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178 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 4/2007<br />
Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />
weil es die Berufungsanträge nicht wie<strong>de</strong>rgibt (vgl. BGHZ 154,<br />
99, 100 f.; BGH, Urt. v. 14.1.2005 – V ZR 99/04, NJW-RR<br />
2005, 716, 717; Urt. v.23.11.2006 –IZR 276/03 –Abmahnaktion,<br />
unter II.1.), o<strong>de</strong>r obdie verschie<strong>de</strong>nen Angaben zu <strong>de</strong>n<br />
Anträgen in <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Berufungsurteils noch <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
genügen, die an eine zumin<strong>de</strong>st sinngemäße Wie<strong>de</strong>rgabe<br />
<strong>de</strong>r Berufungsanträge zu stellen sind.<br />
[8] II. Das Berufungsurteil kann unter diesen Umstän<strong>de</strong>n keinen<br />
Bestand haben. Esist aufzuheben. Die Sache ist zur neuen<br />
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht<br />
zurückzuverweisen. Für das erneute Berufungsverfahren wird<br />
auf Folgen<strong>de</strong>s hingewiesen:<br />
[9] 1.Den Entscheidungsgrün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Berufungsurteils ist unter<br />
Heranziehung <strong>de</strong>s Akteninhalts zuentnehmen, dass die Kl. im<br />
Berufungsverfahren die inerster Instanz gestellten Anträge weiterverfolgt<br />
hat. Trifft dies zu, hätte das Berufungsgericht <strong>de</strong>r Kl.<br />
mit <strong>de</strong>m Urteilsausspruch zu a) etwas zugesprochen, was nicht<br />
beantragt war (§308 Abs. 1Satz 1ZPO): Der im landgerichtlichen<br />
Urteil wie<strong>de</strong>rgegebene Klageantrag zu 1 zielt auf die<br />
Untersagung <strong>de</strong>r Verwendung <strong>de</strong>s konkret beschriebenen<br />
Kanzleischil<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Bekl. inB.ab, das in<strong>de</strong>r zweiten Zeile das<br />
Wort „Fachanwälte“ und in einer weiteren Zeile <strong>de</strong>n Hinweis<br />
„Fachanwälte für Arbeitsrecht, Familienrecht, Verwaltungsrecht<br />
und Sozialrecht“ enthielt. Das Berufungsgericht hat <strong>de</strong>r Bekl.<br />
dagegen schlechthin untersagt, <strong>de</strong>n Begriff „Fachanwälte“ auf<br />
<strong>de</strong>m B. Kanzleischild zuverwen<strong>de</strong>n, solange an diesem Standort<br />
kein Fachanwalt tätig ist. Auch <strong>de</strong>r Urteilsausspruch zu b)<br />
weicht von <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Klageantrag zu 2ab; diese<br />
Abweichung ist in<strong>de</strong>ssen unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>s §308<br />
ZPO unbe<strong>de</strong>nklich, weil das ausgesprochene Verbot eine<br />
Bedingung enthält und daher gegenüber <strong>de</strong>m unbedingten Klageantrag<br />
ein Minus darstellt.<br />
[10] 2. Hinsichtlich <strong>de</strong>r beanstan<strong>de</strong>ten Bezeichnung „Fachanwälte“<br />
wird das Berufungsgericht Folgen<strong>de</strong>s zu beachten<br />
haben:<br />
[11] a) Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher,<br />
<strong>de</strong>r Dienstleistungen <strong>de</strong>r RAe und Notare in<br />
Anspruch nehmen möchte, wird eine entsprechen<strong>de</strong> Werbung<br />
i.d.R. nicht nur flüchtig, son<strong>de</strong>rn mit zumin<strong>de</strong>st normaler Aufmerksamkeit<br />
betrachten.<br />
[12] b) Nach <strong>de</strong>r allgemeinen Lebenserfahrung zu urteilen,<br />
wird ein interessierter Verbraucher zwischen <strong>de</strong>r als Teil <strong>de</strong>s<br />
Kanzleinamens firmenähnlich verwen<strong>de</strong>ten Kurzbezeichnung<br />
(§ 9BORA) <strong>de</strong>r ineiner überörtlichen Sozietät tätigen Berufsträger<br />
einerseits und <strong>de</strong>r Qualifikation <strong>de</strong>r einzelnen Sozien an<br />
einem konkreten Standort an<strong>de</strong>rerseits zu unterschei<strong>de</strong>n wissen.<br />
Wird <strong>de</strong>r Kurzbezeichnung ein Zusatz zur Qualifikation<br />
<strong>de</strong>r Berufsträger wie „RAe und Notare“ o<strong>de</strong>r „WP und StB“ hinzugesetzt,<br />
versteht <strong>de</strong>r Verkehr dies als Hinweis darauf, dass<br />
sich in <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Kanzlei Berufsträger dieser Qualifikation<br />
zusammengeschlossen haben (vgl. BGH, Beschl. v.<br />
30.11.1998 –NotZ 29/98, NJW 1999, 428, 429; Beschl. v.<br />
23.9.2002 – AnwZ [B] 67/01, NJW 2003, 346; vgl. auch<br />
BVerfG, Beschl. v. 8.3.2005 – 1 BvR 2561/03, NJW 2005,<br />
1483, 1484). Mit Rechthat das Berufungsgericht angenommen,<br />
<strong>de</strong>r Verkehr verstehe unter Fachanwälten RAe, die auf ein<br />
bestimmtes Fachgebiet spezialisiert sind und eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Zusatzqualifikation erworben haben. Der interessierte<br />
Verbraucher wird annehmen, dass er Näheres zu<strong>de</strong>r Spezialisierung<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Anwälte <strong>de</strong>r Liste <strong>de</strong>r Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r<br />
entnehmen kann. Ist eine solche Kanzlei –für <strong>de</strong>n Verbraucher<br />
erkennbar –an mehreren Standorten tätig, so hat er keinen<br />
Anlass anzunehmen, dass alle in<strong>de</strong>m Zusatz zur Kurzbezeichnung<br />
genannten Qualifikationen an sämtlichen Standorten vertreten<br />
sind. Vielmehr wird <strong>de</strong>r Interessent, soweit es ihm darauf<br />
ankommt, anhand <strong>de</strong>r näheren Angaben über die Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r<br />
prüfen, welche Qualifikationen die aneinem bestimmten<br />
Standort <strong>de</strong>r Sozietät tätigen Berufsträger haben.<br />
[13] Die Verwendung <strong>de</strong>s Begriffs „Fachanwälte“ als Zusatz zu<br />
<strong>de</strong>r Kurzbezeichnung einer überörtlichen Anwaltssozietät –<br />
etwa in <strong>de</strong>r Form „Dr. X&Partner –RAe, Fachanwälte, Notare“<br />
–auf einem Praxisschild o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Briefkopf setzt danach<br />
voraus, dass eine <strong>de</strong>n Plural rechtfertigen<strong>de</strong> Zahl von Sozietätsmitglie<strong>de</strong>rn<br />
Fachanwälte sind.<br />
Nicht anje<strong>de</strong>m<br />
Standort müssen<br />
Fachanwälte tätig sein<br />
o<strong>de</strong>r mehrere Fachanwälte tätig sind.<br />
Nicht erfor<strong>de</strong>rlich ist, dass an<br />
je<strong>de</strong>m Standort, an<strong>de</strong>m –etwa<br />
auf <strong>de</strong>m Praxisschild – die firmenmäßige<br />
Bezeichnung mit<br />
<strong>de</strong>m Zusatz verwen<strong>de</strong>t wird, ein<br />
[14] c) Verwen<strong>de</strong>t eine Sozietät inihrer Kurzbezeichnung eine<br />
auf eine Zusatzqualifikation hinweisen<strong>de</strong> Bezeichnung, muss<br />
sie –zumal wenn nicht alle Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r die zusätzliche<br />
Qualifikation aufweisen –dort, wo die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Sozietät<br />
namentlich aufgeführt sind, die (Zusatz-)Qualifikation je<strong>de</strong>s<br />
einzelnen Sozietätsmitglieds benennen. Dies kann die<br />
Namensleiste auf <strong>de</strong>m Briefbogen, das Praxisschild, das die<br />
Namen <strong>de</strong>r an diesem Standort tätigen Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r aufführt,<br />
o<strong>de</strong>r die Liste <strong>de</strong>r Sozietätsmitglie<strong>de</strong>r in einer Praxisbroschüre<br />
o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Internetseite <strong>de</strong>r Kanzlei sein.<br />
Im Streitfall be<strong>de</strong>utet dies, dass<br />
die Bekl. zur Vermeidung einer<br />
Irreführung je<strong>de</strong>m Sozietätsmitglied<br />
jeweils konkret und ein<strong>de</strong>utig<br />
seine berufliche Qualifikation<br />
zuzuordnen hat, also RA, Notar o<strong>de</strong>r Fachanwalt unter<br />
Angabe <strong>de</strong>s Fachgebiets. Der Kanzleiauftritt darf keinen Zweifel<br />
an<strong>de</strong>r jeweiligen Qualifikation <strong>de</strong>r einzelnen benannten<br />
Berufsträger aufkommen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 5.5.1994 –I<br />
ZR 57/92, GRUR 1994, 736, 737 =WRP 1994, 613 –Intraurbane<br />
Sozietät). Das ist insbeson<strong>de</strong>re auch dann zu beachten,<br />
wenn die Bezeichnung „Fachanwälte“ mit o<strong>de</strong>r ohne Angabe<br />
<strong>de</strong>s Gebiets, auf das sich diese Qualifikation bezieht, außerhalb<br />
einer Kurzbezeichnung <strong>de</strong>r Sozietät verwen<strong>de</strong>t wird.<br />
Vergütung –Zur Anrechnung <strong>de</strong>r Geschäftsgebühr<br />
RVG-VV Nr. 3100 Vorbemerkung 3Abs. 4<br />
Ist nach <strong>de</strong>r Vorbemerkung 3Abs. 4zu Nr. 3100 VVRVG eine<br />
wegen <strong>de</strong>sselben Gegenstands entstan<strong>de</strong>ne Geschäftsgebühr<br />
anteilig auf die Verfahrensgebühr <strong>de</strong>s gerichtlichen Verfahrens<br />
anzurechnen, so vermin<strong>de</strong>rt sich nicht die bereits entstan<strong>de</strong>ne<br />
Geschäftsgebühr, son<strong>de</strong>rn die in <strong>de</strong>m anschließen<strong>de</strong>n gerichtlichen<br />
Verfahren anfallen<strong>de</strong> Verfahrensgebühr.<br />
BGH, Urt. v. 7.3.2007 –VIII ZR 86/06<br />
Aus <strong>de</strong>m Tatbestand:<br />
Konkrete Zuordnung<br />
<strong>de</strong>r Qualifikation notwendig<br />
[1] Die Bekl. waren Mieter einer Wohnung <strong>de</strong>s Kl. in T. Nach<strong>de</strong>m<br />
die Bekl. mehrere Monate keine Miete mehr gezahlt hatten,<br />
kündigte <strong>de</strong>r Kl. mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten<br />
v.4.7.2005 das Mietverhältnis fristlos und for<strong>de</strong>rte<br />
die Bekl. zur Räumung <strong>de</strong>r Wohnung bis spätestens<br />
22.7.2005 auf.<br />
[2] Da die Bekl. we<strong>de</strong>r die behaupteten Mietrückstän<strong>de</strong><br />
bezahlten noch die Wohnung räumten, machte <strong>de</strong>r Kl. Ansprüche<br />
auf Zahlung rückständiger Miete und anteiliger Betriebskosten<br />
gerichtlich geltend,ebenso sein Verlangen aufRäumung<br />
und Herausgabe <strong>de</strong>r Mietwohnung. Zusätzlich verlangte er die<br />
Erstattung <strong>de</strong>r ihm für das Kündigungsschreiben inRechnung