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GOLF TIME Evergreen (Vorschau)

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COVER ASIEN <strong>GOLF</strong><br />

fehlt, wird er mit physischer Anstrengung<br />

bestraft, bspw. mit Liegestützen oder<br />

Kniebeugen. Würde ich das in den USA<br />

versuchen, wäre ich meinen Job in kürzester<br />

Zeit los. Aber in China funktioniert<br />

das prächtig. Sie haben Spaß dabei und<br />

werden körperlich und mental stärker.<br />

Ye kann schon 50 Liegestützen machen.“<br />

Das Potenzial der „liebevollen Strenge“<br />

zeigt sich in der Koreanerin Se Ri Pak,<br />

deren Karriere das explosionsartige<br />

Wachstum beim koreanischen Damengolf<br />

überhaupt erst ermöglicht hat. Geschichten<br />

über ihren Vater, der seine Tochter<br />

zur Strafe auf dem Friedhof im Zelt übernachten<br />

ließ oder sie bei Frost solange auf<br />

der Driving Range drillte, bis ihre Haare<br />

gefroren waren, sind Teil des Mythos.<br />

Bislang hat sie fünf Major-Turniere und<br />

20 andere LPGA-Events gewonnen.<br />

Und Se Ris Vater steht nicht alleine<br />

da. Der südkoreanischen LPGA-Spielerin<br />

Mi Hyun Kim war es solange verboten<br />

zu heiraten, bis sie einen Major-Titel vorzuweisen<br />

hatte. Vor diesem Hintergrund<br />

klingen Earl Woods Störrufe in den Rückschwung<br />

seines Sohns Tiger doch plötzlich<br />

ziemlich handzahm.<br />

Dan Webb ergänzt: „Natürlich ist dies<br />

nicht der Stil, wie wir im Westen trainieren.<br />

Aber das bedeutet nicht, dass es ein<br />

falscher Weg ist. Definitiv wird so gewaltiges<br />

Spielpotenzial ermittelt. Aber ob so<br />

auch echte Sieger-Mentalität erzeugt wird,<br />

ist eine ganz andere Frage. Für Se Ri hat es<br />

funktioniert.“<br />

Sprunghaftes Wachstum. 1983 wurden<br />

in Südkorea ca. 1,2 Millionen Golfrunden<br />

gespielt. 2009 waren es über 18. Heute<br />

spielen vier Millionen Südkoreaner Golf,<br />

jeder zwölfte Einwohner des Landes. Das<br />

ursprüngliche Interesse an Golf mag durch<br />

die staatlichen Förderungen des Sports<br />

seit 1980 entstanden sein, den Stein so<br />

richtig ins Rollen brachten jedoch die<br />

sogenannten „Seoul Sisters“.<br />

Als Se Ri Pak 1998 auf der LPGA Tour<br />

debütierte, war sie eine von zwei Koreanerinnen.<br />

Heute sind es 39 – allein in den<br />

Top 100 der Tourrangliste!<br />

„Koreaner sind sehr empfänglich für<br />

Trends“, sagt John Kang, ein Trainer aus<br />

Korea. „Sie beobachten, dass etwas funktioniert.<br />

Dann analysieren sie es und<br />

kopieren es schließlich. Viele Eltern sahen<br />

den Erfolg von Se Ri Pak und Grace Park.<br />

Manch einer kannte die Eltern der Mädchen,<br />

die Erfolgsformel sprach sich herum<br />

und heute trainieren viele Eltern ihren<br />

Nachwuchs in diesem Stil.“<br />

Die Golfentwicklung in China hinkt<br />

hingegen noch etwas hinter der Südkoreas<br />

her. Es ist erst 30 Jahre her, seit das Verbot<br />

Das chinesische Mission Hills:<br />

Hier werden die Golfstars von<br />

morgen systematisch gezüchtet<br />

des Sports durch den kommunistischen<br />

Führer Mao Tse Tung von 1949 aufgehoben<br />

wurde. Heute sieht es so aus, als<br />

würde das Land mit Siebenmeilenstiefeln<br />

aufholen. In den vergangenen zehn Jahren<br />

hat sich die Anzahl der Golfanlagen verdreifacht<br />

und die Zahl der chinesischen<br />

Golfer ist von 500.000 auf drei Millionen<br />

angewachsen.<br />

Doch Golf ist und bleibt in dem 1,3<br />

Milliarden Einwohner zählenden Land<br />

ein Sport der Reichen. Aber der wachsende<br />

Wohlstand des Landes macht Golf<br />

zunehmend zugänglicher. Dan Webb<br />

schätzt, dass man in den chinesischen<br />

Kernmärkten, also in Shanghai, Guangzhou<br />

oder Shenzen mit Wachstumsraten<br />

DEr SE rI pAk-FAktor<br />

Analyse Golfexperte Tom Creavy aus Florida über die<br />

Koreanerin, die ein ganzes Land elektrisierte.<br />

„Ich habe Se Ri Pak Ende 1996<br />

kennengelernt. In den ersten sechs<br />

Monaten haben wir täglich wenigstens<br />

drei Stunden an ihrem vollen<br />

Schwung gearbeitet. Obwohl sie<br />

vor der LPGA Q-School 1997 nur<br />

ein Mini Tour Event gespielt hatte,<br />

gewann sie bei der Qualifikation die<br />

erste Runde und das Finale. Damals<br />

gab es nur noch zwei weitere<br />

Koreanerinnen auf der Q-School.<br />

Zwölf Monate später, nachdem Se<br />

Ri zwei Majors in ihrer Rookie-<br />

Saison gewonnen hatte, waren<br />

schon 15 bis 20 Koreanerinnen<br />

dabei. Alle diese Nachfolgerinnen<br />

Se Ri Paks folgten ihrem Beispiel<br />

der totalen Hingabe an den Sport.<br />

Se Ri sah es als Verpflichtung<br />

gegenüber ihrem Land, gut zu<br />

spielen. Sie wollte keinesfalls<br />

jemanden enttäuschen. Sie dachte<br />

sich, dies ist meine Bestimmung<br />

und ich werde unter keinen Umständen<br />

versagen‘.<br />

Die Amerikanerinnen hingegen<br />

pflegten soziale Kontake und ihr<br />

Privatleben, hatten Dates und<br />

gingen auf Partys. Koreanerinnen<br />

taten so etwas nicht. Sie hatten<br />

auch keine Hobbys, sondern<br />

brachten den lieben, langen Tag<br />

damit zu, an ihrem Spiel zu feilen,<br />

und abends brüteten sie über<br />

ihren Trainingsplänen.<br />

Natürlich machte dies meinen<br />

Job in vielerlei Hinsicht einfacher:<br />

Unbedingte Fokussierung und<br />

harte Arbeit sind eine unschlagbare<br />

Mischung, um zum Erfolg zu<br />

36 <strong>GOLF</strong> <strong>TIME</strong> 2-2014 www.golftime.de www.facebook.com/golftime

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