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150 Aufsätze BRAK-Mitt. 4/2007<br />
Purrucker, Der frem<strong>de</strong> §3Abs. 2Satz 2BORA<br />
schlichtung eignet, wird er <strong>de</strong>m Mandanten hiervon abraten.<br />
Entschei<strong>de</strong>t sich dieser gleichwohl für die außergerichtliche<br />
Streitschlichtung und führt diese nicht zum Erfolg, besteht keine<br />
Pflichtverletzung <strong>de</strong>s Anwalts. Etwas an<strong>de</strong>res kann allenfalls<br />
dann inBetracht kommen, wenn <strong>de</strong>r Anwalt <strong>de</strong>n Mandanten<br />
im Streitschlichtungsverfahren beraten hat und <strong>de</strong>r erteilte Rat<br />
fehlerhaft war, so dass <strong>de</strong>r Mandant in eine für ihn ungünstige<br />
Vereinbarung eingewilligt o<strong>de</strong>r eine günstige Vereinbarung<br />
gänzlich abgelehnt hat. Dann können die nachfolgen<strong>de</strong>n Kosten<br />
eines Gerichtsverfahrens eine Scha<strong>de</strong>nsersatzpflicht auslösen.<br />
7. In Zukunft: Verbraucherschutz und Rechtsdienstleistungsgesetz<br />
Nach <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Entwurf <strong>de</strong>s Rechtsdienstleistungsgesetzes<br />
(RDG-E) 18 stellt Mediation keine Rechtsdienstleistung<br />
dar mit <strong>de</strong>r Folge, dass sie auch von Nichtjuristen angeboten<br />
wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der Entwurf stellt darauf ab, dass Schwerpunkt <strong>de</strong>r Tätigkeit<br />
<strong>de</strong>s Mediators die Gesprächsleitung ist. Greift <strong>de</strong>r Mediator<br />
aber durch rechtliche Regelungsvorschläge gestaltend in die<br />
Gespräche <strong>de</strong>r Beteiligten ein, so können diese Vorschläge<br />
Rechtsdienstleistungen sein, die <strong>de</strong>m nichtanwaltlichen Mediator<br />
nicht gestattet sind. In diesen Fällen steht ihm jedoch die<br />
Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt offen.<br />
18 BT-Drucks. 623/06<br />
Auch die über eine bloße Protokollierung <strong>de</strong>s erzielten Mediationsergebnisses<br />
hinausgehen<strong>de</strong> Abfassung einer Abschlussvereinbarung<br />
kann, soweit rechtliche Inhalte betroffen sind, <strong>de</strong>n<br />
Tatbestand einer Rechtsdienstleistung erfüllen. 19 Für <strong>de</strong>n Laien<br />
wird es künftig schwierig, zwischen erlaubnisfreier Mediation<br />
und erlaubnispflichtiger Rechtsdienstleistung zuunterschei<strong>de</strong>n.<br />
Deshalb wird indiesem Bereich verstärkt eine anwaltliche Beratung<br />
notwendig sein.<br />
8. Zusammenfassung<br />
Der Anwalt kennt nur die Position, nicht aber das Interesse <strong>de</strong>s<br />
Mandanten. Das sollte eraber, umbeurteilen zukönnen, ob<br />
sich ein Konflikt für eine Mediation eignet. Bei Scheitern einer<br />
Mediation entstehen zusätzliche Kosten, und es besteht die Gefahr,<br />
dass <strong>de</strong>r Gegner wichtige Informationen trotz Vertraulichkeit<br />
später verwertet. Dem steht die kürzere Verfahrensdauer<br />
im Vergleich zum gerichtlichen Verfahren gegenüber. Mediation<br />
schafft jedoch Zukunft, in<strong>de</strong>m eine tragfähige Grundlage für<br />
eine Fortsetzung persönlicher und geschäftlicher Beziehungen<br />
geschaffen wird. Schlägt das Gericht eine (gerichtsinterne) Mediation<br />
vor, sollte dies vom Anwalt ernsthaft und sorgfältig geprüft<br />
wer<strong>de</strong>n. Ihm müssen die Alternativen zur gerichtlichen<br />
Klärung eines Konfliktes bekannt sein. Gleichwohl folgt aus <strong>de</strong>ren<br />
Unkenntnis zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>rzeit keine Scha<strong>de</strong>nsersatzpflicht.<br />
19 RG-E, Begründung zu §2 Abs. 2Nr. 4(S. 103); Henssler, ZKM 2006,<br />
132<br />
Der frem<strong>de</strong> §3Abs. 2Satz 2BORA<br />
–Versuch einer Annäherung –<br />
Rechtsanwalt und Notar Dr. Michael Purrucker, Reinbek*<br />
Einführung<br />
Nur selten ist eine neu geschaffene Norm binnen so kurzer Zeit<br />
grundsätzlich inFrage gestellt wor<strong>de</strong>n wie §3Abs. 2 Satz 2<br />
BORA. Die 3. Satzungsversammlung hat sie am 7.11.2005 verabschie<strong>de</strong>t.<br />
Unbescha<strong>de</strong>t von <strong>de</strong>r Rechtsaufsicht <strong>de</strong>s BMJ 1 können<br />
nunmehr „wi<strong>de</strong>rstreiten<strong>de</strong> Mandate“ in<strong>de</strong>rselben Berufsausübungs-<br />
und Bürogemeinschaft wahrgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Zwar gibt es tatbestandliche Voraussetzungen. Gleichwohl<br />
muss man sich <strong>de</strong>n Paradigmenwechsel im Berufsrecht <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwälte immer wie<strong>de</strong>r vor Augen führen: Die Satzungsversammlung<br />
hat auf die Entscheidung <strong>de</strong>s BVerfG 2 zum sog.<br />
„Sozietätswechsler“ reagiert. Weitgehen<strong>de</strong> Übereinstimmung<br />
besteht in <strong>de</strong>r Einschätzung, dass die Satzungsversammlung<br />
Konsequenzen und Tragweite <strong>de</strong>r neu geschaffenen Norm <strong>de</strong>s<br />
§3 Abs. 2Satz 2 BORA nicht erfasst hat. 3 Die eher lapidare<br />
Feststellung, an <strong>de</strong>r Wirksamkeit von §3 BORA bestün<strong>de</strong>n<br />
„keine Zweifel“ 4 ,mag richtig, mag aber auch falsch sein. Es ist<br />
keineswegs ausgemacht, ob die Norm wirklich gültig o<strong>de</strong>r<br />
nicht doch gesetzeswidrig ist. 5 Selbst wenn §3 Abs. 2Satz 2<br />
BORA gültig sein o<strong>de</strong>r gültig bleiben sollte, dürfte diese Norm<br />
die Axt verkörpern, mit <strong>de</strong>r wir Anwälte selbst begonnen haben,<br />
eine <strong>de</strong>r „Eichen“, auf <strong>de</strong>nen unsere berufsrechtliche Existenz<br />
bislang ruhte –obinEinzelpraxis, kleiner Sozietät o<strong>de</strong>r<br />
„lawfirm“ – zu fällen. Scharmer ist in seinem Verdikt einer<br />
„Selbstentkernung <strong>de</strong>r Anwaltschaft“ 6 nichts hinzuzufügen.<br />
Gleichwohl: Auch wenn die Hoffnung besteht, die 4. Satzungsversammlung<br />
wür<strong>de</strong> die Diskussion aufgreifen und §3Abs. 2<br />
Satz 2BORA durch <strong>de</strong>n Fe<strong>de</strong>rstrich einer Neufassung zu Makulatur<br />
wer<strong>de</strong>n lassen –noch gilt die Norm und muss also angewandt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Stand <strong>de</strong>r Auslegungs<strong>de</strong>batte<br />
Die Auslegungsfragen sind schon Legion. Aber auch Fragen,<br />
die <strong>de</strong>r Normgeber gar nicht beantworten wollte, wer<strong>de</strong>n ge-<br />
*Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Schleswig-Holsteinischen Rechtsanwaltskammer.<br />
1S. Hartung, Anwaltliche Berufsordnung, 3.Aufl., §3BORA Rdnr. 37.<br />
2BVerfG, Beschl. v.3.7.2003 –1BvR 238/01.<br />
3Vgl. dazu die Beispiele bei Scharmer,Die Selbstentkernung <strong>de</strong>r Anwaltschaft,<br />
BRAK-Mitt. 2006, 150, 152.<br />
4So Maier-Reimer, Wi<strong>de</strong>rstreiten<strong>de</strong> Interessen und Anwaltssozietät, NJW<br />
2006, 3601, 3605.<br />
5Als Norm unterhalb <strong>de</strong>s §43a Abs. 2BRAO, <strong>de</strong>r vom BVerfG nicht für<br />
verfassungswidrig erklärt wur<strong>de</strong>.<br />
6 Scharmer, a.a.O.