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172 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 4/2007<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
einen einzigen Gesellschafter haben ( Ei<strong>de</strong>nmüller/Rehm ,<br />
a.a.O., §10 Rdnr. 21). Die Satzung <strong>de</strong>r Astin. lässt zu<strong>de</strong>m die<br />
Gründung einer Zweignie<strong>de</strong>rlassung zu, die die Astin. je<strong>de</strong>nfalls<br />
anstrebt (zur erfor<strong>de</strong>rlichen Anmeldung im Han<strong>de</strong>lsregister<br />
s.u.).<br />
Kapitalgesellschaften aus <strong>de</strong>m europäischen Ausland können<br />
sich auch im Rahmen <strong>de</strong>r Zulassung als RA-Gesellschaft bei<br />
<strong>de</strong>r Gründung von Zweigstellen inDeutschland auf die europäische<br />
Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit gem. Art. 11 <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsrichtlinie<br />
98/5 EG v. 16.2.1998 (ABI. Nr. L 77 v.<br />
14.3.1998, 36ff.) berufen. Bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r Richtlinie in<br />
Deutschland durch das Europäische Rechtsanwaltsgesetz (v.<br />
9.3.2000, BGBl. I, 182, abgedruckt und kommentiert bei<br />
Henssler/Prütting ,BRAO) sind zwar keine Son<strong>de</strong>rvorschriften<br />
für Kapitalgesellschaften inKraft gesetzt wor<strong>de</strong>n.<br />
Aber die Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit<br />
ausländischer Kapitalgesellschaften<br />
gebietet es, die Astin. wie<br />
an<strong>de</strong>re inländische Kapitalgesellschaften<br />
zubehan<strong>de</strong>ln, sodass sie grundsätzlich ebenfalls eine<br />
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft begehren kann. Sie muss<br />
dann die Anfor<strong>de</strong>rungen erfüllen, die für die Zulassung inländischer<br />
Kapitalgesellschaften als RA-Gesellschaft gelten (vgl.<br />
Henssler/Prütting ,BRAO, 2. Aufl. 2004, Vorb. §59c Rdnr. 44).<br />
Dem steht nicht entgegen, dass die §§59c ff. BRAO sich lediglich<br />
auf die GmbH beziehen. Denn die nicht erfolgte Regelung<br />
<strong>de</strong>r Zulassung an<strong>de</strong>rer Gesellschaftsformen kommt nicht einem<br />
Verbot an<strong>de</strong>rer Formen gleich, son<strong>de</strong>rn eine Tätigkeit auch<br />
an<strong>de</strong>rer Kapitalgesellschaften ist grundsätzlich zulässig (vgl.<br />
BGH, Beschl. v.10.1.2005, NJW 2005, 1568 zur Zulassung<br />
einer Aktiengesellschaft als RA-Gesellschaft; BayObLG, Beschl.<br />
v. 24.11.1994, NJW 1995, 199 zur Zulässigkeit einer RA-<br />
GmbH vor Einführung <strong>de</strong>r §§ 59c ff. BRAO; BayObLG, Beschl.<br />
v. 27.3.2000, zur Eintragungsfähigkeit <strong>de</strong>r RA-Aktiengesellschaft<br />
im Han<strong>de</strong>lsregister). Zwar hat <strong>de</strong>r Gesetzgeber bewusst<br />
auf eine Regelung <strong>de</strong>r RA-Aktiengesellschaft verzichtet, wie <strong>de</strong>r<br />
Begründung zum Gesetzentwurf zu entnehmen ist (vgl. BT-<br />
Drucks. 13/9820, 11). Damit ist jedoch noch kein Verbot an<strong>de</strong>rer<br />
Gesellschaftsformen ausgesprochen, welches ausdrücklich<br />
hätte formuliert wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Wesentliche Voraussetzungen<br />
<strong>de</strong>r<br />
§§ 59c ff. BRAO<br />
Recht zur Zulassung<br />
als RA-Gesellschaft<br />
Für die Zulassung <strong>de</strong>r Agin. als<br />
RA-Gesellschaft kommt es somit<br />
darauf an, ob sie die wesentlichen<br />
Voraussetzungen erfüllt,<br />
die für die Zulassung einer Kapitalgesellschaft<br />
in Anlehnung an §§ 59c ff. BRAO aufgestellt<br />
wur<strong>de</strong>n. Zwar kann sie sich als ausländische Kapitalgesellschaft<br />
nicht unmittelbar auf <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s Art. 12GGberufen,<br />
die ihr nach <strong>de</strong>m EG-Vertrag zugewähren<strong>de</strong> Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit<br />
und <strong>de</strong>r Gleichheitsgrundsatz <strong>de</strong>s Art. 3 GG<br />
gebieten esaber, sie wie inländische Kapitalgesellschaften zu<br />
behan<strong>de</strong>ln. Zu<strong>de</strong>n wesentlichen Voraussetzungen <strong>de</strong>r Zulassung<br />
gehören die Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit<br />
<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Gesellschaft tätigen RAe, die Beschränkung <strong>de</strong>s<br />
Unternehmensgegenstan<strong>de</strong>s auf RA-Tätigkeiten sowie die<br />
Beschränkung <strong>de</strong>r möglichen Gesellschafter und Geschäftsführer<br />
auf RAe; ferner müssen die allgemeinen nicht gesellschaftsspezifischen<br />
Voraussetzungen, insbeson<strong>de</strong>re eine hinreichen<strong>de</strong><br />
Berufshaftpflichtversicherung und kein Vermögensverfall vorliegen<br />
(vgl. BGH, NJW 2005, 1568, 1571; Henssler/Prütting ,<br />
a.a.O., Vorb. §59c Rdnr. 23). Die Geltung dieser Vorschriften<br />
und Kriterien ist auch unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Rspr. <strong>de</strong>s<br />
EuGH nicht zu beanstan<strong>de</strong>n. Denn grundsätzlich steht es<br />
je<strong>de</strong>m Mitgliedstaat in Ermangelung beson<strong>de</strong>rer gemeinschaftsrechtlicher<br />
Vorschriften indiesem Bereich frei, die Ausübung<br />
<strong>de</strong>s RA-Berufs für sein Hoheitsgebiet zu regeln (EuGH, Urt. v.<br />
19.2.2002, NJW 2002, 877, 881).<br />
Die Satzung <strong>de</strong>r Astin. genügt <strong>de</strong>n vorgenannten Voraussetzungen,<br />
hiervon geht auch die Agin. aus. Gesellschafter und<br />
Geschäftsführer dürfen nur in Deutschland zugelassene RAe<br />
sein, die keinen Weisungen unterliegen, Ziff. 2a, b, 5b, d,e,<br />
<strong>de</strong>r Satzung. Jegliche Einflussnahme auf die unabhängige<br />
anwaltliche Berufsausübung ist untersagt. Der Unternehmensgegenstand<br />
ist auf die anwaltliche Berufsausübung beschränkt.<br />
Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist nur mit Zustimmung<br />
<strong>de</strong>r Gesellschafterversammlung und nur an einen RA<br />
zulässig, Ziff. 11. Weitere berufliche Zusammenschlüsse und<br />
Drittbeteiligungen sind untersagt, Ziff. 2a, c,d,11c <strong>de</strong>r Satzung.<br />
Die Frage <strong>de</strong>r Verfassungsmäßigkeit <strong>de</strong>s Verbots <strong>de</strong>r<br />
Sternsozietät (vgl. BGH, Beschl. v. 14.11.2005, NJW 2006,<br />
1132, m.w.N.) ist angesichts <strong>de</strong>r ein<strong>de</strong>utigen Satzungsregelung<br />
<strong>de</strong>r Astin., die diese Betätigungsform gem. Ziff. 2cuntersagt,<br />
nicht entscheidungserheblich.<br />
Weitere Voraussetzung für die<br />
Zulassung <strong>de</strong>r Astin. ist <strong>de</strong>ren<br />
Eintragung im Han<strong>de</strong>lsregister.<br />
Die Zweignie<strong>de</strong>rlassung einer<br />
englischen Private Limited Company ist gem. § 13e HGB<br />
grundsätzlich indas Han<strong>de</strong>lsregister einzutragen (vgl. Heinz ,<br />
Die englische Limited, 2. Aufl. 2006, §18 Rdnr. 9ff.; Just, Die<br />
englische Limited in<strong>de</strong>r Praxis, 2.Aufl. 2006, Rdnr. 54). Die<br />
Astin. hat inihrer ersten Versammlung v.6.7.2005 bereits die<br />
Gründung einer Zweignie<strong>de</strong>rlassung und <strong>de</strong>ren beabsichtigte<br />
Eintragung im Han<strong>de</strong>lsregister beschlossen. Im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Prüfung <strong>de</strong>r Eintragungsvoraussetzungen ist von <strong>de</strong>m Registergericht<br />
zu prüfen, ob die Tätigkeit <strong>de</strong>r Zweignie<strong>de</strong>rlassung<br />
genehmigungspflichtig ist (vgl. OLG Celle, Beschl. v.<br />
1.12.2006, ZIP 2007, 71), so dass in diesem Zusammenhang<br />
auch das Erfor<strong>de</strong>rnis einer Zulassung <strong>de</strong>r Gesellschaft nachzuweisen<br />
ist. Wegen dieser Wechselwirkung – Eintragung im<br />
Han<strong>de</strong>lsregister einerseits und Zulassung durch die RAK an<strong>de</strong>rerseits<br />
–kann die jeweilige RAK eine Unbe<strong>de</strong>nklichkeitsbescheinigung<br />
erteilen, die die Zulassung abhängig von <strong>de</strong>r Eintragung<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft in Aussicht stellt (vgl. Henssler/Prütting<br />
,a.a.O., §59c Rdnr. 8). Die Astin. geht selbst davon aus,<br />
dass ihre Zweignie<strong>de</strong>rlassung im Han<strong>de</strong>lsregister einzutragen<br />
ist, so dass ihr imweiteren Verfahren aufzugeben wäre,die Eintragung<br />
nachzuweisen. Vor Erteilung dieser Unbe<strong>de</strong>nklichkeitsbescheinigung<br />
wäre das Vorliegen <strong>de</strong>r weiteren formalen<br />
Voraussetzungen (Deckungszusage <strong>de</strong>r Haftpflichtversicherung)<br />
für die Zulassung <strong>de</strong>r Astin. von <strong>de</strong>r Agin. zu prüfen und<br />
sicher zu stellen, dass die Zulassung allein von <strong>de</strong>r Eintragung<br />
im Han<strong>de</strong>lsregister abhängig ist.<br />
Zusätzliche Beschränkungen für die Zulassung <strong>de</strong>r Astin. ergeben<br />
sich we<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>ren gegenüber <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen GmbH<br />
<strong>de</strong>utlich herabgesetztem Haftungskapital noch aus <strong>de</strong>m fehlen<strong>de</strong>n<br />
Erfor<strong>de</strong>rnis notarieller Beurkundung von Satzungsän<strong>de</strong>rungen<br />
nach <strong>de</strong>m für die Astin. gelten<strong>de</strong>n englischen Recht. Diese<br />
allein in <strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n zum ausländischen gelten<strong>de</strong>n<br />
Recht <strong>de</strong>r Private Limited Company begrün<strong>de</strong>ten Kriterien können<br />
eine Beschränkung <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassungsfreiheit nur unter<br />
engen Voraussetzungen rechtfertigen. Nationale Maßnahmen<br />
dürfen nicht in diskriminieren<strong>de</strong>r Weise angewandt wer<strong>de</strong>n, sie<br />
müssen zwingen<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Allgemeininteresses entsprechen,<br />
zur Erreichung <strong>de</strong>s verfolgten Ziels geeignet sein und sie<br />
dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses<br />
Ziels erfor<strong>de</strong>rlich ist (vgl. BGH, NJW 2005, 1649; EuGH, NJW<br />
2003, 3331).<br />
Die unterschiedliche Kapitalausstattung<br />
<strong>de</strong>r Astin. gegenüber <strong>de</strong>r<br />
GmbH rechtfertigt es nicht, die<br />
Zulassung zu versagen. Bereits<br />
mit <strong>de</strong>r Zulassung <strong>de</strong>r RA-GmbH<br />
Eintragung im<br />
Han<strong>de</strong>lsregister<br />
Unterschiedliche<br />
Kapitalausstattung ist<br />
unerheblich