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<strong>GOLF</strong> TAGEBUCH<br />

EUGEN<br />

PLETSCH<br />

Jahrgang 1952, Autor von vier satirischen<br />

Golfbüchern, lebt als Schriftsteller<br />

bei Gießen. Als Mitarbeiter des<br />

„Golftherapeutischen Pflegedienstes“<br />

berichtet er live aus der Grünen Hölle …<br />

Der<br />

Enten-CBA<br />

»Auch in St.<br />

Leon-Rot ist eine<br />

vielfältige Vogelwelt<br />

zu finden.<br />

Dadurch lernen<br />

die Spieler, das<br />

Grün exakt da zu<br />

treffen, wo der<br />

Ball unbeschmutzt<br />

aufgenommen<br />

werden kann,<br />

was die großen<br />

Erfolge dieses<br />

Clubs erklärt!«<br />

Aufregung im GC Bauernburg:<br />

Fahrenbach soll wieder Präsident<br />

werden, hieß es plötzlich.<br />

Die Eigentümerin der Anlage<br />

habe ihren Lover Manolo abserviert.<br />

Fahrenbach war trunken<br />

vor Glück. Er habe eine „Vision“, meinte er, um<br />

den Club „in die Neuzeit zu führen“.<br />

Um dieser Vision teilhaftig werden zu können,<br />

wurden die Mitglieder bereits zu Beginn<br />

der Jahreshauptversammlung reichlich mit<br />

Prosecco abgefüllt. Sauerstoffmangel und viel<br />

dummes Geschwätz sorgten dafür, dass die<br />

meisten gen Schlummerland abgedriftet waren,<br />

als der Vorstand schließlich die Kröte servierte,<br />

die es zu schlucken galt: „Fast die Hälfte aller<br />

Kosten entfallen auf die Platzpflege“, zitierte<br />

Fahrenbach eine DGV-Analyse, „unsere wirtschaftliche<br />

Situation erfordert deshalb, mehr<br />

Einfluss auf diese Kosten zu nehmen.“<br />

„Nichts dagegen, wenn Sie Ihre Vorstandsgelage<br />

selbst bezahlen“, warf ein Hinterbänkler<br />

ein, doch Fahrenbach ließ sich nicht irritieren:<br />

„Wir haben alle Fakten analysiert und Lösungsansätze<br />

gefunden.“ „Ach ja? Was denn?“ Wieder<br />

dieser „Rewolters“, wie Querulanten neudeutsch<br />

genannt werden. „Das wird uns Prof. Klausthaler<br />

erläutern.“ Fahrenbach reichte das Mikro<br />

weiter. „Es darf keine Tabus geben!“, legte der<br />

Professor los. „Deshalb werden wir die Grünflächen<br />

teilweise verpachten. Und das Clubhaus,<br />

das während der kalten Jahreszeit ohnehin leer<br />

steht, könnte einen Saunaclub beherbergen.“<br />

„Wozu werden die Grünflächen verpachtet?“<br />

fragte eine ältere Dame. „Zur Freiland Gänseund<br />

Entenzucht!“ „Freiland Gänse- und Entenzucht?“<br />

„Genau.“ Prof. Klausthaler nickte.<br />

„Aber wieso?“, forschte der Querulant. „Wir<br />

haben die wirtschaftliche Situation, die eine<br />

Optimierung der Kostenstruktur dringend<br />

erforderlich macht, bereits ausführlich erläutert“,<br />

säuselte Klausthaler, um niemanden zu<br />

wecken. „Ja, aber wieso gerade Gänse- und<br />

Entenzucht?“ „Weil die EU solche Projekte in<br />

Osteuropa fördert.“<br />

„Sind wir in Osteuropa?“, fragte die ältere<br />

Dame leicht desorientiert. „Nein, noch nicht“,<br />

stöhnte Klausthaler, „aber um wettbewerbsfähige<br />

Konditionen anbieten zu können, müssen<br />

die Transportkosten reduziert werden. Deshalb<br />

möchten osteuropäische Unternehmer die Freilandzucht<br />

direkt beim Abnehmer installieren.“<br />

„Aber warum gerade auf unserem Golfplatz?“,<br />

murrte ein Mannschaftsspieler mit dem Spitznamen<br />

„Das Streichergebnis“. „Weil wir unseren<br />

Platz nicht zu wettbewerbsfähigen Konditionen<br />

instandhalten können.“ „Enten und Gänse<br />

verdrecken die Grüns“, murrte jemand im<br />

Halbschlaf, doch Fahrenbach hatte seine Hausaufgaben<br />

gemacht: „Auch in St. Leon-Rot ist<br />

eine vielfältige Vogelwelt zu finden. Dadurch<br />

lernen die Spieler das Grün exakt da zu treffen,<br />

wo der Ball unbeschmutzt aufgenommen<br />

werden kann, was die großen Erfolge dieses<br />

Clubs erklärt!“<br />

Klausthaler ergänzte: „Wir haben alles<br />

durchgerechnet und sehen die Verpachtung der<br />

Fairways als optimale Lösung an. Eine DGV-<br />

Studie ergab, dass ohnehin kaum jemand die<br />

Bahnen trifft – unsere Spielflächen sind zu<br />

höchstens 20 % ausgelastet! Mit der Einführung<br />

sogenannter Junior-Tees ermöglicht der<br />

DGV neuerdings, auf verkürzten Spielbahnen<br />

vorgabewirksames Golf zu spielen.“ „Aber<br />

wir haben kaum Jugendliche im Club!“ „Das<br />

stimmt, doch die meisten Mitglieder schlagen<br />

ihre Drives kaum 90 Meter weit. Deshalb<br />

möchten wir beim DGV ein flächenreduziertes<br />

Rating beantragen, das Gänse und Enten auf<br />

den Fairways im CBA berücksichtigt. „Heißt<br />

das, wir spielen alle auf verkürzten Bahnen?“<br />

„Richtig. Ein Computerprogramm simuliert<br />

dann, wie wir auf einem großen Platz gespielt<br />

hätten. Das ist das Golf der Zukunft! 18-Loch-<br />

Turniere werden höchstens zwei Stunden<br />

dauern und durch den Enten-CBA werden die<br />

Handicaps allgemein sinken!“<br />

Das war der entscheidende Satz. Die Meute<br />

johlte. Der Antrag auf Nutzungsänderung des<br />

Clubgeländes wurde bei einer Gegenstimme<br />

(vom Querulanten) angenommen, worauf<br />

„Visionär“ Fahrenbach im Namen des Vorstandes<br />

zu einem Umtrunk einlud und Häppchen mit<br />

Gänseleber-Pastete servieren ließ.<br />

82 <strong>GOLF</strong> <strong>TIME</strong> 2-2014 www.golftime.de www.facebook.com/golftime

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