br />

Diffusionskonstante. Der Vorteil des Diffusionsmodells besteht darin, dass sich einerseits<br />

einige praktische Näherungen ableiten lassen und andererseits die Ergebnisse in Beziehung<br />

zu bekannten Resultaten anderer Autoren gesetzt werden können. Daher wird in<br />

den folgenden zwei Unterabschnitten nochmals auf das Diffusionsmodell zurückgegriffen.<br />

2.3.5. Berechnung der <strong>mit</strong>tleren Aufenthaltszeit im<br />

Halbleiterkristall<br />

Der zeitliche Verlauf des Emissionsstroms I(d, t) einer Photokathode der Dicke d ist im<br />

Diffusionsmodell durch<br />

k=∞<br />

∑<br />

I(t, d) ∝ e −t/τrec<br />

k=1<br />

A ′ k<br />

für t>0 gegeben 15 .<br />

Wobei A ′ k durch folgende Beziehung gegeben ist<br />

( ( ) 2 kπ<br />

exp − Dt)<br />

. (2.20)<br />

d<br />

A ′ k = k2 π(1 − (−1) k e −αd )<br />

. (2.21)<br />

(αd) 2 +(kπ) 2<br />

Im Folgenden soll nun der Mittelwert der Funktion I(t, d)als Antwortzeit“ bezeichnet<br />

”<br />

und berechnet werden. Für dünne Schichten (< 1μm) kann man den Vorfaktor e −t/τrec<br />

als konstant (=1) annehmen und dann den Mittelwert = ∫ tI(t)/ ∫ I(t) durch<br />

Vertauschung von Integration und Summation berechnen:<br />

=<br />

d2<br />

∑<br />

π 2 D ∞ . (2.22)<br />

1 A′ kk−2 Für dünne Kathoden ist weiterhin [(αd) 2


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Die erste Näherung (Gleichung 2.23) überschätzt die Summation von Gleichung 2.22<br />

im Dickenbereich 0


2.3. Impulsantwort als Funktion der Dicke der aktiven Zone<br />

Annahme die Depolarisation nicht unterschätzt wird.<br />

Der Mittelwert der Polarisation der durch einen δ-Puls ausgelösten Elektronen beschreibt<br />

auch die <strong>mit</strong>tlere Strahlpolarisation, die man in einem Experiment an einem<br />

c.w.-Strahl beobachten würde. Dieser Mittelwert wird definiert durch<br />

∫ ∞<br />

P (t)I(t)dt<br />

0<br />

= ∫ ∞ . (2.26)<br />

I(t)dt<br />

0<br />

Da jetzt P (t) =P 0 exp(−t/τ p ) und I(t) (durch Gleichung 2.20) gegeben sind, lässt sich<br />

der Depolarisationsfaktor /P 0 (im folgenden kurz: Depolarisation“) als Funktion<br />

”<br />

der Schichtdicke für die GaAs-basierten Photokathoden berechnen. Dies ist in Abbildung<br />

2.14 dargestellt. Dabei wurde derjenige Parametersatz benutzt, der zur Anpassung an<br />

die experimentellen Daten erforderlich ist.<br />

Um dieses Resultat in einen Zusammenhang <strong>mit</strong> Literaturwerten zu setzen, kann man<br />

beachten, dass P (t)I(t) zwei parallel wirkende exponentielle Zeitkonstanten enthält,<br />

nämlich die Spinrelaxationszeit τ p und die Rekombinationszeit τ rec . Die beiden Zeitkonstanten<br />

werden zu T = τ p τ rec /(τ p + τ rec ) zusammengefasst. Die Strecke<br />

l Spin =(DT) 1/2 (2.27)<br />

wird in Analogie zu l diff die Spindiffusionslänge genannt.<br />

Pierce [132] gibt für den Depolarisationsfaktor von photoe<strong>mit</strong>tierten Elektronen aus<br />

einer unendlich dicken Kathode folgende Funktion an<br />

<br />

= α +(Dτ rec) −1/2<br />

P 0 α +(DT) −1/2<br />

= α + l−1 diff<br />

α + l −1 . (2.28)<br />

Spin<br />

In der Tat strebt die numerische Berechnung von Gleichung 2.26 für große Schichtdicken<br />

gegen diesen Wert (Abbildung 2.14), was auch für andere Parametersätze verifiziert<br />

wurde. Da die Absorption in endlichen aktiven Zonen (in unserem Fall d


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Abbildung 2.14.: Modellrechnungen zum Depolarisationsfaktor.<br />

Da der erste Summand in Gleichung 2.20 wegen des Terms ∝−k 2 im Exponenten sehr<br />

bald dominiert und die Funktion P (t)I(t) daher beinahe eine Exponentialfunktion ist,<br />

kann man erwarten, dass sich für kleine Schichtdicken eine gute Näherung ergibt. Die<br />

entsprechende Rechnung ist ebenfalls in Abbildung 2.14 dargestellt. Die Abweichung<br />

der genäherten <strong>mit</strong>tleren Polarisation von der exakten Rechnung ist für d =0.15μm<br />

vernachlässigbar, während sie bei d =1.6μm etwa (relativ) 8% beträgt.<br />

Von Lampel [133] wurde eine andere Näherung vorgeschlagen, bei der man davon<br />

ausgeht, dass sowohl die inverse Diffusionslänge als auch die inverse Spindiffusionslänge<br />

groß gegen α sind, in diesem Fall vereinfacht sich 2.28 zu<br />

<br />

P 0<br />

=<br />

1<br />

. (2.30)<br />

(1 + τ rec /τ p )<br />

1/2<br />

Die rechte Seite ist dann die Wurzel aus dem entsprechenden Ausdruck in Gleichung<br />

2.29. In unserem Fall ist allerdings z.B. l −1<br />

diff = 12900 cm−1 , also von der gleichen Größenordnung<br />

wie α = 7000 cm −1 .<br />

Berechnet man den Depolarisationsfaktor für die Dicke der Strained-Layer-Kathode,<br />

so erhält man unter den gegebenen Annahmen für das Random-Walk-Modell einen Wert<br />

von 0.982 und für das Diffusionsmodell 0.991. Nun existiert aber kein experimenteller<br />

Beweis, dass die Impulsantwort der Strained-Layer-Kathode irgendeiner der Modellrechnungen<br />

folgt (Abbildung 2.15). Setzt man daher statt dessen die Halbe experimentell<br />

beobachtete FWHM Breite für ein (1.2 ps), so findet man nach Gleichung 2.29 18<br />

18 Auch die exakte Berechnung <strong>mit</strong> dem in Abbildung 2.15 vorliegenden Pulsprofil nach Gleichung 2.26<br />

94


2.4. Spezielle Depolarisationseffekte<br />

/P 0 =0.976. (2.31)<br />

Dies ist <strong>mit</strong> Sicherheit eine Untergrenze für /P 0 , da die beobachtete FWHM-<br />

Breite gut <strong>mit</strong> den Abschätzungen für die apparative Auflösung übereinstimmt, und<br />

so<strong>mit</strong> die wirkliche Impulslänge deutlich kleiner sein muss. Der Transport im Gitter der<br />

Strained-Layer-Kathode kann daher nicht die Hauptursache für die vorliegende Reduktion<br />

der Spinpolarisation von 100 auf 80% sein.<br />

2.4. Spezielle Depolarisationseffekte<br />

2.4.1. Depolarisation bei Strained-Layer-Kathoden<br />

Eine zeitaufgelöste Messung – Abbildung 2.15 – an der Strained-Layer-Kathode zeigt,<br />

dass trotz der Tatsache, dass die Pulslänge durch die apparative Zeitauflösung dominiert<br />

ist, eine Abnahme der gemessenen Polarisation von einigen Prozent stattfindet.<br />

Dies würde aufgrund der Integration durch die endliche Zeitauflösung auf eine außerordentlich<br />

starke Abnahme der Polarisation während der Emissionszeit schließen lassen,<br />

was nicht im Einklang <strong>mit</strong> der oben angenommenen Spinrelaxationszeit von τ p ≥ 50 ps<br />

ist. Die Erklärung für dieses Verhalten scheint in der Beschleunigungszeitdispersion Δt B<br />

nach Gleichung 2.7 zu liegen: Diese erzeugt eine teilweise Korrelation der Ankunftszeit<br />

<strong>mit</strong> der kinetischen Energie direkt nach dem Austritt der Elektronen ins Vakuum. Die<br />

Elektronen <strong>mit</strong> geringerer Energie müssen an inelastischen Prozessen in der Bandbiegungszone<br />

teilgenommen haben. Es ist auch möglich, dass die Elektronen eine gewisse<br />

Zeit in energetisch unter dem Leitungsband liegenden Oberflächenzuständen zubringen,<br />

bevor der Austritt gelingt. Dies bedeutet, dass das ursprüngliche dreistufige Spicersche<br />

Modell um die zwei weiteren Schritte ”<br />

Einfang in die Oberflächenzone“ und ”<br />

Aufenthalt<br />

unter Energieverlust in den Oberflächenzuständen“ erweitert werden muss. Dies<br />

ist in schematischer Form in Abbildung 2.18 dargestellt. Die Depolarisationsmechanismen<br />

in diesen Prozessen sind weniger gut erforscht als für das Kristallgitter. Es wird<br />

angenommen, dass sowohl die Aufenthaltszeiten als auch die Spinrelaxationszeiten im<br />

Subpikosekunden Bereich liegen [134]. Unter diesen Umständen wäre zu erwarten, dass<br />

Elektronen, die Energieverluste erlitten haben (d.h. niedrige kinetische Energien beim<br />

Austritt aus der Kathode besitzen), auch eine geringere Spinpolarisation aufweisen.<br />

Zur experimentellen Untersuchung dieser Effekte werden schon seit langer Zeit hochaufgelöste<br />

Messungen der Energieverteilung der e<strong>mit</strong>tierten Elektronen vorgenommen.<br />

Die durch ein Spektrometer trans<strong>mit</strong>tierten Elektronen können dann im Hinblick auf ihre<br />

Polarisation untersucht werden. Solche Messungen sind z.B. von einer Kollaboration<br />

der Gruppe der SPTU <strong>mit</strong> der Ecole Polytechnique in Palaiseau [109] für Strained-Layerund<br />

Superlattice-Strukturen durchgeführt worden; die Resultate sind in Grafik 2.16 im<br />

linken Teil gezeigt.<br />

Die in Abbildung 2.16 gezeigten Energieverteilungen weisen einen sehr interessanten<br />

Aspekt auf, nämlich dass es praktisch keine Elektronen gibt, die ohne Energieverlust aus<br />

bringt keine wesentliche Veränderung des Resultats.<br />

95


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Abbildung 2.15.: Schwarze Symbole: Impulsantwort der Strained-Layer-Kathode, sowie Anpassung<br />

<strong>mit</strong> Modellrechnung bei gegebener apparativer Auflösung von<br />

2.3 Pikosekunden. Gestrichelte Linie: Modellrechnung ohne apparative Begrenzung.<br />

Rote Symbole: Polarisationsmessung <strong>mit</strong> Fit unter Verwendung<br />

der Resultate aus Abb. 2.16.<br />

Abbildung 2.16.: Energieaufgelöste Photoemissionsspektren <strong>mit</strong> zugehörigen Polarisationsmesswerten.<br />

Links: Resultate für die Strained-Layer-Struktur (aus [109]).<br />

Rechts: Gleiche Messung für eine Superlattice-Struktur analog zur Kathode<br />

5-998 (aus [135]).<br />

96


2.4. Spezielle Depolarisationseffekte<br />

dem Halbleiter entkommen können. Es ist des Weiteren eine Abnahme der Polarisation<br />

<strong>mit</strong> fallender kinetischer Startenergie festzustellen. Um diese Effekte zu berücksichtigen<br />

wurde angenommen, dass die für unsere Messungen verwendete Strained-Layer-Kathode<br />

Intensitäts- und Polarisationsspektren erzeugt, die den in Abbildung gezeigten 2.16 äquivalent<br />

sind. Die so entstehende Verteilung der Ankunftszeiten (und da<strong>mit</strong> verknüpfter<br />

Polarisationen) wurde <strong>mit</strong> der diffusiven Verteilung und der experimentellen Auflösung<br />

gefaltet, so dass sich eine Voraussage für das zu beobachtende Intensitäts- und Polarisationsprofil<br />

ergibt [119]. Der so entstehende Verlauf der Polarisation zeigt eine befriedigende<br />

Übereinstimmung <strong>mit</strong> den experimentellen Daten, wobei die Werte bei t = 0 aufeinander<br />

normiert wurden.<br />

2.4.2. Depolarisation beim Superlattice<br />

Die Superlattice-Kathode SL-5-998 (siehe Abbildung 2.2) besitzt einen sehr dünnen<br />

Oberflächenfilm aus GaAs, dessen Wirkungsweise in Abbildung 2.18 illustriert wird.<br />

Dieser hochdotierte Film übernimmt zunächst (analog zur Modulationsdotierung) die<br />

Aufgabe eine kompakte Bandbiegungszone zu realisieren. Weiter kompensiert man die<br />

Bandverformung am Übergang von der niedrig- zur hochdotierten Zone: Durch die extreme<br />

Dotierung liegt die Bandkante des Valenzbandes in der Oberflächenzone näher<br />

an der Fermi-Energie als im Inneren. Bei ansonsten gleicher Bandlücke bedeutet dies<br />

für die im Leitungsband aus der aktiven Zone herandiffundierenden Elektronen, dass<br />

sie beim Eintritt in die Oberflächenzone behindert werden (gepunkteter Bandverlauf<br />

in Abb. 2.18). Durch die kleinere Energielücke des GaAs-Films wird dieser Effekt wieder<br />

aufgehoben, es bildet sich ein Quantentrog (Quantum-Well). Dieser Aspekt ist für<br />

die verbesserte Quantenausbeute des Superlattice relativ zur Strained-Layer-Kathode<br />

<strong>mit</strong>verantwortlich. Es ist natürlich auch möglich, eine entsprechende Kompensation bei<br />

einer Strained-Layer-Kathode vorzunehmen [136].<br />

Abbildung 2.17 zeigt die Impulsantwort des Superlattice für zwei verschiedene Wellenlängen,<br />

nämlich zum einen für λ = 835 nm, wo nur die Deckschicht absorptionsfähig<br />

ist und zum anderen bei λ = 780 nm, dem Arbeitspunkt der Photokathode. Es ist erkennbar,<br />

dass die Pulslänge bei 835 Nanometern durch die apparative Auflösung li<strong>mit</strong>iert<br />

ist – wie man es für eine aktive Schicht von lediglich 6 Nanometern Dicke auch erwartet.<br />

Überraschenderweise zeigt sich jedoch, wenn bei Anregung <strong>mit</strong> den höherenergetischen<br />

Photonen die im 110 nm dicken Superlattice produzierten Elektronen hinzukommen, eine<br />

deutliche Verlängerung der Impulsantwort. Der zeitliche Verlauf entspricht eher dem der<br />

300 nm und 400 nm dicken GaAs Kathoden aus Abbildung 2.10. Obwohl die NEA des<br />

Superlattice größere Werte annehmen kann als die einer gewöhnlichen Kathode (Abbildung<br />

2.16), so genügt dies nicht, um eine derartige Pulsverlängerung aufgrund der<br />

Beschleunigungszeitdispersion (Gleichung 2.7) zu erklären. Auch wurde von uns kein<br />

signifikanter Einfluss des Extraktionsgradienten auf die Pulsform beobachtet [120].<br />

Offensichtlich entsprechen die Transporteigenschaften des Superlattice nicht denen<br />

der oben besprochenen GaAs-Kathoden, ein Fit an die Daten liefert daher auch eine<br />

um eine Größenordnung kleinere Diffusionskonstante. Zusätzlichkommenauchstark<br />

depolarisierende Prozesse zum Tragen, denn die Zeitkonstante, die sich durch einen Fit<br />

97


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Abbildung 2.17.: Impulsantwort des Superlattice SL-5-998 für zwei verschiedene Anregungswellenlängen.<br />

an die letzten drei Polarisationsmesspunkte ergibt, ist <strong>mit</strong> τ p =18ps sehr niedrig. Dies<br />

führt zu einer Absenkung der <strong>mit</strong>tleren Polarisation der e<strong>mit</strong>tierten Elektronen von<br />

5%. Der Grund für dieses Verhalten könnte darin liegen, dass bei diesem speziellen<br />

Superlattice der sogenannte ”<br />

Band-Offset“ im Leitungsband relativ groß ist, was im<br />

nächsten Abschnitt erklärt wird.<br />

Der Abfall der Polarisation am Anfang des Impulses erstaunt zunächst, da alle bislang<br />

erwähnten Prozesse implizieren, dass die zuerst e<strong>mit</strong>tierten Elektronen die höchste<br />

Spinpolarisation aufweisen sollten. Die Erklärung ist jedoch vermutlich einfach: Die 6 nm<br />

dicke Deckschicht absorbiert einen Teil der Photonen, bevor sie zum darunterliegenden<br />

Superlattice gelangen, so dass Elektronen entstehen, die einen niedrigeren Spinpolarisationsgrad<br />

aufweisen. Eine detaillierte Untersuchung des in Abbildung 2.3 angegebenen<br />

Quantenausbeutespektrums zeigt zwar, dass diese Elektronen nur <strong>mit</strong> einem Anteil von<br />

etwa 1% zur Gesamtemission beitragen. Diese oberflächennah produzierten Elektronen<br />

müssen aber am zeitlichen Anfang des Pulses konzentriert sein, so dass sie dort eine<br />

Absenkung des Polarisationswertes verursachen.<br />

Auch beim Superlattice 5-998 sollten die depolarisierenden Effekte des Einfangs in die<br />

Bandbiegungszone vorhanden sein, wie sie oben beim Strained-Layer diskutiert worden<br />

sind. Dies zeigen auch die Resultate aus Palaiseau (Abb. 2.16). Sie können jedoch in<br />

der zeitaufgelösten Messung kaum beobachtet werden, da sie von den Transporteffekten<br />

überdeckt werden. Allerdings wird der Filterungseffekt bei abgesunkener Quantenausbeute<br />

nach wie vor beobachtet, bei einer Strahlzeit an MAMI im Frühjahr 2005 stieg<br />

die Strahlpolarisation um 7 Prozentpunkte auf 86 ± 2%. Dies entspricht weitgehend der<br />

98


2.4. Spezielle Depolarisationseffekte<br />

LB<br />

E gap1<br />

1<br />

-<br />

<br />

2<br />

Bandverlauf bei Modulationsdotierung<br />

<strong>mit</strong> Decklayer gleicher Bandlücke<br />

3<br />

BBR<br />

4<br />

5<br />

Vakuum<br />

E gap2<br />

VB<br />

E Fermi<br />

Moderat dotierte<br />

aktive Zone<br />

Hochdotierte<br />

Zone (6nm:GaAs)<br />

(kleinere Bandlücke<br />

als aktive Zone)<br />

Oberflächenzustände:<br />

Einfang und Relaxation<br />

zur ‘Mobility edge’ (?)<br />

Abbildung 2.18.: Fünf Stufenmodell zur Berücksichtigung depolarisierender Effekte in der<br />

Bandbiegungszone. Die Schritte 3 und 4 werden zusätzlich zum Spicerschen<br />

Dreistufenmodell eingeführt.<br />

oben abgebildeten Variation beim Strained-Layer (Abb. 2.4).<br />

2.4.3. Polarisationsoptimiertes Superlattice<br />

Die beim SL-5-998 vorliegenden Polarisationsverluste würden durch eine Photokathode<br />

vermieden, bei der eine schnelle Impulsantwort möglich ist. Die Ursache für die schlechten<br />

Transporteigenschaften des SL-5-998 werden im so genannten Leitungsband- ”<br />

offset“<br />

vermutet: Dieser Begriff bezeichnet die Bandunstetigkeit an der Grenzfläche zwischen<br />

den beiden Komponenten eines Superlattice im Leitungsband. Für gegebene Komponenten<br />

des Superlattice ist nicht a priori klar, wir das Bandarrangement wirklich aussieht;<br />

in der Abbildung 2.19 ist diese Mehrdeutigkeit illustriert.<br />

Beide Arrangements haben gewisse Vorteile: Durch den Quantum-Size-Effect (siehe<br />

Anhang A.2) wird beim Superlattice <strong>mit</strong> endlichem Offset die Energie des niedrigsten<br />

Leitungsminibands angehoben. Dies führt zu einer höheren NEA und so<strong>mit</strong> zu einer<br />

besseren Austrittswahrscheinlichkeit der Elektronen, was die Quantenausbeute des SL-<br />

5-998 verbessert. Unsere Messungen haben aber nahe gelegt, dass dieser Gewinn <strong>mit</strong> zwei<br />

Nachteilen verknüpft ist: Einerseits ist die Elektronenmobilität aufgrund der Potentialstufen<br />

im Leitungsband verringert, und zusätzlich kommt es zu verstärkter Depolarisation.<br />

Auch dies könnte z.B. durch verstärkte Streuung an den Grenzflächen hervorgerufen<br />

sein. Die mehrkomponentige Zusammensetzung der InGaAlAs/AlGaAs-Übergitter erlaubt<br />

jedoch genügende Variationen um den im unteren Teil der Abbildung 2.19 gezeigten<br />

Bandverlauf <strong>mit</strong> einer anderen Zusammensetzung zu erzielen. Dies wird von einem<br />

Superlattice der Basisperiode (Al 0.21 In 0.2 Ga 0.69 As/GaAs, SL-6-405) geleistet.<br />

Die Abbildung 2.20 zeigt die ersten Polarisationsspektren, die kürzlich an der Testquelle<br />

gewonnen wurden. Es zeigt sich, dass gegenüber SL-5-998 ein relativer Gewinn<br />

von 14% für die maximale Spinpolarisation erzielt wird, d.h. die Spinpolarisation des<br />

99


2. Depolarisationseffekte bei der Photoemission aus NEA-Photokathoden<br />

Leitungsband<br />

E C<br />

Eg 2<br />

Eg 1<br />

Valenzband<br />

Superlattice1<br />

Leitungsband<br />

Eg 1<br />

Eg 2<br />

Superlattice2<br />

Valenzband<br />

Abbildung 2.19.: Verschiedene Möglichkeiten der Anordnung der Potentialstufen bei ansonsten<br />

gleichen Bandlücken. Die untere Abbildung zeigt ein Superlattice ohne<br />

Stufen im Leitungsband ( ”<br />

Zero conduction band offset“).<br />

e<strong>mit</strong>tierten d.c.-Strahls beträgt im Bereich von Anregungswellenlängen zwischen 805<br />

und 850 Nanometer mehr als 86 ± 5%. Der Fehler entspricht der Absolutgenauigkeit des<br />

Mottpolarimeters an der Testquelle ohne Kalibration im Bezug auf andere Polarimeter.<br />

Da durch den langjährigen Betrieb des Testquellenpolarimeters und des Möllerpolarimeters<br />

an MAMI bekannt ist, dass der Möllerpolarimeter unter gleichen Bedingungen (im<br />

Bezug auf die Photokathode) eine um 2-4% Prozentpunkte größere Polarisation anzeigt,<br />

so ist zu erwarten, dass <strong>mit</strong> SL-6-405 Messwerte von fast 90% an MAMI erreicht werden.<br />

Die inzwischen vermessene Impulsantwort des verbesserten Superlattice entspricht –<br />

wie erwartet – in etwa der einer Strained-Layer-Kathode, so dass die Transportdepolarisationseffekte<br />

(5% bei SL-5-998) erheblich reduziert werden. Den Rest des Gewinns kann<br />

man daraus erklären, dass die Quantenausbeute des SL-6-405 während der Messung nur<br />

0.1% betrug, so dass der Filtereffekt einer Oberfläche <strong>mit</strong> betragsmässig kleiner NEA,<br />

der die Polarisation um etwa 7 Prozentpunkte erhöhen kann (siehe 2.4) hier voll zum<br />

Tragen kommt.<br />

Die bislang größte Quantenausbeute von SL-6-405 wurde zu 0.7% im Polarisationsmaximum<br />

bestimmt, was den Bestwerten von Strained-Layer-Kathoden entspricht. Die<br />

wesentliche Verbesserung gegenüber Strained-Layer-Kathoden verspricht jedoch die Tatsache,<br />

dass die Superlattices in MBE Apparaturen hergestellt werden können, was eine<br />

bessere Reproduzierbarkeit der Oberflächen (und da<strong>mit</strong> der Quantenausbeute) erlaubt.<br />

Mehr Details zu diesem Problem finden sich in Anhang A.2. Im Jahr 2005 wurden bislang<br />

sämtliche Strahlzeiten an MAMI <strong>mit</strong> Superlattice Kathoden (vom Typ SL-5-998)<br />

durchgeführt, wobei die Werte für Quantenausbeute und Polarisation bei mehreren Pho-<br />

100


2.4. Spezielle Depolarisationseffekte<br />

Abbildung 2.20.:<br />

Oben: Vergleich der Polarisationsspektren von SL-5-998 (<strong>mit</strong> Leitungsbandoffset)<br />

<strong>mit</strong> SL-6-405 (ohne Leitungsbandoffset).<br />

tokathoden exakt reproduzierbar waren. Bei einem Polarisationsgrad von 75-80% Prozent<br />

wurden Quantenausbeuten von 1.3% erreicht, die maximale Quantenausbeute von<br />

Strained-Layern an MAMI betrug bisher 0.6%. Der Einsatz von SL-6-405 – der erstmals<br />

Strahlpolarisationswerte um 90% erwarten lässt – ist in naher Zukunft vorgesehen.<br />

Das SL-6-405 ist keineswegs die einzige Realisierungsmöglichkeit einer polarisationsoptimierten<br />

Kathode, z.B. werden auf der Basisperiode von (GaAs/GaAsP) basierende<br />

Superlattice Kathoden am SLAC und an der Universität Nagoya eingesetzt. Der höchste<br />

angegebene Wert für die <strong>mit</strong>tlere Polarisation beträgt 92 ± 6%[137],[138].<br />

So<strong>mit</strong> ist zwar die 90% Grenze für die <strong>mit</strong>tlere Polarisation noch nicht signifikant<br />

überschritten, aber es deutet sich an, dass sich die kürzlich aufgeworfene Frage ”<br />

Polarized<br />

beams with P>90%: will it be possible?“ [139] für NEA Kathoden wahrscheinlich<br />

positiv beantworten lässt. Allerdings wird die Realisierung einer noch besseren NEA-<br />

Photokathode zunehmend schwierig, da alle fünf Schritte des Emissionsvorgangs in etwa<br />

gleichrangig an den Polarisationsverlusten beteiligt zu sein scheinen, so dass selbst dann,<br />

wenn sich ein einzelner Schritt perfektionieren lässt, nur wenige Prozent gewonnen werden<br />

können. Von wesentlicher praktischer Bedeutung bei der Interpretation künftiger<br />

Resultate ist es jedoch, die Absolutgenauigkeit der Polarisationsmessung in den Bereich<br />

von etwa 1% zu treiben, was heute in der Regel bei weitem nicht erreicht wird.<br />

101


3. Strahlsymmetrie unter<br />

Helizitätswechsel<br />

3.1. Probleme der Messung extrem kleiner<br />

Streuasymmetrien<br />

3.1.1. Spinabhängige Observablen<br />

Wenn ein spinpolarisierter Strahl <strong>mit</strong> Polarisationsvektor ⃗ P und dem Polarisationsgrad<br />

0 < | ⃗ P | < 1verfügbar ist, so kann man Streuwirkungsquerschnitte im Hinblick auf<br />

ihre Spinabhängigkeit untersuchen. Wenn man <strong>mit</strong> einem unpolarisierten Target arbeitet<br />

und auch keine Beobachtung von Polarisationskomponenten nach dem Streuprozess<br />

vornimmt, so ist eine einfache Abhängigkeit des Wirkungsquerschnitts (σ)vondrei ”<br />

Analysierstärken“<br />

A x ,A y ,A z zu erwarten, die sich folgendermaßen ausdrücken lässt<br />

σ = σ 0 (1 + ⃗ A · ⃗P ). (3.1)<br />

Das Koordinatensystem ist dabei so vereinbart, dass die z-Richtung der Impulsrichtung<br />

des einfallenden Strahls entspricht, x bezeichnet die Richtung senkrecht zu z in der Streuebene,<br />

und y die Senkrechte auf die Ebene. Wenn man zwei Messungen des Wirkungsquerschnitts<br />

<strong>mit</strong> jeweils umgekehrter Polarisationsrichtung durchführen kann (σ + ,σ − ),<br />

so erkennt man durch Einsetzen in 3.1, dass der ”<br />

unpolarisierte“ Wirkungsquerschnitt<br />

σ 0 durch (σ + +σ − )/2 – also durch die Mittelung über die beiden Spinzustände – gegeben<br />

ist, während sich der ”<br />

spinabhängige“ durch (σ + − σ − )/2 ergibt.<br />

Mit der Photoquelle kann man die Polarisationstransformation ⃗ P →− ⃗ P gut realisieren<br />

und so die experimentelle Asymmetrie bestimmen, die das Verhältnis zwischen<br />

spinabhängigen und spinunabhängigen Wirkungsquerschnitt darstellt<br />

A exp = σ+ − σ −<br />

σ + + σ = A ⃗ · ⃗P. (3.2)<br />

−<br />

Ist der Polarisationsgrad bekannt, so können in Experimenten <strong>mit</strong> geeigneter Ausrichtung<br />

der Elektronenpolarisation die einzelnen Komponenten der Analysierstärke A ⃗<br />

bestimmt werden. Da man sich normalerweise auf die Bestimmung einer einzelnen Komponente<br />

beschränkt, ist natürlich eine möglichst vollständige Ausrichtung der Strahlpolarisation<br />

in die gewünschte Richtung erforderlich, was durch die in Kapitel 1 beschriebenen<br />

Spinrotatoren geleistet wird.<br />

102


3.1. Probleme der Messung extrem kleiner Streuasymmetrien<br />

Durch Symmetrieüberlegungen (siehe z.B. [140], p. 53 ff.) lässt sich zeigen, dass unter<br />

der Voraussetzung von Paritätserhaltung in einem Einfachstreuprozess an einem unpolariserten<br />

Target die beiden Analysierstärken A x und A z identisch Null sind. Die Messung<br />

von A y ( Single-Spin-Asymmetry“) wird für die hochrelativistischen Strahlen an MA-<br />

”<br />

MI durch die Tatsache erschwert, dass im Laborsystem diese transversale“ Polarisation<br />

”<br />

<strong>mit</strong> 1/γ unterdrückt ist und die Asymmetrien daher in der Regel klein sind. Paritätsverletzende<br />

Analysierstärken sind allerdings noch wesentlich kleiner, sie betragen im hier<br />

relevanten Impulsübertragsbereich typischerweise einige ppm. Diese sind jedoch gerade<br />

von besonderem Interesse, wie bereits aus der mehrfachen Erwähnung des sogenannten<br />

A4-Experiments“ in diesem Text hervorgeht, das zur präzisen Vermessung einer solchen<br />

”<br />

paritätsverletzenden Asymmetrie (A z ) durchgeführt wird.<br />

Anders geartete Analysierstärken können in Doppelpolarisationsexperimenten beobachtet<br />

werden, bei denen (zusätzlich zum Strahl) entweder das Streutarget selbst polarisiert<br />

ist oder die Spinpolarisation eines weiteren Teilchens nach der Streuung analysiert<br />

wird. Eine Verallgemeinerung der Gleichung 3.2 auf den Fall eines polarisierten Spin-1/2<br />

Targets lässt dann 9 Analysierstärken A ij erwarten, von denen auch bei Paritätserhaltung<br />

A xx ,A yy ,A zz ,sowieA xz = A zx von Null verschieden sein dürfen. Die Messung<br />

solcher Asymmetrien bzw. Analysierstärken war und ist ein Hauptbestandteil des Experimentierprogramms<br />

an MAMI, z.B. zur Bestimmung des elektrischen Formfaktors des<br />

Neutrons. Die typischen Asymmetrien in solchen Experimenten betragen einige Prozent,<br />

also einige Größenordnungen mehr als die Asymmetrien im paritätsverletzenden Fall.<br />

Bei den Doppelpolarisationsexperimenten bestand (und besteht) daher die Schwierigkeit<br />

für die polarisierte Quellengruppe lediglich“ darin, die Experimente <strong>mit</strong> genügender<br />

”<br />

Verfügbarkeit und ausreichender Strahlpolarisation zu beliefern, Aspekte also, die in den<br />

beiden vorangegangenen Kapiteln diskutiert worden sind. Im A4-Experiment tritt jetzt<br />

als zusätzliche Herausforderung die außerordentliche Kleinheit der zu messenden Asymmetrie<br />

hinzu. In diesem Fall stellt sich nämlich die Frage, ob die Spintransformation<br />

⃗P →−P ⃗ , die an der Quelle vorgenommen wird, nicht zusätzliche systematische Effekte<br />

verursacht, die unter Kontrolle gehalten werden müssen.<br />

3.1.2. Eine kurze Beschreibung des A4-Experiments<br />

Das Ziel des A4-Experiments besteht darin, die Analysierstärke A z in der elastischen<br />

Streuung von longitudinalpolarisierten Elektronen an Protonen präzise zu messen. Es<br />

handelt sich um ein Zählexperiment, bei dem die gestreuten Elektronen einzeln nachgewiesen<br />

werden. Dabei verwendet man einen Streuwinkel von 35 Grad, was bei einer<br />

<strong>Elektronenstrahlen</strong>ergie von 855 MeV einem Impulsübertrag von Q 2 =0.23GeV 2 /c 2 entspricht.<br />

Man ist von der theoretischen Seite her in der Lage, die zu messende Asymmetrie<br />

durch eine Funktion bekannter Parameter (Formfaktoren des Nukleons, Weinberg-<br />

Winkel, etc.) auszudrücken [10], diese Vorhersage beträgt<br />

A z,0 = −6.30 ± 0.43ppm. (3.3)<br />

Die Vorhersage ist nicht zuletzt deswegen fehlerbehaftet, weil unter anderem der Form-<br />

103


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

faktor des Neutrons eingeht, dessen relativer Fehler trotz der gesteigerten Genauigkeit<br />

durch die oben erwähnten Doppelpolarisationsexperimente noch immer 10% beträgt<br />

[10],[141].<br />

Eine Beteiligung der virtuellen Strange-Quark/Antiquark Paare (s, s), die im Inneren<br />

des Protons existieren könnten, wird in der Vorhersage 3.3 nicht berücksichtigt. Eine<br />

Abweichung der beobachteten Asymmetrie von 3.3 ermöglicht daher einen Zugang zu<br />

den bislang unbekannten Formfaktoren dieser Quarksorte. Offensichtlich soll das Experiment<br />

eine Genauigkeit erreichen, die die theoretische Unsicherheit aus 3.3 deutlich<br />

unterschreitet, also ca. ΔA z =300 ppb erzielen. Dies erfordert bei den gegebenen Wirkungsquerschnitten<br />

extreme Luminositäten und große Raumwinkel: Bei 20 Mikroampère<br />

Strahlstrom werden <strong>mit</strong> einem 10 cm langen Flüssigwasserstofftarget Luminositäten von<br />

etwa 5 · 10 37 cm 2 /s erreicht, der Detektor aus 1022 Bleifluorid-Kristallen belegt einen<br />

vollen Ring im Streuwinkelbereich von 30-40 Grad und deckt so<strong>mit</strong> einen Raumwinkelbereich<br />

von 0.62 Steradian ab. So<strong>mit</strong> kann man eine Nutzsignalrate von vielen Megahertz<br />

erzielen, was es zumindest prinzipiell erlaubt die statistische Genauigkeit der Asymmetriemessung<br />

innerhalb von etwa 1000 Stunden Messzeit unter die erwähnten 300 ppb zu<br />

drücken. Inzwischen wurden Experimente bei zwei verschiedenen Q 2 −Werten durchgeführt<br />

(0.23 und 0.11 GeV 2 /c 2 ), wobei das erste noch <strong>mit</strong> dem halben Detektoraufbau<br />

– d.h. lediglich 511 Detektoren – durchgeführt werden musste.<br />

Hinter diesen Fakten verbirgt sich die in vielen Bereichen innovative Konstruktion<br />

des A4-Experiments, auf das ich hier aus Platzgründen nicht weiter eingehen kann. Der<br />

interessierte Leser findet eine Fülle von Informationen in der inzwischen vorliegenden<br />

Literatur [10],[12],[142],[143].<br />

3.1.3. ”<br />

Falsche“ Asymmetrien<br />

Im Experiment hängt die gemessene Zählrate R von vielen verschiedenen Größen x i<br />

ab, die im Prinzip unabhängig voneinander variieren können. Dazu gehören zum Beispiel<br />

sechs Elektronenstrahlparameter (Energie, Strom, horizontale/vertikale Position<br />

und Winkel auf dem Target). Weiter gehen natürlich noch andere Größen ein, z.B. die<br />

Targetdichte und die Detektortotzeit. Die Parameter sollen formal zu einem Vektor ⃗x<br />

zusammengefasst werden. Zwischen der gemessenen Rate und dem Wirkungsquerschnitt<br />

besteht dann näherungsweise der Zusammenhang<br />

R = f(⃗x)σ (3.4)<br />

Dabei scheinen manche Parameter – z.B. der Strahlstrom – nur als Faktor in die Funktion<br />

f(⃗x) einzugehen. Dies ist allerdings nur bedingt richtig, da z.B. die Ratenverluste<br />

wegen der endlichen Totzeit nichtlinear vom Strom abhängen. Die Fluktuationen anderer<br />

Variabeln gehen ebenfalls in nichtlinearer Weise ein: Ändert sich z.B. die Beschleunigerenergie,<br />

so liegt natürlich ein anderer Wirkungsquerschnitt (grob ∝ 1/E 2 ) vor. Man<br />

kann für die folgende Betrachtung den Wirkungsquerschnitt als konstant ansehen und<br />

die Energieabhängigkeit formal der Funktion f(⃗x) zuordnen.<br />

Die präzise Bestimmung der einzelnen Parameter x i ist ein li<strong>mit</strong>ierender Faktor für die<br />

104


3.1. Probleme der Messung extrem kleiner Streuasymmetrien<br />

Extraktion von σ aus Gleichung 3.4, so dass die absolute Größe von Wirkungsquerschnitten<br />

bestenfalls auf einige Promille genau bekannt ist. Die paritätsverletzenden Anteile<br />

zum Wirkungsquerschnitt betragen für das A4-Experiment jedoch nur einige 10 −6 !Wie<br />

oben gezeigt wurde, gibt jedoch die Bestimmung einer Streuasymmetrie die Möglichkeit<br />

das Verhältnis des spinabhängigen zum -unabhängigen Wirkungsquerschnitt zu bestimmen,<br />

was für die angestrebte Interpretation der Resultate ausreicht. Durch die Operation<br />

P z →−P z wird die Longitudinalpolarisation umgekehrt, was dem sogenannten<br />

Helizitätswechsel entspricht. Am A4-Experiment wird dann für die beiden Helizitätszustände<br />

die Rate R ± = f(x) ± σ ± gemessen und so eine Ratenasymmetrie bestimmt<br />

A R = R+ − R −<br />

R + + R − . (3.5)<br />

Man kann zunächst annehmen, dass die experimentellen Parameter nicht vom Helizitätszustand<br />

abhängen, also dass x + i = x − i und so<strong>mit</strong> f(⃗x) + = f(⃗x) − .<br />

Setzt man unter dieser Voraussetzung Gleichung 3.4 in 3.5 ein, so kürzt sich f(⃗x)<br />

heraus und die Ratenasymmetrie A R geht in die in Gleichung 3.2 definierte Asymmetrie<br />

A exp = P z A z über<br />

A R = σ+ − σ −<br />

σ + + σ = A exp. (3.6)<br />

−<br />

Ist jedoch x + i ≠ x − i , so erzeugt die Variation dieses Parameters eine Falsche helizitätskorrelierte<br />

Asymmetrie“ (FHA), für die in erster Ordnung<br />

”<br />

gilt<br />

df (⃗x)<br />

dx<br />

FHA i = i<br />

(x + i − x − i )<br />

:= a i Ξ i . (3.7)<br />

f(⃗x)<br />

Dabei repräsentiert a i die relative Empfindlichkeit auf die Variation des Parameters<br />

und Ξ i := x + i − x − i den Wert seiner helizitätskorrelierten Fluktuation. Die beobachtete<br />

Ratenasymmetrie (oft auch Rohasymmetrie genannt) ist also in erster Näherung durch<br />

die folgende Modifikation von 3.6 gegeben, wobei < Ξ i > den Mittelwert der helizitätskorrelierten<br />

Fluktuation über die Experimentierzeit darstellt<br />

A R = P z A z + ∑ i<br />

a i < Ξ i > +O(Ξ i Ξ j ). (3.8)<br />

Da die Analysierstärke A z (auch ”<br />

physikalische Asymmetrie“ genannt) aus dem experimentellen<br />

Resultat für A R abgeleitet werden muss, nimmt man durch Inspektion von<br />

3.8 folgende Aufgaben wahr:<br />

• Am A4-Experiment müssen die Koeffizienten a i bestimmt werden.<br />

• Die Fluktuationen < Ξ i > müssen genügend genau gemessen werden können. Dies<br />

impliziert, dass<br />

• Das nicht helizitätskorrelierte Rauschen der Parameter klein ist ( ”<br />

Stabilität“), um<br />

überhaupt eine genügende Messgenauigkeit zu erzielen.<br />

105


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

• Selbst wenn diese hohe Messgenauigkeit erreicht werden kann, so dürfen die absoluten<br />

Werte der < Ξ i > nicht zu groß sein, da z.B. die Empfindlichkeiten selbst<br />

wieder Fehler aufweisen, bzw. höhere Ordnungen beitragen.<br />

Die Aufgabe der Quellen- und Beschleunigergruppe im A4-Experiment besteht offensichtlich<br />

darin, dafür Sorge zu tragen, dass die Anforderungen bezüglich der sechs<br />

erwähnten Strahlparameter und ihrer Fluktuationen erfüllt werden können. Eine sinnvolle<br />

Obergrenze für den relativen Fehler von A z , der durch die helizitätskorrelierte<br />

Fluktuation eines einzelnen Parameters ausgelöst wird, beträgt ein Prozent der gesamten<br />

Asymmetrie, also etwa 60 ppb. Der Grund für diese Wahl besteht eben darin, dass<br />

andere Fehlerquellen (Statistik, Polarisationsmessung) einen – zur Zeit unvermeidbaren<br />

– systematischen Fehler von einigen Prozent verursachen, so dass die helizitätsinduzierten<br />

Fehler – trotz der großen Zahl der individuellen Parameter – dann nicht mehr sehr<br />

ins Gewicht fallen. Die aus der 1% - Grenze resultierenden Anforderungen sind extrem:<br />

Offensichtlich muss die Messgenauigkeit für die Fluktuation des Strahlstroms (der ja<br />

in etwa proportional in die Funktion f(⃗x) ± eingeht) eben diese 60 ppb sein. In absoluten<br />

Einheiten ausgedrückt bedeutet dies – bei 20 Mikroampère Strahlstrom – eine<br />

Bestimmung der <strong>mit</strong>tleren helizitätskorrelierten Schwankung <strong>mit</strong> einer Genauigkeit von<br />

1.2 pA, wobei diese Messung selbstverständlich nichtinvasiv sein muss, da der Strom ja<br />

am Experiment gebraucht wird. Für die Messung der helizitätskorrelierten Strahlenergiefluktuationen<br />

muss man gar eine Messgenauigkeit von 30 eV vorschreiben.<br />

In den folgenden Abschnitten werden zunächst die physikalischen Ursachen für die<br />

FHA’s dargelegt. Dabei stellt sich heraus, dass tatsächlich alle Strahlparameter helizitätskorrelierte<br />

Fluktuationen aufweisen können, die Korrekturen erforderlich machen.<br />

Die Strahlstrom-FHA bildet einen Sonderfall, da sie in der Regel die physikalische Asymmetrie<br />

um Größenordnungen übertrifft. Die daher zwingend notwendige Minimierung<br />

dieser Asymmetrie wird in Abschnitt 3.4 beschrieben.<br />

Das Kapitel wird abgeschlossen <strong>mit</strong> einer Zusammenfassung der erzielten Stabilitäten<br />

und der so<strong>mit</strong> möglich gewordenen Messgenauigkeit für die FHA’s und dem daraus<br />

folgenden Einfluss der FHA’s auf das Gesamtfehlerbudget.<br />

3.2. Die Rolle der Polarisationsoptik im A4-Experiment<br />

3.2.1. Helizitätsabhängige Experimentsteuerung<br />

Eine schematische Darstellung der im A4-Experiment relevanten Messeinrichtungen findet<br />

sich in der Abbildung 3.1. Das Herz der Experimentsteuerung ist der Gate-Generator,<br />

der der Experimentdatenerfassung <strong>mit</strong>teilt, dass zur Zeit des anliegenden ”<br />

Gates“ die<br />

Messung relevanter Größen erlaubt ist. Die Gates besitzen gleiche Länge für beide Helizitätszustände,<br />

was <strong>mit</strong> einer Genauigkeit < 20 ppb überprüft wurde [143].<br />

Ein nachgeschaltetes Modul entscheidet <strong>mit</strong> Hilfe eines Pseudozufallszahlengenerators,<br />

welche Strahlhelizität vorliegen soll. Die Helizitätswechsel werden in den Pausen<br />

zwischen den Messgates vorgenommen. Die verwendete Technologie (Elektrooptischer<br />

Modulator <strong>mit</strong> FET-Hochspannungsumschaltern) ermöglicht kurze Umschaltzeiten, so<br />

106


3.2. Die Rolle der Polarisationsoptik im A4-Experiment<br />

Kontrolle: A exp<br />

-A exp ?<br />

Auswertung<br />

MPPM<br />

PMMP<br />

+/- *-1 Quelle<br />

Laser/Heliz./Vorz .<br />

Sequenz<br />

Vorzeichen<br />

d. Sequenz<br />

Gates<br />

Gategenerator .<br />

MAMI-<br />

Beschl.<br />

M PP M<br />

Datenerfassung<br />

A E ,A x ,A ,A I ,A exp ,A L<br />

Det<br />

E, x I L<br />

TARGET<br />

DUMP<br />

Verteilung<br />

der Asymmetrien<br />

Rückkopplungen<br />

Stabilisierungen<br />

BLAU: A4-Experiment/Datenerfassung/Steuerung<br />

ROT: Laseroptik/Helizitätserzeugung<br />

GRÜN: Strahlerzeugung/Beschleunigung/Stabilisierung<br />

Abbildung 3.1.: Messprinzip des A4-Experiments.<br />

dass praktisch kein Verlust an Messzeit durch den Helizitätswechsel entsteht. Es existiert<br />

daher während des Messgates immer ein definierter Helizitätszustand, der <strong>mit</strong>protokolliert<br />

ist. So<strong>mit</strong> entsteht die Messsequenz der ”<br />

Gates“ und zusätzlich die Sequenz der<br />

Helizitätszustände.<br />

Die Helizitätssequenz wird sowohl an die Datenerfassung als auch an die Pockelszelle<br />

in der Laser-Optik (Abb. 3.2) weitergegeben. Letztere ist das Element, welches den<br />

Laserstrahl in rechts- oder linkszirkulares Licht transformiert. Die Quelle transformiert<br />

diese Photonen in polarisierte Elektronen, die nach der Beschleunigung in MAMI eine<br />

entsprechende positive oder negative Helizität haben. Während des Experiments kann<br />

durch ein weiteres Element in der Laseroptik die Zuordnung zwischen der Helizitätssequenz<br />

und der tatsächlich vorliegenden Helizität vertauscht werden (Generalvorzeichenwechsel).<br />

Dies dient der systematischen Kontrolle, ob die beobachtete experimentelle<br />

Asymmetrie tatsächlich vom Streuprozess herrühren kann, denn diese Asymmetrie muss<br />

in diesem Fall das Vorzeichen ebenfalls wechseln.<br />

Nach dem Beschleunigungsvorgang werden alle relevanten Strahlparameter vor dem<br />

Target nicht-invasiv durch Radiofrequenzmonitore vermessen. Die erzielten Messresultate<br />

werden einerseits in Regelkreisen verwendet, um die Strahlparameter zu stabilisieren<br />

1 . Andererseits werden die Parameter von der Experimentdatenerfassung während<br />

1 Der für die Regelung des Strahlstroms verantwortliche Monitor befindet sich zwischen der Elektronenquelle<br />

und dem Beschleuniger, er wurde in der Zeichnung aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

hinter den Beschleuniger verlegt.<br />

107


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

des anliegenden Gates aufgezeichnet, so dass sich Asymmetrieverteilungen aller Parameter<br />

bestimmen lassen. Durch die Auswertung dieser Verteilungen kann man schnell<br />

entscheiden, ob sich eine genügend genaue Messung der FHA’s <strong>mit</strong> dem eingestellten<br />

Quellen- und Beschleunigerbetriebsparametern überhaupt erreichen lässt.<br />

3.2.2. Grundtatsachen der helizitätsabhängigen Datenerfassung<br />

Es ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll, möglichst viele Einträge in den Asymmetrie-<br />

Verteilungen zu erzielen, also eine hohe Messfrequenz zu wählen:<br />

1. Wegen der tendenziell <strong>mit</strong> der Frequenz fallenden Intensität des Rauschspektrums<br />

werden die aufgezeichneten Einzelasymmetrien ein kleineres Rauschen aufweisen.<br />

Daher werden die ”<br />

trägen“ Rauschquellen (z.B. thermische Drifts) effektiv unterdrückt.<br />

2. Langfristige Drifts der Asymmetrie<strong>mit</strong>telwerte werden rasch entdeckt und können<br />

zur Diagnose von Fehlerzuständen führen oder dazu dienen, durch eine Optimierung<br />

der Beschleunigerparameter den Mittelwert der FHA auf Null zu zentrieren.<br />

3. Die stärksten Fluktuationen aller Parameter im Bereich bis einige KHz werden in<br />

der Regel von netzsynchronen Störungen verursacht, die bei der Grundfrequenz<br />

von 50 Hz und niedrigen Harmonischen davon angesiedelt sind. Da sich aus experimentiertechnischen<br />

Gründen eine Helizitätswechselfrequenz von einigen Kilohertz<br />

verbietet, unterdrückt man diese Fluktuationen durch ein Messintervall, das <strong>mit</strong><br />

der Grundfrequenz synchronisiert ist, die Messfrequenz beträgt also 50 Hz.<br />

Eine rein periodische Umschaltung enthält natürlich eine gewisse Systematik, so dass<br />

man unnötig große Beiträge zu den FHA’s befürchten muss. Dem kann man durch eine<br />

Zufallsumschaltung zuvorkommen, indem man von Zeit zu Zeit das erste Helizitätsvorzeichen<br />

für die Asymmetriebildung statistisch wählt. Beim A4-Experiment ist die<br />

Helizitätssequenz (P= ”<br />

Plus“, M= ”<br />

Minus“) über 4 Messperioden (Gates) festgelegt, wobei<br />

nach der ersten und dritten Messperiode umgeschaltet wird, so dass zwei Sequenzen<br />

(P M M P) und (M P P M) möglich sind. Nach den vier Perioden wird das folgende Vorzeichen<br />

wieder zufällig gewählt.<br />

3.2.3. Aufbau der Polarisationsoptik<br />

An dieser Stelle soll der Aufbau der Polarisationsoptik – dargestellt in Abbildung 3.2<br />

– kurz beschrieben werden. Die mathematische Behandlung dieser Elemente <strong>mit</strong> Hilfe<br />

eines Matrizen-Formalismus erfolgt in einem späteren Abschnitt (3.4).<br />

Der Strahl des Lasers wird durch einen Glan-Luft-Polarisator polarisiert, so<strong>mit</strong> wird<br />

die Linearpolarisation des Laserlichts von etwa 99% auf mehr als 99.99% gesteigert.<br />

Dieses fast vollständig polarisierte Licht trifft auf die Pockelszelle, welche als elektrooptischer<br />

Phasenschieber wirkt. Der Phasenvorschub der Zelle ist in folgender Weise von<br />

der an die Zelle angelegten Hochspannung abhängig<br />

108


3.2. Die Rolle der Polarisationsoptik im A4-Experiment<br />

Hochspannungsumpolung<br />

E -E<br />

MPPM/<br />

PMMP/:<br />

Helizitätssequenz<br />

<br />

Generalvorzeichen)<br />

<br />

Kompensator)<br />

Diagnosestation<br />

Vakuumfenster<br />

LASER<br />

Eingangspolarisator<br />

Pockelszelle<br />

( /4 - /4<br />

bei E -E)<br />

Teleskop<br />

Photokathode<br />

Abbildung 3.2.: Schema der Polarisationsoptik, die Beschreibung der einzelnen Komponenten<br />

erfolgt im Text.<br />

ΔΦ ± = π V ± r 6,3 4n 3 0<br />

. (3.9)<br />

2 λ<br />

Dabei sind V ± die Spannungen im positiven und negativen Helizitätszustand, und λ<br />

die verwendete Lichtwellenlänge. Der Brechungsindex des verwendeten Zellenmaterials<br />

ist n 0 und r 6,3 ist die hier relevante Komponente des Tensors der optischen Nichtlinearität<br />

des Pockelskristalls. Für das verwendete KD*P ergibt sich (siehe Anhang C),<br />

dass ein Phasenvorschub von ±π/2 durch eine Zellenspannung von etwa ± 2800 Volt<br />

erreicht wird. Bei einer Orientierung der optischen Achse unter 45 Grad zur einfallenden<br />

Linearpolarisation wird dann je nach Vorzeichen eine positive oder negative Helizität<br />

(Zirkularpolarisation) des Lichts hinter der Pockelszelle erzeugt.<br />

Durch eine in den Strahlengang fahrbare Halbwellenplatte kann die Linearpolarisation<br />

des Strahls vor der Pockelszelle um 90 Grad gedreht werden. Dies führt dazu, dass in<br />

diesem Zustand die Helizität genau umgepolt ist (Generalvorzeichenwechsel), wenn die<br />

Vorzeichen der Ansteuersequenzen und Spannungen unverändert bleiben, so dass ein<br />

Vorzeichenwechsel der am Experiment beobachteten Asymmetrie erfolgen sollte.<br />

Hinter der Pockelszelle befindet sich eine weitere, aber fest installierte und drehbare<br />

Halbwellenplatte, die die Aufgabe hat, eine Intensitätsasymmetrie, die hauptsächlich<br />

durch die inhomogene Gitterverzerrung der Strained-Layer-Kathode entsteht, zu kompensieren<br />

(siehe Abschnitt 3.3, 3.4). Die E<strong>mit</strong>tanzanforderungen des Beschleunigers machen<br />

es dann notwendig, den Laserstrahl <strong>mit</strong> einem Teleskop aufzuweiten, um durch<br />

Fokussierung auf die etwa 1.5 Meter vom Vakuumeintrittsfenster entfernt gelegene Pho-<br />

109


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

tokathode (siehe Abbildung 1.2 in Kapitel 1) einen kleinen Emissionsfleck zu erzielen.<br />

Hinter dem Teleskop befindet sich ein in den Strahl fahrbarer Tisch, die so genannte<br />

Diagnosestation. Hier ist ein drehbarer Linearpolarisator vor einen Photodetektor<br />

montiert, so dass sich die erzielte Zirkularpolarisation durch eine Intensitätsmessung in<br />

Abhängigkeit vom Drehwinkel bestimmen lässt.<br />

3.2.4. Nicht-ideale Optiken als Erzeuger helizitätskorrelierter<br />

Asymmetrien<br />

Überraschenderweise zeigte sich bereits bei den ersten Elektronenstreuexperimenten zur<br />

Paritätsverletzung, dass die polarisierte Quelle helizitätsabhängige Intensitätsasymmetrien<br />

im Promillebereich (!) erzeugen kann, was weit oberhalb der tolerablen Werte liegt.<br />

Die Gründe liegen in den unvermeidbaren Imperfektionen des lichtoptischen Systems.<br />

Es stellt sich beispielsweise die Frage nach dem Grad der Zirkularpolarisation während<br />

des Experiments.<br />

Die Zirkularpolarisation P σ<br />

± der beiden Helizitätszustände kann <strong>mit</strong> Hilfe der in Abbildung<br />

3.2 gezeigten Diagnosestation direkt vor dem Vakuumeintrittsfenster der Elektronenquelle<br />

gemessen werden, sie betrug in Abhängigkeit vom Ergebnis der Justierung<br />

der Pockelszelle 2 0.994 < |P σ ± | < 0.9999. (3.10)<br />

Das zur Anregung der Photokathode verwendete Licht ist also praktisch vollständig<br />

zirkular polarisiert. Jedoch gilt für die mögliche Größe von verbleibenden Linearpolarisationskomponenten<br />

(siehe Anhang C)<br />

P lin < √ 1 − P 2 σ (3.11)<br />

So<strong>mit</strong> kann die Größe verbleibender Linearpolarisationen selbst im besten Fall nur auf<br />

etwa 1% eingeschränkt werden. Es sind zum großen Teil diese linearpolarisierten Anteile,<br />

welche die Schaltasymmetrien verursachen. Unter gewissen Umständen (siehe Abschnitt<br />

3.4) vollführen nämlich Teile der Linearpolarisationskomponenten bei Helizitätswechsel<br />

Veränderungen von horizontaler nach vertikaler Ausrichtung. Liegen solche Komponenten<br />

vor, so ist zu beachten, dass jedes optische Bauteil, das wie ein weiterer Polarisator<br />

wirkt, zum Analysator wird. Das heißt, die Transmission dieser Komponente hängt von<br />

der Ausrichtung der Linearpolarisationskomponenten – und da<strong>mit</strong> von der gewählten<br />

Helizität – ab. Dieser Effekt wurde ad hoc eingeführt, um die Intensitätsasymmetrien<br />

in Elektronenstreuexperimenten zu erklären und polarisationsinduzierte Transmissionsasymmetrie,<br />

(PITA) [144] genannt.<br />

Wenn ein Strahl beispielsweise <strong>mit</strong> helizitätsabhängig wechselnden linearen Polarisationsanteilen<br />

unter nicht völlig senkrechter Inzidenz auf dieelektrische Oberflächen trifft,<br />

2 Zur Herstellung der Zirkularpolarisation, sowie zur Messung ihrer Größe, siehe z.B. meine Dissertation<br />

[17], p.49-52.<br />

110


3.3. Die inhomogene Strain-Relaxation<br />

muss sich prinzipiell eine Transmissionsasymmetrie ergeben. Der Grund liegt in der Polarisationsabhängigkeit<br />

der Reflexion an Oberflächen, die sich in den Fresnelschen Formeln<br />

ausdrückt. Dieser ”<br />

Fresnel-PITA“-Effekt führt allerdings für realistische Experimentaufbauten<br />

nur zu kleinen Transmissionsasymmetrien im wenige ppm-Bereich.<br />

Im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchungen wurde ein weiterer Effekt beobachtet<br />

(siehe Abschnitt 3.5.1), der auf Interferenz beruht und – auch bei scheinbarer<br />

Abwesenheit einer Analysatorstärke – erhebliche Intensitätsasymmetrien von mehreren<br />

1000 ppm erzeugen kann.<br />

Waren die Paritätsexperimente <strong>mit</strong> undeformiertem GaAs in den 1980-er Jahren von<br />

solchen Effekten schon stark behindert 3 , so wurde von Mair et al. [145] beobachtet,<br />

dass eine Strained-Layer-Photokathode ähnlich wie ein unvollkommener dichroitischer<br />

Polarisator wirkt, also eine unterschiedliche Absorption je nach Ausrichtung der Linearpolarisationskomponenten<br />

aufweist. Dies kann durch eine effektive Analysierstärke des<br />

verformten Kristalls ausgedrückt werden. Diese kann bis zu 10% betragen und wird<br />

daher bei Experimenten <strong>mit</strong> deformierten GaAs die helizitätskorrelierten Effekte dominieren.<br />

Der Einsatz der ”<br />

hochpolarisierenden“ Strained-Layer-Kathoden ist jedoch<br />

im A4-Experiment sehr wünschenswert, weil gegenüber einem undeformierten Material<br />

(bulk-GaAs) mehr als die doppelte Polarisation – und so<strong>mit</strong> die vierfache statistische<br />

Effizienz – erzielt wird.<br />

Die unerwünschte Analysierstärke der Strained-Layer-Kathode (im folgenden allgemein<br />

als s-GaAs abgekürzt) soll im folgenden Abschnitt zunächst näher erläutert werden.<br />

3.3. Die inhomogene Strain-Relaxation<br />

3.3.1. Physikalischer Hintergrund<br />

Die von Mair et al. beschriebene Analysierstärke hat ihren Grund in einer Störung der<br />

Symmetrie der Strained-Layer-Kathode 4 .Für einen durch x-y-symmetrische Spannung<br />

verformten Kristall werden die Lösungen der Schrödingergleichung zunächst symmetrisch<br />

unter Vertauschung von x und y (den Koordinaten in der Ebene) sein.<br />

Im realen Kristall treten jedoch komplexe Effekte auf: Zunächst kommt es in den<br />

aktiven Zonen der Photokathode zur ”<br />

Strain-Relaxation“:<br />

Das verformte-GaAs (s-GaAs) wächst bei sehr dünnen Schichtdicken zunächst auf<br />

das Substrat auf und nimmt in der Ebene die Gitterkonstante des Substrats an (Bild<br />

3.3, A). Dies ist energetisch günstiger als <strong>mit</strong> der eigentlichen GaAs-Gitterkonstante<br />

zu wachsen, weil im letzteren Fall keine geeignete Konfiguration zur Bindung <strong>mit</strong> dem<br />

Substrat vorliegt.<br />

Es ergibt sich also das Wachstum eines perfekten, aber verformten Kristalls, der zwei<br />

charakteristische Gitterkonstanten a Substrat , a vert aufweist, die beide nicht <strong>mit</strong> der Git-<br />

3 Die im folgenden beschriebenen Kompensationstechniken wurden zum Teil bereits dort angewendet.<br />

4 Weitere Informationen zu den Eigenschaften und den physikalisch-technischen Grundlagen der Herstellung<br />

der Strained-Layer-Kathoden finden sich im Anhang A.2.<br />

111


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

A<br />

B<br />

C<br />

a GaAs<br />

a GaAs<br />

avert<br />

a GaAs<br />

X<br />

a GaAs<br />

X<br />

X<br />

X<br />

a substrat<br />

a substrat<br />

a substrat<br />

Fehlanpassungsversetzung<br />

‘Propagation’<br />

der Fehlanpassung<br />

Abbildung 3.3.:<br />

Bei kleinen Dicken ist die Konfiguration <strong>mit</strong> einer Fehlanpassungs-<br />

Versetzung (Bildteil B) energetisch ungünstiger als das Wachstum als perfekter<br />

Kristall <strong>mit</strong> durchgängiger Verformung (A). Bei größeren Dicken liegt<br />

Zustand B vor; unter Umständen kann die Fehlanpassungsversetzung bis zur<br />

Oberfläche ”<br />

propagieren“(Bildteil C).<br />

terkonstante des ungestörten Kristalls übereinstimmen. Diese Situation wird ”<br />

Kohärente<br />

Verformung“ (engl. Coherent Strain) genannt.<br />

Nimmt die Schichtdicke zu, so wächst die Abweichung der Gesamtenergie des Kristalls<br />

von seinem Grundzustand (d.h. Wachstum <strong>mit</strong> der Gitterkonstante von GaAs), bis die 2<br />

dimensionale ”<br />

Reserve“ der Substratenergie kompensiert ist: Der s-GaAs kann relaxieren,<br />

indem die in der Abbildung, Teil B gezeigten Versetzungen entstehen. Die Dicke bei der<br />

dies der Fall ist, wird für eine Verformung des Epilayers ɛ =(a substrat − a epi )/a epi ≈ 0.01<br />

im allgemeinen <strong>mit</strong><br />

d krit = a epilayer<br />

≈ 100 a epi =50nm (3.12)<br />

ɛ<br />

abgeschätzt, realistischere Rechnungen ergeben noch deutlich geringere Werte (typisch<br />

25 nm). Der in der Abbildung gezeigte Mechanismus wird Misfit-Dislocation“ (Übersetzt<br />

etwa Fehlanpassungs-Versetzung“) genannt. Diese sind eindimensionale Kristall-<br />

”<br />

”<br />

fehler, die in der Abbildung 3.3 als Linien aus der Papierebene herausstehen. Die Versetzungen<br />

bilden sich vorwiegend in der Übergangszone zum Substrat aus. In der Tat<br />

werden bei praktisch allen s-GaAs Kathoden linienartige Strukturen von makroskopischer<br />

Länge (mm) an der Oberfläche beobachtet. Diese stehen in engem Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> den Fehlanpassungen in der Ebene, können aber diesen Fehlern nicht eins zu eins<br />

zugeordnet werden (siehe Abbildung 3.3 C). Auch ein an der Oberfläche völlig glatter<br />

Kristall kann Anpassungsversetzungen <strong>mit</strong> seinem Substrat besitzen, siehe Abbildung<br />

3.3 B oder [146]. Zwischen der Situation <strong>mit</strong> kohärentem Strain und dem völlig relaxierten<br />

Zustand gibt es eine Übergangssituation, bei der zwar schon Versetzungen existieren,<br />

aber im Mittel immer noch eine Verformung vorliegt. Dies erlaubt den s-GaAs bis zu<br />

150 nm dick werden zu lassen und so<strong>mit</strong> optimale Quantenausbeuten zu erhalten. Die<br />

Fehlanpassungsversetzungen laufen in den kristallographischen Richtungen (110), (110),<br />

112


3.3. Die inhomogene Strain-Relaxation<br />

was nicht verwundert, da diese Richtungen auch die Spaltrichtungen des GaAs Kristalls<br />

sind, denn bei einer Spaltung in dieser Richtung werden die wenigsten Bindungen pro<br />

Flächeneinheit gebrochen.<br />

Erstaunlich ist jedoch, dass im Dickenbereich zwischen 50 und 200 nm die Fehlanpassungen<br />

bevorzugt in einer kristallographischen Richtung liegen, während bei noch größeren<br />

Dicken die Versetzungen wieder einigermaßen gleich verteilt sind. Im erstgenannten<br />

Übergangsbereich wird der s-GaAs, aus dem Zwang heraus eine hohe Quantenausbeute<br />

zu erzielen, betrieben. Er befindet sich dann im Zustand der ”<br />

Inhomogenen Strain-<br />

Relaxation“, denn es gibt eine Vorzugsrichtung in der die Verformung besser erhalten<br />

ist: Existieren die Fehlanpassungsversetzungen nur in der in Abbildung 3.3, B gezeigten<br />

Richtung, so ist die Gitterkonstante entlang dieser Richtung in der Substratebene noch<br />

immer a substrat .<br />

Durch diese räumlich inhomogene Strain-Relaxation (im folgenden:ISR) ist die x/y<br />

Symmetrie des Kristall-Hamiltonoperators gestört. Es handelt sich um eine Scherungsverformung,<br />

die durch Nichtdiagonalelemente ɛ xy des Verformungstensors gekennzeichnet<br />

ist. So<strong>mit</strong> kommt es zu einer Mischung der Wellenfunktionen unter diesem Störoperator.<br />

Die Lösungen des ungestörten Hamiltonoperators sind das Heavy-Hole-Band 5<br />

(|3/2, ±3/2 >), das durch die uniaxiale Verformung um ca. 0.05 eV abgespaltene Light-<br />

Hole-Band (|3/2 ± 1/2 >) und das durch die Feinstrukturaufspaltung abgetrennte Split-<br />

Off-Band (|1/2, ±1/2 >). Das für die Photoabsorption an der Schwelle (und da<strong>mit</strong> für die<br />

Spinpolarisation) entscheidende Heavy Hole Band geht dann in folgenden Mischzustand<br />

über<br />

|3/2 ± 3/2 > ɛxy≠0<br />

−→ |3/2 ± 3/2 > ∓ iV defɛ xy<br />

|3/2 ∓ 1/2 > + i√ 2V def ɛ xy<br />

|1/2 ∓ 1/2 >.<br />

E hh − E lh E hh − E so<br />

(3.13)<br />

Dabei ist V def ein Materialparameter, das so genannte Deformationspotential. Bei<br />

einer Anregung <strong>mit</strong> exakt zirkularpolarisertem Licht können keine anderen Δm =1<br />

Übergänge als im ungestörten Zustand auftreten, da nur Zustände beigemischt sind,<br />

deren magnetische Quantenzahl um 2 Einheiten höher liegen. Von diesen Zuständen aus<br />

sind also keine σ-Übergänge in den alternativen Spinzustand im Leitungsband möglich.<br />

Liegen jedoch linearpolarisierte Anteile im Anregungslicht vor, so können Δm =<br />

0 Übergänge stattfinden. Diese sind einerseits depolarisierend, aber zusätzlich ist ihre<br />

Stärke von der Orientierung des Polarisationsvektors relativ zur Relaxationsachse<br />

abhängig. Durch die unterschiedlich starke Absorption folgt eine unterschiedliche<br />

Quanteneffizienz der Photokathode und so<strong>mit</strong> eine Anisotropie des Emissionsstroms in<br />

Abhängigkeit von der Ausrichtung der Linearpolarisationskomponenten. Diese Anisotropien<br />

können leicht durch eine Messung der Quantenausbeute als Funktion der Orientierung<br />

der Lichtpolarisation gemessen werden: Abbildung 3.4 zeigt eine Messung, die<br />

von unserer Gruppe zum Vergleich zwischen einer Strained-Layer-Kathode und einer<br />

unverformten bulk-GaAs Kathode durchgeführt wurde [147].<br />

5 Weitere Informationen zu den Wellenfunktionen des GaAs finden sich im Anhang A.1 und A.2.<br />

113


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Abbildung 3.4.: Quantenausbeuten als Funktion der Orientierung der Linearpolarisation für<br />

einen Strained- Layer-Kristall (Typenbezeichnung X-1111) und einem undeformierten<br />

GaAs-Kristall.<br />

Die Amplitude A ISR der Kurve ist in der Auftragungsweise der Abbildung gleich<br />

der beobachteten Asymmetrie des Emissionsstroms, wenn man die Polarisation vom<br />

Maximum der Kurve aus um 90 Grad dreht. Wenn es jetzt <strong>mit</strong> der Helizität variierende<br />

Linearpolarisationsanteile <strong>mit</strong> dem relativen Anteil R I gibt, die je nach Helizität z.B.<br />

von Null nach 90 Grad variieren, so beobachtet man eine helizitätskorrelierte Stromasymmetrie<br />

(I-FHA) von<br />

I − FHA = R I A ISR cos(2θ k ) (3.14)<br />

Wobei θ k die Orientierung der variierenden Komponenten relativ zur bevorzugten<br />

Achse der Strain-Relaxation ist. In der Diskussion der Messergebnisse der Zirkularpolarisation<br />

wurde gezeigt, dass es schwierig ist, die Linearpolarisationsanteile im Anregungslicht<br />

der Quelle auf unter 2% zu verkleinern. Die typische Schaltasymmetrie wird<br />

daher von der Größenordnung 10 −3 sein.<br />

Unsere Arbeitsgruppe hat zwei unterschiedliche Ansätze verfolgt, um dieses Problem<br />

zu lösen: Einerseits kann man versuchen die linearpolarisierten Anteile so zu orientieren,<br />

dass cos(2θ k ) = 0 ist, die Anteile also symmetrisch um die Relaxationsachse herumschalten“<br />

(Abschnitt 3.4). Andererseits wurde versucht, Materialien zu finden, die bei ”<br />

akzeptabler Polarisation eine deutlich kleinere (bzw. gar keine) Anisotropie aufweisen,<br />

die sich also verhalten wie die GaAs Photokathode in Abbildung 3.4.<br />

114


3.3. Die inhomogene Strain-Relaxation<br />

Typ aktives Material Pol. A ISR (%)<br />

Bulk-Kathode GaAs 0.3 < 0.2<br />

Strained-Layer (1998) s − GaAs .95 P .05 0.73 6<br />

Strained-Superlattice (1998) In .15 GaAs .85 /Al .25 GaAs .75 0.82 3.5<br />

Unstrained-Superlattice (1998) GaAs/Al .35 GaAs .65 0.62 1<br />

Strained-Layer (2002) s − GaAs .95 P .05 0.8 3.5<br />

SL-5-998 (2005) In .16 Al .2 Ga .64 As/Al .28 Ga .72 As 0.8 2.0<br />

Tabelle 3.1.: Anisotropie A ISR verschiedener Photokathoden.<br />

3.3.2. Alternative Materialien zu uniaxial deformiertem GaAs<br />

So genannte Quanten-Übergitter-Strukturen (Superlattices) sind eine Alternative zu den<br />

Strained-Layer-Kathoden. Superlattices bestehen aus einer periodischen Abfolge von<br />

zwei verschiedenen Halbleiterschichten, z.B. GaAs/GaAlAs 6 .<br />

Die Periode der Übergitter ist kleiner als die kritische Dicke, es sollten sich daher keine<br />

Versetzungen ausbilden und es sollte – selbst wenn die wechselnden Übergitter-Schichten<br />

verschiedene Gitterkonstanten besitzen und daher unter Verspannung stehen – nicht zu<br />

einer Strain-Relaxation kommen. Im Rahmen der Dissertation von Jörg Schuler wurde<br />

in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> der Arbeitsgruppe von T. Nakanishi an der Universität Nagoya<br />

diese Hypothese getestet. Dabei wurden einerseits Übergitter verwendet, bei denen die<br />

Einzelschichten eine angepasste Gitterkonstante besitzen ( ”<br />

Unstrained-Superlattice“),<br />

als auch solche <strong>mit</strong> unangepassten Schichten ( ”<br />

Strained-Superlattice“). Die Resultate<br />

finden sich in der Tabelle 3.1:<br />

Die Anisotropien der Übergitter sind in der Tat deutlich kleiner als die der Strained-<br />

Layer-Kathode aus Abb. 3.4, was aber noch immer zu inakzeptablen Intensitätsasymmetrien<br />

führen würde. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen wurde der relativ kleine<br />

Vorteil der geringeren Anisotropie sowohl durch eine Vielzahl von technischen (siehe<br />

Anhang A.2) Problemen als auch insbesondere von der nicht gesicherten Versorgung <strong>mit</strong><br />

diesen Kathoden aufgehoben. Daher wurde entschieden, auch für das A4-Experiment<br />

Strained-Layer-Kathoden zu verwenden und die oben angesprochene Kompensationsmethode<br />

(cos(2θ K ) = 0) anzuwenden. Im weiteren Verlauf stellte sich erfreulicherweise<br />

heraus, dass bei zunehmender Perfektion der Kathoden die ISR weiter abnimmt: Die<br />

bislang besten Strained-Layer-Photokathoden vom Wafer X-2208 – die in den bisherigen<br />

A4-Strahlzeiten ausschließlich eingesetzt wurden – weisen eine <strong>mit</strong> den älteren Übergittern<br />

vergleichbare Anisotropie auf.<br />

Inzwischen hat sich die Situation durch die Weiterentwicklung der Strained-Superlattice-Kathoden<br />

wiederum geändert: Diese Kathoden (siehe Kapitel 2) sind neuerdings<br />

besser regenerierbar und besitzen bei gleicher Polarisation höhere Quantenausbeuten<br />

als eine Strained-Layer-Kathode. Seit Ende 2004 kann das A4-Experiment auch <strong>mit</strong> der<br />

Superlattice Kathode SL-5-998 betrieben werden, die eine besonders kleine Emissionsanisotropie<br />

aufweist.<br />

6 Mehr Informationen zur Physik von Superlattices finden sich in Kapitel 2 und Anhang A.<br />

115


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

3.4. Stromasymmetrie<br />

3.4.1. Stokes Parameter und Müller Matrizen<br />

Die oben besprochene falsche helizitätskorrelierte Stromasymmetrie (I-FHA) hängt von<br />

der Existenz von Linearpolarisationskomponenten ab, die ihre Orientierung <strong>mit</strong> der<br />

Strahlhelizität wechseln. Ein extremes Beispiel wäre es, den Phasenvorschub beim Helizitätswechsel<br />

dermaßen falsch einzustellen, dass er im ”<br />

σ + “ Betrieb π und im ”<br />

σ − “-<br />

Zustand Null beträgt. In diesem Fall wird eine einfallende Linearpolarisation (<strong>mit</strong> einer<br />

45 Grad Ausrichtung der Polarisation zur Verzögerungsachse) helizitätsabhängig um<br />

90 Grad gedreht und hinter einem ”<br />

Analysator“ beobachtet man eine Intensitätsasymmetrie,<br />

die (je nach Ausrichtung des Analysators) der Analysierstärke des Analysators<br />

entsprechen kann. Diese Anordnung wird bei einem in einem späteren Abschnitt beschriebenen<br />

Experiment ausgenutzt, um dynamische Effekte des Helizitätswechsels zu<br />

untersuchen.<br />

Natürlich wird man in der Realität versuchen, sich der erwünschten Situation (Phasenvorschub<br />

±π/2) so gut wie möglich anzunähern. Es ist daher notwendig, eine quantitative<br />

Beschreibung für kleine Abweichungen von der idealen Situation zu erzielen, was<br />

<strong>mit</strong> Hilfe des Stokes/Müller-Formalismus erreicht werden kann:<br />

Die Polarisation des Lichtfeldes wird durch die vier Stokes Parameter definiert. (S 0 =<br />

Intensität, S 1 ,S 2 : Parameter zur Beschreibung der Linearpolarisation und S 3 : Zirkularpolarisation.)<br />

Für i =1, 2, 3 gilt −1 ≤ S i < 1, für die Linearpolarisationen beschreibt<br />

ein Vorzeichenwechsel eine Drehung der Komponente um 90 Grad.<br />

Die Herleitung und Interpretation dieser Parameter wird im Anhang C.2.1 skizziert.<br />

Für die formale Beschreibung der Polarisationsmanipulation ergibt sich die Möglichkeit<br />

die Größe S =(S 0 ,S 1 ,S 2 ,S 3 )als ”<br />

Stokes-Vektor“ zu definieren und die Wirkung der<br />

Polarisationselemente als vierdimensionale Matrizen (so genannte Müller-Matrizen, (siehe,<br />

z.B., [148], p. 67ff.) zu beschreiben. Der ”<br />

Stokes Vektor“ ist kein Vektor im Sinne der<br />

Definition eines Vektors, speziell darf man zwei verschiedenwertige Stokes Vektoren nur<br />

dann addieren, wenn die Strahlen inkohärent sind. Der Vorteil dieses Formalismus liegt<br />

in der Anschaulichkeit, sowohl für die Einträge des Vektors (Messgrößen!) als auch für die<br />

Matrixelemente. Eine andere Möglichkeit ist es, die Feldgrößen in einen zweikomponentigen,<br />

komplexen Vektor einzutragen und die Wirkung der Elemente durch komplexwertige<br />

zweidimensionale Matrizen – so genannte Jones-Matrizen ([148], p.187ff.) – darzustellen.<br />

Hier ist der Vorteil, dass kohärente Überlagerungen richtig behandelt werden und die<br />

Rechnung kompakter ist. Andererseits muss nach Abschluss der Rechnung der Jones-<br />

Vektor wieder auf beobachtbare Größen (Stokes-Parameter) umgerechnet werden. Im<br />

folgenden wird daher der Stokes/Müller Formalismus auf die nicht-ideale Polarisationsoptik<br />

angewandt.<br />

116


3.4.2. Beschreibung nicht-idealer Optik im Stokes/Müller<br />

Formalismus<br />

3.4. Stromasymmetrie<br />

Wie im Abschnitt über die inhomogene Strain-Relaxation beschrieben wurde, wirkt eine<br />

Strained-Layer-Kathode wie ein unvollkommener Polarisator. Wenn ein Stokesvektor der<br />

Intensität S 0 =1einfällt, so wird hinter der Kathode eine Intensität S 0,kath vorliegen, d.h.<br />

1 − S 0,kath ist proportional zur erwartenden Photoemission 7 . Durch den von Müller angegebenen<br />

Matrizenformalismus für polarisierende Elemente lässt sich der Stokes-Vektor<br />

hinter dem ”<br />

Kathodenpolarisator“ angeben<br />

S ± kath = M ISR(θ k )M opt (θ i ,φ i )M C (β,φ C )M ± PZ (θ, Φ± )S in . (3.15)<br />

Die Stromasymmetrie berechnet sich dann zu<br />

A I = ΔI<br />

I<br />

= −(S+ 0,kath − S− 0,kath )<br />

S + 0,kath + . (3.16)<br />

S− 0,kath<br />

Dabei ist S in =(1,ɛ 1 ,σ,ɛ 3 ) T der Stokes-Vektor des durch den Eingangspolarisator des<br />

Systems hergestellten, hier als vollständig polarisiert angenommenen Lichts. ɛ 1 ,ɛ 3 sind<br />

kleine“ Stokeskomponenten, die wie im Anhang gezeigt wird, durchaus eine Größe von<br />

”<br />

10 −3 besitzen können. σ ist wegen σ 2 + ɛ 2 1 + ɛ3 2 = 1 eine Diagonalpolarisation, die knapp<br />

unterhalb von 1 liegt.<br />

Die Matrizen M PZ ,M C ,M OPT sind Müller-Matrizen für nicht perfekte Verzögerer, die<br />

in dieser Rechnung zwar eine perfekte Transmission, aber ansonsten folgende nicht-ideale<br />

bzw. variable Parameter haben sollen:<br />

• M ± PZ (θ, Φ± ): Matrix der realen Pockelszelle: θ beschreibt die Abweichung der Orientierung<br />

der optischen Achse der Pockelszelle vom Sollwert (θ = 0) und Φ ±<br />

den Phasenvorschub für die beiden Helizitätszustände. Dieser Phasenvorschub soll<br />

nun kleine Abweichungen von der Sollphase aufweisen, die sich folgendermaßen<br />

darstellen: Φ ± = ±π/2 ± φ S + φ A .Dabeiistφ S =(Φ + − Φ − − π)/2 die symmetrische<br />

Abweichung von der Sollphase, während φ A =(Φ + +Φ − )/2 die eventuelle<br />

Ungleichheit des Betrags der Phasenvorschübe repräsentiert, was z.B durch eine<br />

Unsymmetrie der Schaltspannung ausgelöst werden kann, wenn V + ≠ −V − ist.<br />

• M C (β,φ C ) (Matrix der realen Kompensatorhalbwellenplatte) Hierbei ist β der variable<br />

Drehwinkel der Halbwellenplatte um die Strahlausbreitungsrichtung und φ C<br />

die Abweichung der Verzögerung vom Sollwert π.<br />

• M OPT (θ i ,φ i ): Ist die resultierende Matrix, die sich aus einer möglichen Doppelbrechung<br />

der einzelnen optischen Komponenten zwischen Kompensator und Photokathode<br />

ergibt. Dies bedeutet, dass mehrere Komponenten <strong>mit</strong> kleinen Verzögerungswinkeln<br />

φ i vorliegen könnten, deren optische Achsen unter zufällig verteilten<br />

7 Für Kathoden <strong>mit</strong> aktiven Regionen, die groß gegen die Lichtabsorptionslänge sind würde der Effekt<br />

unterdrückt werden, speziell wenn die Diffusionslänge groß gegen die Absorptionslänge ist, siehe<br />

Kapitel 2 und Anhang A.5.<br />

117


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Orientierungen θ i liegen. Zwar werden diese Elemente so gut wie möglich auf das<br />

Fehlen von Doppelbrechung hin ausgewählt, jedoch haben auch die hierbei angewandten<br />

Methoden eine Empfindlichkeit, die auf wenige Millirad Phasenverzögerung<br />

begrenzt ist. Speziell problematisch ist eine mögliche Doppelbrechung des<br />

Vakuumfensters, was (siehe unten) auch experimentell nachgewiesen werden kann.<br />

• M ISR (θ k ) ist die Matrix, die die ”<br />

Polarisatorwirkung“ der Kathode aufgrund der<br />

inhomogenen Strain-Relaxation beschreibt. Dies ist ein Polarisator <strong>mit</strong> der Analysierstärke<br />

A ISR , der unter einem beliebigen Winkel θ k zur Eingangspolarisation<br />

stehen kann.<br />

Selbstverständlich werden alle helizitätskorrelierten Effekte in dieser Modellrechnung<br />

vom Schaltvorgang in der Pockelszelle ausgelöst.<br />

Hier zunächst die Auswirkungen einer idealen Pockelszelle (Details siehe Anhang C)<br />

auf den Eingangs-Stokesvektor<br />

S PZ = M PZ (0, ±π/2)S in =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 1 0 0<br />

0 0 0 ∓1<br />

0 0 ±1 0<br />

⎞ ⎛ ⎞ ⎛<br />

1<br />

⎟ ⎜ ɛ 1<br />

⎟<br />

⎠ ⎝ σ ⎠ = ⎜<br />

⎝<br />

ɛ 3<br />

1<br />

ɛ 1<br />

∓ɛ 3<br />

±σ<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ . (3.17)<br />

Es werden daher bei einer von Null verschiedenen Eingangszirkularpolarisation ɛ 3<br />

bereits bei einer idealen Pockelszelle alternierende Linearkomponenten hinter der Zelle<br />

vorliegen. Die Komponente S PZ,3 = ±σ repräsentiert die erwünschte Umkehr der<br />

Zirkularpolarisation.<br />

Im Anhang wird die Matrix eines Verzögerers für beliebige Orientierungs- und Verzögerungswinkel<br />

angegeben. Dabei sind die Matrixelemente M 33 und M 44 ≈ cos(Φ ± ). Die<br />

Phasen Φ ± sind durch ±π/2 ± φ s + φ A gegeben, eine Taylorentwicklung an den Stellen<br />

±π/2 ergibtdannM 33 = M 44 = φ S ∓ φ A . Die vollständige, genäherte Matrix lautet 8<br />

M PZ (θ, ±Φ) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎞<br />

1 0 0 0<br />

0 1 2θ ±2θ<br />

0 2θ −φ S ∓ φ A ∓1<br />

0 ∓2θ ±1 −φ S ∓ φ A<br />

Der Stokes-Vektor S PZ hinter der Zelle schreibt sich also<br />

S PZ,0 = 1<br />

S PZ,1 = ɛ 1 +2θσ ± 2θɛ 3 ≈ 0<br />

S PZ,2 = 2θɛ 1 + φ S ∓ φ A σ ∓ ɛ 3 ≈ ∓(φ A + ɛ 3 )<br />

S PZ,3 = ∓2θɛ 1 ± σ ± φɛ 3 ≈ ±σ.<br />

⎟<br />

⎠ . (3.18)<br />

(3.19)<br />

Der Sinn der Vernachlässigung der Terme auf der rechten Seite von Gleichung 3.19<br />

ist, dass nur helizitätskorreliert fluktuierende Komponenten für diese Betrachtung interessant<br />

sind und außerdem nur Terme berücksichtigt werden, in denen die kleinen<br />

8 Aufgrund der Näherungen erhält diese Matrix die Norm des Stokes Vektors nicht mehr.<br />

118


3.4. Stromasymmetrie<br />

Größen linear eingehen. Offensichtlich ist zusätzlich zu ∓ɛ 3 die Größe ∓φ A als weitere<br />

helizitätskorreliert fluktuierende Linearpolarisationskomponente entstanden. Der Vorzeichenwechsel<br />

einer Linearpolarisationskomponente im Stokesformalismus entspricht aber<br />

einer Rotation um 90 Grad, die bei Anwesenheit analysierender Elemente in der folgenden<br />

Optik zu Intensitätsasymmetrien führt.<br />

Die Wirkung der übrigen Matrizen, die keine helizitätsabhängigen Terme besitzen,<br />

wird darin bestehen, die in S PZ vorliegenden Komponenten weiter zu vermischen.<br />

Verwendet man jetzt die im Anhang angegebenen Matrizen für M C ,M opt und M ISR ,<br />

so erhält man nach 3.15, 3.16 folgende Intensitätsasymmetrie des Strahlstroms, wenn die<br />

Kompensatorwellenplatte um einen Winkel β relativ zum Eingangspolarisator gedreht<br />

wird (Das zugehörige experimentelle Resultat findet sich in Abbildung 3.5)<br />

A I (β) =A ISR ((φ A + ɛ 3 )sin(2θ k − 4β) − σφ C sin(2θ k − 2β)+σDcos(2θ k + χ))) .<br />

(3.20)<br />

Ein wichtige Konsequenz dieser Analyse ist, dass die helizitätskorrelierte Stromasymmetrie<br />

nicht vom symmetrischen Anteil φ S des Phasenvorschubs abhängt. Die Drehwinkelabhängigkeit<br />

der Summanden der obigen Gleichung kann folgendermaßen veranschaulicht<br />

werden:<br />

a) Der 4-fachperiodische Summand (∝ sin(4β)), wird durch die Linearkomponenten<br />

erzeugt, die bereits vor der Kompensator-Halbwellenplatte vorliegen. Diese werden von<br />

der Halbwellenplatte um 2β gedreht, und die 180 Grad Symmetrie des Photokathoden-<br />

Polarisators“ verdoppelt den Winkel erneut.<br />

”<br />

b) Der <strong>mit</strong> der doppelten Frequenz (∝ sin(2β)) variierende Summand resultiert aus<br />

dem Phasenfehler der Kompensatorplatte selbst. Dieser Fehler führt zu Linearkomponenten,<br />

die aus der einfallenden Zirkularpolarisation erzeugt werden und sich um β drehen;<br />

der Effekt auf die Intensität wird wie unter a) durch den Polarisator“ verdoppelt.<br />

”<br />

c) Von β unabhängige Terme könnten aus der vermuteten Doppelbrechung der Optik<br />

hinter der Kompensatorplatte stammen. Dabei repräsentieren D und χ die Amplitude<br />

und Phase der summierten Effekte der Doppelbrechung der optischen Komponenten<br />

zwischen Kompensator und Kathode (näheres siehe Anhang C).<br />

Die Stromasymmetrie lässt sich also minimieren, indem man einen der Nullpunkte<br />

der Kurve A I (β) aufsucht. Sind die Nichtidealitäten“ φ ” C ,φ A jedoch gegenüber dem<br />

β-unabhängigen Term zu klein, so wird die Kurve keinen Nullpunkt aufweisen, was in<br />

unserem Fall bei symmetrischer Einstellung des Phasenvorschubs – d.h. eigentlich optimaler<br />

Pockelszellenspannung – tatsächlich beobachtet wurde. Dann kann man, z.B.<br />

durch unsymmetrische Wahl der Pockelszellenhochspannungen, einen geeignet großen<br />

asymmetrischen Vorschub erzeugen, was den Nulldurchgang der Kurve erzwingt. In unserem<br />

Fall wählten wir ein φ A von etwa 3.4 Grad, was durch eine Unsymmetrie der Pockelszellenspannungen<br />

von 100 Volt (V + = 2900,V − = 2700 Volt) erzeugt wurde. Die<br />

resultierende Abnahme der Zirkularpolarisation (hier etwa 1%) kann in Kauf genommen<br />

werden. Natürlich kann man den konstanten Untergrund auch durch das Aufsuchen der<br />

Nullstellen der Funktion σDcos(2θ k +χ) kompensieren, da die Elektronenquelle <strong>mit</strong> einer<br />

Drehdurchführung versehen ist, die eine Rotation der Kathode – und da<strong>mit</strong> die Varia-<br />

119


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

tion des Winkels θ K –während des Betriebs erlaubt. Die experimentelle Beobachtung<br />

dieser Nullstellen zeigt Abbildung 3.6. Allerdings bedeutet dies in der Praxis eine gewisse<br />

Einschränkung, da man den Freiheitsgrad des Kathodendrehwinkels zur Optimierung<br />

der Quantenausbeute nutzen möchte.<br />

3.4.3. Experimentelles Resultat<br />

Die folgende Abbildung 3.5 zeigt die beobachtete Intensitätsasymmetrie am A4-Target<br />

als Funktion des Drehwinkels der Kompensatorhalbwellenplatte.<br />

Abbildung 3.5.: Helizitätskorrelierte Stromasymmetrie am A4-Experiment als Funktion des<br />

Drehwinkels der Kompensator-Halbwellenplatte.<br />

Die experimentellen Daten werden gut durch eine Funktion, die die Form von Gleichung<br />

3.20 hat, beschrieben. Aus dem Fit und den bekannten Werten A ISR =3.5%,σ ≈ 1<br />

lassen sich die Abweichungen von den idealen Größen extrahieren :<br />

(φ A + ɛ 3 ) = 4 Grad (3.21)<br />

φ C =0.9Grad<br />

Der erste Wert ist fast in Übereinstimmung <strong>mit</strong> dem bewusst eingestellten Wert von<br />

φ A ,sodassɛ 3 wahrscheinlich nur wenig beiträgt. Der Wert von φ C stimmt <strong>mit</strong> der<br />

Spezifikation des Herstellers der Halbwellenplatte überein.<br />

120


3.4. Stromasymmetrie<br />

Um nachzuweisen, dass der vom Drehwinkel β unabhängige Term wirklich durch eine<br />

Doppelbrechung der optischen Elemente zwischen Kompensator und Kathode zustande<br />

kommt, wurde die Polarisationsoptik aus Bild 3.2 noch einmal 9 <strong>mit</strong> den gleichen optischen<br />

Elementen wie an der Elektronenquelle aufgebaut. Der Effekt der durch die inhomogene<br />

Strain-Relaxation ver<strong>mit</strong>telten Strahlstromasymmetrie wurde simuliert, indem<br />

die Lichtintensität hinter einem Polarisator gemessen wurde. Die in diesem Fall ca. 30<br />

fach höhere Analysierstärke des Polarisators (im Vergleich zur Photokathode) erhöht die<br />

Empfindlichkeit. Dabei wurde die Intensitätsasymmetrie wie in Abbildung 3.5 vermessen<br />

und zwar zunächst, ohne dass optische Elemente zwischen Kompensator und Polarisator<br />

eingebaut waren. Dann wurden die optischen Elemente (Kopien der zwei Linsen des<br />

Teleskops und des Vakuumfensters) sukzessive in den Zwischenraum eingesetzt und die<br />

Messung wiederholt.<br />

Dabei zeigte sich von der ersten zur letzten Messung eine erhebliche Steigerung des<br />

Offsetterms um das Fünffache auf schließlich 2.5%. Die letztere Größe wäre auf die<br />

Dreißigfach geringere Analysierstärke der Photokathode umgerechnet etwa 850 ppm, was<br />

dem in der Messung am Beschleuniger beobachteten Offset von 800 ppm nahekommt.<br />

Der wichtigste Faktor ist die Doppelbrechung des Vakuumfensters.<br />

3.4.4. Stabilität der Kompensation<br />

Der Nullabgleich der helizitätskorrelierten Stromasymmetrie wird durch eine geeignete<br />

Wahl des Winkels β erreicht. Hierbei ist bei einer Amplitude von einigen 1000 ppm eine<br />

Empfindlichkeit der Winkeleinstellung der Halbwellenplatte von einigen hundertstel<br />

Grad notwendig, was keine technische Problematik darstellt. Bei laufender Strahlstromstabilisierung<br />

ist die Anforderung an die Einstellgenauigkeit sogar nochmals um den<br />

Faktor 5-7 geringer.<br />

Die Temperaturempfindlichkeit des Phasenschubs einer KD*P Pockelszelle liefert einen<br />

symmetrischen Fehler des Phasenvorschubs von 3.5%/K. Erfreulicherweise hängt jedoch<br />

die Intensitätsasymmetrie in erster Ordnung (Gleichung 3.20) nicht vom symmetrischen<br />

Phasenfehler ab. Allerdings gibt es einen Effekt zweiter Ordnung, weil zum Nullabgleich<br />

die Phasenunsymmetrie φ A =3.4 Gradgewählt wird, diese ändert sich entsprechend, so<br />

dass die ”<br />

4β“-Amplitude sich ebenfalls um 3.5% erhöht. Dies führt beim hier vorliegenden<br />

Beispiel (Abbildung 3.5) zu einer Drift der Schaltasymmetrie von<br />

ΔA =50ppm/K (3.22)<br />

Dies stellt noch kein ernsthaftes Problem dar, weil erstens die Temperaturstabilität der<br />

Beschleunigerhalle sehr gut ist (die täglichen Schwankungen sind unter Umständen nur<br />

wenige Zehntel Kelvin) und zweitens wird diese Drift durch die Strahlstromstabilisierung<br />

weiter unterdrückt.<br />

9 Die Komponenten aus dem A4-Experiment stehen für solche Untersuchungen nicht zur Verfügung:<br />

Der Ausbau z.B. des Vakuumfensters aus der PKA1 Installation bedeutet aufgrund der Belüftung<br />

des komplexen Vakuumsystems einen Arbeitsaufwand von etwa 4 Mannwochen und einen etwa<br />

dreiwöchigen Strahlzeitausfall.<br />

121


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Abbildung 3.6.: Verhältnis des konstanten Offsetterms zum 4-fach periodischen Term bei<br />

einer Variation des Orientierungswinkels der Kathode. Die Normierung ist<br />

vermutlich notwendig, weil bei der Drehung unterschiedliche Areale der Kathode<br />

<strong>mit</strong> jeweils anderen Analysierstärken zur Emission beitragen.<br />

122


3.5. Asymmetrien der Strahllage und Strahlform<br />

Die Temperaturdrift der Phase (und da<strong>mit</strong> des Phasenfehlers) der Halbwellenplatte<br />

φ C 10 ist etwa 0.018 Grad/K, was zu einem Effekt von ähnlicher Größenordnung führt.<br />

Der Kompensationsmechanismus ist also relativ robust gegen Temperaturänderungen,<br />

und genügt zumindest den heutigen Anforderungen des A4-Experiments.<br />

Es verbleibt jetzt zu untersuchen, ob andere Strahlparameter ebenfalls helizitätskorrelierte<br />

Fluktuationen aufweisen.<br />

3.5. Asymmetrien der Strahllage und Strahlform<br />

Im folgenden werden zwei Mechanismen diskutiert, die helizitätsbedingte Strahlformänderungen<br />

auslösen können:<br />

• Interferenzeffekte<br />

• Mechanische Bewegung der Pockelszelle<br />

Zum besseren Verständnis sollen hier noch folgende Details des Aufbaus der hier verwandten<br />

Pockelszelle <strong>mit</strong> longitudinalem Feld ( ”<br />

Longitudinalmodulator“) vorangestellt<br />

werden:<br />

Die kommerziell erhältlichen Longitudinalmodulatoren <strong>mit</strong> dem in der Schnitt-Skizze<br />

3.7 dargestellten Konstruktionsprinzip haben den Vorteil, dass keine leitenden, transparenten<br />

Elektroden im Strahlengang sind, was die Transmission und die optische Zerstörungsfestigkeit<br />

verbessert. Auch die elektrische Kapazität der Zelle kann so minimiert<br />

werden. Die Pockelszellenfenster sind um einen kleinen Winkel (etwa 0.5 Grad, in der<br />

Abbildung nicht gezeigt) gegen die Achse des elektrooptisch aktiven KD*P Kristalls 11<br />

verkippt, weil die Rückreflexe bei der Verwendung der Zelle in Laserresonatoren zu parasitischen<br />

Oszillationen führen. So<strong>mit</strong> ist festzustellen, dass der Longitudinalmodulator<br />

auf die Bedürfnisse des schnellen Güteschaltens von hochintensiven Lasern hin optimiert<br />

ist. Diese Anordnung verhindert allerdings die Herstellung eines völlig gleichen Phasenvorschubs<br />

für alle Teile des Strahls:<br />

Man verwendet Ringelektroden aus Gold, die auf den zylindrischen Mantel des Kristalls<br />

aufgedampft sind, wobei der Strahl auf der Zylinderachse verläuft. Durch die Öffnung<br />

der Elektroden kommt es zum ”<br />

Felddurchgriff“, daher ist die Potentialdifferenz<br />

im KD*P auf der Achse immer etwas kleiner als auf dem Zylindermantel. Die quantitative<br />

Lösung der Potentialgleichung ist z.B. <strong>mit</strong> numerischen Methoden möglich, und<br />

wurde für KD*P von Steinmetz et al. [149] durchgeführt. Die interessanten Parameter<br />

sind das Verhältnis der Länge der Elektroden L zur Länge des felderfüllten Raumes Z,<br />

sowie der Durchmesser des KD*P-Kristalls. Für den Parametersatz unserer Zelle 12 folgt<br />

ein Spannungsunterschied von etwa ΔV =(V r=0 − V rand )/V rand =9%, bzw. etwa 8 Grad<br />

Phasendifferenz zwischen Rand- und Zentralstrahl im Viertelwellenbetrieb. Für unseren<br />

10 Herstellerangabe B. Halle Nachf. GmbH.<br />

11 Einige weiterführende Informationen zu KD*P finden sich in Anhang C.<br />

12 Gsänger IM12<br />

123


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

HV+<br />

HV-<br />

FET-Polwender<br />

el. isolierender Zellenkörper<br />

Indexanpassungsflüssigkeit<br />

KD*P Kristall <strong>mit</strong> aufgedampfter<br />

Elektrode<br />

+E<br />

-E<br />

Laser<br />

L<br />

Z<br />

L<br />

Fenster<br />

Elastische Ringe<br />

Abbildung 3.7.: Aufbau eines Longitudinalmodulators (Schnitt). Erklärung siehe Text.<br />

Laserstrahl, der die Apertur nur zu etwa einem Viertel ausleuchtet, sind die Phasenunterschiede<br />

im Strahl nur etwa ein Grad. Auch dieser Phasenfehler ist symmetrisch zur<br />

Spannungsumpolung und erzeugt daher in erster Ordnung keine helizitätskorrelierten<br />

Effekte.<br />

3.5.1. Interferenzeffekte<br />

Neben dem eigentlichen Laserstrahl entsteht durch Streuung an Oberflächen, Staubpartikeln<br />

und mehrfachen Reflexionen ein ”<br />

Lichthalo“, der nach der Photoemission entsprechend<br />

der lokalen Intensität auf der Photokathode auch einen ”<br />

Elektronenstrahlhalo“<br />

erzeugt. Aufgrund der Kohärenz des verwendeten Laserlichts kommt es auch zu Interferenzeffekten<br />

im Lichthalo. Das Interferenzmuster – und da<strong>mit</strong> die Verteilung der<br />

Intensität – kann vom Helizitätszustand abhängen: In einem klassischen Interferenzexperiment<br />

werden zwei unpolarisierte Teilstrahlen durch Streuung (z.B. an einem Doppelspalt)<br />

überlagert. Verwendet man für dieses Experiment jedoch linear polarisiertes<br />

Licht, so verändert sich das Interferenzmuster, wenn der Polarisationszustand der beiden<br />

Teilstrahlen relativ zueinander verändert wird. Zum Beispiel kann das Interferenzmuster<br />

völlig verschwinden, wenn die Polarisationen der Teilstrahlen auf geeignete Weise um 90<br />

Grad zueinander verdreht werden 13 . Dies charakterisiert aber annähernd die Verhältnisse<br />

beim Helizitätswechsel <strong>mit</strong> der Pockelszelle: Wie oben dargestellt wurde, können helizitätsabhängig<br />

Linearpolarisationskomponenten <strong>mit</strong> orthogonaler Ausrichtung erzeugt<br />

werden. Dies gilt um so mehr für ”<br />

Haloteilstrahlen“, die sich unter Umständen <strong>mit</strong><br />

großen Abweichungen von der Sollrichtung (die Zirkularpolarisation erzeugt) bewegen<br />

und daher weitaus größere helizitätskorreliert fluktuierende Linearkomponenten aufweisen<br />

können.<br />

13 Siehe hierzu die ausführliche Diskussion in [148], p. 256-276.<br />

124


3.5. Asymmetrien der Strahllage und Strahlform<br />

Abbildung 3.8.: Variation der Eintrittsfensterrückreflexe <strong>mit</strong> dem Helizitätszustand.<br />

Die Interferenzeffekte sind unabhängig von einer Analysierstärke der Photokathode,<br />

sie treten also auch in Experimenten <strong>mit</strong> bulk-GaAs auf. Diese Effekte können extreme<br />

Ausmaße annehmen, wie die Abbildung 3.8 demonstriert, die je ein Photo der Rückreflexe<br />

des Pockelszellen Eintritts- und Austrittsfensters für die Helizitätszustände zeigt.<br />

Weil die Fenster etwa 0.5 Grad schräg zur optischen Achse des KD*P-Kristalls der Pockelszelle<br />

orientiert sind, lassen sich die Rückreflexe bei gleichzeitig optimaler Justierung<br />

des KD*P-Kristalls der Zelle vom Hauptstrahl abseparieren und beobachten. Dort wo<br />

sich die Strahlen geometrisch überlagern, tritt im Viertelwellenbetrieb der Zelle eine<br />

helizitätsabhängige Intensitätsmodulation durch die Veränderung der Interferenzfähigkeit<br />

der Teilstrahlen auf. Im hier vorliegenden Fall beträgt die Intensitätsmodulation<br />

10 Prozent der Gesamtintensität der beiden Rückreflexe. Da ein Helium-Neon-Laser verwendet<br />

wurde, dessen Wellenlänge nicht an die für das nahe IR optimierten Antireflexbeschichtungen<br />

der Zelle angepasst ist, beträgt die Intensität der Rückreflexe etwa auch<br />

10% der Gesamtleistung des Lasers. Konsequenterweise wird die trans<strong>mit</strong>tierte Intensität<br />

um 1% variieren: A trans ≈ (−I refl /I trans )·A refl , was auch beobachtet wird. Obwohl<br />

also überhaupt keine Elemente <strong>mit</strong> einer Analysierstärke hinter der Pockelszelle vorhanden<br />

sind, kommt es zu einer helizitätskorrelierten Intensitätsfluktuation, die in diesem<br />

speziellen Fall größer ist als die oben geschilderten Effekte der Kathoden-Analysierstärke.<br />

Bei der ”<br />

bestimmungsgemäßen Verwendung“ der Zelle <strong>mit</strong> dem Strahl eines Halbleiterlasers<br />

verkleinert sich diese interferenzerzeugte Intensitätsasymmetrie dramatisch:<br />

Offensichtlich ist natürlich, dass bei dieser Wellenlänge die Antireflexbeschichtung die<br />

Größe des Rückreflexes und da<strong>mit</strong> auch die Größe der Schaltasymmetrie des trans<strong>mit</strong>tierten<br />

Strahls minimiert. Noch wirksamer ist jedoch die Tendenz der Hochleistungs-<br />

Halbleiterlaser zum longitudinalen Mehrmodenbetrieb (speziell im H.f.-synchronisierten<br />

Betriebsmodus). Daraus resultiert eine gegenüber dem He-Ne Laser deutlich reduzierte<br />

(temporale) Koheränzlänge. Trotzdem sind Intensitätsasymmetrien der Reflexe noch<br />

immer sichtbar. Es werden dann aber nur noch deutliche geringere Intensitätsasymmetrien<br />

im Bereich von A trans < 100ppm beobachtet, so dass im realistischen Betriebsmodus<br />

an der Elektronenquelle die Effekte der Analysierstärke durch inhomogene Strain-<br />

Relaxation überwiegen.<br />

125


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Abbildung 3.9.: Ortsaufgelöste Intensitätsasymmetrie eines Laserstrahls.<br />

3.5.2. Ortsaufgelöste Messung der Intensitätsasymmetrie<br />

Neben der Überlagerung von Reflexen, die eher auf die zeitliche Kohärenz empfindlich<br />

sind, kommt es natürlich auch zu einem transversalen Halo des Laserstrahls (z.B. durch<br />

Streuung an Partikeln auf den optischen Oberflächen), für dessen Interferenzstruktur<br />

auch die transversale Kohärenz von Bedeutung ist. Diese ist auch für den Halbleiterlaser<br />

der MAMI-Photoquelle gegeben, und es muss daher <strong>mit</strong> starken lokalen Intensitätsvariationen<br />

des Halos gerechnet werden.<br />

Es wurde daher eine ortsaufgelöste Messung der Intensitätsasymmetrie hinter der Pockelszelle<br />

<strong>mit</strong>tels einer 25 μm großen Blende durchgeführt, die zusammen <strong>mit</strong> dem Photodetektor<br />

durch den Strahl geschoben wurde (Abbildung 3.9). Das Resultat bestätigt<br />

die Existenz helizitätskorrelierter Fluktuationen in der Größenordnung von Prozenten<br />

im Strahlhalo, während die Fluktuationen des Strahlkerns um ein bis zwei Größenordnungen<br />

niedriger sind.<br />

Nun kann man z.B. die Strahlschwerpunkte in Abhängigkeit der Helizität berechnen<br />

und so die Strahlbewegung erhalten:<br />

+ − − =<br />

∑i (I ix i ) +<br />

∑<br />

i I+ i<br />

−<br />

∑i (I ix i ) −<br />

∑<br />

i I− i<br />

Für die Daten in Abbildung 3.9 führt das auf einen Wert von etwa 1 Mikrometer.<br />

Allerdings wird der Strahldurchmesser in der Realität noch einmal um einen Faktor<br />

10 durch die Fokussierung auf die Kathode verkleinert. Daher ist an der Quelle <strong>mit</strong><br />

helizitätsbedingten Strahlbewegungen in der Größenordnung von 100 nm zu rechnen.<br />

126


3.5.3. Auswirkungen piezomechanischer Effekte<br />

3.5. Asymmetrien der Strahllage und Strahlform<br />

Elektrooptisch aktive Materialien können im Prinzip auch piezoaktiv sein, d.h. sie werden<br />

auf das Anlegen eines elektrischen Feldes <strong>mit</strong> einer Verformung reagieren. In Anhang<br />

C wird berechnet, dass in unserem Fall eine elliptische Verformung des KD*P in der<br />

transversalen Ebene von etwa ɛ =8.7 · 10 −5 stattfindet, wobei sich die große Halbachse<br />

je nach Helizität um 90 Grad dreht. Es ist aber noch nicht gelungen, die Auswirkungen<br />

dieser mechanischen Verformungen auf die helizitätskorrelierten Asymmetrien eindeutig<br />

zu identifizieren. Allerdings konnte ein piezomechanischer Effekt nachgewiesen werden,<br />

der zu einer Drift der Phase nach dem Umschalten der Helizität führt.<br />

Abbildung 3.10.: Schaltgeschwindigkeit (oben) und langsame Phasendrift. Die Darstellung<br />

der Maxima im unteren Bild ist wegen der Übersteuerung des Oszillographen<br />

nicht realistisch.<br />

Das Experiment wird vorbereitet, indem der Linearpolarisator der Diagnosestation<br />

in Abbildung 3.2 gekreuzt zum Eingangspolarisator in den Laserstrahl gefahren wird,<br />

so dass, wenn die Zelle spannungslos ist, Auslöschung vorliegt. Dann wird eine Vier-<br />

127


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

telwellenplatte so hinter die Pockelszelle montiert, dass Zirkularpolarisation entsteht.<br />

Wenn die Zelle eingeschaltet wird, addiert oder subtrahiert sich der Phasenvorschub<br />

zu π oder Null. Im ersten Fall entspricht dies einer Polarisationsdrehung um 90 Grad,<br />

so dass maximale Transmission vorliegt, im zweiten wird die Ausgangssituation ohne<br />

Viertelwellenplatte wieder hergestellt und es wird eine minimale Intensität detektiert.<br />

In der Abbildung 3.10 sieht man das beobachtete Signal, das <strong>mit</strong> einer Anstiegszeit<br />

von etwa 20 Mikrosekunden (der Zeitkonstante der Ansteuerelektonik) von Löschung<br />

in Transmission wechselt. Die <strong>mit</strong> den verwendeten FET-Transistorschaltern denkbare<br />

Anstiegszeit von wenigen Nanosekunden wird hier nicht ausgereizt, da sonst die piezoelektrische<br />

Resonanz zu einer hochfrequenten Schwingung des Phasenvorschubs führt.<br />

Im zweiten Teil der Abbildung sieht man, dass auch auf wesentlich längeren Zeitskalen<br />

Phasenvariationen stattfinden. Die verbleibende Intensität in der Auslöschungsphase beträgt<br />

zunächst etwa 4% des maximalen Signals und fällt dann <strong>mit</strong> einer Zeitkonstante<br />

von etwa 100 ms gegen Null ab. Diese Zeitkonstante steigt <strong>mit</strong> dem Durchmesser der<br />

Pockelszelle, ihre extreme Größe weist darauf hin, dass es sich um ein mechanisches<br />

Phänomen handelt. Für die im A4-Experiment verwendete Zelle beträgt der Phasenfehler<br />

am Beginn des Messintervalls, der aus der Formel I = I max sin 2 (φ) abgeleitet werden<br />

kann, etwa 11 Grad.<br />

Offensichtlich müsste auch die Spannung etwas höher gewählt werden, um den statisch<br />

als optimal empfundenen Phasenvorschub während des Messintervalls zu erreichen.<br />

(Durch den Effekt geht hier etwa 1% Strahlpolarisation verloren.) Der so festgestellte<br />

Fehler ist jedoch helizitäts-symmetrisch, so dass auch diese Abweichung in erster Ordnung<br />

nicht zu helizitätskorrelierten Asymmetrien beiträgt.<br />

Folgende Erklärung kann für die beobachtete extrem große Zeitkonstante angegeben<br />

werden: Wäre der Kristall in einer starren Halterung fixiert, würde eine mechanische<br />

Spannung im KD*P erzeugt, die einen piezooptischen Effekt auslöst, der den elektrooptischen<br />

verkleinert [150]. Daher wird der Kristall in den etwas exotisch anmutenden Gummiringen<br />

(Abb. 3.7) gehalten, um ihn von mechanischer Spannung zu entlasten. Beim<br />

schnellen Schalten ist zu vermuten, dass die Einschwingzeitkonstante durch die Kraftkonstanten<br />

und Massen des mechanischen Systems (Kristall, Halterung, Indexflüssigkeit)<br />

gegeben ist. Da während des Einschwingens dynamische Kräfte wirken, sollte der Phasenvorschub<br />

direkt nach dem Umschalten 14 also nur allmählich den statischen Endwert<br />

anstreben.<br />

3.6. Strahlfluktuationen am A4-Experiment<br />

3.6.1. Transformation in Strahlparameter am Target<br />

Bislang wurde gezeigt, dass von den Eingangs des Kapitels erwähnten Strahlparametern<br />

die Intensität und die Position helizitätskorrelierte Asymmetrien aufweisen. Die anderen<br />

Strahlparameter werden in diesem Fall ebenfalls variieren: Die Ursachen hierfür sind<br />

14 Der Schaltvorgang macht sich durch einen deutlich hörbaren akustischen Impuls bemerkbar.<br />

128


3.6. Strahlfluktuationen am A4-Experiment<br />

Kopplungen durch die Abbildungsparameter des Beschleunigers. Beispielsweise transformiert<br />

(in der Näherung der geometrischen Optik) eine Linse von f =1mBrennweite<br />

eine Schwankung der Ortsablage von 100 nm in eine Winkelschwankung von 10 −4 mrad.<br />

Dies sind die typischen Größenordnungen der Brennweite von Quadrupolen im Injektionssystem<br />

direkt an der Quelle. Bei bestehender Stahllageschwankung werden sich also<br />

helizitätskorrelierte Winkelschwankungen der Größenordnung<br />

(Δα) ≤ 10 −7 rad (3.23)<br />

einstellen. Allerdings wird sowohl die Lage- als auch die Winkelfluktuation am A4-<br />

Experiment durch die Pseudodämpfung, die die E<strong>mit</strong>tanz beim Beschleunigungsvorgang<br />

im MAMI immer kleiner werden lässt, verringert. Um eine sehr grobe Abschätzung zu<br />

erhalten, wird man den Orts und Winkelgrößen einen etwa gleich großen Anteil an<br />

der E<strong>mit</strong>tanzverkleinerung zuweisen, was die Fluktuationen in beiden Koordinaten um<br />

mindestens eine Größenordnung verkleinern wird. Man wird also am Target zunächst<br />

Orts- und Winkelschwankungen von 10 nm und 10 −8 rad erwarten.<br />

Allerdings werden diese Werte am Experiment durch ein ungünstiges Arrangement<br />

wieder vergrößert, weil ein großer rotationssymmetrischer Strahlfleckdurchmesser (φ =<br />

2−3 mm) am Target verlangt wird, um die thermische Belastung des Flüssigwasserstoffs<br />

niedrig zu halten. Diese Forderung ist nicht kompatibel <strong>mit</strong> einer stabilen Strahlposition:<br />

Aufgrund der winzigen E<strong>mit</strong>tanz kann man sich vorstellen, dass eine Vergrößerung des<br />

Strahlflecks einer langen Drift entspricht, was bei den typischen Divergenzen des Strahls<br />

im Bereich von 100 Mikrorad Driften im Bereich von ca. 30 Metern erfordert 15 .So<strong>mit</strong><br />

wird der Strahl extrem empfindlich auf Winkelinstabilitäten am Beginn der Driftstrecke.<br />

Dies gilt vor allem für die vertikale Position, weil die Pseudodämpfung der horizontalen<br />

E<strong>mit</strong>tanz durch Synchrotronstrahlungseffekte bei Beschleunigung auf Energien größer<br />

500 MeV aufgehoben wird. Daher ist die vertikale E<strong>mit</strong>tanz an MAMI fast eine Größenordnung<br />

kleiner als die Horizontale <strong>mit</strong> entsprechenden Konsequenzen für die nötige<br />

” Driftstrecke“.<br />

Eine Energieschwankung der Elektronen kann durch eine helizitätsabhängige Phasenänderung<br />

(relativ zur H.f. des Beschleunigers) erzeugt werden. Eine direkte Änderung<br />

der Energie durch eine helizitätskorrelierte Änderung der Laserphase ist jedoch<br />

nicht wahrscheinlich, zunächst einmal, weil die möglichen Phasenänderungen durch die<br />

Verformung des KD*P Kristalls sehr gering sind, und zum anderen existiert durch<br />

die longitudinale Fokussierung des Beschleunigers eine inhärente Stabilisierung solcher<br />

Fluktuationen. Andererseits kann eine helizitätskorrelierte Winkelschwankung auf dem<br />

letzten Umlauf folgende Situation erzeugen: Ein Teilchen, das <strong>mit</strong> einer Winkelablage<br />

Δα =10 −8 rad durch den 180 Grad Dipol des RTM-3 (Biegeradius r Dipol bei 855<br />

MeV etwa 3.5 Meter) fliegt, legt einen Bogen von (π +Δα) · r dipol zurück, der um<br />

Δα · r dipol ≈ 0.035μm länger ist als der Bogen der Sollbahn. So<strong>mit</strong> kommt das Teilchen<br />

15 Diese Drift entsteht nicht durch eine lange Flugstrecke der Elektronen, sondern durch eine geeignete<br />

Wahl der Fokussierungsparameter der Strahlführung. Diese ermöglichen die Abbildungsmatrix so<br />

zu variieren, dass dasjenige Matrixelement, das einer Driftstrecke entspricht, die gewünschte Größe<br />

erhält.<br />

129


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Parameter HCA(Quelle) HCA(Target) dominierende Ursache<br />

Strahlstrom 0–4000 ppm 0-4000 ppm Inhomogene Strain-Relaxation<br />

Strahllage 100 nm ≈ 10 nm Interferenz<br />

Strahlwinkel ≈ 10 −7 rad ≈ 10 −8 rad Phasenraumtransformation<br />

Energie - ≈ 3.6 eV Winkel/Energie-Kopplung<br />

Tabelle 3.2.: Helizitätskorrelierte Asymmetrien an der Quelle und am Target. Bei den<br />

Positions- und Winkelgrößen am Target handelt es sich um grobe Schätzwerte.<br />

<strong>mit</strong> rund 100 Attosekunden Differenz zum Sollteilchen in den letzten Beschleunigungsvorgang<br />

hinein, was bei einem Sollphasenwinkel von 16 Grad und einem Energiegewinn<br />

von 7.5 MeV einen Unterschied im Energiegewinn von 3.6 eV auslöst. So<strong>mit</strong> beträgt die<br />

abgeschätzte helizitätskorrelierte Variation:<br />

(E + − E − ) geschaetzt ≤ 3.6 eV. (3.24)<br />

Obwohl auch hier zu vermuten ist, dass sich verkleinernde Effekte wegen der transversalen<br />

Fokussierung und durch die Mittelung über die vielen Rezirkulationen des Beschleunigers<br />

ergeben, lässt sich also auch eine helizitätskorrelierte Energiefluktuation von<br />

störenden Ausmaßen nicht a priori wegdiskutieren.<br />

Tabelle 3.2 fasst die hier präsentierten Erkenntnisse zu den helizitätskorrelierten Fluktuationen<br />

zusammen. Da insbesondere die Stromasymmetrie auf Null abgeglichen werden<br />

kann, ist zu erwarten, dass die Fluktuationen aller Parameter am Target genügend<br />

klein sein werden. Allerdings führt kein Weg daran vorbei, die Größe der Fluktuationen<br />

auch wirklich zu messen. Im folgenden referiere ich die Resultate dieser Anstrengungen,<br />

an denen meine Arbeitsgruppe nur einen relativ geringen Anteil hatte, sondern die<br />

im Wesentlichen von der Beschleunigergruppe und den A4-Experimentatoren getragen<br />

wurden.<br />

3.6.2. Stabilisierung von Strahlparametern<br />

Die helizitätskorrelierten Fluktuationen müssen <strong>mit</strong> einer gewissen Genauigkeit gemessen<br />

werden, was Anforderungen hinsichtlich der Stabilität dieser Parameter selbst nach<br />

sich zieht. So<strong>mit</strong> wurde sukzessive 16 der Wunsch nach einer entsprechenden Stabilisierung<br />

der einzelnen Strahlparameter an die MAMI-Maschinengruppe herangetragen. Die<br />

Stabilisierungen werden natürlich auch den Wert der helizitätskorrelierten Fluktuationen<br />

< Ξ i > verkleinern (siehe Gleichung 3.8), was ebenfalls sehr erwünscht ist.<br />

In Folge dieser Anforderungen wurde von der MAMI-Maschinengruppe ein System<br />

zur Stabilisierung aller Strahlparameter aufgebaut. Die einzelnen Stabilisierungssysteme<br />

seien hier kurz skizziert, es handelt sich grundsätzlich um Proportionalregler im Rückkopplungsbetrieb.<br />

Die Bandbreite der Regler reicht von 0 Hertz bis über die Messfrequenz<br />

16 Vermutlich bestand auf Seiten der A4-Experimentatoren die Sorge, dass ein gleichzeitiges Einfordern<br />

aller Verbesserungen zu einer unnötigen Beunruhigung der Betriebsmannschaft geführt hätte.<br />

130


3.6. Strahlfluktuationen am A4-Experiment<br />

von 50 Hertz hinaus. Die Signalgeber sind Antennen in Hochfrequenzkavitäten, die vom<br />

Feld des 1-2 ps langen Elektronenpakets angeregt werden. Der Einsatz solcher Kavitäten<br />

hat keine messbare Rückwirkung auf den Strahl. Je nach Ausführung der Kavität [151]<br />

ist man in der Lage auf die Phase (Ankunftszeit des Pakets relativ zur einer gegebenen<br />

H.f.-Referenz) oder die Intensität empfindlich zu sein, wobei diese Messung simultan von<br />

einer Einheit (Phasen- und Intensitätsmonitor, ”<br />

PIMO“) durchgeführt werden kann. Eine<br />

andere Realisierung der Hochfrequenzdiagnosekavität regt einen Hochfrequenzmode<br />

nur dann an, wenn der Strahl sich von der Referenzbahn entfernt, bei geeigneter Anordnung<br />

der Antennen kann sowohl die Ablage der X- als auch die der Y-Koordinate<br />

des Strahls simultan vermessen werden (X/Y-Monitor, ”<br />

XYMO“). Die in den Antennen<br />

erzeugten H.f.-Signale werden <strong>mit</strong> der Master-Referenzfrequenz analog multipliziert und<br />

so<strong>mit</strong> von diesem ”<br />

Mischer“ (Doubly-Balanced-Mixer, DBM) in den Niederfrequenzbereich<br />

transformiert. Diese Signale bilden dann die Ansteuerung für die Regelglieder. Im<br />

folgenden sei eine kurze Übersicht über die Einzelsysteme gegeben:<br />

• Stromstabilisierung Die Stromstabilisierung wurde von F. Fichtner entwickelt.<br />

Die Messung der Intensität wird nicht am Experiment, sondern <strong>mit</strong> einem PIMO<br />

im Injektionssystem der polarisierten Quelle (sogenanntes Interface-0“, siehe Kapitel<br />

1) vorgenommen. So<strong>mit</strong> erzielt man eine kurze Weglänge zwischen Messglied<br />

”<br />

und Stellglied (dem Laser der Quelle), d.h. eine hohe Bandbreite. Allerdings muss<br />

man fordern, dass keine Fluktuationen der Transmission zwischen dem Monitor<br />

und dem Target vorliegen. Dies sollte auf dem Niveau von etwa 10 −4 der Fall<br />

sein, da stärkere Strahlverluste in der Regel durch die Ionisationskammer-Überwachungssonden<br />

bemerkt werden, die dann durch eingebaute Schwellen den Betrieb<br />

verhindern. Das Signal des PIMO wird <strong>mit</strong> dem vorgegebenen Referenzwert (20<br />

Mikroampère Strahlstrom) verglichen. Die Rückkopplung erfolgt auf einen Flüssigkristall<br />

(LCD-)-Abschwächer im Laserstrahlengang. Leider besitzt der LCD-Kristall<br />

nur eine Bandbreite von 10 Hz, so dass der darüberliegende Frequenzbereich über<br />

eine Frequenzweiche auf den Treiberstrom der Laserdiode des Lasersystems für die<br />

polarisierte Quelle gegeben wird. Die Regelung am Treiberstrom der Laserdiode<br />

ist unschön, weil sich die Strahlparameter (Strahlform, Kohärenz, Wellenlänge,<br />

etc...) <strong>mit</strong> dem Treiberstrom ändern können, und so Kopplungen entstehen könnten.<br />

Allerdings sind solche Effekte bislang nicht beobachtet worden. Da der LCD-<br />

Abschwächer im Betrieb auch benutzt wird, um den für die <strong>Erzeugung</strong> des Strahlstroms<br />

notwendigen d.c.-Leistungspegel des Anregungslichts zu erzeugen, ist ein<br />

weiterer potentieller Nachteil, dass die Steilheit der Regelkennlinie von der jeweiligen<br />

Quantenausbeute des Kristalls abhängt. Dank der inzwischen erzielten Stabilität<br />

der Photokathoden beträgt diese Änderung jedoch nur etwa 3% pro Tag,<br />

so dass der Effekt kaum ins Gewicht fällt, bzw. durch eine gelegentliche Anhebung<br />

des d.c.-Leistungsniveaus des Lasers kompensiert werden kann. Zur Messung des<br />

Strahlstroms stehen dem A4-Experiment zwei unabhängige Systeme (PIMO und<br />

Luminositätsmonitor hinter dem Target) zur Verfügung.<br />

Die Abbildung 3.11 illustriert die erzielte Strahlstabilität am Target. Diese Grafiken<br />

wurden mir dankenswerterweise von S. Baunack von der A4-Kollaboration<br />

131


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Run 8400 pimo27<br />

450 Entries 45<br />

Mean<br />

-7.98382e+03<br />

400<br />

RMS<br />

6.71811e+00<br />

Integral<br />

7.50000e+03<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

-8005 -8000 -7995 -7990 -7985 -7980 -7975 -7970 -7965<br />

pimo27 asymmetry run 8400<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Asymmetry: -4.5808561e-06 +- 2.7413335e-06<br />

asymhisto<br />

Entries 3750<br />

Mean<br />

-4.58086e-06<br />

RMS<br />

1.67849e-04<br />

0<br />

-0.001 -0.0005 0 0.0005 0.001<br />

Abbildung 3.11.: Typische Histogramme des Strahlstroms und der helizitätskorrelierten<br />

Strahlstromasymmetrien während des A4-Experiments.<br />

überlassen: Sie repräsentieren den typischen Zustand während der Datennahme.<br />

Im oberen Teil der Abbildung sieht man das Histogramm der Intensitäten (jeweils<br />

eine Kurve für jede Helizität). Bei 5 Minuten Messzeit ergeben sich je 7500<br />

Messpunkte. Die RMS-Stabilität beträgt<br />

σ I /I =8.4 · 10 −4 . (3.25)<br />

Der in Kapitel 1 beschriebene Halbleiterlaser besitzt zwar bereits im freilaufenden<br />

Betrieb eine Stabilität dieser Größenordnung. Trotzdem wird diese Stabilität für<br />

den Elektronenstrom im Beschleuniger nicht erreicht: Durch zeitabhängige Transmissionsverluste<br />

im Interface-0 entstehen Fluktuationen von etwa 5·10 −3 , die durch<br />

die Stabilisierung um etwa das 5-7 fache reduziert werden.<br />

Für jede der vorliegenden Helizitätssequenzen PMMP bzw MPPM (siehe Ab-<br />

132


3.6. Strahlfluktuationen am A4-Experiment<br />

schnitt 3.2) werden zwei helizitätskorrelierte Stromasymmetrien bestimmt, es ergeben<br />

sich 3500 solcher Asymmetrien im erwähnten Messzeitraum. Das Histogramm<br />

dieser Asymmetrien ist im unteren Teil der Abbildung dargestellt. Es ergibt sich<br />

eine Stromasymmetrie von<br />

A I = −4.7ppm ± 2.7ppm. (3.26)<br />

Die Messung beweist, dass die Stromasymmetrie bis auf wenige ppm auf Null<br />

abgeglichen ist. Wenn sich eine übergroße Abweichung der Asymmetrie ergibt, so<br />

kann man dies <strong>mit</strong> dem vorhandenen Messsystem offensichtlich schnell detektieren<br />

und Gegenmaßnahmen einleiten. In der Gesamtmesszeit von 600 Stunden kann<br />

man 7200 solcher Histogramme aufnehmen, so dass man die Korrektur auf A I<br />

um bis zu einem Faktor ( √ 7200 − 1) genauer durchführen und so<strong>mit</strong> die oben<br />

erwähnteGrenzevonδA z /A z =1%=60ppb prinzipiell unterschreiten kann.<br />

• Lage/Winkelstabilisierung Dieses Stabilisierungssystem wurde von W. Klag<br />

aufgebaut. Hier werden 2 XYMO’s in einem gegebenen Abstand (am Target und<br />

ungefähr 15 Meter davor) benutzt um Lage und Winkel zu messen. Die Differenzsignale<br />

werden einmal für den niederfrequenten Zweig auf konventionelle Korrekturmagnete<br />

( ”<br />

Wedler“) des Beschleunigers gegeben. Für den hochfrequenten<br />

Anteil mussten spezielle Wedler entwickelt werden, die zur Vermeidung von Wirbelströmen<br />

auf Keramikstrahlrohre aufgesetzt sind. Die Positions- und Winkelstabilitäten<br />

werden im Vergleich zum freilaufenden Betrieb um das 2-10 fache<br />

verbessert.<br />

• Energiestabilisierung Dieses ist das komplexeste Stabilisierungssystem und wurde<br />

in den Grundzügen von Marcus Seidl [152] entwickelt und später von H.J.Kreidel<br />

und M. Dehn verfeinert. Die Energiedetektion geschieht <strong>mit</strong> einem ”<br />

interferometrischen“<br />

Aufbau auf der letzten Rückführungsbahn des RTM-3: Dabei erzeugt der<br />

Strahl zunächst ein Signal in einer Kavität in der Rückführungsbahn, und dann<br />

ein weiteres nach einem zusätzlichen Durchlauf durch den 180 Grad Magneten<br />

(Kavität in der Extraktion des RTM-3). Beide Signale werden auf einen Mischer<br />

gegeben. Dabei stellt z.B. die Rückführungsbahn die Referenz dar, zu der das Signal<br />

in der Extraktion folgendermaßen <strong>mit</strong> der Energie variiert: Ändert sich die<br />

Energie, so wird der Bahnradius des Strahls im Magneten größer und die Durchlaufzeit<br />

durch den Magneten ändert sich entsprechend. Diese Laufstrecke beträgt<br />

etwa 21 Meter, was bei v=c etwa 70 Nanosekunden entspricht, die typischen Energiefluktuationen<br />

des Beschleunigers (2 · 10 −5 )führen also zu zeitlichen Variationen<br />

von etwa 1.4 ps in der Ankunftszeit. Um auf diese Fluktuationen möglichst sensitiv<br />

zu sein, wählte man für die Anregungsfrequenz der Kavitäten die vierte harmonische<br />

der MAMI-Frequenz (4f =9.8 GHz). Die Phasenverschiebung der beiden<br />

Signale durch die typischen Energiefluktuationen von 2·10 −5 beträgt in diesem Fall<br />

also etwa 4 Grad. Mit dem gegebenen Aufbau besitzt man eine Auflösung von etwa<br />

einem Zehntel Grad. Allerdings kann man den Faktor 40 zwischen Empfindlichkeit<br />

133


3. Strahlsymmetrie unter Helizitätswechsel<br />

Parameter < Ξ i > RMS<br />

Strahlstrom A I /I -0.15 ppm 10.69 ppm<br />

Strahllage Δx -3.35 nm 96 nm<br />

Strahllage Δy 54.05 nm 141 nm<br />

Strahlwinkel Δx ′ -3.54 nrad 47 nrad<br />

Strahlwinkel Δy ′ 9.01 nrad 25 nrad<br />

Energie -8.18 eV 26.5 eV<br />

Strahlparameterfluktuationen während des A4-Experi-<br />

Tabelle 3.3.: Helizitätskorrelierte<br />

ments (nach [143]).<br />

und Fluktuationsgröße nicht vollständig ausnützen (so<strong>mit</strong> wäre eine Stabilitätsverbesserung<br />

auf 5 · 10 −7 denkbar), da die intrinsischen Winkelschwankungen von 1<br />

Mikrorad – siehe oben – den gleichen Effekt auslösen wie eine Energieänderung von<br />

etwa 10 −6 . Die weitere Verarbeitung des Signals ist kompliziert, da der Linearbeschleuniger<br />

des RTM-3 als Stellgröße verwendet werden muss. Dessen ”<br />

Kennlinie“<br />

ist aber in empfindlicher Weise von vielen anderen Parametern abhängig (Temperatur<br />

des Kühlwassers, Einschussphase, Q-Wert des Beschleunigungsprozesses)<br />

etc, so dass durch aufwändige Maßnahmen gewährleistet werden muss, dass das<br />

Regelsignal auch den gewünschten Effekt hat. Die Energiestabilisierung reduziert<br />

die Energiefluktuationen des Beschleunigers typischerweise um einen Faktor 5. Es<br />

wird eine RMS Stabilität von ca. 1 keV (ΔE/E = ±10 −6 ) erreicht.<br />

3.7. Resultate und Zusammenfassung<br />

Die Korrekturen helizitätskorrelierter Asymmetrien wurden von Th. Hammel ausgearbeitet<br />

[143]. Die Verteilung von über 5 Minuten ge<strong>mit</strong>telten Asymmetrien weist die in<br />

Tabelle 3.3 angegebenen Mittelwerte und RMS-Breiten auf. Es ist nicht verwunderlich,<br />

dass z.B. die RMS-Breite der Verteilung der Strahlstromasymmetrien größer ist als die<br />

Breite über die 5 Minutenmessung (3.26). Dies illustriert, dass im Laufe des Experiments<br />

verschiedene Werte von A I vorkamen bzw. <strong>mit</strong> dem Kompensationsmechanismus<br />

eingestellt worden sind. Die Mittelwerte < Ξ i > sind – <strong>mit</strong> der Ausnahme der vertikalen<br />

Lageschwankung (zur Begründung siehe oben) – extrem nahe bei Null, was eine gute<br />

Basis für die Korrektur darstellt. Ihre absolute Größe ist in Einklang <strong>mit</strong> den in den<br />

Abschnitten 3.5 und 3.6 gemachten Abschätzungen.<br />

Auf der Basis der in Tabelle 3.3 angegebenen Werte gelang die Korrektur der beobachteten<br />

Ratenasymmetrie <strong>mit</strong> dem Ansatz 3.8, was zu den in Tabelle 3.4 angegebenen<br />

systematischen Fehlern führt. Im Vergleich <strong>mit</strong> den nicht durch ”<br />

falsche helizitätskorrelierte<br />

Asymmetrien (FHA)“ ausgelösten Fehlern – Statistik und Polarisationsmessung –<br />

ist zu sehen, dass der durch FHA’s ausgelöste Beitrag nicht dominierend ist.<br />

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Wechselwirkung mehrerer Problemkomplexe<br />

durch das Zusammenwirken der drei Arbeitsgruppen B2 (Quelle), B1 (Be-<br />

134


3.7. Resultate und Zusammenfassung<br />

Strahlparameter Korrektur auf FHA resultierender Fehler ΔA exp<br />

Strom 640ppb 40ppb<br />

Lage -30ppb 20ppb<br />

Winkel 30ppb 30ppb<br />

Energie -50ppb 20ppb<br />

Polarisationsmessung - 190ppb<br />

Statistik - 540ppb<br />

Tabelle 3.4.: Beitrag falscher helizitätskorrelierter Asymmetrien zum Fehlerbudget des A4-<br />

Experimentes bei Q 2 =0.23GeV 2 /c 2 . Entnommen aus [10].<br />

schleuniger) und A4 (Experiment) verstanden und ihre Auswirkungen minimiert worden<br />

sind. Die A4-Gruppe war dabei federführend in der Datenerfassung und der Messung und<br />

Formulierung der Korrelation zwischen helizitätskorrelierten Asymmetrien und Fluktuationen<br />

einzelner Parameter und dem experimentellen Resultat. Der Beitrag der Quellengruppe<br />

waren die Erforschung möglicher Analysierstärken in der Lichtoptik, zusammen<br />

<strong>mit</strong> einem geeigneten Kompensationsschema für die Stromasymmetrie. Die Beschleunigergruppe<br />

musste das theoretische Verständnis der Beschleunigeroperation und den<br />

Aufbau komplexer Regelkreise einbringen, um eine enorme Stabilität der Strahlparameter<br />

am Targetort zu ermöglichen.<br />

Die physikalische Asymmetrie der elastischen Streuung longitudinalpolarisierter Elektronen<br />

am Proton bei einer Energie von 855 MeV und einem Impulsübertrag von Q 2 =<br />

0.23GeV 2 /c 2 wurde aus den in 2001/2002 gewonnenen Daten zu folgendem Wert bestimmt:<br />

A z = −5.44 ppm ± 0.5ppm(stat.) ± 0.12ppm(syst.) ± 0.4ppm(pol.) (3.27)<br />

Dabei verbergen sich die helizitätskorrelierten Effekte im systematischen Fehler (syst.),<br />

die Hauptfehlergrößen sind die unsichere Messung der Polarisation (pol.) und die li<strong>mit</strong>ierte<br />

Zahl der nachgewiesenen Streuprozesse (stat.). So<strong>mit</strong> ist die Vorgabe, dass helizitätskorrelierte<br />

Effekte kein dominierendes Element des Fehlerbudgets für das A4-Experiment<br />

darstellen sollen, erreicht worden. Inzwischen konnten die Hauptfehlerquellen (7% relativer<br />

Fehler durch Polarisation und 11% durch Statistik) weiter verkleinert werden:<br />

Die Genauigkeit der Polarisationsmessung geht direkt ins Ergebnis ein. Eine präzise<br />

Messung durch Möllerpolarimetrie (<strong>mit</strong> ΔP/P =0.02) ist nur in längeren Abständen<br />

möglich. Wegen möglicher Drifts der Polarisation in den Zwischenzeiten folgte ein unnötig<br />

<strong>hoher</strong> Beitrag der Polarisation zum Gesamtfehler. Durch die Einführung eines kontinuierlichen<br />

Polarisationsmonitors – eines Comptonabsorptionspolarimeters hinter dem<br />

A4-Experiment Ende 2002 – wird diese Drift seither kontrolliert, und so<strong>mit</strong> der polarisationsinduzierte<br />

Fehler stark reduziert.<br />

Auf der Seite des statistischen Fehlers wurde nachdem im Frühjahr 2003 der Ausbau<br />

des A4-Detektors auf 1022 Detektoren vollendet war, die Rate der Nutzereignisse im<br />

Vergleich zur bisherigen Datennahme mehr als verdoppelt. Dies bewährte sich in einem<br />

135


Experiment bei 560 MeV (Q 2 =0.1GeV 2 /c 2 , Datennahme 2003/2004), das einen statistischen<br />

Fehler von lediglich noch 290 ppb aufweist, was aber immer noch mehr als<br />

doppelt so viel ist wie der systematische Fehler, der durch alle anderen Fehlerquellen<br />

(inklusive der FHA’s) entsteht. Das Endresultat dieser Messung ist [12]:<br />

A z = −1.36 ppm ± 0.29ppm(stat.) ± 0.13ppm(syst.). (3.28)<br />

Dies ist eine der genauesten Messungen einer Asymmetrie in der Elektronenstreuung<br />

überhaupt.<br />

136


Schlussfolgerungen und Perspektiven<br />

Im Laufe des letzten Jahrzehnts ist der spinpolarisierte Elektronenstrahl am Mainzer<br />

Mikrotron (und auch anderen Beschleunigern) zu einem Standardinstrument geworden.<br />

Es hat sich gezeigt, dass die hier installierte Photoquelle im Bezug auf ihre beschleunigerphysikalischen<br />

Eigenschaften thermischen Quellen absolut gleichwertig, ja in manchen<br />

Belangen (z.B. Generation kurzer Pulse) auch überlegen ist.<br />

Andererseits wurde durch unsere Arbeiten auch quantitativ demonstriert, was seit den<br />

ersten Experimenten <strong>mit</strong> NEA-GaAs immer wieder vermutet wurde: Die Toleranz der<br />

Photokathoden gegen Strahlverluste in der Quellenregion strebt gegen Null. Nur durch<br />

den Einsatz der ursprünglich am Jefferson Laboratorium entwickelten Technik der Transmissionsverlustreduzierung<br />

konnten wir Ladungsmengen von mehr als 100 Coulomb in<br />

kontinuierlicher Weise produzieren. Unter diesen Bedingungen können die Experimente<br />

an MAMI zuverlässig betrieben werden; seit einigen Jahren wird der überwiegende Teil<br />

der Experimentierzeit an MAMI <strong>mit</strong> polarisiertem Strahl durchgeführt.<br />

Beschleunigerprojekte der Zukunft, wie z.B. Elektron/Ionenkollider, verlangen jedoch<br />

kontinuierlich erzeugbare Ladungsmengen von mehr als 10 4 Coulomb bei <strong>mit</strong>tleren Stromstärken<br />

von vielen Milliampere. Es bestehen Aussichten solche Werte <strong>mit</strong>telfristig zu<br />

erreichen, denn nach heutigen Wissenstand wird die verbleibende Li<strong>mit</strong>ierung durch<br />

Ionenbombardment aus dem Restgas erzeugt. Dieses lässt sich in einer ”<br />

kryogenischen<br />

Quelle“ (also eine Quelle, deren Vakuumoberflächen auf sehr niedrigen Temperaturen gehalten<br />

werden) aber noch um mehrere Größenordnungen reduzieren. Eine solche Quelle<br />

kann man sich entweder als konventionelle d.c.-Hochspannungsquelle <strong>mit</strong> gekühlter Vakuumkammer<br />

oder als supraleitende Hochfrequenzquelle - dann auch <strong>mit</strong> der Möglichkeit<br />

extreme Brillanzen zu erzielen - vorstellen.<br />

Die Optimierung des Polarisationsgrades der Elektronenquelle ist z.B. für den geplanten<br />

Elektron/Positron Kollider ILC/TESLA von erheblicher Bedeutung, da die statistische<br />

Effizienz einer solchen Großanlage (<strong>mit</strong> laufenden Kosten von mehr als 10 8<br />

Euro/Jahr!) <strong>mit</strong> dem Quadrat der Spinpolarisation wächst. Meine Arbeitsgruppe hat<br />

hier die internationalen Anstrengungen von Kathodenentwicklern aus Japan, Russland,<br />

und den USA unterstützt, indem die Möglichkeit geschaffen und genutzt wurde, auf der<br />

Zeitskala der Photoemission der Elektronen deren Spinpolarisation zu vermessen. Eine<br />

erste wichtige Erkenntnis war, dass dünne Schichten aus Standard III/V Halbleitermaterial<br />

- wie sie zur Herstellung von ”<br />

hochpolarisierenden“ Kathoden notwendig sind -<br />

eine derart schnelle Emission aufweisen, dass die Depolarisationsmechanismen während<br />

des Transports zur Oberfläche nicht signifikant wirksam sind. Zweitens konnte bei einer<br />

viel versprechenden Klasse von Superlattices nachgewiesen werden, dass eine unerwar-<br />

137


tet niedrige Spinpolarisation nicht direkt eine Folge eines Strukturfehlers, sondern von<br />

mangelnden Transporteigenschaften war. Die besten heute verfügbaren Superlattice Kathoden<br />

erreichen Quantenausbeuten zwischen 0.1 und 1% bei Polarisationsgraden von<br />

85 bis 90%, man kann daher davon ausgehen, dass ILC/TESLA - falls es realisiert wird<br />

- <strong>mit</strong> einer Effizienz von mindestens P 2 > 0.72 arbeiten können wird. Die <strong>Erzeugung</strong><br />

der am ILC/TESLA benötigten Stromstärken, Brillanzen und Zeitstrukturen <strong>mit</strong> guter<br />

Verfügbarkeit ist nach heutigem Erkenntnisstand möglich.<br />

Ein weiteres, besonders erfreuliches Ergebnis dieser Arbeit ist, dass die Symmetrie<br />

der Strahlparameter unter Helizitätswechsel enorm verbessert werden konnte, so dass<br />

im A4-Experiment eine der genauesten Vermessungen von paritätsverletzenden Streuasymmetrien<br />

überhaupt möglich wurde. Vor der Ära der ”<br />

Präzisionsparitätsexperimente“<br />

vom Typ des A4-Experiments galt es als unsicher, ob diese <strong>mit</strong> hochpolarisiertem<br />

Strahl überhaupt durchführbar sein würden, da die Emissions-Anisotropie - die sämtliche<br />

hochpolarisierenden Photokathoden aufweisen - eine erhebliche helizitätskorrelierte<br />

Asymmetrie des Emissionstroms verursachen kann. Durch die hier durchgeführten Experimente<br />

ist ein relativ gutes Verständnis dieser Effekte erzielt worden, speziell was die<br />

Möglichkeit der simultanen Kompensation von Anisotropieeffekten der Kathode und von<br />

Doppelbrechungseffekten der verwendeten Lichtoptik angeht. Mein Optimismus, dass die<br />

Kontrolle helizitätskorrelierter Effekte am Mainzer Mikrotron noch wesentlich verbessert<br />

werden kann, gründet sich jedoch nicht alleine auf diese Tatsachen, sondern auch auf die<br />

Möglichkeiten, die das inhärent stabile Konstruktionsprinzip des Mikrotrons zur immer<br />

weiteren Stabilisierung der Strahlparameterfluktuationen bietet.<br />

In Anbetracht der vielfältigen Potentiale, die die Photoquelle offensichtlich hat, wäre<br />

es wünschenswert, wenn das eine oder andere in diesem Abschnitt erwähnte ”<br />

Zukunftsprojekt“<br />

realisiert würde, um den notwendigen Entwicklungsarbeiten ein Ziel zu bieten.<br />

138


A. <strong>Erzeugung</strong> spinpolarisierter<br />

<strong>Elektronenstrahlen</strong> aus<br />

NEA-Photokathoden<br />

A.1. <strong>Erzeugung</strong> von Spinpolarisation durch<br />

Photoabsorption in Halbleitern<br />

A.1.1. Vorbemerkung<br />

Die hier behandelten Phänomene beschäftigen sich <strong>mit</strong> III/V Halbleitern, von denen<br />

das Galliumarsenid (GaAs) einer der prominentesten Vertreter ist. Die in dieser Arbeit<br />

verwendeten Photokathoden sind meist modifizierte Formen dieser Verbindung, was die<br />

meisten der grundlegenden Phänomene aber nicht wesentlich ändert. Solange nichts<br />

anderes ausgewiesen ist, gelten die folgenden Ausführungen für GaAs, und der Leser<br />

kann davon ausgehen, dass sich die Fakten <strong>mit</strong> geringen Modifikationen auf die anderen<br />

Mischhalbleiter wie z.B. GaAs x P 1−x übertragen lassen. Viele der im folgenden genannten<br />

Parameter sind temperaturabhängig.<br />

Da praktisch alle Untersuchungen der vorliegenden Arbeit bei Zimmertemperatur<br />

(≈ 300K) durchgeführt wurden, gelten die im folgenden genannten Werte ebenfalls für<br />

diese Temperatur, wenn nicht etwas anderes angegeben ist.<br />

Es soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass viele Phänomene nicht unabhängig<br />

voneinander betrachtet werden dürfen, so variiert z.B. sowohl die Größe der<br />

Bandlücke als auch die Gitterkonstante des Kristalls in Abhängigkeit vom Dotierungsgrad.<br />

A.1.2. Kristallklassen<br />

Die räumliche Struktur des GaAs-Kristalls kann erzeugt werden, indem eine ”<br />

Basis“ aus<br />

je einem Gallium und einem Arsen-Atom auf folgende Weise im Raum angeordnet wird:<br />

Die Gallium und die Arsen-Atome formen jeweils ein kubisch flächenzentriertes (Face-<br />

Centered-Cubic, fcc) Gitter, wobei die eine Atomsorte gegen die andere um eine viertel<br />

Raumdiagonale des Kubus verschoben ist. Diese Anordnung der zweiatomigen Basis<br />

wird die ”<br />

Zinkblendestruktur“ genannt (Abbildung A.1). Die Gitterkonstante beträgt<br />

bei Zimmertemperatur im undotierten Kristall 0.56533 nm.<br />

Die nächsten Nachbarn eines As-Atoms sind 4 Ga-Atome, die die Eckpunkte eines<br />

Tetraeders bilden. Die Ga-As-Bindungen liegen parallel zu Raumdiagonalen des fcc-<br />

139


Kubus, also z.B. zur [111]-Richtung 1 . Die Symmetrieeigenschaften des Kristalls sind<br />

durch diejenigen Operationen definiert, die die vier Nachbarn des As-Atoms wieder in<br />

sich selbst übergehen lassen, wobei das zentrale Atom (hier As) ein Fixpunkt bleibt.<br />

Diese sind:<br />

• Die Identität.<br />

• Drehung um ± 120 Grad um jede As-Ga-Bindung.<br />

• Reflexion an den sechs Ebenen (110), (110), (101), (101), (011), (011).<br />

• Drehung um 90 Grad um die [100] Richtung und dann Reflexion an der Ebene<br />

(100), sowie die gleiche Operation für [010],(010) und [001],(001).<br />

Diejenigen Operationen, die reine Rotationen sind, werden ”<br />

eigentliche“, die anderen,<br />

welche die Reflexion enthalten, ”<br />

uneigentliche“ Rotationen genannt. Die Menge dieser<br />

Operationen definiert eine so genannte Punktgruppe. Es gibt 32 ”<br />

Kristallklassen“, die<br />

jeweils eine eigene Menge von Symmetrieoperationen und so<strong>mit</strong> eine eigene Punktgruppe<br />

aufweisen. Der Kristallklasse der Zinkblende wird nach der Notation von Schoenfliess die<br />

Punktgruppe T d zugeordnet 2 .<br />

Durch die Anwendung von externen Spannungen (z.B. Druck) kann man erreichen,<br />

dass sich die Elementarzellen in tetragonale Einheiten verwandeln. Da<strong>mit</strong> definieren<br />

die nächsten Nachbarn eines jeden Atoms keinen Tetraeder mehr. Zwar sind dann alle<br />

As-Ga Bindungen noch gleich lang, aber die Abstände der Ga-Atome in Richtung der<br />

Verzerrung sind anders als die Abstände senkrecht zu dieser. Daher hat die Symmetrie<br />

abgenommen und es finden sich nur noch folgende Symmetrieelemente:<br />

• Die Identität.<br />

• Neunzig Grad Drehung um [001] <strong>mit</strong> nachfolgender Spiegelung an (001).<br />

• Drehung um 180 Grad um die Achsen [110], [111].<br />

Die Schoenfliesssche Notation dieser Punktgruppe ist D 2d . Die in dieser Arbeit verwendeten<br />

uniaxial verformten GaAs-Kristalle (strained-GaAs, oder kurz s-GaAs), wie<br />

auch das als elektrooptischer Modulator benutzte KD*P (siehe Anhang C) gehören zu<br />

dieser Kristallklasse.<br />

Die Inversion (⃗x →−⃗x) gehört nicht zu den Symmetrieelementen der beiden hier<br />

angeführten Punktgruppen. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für (quadratische)<br />

nichtlineare optische Effekte, wie z.B. für den in dieser Arbeit verwendeten Pockelseffekt<br />

in KD*P.<br />

1 [xyz] sind die Koordinaten eines Vektors. Dabei liegt der Ursprung des Koordinatensystems im Arsen-<br />

Atom und die Achsen sind parallel zum fcc-Kubus orientiert. Die rund geklammerten Indizierungen<br />

(xyz) sind Ebenen senkrecht zum entsprechenden Vektor [xyz], die den Ursprung enthalten. Die<br />

allgemeine Form solcher Indizierungen – die Millerschen Indizes – wird z.B. in [153], p.276 definiert.<br />

Ist ein Index überstrichen (z.B. [111]), so ist die negative Koordinate gemeint.<br />

2 Neben der Schoenfliesschen Notation existiert auch die ”<br />

internationale“ Notation (für GaAs: 43m).<br />

Eine Zusammenstellung der Symmetrieoperationen für alle Kristallklassen findet sich z.B. in [153].<br />

140


a<br />

c<br />

a<br />

a<br />

a s<br />

a s<br />

GaAs<br />

s-GaAs<br />

Abbildung A.1.: Elementarzelle von GaAs, verformtes Gitter bei s-GaAs.<br />

A.1.3. Wellenfunktionen im Halbleiter I: Konsequenzen der<br />

Translationsinvarianz<br />

Die Symmetrie des Halbleiterkristalls muss sich in entsprechenden Symmetrien der Wellenfunktion<br />

widerspiegeln. Ein anschaulicher Ansatz für die Wellenfunktion besteht darin,<br />

die Atome des Kristalls (in Gedanken) einander anzunähern, so dass sich die atomaren<br />

Orbitale überlappen (Linear Combination of Atomic Orbitals, LCAO). Aus dieser<br />

Überlagerung wird daher für jedes Orbital eine Anzahl elektronischer Zustände, die der<br />

Zahl der beteiligten Atome entspricht. Diese Zustände werden wegen der weiter unten<br />

erklärten (fast) kontinuierlichen Verteilung dieser Zustände auf ein Energieintervall<br />

Band“ genannt.<br />

”<br />

So ist zunächst plausibel, dass das oberste besetzte Energieband im Kristall von<br />

den Valenzelektronen der Einzelatome gefüllt wird, während energetisch höherliegende<br />

Bänder durch Überlagerung der unbesetzten atomaren Zustände entstehen. Im Falle<br />

des GaAs korrespondieren so<strong>mit</strong> die 4p-Zustände <strong>mit</strong> dem Valenzband (VB) und die<br />

5s-Zustände <strong>mit</strong> dem Leitungsband (Conduction band, CB). Entsprechend ordnet man<br />

zunächst jedem Band eine Quantenzahl n zu, die anzeigt, aus welchem atomaren Orbital<br />

die Wellenfunktion entsteht. Eine weitere Quantenzahl – der Kristallimpuls (oder<br />

Quasiimpuls) k – ergibt sich aus der räumlichen Periodizität des Kristalls: Wegen der<br />

Translationsinvarianz argumentierte Bloch [154], dass die Wellenfunktion von der Form<br />

Ψ n,k (⃗r) =u n,k (⃗r)e i⃗ k·⃗r<br />

(A.1)<br />

141


sein muss. Die Amplitude der ebenen Welle e i⃗k·⃗r wird gitterperiodisch durch u n,k moduliert.<br />

Wendet man den Hamilton Operator H =ˆp 2 /2m+V (ˆp = /i∇ : Impulsoperator)<br />

auf A.1 an, so erhält man aus der stationären Schrödinger-Gleichung folgende Gleichung<br />

für die Funktion u n,k<br />

(<br />

)<br />

ˆp 2<br />

2m + ⃗ k · ˆp<br />

m + 2 k 2<br />

2m + V u n,k = E n,k u n,k .<br />

(A.2)<br />

Die Lösung dieser Gleichung ist für einfache Potentiale analytisch möglich, z.B. für<br />

eine periodische Folge von rechteckigen Potentialtöpfen (Kronig-Penney-Modell). Die<br />

Stetigkeitsbedingungen an den Sprungstellen der Potentiale führen zu einem homogenen<br />

Gleichungssystem und über die Bedingung, dass die Determinante des Systems verschwindet,<br />

zu einer Beziehung zwischen E und dem Wellenvektor k (Dispersionsbeziehung).<br />

Dabei stellt sich heraus, dass es Energieintervalle geben kann, zu denen keine<br />

reellen k-Vektoren existieren. Diese Bereiche sind die Energielücken, die Intervalle in<br />

denen Lösungen vorliegen, sind die Energiebänder. Diese Verhältnisse findet man in der<br />

Regel auch für realistische Potentiale. Die Darstellung von E(k) für die verschiedenen<br />

n zeigt die Bandstruktur. Die Bandstruktur von GaAs anhand einer realistischen Rechnung<br />

ist in Abbildung A.4 dargestellt. Im Falle des GaAs findet man für die Energielücke<br />

( ”<br />

Gapenergy“)<br />

E G = E C (k =0)− E V (k =0)≈ 1.424 eV.<br />

(A.3)<br />

Wenn man A.2 für k=0 gelöst hat, findet man die Funktionen u n,0 ,die(inGaAs)<br />

Extremwerte der Energie aufweisen. Der Leitungsbandzustand ist nicht entartet – in<br />

Einklang <strong>mit</strong> der Annahme eines s-Zustands für dieses Band. In der Nähe von k =0<br />

kann man in Gleichung A.2 den in k linearen Term als Störung betrachten ( ”<br />

⃗ k · ˆp-<br />

Methode“) und findet, wenn man eine Störungsrechnung für den nichtentarteten Fall<br />

durchführt, die Dispersionsrelation in der Umgebung von k =0<br />

E n,k = E n,0 + 2 k 2<br />

2m + 2 ∑ 2<br />

. (A.4)<br />

m 2 E<br />

n≠n ′ n0 − E n ′ 0<br />

So<strong>mit</strong> ist die Dispersionsbeziehung in der Umgebung von k=0 von der eines freien<br />

Teilchens verschieden, und man definiert die effektive Masse m ∗<br />

1<br />

m = 1 ∗ m + 2 ∑ 2<br />

. (A.5)<br />

m 2 k 2 E<br />

n≠n ′ n0 − E n ′ 0<br />

Diese Gleichung ist für das Leitungsband von GaAs relevant, der starke Einfluss des<br />

energetisch tieferen und benachbarten Valenzbandes führt dabei zu einer Vergrößerung<br />

von 1/m ∗ . Die effektive Masse von Elektronen im Leitungsband ist daher kleiner als die<br />

freie Elektronenmasse (m). In der Nähe von k =0istderWertdes ⃗ k · ⃗p-Matrixelements<br />

näherungsweise konst · k. So<strong>mit</strong>erhält man eine konstante effektive Masse; sie beträgt<br />

für GaAs nur<br />

142


m ∗ CB =0.067m.<br />

(A.6)<br />

Die effektive Masse ersetzt die Elektronenmasse in allen relevanten Transportprozessen,<br />

z.B. bei der Beschleunigung in kristallinternen Feldern. Die geringe effektive Masse<br />

ist so<strong>mit</strong> auch wichtig für die schnelle Diffusion der Ladungsträger im Leitungsband.<br />

Der Vektor ⃗ k ist in den hier interessierenden Wechselwirkungen eine Erhaltungsgröße<br />

– daher auch die Bezeichnung ”<br />

Quantenzahl“ weiter oben. Mit Randbedingungen (z.B.<br />

endlicher Kristall) ergibt sich eine Diskretisierung von k <strong>mit</strong> einem Minimalabstand der<br />

k-Werte von Δk =2π/L, wobeiLdieLängenausdehnung des Kristalls ist. Der Abstand<br />

zweier benachbarter k-Vektoren ist also vernachlässigbar, die kontinuierliche Darstellung<br />

von k in der Bandstruktur daher sinnvoll.<br />

Den Betrag des k-Vektors kann man auf ein Intervall |k| π/a ist, liefert eine Translation um a in der Blochfunktion<br />

eine Phase der ebenen Welle von π + ɛ, wassichum2π von der Phase eines<br />

äquivalenten k-Vektors (−π + ɛ) unterscheidet, der im Intervall liegt (diese Begrenzung<br />

findet natürlich in drei Dimensionen statt). Wigner und Seitz haben eine geometrische<br />

Konstruktion angegeben, <strong>mit</strong> der sich diese Begrenzung darstellen lässt, das daraus resultierende<br />

Volumen im k-Raum heißt die Brillouin-Zone. Die Brillouin-Zone von GaAs<br />

ist in Abbildung A.2 dargestellt.<br />

Abbildung A.2.: Brillouinzone von GaAs.<br />

143


A.1.4. Wellenfunktionen im Halbleiter II: Raumgruppensymmetrie<br />

und Auswahlregeln<br />

Für die Produktion spinpolarisierter Ensembles ist es von entscheidender Bedeutung, die<br />

Clebsch-Gordan-Zerlegung der Wellenfunktionen nach den Spineigenfunktionen zu finden.<br />

Dabei spielt die Punktgruppensymmetrie des Kristalls die entscheidende Rolle. Die<br />

Blochfunktion im Zentrum der Brillouin-Zone (Γ-Punkt, k = 0) muss der Punktgruppe<br />

entsprechende Symmetrien aufweisen.<br />

Motivation der Entstehung von spinpolarisierten Ensembles<br />

Man erwartet, dass das Valenzband energetisch entartet ist. Der oben angegebene LCAO-<br />

Ansatz legt nahe, dem Valenzband eine p-Symmetrie zuzuschreiben. So<strong>mit</strong> existiert eine<br />

dreifache Entartung des Valenzbandes, die sich verdoppelt, wenn man die zwei möglichen<br />

Spinzustände berücksichtigt. Wenn eine Spin-Bahn Aufspaltung existiert, werden zwei<br />

Bänder entstehen, die bei k=0 den p 3/2 - und p 1/2 -Zuständen zugeordnet werden.<br />

Wenn dies vorausgesetzt werden kann, gelten die Auswahlregeln für die Photoabsorption<br />

wie in atomaren Systemen, was schematisch in Abbildung A.3 dargestellt ist; also<br />

etwa Δm = +1 für σ + -Licht. Das Verhältnis der beiden möglichen Übergangsraten<br />

kann berechnet werden, indem man die Zeeman-Unterzustände Ψ jmj in eine Summe von<br />

Produkten der Drehimpulseigenfunktionen Y lm <strong>mit</strong> den Spineigenfunktionen |↑>, |↓><br />

zerlegt. Dabei entspricht m s =1/2 demZustand|↑> und m s = −1/2 demZustand<br />

|↓>.<br />

Ψ 3/2,−3/2 = 1· Y 1−1 |↓><br />

Ψ 3/2,−1/2 = √ 1/3 · Y 1−1 |↑> + √ 2/3 · Y 10 |↓><br />

Ψ 1/2,−1/2 = − √ 2/3 · Y 1−1 |↑> + √ 1/3 · Y 10 |↓><br />

Die Koeffizienten vor den Produkten sind die Clebsch-Gordan-Koeffizienten (siehe<br />

z.B. [155], p. 240). Der Dipoloperator für σ + -Licht, der den Übergang ins Leitungsband<br />

bewirkt, ist von der Form ∝ Y 11 . Da der Leitungsbandzustand ∝ Y 00 ist, folgt wegen<br />

der Bedingung Δm l = 1, dass nur Summanden der Zerlegung <strong>mit</strong> einem Y 1−1 Anteil zur<br />

Übergangsrate beitragen. Unterstellt man, dass die Ψ 3/2 -Terme – wie im Atom – um<br />

die Feinstrukturenergie Δ gegenüber den Ψ 1/2 -Termen höher liegen, so werden nur die<br />

Ψ 3/2 -Zustände zur Absorption beitragen, wenn eine geeignete Photonenenergie E G <<br />

E γ führt, während Ψ 3/2−1/2 den<br />

anderen Spinzustand erzeugt. Die Raten der <strong>Erzeugung</strong> seien R ↑,R ↓, ihrVerhältnis<br />

kann bestimmt werden, wenn man berücksichtigt, dass diese Raten proportional zum<br />

Quadrat des Übergangsmatrixelements sind:<br />

Da die Radialteile der Wellenfunktionen gleich sind, unterscheiden sich die Matrixelemente<br />

nur durch die Clebsch-Gordan-Koeffizienten (ein Spezialfall des allgemeiner<br />

gültigen Wigner-Eckart-Theorems, siehe [155], p.238).<br />

Das Verhältnis der Raten für die beiden Übergänge ist daher durch das quadratische<br />

Verhältnis der beiden Clebsch-Gordan-Koeffizienten von Y 1−1 aus den Zuständen<br />

144


Ψ 3/2,−3/2 und aus Ψ 3/2,−1/2 gegeben<br />

R ↑<br />

R ↓ = 1 3 .<br />

(A.7)<br />

Gäbe es keine Spin-Bahnaufspaltung, die es erlaubt, den Übergang aus dem j=1/2-<br />

Zustand durch geeignete Wahl der Energie des Anregungslichts auszuschließen, so würde<br />

der Y 1−1 Anteil des Zustands Ψ 1/2,−1/2 <strong>mit</strong> einem weiteren Anteil von 2/3 zur Übergangsrate<br />

in den Spin-up Zustand des Leitungsbandes beitragen, wo<strong>mit</strong> die Spinpolarisation<br />

verschwindet.<br />

Um aus den Absorptionsraten die Spinpolarisation abzuleiten setzt man in der einfachsten<br />

Näherung : N ↑∝ R ↑,N ↓∝ R ↓. Da<strong>mit</strong>lässt man depolarisierende Prozesse<br />

für das durch die Absorption im Leitungsband entstehende Ensemble außer acht und<br />

erhält<br />

P = N ↑−N ↓<br />

N ↑ +N ↓ = −0.5.<br />

(A.8)<br />

Eine Reduzierung der Symmetrie des Kristalls wird zu einer Änderung der Symmetrie<br />

des Hamiltonoperators führen, so dass gegebenenfalls der Entartungsgrad der Valenzbandzustände<br />

aufgehoben wird. Dies ist für die verformte Elementarzelle des s-GaAs der<br />

Fall (Abbildungen A.1, A.3). Der Betrag der zugehörigen Energieaufspaltung wird <strong>mit</strong><br />

Δ strain bezeichnet. Für die hier gegebene Restsymmetrie bleibt noch eine Entartung nach<br />

dem Betrag der m j -Quantenzahl erhalten. Es ist un<strong>mit</strong>telbar einsichtig, dass in diesem<br />

Fall die Leitungsbandpolarisation 100% beträgt, falls die anregende Photonenenergie so<br />

gewählt ist, dass E G


Leitungsband<br />

Leitungsband<br />

S 1/2<br />

S 1/2<br />

=+1<br />

E G<br />

=+1<br />

E G<br />

P 3/2<br />

P 1/2<br />

Valenzband<br />

M=<br />

j<br />

-3/2 -1/2 +1/2 +3/2<br />

<br />

P 3/2<br />

P 1/2<br />

Valenzband<br />

M=<br />

j<br />

-3/2 -1/2 +1/2 +3/2<br />

E strain<br />

GaAs<br />

s-GaAs<br />

Abbildung A.3.: Schematische Darstellung der Absorption zirkularpolarisierten Lichtes am<br />

Γ−Punkt in GaAs und s-GaAs.<br />

die technische Begrenzung meistens in der Schaltgeschwindigkeit der Hochspannung zur<br />

<strong>Erzeugung</strong> des elektro-optischen (Pockels-) Effektes. Näheres zu den hier auftretenden<br />

Schwierigkeiten findet sich in Kapitel 3 und in [150], p.465-75. Trotzdem lassen sich die<br />

experimentellen Anforderungen an den Helizitätswechsel in der Regel erfüllen.<br />

Ergänzende Betrachtung zur Symmetrie der Wellenfunktionen in GaAs<br />

Es ist evident, dass beim Einbau des atomaren Systems in den Kristall die kontinuierliche<br />

Rotationssymmetrie des Atoms sich der diskreten Symmetrie des Kristalls anpassen<br />

muss. Daher stellt sich die Frage, ob die Argumentation, die auf der Clebsch-Gordan-<br />

Zerlegung des Valenzbandes in Summanden von Kugelflächenfunktionen Y lm <strong>mit</strong> l=1<br />

( p-artig“) beruhte, aufrechterhalten werden kann, denn die Y ” lm sind Basisfunktionen<br />

zur kontinuierlichen Drehsymmetrie.<br />

Die für die hier vorliegende diskrete Symmetrie gültige Gruppe ist die bereits oben<br />

erwähnte Punktgruppe 4 T d ,unterBerücksichtigung des Spins die Doppelgruppe“ T D<br />

”<br />

d .<br />

Die Blochfunktionen (<strong>mit</strong> Spin: Blochspinore) lassen sich als Linearkombinationen der<br />

Basisfunktionen zu Darstellungen von T d (Td D ) schreiben. Das gleiche gilt für den Dipoloperator,<br />

der den Übergang induziert. Leider lassen sich geeignete Basisfunktionen nicht<br />

wie in der Atomphysik einfach durch Lösung der Schrödingergleichung auffinden. Daher<br />

ist man auf die gruppentheoretische Vorgehensweise angewiesen. Das zu lösende Problem<br />

besteht darin, herauszufinden, welcher Darstellung von Td<br />

D die Valenzbandzustände am<br />

Gamma-Punkt genügen, welches die geeigneten Basisfunktionen der Darstellung sind<br />

und die Clebsch-Gordan Zerlegung der Zustände vorzunehmen. Gelingt es dann auch<br />

noch, den Dipoloperator entsprechend darzustellen, so können die Matrixelemente berechnet<br />

werden.<br />

4 Eigentlich muss die so genannte Raumgruppe untersucht werden, die Symmetrieoperationen betrachtet,<br />

die aus Translationen und Rotationen zusammengesetzt sind. Im Falle des GaAs zeigt sich, dass<br />

dies keine Komplikation darstellt und daher die Untersuchung der Punktgruppensymmetrie genügt.<br />

146


Bez. der Dimension Bez. der Dimension<br />

Darstellung von T d (Entartung) Darstellung von Td D (Entartung)<br />

Γ 1 1 Γ 1 1<br />

Γ 2 1 Γ 2 1<br />

Γ 3 2 Γ 3 2<br />

Γ 4 3 Γ 4 3<br />

Γ 5 3 Γ 5 3 (Dipoloperator)<br />

Γ 6 2(LB) s ” 1/2 “<br />

Γ 7 2(VB) p ” 1/2 “<br />

Γ 8 4(VB) p ” 3/2 “<br />

Tabelle A.1.: Dimensionen der Darstellungen von T d und T D d .<br />

Wegen des erheblichen formalen Aufwands soll dies hier nicht durchgeführt werden. Es<br />

sei darauf verwiesen, dass dieser Parcours z.B. im Buch von Cardona ([97], p.25-48) und<br />

– noch detaillierter – in der Dissertation von S. Pluetzer ([157], p.5-48) abgeschritten<br />

wird. Meier und Pescia [158] geben darüber hinaus einen Überblick über die Verhältnisse<br />

bei einer Reihe anderer Halbleiter.<br />

Man findet, dass es Darstellungen der Gruppe gibt, die sich wie die s- und p-Wellenfunktionen<br />

transformieren, auch die Einführung der Spin-Bahn-Kopplung ändert nichts<br />

an der Symmetrie im Verhältnis zu den atomaren Wellenfunktionen. So<strong>mit</strong> werden die im<br />

vorigen Abschnitt diskutierten Auswahlregeln und Spinpolarisationen bei der Absorption<br />

zirkular polarisierten Lichtes bestätigt. Man sollte des weiteren beachten, dass die<br />

Gruppentheorie zwar festlegt, welche Symmetrien der Wellenfunktionen denkbar sind,<br />

dass sie aber nicht ”<br />

ab initio“ den Bändern die jeweilige Symmetrie zuordnen kann.<br />

Daher müssen in der Regel zusätzlich empirische Methoden angewandt werden, um die<br />

Symmetrie festzustellen. Im folgenden soll nur noch die für die Bandstruktur verwendete<br />

Nomenklatur erläutert werden.<br />

Nomenklatur der Bandstruktur<br />

Am Γ−Punkt gibt es fünf (T d )bzw.acht(T D d )nichtäquivalente und irreduzible5 Darstellungen,<br />

die nach Koster 6 Γ 1 ...Γ 5 benannt werden. In der Doppelgruppe T D d existieren 8<br />

irreduzible Darstellungen Γ 1 ...Γ 8 . In der Tabelle A.1 werden die Dimensionen (=Zahl der<br />

Basisfunktionen bzw. Entartung eines Eigenzustandes zu dieser Darstellung) aufgeführt.<br />

So<strong>mit</strong> wird die Indizierung der Bandstruktur von GaAs in der Abbildung A.4 lesbar.<br />

Die x-Achse bezeichnet spezielle Verbindungsstrecken durch die Brillouin-Zone, die<br />

Punkte <strong>hoher</strong> Symmetrie berühren. Die Punkte <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong> Symmetrie am Rand der Zone<br />

(lateinische Buchstaben) repräsentieren Untergruppen von T D 2 .<br />

5 Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so wird der Entartungsgrad überschätzt.<br />

6 Leider ist in der Gruppentheorie eine Reihe von Bezeichnungen üblich, eine andere Bezeichnungsweise<br />

stammt z.B. von Bouckaert, Smulochowsky und Wigner (BSW).<br />

147


Für diese Arbeit ist nur der Übergang von Γ 8 nach Γ 6 relevant, der durch den Dipoloperator,<br />

der von der Form Γ 5 ist, ausgelöst wird. Es sind ausschließlich s- und p-artige<br />

Zustände im GaAs realisiert. Dies wurde für die hier vorliegende Symmetrie bereits 1935<br />

von Hund und Mrowka vorausgesagt [159].<br />

Weitere Eigenschaften der Valenzbänder<br />

Man erkennt in Abb. A.4, dass die Entartung des Valenzbandes außerhalb des Γ− Punktes<br />

aufgehoben wird. Wegen der unterschiedlich weiten Öffnung der Bänder – entsprechend<br />

einer schnellen (langsamen) Änderung der Energie <strong>mit</strong> dem Impuls, was <strong>mit</strong> einer<br />

kleinen (großen) Masse des Lochs im Valenzband identifiziert werden kann – heißen<br />

diese ”<br />

Light-Hole-“ und ”<br />

Heavy-Hole-“Band. Das durch die Spin-Bahn-Kopplung abgetrennte<br />

Γ 7 -Band wird ”<br />

Split-off“-Band genannt. Wegen der großen Kernladungszahl der<br />

Bindungspartner beträgt die Spin-Bahn-Aufspaltung für GaAs etwa 0.3 eV.<br />

Die Berechnung der Dispersionsrelation erfolgt z.B. <strong>mit</strong> der k·ˆp-Methode unter Anwendung<br />

von entarteter Störungsrechnung (siehe z.B. [97] p.67-82). Die Dispersionsrelation<br />

ist komplizierter als im Fall des Leitungsbandes und räumlich anisotrop:<br />

E lh,hh = Ak 2 ±<br />

√<br />

B 2 k 4 + C 2 (k 2 x k2 y + k2 y k2 z + k2 z k2 x )<br />

(A.9)<br />

Die Konstanten A,B,C sind die Dresselhausparameter [160] und enthalten Matrixelemente<br />

ähnlich zu denen in Gleichung A.6. Das positive Vorzeichen vor der Wurzel<br />

gehört zum Heavy-Hole-Band. In der Nähe des Γ−Punktes kann man eine ”<br />

isotrope“<br />

Näherung durchführen und ersetzt die Masse durch ihren Mittelwert über alle Richtungen<br />

nach A.9. Da<strong>mit</strong> erhält man Werte, die einigermaßen in Übereinstimmung ([97],p.75)<br />

<strong>mit</strong> den folgenden experimentellen Werten für GaAs sind<br />

m hh =0.53m<br />

m lh =0.08m.<br />

(A.10)<br />

Die nach unten weisende Öffnung der Valenzbänder entspricht einer negativen effektiven<br />

Masse. Man muss aber bedenken, dass in den fast vollbesetzten Bändern nur positiv<br />

geladene Zustände (Löcher) existieren. In einem äußeren Feld ist das Verhalten des Lochs<br />

dann gleich dem eines Positrons <strong>mit</strong> einer positiven Masse.<br />

A.1.5. Absorptionskoeffizient<br />

Strahlt man Licht <strong>mit</strong> einer Photonenenergie E γ >E gap in den Halbleiter ein, so wird<br />

die Absorption im idealen Kristall möglich. Im Bandstrukturdiagramm wird die Photoabsorption<br />

als ”<br />

vertikal“ erscheinen, da der Photonimpuls bei einer Wellenlänge von<br />

typisch λ =800 nm gegenüber den Dimensionen der Brillouin-Zone zu vernachlässigen<br />

ist: 1/λ ≈ 10 6 m −1 ≪ 1/a ≈ 2·10 9 m −1 . So<strong>mit</strong> gilt Δk ≈ 0, was z.B. erfüllt ist, wenn eine<br />

Photoabsorption vom obersten Valenzbandzustand zum untersten Leitungsbandzustand<br />

148


Energie [eV]<br />

Heavy Holes<br />

1.43eV<br />

0.34eV<br />

Light Holes<br />

Split off band<br />

Wellenvektor k<br />

Undeformiert<br />

Deformiert<br />

6 <br />

Energie E[eV]<br />

E G<br />

E G+<br />

E G<br />

DEF<br />

6 <br />

E DEF G + E<br />

Str.<br />

<br />

K-Vektor<br />

K-Vektor<br />

Abbildung A.4.: Oben:Bandstruktur von GaAs. Nach [97], p.65. Unten: Vergrößerter (schematischer)<br />

Ausschnitt der Bandstruktur für den Übergang Γ 8 → Γ 6 (undeformiert)<br />

bzw. Γ 6 → Γ 6 (deformiert).<br />

149


Abbildung A.5.: Die Herstellung von Halbleiterlegierungen (Mischhalbleiter) führt zu simultanen<br />

Variationen der Gitterkonstante und der Bandlücke. Man beachte<br />

speziell, dass sich im System Al x Ga 1−x As die Bandlücke variieren lässt,<br />

ohne die Gitterkonstante zu ändern. Aus [99].<br />

hin erfolgt. Halbleiter, bei denen die Extrema der Valenz- und Leitungsbänder beim<br />

gleichen k-Wert liegen, werden direkt“ genannt.<br />

”<br />

Auch die in dieser Arbeit verwendeten Mischhalbleiter vom Typ GaAs x P 1−x sind<br />

direkte Halbleiter, erst ab x


H ww ist im Falle der Dipolnäherung proportional zum Skalarprodukt des Polarisationsvektors<br />

a und des Impulsoperators: H ww = konst a· ˆp. Die Matrixelemente selbst müssen<br />

im Falle realistischer Wellenfunktionen (Leitungsband )numerisch<br />

berechnet werden. Man findet, wenn man den Erwartungswert des Impulsoperators<br />

<strong>mit</strong> p CV bezeichnet, dass p 2 CV /2m für alle in der Praxis verwendeten dreidimensionalen<br />

Halbleiterstrukturen in der Nähe der Gapenergie einen Wert von etwa 25±5eV annimmt<br />

[162].<br />

Die Zustandsdichte ρ CV kann als Funktion der Photonenenergie und der reduzierten<br />

Masse m ∗ r = m∗ CB m∗ VB /(m∗ CB + m∗ VB ) angegeben werden<br />

(Strained-Layer) ρ CV (3d) = √ 2(m ∗ r) ∗3/2 (E γ−E gap) 1/2<br />

(Superlattice) ρ CV (2d) = √ 2m ∗ r 1<br />

π 2 .<br />

π 2 3<br />

(A.12)<br />

Die Einheit dieser effektiven Zustandsdichten ist cm −3 eV −1 bzw cm −2 eV −1 für die<br />

Superlattices. Die Zustandsdichte für Superlattice-Photokathoden ist von anderer Form,<br />

weil diese Systeme nur in zwei Dimensionen kontinuierliche k-Vektoren zulassen, wie<br />

weiter unten erklärt wird.<br />

Das Resultat für den Absorptionskoeffizienten lautet:<br />

α(E γ )=<br />

πe2 1 2<br />

m 2 cn r ɛ E γ 3 |p CV | 2 ρ CV (E γ ). (A.13)<br />

Dabei sind e, ,m,c Naturkonstanten, n r ,ɛ sind die materialabhängigen Größen Brechungsindex<br />

und Dieelektrizitätskonstante. Als weitere materialabhängige Größe gehen<br />

noch die effektiven Massen der Bänder sowie die Gapenergie in die Zustandsdichte ein.<br />

In Abbildung A.6 sind die Absorptionskoeffizienten für verschiedene Halbleiter als<br />

Funktion der Wellenlänge dargestellt. Für GaAs beträgt der Absorptionskoeffizient knapp<br />

oberhalb der Absorptionskante einige 10 3 cm −1 , einfallendes Licht wird in unseren Experimenten<br />

also typischerweise innerhalb einer etwa 2 Mikrometer dicken Kristallschicht<br />

absorbiert. Halbleiter, deren Schichtdicke größer als die Absorptionslänge ist, werden als<br />

Bulk-“ Photokathoden bezeichnet.<br />

”<br />

A.2. Strukturen <strong>mit</strong> reduzierter Symmetrie<br />

A.2.1. Uniaxial deformierte Kathoden<br />

Die Verformung der Elementarzelle von GaAs zu s-GaAs bedingt eine Reduktion der<br />

Kristallsymmetrie zu einer Punktgruppe <strong>mit</strong> dem Namen D2 d ((42m) in internationaler<br />

Notation). Der Zustand Γ 8 kann dann in die 2 Zustände aufspalten, die Γ 6 Symmetrie<br />

bzw. Γ 7 -Symmetrie haben. Die beiden neuen Zustände sind je zweifach entartet (Tabelle<br />

A.1), sie werden <strong>mit</strong> dem Heavy-Hole- und Light-Hole-Band identifiziert. Die in der<br />

Abbildung A.3 gezeigte Aufspaltung entspricht einer Anhebung des Heavy-Hole-Bandes,<br />

151


Abbildung A.6.: Absorptionskoeffizienten verschiedener Halbleiterkristalle (aus [99]).<br />

wie sie bei unseren s-GaAs Kathoden vorliegt. In diesem Fall gilt, dass die Basis der tetragonalen<br />

Elementarzelle eine Kantenlänge aa 0 hat.<br />

Das Heavy-Hole-Band entspricht den |m j | =3/2-Zuständen, so<strong>mit</strong> erwartet man für<br />

σ + −Anregung eine Polarisation von −1. Würden hingegen die Light-Hole-Bänder energetisch<br />

höher liegen, so sollte man eine Polarisation von +1 beobachten. In der Praxis<br />

bevorzugt man den Betrieb <strong>mit</strong> angehobenem Heavy-Hole-Band, da man, um eine große<br />

Quantenausbeute zu erzielen, <strong>mit</strong> einem hohen Absorptionskoeffizenten arbeiten möchte.<br />

Hier helfen das größere Matrixelement und die höhere Zustandsdichte des Heavy-Hole-<br />

Bandes. Weiterhin wird man im ”<br />

Light-Hole-Betrieb“ eine sehr schnelle Abnahme der<br />

Polarisation <strong>mit</strong> steigender Photonenenergie (von +1 nach -0.5) beobachten, während<br />

die Polarisation im umgekehrten Fall von -1 nach -0.5 variiert. Wenn man also den<br />

Absorptionskoeffizienten durch Vergrößerung von E γ (Gleichungen A.13, A.12) erhöhen<br />

möchte, wird die Depolarisation durch die allmähliche Beimischung des anderen Bandes<br />

im Heavy-Hole-Betrieb nicht so stark ins Gewicht fallen.<br />

Man erwartet eine vollständige Polarisation der ins Leitungsband transferierten Elektronen,<br />

wenn man Photonen <strong>mit</strong> der folgenden Energie einstrahlt<br />

E gap


Dies wird durch Verformungstensorkomponenten ɛ xx = ɛ yy < 0 ausgedrückt. Dabei<br />

zeigt die Kathodennormale in z-Richtung. Wie anschaulich klar ist, wird die Elementarzelle<br />

versuchen durch eine Verlängerung der z-Achse dem Druck auszuweichen, die resultierende<br />

Verformung ergibt sich als Funktion der Elemente des Elastizitätstensors c ij ,<br />

wobei die Orientierung des Substrats die [001]-Richtung sein muss (siehe z.B. [99], p.32f.)<br />

ɛ zz = −2c 12<br />

ɛ xx . (A.15)<br />

c 11<br />

Dies wird auch uniaxiale“ Verformung genannt. Die Energieaufspaltung Δ ” strain kann<br />

durch die Komponenten c ij des Elastizitätstensors und durch das Deformationspotential<br />

V def ausgedrückt werden<br />

c 11 − c 12<br />

Δ strain =2V def ɛ xx . (A.16)<br />

c 11<br />

Gleichzeitig kommt es zu einer Verschiebung der Bandlücke<br />

c 11 +2c 12<br />

ΔE Gap = −2V hstat ɛ xx . (A.17)<br />

c 11<br />

V hstat ist das hydrostatische“ Potential. Mit den tabellierten Werten (z.B in [99], p.<br />

”<br />

35) ergibt sich für GaAs und eine Verformung von ɛ xx = ɛ yy = −0.01<br />

Δ strain =50meV<br />

ΔE Gap =30meV.<br />

(A.18)<br />

Eine Verformung ɛ xx = −1% kann erreicht werden, indem man die Halbleiter einem<br />

Druck von einigen tausend Bar aussetzt. Die Anwendung solcher Drücke ist in Elektronenquellen<br />

leider nicht praktikabel, jedoch konnte man in geeigneten Apparaturen durch<br />

Analyse der Polarisation des Lumineszenzlichtes bei der Rekombination photoangeregter<br />

Elektronen nachweisen, dass sich in der Tat eine Erhöhung der Polarisation auffinden<br />

lässt [163].<br />

Es existieren Halbleiterkristalle, die die erstrebte reduzierte Symmetrie der Elementarzelle<br />

von sich aus aufweisen, es handelt sich um tertiäre Verbindungen ( z.B. Chalkopyrite<br />

wie ZnGeAs 2 ,CuGaAs 2 ). Allerdings ist es bis heute nicht gelungen eine hohe<br />

Spinpolarisation der von Chalkopyriten e<strong>mit</strong>tierten Elektronen nachzuweisen. Eines der<br />

besten Resultate stammt von Zürcher et al. [164], <strong>mit</strong> einem Maximalwert von 50%. Die<br />

Ursachen für das Versagen der Chalkopyritstrukturen sind bis zum heutigen Zeitpunkt<br />

ungeklärt. So<strong>mit</strong> fallen makroskopische ”<br />

Bulk-Kristalle“ für die Produktion höchster<br />

Polarisationsgrade zur Zeit aus.<br />

A.2.2. Strained-Layer-Kathoden<br />

Die sogenannte ”<br />

Heterostrukturtechnologie“ bietet Lösungsmöglichkeiten für die soeben<br />

skizzierte Problematik.<br />

153


Ein GaAs-Kristall wird (Gleichungen A.15 und A.16) in ausreichender Weise deformiert,<br />

wenn er auf eine genügend dicke Pufferschicht ( Buffer“) <strong>mit</strong> einer um etwa 1%<br />

”<br />

kleineren Gitterkonstante aufwächst. Dabei ist der Mischhalbleiter Galliumarsenidphospid<br />

(GaAs 1−x P x ) als Buffer geeignet, denn die Gitterkonstante des Mischhalbleiters kann<br />

annähernd durch das gewichtete Mittel der Gitterkonstanten von GaAs und GaP dargestellt<br />

werden (Vegards Gesetz). Da die Gitterkonstante von GaP etwa 4% kleiner ist<br />

als die von GaAs (Abbildung A.5), wird eine Verformung von 1% bei Buffern <strong>mit</strong> etwa<br />

30% Phosphoranteil erreicht. Der Buffer muss natürlich hinreichend dick und von nahezu<br />

perfekter Qualität sein, um nicht seinerseits durch den aufwachsenden Epilayer“ ”<br />

verformt zu werden 7 .<br />

Man ist also auf das Zusammenwirken verschieden zusammengesetzter Halbleiterschichten<br />

angewiesen. Solche Funktionseinheiten werden Heterostrukturen“ genannt.<br />

”<br />

Die Bedeutung von Heterostrukturen für die effiziente Injektion von Ladungsträgern in<br />

elektronischen Bauelementen wurde von H. Kroemer erkannt und in den späten sechziger<br />

Jahren von I. Alferov am Joffe Institut in St. Petersburg für die Entwicklung von<br />

effizienten Halbleiterlasern genutzt 8 .<br />

Heterostrukturen sind für kommerzielle Anwendungen von extremer Bedeutung. Diese<br />

Situation erzeugt eine ständige Nachfrage nach Prototyp-Heterostrukturen aller Art.<br />

Daher existieren kommerzielle Anbieter, die die gewünschten Heterostrukturen in Einzelstücken<br />

9 oder Kleinserien <strong>mit</strong> für Universitätslabors (noch) vertretbaren Aufwand<br />

herstellen. Dies ist ein glücklicher Umstand, da diejenigen Labors, die spinpolarisierte<br />

<strong>Elektronenstrahlen</strong> aus Photokathoden erzeugen und gebrauchen wollen, in der Regel<br />

nicht die technische Ausstattung besitzen, um diese herzustellen. Durch diese Konstellation<br />

konnten amerikanische und japanische Gruppen in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> entsprechenden<br />

Industriefirmen erfolgreich die Photoemission bis zu 80% polarisierter Strahlen<br />

sowohl aus Strained-Layer-“, wie auch aus den weiter unten diskutierten Superlattice-“<br />

” ”<br />

Photokathoden demonstrieren [105],[106],[165].<br />

Es ist relativ leicht zu motivieren (siehe Abbildung A.9), warum GaAs in der Substratebene<br />

zunächst <strong>mit</strong> der Gitterkonstante von GaAsP wächst: In diesem Zustand<br />

ist die Bindungsenergie der ersten Lage von GaAs ein Minimum. So<strong>mit</strong> ist ein Einmalgewinn“<br />

an potentieller Energie gegeben. Dies wird allmählich kompensiert durch ”<br />

die Verformungsenergie der GaAs-Elementarzellen, wenn mehrere atomare Lagen aufgebracht<br />

werden. So<strong>mit</strong> ist klar, dass der verformte Layer sicher nicht bis zu beliebigen<br />

Dicken stabil ( unrelaxiert“) bleiben kann. Da der Mechanismus der Relaxation von<br />

”<br />

vielen Parametern abhängt – z.B. Fehlstellendichte im Interface, Art des Wachstums<br />

der aktiven Schicht, Dynamik der Ausbreitung der Fehlstellen – ist eine theoretische<br />

7 Begriffe wie ”<br />

Epilayer“ oder ”<br />

Epitaxie“ deuten an, dass eine hinzugefügte Schicht <strong>mit</strong> der gleichen<br />

Struktur wächst, wie das schon vorhandene Substrat. Dabei sollen aber die in der Regel höheren<br />

Defektdichten des Substrats (und speziell seiner Oberfläche) nicht in den ”<br />

Epilayer“ übernommen<br />

werden.<br />

8 Alferov und Kroemer erhielten zusammen <strong>mit</strong> J. Kilby (dem Miterfinder der integrierten Schaltkreise)<br />

im Jahre 2000 den Nobelpreis zugesprochen.<br />

9 Meist werden Wafer <strong>mit</strong> 2-Zoll Durchmesser gefertigt, was nach dem Zerteilen des Wafers etwa 10-12<br />

an MAMI verwendbare Kathoden ergibt.<br />

154


Berechnung der ”<br />

kritischen Dicke“ im allgemeinen nicht möglich. Experimentelle Beobachtungen<br />

– die Länge der c− Achse ist z.B. durch Röntgenbeugung messbar – zeigen,<br />

dass die Relaxation im Schichtdickenbereich zwischen 100 bis 200 nm stattfindet [166].<br />

Da die typische Absorptionslänge des Lichts bei den hier notwendigen Anregungsenergien<br />

E gap


Abbildung A.7.: Bandstruktur eines GaAs-AlGaInAs-Superlattice, aus [169].<br />

wenige diskrete k z Werte aufweisen, die <strong>mit</strong> den noch kontinuierlich wählbaren Impulsen<br />

k x und k y zu Minibändern kombiniert werden. Das Miniband ist ein zweidimensionales<br />

System <strong>mit</strong> der in Gleichung A.12 angegebenen Zustandsdichte.<br />

Offensichtlich ist die Symmetrie in z-Richtung völlig verschieden zu der Symmetrie<br />

in der Schichtebene, so dass man erwarten kann, dass am Γ−Punkt die Entartung der<br />

Light-Hole- (lh-) und Heavy-Hole- (hh-) Minibänder aufgehoben sein kann. Bild A.7<br />

zeigt eine theoretische Rechnung zur Bandstruktur eines Superlattice, die auch durch<br />

experimentelle Beobachtung verifiziert werden konnte [169].<br />

Das ”<br />

Standard“-Superlattice ist eine periodische Wiederholung einer GaAs/AlGaAs<br />

Heterostruktur. Dieses Superlattice ist aus zwei Gründen technologisch gut beherrschbar:<br />

AlAs und GaAs haben praktisch gleiche Gitterkonstanten, so dass das SL verspannungsfrei<br />

auf ein GaAs Substrat aufwachsen kann. Weiter lassen sich alle Komponenten des<br />

Superlattice gut als Atomstrahlen herstellen, so dass die ”<br />

Molekular-Beam-Epitaxy“ eingesetzt<br />

werden kann. Diese Technik erlaubt eine optimale Kontrolle von Stoichiometrie<br />

und Geometrie der herzustellenden Struktur.<br />

GaAs/AlGaAs-Strukturen waren daher die ersten Superlattice-Kathoden, bei denen<br />

eine Anhebung der Polarisation über 50% (auf 65%) nachgewiesen werden konnte [165].<br />

Als Ursache für die begrenzte Polarisation wurde die verhältnismäßig kleine Aufspaltung<br />

der hh und lh-Bänder identifiziert, die von Nakanishi et al. [170] zu etwa 40 meV<br />

angegeben wurde.<br />

Daher wurde versucht Heterostrukturen einzusetzen, die nicht gitterangepasst sind<br />

( ”<br />

Strained-Superlattice“). Hier erreichte man 60 bis 70 meV Aufspaltung <strong>mit</strong> einem Superlattice<br />

von 18 Perioden der Heterostruktur In 0.15 Ga 0.85 As/Al 0.25 Ga 0.75 As, was zu ei-<br />

156


ner Polarisation von etwa 80 % führt [170]. Die Dicke einer einzelnen Schicht ist typischerweise<br />

7 bis 11 Monolagen, so dass die gesamte aktive Struktur nur etwa 100 nm dick ist.<br />

Durch Variation der Anteile der Komponenten lassen sich die Bandlücken verändern. Mit<br />

die besten Ergebnisse wurden <strong>mit</strong> der Heterostruktur In 0.16 Al 0.2 Ga 0.64 As/Al 0.28 Ga 0.72 As<br />

erzielt, die vom Joffe Institut in St. Petersburg hergestellt wurde (siehe Kapitel 2). Der<br />

Schichtaufbau dieser Struktur ist in Abbildung A.8 angegeben.<br />

Man könnte erwarten, dass Strained-Superlattices weniger als Strained-Layer-Kathoden<br />

zur Relaxation neigen, da jede einzelne Schicht die kritische Dicke unterschreitet. Im<br />

Prinzip müssten sich solche Schichten da<strong>mit</strong> in größeren Dicken als Strained-Layer-<br />

Kathoden herstellen lassen, <strong>mit</strong> den entsprechenden Vorteilen für die Quantenausbeute<br />

der Kathode.<br />

Diese Vorteile sind jedoch in der Praxis schwer zu realisieren: Die Bildung der Minibänder<br />

beruht auf der Annahme der strikten Periodizität der Struktur. Da die einzelnen<br />

Komponenten nur wenige Atomlagen dick sind, erfordert die Technik des Wachstums<br />

des Epilayers so<strong>mit</strong> perfekte Kontrolle über einzelne Atomlagen, so dass reale Strukturen<br />

oft von den prognostizierten Eigenschaften abweichen, speziell ergeben sich oft Fehler<br />

an den Interfaces.<br />

A.2.4. Technische Aspekte der Kathodenherstellung<br />

In Abbildung A.8 ist zu erkennen, dass die Schichtstruktur wesentlich komplexer ist als<br />

anhand der bisherigen Beschreibung zu erwarten wäre. Dies ist zum Teil dem so genannten<br />

Substratproblem“ geschuldet: Nur wenige Halbleiter lassen sich in genügender<br />

”<br />

Qualität als makroskopische Kristalle (aus der Schmelze) ziehen, um Substrate für die<br />

Epilayer-Produktion zu liefern. Für unsere Halbleiter ist einzig reines GaAs als Substratmaterial<br />

<strong>mit</strong> vertretbarem Aufwand verfügbar, es wird in der Regel kompensiert dotiert<br />

(siehe Abschnitt A.3) und in 0.5 mm dicken Scheiben verwendet.<br />

Abgesehen von der Aufgabe, das Interface zwischen Substrat und Epilayer hinreichend<br />

frei von Kristallfehlern zu halten, existiert bei den hier verwendeten Kristallstrukturen<br />

grundsätzlich das Problem der Fehlanpassungsversetzung ( Misfit-Dislocation“ siehe<br />

”<br />

Abbildung A.9). Dies sei am Beispiel der Strained-Layer-Kathode erläutert: Der Buffer<br />

Layer aus GaAs 0.7 P 0.3 soll unverformt sein. Wenn der Buffer jedoch auf dem GaAs Substrat<br />

wächst, wäre er bis zur kritischen Schichtdicke hin verformt, danach stellt sich<br />

eine Relaxation durch die Bildung der Versetzungen ein, so dass der Buffer <strong>mit</strong> der<br />

erwünschten unverformten Elementarzelle weiterwächst.<br />

Leider entsteht durch die Fehlanpassungsversetzungen ein weiteres Phänomen: Die<br />

Versetzungen können während des Epilayerwachstums (oder später) in Wachstumsrichtung<br />

propagieren (wie Risse in einem Material), was die später folgenden Interfaces unbrauchbar<br />

macht. Diesem Effekt wird auf zwei Weisen entgegengearbeitet: Erstens durch<br />

eine graduelle Steigerung des Phosphorgehalts ab der Substratoberfläche und zweitens<br />

durch die Einarbeitung von mehreren zusätzlichen Grenzschichten, die die Propagation<br />

der Versetzung aufhalten sollen. Im Falle des Strained-Layer wird dies durch eine<br />

Multilayer-Struktur <strong>mit</strong> 20 Grenzschichten erreicht, die natürlich ihrerseits wieder ein<br />

Superlattice“ ist. Im Falle der Superlattice Struktur genügt eine einzige dicke Zwi-<br />

”<br />

157


Lichteinfall<br />

Arsen-Kappe<br />

ca. 20 nm dick<br />

(Passivierung)<br />

Aktive Zone:<br />

s-GaAs0.95P0.05<br />

120 Nanometer<br />

Dotierung: Magnesium 7*10 cm<br />

Oberflächennah (10 nm) 10 cm<br />

Buffer: GaAs0.7P0.3<br />

1 m dick<br />

17 -3<br />

19 -3<br />

Superlattice<br />

(Unterdrückung von Fehlstellen)<br />

GaAs0.55P 0.45/GaAs0.85P0.15<br />

10 Perioden a 20nm/Periode<br />

Anpassungsschichten<br />

GaAs(1-x)<br />

Px<br />

x=0.1,0.2,0.3<br />

je 0.3 m dick<br />

Substrat: GaAs(100) intr. Dotiert<br />

0.5 mm dick<br />

Strained Layer Kathode X-2883<br />

Lichteinfall<br />

Arsen-Kappe<br />

(Passivierung)<br />

Oberflächennahe Zone:<br />

GaAs 6 Nanometer<br />

Dotierung: Beryllium 10 cm<br />

19 -3<br />

Aktive Zone: Superlattice<br />

In0.16Al0.2Ga0.64As/Al0.28Ga0.72As<br />

15 Perioden a 7.5nm/Periode<br />

Buffer:<br />

Al0.4Ga0.6As<br />

1.25m dick<br />

Substrat: GaAs(100)<br />

0.5 mm dick<br />

intr. Dotiert<br />

Superlattice SL-5-998<br />

Abbildung A.8.: Schichtaufbau der in dieser Arbeit verwendeten Strukturen <strong>mit</strong> reduzierter<br />

Symmetrie: Oben Strained-Layer-Kathode, MAMI-Standardtyp. Unten:<br />

158<br />

Superlattice (das gleiche Bild findet sich in Kapitel 2).)


Abbildung A.9.: Eingeschlossene und propagierte Fehlanpassungsversetzungen (aus [99]).<br />

schenschicht aus Al 0.4 Ga 0.6 As, (die unverspannt ist!), um die Fehlstellen des Substrat-<br />

Interfaces einzuschließen.<br />

Die qualitativ hochwertige Herstellung aller Interfaces zwischen Bufferschicht und aktiver<br />

Zone ist zwingend notwendig. Sie ist eine der technologischen Herausforderungen<br />

bei der Herstellung solcher Heterostrukturen.<br />

Im Falle der Strained-Layer-Struktur muss in der Regel die Metal-Organic-Chemical-<br />

Vapour-Deposition (MOCVD)- Technik eingesetzt werden. MOCVD ist im Hinblick auf<br />

die Exaktheit der Interfaces der Epilayer Produktion <strong>mit</strong> Atomstrahlen (Molekular-<br />

Beam-Epitaxy, MBE) unterlegen, so dass die Herstellung von Superlattices <strong>mit</strong> definierter<br />

Bandstruktur schwierig ist. Dafür ist andererseits die Herstellung von phosphorhaltigen<br />

Epilayern <strong>mit</strong> MBE problematisch, weil es sowohl schwierig ist die Phosphor<br />

Komponente als Atomstrahl zu kontrollieren, als auch nach Abschluss der Fertigung den<br />

Phosphor wieder aus der MBE-Anlage zu entfernen.<br />

Das Joffe Institut in St. Petersburg, das die in Abbildung A.8 dargestellte Strained-<br />

Layer-Struktur entwickelt hat [167], hatte Ende der 90er Jahre Probleme die Struktur<br />

reproduzierbar herzustellen. Seitdem sind die Kathoden jedoch in hervorragender Qualität<br />

erhältlich, wobei die Polarisationsparameter (maximale Polarisation, Arbeitswellenlänge)<br />

reproduzierbar sind.<br />

Die verschiedenen an MAMI getesteten Strained-Layer-Photokathoden weisen jedoch<br />

eine Schwankung der Quantenausbeute von etwa einem Faktor 10 bei ansonsten gleichem<br />

Polarisationsspektrum auf. Dies deutet darauf hin, dass sich bei ansonsten gleicher Behandlung<br />

nicht die gleiche Austrittswahrscheinlichkeit ins Vakuum erzielen lässt. Für<br />

diese ungenügende Reproduzierbarkeit der Resultate scheint es folgende Ursache zu geben:<br />

Nach dem Abschluss des Wachstums befindet sich die Kathode nicht in einer genügend<br />

reinen Umgebung um die Verschmutzung der Kathodenoberfläche durch aktive Gase<br />

zu verhindern. Dem versucht man durch das Aufbringen von dünnen Arsen-Schichten<br />

159


entgegenzuwirken ( ”<br />

Passivierung“). Diese Schichten können nach dem Einbringen in die<br />

UHV-Anlage bei etwa 400 ◦ C abgedampft werden und lassen so<strong>mit</strong> eine definierte und<br />

atomar saubere Oberfläche zurück.<br />

Leider ist gerade die Herstellung einer reinen Arsen Schicht in einer MOCVD Anlage<br />

schwierig, da ohne den Einfluss der zusätzlichen Gallium-Atome (die normalerweise<br />

zur Bildung von GaAs führen) das Arsen bei den typischen Arbeitstemperaturen der<br />

MOCVD-Anlagen nicht stabil ist. Anscheinend gelingt das Wachstum der Arsen-Kappe<br />

nicht immer in reproduzierbarer Weise, was die äußerst unerwünschte Schwankungsbreite<br />

der Quantenausbeute nach sich zieht. Zwar kann man dieses Problem durch definierte<br />

Reinigungsprozeduren der Oberfläche – z.B. Wasserstoff-Plasma-Ätzen bei erhöhter<br />

Temperatur un<strong>mit</strong>telbar vor dem Einbringen in die UHV-Apparatur – reduzieren. Neben<br />

der Erhöhung der Komplexität des Aktivierungsverfahrens erzeugt dieses Vorgehen jedoch<br />

wieder andere Probleme, wie z.B. eine eventuelle Reduktion der Polarisation [171].<br />

Daher ist die derzeitige Zielsetzung unserer Gruppe von der reproduzierbaren Arsen<br />

Bedeckung der MBE gefertigten Kathoden zu profitieren, was durch den Wechsel auf<br />

Superlattice-Kathoden geschehen kann:<br />

Wie oben gesagt, werden die Superlattice Kathoden beinahe zwangsläufig <strong>mit</strong> der<br />

MBE-Technik gefertigt. Der niedrige Druck in einer MBE Anlage und der Einsatz von<br />

Atomstrahlen ermöglicht es – wenn nötig – bei niedrigerer Temperatur zu arbeiten, so<br />

dass die Passivierungsschicht wesentlich leichter hergestellt werden kann. Durch die in der<br />

letzten Zeit erfolgten Fortschritte in der Fabrikation und im theoretischen Verständnis<br />

von Superlattice Strukturen scheint sich abzeichnen, dass die Superlattice-Kathoden die<br />

Strained-Layer ablösen können.<br />

Dem Joffe Institut scheint <strong>mit</strong> der quartären SL-Struktur eine relativ gute Beherrschung<br />

der Technik gelungen zu sein: einerseits konnte man demonstrieren, dass sich<br />

die Arbeitswellenlänge bei gleicher erzielter Maximalpolarisation durch Variation der<br />

Konzentrationen um fast 100 Nanometer verschieben lässt. Andererseits konnte die in<br />

dieser Arbeit beschriebene Struktur SL-5-598 die Bestwerte der Quantenausbeute von<br />

Strained-Layer-Kathoden übertreffen.<br />

Für die Herstellung beider Arten von Heterostrukturen ist des weiteren die Kontrolle<br />

der Dotierung von entscheidender Bedeutung, was im folgenden diskutiert wird.<br />

A.3. Dotierungseffekte.<br />

Photokathoden benötigen hohe p-Dotierungsgrade 11 , einerseits wegen der für eine Kathode<br />

nahe liegenden Forderung nach elektrischer Leitfähigkeit, andererseits wegen der<br />

erforderlichen Absenkung der Fermi-Energie in die Nähe der Valenzbandoberkante. Ohne<br />

die Erfüllung der zweiten Anforderung kann – siehe Abschnitt A.6 – in GaAs oder<br />

ähnlichen Materialien keine negative Elektronenaffinität und so<strong>mit</strong> kein Austritt der<br />

Elektronen ins Vakuum erzielt werden.<br />

11 Alle in diesem Abschnitt referierten Resultate stammen aus der Monographie ”<br />

Doping in III/V semiconductors“<br />

[172] bzw. den dort angegebenen Referenzen.<br />

160


A.3.1. Einfluss der Dotierung auf Leitfähigkeit und Lage des<br />

Fermi-Niveaus<br />

Im Fall der p-Dotierung kommt es zur folgenden Bildungsreaktion für die Löcher, die im<br />

folgenden e + genannt werden<br />

p 0 + N ↔ p − + e + VB .<br />

(A.20)<br />

Dabei bezeichnet N den Grundzustand des Kristalls (Bei T=0: Valenzband voll besetzt<br />

und Leitungsband leer). Die Dotierungsatome der Sorte p 0 übernehmen ( akzeptieren“)<br />

”<br />

Elektronen aus dem Valenzband und verwandeln sich in lokalisierte Ionen der Sorte p − ,<br />

während die e + einen Blochzustand einnehmen und daher frei beweglich sind. Für die<br />

Reaktionen muss Energie aufgewendet werden, die aus dem thermischen Reservoir des<br />

Kristalls entnommen wird. Für geeignet gewählte Dotierungsatome gilt bei Zimmertemperatur<br />

E(p − ) − E VB


Ein erster interessanter Spezialfall ist der intrinsische 13 Halbleiter für den [e − ]=[e + ]<br />

gilt. Hier kann man aus A.23 sofort die Ladungsträgerkonzentration bei gegebener Temperatur<br />

berechnen, die bei 300 K in GaAs (man beachte die starke Abhängigkeit von<br />

E G !) etwa [e − ] int =10 6 cm −3 beträgt. Dies ist gegenüber den durch Dotierung erzeugten<br />

Ladungsträgerdichten völlig vernachlässigbar.<br />

Durch Kombination von A.23 und A.21 lässt sich die Lage des Fermi-Niveaus für den<br />

intrinsischen Halbleiter berechnen<br />

(<br />

)<br />

E F = E V +1/2E G + kT 2 ln m ∗3/2<br />

hh<br />

+ m ∗3/2<br />

lh<br />

. (A.24)<br />

mc<br />

∗3/2<br />

Dieses Resultat ist konsistent <strong>mit</strong> der ursprünglichen Annahme E − E F ≫ kT für<br />

alle Zustände in den Bändern. Da der Beitrag der effektiven Massen nur logarithmisch<br />

ist, befindet sich die Fermi-Energie im intrinsischen (undotierten) Halbleiter <strong>mit</strong> einiger<br />

Genauigkeit in der Mitte der Bandlücke.<br />

Wenn man die e + -Konzentration durch Dotierung erhöhen kann, wird e − nach Gleichung<br />

A.23 abnehmen, da die rechte Seite der Gleichung bei fester Temperatur eine<br />

Materialkonstante ist. Da<strong>mit</strong> z.B. das [e − ]− Integral in A.21 den entsprechend niedrigeren<br />

Wert liefert, muss die Differenz E − E F für die im Leitungsband liegenden<br />

Zustände größer werden. Die p-Dotierung führt also zu einem Absinken der Lage des<br />

Fermi-Niveaus. Wieder in der Boltzmann-Näherung gilt für diese Absenkung<br />

( ) [e + ]<br />

ΔE F = −kTln . (A.25)<br />

[e + ] int<br />

Unter diesen Umständen würde sich für eine Dotierung von etwa 10 19 cm −3 eine Verschiebung<br />

des Fermi-Levels um die halbe Bandlücke (0.75 eV) ergeben, so dass E F <strong>mit</strong><br />

der Valenzbandoberkante zusammenfallen würde. Allerdings ist in diesem Fall die Voraussetzung<br />

der Boltzmann-Näherung nicht mehr gegeben, so dass man entweder auf<br />

bessere Näherungsverfahren (z.B. Joyce-Dixon-Näherung, Gleichung A.30) oder auf die<br />

numerische Auswertung von A.21 angewiesen ist.<br />

Mit einer exakten Rechnung findet man, dass sich für Dotierungsgrade von [p] ><br />

10 18 cm −3 die Fermi-Energie beinahe an der Valenzbandkante befindet. Sie kann für noch<br />

höhere Dotierungsgrade sogar innerhalb des Bandes liegen. In diesem Fall wird die Besetzungswahrscheinlichkeit<br />

eines Loches hoch sein, man spricht von ”<br />

entarteten“ Löchern,<br />

wenn sich das Fermi-Niveau auf weniger als 2-4kT dem Valenzband genähert hat.<br />

Eine Dotierung dieser Größe erreicht da<strong>mit</strong> die beiden oben angegebenen Ziele guter<br />

Leitfähigkeit (wegen der hohen Dichte annähernd frei beweglicher Ladungsträger) und<br />

einer Lage des Fermi-Niveaus in der Nähe des Valenzbandes.<br />

13 Halbleiter enthalten immer Verunreinigungen, die nur sehr schwer soweit zu kontrollieren sind, dass<br />

man von einem ”<br />

undotierten“ Halbleiter sprechen könnte. Daher wird oft der ”<br />

kompensierte“ Zustand<br />

angestrebt, bei dem gleiche Dichten von Akzeptoren und Donatoren vorhanden sind und so<strong>mit</strong><br />

die Zahl der freien Ladungsträger auch minimal ist.<br />

162


A.3.2. Unerwünschte Nebeneffekte der Dotierung<br />

Die Dotierung führt zu willkürlich angeordneten p − Ionen (wenn auch meistens auf<br />

Kristallgitterplätzen) und zerstört auf diese Weise die bisher angenommene Periodizität<br />

des Kristalls. Die p − wirken anziehend auf die Löcher, die die Ionen etwas abschirmen,<br />

so dass ein Yukawa-Potential <strong>mit</strong> dem Abschirmradius r s entsteht<br />

V (r) = −e (<br />

4πɛr exp − r )<br />

. (A.26)<br />

r s<br />

Der Abschirmradius r s ist für schwache Dotierungen (nicht-entarteter Fall) durch den<br />

Debye-Radius gegeben, für den entarteten Fall durch den Thomas-Fermi-Radius:<br />

√<br />

ɛkT<br />

r D =<br />

e 2 [p]<br />

√<br />

(A.27)<br />

r TF = π 2/3 ɛ 2<br />

e 2 m ∗ (3[p]) 1/3 .<br />

Diese Potentialfluktuationen erzeugen folgende problematische Effekte:<br />

a) Streuung an ionisierten Akzeptoren<br />

Elektronen im Leitungsband werden an den ionisierten Akzeptoren (p − ) gestreut, hier<br />

bestimmt in relativ guter Näherung der Brooks-Herring-Wirkungsquerschnitt [111]<br />

dσ<br />

dΩ =<br />

e4<br />

E 2 kin<br />

1<br />

(2sin 2 (θ/2) + (2r D k) −2 ) 2<br />

(A.28)<br />

die Streuraten. Im Gegensatz zum Rutherfordquerschnitt, den man aus der Gleichung<br />

erhält, wenn r D gegen ∞ geht, liegt hier für kleine Streuwinkel θ → 0 keine Divergenz<br />

des Wirkungsquerschnitts vor.<br />

Die Streuung an ionisierten Akzeptoren setzt die Beweglichkeit der Ladungsträger<br />

herab und führt zu der in Abbildung A.16 dargestellten Reduktion der Beweglichkeit<br />

<strong>mit</strong> steigender Dotierung.<br />

b) Spinaustauschstreuung an Löchern<br />

Für ein polarisiertes Ensemble – z.B von e ↑ –führt die Reaktion e ↑ +e + ↓→ e ↓ +e + ↑<br />

zur Depolarisation. Der Wirkungsquerschnitt für diese Reaktion wurde von Bir Aronov<br />

und Pikus berechnet, daher wird diese Depolarisation nach den Initialen der Autoren<br />

auch der BAP-Mechanismus genannt. Offensichtlich ist unter diesen Umständen die<br />

Relaxationszeit umgekehrt proportional zur Löcherkonzentration und da<strong>mit</strong> zur Dotierungsdichte.<br />

Für den gegebenen Wirkungsquerschnitt von σ BAP =10 −16 cm 2 [112] folgt<br />

die Spinrelaxationszeit<br />

T BAP =(σ BAP v[p]) −1<br />

(A.29)<br />

Setzt man für v die thermische Geschwindigkeit ein, so folgt für [p] =1· 10 +18 cm −3<br />

eine Spinrelaxationszeit von T BAP = 270 ps.<br />

163


Abbildung A.10.: Abhängigkeit des Absorptionskoeffizienten von der Dotierung (aus [125]).<br />

c) Bandkantenverschmierung ( ”<br />

Band-tailing“)<br />

Die durch Gleichung A.26 beschriebenen Störungen des Kristallpotentials erzeugen neue<br />

elektronische Zustände in der Nähe der Valenzbandkante, die sogenannten ”<br />

Tail-States“.<br />

Die Verteilung der Zustände im Inneren der Bandlücke, sowie die zugehörigen Zustandsdichten,<br />

wurden von Kane [173] abgeleitet.<br />

Das Vorhandensein solcher Zustände führt zu einer Verschmierung der Absorptionskante<br />

in Abhängigkeit der Dotierung, die in der Abbildung A.10 dargestellt ist. Das<br />

erklärt die Existenz einer von Null verschiedenen Quantenausbeute (d.h. Photoabsorption)<br />

bei Photonenenergien die kleiner sind als E G (siehe Abbildung A.10) und auch die<br />

simultan beobachtete Reduzierung der Spinpolarisation. Subashev et al. [174] beziffern<br />

den experimentell an einer Strained-Layer-Struktur beobachteten Polarisationsverlust<br />

zu etwa 5% bei einem Dotierungsgrad von 3·10 18 cm −3 ,wasbei10 19 cm −3 auf bis zu 20%<br />

ansteigen soll.<br />

d) Bandlückenverkleinerung<br />

Die veränderten Potentialverhältnisse führen zu einer Störung der Wellenfunktionen, die<br />

die Energie der Valenzbandzustände anhebt und die der Leitungsbandzustände absenkt<br />

(im Detail diskutiert in [172], p.48f.). Experimentelle Daten und Ergebnisse theoretischer<br />

Berechnungen finden sich in Abbildung A.11.<br />

Die Bandlückenverkleinerung erzeugt ein Problem bei der Charakterisierung von Strained-Layer<br />

Kathoden <strong>mit</strong> Phosphoranteil: Die Größe der Bandlücke wird nun durch<br />

164


Abbildung A.11.: Bandlückenverkleinerung im Falle <strong>hoher</strong> Dotierung (aus [172]).<br />

drei Faktoren bestimmt: durch den Phosphoranteil der aktiven Zone, durch den erzielten<br />

Strain (über das hydrostatische Deformationspotential, Gleichung A.17) und durch<br />

die dotierungsabhängige Bandlückenverkleinerung, wobei alle Anteile von etwa gleicher<br />

Größenordnung sind. So<strong>mit</strong> kann der Strukturfehler (z.B. ein falscher Phosphoranteil in<br />

der aktiven Zone oder im Buffer) bei Fehlfunktionen der Kathoden nur dann näher eingeschränkt<br />

werden, wenn neben der Messung der Absorptionskante in der Photoemissionsquelle<br />

noch weitere Experimente – z.B. <strong>mit</strong> Hilfe von Photolumineszensspektroskopie<br />

[63] – durchgeführt werden.<br />

A.3.3. Modulationsdotierung<br />

Wegen der eben beschriebenen Effekte sollte die Dotierung so gering wie möglich sein,<br />

wobei aber 10 18 cm −3 wegen der geforderten Lage des Fermi-Niveaus nicht wesentlich<br />

unterschritten werden können. Unter diesen Umständen ist die Beweglichkeit der Elektronen<br />

noch hinreichend hoch, so dass die Elektronen schnell – <strong>mit</strong> einer <strong>mit</strong>tleren Aufenthaltszeit<br />

im 0.5-2 ps Bereich (siehe Kapitel 2) – aus dem Kristallgitter verschwinden.<br />

Andererseits ist die BAP-Depolarisation noch langsam genug, um bei den gegebenen<br />

<strong>mit</strong>tleren Aufenthaltszeiten nur zu vernachlässigbarer Depolarisation zu führen.<br />

Ein bedrohlicher Widerspruch ergibt sich jedoch aus der Anforderung, dass die Bandbiegungszone<br />

an der Kathoden/Vakuumgrenzfläche eine möglichst kleine Ausdehnung<br />

haben soll (siehe unten in Abschnitt A.6), was eine möglichst maximale Dotierung –<br />

also etwa 10 19 cm −3 – erfordert. Da die BAP-Zeit dann stark abfällt und die <strong>mit</strong>tlere<br />

Aufenthaltszeit wegen der kleineren Mobilität (siehe Abb. A.16) steigt, muss man <strong>mit</strong><br />

deutlichen Polarisationsverlusten rechnen.<br />

165


Dieses Problem wird durch eine ortsvariable Dotierung entschärft: Nur die obersten<br />

10 nm des Halbleiters werden <strong>mit</strong> etwa 10 19 cm −3 dotiert (Abbildung A.8). Die Dicke<br />

der hochdotierten Schicht ist so gewählt, dass die Zahl der Löcher ausreicht, um die für<br />

die Bandverbiegung notwendige Ladung zur Verfügung zu stellen. Diese Technik wird<br />

” Modulationsdotierung“ oder δ-doping“ genannt.<br />

”<br />

Die Herstellung einer derartig dünnen Schicht von stark dotiertem Material ist nicht<br />

trivial. Die Experten des Joffe Instituts entschieden sich z.B. für das eher exotische Magnesium<br />

als Dotierungs<strong>mit</strong>tel, weil dieses eine sehr geringe Tendenz zeigt, angesichts<br />

des großen Konzentrationsgradienten (und der bei der Kristallaktivierung notwendigen<br />

hohen Temperatur) aus dem kleinen Raumbereich herauszudiffundieren ( Redistribution“).<br />

Dies erschwert die Anwendung klassischer Dotierungs<strong>mit</strong>tel, wie z.B. ”<br />

Zink.<br />

A.4. Halbleiterlaser: Ein weiteres Beispiel für<br />

Heterostrukuren<br />

Eine in Vorwärtsrichtung betriebene p/n Diode entwickelt in der Verarmungszone je<br />

ein Fermi-Niveau für die Elektronen und Löcher, weil einerseits die Lebensdauer der<br />

Elektronen und Löcher lang genug ist, um <strong>mit</strong> dem Kristallgitter in ein thermisches<br />

Gleichgewicht zu gelangen und andererseits ihre potentielle Energie wegen der angelegten<br />

Spannung deutlich verschieden ist. Diese Quasi“-Ferminiveaus seien im folgenden durch<br />

”<br />

Ef e,Eh f bezeichnet. Die Lage der Fermi-Niveaus relativ zum Valenz- und Leitungsband<br />

des Halbleiters kann für große Dichten n h ,n e nicht mehr durch die Boltzmann-Näherung<br />

(A.25) bestimmt werden, eine verbesserte analytische Form ist durch die so genannten<br />

Joyce-Dixon-Näherung gegeben<br />

[<br />

Ef e = E C + kT ln<br />

[<br />

Ef h = E V − kT ln<br />

(<br />

ne<br />

(<br />

nh<br />

N C<br />

)<br />

N V<br />

)<br />

+ 1 √<br />

8<br />

n e<br />

N C<br />

]<br />

+ 1 √<br />

8<br />

n h<br />

N V<br />

]<br />

.<br />

(A.30)<br />

Dabei sind N V ,N C die effektiven Zustandsdichten im Valenz- und Leitungsband, sie<br />

betragen im GaAs etwa N C =4· 10 17 cm −3 und N V =7.7 · 10 18 cm −3 .<br />

Bei einer geeignet hohen Stromdichte, die die Konzentrationen der Elektronen und<br />

Löcher n e ,n h in der aktiven Zone des Halbleiterlasers anhebt, werden sich die Fermi-<br />

Niveaus in den jeweiligen Bändern befinden. Dann befindet sich das Material im Zustand<br />

der Inversion: Für eine Energie E e >E C ist die Besetzungswahrscheinlichkeit <strong>mit</strong> einem<br />

Elektron f e (E e ) > 1/2 und für einen Valenzbandzustand E h


Abbildung A.12.: Exponentieller Verstärkungsfaktor als Funktion der Photonenenergie und<br />

der Ladungsträgerdichte (aus [175]).<br />

Im Falle der Gleichheit in Gleichung A.31 ist das Material transparent, weil die Wahrscheinlichkeit<br />

für spontane Absorption und stimulierte Emission von Photonen gleich ist.<br />

Zur entsprechenden Lage des Fermi-Niveaus gehört eine in die Verarmungszone injizierte<br />

Ladungsträgerdichte n t , die Transparenzladungsträgerdichte genannt wird. Dann ist<br />

bei Überschreitung von n t die Verstärkung eines spontan e<strong>mit</strong>tierten Photons möglich.<br />

In Abhängigkeit von der Ladungsträger(Carrier-)dichte n c baut sich dann die Intensität<br />

exponentiell auf, wenn das Photon in die Ebene des aktiven Materials hinein e<strong>mit</strong>tiert<br />

wird. Dies führt zu erheblichen (exponentiellen!) Verstärkungsfaktoren pro Weglänge,<br />

wie die Grafik A.12 zeigt. Die hier erzielten Verstärkungskoeffizienten übersteigen diejenigen<br />

von Lasermedien wie z.B. Titan-Saphir um mehrere Größenordnungen.<br />

Es ist wichtig die zur Erfüllung von A.31 notwendige Stromdichte möglichst klein<br />

zu halten, um den c.w.-Betrieb eines Halbleiterlasers <strong>mit</strong> akzeptabler Lebensdauer des<br />

Bauelements zu gewährleisten. Dies wird z.B. durch eine ”<br />

Double-Hetero-Struktur“ des<br />

Typs n − Al x GaAs 1−x /p − GaAs/p − Al x GaAs 1−x geleistet. Die Grafik A.13 beschreibt<br />

die Vorgänge bei Vorwärtsstrom. Durch die verschiedenen Dotierungen und die richtig<br />

gewählte Größe der Bandlücken ist es sowohl den Elektronen als auch den Löchern<br />

leicht möglich in die zentrale Region – das GaAs – einzudringen, wo die ”<br />

strahlende“<br />

Rekombination fast ausschließlich stattfindet. Bei gegebener Rekombinationszeit τ r ist<br />

die Dichte der injizierten Elektronen/Löcher<br />

n e,h =<br />

j<br />

d GaAs<br />

· τ r .<br />

(A.32)<br />

167


Wird die Dicke der GaAs-Zone kleiner als die der Ausdehnung der Rekombinationszone<br />

einer aus einem einzigen Material gefertigten p/n-Diode ( ”<br />

Homojunction“), die typisch 2<br />

Mikrometer beträgt, so ist offensichtlich bei gleicher Stromdichte die Ladungsträgerdichte<br />

in der aktiven Zone entsprechend höher. So<strong>mit</strong> werden die Fermi-Niveaus effektiver<br />

angehoben. Ein zusätzlicher Vorteil ist die Entstehung einer Wellenleiterstruktur durch<br />

die unterschiedlichen Brechungsindizes der Hetero-Materialien: Der Laser-Mode wird<br />

gezwungen sich räumlich dem Gain-Material anzupassen.<br />

(1)<br />

(2)<br />

(3)<br />

(4)<br />

Abbildung A.13.: Double-Heterojunction. Bilder von oben nach unten: Materialzusammensetzung<br />

(1), Band-Arrangement und Ladungsträgerinjektion (2), Verlauf<br />

des Brechungsindex (3) und Einschluss des optischen Modes (4). Aus [98].<br />

Dieses Arrangement erlaubt eine dramatische Reduktion der Schwellenstromdichte<br />

und so<strong>mit</strong> den c.w.-Betrieb von Halbleiterlasern bei Raumtemperatur (Abbildung A.14).<br />

Eine noch weiter verbesserte Heterostruktur ist der Quantum-Well-(QW-)Laser, bei<br />

dem die aktive Zone so klein (


Abbildung A.14.: Vergleich der Schwellen-Stromdichte für Homojunction-, Heterojunctionund<br />

Double-Heterojunction-Laser (aus [98]).<br />

de reduziert) wird, dass sie als zweidimensionales System wirkt: Sie erlaubt dann einerseits<br />

noch höhere Trägerdichten nach Gleichung A.32, andererseits ergeben sich Vorteile<br />

aufgrund der zweidimensionalen Form der Zustandsdichte (Gleichung A.12), was eine<br />

weitere Reduzierung der Schwellenstromdichte erlaubt. Eine ausführliche Beschreibung<br />

der für Halbleiterlaser notwendigen Technologie und -physik, sowie praktisch alle in diesem<br />

Abschnitt referierten Zahlenwerte finden sich in z.B. in [175]. Die meisten der an<br />

MAMI eingesetzten Laser sind QW-Laser. Halbleiterlaser und andere optoelektronische<br />

Bauteile auf der Basis von Heterostrukturen sind von erheblicher kommerzieller Bedeutung,<br />

was die Technologie von III/V-Halbleitern zu ihrer heutigen Reife geführt hat. Die<br />

Hersteller von Heterostrukturen zur <strong>Erzeugung</strong> spinpolarisierter Strahlen konnten und<br />

können natürlich davon profitieren.<br />

A.4.1. Details zum Betrieb des MAMI Master Oszillator Lasers<br />

Halbleiterlaser der eben beschriebenen Art werden im d.c.-Betrieb unter anderem zur<br />

Auslese von optischen Speichermedien verwendet. Sie sind daher in standardisierten<br />

kompakten Gehäusen beschaffbar, die Gehäuseform ähnelt einem Transistor. Der zur<br />

Zeit an MAMI eingesetzte Typ ist die Baureihe SDL-543X der Firma JDS-Uniphase in<br />

der Transistor Bauform SOT-148 (auch ”<br />

G“ oder ”<br />

9 mm“ genannt). Diese Laserdiode<br />

verwendet einen Quantum-Well aus GaAl x As 1−x als aktives Medium, was eine Emission<br />

im nahen Infrarot bei niedriger Schwellenstromdichte erlaubt. Gleichzeitig wird der<br />

169


optische Mode durch eine indexgeleitete Wellenleiterstruktur an das gepumpte Gebiet<br />

angepasst. Die Laserdiode selbst ist noch wesentlich kleiner als das Lasergehäuse (9 mm<br />

Durchmesser), sie besitzt ein Volumen von 0.5 · 0.1 · 0.1mm 3 , von dem die aktive Zone<br />

wiederum nur eine Fläche von wenigen zehn Nanometer Höhe ausmacht.<br />

Die optische Spitzenleistung der Diode ist im H.f.-synchronisierten Impulsbetrieb <strong>mit</strong><br />

etwa 400 mW etwa zweimal so hoch wie die maximal zulässige d.c.-Leistung. Dies führt<br />

aus folgendem Grund nicht zur Zerstörung des Lasers: Bei überhöhter <strong>mit</strong>tlerer Leistung<br />

kommt es zu einer Erwärmung der Austrittsoberfläche (Facette) durch Absorption<br />

in den Oberflächenzuständen des Halbleiters, eine solche Erwärmung führt zu einer<br />

Bandlückenverengung, und so<strong>mit</strong> wiederum zu verstärkter Absorption. Durch die so<br />

entstehende positive Rückkopplung kommt es schließlich zum Aufschmelzen der Facette.<br />

Glücklicherweise ist die Zeitkonstante für diese Erwärmung etwa 10 -100 ns, so dass<br />

der Laserpulszug <strong>mit</strong> seiner Periode von 400 ps diesen Effekt nicht auslösen kann.<br />

A.5. Wechselwirkungen im Leitungsband<br />

Nach der Photoabsorption wird das Elektronenensemble keine thermische ( ”<br />

Maxwell“-)<br />

Verteilung aufweisen. Die Stärke der Wechselwirkungen im Leitungsband reguliert jedoch<br />

wie schnell eine solche erreicht wird. In unserem Fall spielen phononische Streuprozesse<br />

die wichtigste Rolle.<br />

A.5.1. Phononen-Wechselwirkung<br />

Die zweiatomige Basis des GaAs erlaubt prinzipiell zwei Sorten von Gitterschwingungen.<br />

Diese sind die ”<br />

akustischen Phononen“ bei denen die Auslenkung der Basisatome einer<br />

Elementarzelle in Phase ist und die ”<br />

optischen Phononen“ bei denen diese gegenphasig<br />

sind. Von beiden Typen gibt es eine longitudinale Schwingung in Bindungsrichtung und<br />

zwei entartete transversale Schwingungsmoden.<br />

Die Dispersionsrelation E(k) der optischen Phononen zeigt, dass optische Phononen<br />

eine Mindestenergie von etwa Ω opt =30meV aufweisen (siehe z.B. [99], p.229). Die<br />

Leitungsbandelektronen in unseren Experimenten besitzen im allgemeinen Energien unterhalb<br />

dieser Schwelle, so dass die Emission optischer Phononen nicht möglich ist. Allerdings<br />

ist die Besetzungszahl der optischen Phononen bei Zimmertemperatur immer<br />

noch sehr hoch, nach der Bose-Einstein-Statistik ergibt sich<br />

n(Ω) =<br />

1<br />

exp(Ω opt /kT ) − 1 ≈ 0.3.<br />

(A.33)<br />

So<strong>mit</strong> ist eine Absorption optischer Phononen durch die Elektronen nicht auszuschließen.<br />

In Kristallen von III/V Halbleitern, die eine gewisse Ionizität der Bindung aufweisen,<br />

verstärkt das bei longitudinaler Schwingungsmode erzeugte Dipolmoment die Wechselwirkung,<br />

man spricht von der Absorption polarer Phononen. Die Wechselwirkungsrate<br />

für die verschiedenen Phonon-Wechselwirkungen ist in Abbildung A.15 dargestellt.<br />

170


Abbildung A.15.: Wechselwirkungsraten für die Streuung <strong>mit</strong> Phononen (nach [99]).<br />

Neben der Durchmischung der Energien durch Phonon-Wechselwirkung werden auch<br />

die Impulsrichtungen völlig verändert, d.h. die Elektronen können bei Energie und Impulserhaltung<br />

eine 180 Grad Streuung durchführen. Bei der Wechselwirkung akustischer<br />

Phononen <strong>mit</strong> thermischen Elektronen – diese besitzen die notwendigen Impulse bei<br />

Energien von wenigen Millivolt – ist dieser Prozess sogar fast elastisch. Wegen der statistischen<br />

Durchmischung der Impulse spricht man von ”<br />

Momentum-Relaxation-Time“<br />

bzw. ”<br />

Momentum-Relaxation-Length“. Offensichtlich findet diese ”<br />

Thermalisierung“ des<br />

Ensembles während Zeiten in der Größenordnung von etwa einer Pikosekunde statt (Abb.<br />

A.15).<br />

Für ein bereits thermalisiertes Ensemble lässt sich aus den in Abbildung A.15 angegeben<br />

energieabhängigen Stoßraten die <strong>mit</strong>tlere Stoßzeit berechnen. Dies geschieht<br />

<strong>mit</strong> Hilfe der Boltzmann-Transportgleichung (siehe [97], p.207). Es ist hier jedoch instruktiver<br />

einfach das experimentelle Resultat für die Elektronen-Mobilität zu benutzen,<br />

das in einfachem Zusammenhang zu steht:<br />

μ = e . (A.34)<br />

m ∗<br />

Der Wert der Raumtemperaturmobilität von GaAs <strong>mit</strong> einer vernachlässigbar kleinen<br />

Dotierung (< 10 14 cm −3 ) – siehe Abbildung A.16 – ist etwa 0.9m 2 /V s, was auf eine<br />

<strong>mit</strong>tlere Stoßzeit von 350 fs führt. Die Zeit ist für Elektronen in GaAs bei elektrischen<br />

Feldern bis etwa 10 5 V/m konstant (Gültigkeitsbereich des Ohmschen Gesetzes),<br />

speziell gilt der Wert natürlich auch ohne Feld. Hier folgt die <strong>mit</strong>tlere freie Weglänge<br />

171


Abbildung A.16.: Mobilität von Elektronen und Löchern in GaAs und Si (aus [99]).<br />

x f =v. Setzt man die <strong>mit</strong>tlere thermische Geschwindigkeit ≈ (2kT/m ∗ ) 1/2<br />

ein, so erhält man freie Weglängen von etwa 120 nm.<br />

A.5.2. Effekt der Dotierung<br />

Als zusätzlicher Streueffekt im stark p-dotierten Material tritt die durch den Brooks-<br />

Herring Wirkungsquerschnitt (Gleichung A.28) beschriebene Streuung an den ortsfesten<br />

Akzeptorionen hinzu.<br />

Wie in Abbildung A.16 gezeigt ist, sinkt bei Dotierungsgraden von 10 18 cm −3 die Beweglichkeit<br />

der Elektronen gegenüber dem undotierten Fall um einen Faktor 2 ab. Dem<br />

entspricht nach Gleichung A.34 eine entsprechende Verkleinerung von und x f ;<br />

selbstverständlich folgt auch die Diffusionskonstante, die man z.B. als D =(kT/e)μ definieren<br />

kann (Einstein-Relation) diesem Trend. Die Diffusionskonstante beträgt so<strong>mit</strong><br />

für unsere Kathoden <strong>mit</strong> einer Dotierung von 7 · 10 17 cm −3 etwa D = 100cm 2 /s.<br />

Weil x f für unsere Kathoden deutlich kleiner ist als die aktive Zone (> 150nm) wird<br />

zu erwarten sein, dass nur ein Teil der Elektronen die Struktur ohne Wechselwirkung<br />

verlassen kann.<br />

A.5.3. Ladungsträgerlebensdauer im Kristall<br />

Die spontane Rekombination ist eng verwandt <strong>mit</strong> der stimulierten Absorption (Gleichung<br />

A.13). Sind die Valenzbandzustände nur schwach <strong>mit</strong> Elektronen (entsprechend<br />

einer Fermi-Energie deutlich unter der Valenzbandkante, was bei sehr hohen Dotierun-<br />

172


gen erreicht werden kann) besetzt, so beträgt die Lumineszenzlebensdauer τ L etwa 2ns.<br />

Für niedrige Dotierungen kann sie deutlich höher sein. Allerdings beschreibt diese Zeit<br />

sozusagen nur die natürliche“ Lebensdauer, die Elektronen können auch durch Einfangprozesse<br />

an Kristallfehlern aus dem Leitungsband verschwinden.<br />

”<br />

Offensichtlich gilt τ L ≫ , so dass bis zur Rekombination eine Vielfalt von Stoßprozessen<br />

die Impulsrichtung wie bei einem Random-Walk“ immer wieder verändern.<br />

”<br />

In diesem Fall gilt für die Entfernung, die ein Elektron im quadratischen Mittel von<br />

seinem Entstehungsort erreicht – die sog. Diffusionslänge –<br />

l d = √ Dτ l .<br />

(A.35)<br />

Für die optimalen Werte von D und τ l bei ausreichend <strong>hoher</strong> Dotierung erhält man<br />

eine Diffusionslänge von 5 Mikrometern und selbst wenn man die in Kapitel 2 angepassten<br />

(niedrigeren) Werte einsetzt, verbleibt immer noch eine Diffusionslänge von<br />

0.6 Mikrometern.<br />

In Strained-Layer-Photokathoden ist l d also deutlich größer als die Dicke der aktivenZone:PraktischalleElektronenwerden<br />

im Laufe ihrer Diffusion eine Grenzfläche<br />

erreichen, wo dann völlig andere Rekombinationsprozesse stattfinden.<br />

Für die Oberfläche eines halbunendlichen E<strong>mit</strong>ters, der von vorne <strong>mit</strong> einem Photon<br />

der Energie E γ >E G beleuchtet wird, leitete Spicer [110] ab, dass die Wahrscheinlichkeit<br />

aus diesem Photon ein ins Vakuum ausgetretenes Elektron zu erhalten<br />

Y (E γ )= P (1 − R)α(E γ)l d<br />

1+α(E γ )l d<br />

(A.36)<br />

beträgt. Die Wahrscheinlichkeit Y wird die Quantenausbeute“ genannt; R ist der Reflexionsfaktor<br />

der GaAs/Vakuum Grenzfläche für das einfallende Licht. Weiter ist α(E γ )<br />

”<br />

der Absorptionskoeffizient, der entweder in einer unabhängigen Messung experimentell<br />

bestimmt oder auch nach Gleichung A.13 berechnet werden kann. Die Austrittswahrscheinlichkeit<br />

P an der Oberfläche verbleibt als Fitparameter.<br />

Nach A.36 ist die Austrittswahrscheinlichkeit P unabhängig von E γ : Im bulk-GaAs<br />

ist nämlich durch die schnelle Thermalisierung das Gedächtnis an die überschüssige<br />

Energie nach der Photoabsorption in guter Näherung gelöscht“.InderTatlassensich<br />

”<br />

die gemessenen Quantenausbeuten für III/V-Photokathoden – und auch einer ganzen<br />

Reihe anderer Substanzen – durch Gleichung A.36 befriedigend beschreiben.<br />

Die Abbildung A.17 zeigt gemessene spektrale Quantenausbeutekurven verschiedener<br />

Photokathoden. GaAs ist offensichtlich der effizienteste der abgebildeten E<strong>mit</strong>ter. Die<br />

Quantenausbeute von mehr als 35% deutet auf eine große Austrittswahrscheinlichkeit<br />

hin. Diese wird durch die so genannte NEA-Aktivierung – erstmals an GaAs beobachtet<br />

durch Scheer und van Laar [100] – erreicht.<br />

173


Abbildung A.17.: Quantenausbeuten verschiedener Photokathoden (aus [127]).<br />

A.6. Aktivierung von Halbleitern zur negativen<br />

Elektronenaffinität<br />

A.6.1. Elementares Modell der Herstellung von NEA<br />

Der obere Teil der Abbildung A.18 zeigt die energetischen Verhältnisse, wie man sie bei<br />

einem undotierten Halbleiter erwartet. Die Austrittsarbeit Φ ist definiert als die Energiedifferenz<br />

zwischen Vakuumniveau und dem Fermi-Niveau. Die Elektronenaffinität χ<br />

ist die Differenz zwischen dem Vakuumniveau und der Leitungsbandunterkante. Im vorliegenden<br />

Fall sind χ und Φ positiv (die Austrittsarbeit von GaAs beträgt etwa 5.5 eV,<br />

die Affinität etwa 4.1 eV. ). So<strong>mit</strong> ist eine Photoemission von Elektronen aus dem Leitungsbandminimum<br />

ins Vakuum energetisch nicht möglich.<br />

Im p-dotierten Halbleiter ist jedoch eine Veränderung der Bandstruktur denkbar, die<br />

letztlich auf der Brechung der Translationsinvarianz durch die Oberfläche beruht. Da<br />

den Oberflächenatomen auf der Vakuumseite der jeweilige Partner fehlt, besitzen sie<br />

unabgesättigte Orbitale ( Dangling-Bonds“), die aber analog zum LCAO-Aufbau der<br />

”<br />

Bloch-Zustände in Abschnitt A.1.3 durch Überlagerung der Orbitale Bänder erzeugen<br />

können, die durch Quasiimpulse in der Oberflächenebene k ‖ gekennzeichnet sind. Die<br />

Bänder solcher Oberflächenzustände sind energetisch relativ scharf, meist variiert die<br />

Energie nur einige Zehntel eV im Bereich der möglichen k ‖ . Die Dichte der Zustände ist<br />

so<strong>mit</strong> hoch: gehört zu jedem Oberflächenatom ein Zustand, so hat man eine Flächenzu-<br />

174


standsdichte von etwa<br />

ρ surf =10 15 cm −2 eV −1 .<br />

(A.37)<br />

Nimmt man an, dass die energetische Lage der Oberflächenzustände in der Mitte der<br />

Energielücke ist, so kommt es zu den <strong>mit</strong>einander verknüpften Effekten des Fermi-Level-<br />

Pinnings und der Bandverbiegung (Band-Bending).<br />

Im thermischen Gleichgewicht ist das Fermi-Niveau im Bulk und in der Oberflächenzone<br />

auf gleicher Höhe. Da aber die elektronische Besetzung der Oberflächenzustände<br />

in der Mitte der Bandlücke liegt, werden Löcher die Oberflächenzustände besetzen und<br />

so versuchen das Fermi-Niveau abzusenken. Dabei kommt es aber zur Absenkung der<br />

Energie der Bandzustände (Bandverbiegung) durch das Potential der zurückbleibenden<br />

ortsfesten negativen Ionen. Durch die große Zustandsdichte an der Oberfläche ist dieser<br />

Effekt bedeutend stärker als die Absenkung des Fermi-Niveaus an der Oberfläche, daher<br />

die Bezeichnung ”<br />

Fermi-Level-Pinning“: An der Oberfläche bleibt das Fermi-Niveau<br />

in der Mitte der Bandlücke ”<br />

festgenagelt“ (pinning). So<strong>mit</strong> muss die Potentialdifferenz<br />

durch die Raumladungszone, die durch die Verarmung an Löchern entstanden ist, etwa<br />

die halbe Bandlücke betragen: E BBR ≈ E G /2. Dann folgt aus der Lösung der eindimensionalen<br />

Poissongleichung die Breite der Raumladungszone<br />

d BBR =<br />

√<br />

2ɛ 0 ɛE BBR<br />

. (A.38)<br />

e 2 [p]<br />

Mit E BBR /e =0.7V und ɛ =13für GaAs, und der Raumladung der modulationsdotierten<br />

Oberflächenzone von e · [p] ≈ 1.3C/cm −3 folgt ein Wert von etwa 6 Nanometern.<br />

Entsprechend sind etwa d BBR · [p] =6· 10 12 Löcher pro Quadratzentimeter in die Oberflächenzustände<br />

gelangt, welche angesichts der Zustandsdichte (A.37) nicht stark ins<br />

Gewicht fallen.<br />

Diese Verhältnisse sind in der <strong>mit</strong>tleren Abbildung A.18 dargestellt. Offensichtlich hat<br />

sich die Elektronenaffinität bezogen auf das Leitungsbandminimum im Inneren – die so<br />

genannte ”<br />

effektive“ Elektronenaffinität – um fast E G /2 verringert, wo<strong>mit</strong> man aber<br />

noch immer mehr als 3 eV von der negativen Affinität entfernt ist.<br />

Der jetzt hinzutretende entscheidende Faktor ist die Austrittsarbeitsabsenkung durch<br />

die Adsorption von leicht polarisierbaren Molekülen an der Oberfläche. Hier empfiehlt<br />

sich Cäsium, das eine niedrige Ionisierungsenergie – 3.9eV – besitzt, was kleiner als die<br />

Austrittsarbeit des GaAs ist. Daher ist die Abgabe von Elektronen an den Halbleiter<br />

möglich, wobei sich an der Oberfläche eine Dipolschicht ausbildet. Die Absenkung der<br />

Austrittsarbeit kann man sich durch folgende Analogie plausibel machen: Die Austrittsarbeit<br />

entspricht der Potentialdifferenz V eines Plattenkondensators, füllt man diesen<br />

Plattenkondensator <strong>mit</strong> einem polarisierbaren Medium der Dielektrizitätskonstante ɛ, so<br />

fällt die Spannung ab. Erste quantitative Berechnungen zur Wirkung von elektrischen<br />

Dipolen auf Oberflächen wurden bereits von Topping [176] vorgenommen, modernere<br />

Modelle [177] weisen für den konkreten Fall der Adsorption von Cs auf GaAs eine gute<br />

Übereinstimmung <strong>mit</strong> experimentellen Daten auf. Die erreichbare Austrittsarbeitsabsenkung<br />

beträgt etwa ΔΦ = 3.3 − 3.5eV für die (100)-Fläche des GaAs [178],[179]. Die<br />

175


Abbildung A.18.: Oben: Definition von Austrittsarbeit und Elektronenaffinität. Mitte:<br />

Bandverbiegung bei Anwesenheit von Oberflächenzuständen und p-<br />

Dotierung. Unten: Wirkung einer Austrittsarbeitsabsenkung durch Cäsium<br />

Sauerstoff-Dipole. Aus [167].<br />

176


maximale Absenkung wird <strong>mit</strong> Cäsiumbedeckungen in der Größenordnung einer Monolage<br />

erreicht. Die Darstellung der Potentialverhältnisse an der Oberfläche – offensichtlich<br />

müssen die Elektronen die Potentialspitze der Dipolschicht durchtunneln – geht auf Spicers<br />

Analyse zurück, die zur Aufstellung des Doppel-Dipol-Modells“ führte [180]. In<br />

”<br />

anderen Quellen findet man auch andere Darstellungen ohne Potentialspitze, die auf das<br />

Heterojunctionmodell“ zurückgehen (siehe z.B. [127]).<br />

”<br />

Zusammen <strong>mit</strong> der Bandverbiegung E BBR ≈ E G /2 ergibt sich eine Absenkung der<br />

(effektiven) Elektronenaffinität auf etwa<br />

χ eff = χ 0 − E G /2 − ΔΦ ≈−0.2eV.<br />

(A.39)<br />

Offensichtlich lassen sich negative Elektronenaffinitäten für Halbleiter der Bandlückengröße<br />

von GaAs gerade noch realisieren. Das Nachlassen der Effektivität für E<strong>mit</strong>ter noch<br />

kleinerer Bandlücke in Abbildung A.17 ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen,<br />

dass die Bandlücke immer kleiner wird und so<strong>mit</strong> der Effekt der Bandverbiegung immer<br />

weniger zur Absenkung der Elektronenaffinität beiträgt.<br />

A.6.2. NEA-Herstellung in der Praxis<br />

Die Herstellung der NEA Schicht setzt eine saubere Oberfläche voraus, die auf verschiedene<br />

Art und Weise erzeugt werden kann, z.B. durch chemisches Ätzen, Wasserstoffplasma-<br />

Ätzen und/oder thermische Reinigung bei Temperaturen, die bis an die Verdampfungstemperatur<br />

von GaAs (610 Grad Celsius) heranreichen. Problematisch ist die Erhaltung<br />

einer sauberen Oberfläche im Zeitraum zwischen der Reinigung und dem Beginn der<br />

Aktivierung zur NEA.<br />

Die chemische Behandlung wird unter inertem Reinstgas ( ”<br />

Closed-Cycle“) durchgeführt.<br />

Die Plasmareinigung und die thermische Reinigung finden im Vakuum statt,<br />

wobei hier – wie bei allen späteren Betriebsbedingungen auch – bestmögliche Vakuumbedingungen<br />

anzustreben sind. Angesichts der fast unvermeidbaren Exposition <strong>mit</strong><br />

Kontaminationen – selbst in Reinstgas herrscht ein Partialdruck von etwa 10 −2 mbar<br />

anderer Gase – scheint die chemische Reinigungstechnik den Vakuumverfahren unterlegen<br />

zu sein. Bei der Wahl geeigneter Ätzen gelingt es aber einerseits die Abtragung der<br />

100 nm dicken Schichten gering zu halten und andererseits eine passivierende ”<br />

Arsen-<br />

Kappe“ auf die Kathoden zu applizieren. So<strong>mit</strong> ist diese Art der chemische Ätzung<br />

in etwa der Arsen-Kappen-Methode gleichzusetzen, die für unsere Kathoden verwendet<br />

wird. Es wird sogar behauptet, dass im Bezug auf die Glätte der Oberfläche im<br />

mikroskopischen Bereich die chemische Ätzung zu den besten Resultaten führt. Die Resultate<br />

beim Ätzen <strong>mit</strong> Wasserstoffplasma sind vermutlich empfindlich von der Wahl der<br />

Plasmaparameter abhängig, speziell wurde in mindestens einem Fall eine Abnahme der<br />

Spinpolarisation der Elektronen beobachtet [171].<br />

In fast jedem Fall muss der NEA-Aktivierung eine thermische Reinigung vorangehen;<br />

in unserem Fall für s-GaAs eine Aktivierung bei T=580 Grad Celsius.<br />

Nach der Abkühlung der Probe stellt man (z.B. <strong>mit</strong> sogenannten Cäsium-Dispensern)<br />

einen geeigneten Strom von Cäsiumatomen her, der an der Kathodenoberfläche adsor-<br />

177


Abbildung A.19.: Weißlicht-Sensitivität einer GaAs-Photokathode im Verlauf der Präparation.<br />

Oberes Bild: Entwicklung bis kurz nach dem Einstellen der Cs:O<br />

Koadsorption. Unten: Weiterer Verlauf der Aktivierung. Man beachte die<br />

deutlich vergrößerte Ordinatenskala im unteren Bild (aus [132].)<br />

biert wird, was typischerweise in etwa 5-20 Minuten (je nach Abstand der Quelle zur<br />

Kathode und der Intensität der Quelle) die Austrittsarbeit der Kathode absenkt. Abbildung<br />

A.19 zeigt die gemessene Photostromintensität als Funktion der Aktivierungszeit.<br />

Offensichtlich wird <strong>mit</strong> Cäsium nur ein Bruchteil von etwa 3% der maximalen Photoempfindlichkeit<br />

erreicht. Dieses Verhalten ist – auch bei unseren Photokathoden –<br />

typisch. Die entscheidende Steigerung der Sensitivität lässt sich durch Ko-Adsorption<br />

von Cäsium und Sauerstoff (Sauerstoff kann auf bequeme Weise durch Feindosierventile<br />

eingelassen werden) herstellen. Dieser Kunstgriff wurde durch exploratives Experimentieren<br />

entdeckt [181].<br />

Die Schwankungen der Messwerte im Maximalbereich sind ebenfalls typisch: Hier versucht<br />

der Experimentator durch Variation der Flüsse von Sauerstoff und Cäsium die optimalen<br />

Verhältnisse zu erzielen. Wenn ein weiterer Anstieg nicht mehr zu erreichen ist,<br />

sperrt man das Sauerstoffdosierventil ab und lässt noch etwas Cäsium nachströmen. Der<br />

Abfall der Sensitivität wird in Kauf genommen, weil man sich einen gewissen Puffereffekt<br />

gegen später einwirkende Sauerstoffkomponenten aus der Dissoziation sauerstoffhaltiger<br />

Moleküle (H 2 O, CO 2 etc.) erhofft.<br />

Die entscheidende Rolle des Sauerstoffs in der Aktivierung lässt ahnen, dass die Beschreibung<br />

der NEA-<strong>Erzeugung</strong> auf mikroskopischer Ebene komplexer sein muss, als<br />

durch das oben angegebene Modell zu erwarten wäre. Die nach der eben beschriebenen<br />

178


Methode erzeugte NEA-Photokathode wird GaAs:(Cs,O) genannt, das Symbol (Cs,O)<br />

steht für eine Substanz <strong>mit</strong> Anteilen von Cäsium und Sauerstoff, aber von unbekannter<br />

Stoichiometrie und Struktur.<br />

A.6.3. Weitere physikalische Aspekte von NEA-Oberflächen<br />

Die Aspekte des Fermi-Level-Pinnings und der Bandverbiegung sind wesentlich komplexer<br />

als oben dargestellt. Messungen von Yamada et al. [182] zeigen zum Beispiel,<br />

dass p-dotiertes GaAs – zumindest auf der Spaltfläche (110) – keine Bandverbiegung<br />

aufweist. Dies wäre auch in Einklang <strong>mit</strong> einer ursprünglich von Spicer aufgestellten<br />

Betrachtung über die Oberflächenzustände, nach denen die Oberflächenzustände zwar<br />

existieren, das oberste besetzte Band jedoch <strong>mit</strong> dem Valenzband des Halbleiters zusammenfällt<br />

[183], so dass die Fermi-Energie der Oberflächenzustände a priori <strong>mit</strong> der<br />

Fermi-Energie des p-dotierten GaAs identisch ist und eine Bandverbiegung nicht stattfindet.<br />

Die Oberflächenzustände, die für das Fermi-Level-Pinning verantwortlich sind,<br />

werden wahrscheinlich durch die Adsorbate erst erzeugt [184]. Die Vielfalt der Beobachtungen<br />

legt nahe, dass die schließlich erzeugte Struktur der (Cs,O)-Schicht in empfindlicher<br />

Weise von der Prozessführung abhängt [67],[184]. Eine weitere Komplikation ist<br />

die so genannte ”<br />

Rekonstruktion“: Eine Oberfläche hat – wieder aufgrund der gebrochenen<br />

Translationssymmetrie – meistens eine energetisch günstigere Struktur, wenn die<br />

oberste Atomlage sich nicht in der Symmetrie des Kristallgitters anordnet. Beim GaAs<br />

wurden in Abhängigkeit der Temperatur bei der Reinigungsprozedur mindestens sechs<br />

verschiedene Rekonstruktionen entdeckt: Dabei bringt eine Aktivierungstemperatur von<br />

580-600 Grad eine für die Photoemission optimale Struktur hervor [185].<br />

Bislang scheint auch unter Experten keine Einigkeit über die strukturellen Eigenschaften<br />

der ”<br />

optimalen“ NEA-Aktivierungschicht hergestellt zu sein, schon alleine darum,<br />

weil es aufgrund der enormen Vielfalt der Parameter nicht klar ist, ob Resultate aus<br />

verschiedenen Gruppen vergleichbar sind. Dazu ein Zitat aus dem Artikel von W.E. Spicer,<br />

in dem das ”<br />

Doppel-Dipolmodell“ propagiert wurde, dessen Potentialstruktur an<br />

der Oberfläche der in Abbildung A.18 entspricht [180]: ”<br />

Therefore by no means can we<br />

suggest that the composition and structure determined here for our surfaces to be exactly<br />

applicable to the typical activated surfaces obtained in other laboratories“.<br />

Exemplarisch sei in Abbildung A.20 das Modell von Spicer zur optimalen Struktur<br />

einer NEA-Oberfläche abgebildet.<br />

Die Probleme für den Betreiber einer polarisierten Elektronenquelle im Bezug auf die<br />

NEA-Schicht liegen u.a. in folgenden Punkten begründet:<br />

1. Die Kathodenstruktur muss eine effiziente Bandverbiegung erlauben.<br />

2. Die Oberflächenrekonstruktion nach den Reinigungsverfahren sollte optimal sein,<br />

so dass die Bandverbiegung auch wirklich stattfinden kann.<br />

3. Der (Cs,O)-Schichtaufbau muss korrekt vorgenommen werden.<br />

179


Abbildung A.20.: Struktur des Spicerschen ”<br />

Double-Dipole“-Modells.<br />

4. Nach Abschluss der Aktivierung muss die Strukturmodifikation der (Cs,O)-Schicht<br />

durch aktive Gase und Ionen (H 2 O, CO 2 ,OH − ,O,O + )soweitwiemöglich verhindert<br />

werden.<br />

In diesen Punkten liegen die eigentlichen Hauptschwierigkeiten beim Betrieb einer<br />

polarisierten Elektronenquelle begründet. Dabei muss man beachten, dass an den Beschleunigerlabors<br />

meist nur ein eingeschränktes diagnostisches Repertoire für die Probleme<br />

der Kristallstruktur- und der Oberflächenanalyse zur Verfügung steht. In Anbetracht<br />

der von den Spezialisten auf den jeweiligen Gebieten angewandten Techniken (siehe z.B.<br />

[67],[180],[182],[184],[185]) verwundert es beinahe, dass bei der fast völligen Abwesenheit<br />

solcher Geräte ”<br />

in situ“ an der Elektronenquelle eine erfolgreiche NEA-Aktivierung<br />

möglich ist.<br />

In der Tat ist es bei letztlich unbefriedigenden Resultaten schwierig zu beurteilen,<br />

ob eine NEA-Aktivierung aufgrund einer Fehlfunktion der Kathode an sich misslingt,<br />

oder ob die Prozessführung bei der Aktivierung unzureichend ist und eventuell durch<br />

Veränderung eines Parameters der Erfolg herbeigeführt werden kann.<br />

Daher zum Abschluss noch einige Anmerkungen zu den einzelnen Punkten:<br />

Punkt 1) Eine ungenügende Bandverbiegung – zum Beispiel durch geringe Dotierung<br />

oder eine schlechte Oberflächenstruktur, die keine Heranbildung von Oberflächenzuständen<br />

erlaubt – wird im allgemeinen zu einer unbrauchbaren Kathode führen. Entweder<br />

ist die erzielbare Quantenausbeute zu klein, oder die an der Oberfläche eingefangenen<br />

Elektronen – das sind diejenigen Elektronen <strong>mit</strong> dem Anteil von etwa (1 − P )<br />

aus Gleichung A.36, die eben nicht ins Vakuum austreten – führen zum so genannten<br />

180


Surface-Photovoltage-Effekt“ (SPV). Dieser Effekt beruht darauf, dass bei unzureichender<br />

Dotierung die eingedrungene Elektronenraumladung nicht schnell genug von durch<br />

”<br />

die Bandbiegungszone tunnelnden Löchern neutralisiert werden kann. In diesem Fall<br />

wächst die Elektronenaffinität in Abhängigkeit von der Dichte der ins Leitungsband<br />

absorbierten Elektronen, so dass die Quantenausbeute der Kathode <strong>mit</strong> zunehmender<br />

Laserintensität abnimmt und der geforderte Strahlstrom eventuell nicht erreicht werden<br />

kann. Außerdem führt dieser Effekt zu einer effektiven Strahlvergrößerung, weil die<br />

Randbereiche eines Gaußschen Laseranregungsprofils dann größere Quantenausbeuten<br />

aufweisen [186]. Obwohl der Effekt bei sehr hohen Anregungsintensitäten am SLAC beobachtet<br />

und beschrieben wurde [187], taucht er aufgrund der kleinen Anregungsflächen,<br />

die an MAMI zur Erzielung der kleinen E<strong>mit</strong>tanz nötig sind, bei suboptimal aktivierten<br />

Kathoden ebenfalls auf [120]. Mit gut aktivierten, modulationsdotierten Strained-<br />

Layer-Photokathoden sind jedoch die an MAMI möglichen Ströme ohne beobachtbare<br />

SPV-Effekte möglich.<br />

Zu Punkt 2: Die Abhängigkeit der erzielten NEA-Qualität von den Reinigungsverfahren<br />

ist seit langem bekannt. In Abwesenheit von beispielsweise LEED- (Low-Energy-<br />

Electron-Diffraction)-Diagnostik wird experimentell für eine Kathodenklasse z.B. die<br />

Temperatur beim Reinigungsschritt solange variiert, bis sich befriedigende Resultate erzielen<br />

lassen. In der Tat zeigen unsere erfolgreichen Aktivierungen von Strained-Layer-<br />

Kathoden eine Übereinstimmung <strong>mit</strong> den Resultaten von Terechenko et al. [185], die<br />

für GaAs einen Temperaturbereich von 580-600 Grad Celsius für optimal halten. Ein<br />

weiterer Aspekt ist die Glätte (entspricht einer geringen Dichte von Stufen) der Oberfläche<br />

auf mikroskopischen Niveau: Beim wiederholten thermischen Reaktivieren wird<br />

eine Zunahme der Streulichtintensität der Anregungslaser festgestellt, was auf abnehmende<br />

Glätte hindeutet. Mit diesem Effekt geht eine abnehmende Quantenausbeute<br />

einher, die schließlich erzwingt, dass die Photokathode nach etwa 6-10 Reaktivierungen<br />

außer Betrieb gesetzt werden muss (Kapitel 1). In [184] wird auf die Problematik der<br />

erzielbaren Oberflächenglätte in der Reinigungsprozedur hingewiesen.<br />

Zu Punkt 3) Die Aktivierungsvorgänge bauen in allen Labors auf Erfahrungswerten<br />

auf und unterscheiden sich zwar im Detail, aber nicht wesentlich im Resultat.<br />

Zu Punkt 4) Die Erhaltung der einmal erzielten NEA ist natürlich eine der Hauptschwierigkeiten<br />

beim Betrieb einer polarisierten Elektronenquelle. Hier sei auf die ausführliche<br />

Darstellung in Kapitel 1 verwiesen.<br />

181


B. Spezielle elektronenoptische<br />

Aspekte der MAMI-Photoquelle<br />

Dieser Anhang stellt Betrachtungen und Resultate zu Elektronenoptik und Strahlparametern<br />

zusammen, die für den Betrieb der spinpolarisierten MAMI-Photoquelle charakteristisch<br />

sind.<br />

B.1. Stromdichteverteilungen, Raumladungseffekte<br />

B.1.1. Stromdichteverteilung an der Kathode<br />

Im Betrieb an MAMI wird die Photokathode durch einen rotationssymmetrischen Laserpuls<br />

angeregt. Der transversale Durchmesser beträgt etwa 300 μm und die Pulslänge<br />

etwa 40 ps. Dies ist groß gegenüber den Längen- und Zeitskalen auf den Korrelationen<br />

zwischen diesen Größen und anderen Phasenraumkoordinaten auftreten können, denn<br />

nach der Analyse in Kapitel 2 wären diese durch die freie Weglänge (< 100nm) und die<br />

Relaxationszeit in der Bandbiegungsregion (< 1ps) gegeben. Daher erscheint folgender<br />

Ansatz für die Stromdichteverteilung an der Kathode sinnvoll<br />

j 0,Kath = j 0 (r) · j 0 (t) · j 0 (p r ,p z ).<br />

(B.1)<br />

Die ersten beiden Verteilungsfunktionen auf der rechten Seite der Gleichung werden also<br />

durch die Ortsabhängigkeit und den zeitlichen Verlauf der Laserintensität bestimmt,<br />

während der letzte Faktor durch die Physik des Photoemissionsprozesses beeinflusst<br />

wird. Eine <strong>mit</strong> j 0 (p r ,p z ) verwandte Verteilung wurde am Max Planck Institut für Kernphysik<br />

in Heidelberg vermessen (Abbildung B.1.1 [188], man beachte: E ‖ = p 2 z /2m und<br />

E ⊥ = p 2 r/2m). Die Mittelwerte von E ⊥ und E ‖ – und so<strong>mit</strong> auch die Impulse – sind<br />

von gleicher Größenordnung. Dies offenbart, dass beträchtliche <strong>mit</strong>tlere Emissionswinkel<br />

an der Kathode vorliegen. Die <strong>mit</strong>tleren Energien pro transversalem Freiheitsgrad<br />

entsprechen Temperaturen von 1000-1200 K. Dies führt zu einer effektiven Betriebstemperatur“,<br />

die die Temperatur einer modernen thermischen Kathode 1 nicht unbedingt<br />

”<br />

unterschreitet. Allerdings ist prinzipiell möglich, durch Verwendung geeigneter longitudinaler<br />

Energiebarrieren den Peak“ in der Verteilung in Abbildung B.1.1 abzutrennen,<br />

”<br />

so dass man kalte“ <strong>Elektronenstrahlen</strong> erhält. In unserer Photoquelle muss jedoch das<br />

”<br />

gesamte e<strong>mit</strong>tierte Ensemble verwendet werden.<br />

1 Barium Dispenserkathoden können bei etwa 1200 K Stromdichten von 1 − 2A/cm 2 erzielen [27]. Wie<br />

unten gezeigt wird, ist dies von der gleichen Größenordnung wie die maximale Stromdichte einer<br />

NEA-Photokathode.<br />

182


Abbildung B.1.: Anfangsenergieverteilung für eine NEA-GaAs Kathode (aus [188]).<br />

Des Weiteren kann man den Heidelberger Resultaten entnehmen, dass die Energieverteilung<br />

der Elektronen von 0 eV bis zum Wert der NEA reicht (0.3 eV). Eine Energieverteilung<br />

dieser Art bedeutet keine Probleme für die Injektion in MAMI, die darauf<br />

ausgelegt ist z.B. Driften der Hochspannungsversorgung der Kathode (ca. 10 eV )zu<br />

tolerieren.<br />

Da die Winkelverteilung an der Kathodenoberfläche nicht <strong>mit</strong> der Ortsverteilung korreliert,<br />

wird die zweidimensionale E<strong>mit</strong>tanz durch das Produkt aus Orts- und Winkelgrößen<br />

an der Kathode gegeben sein, wofür folgender Ansatz sinnvoll ist<br />

(βγ) K<br />

ɛ r (T )=N · σ r,K σ r ′ ,K .<br />

(βγ) T<br />

(B.2)<br />

Hier sind σ r,K ,σ r ′ ,K die Varianzen der Verteilungen in r und r’ an der Kathode. Dabei<br />

ist r ′ = atan(p r /p z ). Es lasst sich also eine lineare Verkleinerung der transversalen (rr’)-<br />

E<strong>mit</strong>tanz <strong>mit</strong> dem Radius des Anregungslaserflecks erwarten. N bezeichnet einen Faktor,<br />

der berücksichtigt, wieviele Standardabweichungen der Verteilungen in die E<strong>mit</strong>tanz<br />

eingehen sollen, bei MAMI-Messungen werden ±2σ aus beiden Verteilungen benutzt,<br />

also N=16.<br />

Wenn der Strahl dem Beschleunigungsprozess unterworfen wird, so können sich natürlich<br />

beliebige Korrelationen der Stromdichteverteilung z.B. über den vier transversalen<br />

Phasenraumdimensionen ergeben. Trotzdem bleibt wegen der Erhaltung des Phasenraumvolumens<br />

(Satz von Liouville) die Beziehung B.2 gültig, wobei noch die ”<br />

Pseudodämpfung“<br />

berücksichtigt wird: Wegen der Verkleinerung der Winkel durch die Vergrößerung<br />

des Longitudinalimpulses während einer Beschleunigung ist die Größe σ r ′ von<br />

183


der kinetischen Energie T abhängig. Dies wird durch das Verhältnis (βγ) K / (βγ) T<br />

in<br />

Gleichung B.2 korrigiert. (β Verhältnis der Teilchengeschwindigkeit zur Lichtgeschwindigkeit,<br />

γ=Verhältnis Gesamtenergie zur Ruheenergie des Teilchens). Bei der kinetischen<br />

Energie im MAMI Injektionssystem (100 keV) ist βγ =0.66. Offensichtlich kann man<br />

E<strong>mit</strong>tanzwerte auf den Wert βγ = 1 beziehen, indem man eine bei T gemessene E<strong>mit</strong>tanz<br />

– die auch geometrische E<strong>mit</strong>tanz“ genannt wird – <strong>mit</strong> (βγ) ” T multipliziert, dies<br />

ergibt die normierte“ E<strong>mit</strong>tanz. Die <strong>mit</strong> den heute üblichen Photokathoden an MAMI<br />

”<br />

erzielten typischen Messwerte sind<br />

ɛ r,100 keV =0.25πmmmrad → ɛ norm =0.16πmmmrad (B.3)<br />

Dies wird <strong>mit</strong> einem gaußförmigen Anregungsprofil <strong>mit</strong> 4σ = 300μm erreicht. Wenn<br />

man voraussetzt, dass die normierte E<strong>mit</strong>tanz erhalten ist und weiter annimmt, dass die<br />

<strong>mit</strong>tlere kinetische Energie beim Austritt etwa 0.15 eV betragt, so kann man Gleichung<br />

B.2 auswerten und erhält:<br />

σ r ′ ,K ≈ 29Grad<br />

(B.4)<br />

Im Einklang <strong>mit</strong> den Heidelberger Messungen sieht man also, dass die Winkelverteilung<br />

der an der NEA-Photokathode e<strong>mit</strong>tierten Elektronen recht breit ist.<br />

B.1.2. Oberflächenladungseffekte<br />

Elektronen können in der Bandbiegungszone der NEA-Photokathode soviel Energie verlieren,<br />

dass sie nicht mehr e<strong>mit</strong>tiert werden. Diese Elektronen verschwinden schließlich<br />

aus der Zone, indem Löcher in die Bandbiegungszone tunneln und so <strong>mit</strong> den Elektronen<br />

rekombinieren. Die hohe Dotierung der Photokathode hat den Vorteil, dass einerseits viele<br />

Löcher vorhanden sind, vor allem aber ist die Breite der Tunnelbarriere durch die Minimierung<br />

der Dicke der Bandbiegungszone optimiert. Trotzdem beträgt die Zerfallszeit<br />

der Elektronenkonzentration einige Nanosekunden, so dass sich eine Raumladung herausbildet,<br />

die durch die aus dem Inneren der Kathode heranströmenden Elektronen erzeugt<br />

wird. Die so entstehende Oberflächenphotospannung“ (engl. Surface-Photovoltage) vermindert<br />

die wirksame NEA und reduziert auf diese Weise die Photoemission. Beim Ein-<br />

”<br />

satz von gepulsten Lasern <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong> Pulsenergie kann der Effekt zu extremen Pulsverzerrungen<br />

führen. Unsere Gruppe war in der Lage nachzuweisen, dass dieser Effekt wegen<br />

der kleinen Emissionsflächen, die im c.w.-Betrieb an MAMI notwendig sind, ebenfalls<br />

ein li<strong>mit</strong>ierender Faktor sein kann. Reznikov et al. [186] modellieren die Abhängigkeit<br />

der e<strong>mit</strong>tierten Stromdichte (j out ) im stationären Regime durch<br />

(<br />

j out = Bj in 1 − E )<br />

0<br />

Δ ln(1 + j in/j H ) . (B.5)<br />

Dabei ist j in = αd(1 − R)I laser die Stromdichte der Leitungsbandelektronen, die auf<br />

die Oberfläche zuläuft. Der Absorptionskoeffizient α, dieDicked der aktiven Zone, der<br />

Reflexionskoeffizient R und die Lichtintensität I laser sind Größen, die hinreichend genau<br />

184


estimmbar sind. B ist die Austrittswahrscheinlichkeit eines Elektrons, das die Oberfläche<br />

erreicht. E 0 ist ein Parameter, der die Höhe der Tunnelbarriere für die Löcher<br />

beschreibt, Δ der Betrag der negativen Elektronenaffinität und j H eine Größe, die <strong>mit</strong><br />

dem Lochrekombinationsstrom in Verbindung gebracht werden kann. Die Resultate von<br />

Experimenten <strong>mit</strong> gepulsten Strahlen konnten unter anderem durch E 0 =44meV und<br />

j H =0.37A/cm 2 beschrieben werden.<br />

Der Photostrom – das Integral von j out (Gleichung B.5) über die Anregungsfläche –<br />

wird also nur für niedrige Werte der Laserleistung zu dieser linear sein. Abbildung B.2<br />

zeigt das experimentelle Resultat. Für den Fit an die Daten wurden E und j H auf die<br />

eben erwähnten Werte gesetzt, lediglich die Austrittswahrscheinlichkeit wurde variiert<br />

und der Wert für die NEA wurde gegenüber Reznikovs Arbeit von 200 auf 240 meV<br />

erhöht. Die Messung wurde <strong>mit</strong> dem für MAMI Experimente typischen Gaußschen Laserstrahlprofil<br />

von 4σ = 320 μm durchgeführt, was hier zu c.w.-Leistungsdichten von bis<br />

über 200 Watt/cm 2 in der Strahl<strong>mit</strong>te führt. Der Fit führt auf eine kleine Emissionswahrscheinlichkeit<br />

von 2%, was auch <strong>mit</strong> der Quantenausbeute von etwa 0.5 μA/mW<br />

(bei kleinen Leistungen) in Einklang ist: Gute Strained-Layer-Kathoden weisen in etwa<br />

die Zehnfache Quantenausbeute auf und erreichen so<strong>mit</strong> Austrittswahrscheinlichkeiten<br />

von mindestens 20%. Wie aus der logarithmischen Reduktion der Stromdichte in Gleichung<br />

B.5 ersichtlich ist, hängt der erzielbare Maximalstrom empfindlich vom Wert der<br />

NEA ab, eine Änderung von 50 meV führt zu einer Erhöhung (bzw. Absenkung) von<br />

einem Faktor 2. Da die Austrittswahrscheinlichkeit an die NEA gekoppelt ist (d.h. <strong>mit</strong><br />

ihr wächst) kann man also erwarten, dass bei einer guten Aktivierung der Photokathode<br />

auch ein überproportionaler Gewinn in der maximalen Stromstärke erfolgen wird.<br />

Es wurden daher <strong>mit</strong> guten Strained-Layer-Kathoden schon d.c.-Ströme von 240 Mikroampère<br />

aus der gegebenen Emissionsflache erzielt. Dies entspricht d.c.-Stromdichten<br />

von etwa 0.7 A/cm 2 im Zentrum des Strahls, wobei es für unsere Quelle dann schwierig<br />

wird die Vakuum-Raumladungseffekte von den Oberflächenladungseffekten zu trennen.<br />

Bei Experimenten <strong>mit</strong> 100 Nanosekunden langen Pulsen – die jedoch wiederum so lang<br />

sind, dass sie praktisch dem stationären Regime entsprechen – wurden am SLAC schon<br />

Stromdichten von 3A/cm 2 erreicht [189].<br />

Für sehr kurze Pulse – also wenn die Kathode z.B. <strong>mit</strong> einem 10 Pikosekunden langen<br />

Laserpuls angeregt wird, der dann natürlich kurz gegen die Rekombinationszeit ist –<br />

wird die e<strong>mit</strong>tierbare Ladung durch die Oberflächeneffekte begrenzt sein. Daher stammt<br />

der am SLAC geprägte Begriff ”<br />

Surface-Charge-Li<strong>mit</strong>“ [190].<br />

Setzt man die Zeitkonstante des Ladungszerfalls <strong>mit</strong> etwa einer Nanosekunde an, so<br />

kann man in einem kurzen Puls mindestens 3 Nanocoulomb – abgeleitet aus den Ergebnissen<br />

<strong>mit</strong> langen Pulsen – produzieren, entsprechend einer Peakstromdichte von<br />

> 300A/cm 2 bei einer 10 Pikosekunden Anregung. In diesem Regime ist eine NEA-<br />

Photokathode einer thermischen Kathode überlegen, da diese nur Stromdichten von ca.<br />

10−20A/cm 2 produzieren können. Stromdichten von 300A/cm 2 verlangen allerdings Extraktionsfelder<br />

von mindestens 30 MV/m um die Vakuumraumladungseffekte unter Kontrolle<br />

zu halten. Elektrische Felder dieser Größenordnung sind in in Gleichspannungsapparaturen<br />

zur Zeit nicht handhabbar, aber sie können durchaus in Hochfrequenzquellen<br />

realisiert werden. Ein Einsatzgebiet für diese Technik liegt in der Konstruktion einer<br />

185


Abbildung B.2.: Photostrom gegen Laserleistung bei Anwesenheit von Oberflächenladungseffekten.<br />

Die eingesetzten Grafiken zeigen den berechneten Verlauf der relativen<br />

Emissionsstromdichte als Funktion des Strahlradius bei Anregungsintensitäten<br />

von 1 Mikrowatt und 50 Milliwatt. Die durchgezogene Linie ist<br />

ein Fit nach dem Modell von Reznikov et al. [186].<br />

polarisierte Quelle <strong>mit</strong> niedriger E<strong>mit</strong>tanz für den TESLA Beschleuniger [191].<br />

B.1.3. Raumladungseffekte<br />

Die Konstruktion der Photoquelle an MAMI erlaubt bei einem Kathoden-Extraktionsfeld<br />

von 1 MV/m und dem Kathoden/Anoden Potential von 100 kV den Betrieb <strong>mit</strong> d.c.-<br />

Strahlstromstärken bis zu mehreren hundert Mikroampère, die bei der gegebenen Ausgangse<strong>mit</strong>tanz<br />

ohne wesentliche E<strong>mit</strong>tanzvergrößerung produziert werden können [17].<br />

In dieser Arbeit sind vor allem gepulste Strahlen wichtig, deren longitudinale Ausdehnung<br />

kürzer als die Beschleunigungstrecke in der Quelle ist. Die quantitative Beschreibung<br />

solcher Pulse ist eine Domäne der Computersimulation. Es können aber einige<br />

analytische Erkenntnisse gewonnen werden, die hier zusammengestellt werden sollen:<br />

Offensichtlich ist die maximale Ladungsdichte, die in einem kurzen Puls erzeugt werden<br />

kann, dann erreicht, wenn das Feld durch die Raumladung größer ist als das Zugfeld<br />

an der Kathode. Aus dem Gaußschen Satz ergibt sich<br />

σ max ≤ ɛ 0 E<br />

(B.6)<br />

Für das an der MAMI-Quelle vorliegende Feld von E=1 MV/m und einer Emissionsfläche<br />

von 10 −3 cm 2 ergibt sich eine Ladung von 800 Femtocoulomb. Für die Operation<br />

von MAMI beim Maximalstrom werden 40 Femtocoulomb pro Puls benötigt, so dass die<br />

Ungleichung B.6 erfüllt ist. Es kann allerdings schon bei deutlich kleineren Pulsladungen<br />

186


Abbildung B.3.: Pulslänge und Breite der Energieverteilung von anfänglich ca.<br />

1 Pikosekunde langen Pulsen als Funktion der Pulsladung, gemessen<br />

nach der Beschleunigung in der Quelle und etwa 4 Meter Strahltransport.<br />

Aus [122] und [114].<br />

zu Veränderungen des longitudinalen Phasenraums kommen, wie in der Grafik B.3 am<br />

Beispiel der Kurzzeitspektroskopie aus Kapitel 2 dargestellt wird:<br />

Die Pulslänge an der Kathode wird durch die Halbleitereigenschaften (Kapitel 2) auf<br />

etwa 1 ps begrenzt. Im Experiment <strong>mit</strong> dem <strong>mit</strong> 76 MHz repetierenden Laser wird eine<br />

Verzehnfachung der Pulslänge gegenüber der apparativen Auflösung bei etwa 300 nA<br />

<strong>mit</strong>tleren Strom (Q =4fC) beobachtet (Abb. B.3). Die Größenordnung und die Form<br />

der Abhängigkeit der beobachteten Pulslänge von der Bunchladung kann man sich folgendermaßen<br />

klarmachen: Wenn man unterstellt, dass ein etwa dt =1ps langer Puls die<br />

Photokathode verlässt, so sind die vordersten Elektronen im Beschleunigungsfeld um<br />

dz = eEdt 2 /2m =88nm weit gekommen. Also ist der Bunch im Moment des Austritts<br />

aus der Kathode eine flache Scheibe, da der transversale Durchmesser die Größe des<br />

Laserflecks von 300μm aufweist. Nach der Beschleunigung auf 100 keV beträgt die longitudinale<br />

Ausdehnung des Bunches jedoch dz ′ = βcdt = 170μm. Dies bedeutet, dass sich<br />

die <strong>mit</strong>tleren Abstände der Elektronen im Bunch vergrößert haben, so dass eine am Start<br />

vorliegende potentielle Energie teilweise in kinetische Energie <strong>mit</strong> einer Bewegungsrichtung<br />

entlang der longitudinalen Koordinate umgesetzt worden ist. Da die potentielle<br />

Energie ∝ Q 2 ist, ist der <strong>mit</strong>tlere Energiegewinn pro Elektron ∝ Q und so<strong>mit</strong> der <strong>mit</strong>tlere<br />

Geschwindigkeitsunterschied (wenn relativistische Effekte vernachlässigt werden)<br />

∝ √ Q. Wenn dieser Geschwindigkeitsunterschied signifikant ist, so wird er während der<br />

Drift zur Deflektorkavität in eine zeitliche Veränderung umgesetzt, die dann ebenfalls<br />

∝ √ Q sein muss. Die Messwerte sind <strong>mit</strong> dieser Annahme in Einklang, wie man am Fit<br />

187


in Abbildung B.3 erkennt, in dem sich die gemessene Impulsantwortzeit aus der quadratischen<br />

Addition der konstanten apparativen Auflösung <strong>mit</strong> dem ∝ √ Q wachsenden<br />

Raumladungsbeitrag ergibt.<br />

MankannsichdieGrößenordnung des Effekts auf qualitative Weise klarmachen, indem<br />

man die potentielle Energie der Flächenladung σ ausrechnet: W =1/2 ∫ σΦ(r) ≈ 2 ·<br />

10 4 eV ,alsofür die gegebene Bunchladung etwa 1eV pro Elektron.<br />

Würde dieser Energiebetrag komplett in longitudinale Bewegungsenergie umgesetzt,<br />

so ist der <strong>mit</strong>tlere Geschwindigkeitsunterschied im Bunch-Ruhesystem bei 100 keV<br />

Δv = β(1 eV )c ≈ 2 · 10 −3 c.<br />

(B.7)<br />

Dies führt zu einer Pulsverlängerung in der Driftstrecke von 12ps/m, liegt also in der<br />

richtigen Größenordnung. Eine (Galilei-)Transformation in das Laborsystem erhält diese<br />

Geschwindigkeitsdifferenzen, aber die kinetische Energieunschärfe im Laborsystem wird<br />

wegen ΔT ≈ mvΔv stark vergrößert. Diese berechnet sich hier zu mehreren hundert eV,<br />

was auch beobachtet wird (Abb. B.3). Letztlich sind diese Effekte die li<strong>mit</strong>ierenden Faktoren<br />

für die Injektion großer Bunchladungen in MAMI, wenn auch die potentielle Energie<br />

des Bunches vor der Kathode durch die quadratische Vergrößerung der Bunchlänge<br />

in z-Richtung <strong>mit</strong> wachsender Laserpulslänge bedeutend abgesenkt werden kann. Zwar<br />

ist es so möglich – bei einer Anfangspulslänge von etwa 100 ps – eine Bunchladung von<br />

125 fC in MAMI zu beschleunigen, jedoch deutet eine dabei stattfindende Pulsverlängerung<br />

von etwa 20 ps (am Chopper) darauf hin, dass auch beträchtliche Energievariationen<br />

stattfinden. Wegen der starken Korrelation von kinetischer Energieabweichung und Ankunftszeit<br />

sollte der longitudinale Phasenraum trotzdem klein sein, so dass man hoffen<br />

kann den Effekt durch andere Buncher-Parameter auch bei noch höheren Bunchladungen<br />

wieder in den Griff zu bekommen. Eine ernsthafte Analyse des Injektionssystems an<br />

MAMI im Hinblick auf die Benutzung von Bunchen hat aus Zeitmangel bislang nicht<br />

stattgefunden. Allerdings ist die maximale Bunchladung im c.w.-Betrieb an MAMI ohnehin<br />

nur etwa 40 fC. Trotzdem wäre es vermutlich angebracht, die Pulslänge (40 ps) des<br />

MAMI-Synchrolasers im Betrieb bei großen c.w.-Strömen (> 50μA, die bislang nicht<br />

benötigt werden) etwas zu verlängern.<br />

B.2. Strahltransport<br />

Die Akzeptanz des Beschleunigers beschreibt, welche Ablagen Δx max , Δx ′ max , Δy max.....<br />

von den Sollparametern erlaubt sind, so dass ein Betrieb des Beschleunigers innerhalb<br />

der angestrebten Kenngrößen – also z.B. Energieschärfe, minimierte Strahlverluste, etc. –<br />

möglich ist. So<strong>mit</strong> definiert das durch die Werte Δx max , Δx ′ max , ... abgesteckte Phasenraumvolumen<br />

eben auch das erlaubte maximale E<strong>mit</strong>tanzvolumen der Teilchenquelle.<br />

Eine Ausnutzung der inneren“ Akzeptanzbegrenzung des Beschleunigers – also z.B.<br />

”<br />

durch Inkaufnahme der Strahlverluste an den jeweils begrenzenden Aperturen bei eventuell<br />

sehr hohen Elektronenenergien – ist jedoch nicht sinnvoll, da eine solche Betriebsweise<br />

unter anderem zu erheblichen Strahlungsproblemen und den da<strong>mit</strong> verbundenen<br />

Schäden führt. Die Akzeptanzbegrenzung muss daher bei niedrigen Energien – also im<br />

188


Injektionssystem – auf kontrollierte Weise vorgenommen werden. In unserem Fall wird<br />

die transversale Akzeptanz durch zwei runde Wolframkollimatoren (Durchmesser 2.5<br />

mm) im Injektionssystem (siehe Abbildung 1.2) definiert.<br />

Da die E<strong>mit</strong>tanz nur etwa ein Zehntel der durch die Kollimatoren festgelegten Akzeptanz<br />

von etwa 3πmmmrad beträgt, darf man erwarten, dass praktisch der gesamte<br />

Strahlstrom innerhalb der Akzeptanz liegt. Es sollte also gelten<br />

∫<br />

A<br />

T =<br />

j A←0(x, x ′ y, y ′ )dxdx ′ dydy ′<br />

≈ 1. (B.8)<br />

I 0<br />

Der Index A ← 0 soll symbolisch darstellen, dass die Stromdichteverteilung j 0 an der<br />

Kathode durch die elektronenoptischen Elemente des Injektionssystems an die Stelle der<br />

Akzeptanzdefinition transformiert wird (Matching). In der Tat beträgt die Transmission<br />

durch die Kollimatoren etwa 99.6%, so dass E<strong>mit</strong>tanzgrösse und Matching zufriedenstellend<br />

sind. Da der Aufbau der Quelle am Beschleuniger auch die Forderung nach zeitlicher<br />

Stabilität bestens erfüllt, gibt es im Bereich der Transversaloptik für den Strahltransport<br />

im Injektionssystem von MAMI keine wesentlichen Probleme.<br />

Andererseits ist es bisher nicht möglich gewesen eine befriedigende Beschreibung des<br />

gesamten Strahltransports auf der Basis der linearen Strahloptik zu entwickeln, welche<br />

die beobachteten Strahlparameter an verschiedenen Stellen des Systems reproduziert<br />

hätte. Die Einstellungen mussten (und müssen, z.B. bei veränderten Bedingungen durch<br />

den Betrieb des Wienfilters) durch zielgerichtetes Experimentieren aufgefunden werden.<br />

Der Grund für diese Probleme resultiert indirekt aus der Wahl einer großen Strahlrohrapertur<br />

von 40 mm. Diese war bei der Auslegung der ersten Strahlführung gewählt worden,<br />

um Transmissionsverluste möglichst zu verhindern. Natürlich wurden die optischen Elemente<br />

der Strahlführung ebenfalls <strong>mit</strong> entsprechender Apertur gefertigt. Daraus ergeben<br />

sich die im folgenden beschriebenen Probleme für die Fokussierung <strong>mit</strong> Quadrupolen,<br />

die schon bei der Untersuchung der linearen Abbildungseigenschaften zu Tage treten.<br />

B.2.1. Lineare Strahloptik <strong>mit</strong> Quadrupolen großer Apertur<br />

Die hier verwendeten Quadrupole haben ein großes Apertur/Längenverhältnis von A/L ≈<br />

1. Als Konsequenz davon ist in dem in der Grafik B.4 gezeigten Verlauf des Feldgradienten<br />

g(z) =dB/dr zu sehen, dass es fast keinen homogenen Bereich des Gradienten<br />

mehr gibt. Die fokussierende Wirkung setzt bereits weit vor dem Rand des Quadrupols<br />

ein (der Quadrupol ist in der Abbildung als graue Fläche angedeutet). Um diese Randeffekte<br />

zu berücksichtigen wird in der Regel ein ”<br />

Hard-Edge“ Ersatzfeld eingeführt, das<br />

sprunghaft auf den Maximalwert des Gradienten g 0 ansteigt, und eine ”<br />

effektive Länge“<br />

besitzt, die sich aus l eff = ∫ g(z)dz/g 0 ergibt. Für den hier interessierenden Quadrupol<br />

ist l eff etwa 4.8 cm.<br />

Die Abbildungsmatrix eines solchen Quadrupols für die fokussierende Ebene ist 2 :<br />

2 Für die defokussierende Ebene sind die Winkelfunktionen durch die entsprechenden Hyperbelfunktionen<br />

<strong>mit</strong> dem Argument ( √ k 0 l eff )zu ersetzen, außerdem ist das Vorzeichen des Elements M 21<br />

umgekehrt. Eine in beiden Ebenen fokussierende Linse wird durch Hintereinandersetzen von zwei<br />

Quadrupolen <strong>mit</strong> vertauschten Ebenen gewonnen (AG-Fokussierung).<br />

189


L=0.5Meter<br />

L=0.5Meter<br />

Abbildung B.4.: Oben: Verlauf des Feldgradienten für den an MAMI verwendeten Quadrupol<br />

(aus [18]). Mitte: Ein Quadrupoldublett wird zur Kollimation des<br />

Strahls verwendet. Unten: Unterschiede in der Orientierung der E<strong>mit</strong>tanzellipse<br />

nach der Kollimation für das ”<br />

Hard-Edge“ und das “realistische“<br />

Modell.<br />

190


(<br />

M fok =<br />

cos( √ k 0 l eff ) sin( √ k 0 l eff )( √ k 0 ) −1<br />

− √ k 0 sin( √ k 0 l eff ) cos( √ k 0 l eff )<br />

)<br />

. (B.9)<br />

Der Zusammenhang zwischen k 0 und dem Gradienten g 0 wird durch folgende Beziehung<br />

hergestellt<br />

k 0 [m −2 g 0 [T/m]<br />

]=0.2998 ·<br />

βγm 0 [GeV ] .<br />

(B.10)<br />

(β = v/c, γ sind die üblichen relativistischen Parameter, m 0 die Teilchenruhemasse.)<br />

So<strong>mit</strong> besteht ein eindeutiger analytischer Zusammenhang zwischen g 0 und den Matrixelementen<br />

der Abbildung. Weil g 0 (abgesehen von Sättigungseffekten) proportional zum<br />

Erregungsstrom ist, kann <strong>mit</strong>tels eines Matrizenmultiplikationsprogramms eine bequeme<br />

Berechnung der Strahleigenschaften für den jeweils vorliegenden Satz von Quadrupolerregungsströmen<br />

in der Strahlführung erreicht werden.<br />

Im Hard-Edge-Ansatz besteht die Strecke in Abb. B.4, die einen nennenswerten Gradienten<br />

aufweist (ca. L = 12cm) aus zwei feldfreien Driftstrecken der Länge λ =<br />

(L − l eff )/2, die den Quadrupol <strong>mit</strong> der Länge l eff umgeben. Die Multiplikation der<br />

drei Matrizen (Drift-Quad-Drift) liefert die folgende Abbildungsmatrix für die fokussierende<br />

Ebene:<br />

(<br />

cos( √ k<br />

M D∗H.E.∗D =<br />

0 l eff ) − λ √ k 0 sin( √ k 0 l eff ) λ(2cos( √ )<br />

k 0 l eff )+ sin(√ k 0 l<br />

√ ef f<br />

k0 λ<br />

− √ k 0 sin( √ k 0 l eff ) cos( √ k 0 l eff ) − λ √ k 0 sin( √ k 0 l eff )<br />

(B.11)<br />

Um zu beurteilen, wie realistisch das Hard-Edge-Modell des Quadrupols ist, kann man<br />

den Bereich der Länge L in viele kleine Stücke <strong>mit</strong> konstantem Gradienten g(z) zerlegen<br />

und jeweils die Abbildungsmatrix (B.9) dieses kleinen Quadrupols definieren. Die Multiplikation<br />

dieser Quadrupol-Matrizen ergibt dann eine realistische Abbildungsmatrix.<br />

Diese Matrix wurde aus dem vorliegenden Verlauf des Feldgradienten für verschiedene<br />

Erregungströme bestimmt und <strong>mit</strong> dem Resultat des Hard-Edge-Modells verglichen.<br />

DierelativeGröße der Abweichung der Matrixelemente im hier interessierenden Variationsbereich<br />

des Quadrupolgradienten ist nicht konstant. Die Abweichung kann daher<br />

nicht im Hard-Edge-Modell durch eine globale Korrektur der Parameter k 0 und/oder<br />

l eff korrigiert werden.<br />

Es kann allerdings für jeden eingestellten Wert des Gradienten g 0 ein Satz von Fokussierstärken<br />

und effektiven Längen (k fok<br />

0 ,k defok<br />

0 ,l fok<br />

eff ,ldefok eff<br />

) berechnet werden, so dass<br />

ein entsprechendes Hard-Edge-Modell eine Abbildungsmatrix erzeugt, die der Realen<br />

äquivalent ist; siehe hierzu [33], p.127ff. Die Abweichungen dieses Parametersatzes von<br />

k 0 und l eff sind erheblich, sie variieren im relevanten Bereich von g 0 von 0 bis ±20%.<br />

Als Beispiel für die Auswirkung der abweichenden Quadrupolparameter wird folgende<br />

Strahltransformation einer realistischen E<strong>mit</strong>tanzellipse untersucht: Der einen halben<br />

Meter vor einem Dublett liegende Fokus des Strahls soll durch ein Quadrupoldublett kollimiert<br />

werden. Der untere Teil der Abbildung B.4 zeigt die einen halben Meter hinter<br />

191


dem Dublett vorliegenden E<strong>mit</strong>tanzen, die sich in ihrer Orientierung deutlich unterscheiden.<br />

B.2.2. Arbeitsprinzip des Buncher Systems von MAMI<br />

Um einen großen Anteil des longitudinalen Phasenraums an die Akzeptanz von MAMI<br />

anzupassen, kommt es darauf an, eine lineare Geschwindigkeitsmodulation gegebener<br />

Steilheit über einen möglichst großen Phasenbereich der Hochfrequenzperiode zu realisieren.<br />

Dies wird durch das von Shvedunov et al. [46] entworfene Bunchersystem realisiert,<br />

das folgendes Funktionsprinzip aufweist:<br />

Geschwindigkeitsmodulation<br />

Das Bunchersystem soll bewirken, dass die vom Chopper durchgelassenen Teilchen, die<br />

aus einem Phasenbereich von bis über 180 Grad stammen können, möglichst zur gleichen<br />

Zeit am Eingang des Injektorlinacs ankommen. Also fordert man, dass die Flugzeitdifferenz<br />

Δt f zwischen dem Sollteilchen bei φ = 0 und dem Teilchen auf der Phase φ nach<br />

der Laufstrecke L f verschwindet, wobei die Ankunftszeit am Modulator relativ zum<br />

Sollteilchen durch t =(−φ/2π)T H.f. gegeben ist<br />

Δt f = L f<br />

β 0 c − ( L f<br />

β(φ)c + φ<br />

2π T H.f.)<br />

!<br />

=0. (B.12)<br />

Dies gilt, wenn die Teilchen beim Eintritt in den Buncher eine einheitliche Geschwindigkeit<br />

besitzen, die hier v = β 0 c =0.55c beträgt. Nach einigen Umstellungen ergibt<br />

sich für die Größe der Geschwindigkeitsmodulation Δβ(φ) =β(φ) − β 0<br />

β 2<br />

Δβ(φ) =−<br />

0λφ<br />

2πL f − β 0 λφ .<br />

(B.13)<br />

Exakt gilt dieses Resultat aber nur dann, wenn der Buncher ohne eigene Längenausdehnung<br />

angenommen wird, da sonst Effekte der Durchflugzeit durch den Modulator<br />

beitragen. Weiterhin wurde cT H.f. = λ benutzt, wobei λ =12.25 cm die Wellenlänge<br />

der Hochfrequenz ist. Die Strecke L f beträgt an MAMI 1.37 Meter. Offensichtlich ist<br />

für die hier gewählten Parameter β 0 λφ ≪ 2πL f , so dass sich als Näherung eine lineare<br />

Geschwindigkeitsmodulation z.B. über dem Phasenintervall −π/2


Δβ(±(π/2)) = ±0.0067<br />

ΔT (π/2) = −3.17 kV<br />

ΔT (−π/2) = +3.26 kV<br />

(B.15)<br />

Offensichtlich wäre ein etwas größerer Wert von L F günstiger, da die benötigte Energiemodulation<br />

im Vergleich zu den Vorgabewerten von ΔE ≤±3 keV (Gleichung 1.20)<br />

etwas zu groß ist, so dass die erlaubten Werte nur für Phasenbeträge < 84 ◦ unterschritten<br />

werden. Wegen der beschränkten Platzverhältnisse war ein größerer Abstand jedoch<br />

nicht realisierbar.<br />

Die Abweichung der Näherung B.14 vom Idealwert aus Gleichung B.13 erzeugt am<br />

Fokus eine Phasenabweichung von<br />

λφ 2 β 0<br />

Δφ = −<br />

.<br />

(B.16)<br />

2πL f + λφβ 0<br />

Setzt man die Zahlenwerte ein, so sieht man, dass das gesamte Intervall [−π/2,π/2] auf<br />

weniger als ein Grad Breite fokussiert wird. Die Gleichungen B.15 und B.16 zeigen also<br />

auf, dass die Bedingung aus 1.20 im Prinzip bei linearer Geschwindigkeitsmodulation<br />

für ein Phasenintervall von 160 - 170 Grad erfüllt werden kann.<br />

Standardbuncher (1f-buncher)<br />

Der Standardbuncher benutzt einen Hochfrequenzbeschleunigungsresonator, der eine<br />

harmonische Energiemodulation vornimmt:<br />

T (φ) =T 0 + A 1 sin(ω 1 t)).<br />

(φ = −ω 1 t). Diese bewirkt eine Bremsung der vorderen (Ankunftszeit t


Abbildung B.5.: Abweichung der Annäherung ∑ k n sin(nφ) vom Wert der Eingangsphase φ.<br />

B.2.3. Buncher System <strong>mit</strong> vergrößertem Einfangbereich:<br />

” 2f-Buncher“<br />

Man versucht einen erweiterten Phasenbereich durch den Einsatz mehrerer harmonischer<br />

Modulationen zu erzielen. Allerdings muss der technische Aufwand unbedingt in Grenzen<br />

gehalten werden, da die Abstimmung von mehreren Resonatoren aufeinander subtil ist.<br />

Man hielt bestenfalls die Verwendung der Fundamentalen und zweier Harmonischer (1f,<br />

2f, 3f) für realisierbar, und optimierte daher nach der Forderung:<br />

I :=<br />

∫ π/2<br />

−π/2<br />

[<br />

φ −<br />

2<br />

N∑<br />

k n sin(nφ)]<br />

dφ → min. (B.18)<br />

n=1<br />

Dabei sind die Amplituden k n freie Parameter. Nach der Optimierung ergeben sich je<br />

nach Wert von N verschiedene Sätze von k n .<br />

N =1 N =2 N =3<br />

k 1 1 =1.273 k 2 1 =1.5190 k 3 1 =1.6400<br />

k 2 2 = −0.289 k 3 2 = −0.433<br />

k 3 3 =0.0790<br />

Die Abbildung B.5 zeigt die Abweichungen der Annäherungen vom Wert φ, wiesie<br />

im Integranden von Gleichung B.18 quadriert eingesetzt werden müssen. N=1 entspricht<br />

dem Standardbuncher, die Annäherungen <strong>mit</strong> N =2, 3 sind offenbar weitaus besser.<br />

194


Bei N = 3 sind die Abweichungen vom linearen Verlauf genügend klein, so<strong>mit</strong> erscheint<br />

ein Einfangbereich von 180 Grad erreichbar, wenn eine Geschwindigkeitsmodulation <strong>mit</strong><br />

den drei Amplituden aus Gleichung B.18 realisiert werden kann.<br />

Es stellt sich jetzt die Frage, wie die drei Amplituden k1 3,k3 2 ,k3 3 erzeugt werden sollen.<br />

Die direkte Methode, drei separate Buncher aufeinander abzustimmen ist wenig<br />

attraktiv, da dann 6 Parameter (je drei Amplituden und Phasen; die Phasen relativ<br />

zur Phase des Choppers) <strong>mit</strong> hinreichender Genauigkeit eingestellt und stabil gehalten<br />

werden müssen.<br />

Erfreulicherweise sind zwei räumlich getrennte Modulatoren M1 und M2 (Abbildung<br />

1.12) ausreichend: Zunächst erzeugt M1 wie bisher eine Geschwindigkeitsmodulation<br />

v 1 (t) aus Gleichung B.17. Teilchen, die <strong>mit</strong> einer Ablage t =(−φ/2π)T H.f. an M1 ankommen,<br />

erreichen den M2 dann zu einer Zeit, die gegeben ist durch:<br />

L d<br />

t M2 (t) =<br />

cβ 0 (1 + a 1 sinω 1 t) + t ≈ L d<br />

(1 − a 1 sin(ω 1 t)) + t (B.19)<br />

cβ 0<br />

Die Näherung gilt hier, weil die relative Modulationsamplitude a 1 des Bunchers M1<br />

klein gegen eins ist. L d ist die Driftstrecke zwischen den beiden Resonatoren.<br />

Die Geschwindigkeit nach M2 als Funktion der Eintrittszeit t in M1 wird dann zu<br />

[ (<br />

Ld<br />

v 2 (t) =v 1 (t)+a 2 sin ω 2 − a ) ]<br />

1L d<br />

(sin(ω 1 t)) + t +ΔΦ . (B.20)<br />

cβ 0 cβ 0<br />

Fordert man, dass das Sollteilchen, das zur Zeit t = 0 an M1 ankommt, ebenfalls keine<br />

Geschwindigkeitsmodulation an M2 erfährt, so muss man den Effekt der Flugzeit durch<br />

L d berücksichtigen, wozu man die frei wählbare Phase ΔΦ auf den Wert ΔΦ = − L dω 2<br />

cβ 0<br />

festlegt.<br />

Offensichtlich enthält v 2 eine Phasenmodulation, den Faktor M = −ω 2 a 1 L d /(cβ 0 )<br />

nennt man in der Nachrichtentechnik auch den Modulationsindex“. Ist der Modulationsindex<br />

M ≪ 1, so erhält man nach Anwendung der Additionstheoreme für Winkel-<br />

”<br />

funktionen und entsprechender Näherungen:<br />

v 2 (t) =cβ 0 + a 1 sin(ω 1 t)+a 2 sin(ω 2 t)+ 1 2 a 2Mcos((ω 1 + ω 2 )t)<br />

(B.21)<br />

Man sieht, dass die beiden Modulatorfrequenzen ω 1 ,ω 2 und die Summenfrequenz ω 1 +<br />

ω 2 in der Geschwindigkeitsmodulation enthalten sind. Wählt man ω 2 =2ω 1 ,soerlauben<br />

es die freien Variablen a 1 ,a 2 und M (bzw. L d ) die Amplituden der Frequenzkomponenten<br />

entsprechend der Optimierung in Gleichung B.18 einzustellen. Dies ist das Prinzip des<br />

so genannten ”<br />

2f-Bunchers“ 3 .<br />

3 Im vorliegenden Fall ist M allerdings ≈ 1, so dass sich im Spektrum beliebige Frequenzen ω 1 + mω 2<br />

(m ganzzahlig) finden, was die Sachlage zwar mathematisch komplizierter macht, aber prinzipiell<br />

nichts ändert.<br />

195


C. Lichttransmission durch nicht<br />

perfekte Polarisationsoptiken<br />

C.1. Eigenschaften von KD*P als elektrooptischer<br />

Modulator<br />

Die Pockels-Zelle ist im spannungslosen Zustand ein optisch einachsiger Kristall, der<br />

aus Kaliumdideuterophosphat (KD*P) besteht. Die variabel einstellbare Phasenverschiebung<br />

wird durch ein angelegtes E-Feld in Strahlausbreitungsrichtung erzielt. Diese Effekte<br />

heißen elektrooptische Effekte, in diesem speziellen Fall nach ihrem Entdecker (longitudinaler)<br />

”<br />

Pockels-Effekt“. Die Wirkung des Gleichfeldes auf die Phase der Lichtwelle<br />

ist ein Effekt der nichtlinearen Optik, die notwendige Nomenklatur (z.B. Ordnung der<br />

nichtlinearen optischen Tensorelemente, χ ijk → r i,j ) findet sich z.B. bei Zernike [192]. Der<br />

Pockels-Effekt bewirkt, dass ein angelegtes Gleichfeld den Polarisationstensor ɛ jk modifiziert.<br />

Bei Kristallen <strong>mit</strong> zentrosymmetrischer Einheitszelle gilt jedoch ɛ jk (E) =ɛ jk (−E).<br />

Daraus folgt sofort, dass alle nichtlinearen Tensorelemente χ ijk = 0 sind, es also in diesen<br />

Kristallen keine elektrooptischen Effekte (2. Ordnung) gibt. Von den 32 Kristallklassen<br />

sind 21 nichtzentrosymmetrisch, dazu gehört natürlich auch KD*P. Dies erklärt teilweise<br />

die zunächst etwas exotisch erscheinende Wahl von KD*P, das ein tetragonaler Kristall<br />

(Symmetrieklasse in internationaler Konvention (42m)) ist 1 .<br />

Der Pockels-Effekt transferiert den im spannungslosen Zustand optischen einachsigen<br />

KD*P-Kristall in einen optisch zweiachsigen Zustand. Wenn die ursprüngliche optische<br />

Achse in z-Richtung (Strahlausbreitungsrichtung) steht, dann sind die Brechungsindizes<br />

für transversal polarisiertes Licht, dessen Orientierung unter ±45 Grad zur elektrooptisch<br />

induzierten zweiten optischen Achse liegt, gegeben durch<br />

n x = n 0 (1 + 1 2 n2 o r 63E z )<br />

n y = n 0 (1 − 1 2 n2 o r 63E z ).<br />

(C.1)<br />

(C.2)<br />

Im Einsatz als Helizitätskonverter stellt man die Phasenverschiebung auf 90 Grad ein,<br />

und orientiert die elektrooptische Achse so, dass das einfallende linearpolarisierte Licht<br />

zu gleichen Anteilen parallel und senkrecht zur elektrooptischen Achse steht. Bei der<br />

1 Interessanterweise besitzt GaAs ebenfalls einen starken elektrooptischen Effekt, GaAs gehört zur<br />

Klasse 43m, Strained-GaAs zu 42m<br />

196


von uns verwendeten Longitudinalzelle (entsprechend der Tensorkomponente r 6,3 )istdie<br />

Phasenverschiebung nur von der Potentialdifferenz U = ∫ eE z d z an der Zelle abhängig,<br />

die Größe der notwendigen Spannung (Viertelwellenspannung) wird durch den nichtlinearen<br />

optischen Koeffizienten r 6,3 bestimmt.<br />

λ<br />

V π/2 =<br />

(C.3)<br />

4n 3 0 · r 6,3<br />

KD*P ist im Temperaturbereich unter -50 Grad Celsius ein ferroelektrischer Kristall<br />

[193], was bedeutet, dass die elektrische Per<strong>mit</strong>tivität einen Phasenübergang (erster Art)<br />

bei der Curietemperatur (T=220 K bei 99% Deuterierung) zeigt. So<strong>mit</strong> ist wegen der<br />

Beziehung ɛ = √ n eine starke Temperaturdrift der niederfrequenten Polarisierbarkeit<br />

und auch eine starke Abhängigkeit des Koeffizienten r 6,3 von der Temperatur gegeben.<br />

Dies führt bei Zimmertemperatur zu einer Variation der Viertelwellenspannung in Gleichung<br />

C.3 von 3.5% pro Grad. Die permanenten elektrischen Dipolmomente liegen in<br />

Wasserstoffbrückenbindungen vor, so dass die Deuterierung die Curietemperatur anhebt.<br />

Daher hat KD*P einen deutlich niedrigere Viertelwellenspannung bei Zimmertemperatur<br />

als KDP (Kaliumdihydrogenphosphat) und wird so<strong>mit</strong> bevorzugt für elektrooptische<br />

Modulatoren genutzt.<br />

C.1.1. ’Piezomechanische’ Effekte<br />

Für eine gegebene Kristallsymmetrie können Tensoren gleicher Stufe Einträge an den<br />

gleichen Stellen besitzen. Neben dem Tensor für die optische Nichtlinearität, der die<br />

Größe des elektrooptischen Effekts bestimmt, gibt es noch weitere Tensoren dritter Stufe<br />

z.B. den piezoelektrischen Tensor. Die Umkehrung des piezoelektrischen Effekts, ist die<br />

Verformung eines Materials durch ein angelegtes elektrisches Feld [153].<br />

Die Werte für diese Tensorkomponenten von KD*P sind [193] d 312 = d 321 = d 231 =<br />

d 213 =29pC/N, d 123 = d 132 =1.7 [pC/N] (Die Symmetriegruppe von KD*P besitzt nur<br />

2 unabhängige und von Null verschiedene Tensorelemente 2 ).<br />

Der piezoelektrische Tensor d ijk transformiert ein angelegtes elektrisches Feld in den<br />

Verformungs- (Strain-) Tensor ɛ jk ,wobeiüber doppelt vorkommende Indizes summiert<br />

wird (dies gilt auch im folgenden)<br />

ɛ jk = d ijk E i .<br />

(C.4)<br />

Für den Fall eines homogenen Feldes ⃗ E = E 3 = E z ergibt sich folgender Verformungstensor:<br />

⎛<br />

ɛ = ⎝<br />

0 E z d 312 0<br />

E z d 321 0 0<br />

0 0 0<br />

⎞<br />

⎠<br />

(C.5)<br />

2 Es ist üblich, für weiterführende Betrachtungen die Tensorindizes zu vereinfachen,z.B d 312 =<br />

d 36 /2,d 123 = d 14 /2 so dass in der Literatur oft nur zwei Indizes auftauchen.<br />

197


Für die hier gewählte Pockelszellengeometrie werden sich also transversale Verformungen<br />

des Pockelskristalls zwangsläufig ergeben. Ein solcher Verformungstensor bezeichnet<br />

eine reine Scherungsverformung in der x,y Ebene und kann durch eine 45 Grad Rotation<br />

auf eine Diagonalform gebracht werden:<br />

⎛<br />

ɛ = ⎝<br />

−E z d 312 0 0<br />

0 E z d 312 0<br />

0 0 0<br />

⎞<br />

⎠<br />

(C.6)<br />

Dies bedeutet, dass die Pockelszelle sich elliptisch verformt, die Ellipse dreht sich helizitätsabhängig<br />

um 90 Grad (gleiches gilt für die Veränderung des Brechungsindex im<br />

elektrooptischen Effekt, was den erwünschten helizitätsabhängigen Phasenvorschub erzeugt).<br />

Für das gegebene Feld von etwa E z = ±3·10 5 V/m folgt eine relative Verformung<br />

(Strain) der Pockelszelle von E z · d 123 = ±8.7 · 10 −5 in den gegebenen Richtungen. Die<br />

von uns verwendete Pockelszelle ist elastisch in einer Flüssigkeit aufgehängt, das heißt,<br />

sie kann sich im Prinzip frei verformen.<br />

C.2. Der Einfluss optischer Imperfektionen auf den<br />

Helizitätswechsel<br />

C.2.1. Stokes-Müller-Formalismus<br />

Man kann eine Lichtwelle durch die zwei transversalen Feldamplituden E x ,E y beschreiben,<br />

zu einer exakten Bestimmung von (monochromatischen und polarisiertem) Licht<br />

sind daher z.B. die zwei Amplituden |E x |, |E y | und ihre relative Phase φ notwendig. Im<br />

nahen Infrarot ist die Periode der Lichtwelle zu klein, um <strong>mit</strong> den zur Zeit vorhandenen<br />

technischen Mitteln eine direkte Messung der Feldamplituden durchzuführen. Verfügbar<br />

sind lediglich Detektoren für die zeitge<strong>mit</strong>telte Intensität I 0 = T + T ,wobei<br />

T eine Mittelwertbildung über einen Zeitraum darstellt, der gegenüber der Lichtperiode<br />

groß ist. Polarisator/Detektor Kombinationen können z.B. I x = T messen,<br />

wenn der Polarisator in die x-Richtung ausgerichtet ist. Als drittes Hilfs<strong>mit</strong>tel stehen<br />

’Verzögerer’ zur Verfügung, die es ermöglichen die unbekannte Phase φ definiert um eine<br />

Verzögerung Δ zu verschieben. Stokes erkannte, dass unter diesen Umständen eine<br />

Messvorschrift gegeben werden kann, die nicht nur erlaubt die drei Feldgrößen (E x ,E y ,φ)<br />

<strong>mit</strong> Intensitätsmessungen zu verknüpfen, sondern auch das Maß an Korrelation zwischen<br />

den Feldamplituden (’die Reinheit des Polarisationszustandes’) zu bestimmen. Man führt<br />

folgende Messungen durch:<br />

1. Eine Messung <strong>mit</strong> dem Detektor ohne jede zusätzliche Polarisationsoptik, um die<br />

totale Intensität zu bestimmen.<br />

2. 4 Messungen <strong>mit</strong> einem vor den Detektor montierten Polarisator, wobei ein transversales<br />

Koordinatensystem (x,y) gewählt wird, zu dem die Durchlassachse des<br />

Polarisators unter 0, 45, 90, und 135 Grad steht. Diese Messungen werden durch<br />

I x ,I d45 ,I y ,I d135 bezeichnet.<br />

198


3. 2 Messungen, bei denen zusätzlich vor dem x-orientierten Polarisator ein Viertelwellenverzögerer<br />

<strong>mit</strong> einer Phasenverschiebung von Δ = π/2 eingebaut wird,<br />

dessen optische Achse unter 45 und 135 Grad steht. Im folgenden werden diese<br />

Messungen I R und I L genannt.<br />

Die Zusammenhang zwischen den Messungen und den Feldamplituden ist<br />

S 0 = I 0 → S 0 = T + T<br />

S 1 = I x − I y → S 1 = T − T<br />

S 2 = I d45 − I d135 → S 2 = < 2E x E y cos(φ) > T<br />

S 3 = I L − I R → S 3 = < 2E x E y sin(φ) > T .<br />

(C.7)<br />

Aus den vier rechten Gleichungen folgt<br />

S1 2 + S2 2 + S2 3 ≤ S2 0 .<br />

Dabei gilt das Gleichheitszeichen, wenn<br />

(C.8)<br />

2 T =< Ex 2 > T T (C.9)<br />

gilt, also für einen vollständig korrelierten Zustand, der polarisiertes“ Licht genannt<br />

”<br />

wird. Der Zustand, in dem die beiden transversalen Amplituden korreliert, aber um<br />

±π/2 phasenverschoben sind (Zirkularpolarisation) liefert S 3 = ±1, also beschreibt S 3<br />

den Grad der Zirkularpolarisation.<br />

C.2.2. Polarisationstransport <strong>mit</strong> realen optischen Komponenten<br />

3<br />

Der Laserstrahl wird durch einen Eingangspolarisator so gut als möglich polarisiert.<br />

Von diesem sei angenommen, dass er diagonal (45 Grad) orientiert ist, also einen Stokesvektor<br />

<strong>mit</strong> einer großen S 2 −Komponente erzeugt. Es stellt sich die Frage wie groß<br />

die verbleibenden anderen Komponenten in der Realität noch sein können.<br />

Ein Polarisator ist durch seinen Kontrast gekennzeichnet<br />

K = I 135 /I 45 .<br />

(C.10)<br />

Dabei muss man I 135 ,I 45 so verstehen, als ob man einen identischen, drehbaren Polarisator<br />

hinter dem eigentlichen Polarisator dreht und die durchgelassene Intensität I misst.<br />

Eine Kombination zweier guter Glan-Luft-Polarisatoren erreicht so einen Kontrast von<br />

K = I 45 /I 135 ≥ 10 5 /1. In dieser Rechnung steht die Transmissionsachse des Polarisators<br />

in diagonaler Richtung, die Polarisation in dieser Richtung ist S 2 = σ ≈ 1−1/K. Nimmt<br />

man an – experimentell ist dies schwer nachzuweisen – dass das Licht hinter dem Polarisator<br />

noch vollständig polarisiert ist, so ist die Größe der restlichen Stokes-Komponenten<br />

(hier ɛ 1 ɛ 3 genannt)<br />

3 Dieser Abschnitt wurde gegenüber der Originalversion im Hinblick auf eine korrekte Darstellung der<br />

Polarisatormatrix überarbeitet.<br />

199


ɛ 2 1 + ɛ 2 3 =1− σ 2 2.<br />

(C.11)<br />

Die Größe der Komponenten lässt sich daher nach oben abschätzen<br />

ɛ 1,3 ≤ 4 · 10 −3 .<br />

(C.12)<br />

Dies ist nicht genügend klein, um diese Komponenten in der folgenden Rechnung zu<br />

vernachlässigen. Der Eingangsstokesvektor des Systems ist daher<br />

S in =(1,ɛ 1 ,σ,ɛ 3 ) T .<br />

(C.13)<br />

Danach wird dieser Stokes-Vektor durch einen geeigneten ”<br />

Verzögerer“ in rechts- oder<br />

linkszirkular polarisiertes Licht transformiert. Die Transformation des Stokes-Vektors<br />

wird formal durch eine 4x4 Matrix beschrieben, die Müller-Matrix genannt wird. Dabei<br />

muss mindestens ein Matrixelement des Verzögerers vom Experimentator beeinflusst<br />

werden, um den Helizitätswechsel vorzunehmen. Es genügt für diese Diskussion zwei<br />

freie Parameter zuzulassen, nämlich einerseits den Orientierungswinkel θ der elektrooptischen<br />

Achse der Pockelszelle relativ zur x-Achse und andererseits die durch die Spannung<br />

an der Zelle vorgegebene Phasenverzögerung φ. DieMüller-Matrix M PZ (θ, φ) für<br />

einen Verzögerer <strong>mit</strong> beliebiger Orientierung und Phasenverschiebung schreibt sich nach<br />

Collett [148]<br />

M PC (θ, φ) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 cos 2 (2θ)+cos(φ)sin 2 (2θ) (1− cos(φ))sin(2θ)cos(2θ) sin(φ)sin(2θ)<br />

0 (1− cos(φ))sin(2θ)cos(2θ) sin 2 (2θ)+cos(φ)cos 2 (2θ) −sin(φ)cos(2θ)<br />

0 −sin(φ)sin(2θ) sin(φ)cos(2θ) cos(φ)<br />

(C.14)<br />

Für den Fall θ = 0 (horizontale Orientierung der optischen Achse) und φ = π/2 folgt<br />

die Matrix des idealen Viertelwellenverzögerers, der rechts- oder linkszirkular polarisiertes<br />

Licht erzeugt<br />

M PC (0, ±π/2) =<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 1 0 0<br />

0 0 0 ∓1<br />

0 0 ±1 0<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

(C.15)<br />

Bei näherer Inspektion der Gleichung C.14 sieht man, dass sich der Vorzeichenwechsel<br />

durch zwei verschiedene Transformationen erzielen lässt: Einerseits kann der Experimentator<br />

die Transformation θ =0→ θ = π/2 bei festem φ = π/2 vornehmen oder<br />

φ = π/2 → φ = −π/2 durchführen und θ = 0 beibehalten. Der erste Fall entspricht der<br />

200


mechanischen Rotation einer Viertelwellenplatte um 90 Grad, der zweite einer Phasenmodulation<br />

bei mechanisch fixierter optischer Achse. Letzteres wird durch die Pockelszelle<br />

realisiert.<br />

Jetzt wird jeder Helizität ein Phasenfehler φ + ,φ − zugeordnet, daraus bildet man den<br />

symmetrischen Phasenfehler φ S =(φ + + φ − )/2 und den unsymmetrischen φ A =(φ + −<br />

φ − )/2. Daraus folgt durch Umstellen der Beziehungen, dass φ + = φ S + φ A und φ − =<br />

φ S − φ A ist.<br />

Da die φ− Abhängigkeit der Matrixelemente M 22 ,M 33 ∝ cos(±(π/2+φ ± )) ist, folgt<br />

also für positiven Phasenvorschub<br />

cos(π/2+φ S + φ A )=−sin(φ S + φ A ) ≈−φ S − φ A<br />

(C.16)<br />

und für negativen Phasenvorschub<br />

cos(−π/2 − φ S + φ A )=sin(−φ S + φ A ) ≈−φ S + φ A<br />

(C.17)<br />

Und so<strong>mit</strong> M ± 22 = M ± 33 = −φ S ∓ φ A (Die Indizierung der Matrixelemente erfolgt ab<br />

Null.).<br />

Für kleine Abweichungen der Orientierung der optischen Achse von der Horizontalrichtung<br />

θ ≠ 0 und von der Sollphasenverschiebung φ → π/2 +φ ergibt sich in erster<br />

Ordnung folgende Matrix:<br />

M PC (0 + θ, ±(π/2+φ ± )=<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

⎞<br />

1 0 0 0<br />

0 1 2θ ±2θ<br />

⎟<br />

0 2θ −φ S ∓ φ A ∓1 ⎠<br />

0 ∓2θ ±1 −φ S ∓ φ A<br />

(C.18)<br />

Im weiteren werden nur solche Polarisationskomponenten aufgeführt, die linear in den<br />

Fehlergrößen sind und die außerdem helizitätskorreliert fluktieren. Weiter gilt, dass σ in<br />

guter Näherung 1 ist. Dort wo σ ein Faktor vor einer Fehlergröße ist, wird dieser Faktor<br />

=1 gesetzt.<br />

Es zeigt sich also, dass bei einem symmetrischen Schaltvorgang (φ A = 0) nur die<br />

Komponente ɛ 3 einen Beitrag zu fluktuierenden Linearpolarisationen liefern wird die beobachtete<br />

helizitätskorrelierte Intensitätsfluktuation ist also z.B. in erster Ordnung nicht<br />

vom Betrag der Phasenverschiebung (also auch nicht vom Betrag der Hochspannung)<br />

abhängig, was sich auch experimentell bestätigen lässt. Dies ist vorteilhaft, da die Phase<br />

einen sehr großen Temperaturkoeffizienten aufweist.<br />

Die Situation ändert sich beim unsymmetrischen Schaltvorgang φ A ≠0.Indiesem<br />

Fall lautet der Stokesvektor hinter der Pockels-Zelle:<br />

S PZ =(1, 0, ∓(φ A + ɛ 3 ), ±σ) T<br />

(C.19)<br />

Dieser Vektor wird nun durch die Kompensator-Halbwellenplatte transformiert:<br />

201


Eine ideale Halbwellenplatte <strong>mit</strong> einem beliebigen Drehwinkel β leitet sich aus Gleichung<br />

C.14 folgendermaßen ab<br />

M C (β,π)=<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 cos(4β) sin(4β) 0<br />

0 sin(4β) −cos(4β) 0<br />

0 0 0 −1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

(C.20)<br />

Man sieht, dass die linear polarisierten Stokeskomponenten um das Vierfache des<br />

Drehwinkels rotiert werden, während das Vorzeichen der Zirkularpolarisation wechselt.<br />

Für einen Phasenfehler 4 φ C ≠ 0 folgt aus Gleichung C.14 näherungsweise<br />

M C (β,π + φ C )=<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 cos(4β) sin(4β) φ C sin(2β)<br />

0 sin(4β) −cos(4β) −φ C cos(2β)<br />

0 −φ C sin(2β) φ C cos(2β) −1<br />

So<strong>mit</strong> lautet der hinter dem Kompensator vorliegende Stokesvektor<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

(C.21)<br />

S C =(1, ∓(φ A + ɛ 3 )sin(4β) ± φ C sin(2β), ±(φ A + ɛ 3 ) ∓ φ C cos(2β), ∓σ) T .<br />

(C.22)<br />

Die jetzt folgende Optik besteht aus n-Komponenten, die im Verdacht stehen, schwach<br />

doppelbrechend zu sein (φ i < 10mrad ) und zufällig verteilte optische Achsen zu besitzen<br />

(θ i beliebig). Die ”<br />

schwach doppelbrechende“ Matrix eines solchen i-ten Elements<br />

schreibt sich, wiederum nach Gleichung C.14<br />

M OPT,i (θ i ,φ i )=<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 1 0 φ i sin(2θ i )<br />

0 0 1 −φ i cos(2θ i )<br />

0 −φ i sin(2θ i ) φ i cos(2θ i ) 1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

(C.23)<br />

Im Prinzip muss diese Matrix n-mal angewendet werden, in erster Ordnung wäre die<br />

Matrix der gesamten Optik dann<br />

M OPT (θ i ,φ i )=<br />

⎛<br />

⎜<br />

⎝<br />

1 0 0 0<br />

0 1 0 B<br />

0 0 1 −C<br />

0 −B C 1<br />

⎞<br />

⎟<br />

⎠ .<br />

(C.24)<br />

Mit C = ∑ i φ icos(2θ i ) und B = ∑ i φ isin(2θ i ).<br />

So<strong>mit</strong> ergibt sich der vor der Kathode einlaufende Stokesvektor zu (nur helizitätsabhängige<br />

Terme, die in den Fehlergrößen linear sind):<br />

4 Spezifikation der Halbwellenplatte ist eine Genauigkeit von ±0.9 Grad, Hersteller: Firma B.Halle,<br />

Typ RZQ2.10.<br />

202


S K,0 = 1<br />

S K,1 = ∓(φ A + ɛ 3 )sin(4β) ± φ C sin(2β) ∓ B<br />

S K,2 = ±(φ A + ɛ 3 )cos(4β) ∓ φ C cos(2β) ± C<br />

S K,3 = ∓σ<br />

(C.25)<br />

(C.26)<br />

(C.27)<br />

(C.28)<br />

Die Kathode <strong>mit</strong> der inhomogenen Strain-Relaxation (ISR) wirkt jetzt wie eine Polarisator.Wir<br />

normieren auf die Richtung <strong>mit</strong> maximaler Quantenausbeute (’0’ Grad), die<br />

Richtung senkrecht dazu entspricht dann einer Intensität von 1 − 2A ISR ,entsprechend<br />

der Definition A ISR =(I 0 − I 90 )/(I 0 + I 90 ), wobei A ISR für die im Experiment verwendete<br />

Photokathode vom Typ X-2208 zu 0.035 bestimmt wurde. Im allgemeinen Fall ist<br />

die Kathode im Experiment um einen Winkel θ k gegenüber der Bezugsachse verdreht.<br />

Eine mühsame, aber elementare Rechnung (basierend auf den in [148] p.81 angegebenen<br />

Definitionen und der Näherung A ISR


Abbildungsverzeichnis<br />

1.1. Aufsicht auf den MAMI-Beschleunigerkomplex <strong>mit</strong> den angeschlossenen<br />

Experimentierstationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.2. Ansicht des PKA1-Injektionssystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.3. Transversale E<strong>mit</strong>tanzen der Photoquelle PKA1 am Einschuss von MAMI. 9<br />

1.4. Schnitt durch den Wienfilter (aus [31]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

1.5. Skizze des Wienfilters <strong>mit</strong> den Kompensationsquadrupolen (aus [31]). . . 15<br />

1.6. Elektrisches und magnetisches Randfeld des Wienfilters (aus [31]). . . . . 17<br />

1.7. E<strong>mit</strong>tanzellipsen bei verschiedenen Spindrehwinkeln. . . . . . . . . . . . 18<br />

1.8. Analysierstärke eines Goldatomkerns (ohne Berücksichtigung der Abschirmung<br />

durch die Elektronenhülle) als Funktion der Elektronenenergie und<br />

des Streuwinkels. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

1.9. Photographie des 3.5MeV Mottpolarimeters. . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

1.10.Streuasymmetrie als Funktion des Spindrehwinkels. . . . . . . . . . . . . 23<br />

1.11. Wiederholte Messung der Asymmetrie <strong>mit</strong> <strong>hoher</strong> statistischer Genauigkeit. 24<br />

1.12. Aufbau des Chopper/Buncher Systems (schematisch). Das System beginnt<br />

dort, wo Abbildung 1.2 endet. Der Strahl fliegt von links nach rechts. 25<br />

1.13. Links: Akzeptanz des RTM-1 bezogen auf den Eingang des ILAC. Rechts:<br />

Phasenraum am longitudinalen Fokus. Die graue Fläche bezeichnet den<br />

simulierten Phasenraum des Strahls bei einer Eingangs-Phasenbreite von<br />

±80 Grad und einer Energiebreite von ±10 Volt. Abbildung aus [46]. . . 28<br />

1.14.Modellvorhersage unter verschiedenen Modulationsbedingungen. . . . . . 33<br />

1.15. Obere Bilder: Schematische Schnittzeichnug und Photographie des Master-<br />

Oszillators (die außen angebrachten Peltier-Elemente sind abgenommen).<br />

Unteres Bild: Schematischer Aufbau der Master-Oszillator-Ansteuerung,<br />

aus [54]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

1.16. Puls des Master-Oszillators bei 30 mW optischer Ausgangsleistung (links)<br />

und bei 150 mW (rechts). Die roten Flächen repräsentieren die Grenzen<br />

des für die Injektion zugelassenen Zeitbereichs von etwa 150 Pikosekunden.<br />

Aus [55]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

1.17. Intensitäts-Histogramm des freilaufenden Master-Oszillators. Aus [56]. . . 38<br />

1.18.Schematischer Aufbau des MOPA-Systems. . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

1.19. Kennlinienfeld des Verstärkers. Abbildung aus [52]. . . . . . . . . . . . . 40<br />

1.20. Messung der Partialdrucke in der Photoquelle (links), sowie Anstieg des<br />

Wasserpartialdrucks <strong>mit</strong> der Operationszeit des Massenseparators. . . . . 46<br />

204


1.21. Vergleich der Signalanteile von ESD- und Gasphasenspezies (aus [72]). . . 48<br />

1.22. Quantenausbeute als Funktion der Experimentierzeit bei verschiedenen<br />

Photoströmen. Die Daten für das Experiment <strong>mit</strong> 50 Nanoampère sind<br />

aus Übersichtsgründen nicht dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

1.23. Links: Skizze der Kathodenhalterung. Rechts: Lumineszensspektren bei<br />

verschiedenen Laserleistungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

1.24. Schematische Darstellung zur Entstehung von Strahlverlusten durch parasitische<br />

Emission im Randbereich der Photokathode. . . . . . . . . . . 55<br />

1.25. Strahlunterbrechung beim Betrieb <strong>mit</strong> ca. 1 Promille Strahlverlust. . . . 56<br />

1.26. Produktion verschiedener Gasspezies während und nach Beendigung der<br />

Bestrahlung <strong>mit</strong> weicher Röntgenstrahlung (aus [81]). . . . . . . . . . . . 56<br />

1.27.Darstellung der Maskenaktivierung (schematisch). . . . . . . . . . . . . . 59<br />

1.28. Verhalten von ein und derselben Kathode bei nackter“ und bei nachfolgender<br />

maskierter“ Präparation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ”<br />

”<br />

1.29. Vergleich der Auswirkung der e<strong>mit</strong>tierten Ladung auf die Quantenausbeute<br />

60<br />

von nackten“ und maskierten“ Kathoden. . . . . . . . . . . . . . 61<br />

” ”<br />

1.30. Verbesserung des Qualitätsfaktors P 2 I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

2.1. Schema der Absorption von zirkular polarisierter Strahlung, wobei die<br />

Entartung im Valenzband der Photokathode durch reduzierte Symmetrie<br />

des Kristallgitters aufgehoben ist. Die Aufspaltung ΔE strain lässt bei geeignet<br />

gewählter Photonenenergie ein vollständig polarisiertes Ensemble<br />

im Leitungsband erwarten. Details hierzu siehe Anhang A, Abschnitt A.1. 67<br />

2.2. Strukturaufbau der Strained-Layer-Kathode X-2883 und der Superlattice-<br />

Kathode SL-5-998. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

2.3. Polarisations- und Quantenausbeutespektren einer Strained-Layer“-Kathode<br />

(oben) und einer Superlattice“-struktur (unten). . . . . . . . . . . . . ”<br />

”<br />

2.4. Zeitlicher Verlauf von Quantenausbeute (offene Kreise) und Polarisation<br />

70<br />

(Quadrate) bei hohem Sauerstoffpartialdruck (dieser wird künstlich hergestellt,<br />

um das Experiment auf überschaubarer Zeitskala durchführen<br />

zu können). Im Bereich der an MAMI notwendigen Quantenausbeuten<br />

korrelieren niedrige Ausbeuten <strong>mit</strong> hohen Polarisationsgraden (aus [109]). 71<br />

2.5. Ansicht der Testquelle (aus [114]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

2.6. Operationsprinzip der Testquelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

2.7. Impulsantwort einer 100 nm dicken Photokathode. Die durchgezogene Linie<br />

ist ein gaußförmiges Profil, das einer apparativen Zeitauflösung von<br />

2.3 ps entspricht. Die gepunktete Linie beschreibt die zusätzliche Verbreiterung<br />

des Pulses, falls die Emission der Photokathode dem Diffusionsmodell<br />

folgt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

2.8. Impulsantwort einer Bulk“-Kathode (aus [119]). . . . . . . . . . . . . . 78<br />

”<br />

2.9. Oben: Energetische Lage der Bänder als Funktion des Ortes. Unten: Struktur<br />

des Halbleiters. In der aktiven Zone produzierte Leitungsband-Elektronen<br />

werden entweder an der Vakuum- oder an der Substrat-Grenzfläche austreten.<br />

Eine Emission von Elektronen aus dem Substrat ist nicht möglich. 80<br />

205


2.10. Impulsantworten von GaAs-Kathoden verschiedener Dicke. Die durchgezogenen<br />

Linien sind Anpassungen der Daten nach dem Diffusionsmodell. 82<br />

2.11. Quadratwurzel aus der Zeit t 90 gegen Dicke der aktiven Zone. Durchgezogene<br />

Linie: Modellvorhersage für endliche Zeitauflösung. Gepunktete<br />

Linie: Ohne apparative Begrenzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

2.12. Auswirkung der Einführung einer Rekombinationszeit von 100 ps auf die<br />

Anpassung an die experimentellen Daten bei der 1600 nm Struktur. . . . 86<br />

2.13. Mittlere Emissionszeit im Random-Walk- und im Diffusionsmodell. . . . 88<br />

2.14.Modellrechnungen zum Depolarisationsfaktor. . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

2.15. Schwarze Symbole: Impulsantwort der Strained-Layer-Kathode, sowie Anpassung<br />

<strong>mit</strong> Modellrechnung bei gegebener apparativer Auflösung von<br />

2.3 Pikosekunden. Gestrichelte Linie: Modellrechnung ohne apparative Begrenzung.<br />

Rote Symbole: Polarisationsmessung <strong>mit</strong> Fit unter Verwendung<br />

der Resultate aus Abb. 2.16. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

2.16. Energieaufgelöste Photoemissionsspektren <strong>mit</strong> zugehörigen Polarisationsmesswerten.<br />

Links: Resultate für die Strained-Layer-Struktur (aus [109]).<br />

Rechts: Gleiche Messung für eine Superlattice-Struktur analog zur Kathode<br />

5-998 (aus [135]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />

2.17. Impulsantwort des Superlattice SL-5-998 für zwei verschiedene Anregungswellenlängen.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98<br />

2.18. Fünf Stufenmodell zur Berücksichtigung depolarisierender Effekte in der<br />

Bandbiegungszone. Die Schritte 3 und 4 werden zusätzlich zum Spicerschen<br />

Dreistufenmodell eingeführt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99<br />

2.19. Verschiedene Möglichkeiten der Anordnung der Potentialstufen bei ansonsten<br />

gleichen Bandlücken. Die untere Abbildung zeigt ein Superlattice<br />

ohne Stufen im Leitungsband ( Zero conduction band offset“). . . . . . . 100<br />

”<br />

2.20. Oben: Vergleich der Polarisationsspektren von SL-5-998 (<strong>mit</strong> Leitungsbandoffset)<br />

<strong>mit</strong> SL-6-405 (ohne Leitungsbandoffset). . . . . . . . . . . . . 101<br />

3.1. Messprinzip des A4-Experiments. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107<br />

3.2. Schema der Polarisationsoptik, die Beschreibung der einzelnen Komponenten<br />

erfolgt im Text. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

3.3. Bei kleinen Dicken ist die Konfiguration <strong>mit</strong> einer Fehlanpassungs-Versetzung<br />

(Bildteil B) energetisch ungünstiger als das Wachstum als perfekter Kristall<br />

<strong>mit</strong> durchgängiger Verformung (A). Bei größeren Dicken liegt Zustand<br />

Bvor;unterUmständen kann die Fehlanpassungsversetzung bis zur Oberfläche<br />

”<br />

propagieren“(Bildteil C). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

3.4. Quantenausbeuten als Funktion der Orientierung der Linearpolarisation<br />

für einen Strained- Layer-Kristall (Typenbezeichnung X-1111) und einem<br />

undeformierten GaAs-Kristall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

3.5. Helizitätskorrelierte Stromasymmetrie am A4-Experiment als Funktion<br />

des Drehwinkels der Kompensator-Halbwellenplatte. . . . . . . . . . . . . 120<br />

206


3.6. Verhältnis des konstanten Offsetterms zum 4-fach periodischen Term bei<br />

einer Variation des Orientierungswinkels der Kathode. Die Normierung<br />

ist vermutlich notwendig, weil bei der Drehung unterschiedliche Areale<br />

der Kathode <strong>mit</strong> jeweils anderen Analysierstärken zur Emission beitragen. 122<br />

3.7. Aufbau eines Longitudinalmodulators (Schnitt). Erklärung siehe Text. . . 124<br />

3.8. Variation der Eintrittsfensterrückreflexe <strong>mit</strong> dem Helizitätszustand. . . . 125<br />

3.9. Ortsaufgelöste Intensitätsasymmetrie eines Laserstrahls. . . . . . . . . . . 126<br />

3.10. Schaltgeschwindigkeit (oben) und langsame Phasendrift. Die Darstellung<br />

der Maxima im unteren Bild ist wegen der Übersteuerung des Oszillographen<br />

nicht realistisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127<br />

3.11. Typische Histogramme des Strahlstroms und der helizitätskorrelierten<br />

Strahlstromasymmetrien während des A4-Experiments. . . . . . . . . . . 132<br />

A.1. Elementarzelle von GaAs, verformtes Gitter bei s-GaAs. . . . . . . . . . 141<br />

A.2. Brillouinzone von GaAs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143<br />

A.3. Schematische Darstellung der Absorption zirkularpolarisierten Lichtes am<br />

Γ−Punkt in GaAs und s-GaAs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146<br />

A.4. Oben:Bandstruktur von GaAs. Nach [97], p.65. Unten: Vergrößerter (schematischer)<br />

Ausschnitt der Bandstruktur für den Übergang Γ 8 → Γ 6 (undeformiert)<br />

bzw. Γ 6 → Γ 6 (deformiert). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149<br />

A.5. Die Herstellung von Halbleiterlegierungen (Mischhalbleiter) führt zu simultanen<br />

Variationen der Gitterkonstante und der Bandlücke. Man beachte<br />

speziell, dass sich im System Al x Ga 1−x As die Bandlücke variieren<br />

lässt, ohne die Gitterkonstante zu ändern. Aus [99]. . . . . . . . . . . . . 150<br />

A.6. Absorptionskoeffizienten verschiedener Halbleiterkristalle (aus [99]). . . . 152<br />

A.7. Bandstruktur eines GaAs-AlGaInAs-Superlattice, aus [169]. . . . . . . . . 156<br />

A.8. Schichtaufbau der in dieser Arbeit verwendeten Strukturen <strong>mit</strong> reduzierter<br />

Symmetrie: Oben Strained-Layer-Kathode, MAMI-Standardtyp. Unten:<br />

Superlattice (das gleiche Bild findet sich in Kapitel 2).) . . . . . . . 158<br />

A.9. Eingeschlossene und propagierte Fehlanpassungsversetzungen (aus [99]). . 159<br />

A.10.Abhängigkeit des Absorptionskoeffizienten von der Dotierung (aus [125]). 164<br />

A.11.Bandlückenverkleinerung im Falle <strong>hoher</strong> Dotierung (aus [172]). . . . . . . 165<br />

A.12.Exponentieller Verstärkungsfaktor als Funktion der Photonenenergie und<br />

der Ladungsträgerdichte (aus [175]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167<br />

A.13.Double-Heterojunction. Bilder von oben nach unten: Materialzusammensetzung<br />

(1), Band-Arrangement und Ladungsträgerinjektion (2), Verlauf<br />

des Brechungsindex (3) und Einschluss des optischen Modes (4). Aus [98]. 168<br />

A.14.Vergleich der Schwellen-Stromdichte für Homojunction-, Heterojunctionund<br />

Double-Heterojunction-Laser (aus [98]). . . . . . . . . . . . . . . . . 169<br />

A.15.Wechselwirkungsraten für die Streuung <strong>mit</strong> Phononen (nach [99]). . . . . 171<br />

A.16.Mobilität von Elektronen und Löchern in GaAs und Si (aus [99]). . . . . 172<br />

A.17.Quantenausbeuten verschiedener Photokathoden (aus [127]). . . . . . . . 174<br />

207


A.18.Oben: Definition von Austrittsarbeit und Elektronenaffinität. Mitte: Bandverbiegung<br />

bei Anwesenheit von Oberflächenzuständen und p-Dotierung.<br />

Unten: Wirkung einer Austrittsarbeitsabsenkung durch Cäsium Sauerstoff-<br />

Dipole. Aus [167]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176<br />

A.19.Weißlicht-Sensitivität einer GaAs-Photokathode im Verlauf der Präparation.<br />

Oberes Bild: Entwicklung bis kurz nach dem Einstellen der Cs:O<br />

Koadsorption. Unten: Weiterer Verlauf der Aktivierung. Man beachte die<br />

deutlich vergrößerte Ordinatenskala im unteren Bild (aus [132].) . . . . . 178<br />

A.20.Struktur des Spicerschen ”<br />

Double-Dipole“-Modells. . . . . . . . . . . . . 180<br />

B.1. Anfangsenergieverteilung für eine NEA-GaAs Kathode (aus [188]). . . . . 183<br />

B.2. Photostrom gegen Laserleistung bei Anwesenheit von Oberflächenladungseffekten.<br />

Die eingesetzten Grafiken zeigen den berechneten Verlauf der<br />

relativen Emissionsstromdichte als Funktion des Strahlradius bei Anregungsintensitäten<br />

von 1 Mikrowatt und 50 Milliwatt. Die durchgezogene<br />

Linie ist ein Fit nach dem Modell von Reznikov et al. [186]. . . . . . . . . 186<br />

B.3. Pulslänge und Breite der Energieverteilung von anfänglich ca. 1 Pikosekunde<br />

langen Pulsen als Funktion der Pulsladung, gemessen nach der Beschleunigung<br />

in der Quelle und etwa 4 Meter Strahltransport. Aus [122] und<br />

[114]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187<br />

B.4. Oben: Verlauf des Feldgradienten für den an MAMI verwendeten Quadrupol<br />

(aus [18]). Mitte: Ein Quadrupoldublett wird zur Kollimation des<br />

Strahls verwendet. Unten: Unterschiede in der Orientierung der E<strong>mit</strong>tanzellipse<br />

nach der Kollimation für das ”<br />

Hard-Edge“ und das “realistische“<br />

Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190<br />

B.5. Abweichung der Annäherung ∑ k n sin(nφ) vom Wert der Eingangsphase φ.194<br />

208


Tabellenverzeichnis<br />

1.1. Elektronenoptische Parameter der polarisierten Elektronenquelle. . . . . 6<br />

1.2. Anforderungen an den Synchrolaser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

1.3. Halbleiterlaserparameter für Quantum-Well-Struktur. . . . . . . . . . . . 34<br />

1.4. Beobachtung verschiedener Kathodenlebensdauern. . . . . . . . . . . . . 49<br />

1.5. Relative Stromverluste bei nackter“ und anodisierter Kathode . . . . . . ”<br />

58<br />

2.1. Anpassungen der experimentellen Daten <strong>mit</strong> dem Diffusions- und dem<br />

Monte-Carlo-Modell. Die χ 2 -Angaben sind in Einheiten desjenigen χ 2 -<br />

Betrags, der im Rahmen des Diffusionsmodells für die jeweilige Kathode<br />

gefunden wurde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90<br />

3.1. Anisotropie A ISR verschiedener Photokathoden. . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

3.2. Helizitätskorrelierte Asymmetrien an der Quelle und am Target. Bei den<br />

Positions- und Winkelgrößen am Target handelt es sich um grobe Schätzwerte.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130<br />

3.3. Helizitätskorrelierte Strahlparameterfluktuationen während des A4-Experiments<br />

(nach [143]). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

3.4. Beitrag falscher helizitätskorrelierter Asymmetrien zum Fehlerbudget des<br />

A4-Experimentes bei Q 2 =0.23GeV 2 /c 2 . Entnommen aus [10]. . . . . . . 135<br />

A.1. Dimensionen der Darstellungen von T d und T D d . . . . . . . . . . . . . . . 147<br />

209


Literaturverzeichnis<br />

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210


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