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148 Aufsätze BRAK-Mitt. 4/2007<br />
Brinkamp/Spillner, Mediation –Wann soll <strong>de</strong>r Anwalt dazu raten?<br />
hierin ein Nachteil liegt, ist Ansichtssache. Oft genug wird auf<br />
die Durchsetzung eines Anspruchs verzichtet, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Rechtsinhaber<br />
imGrun<strong>de</strong> nicht so viel be<strong>de</strong>utet, dass ernicht „leichten<br />
Herzens“ darauf verzichten kann. In einem streitigen Verfahren<br />
fällt dies erfahrungsgemäß schwerer. Einerseits haben<br />
sich die Fronten bis zum Gütetermin <strong>de</strong>s§278 Abs. 5ZPO verhärtet,<br />
an<strong>de</strong>rerseits droht die negative Kostenfolge.<br />
Dieses Risiko wird erheblich verringert, wenn <strong>de</strong>r Mediant im<br />
Mediationsverfahren anwaltlich begleitet o<strong>de</strong>r unterstützt<br />
wird. 7 Der Anwalt kann ihm darüber hinaus auch <strong>de</strong>n Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Rechtsordnung darstellen, an <strong>de</strong>m sich in<strong>de</strong>r Mediation zu<br />
erarbeiten<strong>de</strong> Lösungen orientieren können. ImRegelfall wird<br />
<strong>de</strong>r Mediant diesen Rahmen nicht verlassen, um nicht z.B. Vereinbarungen<br />
zutreffen, die keinen vollstreckungsfähigen Inhalt<br />
haben. 8<br />
Als vorteilig erweist sich dabei inaller Regel, dass ein Mediationsverfahren<br />
zügiger durchgeführt wer<strong>de</strong>n kann als eine außergerichtliche<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung o<strong>de</strong>r gar ein streitiges Gerichtsverfahren<br />
und zu<strong>de</strong>m in vielen Fällen kostengünstiger ist<br />
als dieses. 9<br />
Nachteilig ist eine Mediation dann, wenn sie scheitert und <strong>de</strong>r<br />
Gerichtsweg beschritten wer<strong>de</strong>n muss. Die Kosten <strong>de</strong>s Mediationsverfahrens<br />
können <strong>de</strong>r unterlegenen Partei nach §91ZPO<br />
nicht auferlegt wer<strong>de</strong>n, dasie nicht zu<strong>de</strong>n Kosten <strong>de</strong>s Rechtsstreites<br />
zählen. Erschwerend kann hinzukommen, dass <strong>de</strong>r<br />
Gegner trotz <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs lauten<strong>de</strong>n Vereinbarung imMediationsvertrag<br />
vertrauliche Informationen offen legt.<br />
4. Vorschlag einer Mediation durch <strong>de</strong>n Gegner<br />
Nicht auszuschließen ist, dass die an<strong>de</strong>re Konfliktpartei o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>ren Anwalt im Laufe <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung ein Mediationsverfahren<br />
vorschlägt. Die Reaktion <strong>de</strong>s eigenen Mandanten<br />
darauf wird meistens von <strong>de</strong>r Bewertung eines solchen Vorschlages<br />
durch <strong>de</strong>n Anwalt abhängen, essei <strong>de</strong>nn, dass <strong>de</strong>r<br />
Mandant sich selbst Informationen über dieses Verfahren beschafft<br />
(hat) o<strong>de</strong>r genügend Kenntnis hierüber besitzt.<br />
Der Vorschlag einer Mediation darf nicht als Zeichen <strong>de</strong>s Zugeständnisses<br />
einer schwachen eigenen Position verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Wer ein Mediationsverfahren anbietet, macht <strong>de</strong>utlich,<br />
dass er mit<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Streitparteiauch künftig persönlich o<strong>de</strong>r<br />
geschäftlich verbun<strong>de</strong>n ist bzw. bleiben möchte. Ein Gerichtsverfahren,<br />
das mit einem Urteil en<strong>de</strong>t, schafft Gewinner und<br />
Verlierer. Der Gewinner, <strong>de</strong>r erst durch Prozessieren o<strong>de</strong>r gar<br />
Vollstrecken zu seinem Recht gekommen ist, verspürt wenig Interesse,<br />
mit <strong>de</strong>m Unterlegenen noch Geschäfte zu machen.<br />
Gleiches gilt für <strong>de</strong>n Verlierer. Eine erfolgreiche Mediation stellt<br />
dagegen die geschäftliche Beziehung, <strong>de</strong>ren Belastungsfähigkeit<br />
zuvor durch einen Streit stark beansprucht wor<strong>de</strong>n war, auf<br />
eine tragfähigere Grundlage: Mediation schafft Zukunft.<br />
Wird dies <strong>de</strong>m eigenen Mandanten <strong>de</strong>utlich und will auch er<br />
die geschäftliche Beziehung aufrechterhalten o<strong>de</strong>r gar intensivieren,<br />
stimmt erdaher regelmäßig einem Mediationsverfahren<br />
zu.<br />
5. Vorschlag einer Mediation durch das Gericht<br />
7Ausführlich Brandt/Becker,FF2006, 300 ff.<br />
8Vgl. Henssler, ZKM 2006, 132 (133).<br />
9Vgl. die Untersuchung von Monßen ,KammerMitteilungen RAK Düsseldorf<br />
2006, 251 ff.<br />
10 Vgl. nur Weber,ZKM 2005, 53.<br />
Immer mehr Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r führen gerichtsinterne Mediationen<br />
durch. 10 Der Verfahrensablauf ist dabei in aller Regel i<strong>de</strong>ntisch:<br />
11 Nach Eingang <strong>de</strong>r Klagebegründung gibt <strong>de</strong>r gesetzliche<br />
Richter die Akte an <strong>de</strong>n „Richtermediator“ ab, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Vorgang<br />
auf Geeignetheit für ein Mediationsverfahren prüft.<br />
Kommt er zu <strong>de</strong>m Schluss, dass eine Mediation sinnvoll ist,<br />
setzt ersich telefonisch mit <strong>de</strong>n Anwälten bei<strong>de</strong>r Parteien in<br />
Verbindung und schlägt ihnen einen kurzfristigen Termin zur<br />
Durchführung einer Mediation vor. Stimmen bei<strong>de</strong> Seiten zu,<br />
fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Termin statt, <strong>de</strong>r in<strong>de</strong>r Regel zeitlich auf maximal<br />
drei Stun<strong>de</strong>n befristet ist. Kommt es zu keiner Einigung und<br />
steht diese auch nicht unmittelbar bevor, so wird die Akte wie<strong>de</strong>r<br />
an <strong>de</strong>n gesetzlichen Richter zurückgegeben, <strong>de</strong>r dann das<br />
Verfahren entsprechend <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r ZPO weiterführt.<br />
Je<strong>de</strong>r Anwalt wird sich <strong>de</strong>shalb nicht nur darauf einstellen müssen,<br />
dass auch in „seinem“ Gerichtsbezirk o<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sland<br />
solche Möglichkeiten geschaffen wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn dass er –<br />
wird er in einem an<strong>de</strong>ren Bun<strong>de</strong>sland o<strong>de</strong>r Gerichtsbezirk tätig<br />
–mit einem solchen Vorschlag konfrontiert wer<strong>de</strong>n wird.<br />
Das gerichtliche Mediationsgespräch fin<strong>de</strong>t inAnwesenheit <strong>de</strong>r<br />
Parteien und ihrer Anwälte statt. Somit können auftreten<strong>de</strong><br />
Rechtsfragen sofort erörtert wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rs als ineiner Mediation<br />
außerhalb eines Gerichtsverfahrens stehen die Beteiligten<br />
hier jedoch unter einem von außen gesetzten Zeitdruck, <strong>de</strong>r<br />
später Probleme schaffen kann. 12 Die Freiwilligkeit, die ebenfalls<br />
grundlegen<strong>de</strong>s Kennzeichen einer Mediation ist, ist hier<br />
nur eingeschränkt vorhan<strong>de</strong>n. Unklar ist, wie sich die Ablehnung<br />
einer Mediation auf die weitere Behandlung <strong>de</strong>s Verfahrens<br />
durch <strong>de</strong>n gesetzlichen Richter auswirkt.<br />
Auch kann <strong>de</strong>r Einsatz eines Richters als Mediator Zweifel an<br />
<strong>de</strong>ssen Neutralität wecken, selbst wenn <strong>de</strong>utlich ist, dass <strong>de</strong>r<br />
„Richtermediator“ nicht <strong>de</strong>r gesetzliche Richter ist und esauch<br />
im Nachhinein nicht wer<strong>de</strong>n kann. Dem Misstrauen mancher<br />
Parteien über „kurze Dienstwege“ innerhalb <strong>de</strong>s Gerichts sollte<br />
<strong>de</strong>r Anwalt argumentativ begegnen. Kann erdies mangels hinreichen<strong>de</strong>r<br />
Kenntnisse über Mediationsverfahren nicht, wird er<br />
hiervon abraten.<br />
Ein grundsätzliches Abraten von einer gerichtlichen Mediation<br />
ist aber nicht angebracht. Einerseits verschließt man <strong>de</strong>r eigenen<br />
Partei die Möglichkeit, sich einvernehmlich zu einigen,<br />
und an<strong>de</strong>rerseits muss befürchtet wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Rechtsstreit<br />
zur Mediation abgeben<strong>de</strong> Richter alles an<strong>de</strong>re als hocherfreut<br />
sein wird, binnen kurzer Zeit die Akte wie<strong>de</strong>r auf seinem<br />
Tisch zuhaben. Mit <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r Mediation, die dieser<br />
Richter vorgeschlagen hat, könnte sein Unmut geweckt wor<strong>de</strong>n<br />
sein, sodass erdas Verfahren ineine für <strong>de</strong>n Mandanten unliebsame<br />
Richtung lenkt. Dem Anwalt obliegt eine eigene Prüfung<br />
<strong>de</strong>r Geeignetheit <strong>de</strong>s Streitstoffes wie auch <strong>de</strong>s eigenen<br />
Mandanten für ein solches Verfahren. Das Für und Wi<strong>de</strong>r einer<br />
gerichtlichen Mediation imkonkreten Fall sollte mit <strong>de</strong>m Mandanten<br />
sofrüh wie möglich erörtert wer<strong>de</strong>n. Der Mandant wie<strong>de</strong>rum<br />
kann <strong>de</strong>m Anwalt Informationen über <strong>de</strong>n Hintergrund<br />
<strong>de</strong>s konkreten Streites, über bisherige persönliche o<strong>de</strong>r geschäftliche<br />
Beziehungen <strong>de</strong>r Parteien o<strong>de</strong>r sonstige Hinweise<br />
geben.<br />
6. Scha<strong>de</strong>nsersatzpflicht <strong>de</strong>s Anwalts?<br />
a) Kein Hinweis auf die Möglichkeit eines Mediationsverfahrens<br />
Wie schon eingangs ausgeführt, muss <strong>de</strong>r Anwalt nach <strong>de</strong>r<br />
strengen Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH seinen Mandanten auf <strong>de</strong>n<br />
sichersten Weg zur Durchsetzung seiner Position hinweisen. 13<br />
11 Vgl. <strong>de</strong>n Bericht von Löer, ZKM 2005, 183 und ZKM 2006, 4.<br />
12 Vgl. Spillner, AnwBl 2006, 270.<br />
13 Vgl. o. Fn. 3.