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<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1<br />

5. Wahlperiode<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Protokoll - Teil 1<br />

44. Sitzung (öffentlich)<br />

23. Oktober 2013<br />

Potsdam - Haus des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es<br />

09.00 Uhr bis 14.35 Uhr<br />

Vorsitz:<br />

Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />

Protokoll:<br />

Dr. Angela Richter<br />

Anwesende Ausschussmitglieder:<br />

Helga Böhnisch (DIE LINKE)<br />

Andreas Büttner (FDP)<br />

stellvertretend Martina Gregor-Ness (SPD)<br />

Prof. Dr. Sieglinde Heppener (SPD)<br />

stellvertretend René Kretzschmar (DIE LINKE)<br />

stellvertretend Ina Muhß (SPD)<br />

Ursula Nonnemacher (GRÜNE/B90)<br />

Roswitha Schier (CDU)<br />

Monika Schulz-Höpfner (CDU)<br />

Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />

Datum der Ausgabe: 15.11.2013


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 2<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Tagesordnung:<br />

Teil 1<br />

1. Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über<br />

rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />

in Verbindung mit<br />

Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />

Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ (Drucksache<br />

5/7774) und Beschlussfassung zum Antrag der CDU-Fraktion auf Durchführung<br />

eines Fachgespräches zu dieser Thematik<br />

- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und Familie<br />

Teil 2<br />

2. Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />

des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />

(Drucksache 5/7724)<br />

Fortsetzung Teil 1<br />

3. Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung<br />

und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen<br />

- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7921)<br />

4. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014<br />

(Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf<br />

der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07<br />

in Verbindung mit<br />

Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt und<br />

Finanzen<br />

5. Verschiedenes<br />

5.1 Anliegen der Ausschussmitglieder<br />

5.2 Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />

5.3 Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 3<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Festlegungen und Beschlüsse:<br />

Zu TOP 1<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie nahm den Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />

gemäß § 88 Absatz 2 LHO über rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong><br />

(Drucksache 5/7638) und die Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes zur<br />

Kenntnis.<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie nahm die Information des<br />

Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur Erarbeitung eines Konzeptes,<br />

welches die zukünftigen Bedarfe der Betreuung rechtlich, qualitativ und finanziell<br />

absichert, zur Kenntnis.<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie kam überein, ein Fachgespräch<br />

zu der Thematik durchzuführen. Über die Einzelheiten wollen sich die Ausschussmitglieder<br />

in der nächsten Sitzung am 13. November 2013 verständigen.<br />

Zu TOP 2<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie beabsichtigt, in seiner nächsten<br />

Sitzung am 13. November 2013 eine Beschlussempfehlung mit Bericht zum Gesetzentwurf<br />

für das Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />

des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes (Drucksache 5/7724) zu erarbeiten (siehe<br />

Teil 2 des Protokolls).<br />

Änderungsanträge der Fraktionen sollen bis zum 6. November 2013 beim Ausschussdienst<br />

eingereicht werden.<br />

Zu TOP 4<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie übermittelt dem Ausschuss<br />

für Haushalt und Finanzen seine Stellungnahme zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes<br />

über die Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die<br />

Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG<br />

2013/2014) - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan<br />

07 (siehe Anlage).


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 4<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Aus der Beratung:<br />

Die Vorsitzende eröffnet die 44. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie und begrüßt alle Anwesenden. Da Minister Baaske verhindert<br />

sei, nehme Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder an der Sitzung teil. Zum ersten Mal in<br />

diesem Ausschuss begrüße sie den Präsidenten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes, Herrn<br />

Weiser. Dies sei die letzte Sitzung, die sie leiten werde, weil sie am 24. Oktober 2013<br />

ihr <strong><strong>Land</strong>tag</strong>smandat abgeben werde.<br />

Die Tagesordnung wird einstimmig beschlossen.<br />

Die Vorsitzende teilt unter Hinweis darauf, dass das Protokoll der letzten Sitzung<br />

elektronisch übersandt worden sei, mit, dass sich keine Einwendungen erhoben hätten,<br />

und erkundigt sich, ob sich am heutigen Tage Einwände erhöben. Dies ist nicht<br />

der Fall. Der Ausschuss bestätigt das Protokoll einstimmig mit zwei Enthaltungen.<br />

Zu TOP 1:<br />

Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO<br />

über rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />

in Verbindung mit<br />

Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />

Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“<br />

(Drucksache 5/7774) und Beschlussfassung zum Antrag der CDU-<br />

Fraktion auf Durchführung eines Fachgespräches zu dieser Thematik<br />

- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Herr Weiser (<strong>Land</strong>esrechnungshof) führt aus, dass der Bericht über die rechtliche<br />

Betreuung schon Gegenstand der Tagesordnung des Rechtsausschusses gewesen<br />

sei. Im Plenum sei er im Rahmen des Antrags der CDU erörtert worden. Insofern sei<br />

den Abgeordneten die Tragweite dieses Themas bekannt. Er konzentriere sich auf<br />

zwei Botschaften, die sich aus dem Bericht ableiten ließen.<br />

Die erste Botschaft sei eine finanzielle. Die Ausgaben für die rechtliche Betreuung<br />

stiegen seit Jahren drastisch und kontinuierlich an. Eine Trendumkehr sei nicht ersichtlich.<br />

In der vorletzten Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen sei<br />

eine Halbjahresbilanz hinsichtlich der Ausgaben des <strong>Land</strong>es gezogen worden. Die<br />

größte sogenannte zeitanteilige Sollüberschreitung, d. h. die Prognose sei überschritten<br />

worden, habe es mit 2,1 Millionen Euro bei den Ausgaben für rechtliche Betreuung<br />

gegeben. Im Jahr 2011 habe das <strong>Land</strong> für die rechtliche Betreuung noch knapp<br />

33 Millionen Euro gezahlt. Mit Stand vom 30. September 2013 seien es schon knapp<br />

28 Millionen Euro. Hochgerechnet auf Ende Dezember 2013 käme man auf rund<br />

37 Millionen Euro. Das sei im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 12 %.


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Der <strong>Land</strong>esrechnungshof habe in seinem Bericht festgestellt, dass das <strong>Land</strong> im Jahr<br />

2011 durchschnittlich 90 000 Euro täglich für diese Zwecke ausgegeben habe. Im<br />

Moment seien es 102 000 Euro täglich. Es handele sich um eine richtige Kostenexplosion.<br />

Auf die Gründe komme man sicherlich im Verlauf der Debatte noch zu sprechen.<br />

Sie lägen in erster Linie an der Erhöhung der Vergütungen der Berufsbetreuer<br />

und der Anzahl der Berufsbetreuer.<br />

Die zweite Botschaft betreffe die Qualität der Betreuung. Nach den Prüfungserkenntnissen<br />

sei nicht durchgängig gesichert, dass die Betreuten eine qualitativ angemessene<br />

Betreuung erhielten.<br />

Die zuständigen Stellen, das seien in erster Linie die Amtsgerichte und die örtlichen<br />

Betreuungsbehörden, wüssten nicht genau, wie viele Fälle ein Berufsbetreuer gleichzeitig<br />

habe. Bei der Prüfung einer Betreuungsbehörde in einem <strong>Land</strong>kreis habe der<br />

<strong>Land</strong>esrechnungshof festgestellt, dass mehrere Betreuer dort zwischen 60 und 100<br />

Menschen gleichzeitig betreuten. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass ein<br />

Höchstmaß von 40 bis 50 Menschen gleichzeitig betreut werden könnten. In einem<br />

Extrembeispiel, das er nicht zum Maßstab erheben wolle, habe eine Betreuerin<br />

gleichzeitig 140 Menschen betreut und ein Jahreseinkommen von 230 000 Euro erzielt.<br />

Daraus ließe sich schlussfolgern, dass die Verantwortlichen - und das seien hier<br />

alle -, zusammenarbeiten, das Verfahren genau prüfen und sich Änderungen überlegen<br />

müssten.<br />

Bei der Debatte im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> habe Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder angesichts dieser<br />

unterschiedlichen Akteure im Betreuungsbereich und der komplexen Sachverhalte<br />

ein umfassendes Konzept angekündigt, das ein Bündel von Maßnahmen beinhalten<br />

solle. Diese Auffassung teile der <strong>Land</strong>esrechnungshof. Zu diesem Bündel von<br />

Maßnahmen gehöre sicherlich auch, das was die CDU in ihrem Antrag vorgeschlagen<br />

habe, nämlich eine Stärkung der Betreuungsvereine. Das sei richtig; allerdings<br />

im Rahmen von Gegenleistung und Leistung. Die Betreuungsvereine sollten gefördert<br />

werden. Man erwarte von ihnen aber als Gegenleistung, dass sie sich um die<br />

ehrenamtlichen Betreuer kümmerten, neue generierten und, was die Abgeordnete<br />

Muhß in der Debatte auch angesprochen habe, Haftpflichtprobleme abwenden könnten,<br />

indem sie entsprechend qualitativ rechtlich berieten.<br />

Er werde diese Thematik auch im Kreise der Präsidenten und Präsidentinnen der<br />

Rechnungshöfe im Auge behalten. Er habe diese Thematik auf der letzten Konferenz<br />

in Maurach am Bodensee angesprochen, weil die Situation sicherlich nicht allein in<br />

<strong>Brandenburg</strong> so sei. Die anderen Kollegen hätten dies bestätigt. Zum Teil gebe es in<br />

den Ländern ähnlich drastische Kostensteigerungen. Der <strong>Land</strong>esrechnungshof<br />

<strong>Brandenburg</strong> greife die Thematik federführend auf und versuche bei der übernächsten<br />

Konferenz, für welche <strong>Brandenburg</strong> Gastgeber sei, eine gemeinsame Stellungnahme<br />

der Rechnungshöfe vorzubereiten. Das sei bei 16 oder 17 Rechnungshöfen<br />

gar nicht so einfach. Dies sei notwendig, weil zum Teil auch bundesgesetzliche Regelungen<br />

im Raum stünden und das <strong>Land</strong> gar nicht alleine handeln könne.<br />

Die Vorsitzende bedankt sich für die Darstellung und für die Prägnanz und Kürze,<br />

mit welcher der Präsident des <strong>Land</strong>esrechnungshofes vorgetragen habe.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 6<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) bedankt sich ebenfalls für den Vortrag. Es sei<br />

noch einmal eindringlich gesagt worden, worum es gehe. Das Thema sei auch in der<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong>sdebatte erörtert worden. Was sie dort vorgetragen habe, resultiere letztlich<br />

aus dem Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes. Erfreulicherweise habe sich der Finanzausschuss<br />

in gleicher Weise damit beschäftigt und fordere in gleicher Weise<br />

Lösungen, wie die CDU-Fraktion das in ihrem Antrag aufgegriffen habe. Der Antrag<br />

resultiere auch aus vielen Gesprächen mit Berufsbetreuern, mit Betreuungsvereinen,<br />

die sich um die Ehrenamtlichen kümmern und aus verschiedenen Einzelgesprächen.<br />

Es seien eklatante Probleme freigelegt worden, unter anderem, dass es datenschutzrechtliche<br />

Probleme gebe, weil es für Angehörige ein Problem darstelle, dass sie<br />

manchmal gewertet oder bewertet würden.<br />

Daher habe die CDU-Fraktion vorgeschlagen, im Ausschuss ein Fachgespräch mit<br />

allen Beteiligten, sowohl mit Betreuungsvereinen als auch mit den hauptamtlichen<br />

Betreuern als auch mit den Gerichten, mit Beteiligung des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />

usw. durchzuführen, sodass man die unterschiedlichen Sichten auf die Dinge bewerten<br />

könne oder sie zumindest zur Kenntnis nehmen könne und dann entsprechend<br />

bewerten könne.<br />

Es müsse ein Gesamtkonzept aus den vielen Sichten, die vorgetragen worden seien,<br />

und mit den unterschiedlichen Beteiligten an diesem Gesamtprozess vorgelegt werden,<br />

um Lösungen anbieten zu können. Dazu gehöre, dass mehr über Informationen<br />

für die Bevölkerung nachgedacht werde, etwa bei den Vorsorgevollmachten. Viele<br />

Menschen seien sich der Reichweite dieser Entscheidung nicht bewusst. Es gebe<br />

noch eine Reihe von anderen Problemen, auf welche sie jetzt im Einzelnen nicht abstellen<br />

wolle. Das Gesamtkonzept betreffe das Sozialministerium, das Justizministerium,<br />

die Richter. Ihr sei nicht klar, an welcher Stelle dieses Prozesses man im Moment<br />

stehe. Auch der Finanzausschuss wolle sich schnell mit der Thematik befassen.<br />

Es gehe an dieser Stelle sicherlich auch um die Forderung für den Nachtragshaushalt.<br />

Wenn man ein Konzept auf den Tisch lege, müsse es auch eine Verankerung<br />

im Nachtragshaushalt geben. Wenn man Projekte initiieren und neue Erkenntnisse<br />

gewinnen wolle, wie mit der Thematik an verschiedenen Stellen in anderen<br />

Bundesländern umgegangen werde, dann müsse dafür auch Geld auf den Tisch.<br />

Wenn die Betreuungsvereine in die Lage versetzt werden sollten, eine bessere Betreuung,<br />

insbesondere durch Beratung der Betreuungswilligen und Werbung von Betreuungswilligen,<br />

zu betreiben, dann müsse hier auch Geld angefasst werden.<br />

Anfang der 90er Jahre habe es eine Förderung der Betreuungsvereine gegeben, die<br />

dann im Jahr 2003 eingestellt worden sei. Hintergrund sei die Haushaltskonsolidierung<br />

gewesen. An dieser Stelle habe man sich eines Besseren belehren lassen müssen.<br />

Der Vorschlag der CDU-Fraktion für den Nachtragshaushalt werde lauten, ca.<br />

500 000 Euro dafür in die Hand zu nehmen. Das solle der Ausschuss dem Finanzausschuss<br />

entsprechend empfehlen. Der Finanzausschuss werde dem gar nicht so<br />

negativ gegenüberstehen. Sie habe schon einige Gespräche geführt und es gebe da<br />

sehr viel Verständnis. Man solle Geld in die Hand nehmen, um Modellprojekte zu<br />

finanzieren und ein Konzept zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuer auf den Weg<br />

zu bringen und damit Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Man solle auch die


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

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Vermeidung von Betreuung mit in den Blick nehmen und die Verbesserung der Informationen<br />

mit in die Überlegungen einbeziehen.<br />

Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder bedankt sich bei dem Präsidenten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes,<br />

weil die zur Verfügung gestellte Grundlage eine solide Basis für die<br />

Debatte um eine angemessene Steuerung in der Frage sei, wie man die Betreuung<br />

besser sicherstellen und der Kostenexplosion Einhalt gebieten könne. Es sei bei allen<br />

Rednern deutlich geworden, dass es sich um eine außerordentlich komplexe Lage<br />

handele. Verschiedene Gerichte seien damit befasst. Verschiedene Ausschüsse<br />

seien damit befasst. Verschiedene Rechtsebenen seien damit befasst. Es sei eine<br />

erhebliche Koordinationsleistung zu erbringen, um ein Gesamtkonzept zu konstituieren.<br />

Weil allen klar sei, dass es keinen Knopf gebe, den man bedienen müsse und<br />

dann werde zu einer Deeskalation in der Kosten- und Betreuungsfrage beigetragen,<br />

verwundere ihn die schnelle Forderung nach 500 000 Euro. Weil die Lage so komplex<br />

sei und die Situation von 2002 und die von heute nicht einfach vergleichbar seien,<br />

müsse man erst eine solide Aufarbeitung der Situation vorantreiben.<br />

Er habe vor einigen Wochen mit den Präsidenten der <strong>Land</strong>essozialämter gesprochen<br />

und in dem Kontext gefragt, wie es dort laufe und ob es ähnliche Entwicklungen gebe.<br />

Diese hätten das bejaht. Gleichzeitig wisse man, dass es Unterschiede gebe und<br />

müsse sich für die Frage interessieren, wie einzelne Länder zu einer besseren Kosten-<br />

und Betreuungssituation als andere Ländern kämen.<br />

Aufgabe des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie werde es sein, ein<br />

Gesamtkonzept zu entwickeln. In diesem Gesamtkonzept sehe er vier systematisch<br />

herausragende Ebenen. Das sei erstens die Frage der Bündelung der Organisationsund<br />

Kostenverantwortung. Dabei werde das Zusammenspiel zwischen den sozialrechtlichen<br />

Hilfesystemen und dem System der rechtlichen Betreuung im Zentrum<br />

stehen. Dankenswerterweise habe Herr Weiser schon darauf hingewiesen, dass man<br />

auf bundesrechtliche Rahmenbedingungen angewiesen sei. Allein über landesrechtliche<br />

Verschiebungen und Neujustierungen werde man der Lage nicht Herr werden,<br />

aber es gebe eine Reihe von Handlungskompetenzen. Man sei keineswegs zur Untätigkeit<br />

verdammt, sondern könne einiges tun und das werde man auch.<br />

Der zweite Punkt sei die Zusammenarbeit der Behörden, also Justiz, örtliche Betreuungsbehörden,<br />

überörtliche Betreuungsbehörden und der Austausch und die Koordination<br />

zwischen diesen Ebenen.<br />

Der dritte Punkt, darauf habe die Abgeordnete Schulz-Höpfner schon hingewiesen,<br />

seien betreuungsvermeidende Maßnahmen: Kooperation und Vernetzung müssten<br />

gestärkt werden. Die Abgeordnete Schulz-Höpfner habe in zutreffender Weise auf<br />

die Versorgungsvollmachten hingewiesen. Man müsse mit diesem Thema sensibel<br />

umgehen, aber in diesem Bereich sei in den letzten Jahren schon einiges passiert.<br />

Es könne noch mehr passieren, wenn eine bessere Informationspolitik betrieben und<br />

mehr Unterstützung für die Angehörigen ermöglicht werde. Überhaupt stellten die<br />

Angehörigen und die unmittelbaren Netzwerke im Umfeld der zu Betreuenden eine<br />

Schlüsselgröße dar, um in diesem Bereich weiter voranzuschreiten.


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

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Die vierte Ebene, die von einigen stark favorisiert werde, sei die Ebene des Ehrenamtes,<br />

der Betreuungsvereine. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

schätze diese Ebene als wichtig ein. Aber man müsse sich vergegenwärtigen,<br />

dass die Vereine von 2002 und die Vereine von 2013 sich fundamental verändert<br />

hätten. Das müsse aufgearbeitet werden. Es müsse geklärt werden, wie die Vereine<br />

unterstützt werden könnten, damit von ihnen Impulse ausgehen, um das Ehrenamt<br />

zu befördern. Viele Vereine konzentrierten sich auf die hauptamtlichen Betreuer. In<br />

diesem Sinne seien die ehrenamtliche Dimension und die Steuerungskapazität in<br />

diesem Bereich nicht unbedingt immer gegeben. Es lägen ganz unterschiedliche<br />

Vereinskonstellationen vor. Wenn man mit den Ehrenamtlern spreche, erlebe man<br />

ein buntes und vielscheckiges Bild. Im Ministerium für Arbeit, Familie, Frauen und<br />

Soziales beginne man erste Gesprächsrunden mit Experten und versuche, über Gutachten<br />

und andere Dinge die entsprechende Expertise zu erlangen, um letztlich ein<br />

Gesamtkonzept präsentieren zu können.<br />

Den Vorschlag, ein Fachgespräch durchzuführen, begrüße er sehr. Das könne diesen<br />

Prozess nur beflügeln, bringe Transparenz und solle deutlich machen, wo die<br />

Punkte seien, an denen man signifikante Veränderungen bewirken könne. Er warne<br />

allerdings ausdrücklich vor dem Gedanken, dass es einen Königsweg gebe, über<br />

den man unmittelbar die gewünschte Wirkung erlangen könne. Das werde vermutlich<br />

nicht der Fall sein. Deshalb sei das Gesamtkonzept verlangt worden. Auf der Grundlage<br />

dieses Konzeptes könne man die entsprechenden Weichenstellungen vornehmen.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) berichtet, sie habe im Rechtsausschuss<br />

im Rahmen ihrer Vertretungstätigkeit für die Abgeordnete Niels diesen sehr guten<br />

Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes schon einmal diskutiert und habe beantragt, dass<br />

er im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie ebenfalls auf die Tagesordnung<br />

gesetzt werde, bevor er vom Plenum in den Ausschuss überwiesen worden sei.<br />

Der Sozialausschuss müsse sich mit der Thematik auseinandersetzen, weil offensichtlich<br />

in den Kommunen zur Vermeidung von sozialen Beratungstätigkeiten und<br />

sozialen Unterstützungsleistungen eher der Weg gegangen werde, eine rechtliche<br />

Betreuung auszusprechen, weil die Vermeidung einer rechtlichen Betreuung mit erheblichen<br />

Kosten für die entsprechenden unteren Betreuungsbehörden oder andere<br />

soziale Einrichtungen verbunden sei. Es könne nicht sein, dass man einen Betreuer<br />

auf Kosten der <strong>Land</strong>eskasse einsetze, statt ganz gezielt punktuell unterstützende<br />

Sozialleistungen zu gewähren.<br />

Sie sei sehr erschüttert, aufgrund welcher Gründe Betreuungsanregungen ausgesprochen<br />

würden. Das seien Sehbehinderungen, psychische Probleme, Ruhestörung<br />

im Wohngebiet, Diabetes oder Analphabetismus. Dies seien keine Gründe, die eine<br />

Betreuung rechtfertigten, sondern das seien alles soziale Bedarfe, wo Unterstützungsleistungen<br />

gewährt werden müssten. Betreuung dürfe nicht überschießend angeordnet<br />

oder angeregt werden. Damit müsse man sich beschäftigen; nicht nur wegen<br />

der Kostenexplosion für die <strong>Land</strong>eskasse, sondern weil es unerträglich sei, dass<br />

Menschen unter Betreuung gestellt würden, die ganz andere Probleme hätten. Im


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Ausschuss habe man öfter über problematische Schnittstellen zwischen <strong>Land</strong>esebene<br />

und kommunaler Ebene gesprochen, etwa bei der Frühförderung.<br />

Sie spreche sich ausdrücklich für ein umfassendes Fachgespräch aus, welches diese<br />

Aspekte alle einbeziehe. Da müsse angesetzt werden und nicht nur an der Frage,<br />

wie Kosten vermieden werden könnten. Es finde eine massive Kostenverlagerung<br />

statt und das sei ein Problem.<br />

Die Vorsitzende bedankt sich für den Beitrag und stellt richtig, dass sich der Ausschuss<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie in Selbstbefassung mit dem Bericht<br />

des <strong>Land</strong>esrechnungshofes beschäftige, und dass nur der Antrag der CDU-Fraktion<br />

an den Ausschuss überwiesen worden sei.<br />

Abgeordnete Muhß (SPD) meint, sie sei selbst seit zwölf Jahren Vorsitzende eines<br />

Betreuungsvereins und am 22. Oktober 2013 wieder für vier Jahre gewählt worden.<br />

Sie stehe wirklich in der Thematik. So gern sie das Geld für ihren Betreuungsverein<br />

nehmen würde - und der könne es sicherlich gut gebrauchen - handele es sich doch<br />

um ein sehr vielschichtiges Problem. Sie werbe dafür, dieses in seiner Breite zu bearbeiten,<br />

so wie es Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder vorgeschlagen habe. Sie sehe<br />

Stellen, an denen man sehr viel mehr erreichen könne.<br />

Ein Beispiel sei eine Schulung der Verwaltungsmitarbeiter in den Sozialbehörden<br />

und der Rechtspfleger in den Gerichten, die bis heute nicht den Unterschied zwischen<br />

einem ehrenamtlichen und einem Berufsbetreuer berücksichtigten. Das sei ein<br />

ganz eklatanter Fehler, der oft passiere. Im Plenum habe sie das Beispiel von einer<br />

ihrer ehrenamtlichen Betreuerinnen angeführt, die 5 000 Euro aus eigener Tasche<br />

bezahlen solle, weil sie es versäumt habe, rechtzeitig einen Wohngeldantrag zu stellen.<br />

Und dies gerade nicht, weil sie nicht geschult worden wäre. Das sei eine Frau,<br />

die das seit 20 Jahren mache. Aber sie habe drei Betreuungen und sei voll berufstätig.<br />

Es sei einfach passiert und werde immer mal passieren können. Aber wie das<br />

Sozialamt dann mit ihr umgehe, das sei für sie der entscheidende Fehler. So etwas<br />

dürfe nicht passieren. Ähnliches erlebe man bei den Rechtspflegern, wo ganz schnell<br />

Strafen verhängt würden oder die Rechtspfleger selbst Fehler machten - etwa zwölf<br />

Jahre nicht feststellten, dass jemand eigentlich rechnungspflichtig sei und dann auf<br />

einmal von ihm verlangten, dass er für diese zwölf Jahre alle Belege bringe und<br />

gleich mit Strafe drohten. Wenn es nicht so ein hartgesottener Typ gewesen wäre,<br />

wäre ihr Verein ihn wahrscheinlich schon als Mitglied los. Den Umgang mit den ehrenamtlichen<br />

Betreuern halte sie also für einen sehr wichtigen Punkt.<br />

Aber vor allem müsse man sich auf die Vorsorgevollmachten konzentrieren. Die Betreuungsbehörden<br />

gingen sehr unterschiedlich damit um. Das Amtsgericht in Neuruppin<br />

liege in ihrem <strong>Land</strong>kreis und dort gebe es einen Rückgang von 20 % an<br />

Sachverhaltsaufklärung in diesem Jahr. Die Betreuer könnten nicht mehr mit so viel<br />

Betreuung rechnen, wie sie das „gewohnt“ seien. Dies werde damit begründet, dass<br />

alle vier Mitarbeiter der Behörde mit dem Stempel unterwegs seien und monatlich<br />

alleine 50 Vorsorgevollmachten sofort an Ort und Stelle selbst abstempelten und<br />

damit gültig machten. So gingen längst nicht alle Betreuungsbehörden vor. Sie könn-


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

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ten es aber. Sie wisse nicht, ob die Kommune das entscheide. Aber an dem Punkt<br />

könne man sehr viel erreichen.<br />

Man müsse prüfen, wo wirklich etwas erreicht werden könne. Sie warne davor, jetzt<br />

mit einem Schnellschuss Geld für die Betreuungsvereine einzustellen. Das allein sei<br />

nicht der Knopf, an dem man die Änderung erreichen werde.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) merkt zu den Ausführungen von Staatssekretär<br />

Prof. Dr. Schroeder an, dass die Vereine sich in der Tat verändert hätten. Sie seien<br />

vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ihnen die Zuschüsse gestrichen worden<br />

seien, gezwungen worden, sich zu verändern und trotzdem noch ihre Aufgaben zu<br />

erfüllen. Es handele sich in keiner Weise um einen Schnellschuss, sondern das sei<br />

wohl überlegt. Dies könne nur ein Anfang sein, ihre Fraktion wolle ja eine Weiterentwicklung,<br />

eine Prüfung, ein Gesamtkonzept und dass man Projekte entwickele, die<br />

dann auch Geld kosteten.<br />

Ansonsten wolle sie wissen, wie das im Jahr 2014 aussehen solle. Denn der Nachtragshaushalt<br />

beziehe sich im Wesentlichen auf das Jahr 2014. Wenn man im Jahr<br />

2014 gar kein Geld in die Hand nehme, dann bleibe die Frage, was und wie dann<br />

ggf. im Jahr 2014 etwas entwickelt werden solle, das mit Kosten verbunden sei und<br />

finanziert werden müsse. Oder ob das im Klartext heiße, dass es im Jahr 2014 noch<br />

kein Gesamtkonzept geben werde und es von daher nicht notwendig sei, Geld in die<br />

Hand zu nehmen. Wenn man all das zusammenfasse, was gesagt worden sei, sei es<br />

sehr wohl notwendig, einen Anfang zu machen.<br />

Die Nachfrage der Vorsitzenden, ob sie die Abgeordnete Schulz-Höpfner richtig verstanden<br />

habe, dass Geld für die Erstellung des Konzeptes in die Hand genommen<br />

werden solle, verneint Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU).<br />

Die Vorsitzende fasst zusammen, dass das Konzept, auf Grundlage dessen dann<br />

Geld eingesetzt werde, schon da sein solle. Es sei ein bisschen kompliziert, Geld in<br />

die Hand zu nehmen, bevor das Konzept da sei.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) berichtigt, es gehe in erster Linie darum, dass<br />

die Vereine nicht mehr in der Lage seien, ihre Aufgaben so zu erfüllen, wie man sich<br />

das erhoffe oder wünsche. Die Vereine hätten in den Gesprächen, die ihre Fraktion<br />

geführt habe, gesagt, dass es immer schwieriger sei, Werbung und Schulungen zu<br />

betreiben und für die notwendige Qualität zu sorgen. Die Abgeordnete Muhß habe<br />

das im Grunde genommen gerade selber gesagt. In erster Linie werde es eine Unterstützung<br />

für die Vereine sein. Aber es könne durchaus sein, dass im Rahmen des<br />

Konzeptes gemeinsam mit den Vereinen und vielleicht sogar mit den Berufsbetreuern<br />

oder mit Hilfe des <strong>Land</strong>esrechnungshofes Projekte entwickelt würden, für die<br />

Gelder zur Verfügung gestellt werden müssten. Sie stelle sich vor, dass dieses Geld<br />

dafür eingesetzt werde. Sie würde eine entsprechende Empfehlung an den Finanzausschuss<br />

aussprechen. Dieser habe sich mit dem Thema genau in dieser Art und<br />

Weise beschäftigt. Sie wisse, dass auch Abgeordnete aus dem Finanzausschuss es<br />

für notwendig hielten, Geld in die Hand zu nehmen.


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Die Vorsitzende verweist auf die spätere Behandlung des Nachtragshaushaltes unter<br />

TOP 4.<br />

Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE) meint, dass sich im Saal alle einig seien, dass<br />

ein Fachgespräch durchgeführt werden solle. Ehe man Geld anfasse, müsse man<br />

über Inhalte reden. Wenn ein Konzept erstellt werden solle, wisse man noch nicht<br />

100%ig, wo es hingehen solle. Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder habe aufgezeigt,<br />

was ungefähr gemacht werden müsse. Man brauche den Rechtsausschuss, den Finanzausschuss<br />

und den Sozialausschuss. Deshalb solle der Ausschuss in der<br />

nächsten Sitzung festlegen, wen man einladen wolle und dann entscheiden, wann<br />

das Fachgespräch stattfinden solle, ob im Januar oder spätestens im Februar 2014.<br />

Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder meint, dass die Komplexität dieses Themas von<br />

allen Anwesenden erfreulicherweise anerkannt werde. Das Fachgespräch sei sehr<br />

wichtig. Einerseits bedürfe es einer sehr guten Vorbereitung, um wirklich die Experten<br />

und die Fragestellungen zu identifizieren, die zur Verbesserung der Lage beitragen<br />

könnten.<br />

Andererseits ermögliche das Fachgespräch eine hinreichende Transparenz, gerade<br />

in Richtung der anderen Ausschüsse. Die Thematik sei zunächst im Rechtsausschuss<br />

behandelt worden. Der Rechtsausschuss entscheide über Fragen der weiteren<br />

haushälterischen Entwicklung in diesem Bereich. Das solle berücksichtigt werden.<br />

Zugleich würden die finanziellen Rahmenbedingungen in starkem Maße durch<br />

Bundesgesetzgebung mitgeprägt.<br />

Die Fragen, wo und wie man ansetze und wo Geldbedarfe seien, könne man nur mit<br />

einer gewissen Plausibilität verfolgen, wenn man sich in diese Auseinandersetzung<br />

begebe. Das Gutachten sei eine gute Basis und es seien jetzt verschiedene Akteure<br />

am Ball. Er warne ausdrücklich vor Schnellschüssen und denke, dass man gut beraten<br />

sei, sich im nächsten Jahr Klarheit über eine Strategie zu verschaffen, die dieser<br />

insgesamt sehr angespannten und komplexen Lage Rechnung trage.<br />

Abgeordneter Büttner (FDP) meint, er habe den Eindruck, dass man das Thema in<br />

diesem Ausschuss - zumindest ein Teil - vor sich herschieben wolle. Man drehe konzentrische<br />

Kreise um sich selbst, obwohl doch aus dem Gutachten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />

die Notwendigkeit und der Handlungsbedarf ganz offensichtlich ersichtlich<br />

seien. Insofern sei der Antrag, den die CDU zum Nachtragshaushalt stellen wolle,<br />

einfach nur gerechtfertigt. Da verstehe er auch die Abgeordnete Muhß nicht, die<br />

doch einen Betreuungsverein vertrete.<br />

Bei dem Fachgespräch seien sich alle mit Sicherheit einig. Das wolle er gar nicht in<br />

Abrede stellen. Aber wenn die Anzahl von Berufsbetreuern steige, weil es keine Ehrenamtlichen<br />

mehr gebe, weil die Betreuungsvereine nicht finanziert würden, dann<br />

gebe es eine Notwendigkeit. Diese Notwendigkeit werde durch das, was gerade veranstaltet<br />

werde, immer weiter nach hinten geschoben. Die Aktualität sei da und man<br />

diskutiere darüber, das ins nächste Jahr hineinzuschieben. Man habe die Chance,<br />

mit einem Nachtragshaushalt etwas zu entscheiden, und man entscheide nicht. Das


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 12<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

werde dem Thema nicht gerecht. Insofern werde seine Fraktion den Antrag der CDU<br />

unterstützen.<br />

Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder antwortet, der Abgeordnete Büttner trage einen<br />

simplifizierenden Aktionismus vor. Alle seien sich einig, dass man sich Klarheit verschaffen<br />

müsse, wie eine Kostenentlastung und eine bessere Betreuung erreicht<br />

werden könne. Der Abgeordnete Büttner sage einfach, dass man jetzt handeln müsse.<br />

Man müsse aber zunächst klären, auf welcher Ebene man wie vorgehen könne.<br />

Dabei spiele eine ganz entscheidende Rolle, was die anderen Länder bereits für Erfahrungen<br />

gesammelt hätten und was es für Anstöße aus den anderen Ausschüssen<br />

gebe. Dann habe man es mit den Kommunen zu tun, die eigenverantwortlich handelten.<br />

Man könne noch so tolle Vorgaben machen; die Kommunen müssten für diese<br />

Vorgaben gewonnen werden. Man brauche wirklich ein Konzept. Alles andere werde<br />

teurer, längerfristiger und weniger nachhaltig. Das Ziel müsse eine nachhaltige Gesamtlösung<br />

sein, die dem Problem Rechnung trage und das gebiete eine sorgfältige<br />

Evaluation.<br />

Die Vorsitzende meint, die Diskussion zum Nachtragshaushalt solle unter TOP 4<br />

erfolgen. Erst einmal solle der Ausschuss sich zum Fachgespräch verständigen.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie weise für sich den Vorwurf zurück,<br />

das Problem auf die lange Bank und hin- und herschieben zu wollen. Man sei<br />

sich einig, dass es ein komplexes Problem sei und dass der Ausschuss ein Fachgespräch<br />

durchführen wolle, um dieses Problem in seiner Komplexität zu erfassen. Das<br />

solle gut vorbereitet werden, indem man sich in der nächsten Sitzung über Einzuladende<br />

und Fragen einige. Es sei zu einfach, nur den Zusammenhang von Betreuungsverein<br />

und Gewinnung von Ehrenamtlern herzustellen. Sie frage, ob es allein<br />

Aufgabe der Betreuungsvereine sei, für das Ehrenamt zu werben. Die Fragen müssten<br />

differenziert für Bund, <strong>Land</strong> usw. gestellt werden. Sie wolle nicht Gründlichkeit als<br />

auf die lange Bank schieben verstanden wissen.<br />

Abgeordneter Büttner (FDP) meint, die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener könne das<br />

zurückweisen und so verstehen, wie Sie das verstehe. Deswegen halte er seine Meinung<br />

dennoch aufrecht. Das eine schließe das andere nicht aus. Das müsse man<br />

auch schlichtweg zur Kenntnis nehmen. Es gehe im Antrag der CDU darum, Projekte<br />

in den Betreuungsvereinen zu unterstützen. Im Übrigen habe er noch nie ein Programm<br />

erstellt, ohne zu wissen, welche Mittel überhaupt zur Verfügung stünden.<br />

Persönlich lasse er sich simplifizierenden Aktionismus nicht unterstellen. Das weise<br />

er zurück. Das sei kein Umgangsstil.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) meint, die Ausdrucksweise des simplifizierenden<br />

Aktionismus sei befremdlich.<br />

Es handele sich um ein komplexes Problem. Der Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />

und die Zahlen, die Herr Weiser genannt habe, hätten verdeutlicht, dass in diesem<br />

Jahr die Kosten für Berufsbetreuer auf 37 Millionen Euro ansteigen würden, also auf<br />

4 Millionen Euro mehr innerhalb von zwei Jahren. Man wisse, dass die Stärkung von<br />

ehrenamtlichen Betreuern, die viel Back up und auch Hintergrund bräuchten, unter


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

anderem eine der Maßnahmen sein könne, um die Kostenexplosion zu bremsen. Sie<br />

sehe nicht, was schädlich daran sein solle, eine gewisse Summe für das Jahr 2014<br />

zur Verfügung zu stellen. Man könne mit der Komplexität auch Abwehrschlachten<br />

gegen berechtigte Haushaltsanträge führen. Ihre Fraktion werde den Antrag der CDU<br />

unterstützen.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) merkt an, dass außer Zweifel stehe, dass man<br />

auf einer seriösen Grundlage arbeiten wolle. Es gebe weitreichenden Handlungsbedarf.<br />

Sie wolle von Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder wissen, wann die Zielsetzung<br />

für ein Gesamtkonzept stehe.<br />

In anderen Bundesländern gebe es diese Erkenntnis auch. Dort habe man auch gedacht,<br />

dass man die Vereine nicht mehr fördern müsse, und kehre jetzt zu diesen<br />

Konzepten zurück. Wenn dieses Gesamtkonzept stehen solle und wenn das einen<br />

gewissen Zeitrahmen in Anspruch nehme, bedeute das, dass man auch schnelle<br />

Handlungsoptionen habe, wie für die Betreuungsvereine, und dass man langfristig<br />

ein Gesamtkonzept brauche. Beide Optionen gehörten da hinein.<br />

Abgeordnete Gregor-Ness (SPD) meint, sie sei ja nicht Mitglied in diesem Ausschuss<br />

und finde das, was ich hier gerade erlebe, faszinierend. Wenn sie normalerweise<br />

einen <strong>Land</strong>esrechnungshofbericht in einem anderen Fachausschuss behandele,<br />

dann sei die Konsequenz dessen immer, dass man versuche, herauszufinden, wo<br />

die Ursache dafür läge, dass diese Kosten immer weiter stiegen.<br />

Nachdem sie den Bericht gelesen habe und sensibilisiert durch die Debatte im <strong><strong>Land</strong>tag</strong>,<br />

habe sie gedacht, dass es verschiedene Ansätze gebe, die verfolgt werden<br />

müssten, die man auch fachlich bewerten müsse. Wie die Abgeordnete Nonnemacher<br />

zu Recht ausgeführt habe, stelle sich die Frage einer Verlagerung der Kosten in<br />

Richtung <strong>Land</strong>. Sie frage sich, wie die steigenden Fallzahlen zu begründen seien.<br />

Die simple Erklärung Demografie greife ja nicht immer. Das belege der Bericht auch.<br />

Sie frage sich, ob man nicht innerhalb des Budgets, das zur Verfügung stehe, eine<br />

Umschichtung vornehmen müsse und die Projektförderung, die im <strong>Land</strong>esrechnungshofbericht<br />

angemahnt worden sei, wieder in Richtung Betreuungsvereine ausrichten<br />

müsse, anstatt obendrauf Geld zu packen, ohne eine valide belegbare Grundlage<br />

durch ein Konzept. Deshalb verstehe sie den Ansatz nicht, einfach per Nachtragshaushalt<br />

Geld zusätzlich zur Verfügung zu stellen, anstatt an den Ursachen und<br />

an den Stellschrauben, die in dem Bericht benannt worden seien, zu arbeiten und zu<br />

schauen, was im Gesamtsystem passiere.<br />

Ihr tue es wirklich um die Menschen leid, die davon betroffen seien, die womöglich -<br />

das wolle sie jetzt auch nicht unterstellen -, zu leichtfertig in eine Betreuung geschickt<br />

würden, in eine hauptamtliche Betreuung noch dazu. Das sei nicht würdig. Der Ausschuss<br />

müsse sich eher den Menschen widmen, statt dem Geld, das gerade verlangt<br />

werde. Das könne sie nicht nachvollziehen.<br />

Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder fasst zusammen, dass es einen großen Konsens<br />

darüber gebe, dass die dargestellten Steigerungsraten so schnell wie möglich<br />

in den Griff bekommen werden müssten. Es gebe einen gewissen Dissens, wie man


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

durch kurzfristige, mittelfristige Aktivitäten vorankomme. Wenn sich der Ausschuss<br />

auf das Fachgespräch einige, wäre das schon ein erster wichtiger Schritt, wie die<br />

entsprechenden Maßnahmen und Vorstellungen debattiert werden könnten. Das<br />

<strong>Land</strong> sei nicht alleine Herr des Verfahrens. Sondern die Kommunen spielten eine<br />

wichtige Rolle, so wie die unterschiedlichen Rechtsebenen, die Vereine und die Ehrenamtlichkeit.<br />

Geklärt werden müsse, wie man die Leute am besten unterstützen<br />

und sie in die Lage versetzen könne, wirklich die Dinge zu tun, die man von ihnen<br />

erwarte. Wenn man das alles zusammennehme, dann werde ein Konzept, das dem<br />

Rechnung trage und die verschiedenen Ausschüsse zusammen bedenke, natürlich<br />

2014 als Zeitraum veranschlagen. Mit der Umsetzung komme man dann in das Jahr<br />

2015.<br />

Er halte das nach allem, was er über Gesetzgebungsverfahren und über Maßnahmen,<br />

mit denen man einer solch komplexen Materie Herr werden wolle, für einen<br />

vernünftigen Zeitraum, der hoffentlich dazu beitrage, dass man kostendämpfend,<br />

kostenminimierend und in der Qualität besser aufgestellt sei. Man brauche die Erfahrung<br />

der anderen Länder. Die werde man nicht von heute auf morgen zur Verfügung<br />

haben. Man brauche die Abstimmungsprozesse. Deshalb sei man gut beraten, das<br />

Jahr 2014 als Sprungbrett zu einer qualitativ neuen Bearbeitung dieses Themenfeldes<br />

zu nutzen. In diesem Sinne habe man gerade durch die Initiative der CDU-<br />

Fraktion eine hervorragende Ausgangsbasis. Wenn man sich die Zeit nicht einräume,<br />

dann werde es teurer und weniger nachhaltig.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) antwortet, ihre Fraktion wolle die Zeit einräumen,<br />

weil sie ein Gesamtkonzept wolle. In Bezug auf das Fachgespräch seien sich<br />

alle einig, dieses nicht zu weit nach hinten zu schieben. Auf den Antrag für den<br />

Nachtragshaushalt werde sie unter TOP 4 eingehen.<br />

Herr Weiser (<strong>Land</strong>esrechnungshof) befürwortet ebenso ein Gesamtkonzept. Dazu<br />

gehöre sicherlich der Antrag der CDU-Fraktion. Er wolle sich als Vertreter einer politisch<br />

neutralen Institution nicht dazu äußern, ob das Schnellschuss sei oder nicht.<br />

Das müsse der Ausschuss entscheiden.<br />

Es müssten viele verschiedene Dinge berücksichtigt werden, die in dem Bericht angelegt<br />

seien. Deswegen sei es richtig, wenn sich Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder<br />

eine gewisse Zeit nehme. Die dürfe allerdings auch nicht zu lange sein. Aber wenn<br />

man alle Komponenten betrachte, handele es sich um eine sehr anspruchsvolle ambitionierte<br />

Aufgabe.<br />

Er weise darauf hin, dass es Punkte gebe, die in den Fokus gerückt werden müssten.<br />

In <strong>Brandenburg</strong> erhielten zum Beispiel drei Viertel aller Berufsbetreuer den höchsten<br />

Vergütungssatz. Die Rechtspfleger seien zuständig für die Einstufung. Darum müsse<br />

man sich kümmern. Über bessere Werbung für die Vorsorgevollmacht müsse man<br />

sprechen. Die Abgeordnete Nonnemacher habe da einen wichtigen Punkt angesprochen,<br />

vielleicht mit weniger Geld bei den niederschwelligen Angeboten eine ganze<br />

Menge zu machen, um Betreuungsvermeidung zu betreiben. Es müsse ein ganzer<br />

Strauß von Maßnahmen berücksichtigt werden. Der Weg sei richtig, allerdings dürfe<br />

es nicht zu lange dauern.


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Die Vorsitzende bedankt sich noch einmal für die Impulse zur Planung des Fachgesprächs.<br />

Sie stelle fest, dass es Einverständnis dazu gebe, ein Fachgespräch durchführen.<br />

Sie schlage vor, bis zum 6. November 2013 bereits die Einzuladenden - zwei<br />

pro Fraktion - für das Fachgespräch zu benennen und gleich die Fragen mit einzureichen.<br />

Dann müsse entschieden werden, ob das Fachgespräch in der Sitzung am<br />

15. Januar 2014 stattfinden solle oder ob es im Sinne der qualitativen Vorbereitung<br />

besser sei, das Fachgespräch am 19. Februar 2014 durchzuführen.<br />

Sie bedanke sich bei den beiden Vertretern des <strong>Land</strong>esrechnungshofes, dem Präsidenten<br />

Herrn Weiser und Frau Kreis für die Teilnahme an der Sitzung.<br />

Zu TOP 3:<br />

Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der<br />

Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen<br />

- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache<br />

5/7921)<br />

Die Vorsitzende begrüßt Frau Dr. Lemmermeier, die Integrationsbeauftragte, sowie<br />

Herrn Hoene (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur). Federführend sei<br />

der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zuständig für die Beratung<br />

des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung<br />

im Ausland erworbener Berufsqualifikationen - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />

(Drucksache 5/7921). Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

könne entscheiden, ob er dem federführenden Ausschuss noch eine Stellungnahme<br />

zukommen lassen wolle.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie wolle nicht auf die einzelnen Regelungen<br />

eingehen, zu welchen der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und<br />

Kultur sehr detailliert Stellung genommen habe. Man brauche die qualifizierten ausländischen<br />

Fachleute, um der Fachkräfteproblematik zu begegnen. Dieses Gesetz<br />

fördere aber auch die Willkommenskultur und sei eine wichtige Leistung für die Integration.<br />

Frau Dr. Lemmermeier (Integrationsbeauftragte) bedankt sich für die Einladung.<br />

Erfreulicherweise gebe es jetzt diese Gesetzesvorlage. Damit wolle man einheitliche<br />

Anerkennungsverfahren herbeiführen. In ihrer ersten Stellungnahme zum Gesetzentwurf<br />

vom April 2013 habe sie darauf hingewiesen, dass es wünschenswert sei,<br />

möglichst viele Berufe in das Qualifikationsfeststellungsgesetz mit einzubeziehen.<br />

Nur so könne das Ziel erreicht werden, einheitliche Verfahren und Transparenz bei<br />

der Anerkennung - und zwar für alle Personen mit ausländischem Abschluss - zu<br />

gewährleisten. Es gehe zum Beispiel darum, Verfahrensunterschiede zwischen EU-<br />

Bürgern oder Drittstaatenangehörigen zu vermeiden. Das sei gerade in Anbetracht<br />

der jetzigen Situation der steigenden Flüchtlingszahlen ein wichtiger Punkt.<br />

In den vorliegenden Entwurf seien insgesamt 28 Berufe in das <strong>Land</strong>esanerkennungsgesetz<br />

einbezogen; neun seien durch Spezialregelungen ausgenommen worden.<br />

Das sei in anderen Bundesländern ebenso. <strong>Brandenburg</strong> liege mit 28 Berufen in<br />

der guten Mitte.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 16<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Bedauerlicherweise seien einige sehr häufig im Anerkennungsverfahren vertretene<br />

Berufsgruppen, nämlich Ingenieure, Gesundheitsfachberufe und Architekten ausgenommen<br />

worden. Es gebe zwar in den entsprechenden Fachgesetzen Regelungen<br />

zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses; die unübersichtliche Situation<br />

in diesen Berufen bleibe aber bestehen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es<br />

je nach Herkunftsland des Antragstellers zu unterschiedlichen Verfahrenswegen<br />

komme, obwohl es zum Beispiel im Gesundheitsbereich schon heute einem spürbaren<br />

Fachkräftemangel gebe. Sie hätte sich gewünscht, dass man für diese Berufe<br />

das Qualifikationsfeststellungsgesetz anwende, um die Anerkennungsverfahren zukünftig<br />

zu beschleunigen und dass der Antragsteller ein Recht auf einen Bescheid<br />

innerhalb von drei Monaten habe. So habe man vielleicht eine Chance für einen großen<br />

Wurf - wenn sie das so sagen dürfe - vertan. Aber <strong>Brandenburg</strong> sei auch nicht<br />

das einzige Bundesland, in dem das so sei.<br />

Eine weitere große Berufsgruppe unter den Personen mit Migrationshintergrund in<br />

<strong>Brandenburg</strong> und den anderen Bundesländern seien Lehrerinnen und Lehrer. Personen<br />

mit einem ausländischen Lehrerabschluss besuchten häufig die Anerkennungsberatungsstelle<br />

im Netzwerk Integration durch Qualifizierung, um zu erfahren, wie sie<br />

mit ihrem Abschluss an einer <strong>Brandenburg</strong>er Schule tätig werden könnten. Bisher sei<br />

das sehr schwierig gewesen. Zwar habe man die Lehramtsberufe in dem neuen Gesetzentwurf<br />

weiterhin ausgeschlossen, aber - und das begrüße sie ausdrücklich - es<br />

gebe seit dem 1. Juli 2013 eine fachgesetzliche Verordnung, in der die Eckpunkte<br />

des <strong>Land</strong>esanerkennungsgesetzes umgesetzt worden seien. Das sei für die ausländischen<br />

Lehrerinnen und Lehrer eine deutliche Verbesserung. Diese hätten jetzt die<br />

Wahlmöglichkeit, ob sie in einen Anpassungslehrgang gehen oder sich einer Eignungsprüfung<br />

unterziehen wollten. Davon würden viele Lehrerinnen und Lehrer, insbesondere<br />

aus Osteuropa, profitieren, die bisher zum Teil arbeitslos seien oder deutlich<br />

unter ihrer Qualifikation arbeiteten.<br />

Die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen sei nicht nur eine seit langem<br />

erhobene integrationspolitische Forderung, sondern sie sei in Zeiten des Fachkräftemangels<br />

auch ein wichtiger Standortfaktor. Das habe die Bundes- und auch die<br />

<strong>Land</strong>espolitik mit der Änderung dieses Gesetzes umgesetzt.<br />

Hinweisen wolle sie noch auf die Tatsache, dass das Thema Berufsanerkennung mit<br />

dem Anerkennungsverfahren nicht aufhöre. In vielen Fällen gebe es nur eine Teilanerkennung,<br />

verbunden mit bestimmten Auflagen, etwa Qualifikationen nachzuholen<br />

oder - das komme immer wieder vor - es müsse ein bestimmtes Sprachniveau nachgewiesen<br />

werden. Letzteres sei oft schwer, weil die betroffene Person im Flächenland<br />

<strong>Brandenburg</strong> einen Sprachkurs finden müsse, der das nötige Niveau anbiete.<br />

Wegen der geringen Fallzahlen entstünden lange und nicht unerheblich mit finanziellem<br />

Aufwand verbundene Fahrtwege.<br />

In der Vergangenheit habe man erste Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel<br />

für Ärzte, Krankenpflegekräfte oder Ökonomen. Vor kurzem habe sie an der Eröffnung<br />

einer Fachhochschul-Qualifikation zur Fachkraft im Sozialbereich teilgenommen.<br />

Nicht wenige von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hätten täglich einen<br />

Anfahrtsweg von über zwei Stunden. Das zeige, wie gewünscht und wie notwendig


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

diese Angebote seien. Es spreche für die hohe Motivation und den dringenden<br />

Wunsch dieser Menschen, wirklich etwas zu tun und weiterzukommen.<br />

Das Netzwerk Integration durch Qualifizierung, das im Ministerium für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie angesiedelt sei und aus Bundesmitteln vom Bundesministerium<br />

für Arbeit und Soziales, der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung gefördert werde, prüfe derzeit, wo noch Qualifizierungsbedarfe<br />

und Sprachkurse notwendig seien. Ein neues Thema, dem man sich<br />

gewidmet habe, seien Bewerbungstrainings. Sie hoffe, dass der Bund spätestens ab<br />

2015 für die Qualifizierung noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stelle.<br />

Abgeordnete Schier (CDU) betont, dass sie dieses Gesetz für sehr wichtig halte. Es<br />

passe auch in den Ausschuss, angesichts dessen, dass man schon lange beklagt<br />

habe, dass hochqualifizierte Aussiedler wie verschwendete Ressourcen „brach lägen“.<br />

Deswegen habe der Bund mit diesem Gesetz etwas Gutes auf den Weg gebracht<br />

und <strong>Brandenburg</strong> als <strong>Land</strong> schließe sich jetzt an.<br />

Zur Kritik, dass einige Berufe ausgeschlossen seien, meine sie, dass man einerseits<br />

ganz dringend Lehrer brauche und in Physik und Chemie ändere sich wahrscheinlich<br />

nichts, aber die Lehrer müssten andererseits wirklich gute Sprachkenntnisse vorweisen.<br />

Das Gleiche gelte für Mediziner. Man erlebe heute schon in den Kliniken, dass<br />

dort um Worte gerungen werde. Die Fachkräfte müssten der deutschen Sprache<br />

mächtig sein. Ihr gehe das auch alles ein bisschen zu langsam voran. Aber wenn<br />

dann Zusatzqualifikationen abgeschlossen würden und es zum rechtsgültigen Abschluss<br />

komme, solle man sich eben noch ein halbes Jahr oder ein Jahr Zeit geben,<br />

um die Abschlüsse 100%ig anzuerkennen. Grundsätzlich finde sie das gut, auch in<br />

Bezug auf die Fachkräftesicherung.<br />

Der Gesetzentwurf sei federführend an den Wissenschaftsausschuss überwiesen<br />

worden. Dort sei das Thema auch originär angesiedelt. Sie wisse nicht, ob der Ausschuss<br />

noch eine Empfehlung geben solle, außer dass das Gesetz auf den Weg gebracht<br />

werden solle.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie habe zwei Probleme. Das eine<br />

sei, dass man sich auch mit dem Übergang beschäftigen solle, also bis zur vollständigen<br />

Anerkennung. Sie meine vor allen Dingen Lehrerinnen und Lehrer. In ihrem<br />

Wahlkreis habe es Schwierigkeiten gegeben, eine Hortbetreuerin, die sich wirklich<br />

bewährt habe, anzustellen, damit sie die Grundschule unterstütze.<br />

Ihre zweite Frage betreffe die Altersgrenzen. Es gebe viele hochqualifizierte Menschen,<br />

gerade auch Aussiedler, die mindestens über 40 oder 50 Jahre alt seien. Sie<br />

wolle wissen, ob es Altersgrenzen gebe, die ausschließen würden, dass man mittels<br />

Qualifizierung in so eine Fachkraft investiere.<br />

Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE) meint, alle seien froh, dass dieses Gesetz jetzt<br />

komme. Sie habe eine Nachfrage zum Verständnis. Frau Dr. Lemmermeier habe gesagt,<br />

es gebe bestimmte Berufsgruppen, die durch Spezialregelungen aus dem Anwendungsbereich<br />

genommen worden seien, und unter anderem auch das Problem


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der Lehrerinnen und Lehrer aufgezeigt. Sie wolle wissen, was den Lehrer und die<br />

Lehrerin vom Arzt unterscheide. Es gebe viele Ärzte, die sehr schnell in Krankenhäusern<br />

eingesetzt würden. Sie wolle wissen, wer darüber entscheide, wer sofort und<br />

schnell seine Anerkennung bekomme und wer vielleicht noch mit einer Spezialregelung<br />

oder mit einer Sonderregelung warten müsse.<br />

Die Vorsitzende ergänzt zur Situation der Lehrerinnen und Lehrer, dass es, um eine<br />

gute Lehrerin oder ein guter Lehrer zu sein, nicht wichtig sei, ob jemand ein guter<br />

Physiker oder guter Mathematiker sei. Aber sie unterstütze, was die Abgeordnete<br />

Schier gesagt habe. Voraussetzung sei immer die Beherrschung der deutschen<br />

Sprache. Das gelte auch bei anderen Berufsabschlüssen: Bei Ärztinnen und Ärzten<br />

gebe es zum Beispiel eine zentrale Anerkennung, die Sprachprüfung sei für alle<br />

gleich. Das könne sie sich für andere Berufsgruppen genauso vorstellen. Dann wäre<br />

die Problematik eigentlich nicht gegeben. Man könne auch zusätzlich so etwas wie<br />

ein Referendariat in verkürzter Form für drei Monate oder ein halbes Jahr einführen.<br />

Sie bitte zu erläutern, warum das nicht so überprüft würde.<br />

Frau Dr. Lemmermeier (Integrationsbeauftragte) meint, in Bezug auf die Lehrer<br />

müsse man das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport fragen. Der wesentliche<br />

oder wichtige Unterschied zwischen Lehrern und Medizinern sei zum Beispiel, dass<br />

in Osteuropa in der Regel nur ein Fach studiert werde und in Deutschland zwei. Die<br />

Menschen müssten dann ein zweites Fach nachholen. Bildung spiele im Föderalismus<br />

eine große Rolle und darauf legten auch die Länder großen Wert. Daher habe<br />

man das eigentlich fast immer für Lehrer und Lehrerinnen gesondert geregelt. Man<br />

könne überlegen, was man noch an Qualifikationen anbieten könne. Sprache spiele,<br />

da gebe sie der Abgeordneten Schier und allen anderen Recht, generell eine große<br />

Rolle. In <strong>Brandenburg</strong> sei es manchmal schwer, Sprachkurse zu finden, die das geforderte<br />

Niveau abdeckten.<br />

Altersgrenzen seien ihr nicht bekannt. Gerade in Bezug auf die Aussiedler, die schon<br />

lange im <strong>Land</strong> seien, bevor es diese Möglichkeit der Anerkennung gegeben habe, sei<br />

aber, wenn man ehrlich sei, der Zug abgefahren. Wer 20 Jahre aus dem Beruf raus<br />

sei und etwas ganz anderes gemacht habe, dem helfe die jetzige Änderung nicht<br />

mehr. Das sei nicht schön und für jeden einzelnen Fall eine schlimme Sache. Aber<br />

man könne diejenigen, die noch ein bisschen näher dran seien und die noch die<br />

Möglichkeit hätten, von der Neureglung profitieren lassen. Dies zeige eindeutig, dass<br />

es allerhöchste Zeit für so ein Gesetz gewesen sei.<br />

Herr Hoene (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur) ergänzt auf Nachfrage<br />

der Vorsitzenden, dass es in dem Gesetzentwurf keine Altersgrenzen gebe. Im<br />

ersten Artikel werde das allgemeine Verfahren über die Feststellung, ob etwas<br />

gleichwertig sei oder nicht, geregelt und was man mache, wenn die beruflichen Qualifikationen<br />

nicht gleichwertig seien. Eine kleine Einschränkung bestehe, wenn das<br />

Verfahren auf einen Beruf ausgerichtet sei, der zu einer Verbeamtung führe. Das sei<br />

aber nicht mehr Gegenstand des Gesetzes, sondern das seien die beamtenrechtlichen<br />

Voraussetzungen. Da gebe es Altersgrenzen. Das habe mit der Anerkennung<br />

nichts zu tun.


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Der entscheidende Unterschied zwischen Lehrern und Ärzten bestehe darin, dass<br />

Arzt ein bundesgesetzlich geregelter Beruf sei. Das treffe auf die meisten Berufe zu.<br />

Die Anerkennung richte sich dann nach dem Gesetz über die Feststellung der<br />

Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen des Bundes bzw. nach den dort geregelten<br />

über 60 Ausnahmen. Lehrer und die anderen vorhin angesprochenen Berufe seien<br />

landesrechtlich geregelte Berufe. Für die gebe es im Gesetz über die Feststellung<br />

der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen des Bundes keine Regelung. Deswegen<br />

sei hierfür ein <strong>Land</strong>esgesetz notwendig. Mit der Änderung des Lehrerbildungsgesetzes<br />

und den darauf aufbauenden Verordnungen sei man überholt worden.<br />

Deswegen gebe es diese - fast wörtlich inhaltsgleiche, aber an einer anderen Stelle<br />

geregelte - Bestimmung in der Lehramtsqualifikationsfeststellungsverordnung.<br />

Die Entscheidung, ob ein Beruf in das Gesetz einbezogen werde oder nicht, sei ein<br />

Gemeinschaftswerk aller Ressorts. Das fachlich zuständige Ressort habe im Ergebnis<br />

zu beurteilen, ob ein Beruf unter die allgemeine Regelung fallen könne. Das Gesetz<br />

sei insofern offen für Zuwachs. Wenn in einzelnen Berufen zukünftig auf Sonderregelungen<br />

verzichtet werden solle, gelte automatisch Artikel 1 - also das <strong>Land</strong>esberufsqualifikationsfeststellungsgesetz<br />

-, sodass es dann in Zukunft keiner Änderung<br />

bedürfe.<br />

Auf Nachfrage der Vorsitzenden, stellt Herr Hoene (Ministerium für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur) klar, dass ausländische Berufsabschlüsse bei Lehrerinnen<br />

und Lehrern im Lehrerbildungsgesetz bzw. über die Verordnungsermächtigung und<br />

zwei daraufhin erlassene Verordnungen berücksichtigt würden.<br />

Abgeordnete Muhß (SPD) meint, dass in „Provinzkrankenhäusern“ die Ärzteschaft<br />

inzwischen multikulturell sei. Sie habe eine Pension in Wünsdorf, in welcher einige<br />

Ärzte aus Jordanien und Palästina wohnten, die erst mal nur Ein-Jahres-Verträge<br />

bekämen und nur Deutsch im Goethe-Institut in Jordanien studiert hätten. Sie habe<br />

sich erst gewundert, aber nun verstanden, dass es Berufsgruppen gebe, die der Gesetzgebung<br />

des Bundes unterfielen. Der vorliegende Gesetzentwurf gelte nun für 28<br />

Berufsgruppen, für die das <strong>Land</strong> zuständig sei. Sie wundere sich aber, warum unter<br />

den bundesrechtlich geregelten Berufen allein die Ärzte so auffielen und frage sich,<br />

ob dies daran liege, dass man mit dieser Berufsgruppe am ehesten Kontakt habe. Es<br />

müsse doch andere Berufsgruppen geben, die vom Bund schon längst geregelt seien<br />

und bei denen das auch so problemlos funktioniere.<br />

Die Vorsitzende ergänzt aus ihrer Sicht als Gesundheitspolitikerin, dass diese Frage<br />

bei den Ärzten besonders auffalle, weil Ärzte dauernd im politischen Fokus stünden.<br />

Auch bei den Ärzten habe es Probleme gegeben, deshalb gebe es jetzt die bundeseinheitliche<br />

Regelung einer gleichen Sprachprüfung für Ärzte, was ursprünglich in<br />

den Ländern sehr unterschiedlich geregelt gewesen sei. In der Praxis habe es sehr<br />

unterschiedliche Niveaus des Beherrschens der Sprachkenntnisse gegeben. Die Anerkennung<br />

von ärztlichen Abschlüssen im Ausland habe man in der letzten Legislaturperiode<br />

auf den Weg gebracht.<br />

Die Vorsitzende stellt Einverständnis darüber fest, dass man den Tagesordnungspunkt<br />

abschließe, ohne eine Empfehlung an den Ausschuss für Wissenschaft, For-


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 20<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

schung und Kultur oder das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur abzugeben.<br />

Zu TOP 4:<br />

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des<br />

Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre<br />

2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG<br />

2013/2014) - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache<br />

5/7910), Einzelplan 07<br />

in Verbindung mit<br />

Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt<br />

und Finanzen<br />

Die Vorsitzende führt aus, dass für das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die<br />

Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre<br />

2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf<br />

der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07, drei Änderungsanträge<br />

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorlägen.<br />

Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) berichtet, dass es<br />

im Laufe des Haushaltsjahres 2013 bei einigen Ansätzen des Haushaltsplans erhebliche<br />

Veränderungen gegeben habe. Diese Veränderungen lägen im Entwurf des<br />

Nachtrags zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan 2013/2014 vor. Der Einzelplan<br />

07 sei von diesen Änderungen nur an einer Stelle betroffen. Diese Änderung<br />

befinde sich auf der Seite 230 des Gesetzentwurfes. Es handele sich um die Haushaltsstelle<br />

Kapitel 07 070 Titel 633 70 - Kostenerstattungen an örtliche Sozialhilfeträger.<br />

Dieser Titel beinhalte insbesondere die Kostenerstattungen für die Eingliederungshilfe<br />

für behinderte Menschen und für die Hilfe zur Pflege. Die Ausgaben würden<br />

sich bei diesem Titel um 23,2 Millionen Euro im Jahr 2014 erhöhen. Damit steige<br />

der Gesamtansatz von 397,6 Millionen Euro auf rund 420,9 Millionen Euro. Ursächlich<br />

für diese Veränderung sei, dass nunmehr zwischenzeitlich im Jahr 2013 die Ergebnisse<br />

des Kostenerstattungsverfahrens 2012 vorlägen und auf dieser Grundlage<br />

dann auch die Haushaltsansätze 2013/2014 neu kalkuliert worden seien.<br />

Es gebe im Wesentlichen drei Ursachen für diese Ansatzsteigerung von<br />

23,2 Millionen Euro. Ursache 1: Die Ausgaben der örtlichen Sozialhilfeträger in 2012<br />

seien höher gewesen als prognostiziert. Dies habe zu einer Anhebung der Basis und<br />

bei einer Fortschreibung über die Jahre zu einem Mehrbedarf allein in 2014 in Höhe<br />

von 5,1 Millionen Euro geführt.<br />

Punkt 2: In 2014 würden voraussichtlich Nachzahlungen für das Jahr 2013 fällig werden.<br />

Ursache sei, dass man auf Basis der Abrechnung 2012 den Gesamtkostenerstattungsbetrag<br />

für 2013 neu kalkuliert habe. Da werde deutlich, dass die mit den<br />

Kommunen vereinbarten Budgets nicht auskömmlich seien. Der zu zahlende Ausgleichsbetrag<br />

sei im Jahr 2014 fällig. Das beruhe auf der gesetzlichen Regelung,<br />

dass nicht im laufenden Jahr ein Ausgleich stattfinde, sondern dass der Spitzenaus-


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 21<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

gleich erst im darauffolgenden Jahr erfolge. Das mache allein im Jahr 2014 einen<br />

Betrag von rund 13,5 Millionen Euro aus.<br />

Der dritte Grund für die Ansatzsteigerung sei, dass man bei den Kalkulationen für<br />

den Haushaltsplan 2013/2014 mit einer Personal- und Sachkostensteigerung von<br />

2 % im Jahr 2014 gerechnet habe. Die zwischenzeitlichen Tarifsteigerungen im öffentlichen<br />

Dienst seien deutlich höher. Es sei zu erwarten, dass die Einrichtungsträger<br />

- auch vor dem Hintergrund eines teilweisen Arbeitskräftemangels im sozialen<br />

Bereich - hier einen Nachholbedarf geltend machen würden, dem sich das <strong>Land</strong> als<br />

Gesamtkostenträger nicht verschließen könne und wolle. Man habe daher die Ansätze<br />

für die Fortschreibung der Personal- und Sachkosten von 2 % auf 3 % angehoben.<br />

Das mache im Ergebnis einen Betrag von 3,4 Millionen Euro aus.<br />

Diese drei Beträge addiert, führten im Wesentlichen zu der Ansatzsteigerung bei dem<br />

Titel Kostenerstattungen an die Sozialhilfeträger im Jahr 2014.<br />

Er wolle an dieser Stelle auch auf zwei Ansatzveränderungen hinweisen, die nicht<br />

den Einzelplan 07 beträfen, sondern den Einzelplan 20 - Allgemeine Finanzverwaltung.<br />

Die Ansätze würden vom Ministerium bzw. vom <strong>Land</strong>esamt für Soziales und<br />

Versorgung bewirtschaftet.<br />

Es handele sich zum einen um die Haushaltsstelle Kapitel 20 030 Titel 633 11 - Erstattung<br />

von Kosten für die Unterbringung, Sozialleistungen und Gesundheitsuntersuchungen<br />

für ausländische Flüchtlinge und Aussiedler sowie nach § 108 SGB XII, in<br />

dem Entwurf auf Seite 281. Im Jahr 2013 bestehe gegenüber den bisherigen Ansätzen<br />

einen Mehrbedarf von 12,5 Millionen Euro und in 2014 einen Mehrbedarf von<br />

23,8 Millionen Euro. Ursächlich hierfür sei, dass die Zahl der Flüchtlinge, die das<br />

<strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> aufnehme, im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 stark angestiegen<br />

sei. Während das <strong>Land</strong> im Jahr 2012 eine Aufnahmeverpflichtung für 1 389<br />

Personen eingegangen sei, werde sich, wenn man die Prognose des Bundesamtes<br />

für Migration und Flüchtlinge zugrunde lege, die Zahl der Antragsteller auf Asyl auf<br />

rund 3 300 erhöhen. Diesen Fallzahlanstieg habe man im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens<br />

2013/2014 nicht vorhergesehen und dementsprechend im<br />

Haushaltsansatz nicht abgebildet. Mit dem Nachtragshaushalt solle eine entsprechende<br />

Korrektur vorgenommen werden.<br />

Dann weise er auf den Mehrbedarf bei der Haushaltsstelle Kapitel 20 710 Titel<br />

631 11 - Erstattungen an den Bund für Zusatzversorgungssysteme - hin. Es bestehe<br />

ein Mehrbedarf in Höhe von 9,5 Millionen Euro im Jahr 2013 und in Höhe von rund<br />

23,5 Millionen Euro im Jahr 2014. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz<br />

regele die Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der WBA<br />

und deren Überführung in die allgemeine gesetzliche Rentenversicherung. Nach § 15<br />

dieses Gesetzes würden dem Bund die entstehenden Aufwendungen von den neuen<br />

Ländern in Höhe von 60 % ersetzt.<br />

Als der Haushaltsplan 2013/2014 aufgestellt worden sei, hätten die entsprechenden<br />

Ansätze des Bundeshaushalts noch nicht vorgelegen. Auf der Grundlage der jetzt<br />

vorliegenden Ansätze des Bundes und auf der Grundlage eines Bevölkerungs-


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44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

schlüssels von 17,76 % - dem Bevölkerungsanteil <strong>Brandenburg</strong>s an der Gesamtbevölkerung<br />

der neuen Länder - sei diese Nachsteuerung im Nachtragshaushalt vonnöten.<br />

Abgeordnete Schier (CDU) bedankt sich für die Ausführungen. Sie verstehe nicht,<br />

dass Tarifabschlüsse angeführt würden. Jeder gute Haushälter rechne Tariferhöhungen<br />

mit ein. Das könne nicht als Grund für Mehrbedarf angeführt werden. Man habe<br />

einen Aufwuchs von 23 Millionen Euro und das seien Nachzahlungen. Vor dem Hintergrund<br />

der demografischen Entwicklung frage sie, ob die Zahl realistisch sei oder<br />

man sie nicht noch viel höher hätte ansetzen müssen.<br />

Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) antwortet, dass<br />

man Vorsorge für Personal- und Sachkostensteigerungen in Höhe von 2 % getroffen<br />

habe. Im Ergebnis der Tarifsteigerungen zeichne sich ab, dass diese Zahl nicht ausreichend<br />

sein werde und deswegen erfolge die Erhöhung um ein weiteres Prozent.<br />

Vorsorge sei getroffen worden, aber sie sei nicht ganz ausreichend gewesen.<br />

Die Zahlen, die man jetzt als Nachzahlungen vorgesehen habe, beruhten auf dem<br />

Ergebnis des Kostenerstattungsverfahrens 2012 und seien insoweit erhärtet. Die Abrechnung<br />

für das Jahr 2013 habe man nicht. Aber man habe auf der Basis der Abrechnung<br />

für das Jahr 2012 neu kalkuliert und den voraussichtlichen Gesamterstattungsbetrag<br />

für das Jahr 2013 berechnet.<br />

Das Problem bei der gesamten Kostenerstattung sei, dass die Ansätze in den Jahren<br />

2006 bis 2009 im Finanzausgleichsgesetz pauschal nachgewiesen worden seien.<br />

Erst seit dem Jahr 2010 gebe es ein Kostenerstattungsverfahren. Die Zahlenreihen,<br />

mit denen man bessere Prognosen für die Zukunft abgeben könne, müssten sich erst<br />

langsam im Laufe der Jahre herausbilden.<br />

Die Summe von 23 Millionen Euro höre sich viel an, andererseits sei das auch ein<br />

Gesamtansatz von über 400 Millionen Euro. Wenn man beispielsweise bei Kosten<br />

der Insolvenzberatungsstellen beim Ansatz von 1,5 Millionen Euro um 3 % daneben<br />

liege, dann würde sich das sozusagen „nur“ um 45.000 Euro handeln. Man würde<br />

fast sagen, dass man eine Punktlandung gemacht habe.<br />

Die Vorsitzende bedankt sich für die Erläuterungen. Sie schlage vor, in der Reihenfolge<br />

der schriftlich vorliegenden Anträge vorzugehen. Sie bitte die Abgeordnete<br />

Nonnemacher, ihre drei Anträge zu begründen.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) meint, dies könne sie relativ kurz halten.<br />

Es handele sich um die ceterum censeo -Anträge ihrer Fraktion, die sie schon mehrfach<br />

begründet habe. Es handele sich wieder um die 300.000 Euro Steigerung für die<br />

Frauenhäuser zur Versorgung von von Gewalt bedrohten Frauen und ihren Kindern.<br />

Es handele sich weiter um eine Antragsteigerung um 100.000 Euro wegen der untertariflichen<br />

Bezahlung von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern in landesweiten<br />

Verbänden. Auch diesen Antrag habe sie bei den letzten Haushaltsberatungen<br />

schon gestellt, weil sie das weiterhin für ein großes Problem halte.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 23<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Es handele sich schließlich um eine Ansatzerhöhung um 100.000 Euro Projektförderung<br />

im Bereich der <strong>Land</strong>esverbände AndersARTiG e. V. und Bündnis Faires <strong>Brandenburg</strong>.<br />

Die Deckungsquelle sei bei allen drei Anträgen dieselbe: Zinsen für Kreditmarktmittel.<br />

Sie sei der Meinung, dass man bei den guten Einnahmeverhältnissen momentan<br />

aufgrund der letzten Steuerschätzung und der Niedrigzinsphase diesen Posten in<br />

dieser Höhe nicht ausschöpfen werde und dass man daraus die Gegenfinanzierung<br />

bewerkstelligen könne.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint zu dem Antrag zur Bezahlung von Geschäftsführerinnenstellen,<br />

dass es zwischenzeitlich eine Erhöhung gegeben habe.<br />

Sie wolle wissen, ob die in dem Antrag angeführten 80 % der Personaldurchschnittskosten<br />

das seien, was man momentan mit der bereits erfolgten Erhöhung habe.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) erinnert, dass die Koalitionsfraktionen im<br />

Zuge der Haushaltsberatungen zugegeben hätten, dass es mit der sehr stark untertariflichen<br />

Bezahlung der Geschäftsführerinnen ein Problem gebe. Es sei dort ein<br />

wenig nachgebessert worden. Das sei aber bei weitem nicht ausreichend gewesen,<br />

um die Eingruppierung, die eigentlich angemessen wäre, zu erzielen.<br />

Die Vorsitzende erinnert, dass man den Anteil des <strong>Land</strong>es an den Stellen der Geschäftsführerinnen<br />

für die tarifliche Höherbezahlung erhöht habe. Aber das <strong>Land</strong><br />

zahle ja nicht die komplette Stelle der Geschäftsführerin. Für den Anteil des <strong>Land</strong>es<br />

habe man mehr Mittel für die Anpassung zur Verfügung gestellt, aber nicht für den<br />

anderen Anteil. Das wäre dann so weiter zu finanzieren, sicher auch über einen höheren<br />

Anteil der anderen Stellen oder Kostenträger.<br />

Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) meint, die Förderung<br />

sei im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 von 41.900 Euro auf 50.000 Euro<br />

angehoben worden. Bemessungsgrundlage sei dabei die Entgeltgruppe 9 gewesen<br />

und davon 80 % plus anteilige Sachkosten. Daran habe man sich orientiert und nie<br />

angestrebt - und das sei auch nicht sinnvoll - zu einer Vollförderung zu kommen. Man<br />

erwarte, dass sich der Zuwendungsempfänger auch über Spenden oder Mitgliedsbeiträge<br />

finanziere oder refinanziere. Er verweise in dem Zusammenhang auf die<br />

Schwangerschaftskonfliktberatung. Da habe man einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag<br />

und selbst dort würden nicht mehr als 80 % der notwendigen Personalkosten<br />

finanziert. Das sei mittlerweile gerichtsfest überprüft.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) entgegnet, dass ihre Fraktion dies kritisiere.<br />

Die Verbände seien nicht in der Lage, die 20 % kozufinanzieren, was de facto<br />

dazu geführt habe, dass die entsprechenden Beschäftigten weit unterhalb der vorgesehenen<br />

Entgeltgruppe eingruppiert seien. Dies erachte sie weiterhin für einen Missstand.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie achte das, was die Abgeordnete<br />

Nonnemacher sage. Sie könne verstehen, dass sie diese Anträge immer aufrufe,<br />

wenn Gelegenheit sei. Für den <strong>Land</strong>esverband der Lesben und Schwulen und auch


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 24<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

für den Frauenpolitischen Rat für die Geschäftsstellenleiterin sollte ein bisschen mehr<br />

Geld sein. Aber bei der Beschlussfassung eines Nachtragshaushalts habe sie<br />

Schwierigkeiten, wenn Dinge angesprochen würden, die im Haushalt ausdiskutiert<br />

und beschlossen worden seien. Für einen Nachtragshaushalt müssten - wenn sie<br />

das richtig verstehe - tatsächlich neue Bedingungen eingetreten sein. Die sehe sie<br />

leider in diesem Punkt nicht, abgesehen davon, dass man für die Finanzierung der<br />

Frauenhäuser, ganz besonders was den Kinderschutz angehe, noch andere Finanzierungsmöglichkeiten<br />

über Jugendhilfe usw. habe.<br />

Die Vorsitzende schließt den Austausch über die Begründung der Änderungsanträge<br />

und eröffnet die Abstimmung.<br />

1. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />

07 080 Titel 633 65 (Seite 96 - Zuschüsse an <strong>Land</strong>kreise und kreisfreie Städte);<br />

Förderung von Hilfsangeboten in Frauenhäusern für gewaltbetroffene<br />

Frauen und ihre Kinder; Aufstockung um 300.000 Euro:<br />

Abstimmungsergebnis<br />

dafür dagegen Enthaltungen<br />

Änderungsantrag 1 4 6 0<br />

2. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />

07 080 Titel 684 65 (Seite 98 - Zuschüsse an freie Träger); Zuschüsse für<br />

Lesben- und Schwulenpolitik; Aufstockung um 100.000 Euro:<br />

Abstimmungsergebnis<br />

dafür dagegen Enthaltungen<br />

Änderungsantrag 2 2 6 2<br />

3. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />

07 080 Titel 684 65 (Seite 98 - Zuschüsse an freie Träger); Zuschüsse für die<br />

Geschäftsführung landesweiter Verbände; Aufstockung um 100.000 Euro:<br />

Abstimmungsergebnis<br />

dafür dagegen Enthaltungen<br />

Änderungsantrag 3 1 6 3


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44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, vor dem Hintergrund der unter TOP 1<br />

geführten Debatte beantrage ihre Fraktion, dass man 500.000 Euro zur Förderung<br />

und zur Entwicklung von Projekten für ehrenamtliche Betreuung durch die Betreuungsvereine<br />

in den Nachtragshaushalt einstelle.<br />

Sie habe diesen Antrag nicht schriftlich eingereicht, aber im Vorfeld mündlich angekündigt.<br />

Sie sei von der naiven Vorstellung ausgegangen, man könne daraus einen<br />

Ausschussantrag machen. Wie sie vorhin in der Diskussion festgestellt habe, sei das<br />

wohl etwas danebengegangen. Aus diesem Grund sehe sie sich genötigt, den Antrag<br />

einfach in dieser Form zu stellen und würde ihn schriftlich nachreichen.<br />

Die Vorsitzende fragt, wie das gegenfinanziert werden solle. Es müsse ja eine neue<br />

Haushaltsstelle geschaffen werden, um 500.000 Euro für die Unterstützung der Betreuungsvereine<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, die Gegenfinanzierung solle aus den<br />

Verwaltungseinnahmen erfolgen. Sie glaube, das seien 65 Millionen Euro. Davon<br />

könne man 500.000 Euro zur Verfügung stellen.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) entgegnet, sie sei da ein bisschen konservativ.<br />

Man habe sich im ersten Tagesordnungspunkt auch über die finanzielle Frage<br />

zum Nachtragshaushalt ausgetauscht. Die Unterstützung für die Betreuungsvereine<br />

sei sehr differenziert, sehr kritisch diskutiert worden.<br />

Wenn man diesen Antrag abstimmen wolle, dann solle er auch schriftlich vorliegen.<br />

Es gebe keinen schriftlichen Antrag. Deshalb beantrage sie, dass man heute nicht<br />

darüber abstimme.<br />

Die CDU-Fraktion habe jede Möglichkeit, einen Antrag an den Haushaltsausschuss<br />

zu stellen - dahin oder in den Rechtsausschuss gehöre er - aber nicht in diesem<br />

Ausschuss ohne einen schriftlich formulierten Antrag. Vielleicht sehe sie das falsch,<br />

aber sie sehe das so.<br />

Die Vorsitzende meint, über die Geschäftsordnung habe man schon am Rande der<br />

Sitzung gesprochen. Es wäre für sie die leichteste Übung gewesen, sich auf die Geschäftsordnung<br />

zurückzuziehen, nach der Anträge schriftlich vorliegen müssten; und<br />

zu sagen, dass es keinen schriftlichen Antrag gebe und man ihn nicht behandele.<br />

Das wollte man nicht, weil das Thema unter TOP 1 inhaltlich diskutiert worden sei.<br />

Die Abgeordnete Schulz-Höpfner habe dort vorher angekündigt, diesen Antrag zu<br />

stellen. Sie denke, man könne über den Antrag abstimmen.<br />

Nach einer kurzen Unterbrechung meint die Vorsitzende, dass in § 48 der Geschäftsordnung<br />

des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es stehe, dass Änderungsanträge schriftlich eingereicht<br />

werden müssten. Es gebe nach § 100 der Geschäftsordnung des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es die<br />

Möglichkeit, hiervon abzuweichen. Dann dürfe aber kein Abgeordneter oder keine<br />

Abgeordnete widersprechen. Da aber die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener wider-


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

sprochen habe, könne man diese Ausnahme nicht mehr zulassen. Das bedeute, man<br />

könne diesen Antrag nicht abstimmen.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) entgegnet, sie nehme das mit großem Widerwillen<br />

zur Kenntnis, weil sie davon ausgegangen sei, man könne daraus vielleicht<br />

einen Ausschussantrag machen, da ja alle diese - wie vorhin gesagt worden sei -<br />

neuen Gesichtspunkte gehört und gelesen hätten. Ihre Fraktion werde versuchen,<br />

das beim Finanzausschuss noch in den Geschäftsgang zu bekommen.<br />

Die Vorsitzende meint, in den Haushalts- und Finanzausschuss könne es auch als<br />

eigener Antrag eingebracht werden. Dass dies kein Ausschussantrag werden könne,<br />

sei bei der Diskussion unter TOP 1 ganz deutlich geworden. Alle seien sich im Anliegen<br />

ganz einig gewesen, aber nicht im Zeitpunkt, nicht in der Höhe und Herkunft und<br />

Zielrichtung der Mittel.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, es gehe ihr nicht nur um die Diskussion<br />

unter TOP 1. Sie habe vor ein paar Tagen angezeigt, dass sie dieses Vorhaben einbringen<br />

wolle und das an die Fraktionen übermitteln lassen, damit die Abgeordneten<br />

miteinander noch mal diskutierten. Sie sei davon ausgegangen, dass man daraus<br />

eventuell hier einen Ausschussantrag machen könne. Der Gedanke sei nicht aus<br />

einer plötzlichen Reaktion aus der Debatte unter TOP 1 entstanden.<br />

Die Vorsitzende meint, sie könne nur das sagen, was sich aus der Debatte ergeben<br />

habe. Sie denke, alle seien sich einig, dass dieser Antrag dann im Ausschuss für<br />

Haushalt und Finanzen gestellt werden solle.<br />

Nunmehr könne man insgesamt über den Einzelplan 07 des Nachtragshaushaltes<br />

abstimmen.<br />

Abstimmung:<br />

Abstimmungsergebnis<br />

dafür dagegen Enthaltungen<br />

Einzelplan 07 6 4 0<br />

Damit sei der Nachtragshaushalt mehrheitlich bestätigt worden und das werde die<br />

Empfehlung des Ausschusses für den Haushalts- und Finanzausschuss sein.<br />

Sie bitte jetzt schon die Abgeordnete Schier als ihre Vertreterin, den Termin am<br />

7. November 2013 im Haushalts- und Finanzausschuss wahrzunehmen. Da gebe es<br />

immer eine Einladung an die Vorsitzenden der mitberatenden Ausschüsse für die<br />

Vorstellung der Stellungnahme des Ausschusses.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 27<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Zu TOP 5:<br />

Verschiedenes<br />

Zu TOP 5.1: Anliegen der Ausschussmitglieder<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) weist auf die Resonanz auf die Diskussion zu<br />

den Sozialbestattungen in der letzten Sitzung hin. Die CDU-Fraktion habe ursprünglich<br />

auch mit den kommunalen Spitzenverbänden sprechen wollen. Nun habe der<br />

Städte- und Gemeindebund mitgeteilt, dass es demnächst eine Sozialdezernentenveranstaltung<br />

gebe, von deren Ergebnis er den Ausschuss unterrichten wolle.<br />

Zu TOP 5.2: Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />

Die Vorsitzende meint, dass allen Ausschussmitgliedern die Broschüre „Inklusion<br />

hat viele Gesichter“ als Zwischenbericht zum Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket<br />

zugesendet worden sei. Positiv anzumerken sei, dass diese auch in leichter<br />

Sprache verfasst sei.<br />

Zu TOP 5.3: Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung<br />

Die Vorsitzende meint, dass für die nächste Sitzung am 13. November 2013 bereits<br />

die folgenden Tagesordnungspunkte benannt worden seien:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Behandlung von Änderungsanträgen zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes -<br />

Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724) - und Erarbeitung<br />

einer Beschlussempfehlung und des Berichtes an den <strong><strong>Land</strong>tag</strong>,<br />

Verständigung über Einzelheiten des geplanten Fachgesprächs „Ehrenamtliche<br />

Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ mit Benennung von<br />

Teilnehmern und Fragen bis zum 6. November 2013, fraktionsintern abgestimmt<br />

mit den Mitgliedern des Rechtsausschusses, sowie über die Einladung<br />

des Rechtsausschusses,<br />

Zwischenbericht zum Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket - Information<br />

des Beauftragten der <strong>Land</strong>esregierung für die Belange behinderter Menschen<br />

in <strong>Brandenburg</strong>,<br />

Soweit die Evaluation und Handlungsempfehlungen vorlägen: Sachstand zur<br />

Weiterentwicklung der Familienbildung im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> mit einem<br />

schriftlichen Vorbericht des Ministeriums,<br />

Information des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie über das<br />

Verfahren zum Ersten Gesetz zur Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Vergabegesetzes.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 28<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) schlägt vor, über den Stand der Umsetzung<br />

des Operationellen Programmes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für den Europäischen Sozialfonds<br />

in der laufenden Förderperiode 2007 - 2013 und einen Ausblick für den<br />

Entwurf des Operationellen Programmes der nächsten EU-Förderperiode berichten<br />

zu lassen.<br />

Die Vorsitzende bedankt sich abschließend für die gute Zusammenarbeit und<br />

wünscht den Anwesenden persönlich alles Gute. Die Mitglieder des Ausschusses für<br />

Arbeit, Soziales, Frauen und Familie sowie Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder bedanken<br />

sich ebenfalls und verabschieden die Vorsitzende herzlich.<br />

Die Vorsitzende schließt die Sitzung.<br />

(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss des Ausschusses gemäß § 83 Satz 3 GOLT in der 45. Sitzung<br />

am 13. November 2013 bestätigt.)<br />

Anlage<br />

Stellungnahme zum Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - Einzelplan 07 - an den<br />

Ausschuss für Haushalt und Finanzen (TOP 4)


Anlage<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> 29. Oktober 2013<br />

5. Wahlperiode<br />

Stellungnahme<br />

des AusschusSes für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />

zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des<br />

<strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz<br />

2013/2014 - NTHG 201312014)<br />

- Drucksache 5/7910 -<br />

Einzelplan 07 - Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Berichterstatterin:<br />

Abgeordnete Roswitha Schier (CDU)


Beschlussempfehlung:<br />

Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen möge dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong> den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes<br />

2013/2014 (Drucksache 5/7910) - Einzelplan 07 - in unveränderter<br />

Fassung zur Annahme empfehlen.<br />

Bericht<br />

A. Allgemeines<br />

Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> hatte den Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung - Gesetz zur Änderung des<br />

Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die<br />

Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014)<br />

- Drucksache 517910 - in seiner 81. Sitzung am 25. September 2013 an den Ausschuss für<br />

Haushalt und Finanzen - federführend - und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie, an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, an den Ausschuss<br />

für Inneres, an den Rechtsausschuss sowie an den Ausschuss für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur überwiesen.<br />

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie befasste sich mit dem oben genannten<br />

Gesetzentwurf, hier speziell mit dem Einzelplan 07 - Ministerium für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie -, in seiner 44. Sitzung am 23. Oktober 2013.<br />

B. Beratung<br />

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie stellte den Mitgliedern des Ausschusses<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie den Entwurf des Einzelplanes 07 im<br />

Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 in seinen Grundzügen vor. Durch gezielte Nachfragen<br />

verschafften sich die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />

Familie einen Überblick über die Änderungen des Haushaltsplanes.<br />

Zu der Beratung am 23. Oktober 2013 lagen dem Ausschuss drei Änderungsanträge der<br />

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.<br />

Der erste Änderungsantrag beinhaltete eine Aufstockung der Mittel um 300.000 Euro für<br />

die Förderung von Hilfsangeboten für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder, die in<br />

Frauenhäusern leben. Als Deckungsquelle wurden Mittel des FinzelplanS 20 - Allgemeine<br />

Finanzverwaltung -, die für Zinsen für Kreditmarktmittel bestimmt sind, herangezogen. Der<br />

Änderungsantrag fand mit vier Jastimmen und sechs Neinstimmen keine Mehrheit.<br />

Der zweite Änderungsantrag zielte auf Zuschüsse an freie Träger in Höhe von 100.000<br />

Euro für die Lesben- und Schwulenpolitik. Als Deckungsquelle wurden wiederum Mittel für<br />

Zinsen für Kreditmarktmittel benannt. Der Änderungsantrag wurde mit zwei Jastimmen,<br />

sechs Neinstimmen und zwei Enthaitungen mehrheitlich abgelehnt.<br />

Schließlich setzte sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit ihrem dritten Änderungsantrag<br />

für eine Aufstockung der Zuschüsse an freie Träger um 100.000 Euro mit dem<br />

Ziel ein, die Vergütung der Geschäftsführerstellen der. Verbände zu erhöhen. Als Deckungsquelle<br />

dienten wiederum Mittel für Zinsen für Kreditmarktmittel,<br />

2


Auch dieser Änderungsantrag fand mit einer Jastimme, sechs Neinstimmen und drei , Enthaltungen<br />

keine Mehrheit.<br />

Die CDU-Fraktion kündigte an, dass sie im Ausschuss für Haushalt und Finanzen beantragen<br />

werde, zur Förderung der Betreuungsvereine 500.000 Euro in den Nachtragshaushalt<br />

einzustellen.<br />

Im Ergebnis der Beratung beschloss der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

mehrheitlich gegen die Stimmen der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion<br />

BÜNDNIS 90/D1E GRÜNEN, den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2013/2014 -<br />

Einzelplan 07 - in unveränderter Fassung zur Annahme zu empfehlen.<br />

Roswitha Schier<br />

Berichterstatterin und stellvertretende Vorsitzende •<br />

des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Anlagen<br />

Anlage 1:<br />

Anlage 2:<br />

Gesamtübersicht<br />

drei Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />

3


Anlage 1<br />

Stellungnahme<br />

des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />

zum Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2013/2014<br />

Gesamtübersicht<br />

Einzelplan 07<br />

Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

NTHG-Entwurf<br />

2013<br />

Beschlüsse des<br />

Ausschusses für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und<br />

Familie<br />

+!-<br />

Beträge in Euro<br />

Neuer Ansatz<br />

2013<br />

Gesamteinnahmen 673.600 673.600<br />

Gesamtausgaben 439.405.200 - - 439.405.200<br />

Verpflichtungs- 0 0<br />

ermächtigungen .<br />

Stellen 0<br />

NTHG-Entwurf<br />

2014<br />

Beschlüsse des<br />

Ausschusses für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und<br />

Familie<br />

+1-<br />

Beträge in Euro<br />

Neuer Ansatz<br />

2014<br />

Gesamteinnahmen 586.700 _ - 586,700<br />

Gesamtausgaben , 480.426,800 480,426.800<br />

Verpflichtungsermächtigungen<br />

0 - - 0<br />

Stellen 0 0


• Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014 An age, 2.<br />

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN<br />

Einzelplan (Text): 07 Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Seite: 96 Kapitel: 07 080 Titel: 633 65<br />

Zweckbestimmung: Zuweisung an <strong>Land</strong>kreise und kreisfreie Städte .<br />

Stichwort: Förderung von Hilfsangeboten in Frauenhäusern für gewaltbetroffene Frauen<br />

und ihre Kinder<br />

Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />

900.000 € , 900.000 €<br />

Änderung (+1-): Änderung ( +/-):<br />

0 C 300000€<br />

Ansatz neu:<br />

Ansatz neu:<br />

900.000 € • 1.200.000,-- €<br />

2013 Deckung<br />

bei:<br />

Seite Kapitel Titel Stichwort n Höhe von<br />

insgesamt: 0 €<br />

r2014<br />

Deckung<br />

bei:<br />

Seite<br />

Kapitel<br />

Titel<br />

Stichwort<br />

73 20 650 575 10<br />

Zinsen für<br />

Kreditmarktmittel<br />

insgesamt:<br />

in Höhe von<br />

300.000 €<br />

300,000 €<br />

ÜaUShaltiverrnerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />

Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />

Begründung:<br />

Die Erhöhung der Zuweisung an die <strong>Land</strong>kreise und kreisfreien Städte ist für<br />

Frauenhäuser vorgesehen, um dort sozialpädagogische und -therapeutische Angebote für<br />

die in Frauenhäusern lebenden Kinder bereitzustellen,<br />

Im Jahr 2012 waren 632 Frauen und 678 Kinder in <strong>Brandenburg</strong>er Frauenhäusern<br />

untergebracht. .<br />

Bisher standen für die Arbeit mit Kindern, die im Frauenhaus leben keine . Mittel•zur<br />

Verfügung, diese sind notwendig, damit die Kinder ihre durch Gewalt geprägten<br />

Erfahrun en bearbeiten können.<br />

Atstinnnnungsergebnis<br />

Facha<br />

Auss Ft+ ss Haushalt und Finanzen<br />

JA NEIN Enthaltung<br />

E-7iNGEGANGEN<br />

A e V el<br />

Bund 90/Die Grünen •<br />

• 1 a OKT. 2(113


Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014 Anrage 2.<br />

Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN<br />

Einzelplan (Text): 07 Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Seite: 98 Kapitel: 07 080 Titel: 684 65<br />

Zweckbestimmung: Zuschüsse an freie Träger<br />

TGr, 65 Förderung von Frauen und Familie.<br />

-Mittel zur Projektförderung im Bereich der <strong>Land</strong>esverbände AndersARTIG<br />

13 jillue.s_Eltaiaderabur_g<br />

tichwort: Zuschüsse für Lesben- und Schwulenpolitik<br />

Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />

1.198.200 € 1.131.300€<br />

Änderung (+1-): Änderung ( +1-):<br />

0€ 100.000€<br />

Ansatz neu: . Ansatz neu:<br />

1.198.200,-- € 1.231.300,-- €<br />

12013 Deckung<br />

bei:<br />

Seite Kapitel Titel Stichwort in Höhe von<br />

insgesamt: 0€<br />

2014 Deckung<br />

bei:<br />

Seite<br />

Kapitel<br />

73<br />

20 650<br />

Titel<br />

575 10<br />

Stichwort<br />

Zinsen für<br />

Kreditmarktmittel<br />

in Höhe von<br />

100.000 €<br />

nsgesamt: 100.000 €<br />

Haushaltsvermerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />

Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />

Begründung:<br />

Die Rechte von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen (LSBT) sollen gestärkt<br />

werden. Deshalb ist eine Erhöhung der Mittel für Projektförderung und dort insbesondere der<br />

<strong>Land</strong>eszuweisog für die förderfähigen Personalkosten notwendig]<br />

EINGEGANGEN<br />

el og I<br />

undnisk/Die Grünen<br />

16. OKT. 2013<br />

7 3--43 -93-<br />

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Eriedigt.,.>?/>,v<br />

AtSn MAU<br />

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Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014<br />

Änderungsantrag der Fraktion BündniS 90 / DIE GRÜNEN<br />

. falte<br />

Einzelplan (Text): 07 Ministerium fiür Arbeit, Soziales ; Frauen<br />

und Familie<br />

Seite: 98 Kapitel: 07 080 Titel: 684 65<br />

Zweckbestimmung: Zuschüsse an freie Träger<br />

TGr. 65 Förderung von Frauen und Familie<br />

-Untertarifliche Bezahlung der Geschäftführerinnenstellen in landesweiten Verbänden<br />

(Stichwort: Zuschüsse für die Geschäftsführung landesweiter Verbände<br />

-----<br />

Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />

Änderung (+/•):<br />

Ansatz neu:<br />

1.198.200 € 1.131.300 €<br />

Änderung ( +1-):<br />

€<br />

100.000 €<br />

Ansatz neu:<br />

1.198.200,-- €<br />

1.231.300,-- €<br />

2013 Deckung<br />

bei:<br />

Seite Kapitel Titel<br />

Stichwort in Höhe von<br />

insgesamt:<br />

0 €<br />

014 Deckung<br />

bei:<br />

[<br />

Seite<br />

Kapitel Titel<br />

• Stichwort n Höhe von<br />

73<br />

20 650 575 10 Zinsen für<br />

Kreditmarktmittel<br />

100.000 €<br />

insgesamt: . 100.000 €<br />

Haushaltsvermerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />

Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen) .<br />

Begründung:<br />

Seit 2008 wurde die Bemessungsgrundlage für die Zuwendungen der förderfähigen<br />

Personalkosten zur Förderung der frauen-, gleichstellungs- sowie familienpolitischen Arbeit auf<br />

die Entgeltgruppe E 9 TV- .L festgelegt. Lediglich bis zu 80 % der Personaldurchschnittskosten<br />

dieser Entgeltppe werden bezahlt. Eine Anhebung ist seither nicht erfolgt.<br />

EINGEGANGEN<br />

nd fs90/Die Grünen<br />

Erledigt<br />

1 6. 01(i. 2013<br />

.3- - 43'9-3<br />

-see i4v1+1747<br />

iti»..(F<br />

tevmtkUveell2-Q,GP>M 1 4 ;<br />

r-AcPeA\%C.,\AW


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2<br />

5. Wahlperiode<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Protokoll - Teil 2<br />

44. Sitzung (öffentlich)<br />

23. Oktober 2013<br />

Potsdam - Haus des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es<br />

09.00 Uhr bis 14.35 Uhr<br />

Vorsitz:<br />

Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />

Protokoll:<br />

Stenografischer Dienst<br />

Anwesende Ausschussmitglieder:<br />

Helga Böhnisch (DIE LINKE)<br />

Andreas Büttner (FDP)<br />

stellvertretend Martina Gregor-Ness (SPD)<br />

Prof. Dr. Sieglinde Heppener (SPD)<br />

stellvertretend René Kretzschmar (DIE LINKE)<br />

stellvertretend Ina Muhß (SPD)<br />

Ursula Nonnemacher (GRÜNE/B90)<br />

Roswitha Schier (CDU)<br />

Monika Schulz-Höpfner (CDU)<br />

Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />

Datum der Ausgabe: 15.11.2013


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 2<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Tagesordnung:<br />

Teil 1<br />

1. Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über rechtliche<br />

Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />

in Verbindung mit<br />

Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />

Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ (Drucksache 5/7774) und<br />

Beschlussfassung zum Antrag der CDU-Fraktion auf Durchführung eines<br />

Fachgespräches zu dieser Thematik<br />

- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und Familie<br />

Teil 2<br />

2. Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes - Gesetzentwurf der<br />

<strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724)<br />

Fortsetzung Teil 1<br />

3. Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung<br />

und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen - Gesetzentwurf<br />

der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7921)<br />

4. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz<br />

2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf der<br />

<strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07<br />

in Verbindung mit<br />

Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />

5. Verschiedenes<br />

5.1 Anliegen der Ausschussmitglieder<br />

5.2 Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />

5.3 Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 3<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Aus der Beratung:<br />

Vorsitzende:<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Ich begrüße Sie herzlich zu unserem<br />

Tagesordnungspunkt 2, den ich hiermit aufrufe:<br />

Zu TOP 2:<br />

Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />

- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724)<br />

Diese Drucksache wurde mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung<br />

und Kultur überwiesen. Ich freue mich, die Kolleginnen und Kollegen des<br />

Ausschusses und die Referentinnen und Referenten heute hier begrüßen zu dürfen.<br />

Wir haben bereits unkonventionell vereinbart, dass alle gemeinsam ein Anhörungsund<br />

Rederecht haben. Wir können nachher so verfahren. Ich begrüße weiterhin die<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte, Frau Hübner, die selbstverständlich bei unserer<br />

Anhörung anwesend ist. Sie war maßgeblich an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs<br />

beteiligt.<br />

Wir haben beschlossen, zehn Anzuhörende für heute einzuladen. Wir haben eine<br />

Absage von Frau Dalhoff erhalten. Uns sind sechs schriftliche Stellungnahmen vorab<br />

und zwei schriftliche Stellungnahmen heute als Tischvorlage zugegangen. Wir haben<br />

eine schriftliche Stellungnahme des Bauindustrieverbandes Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

per Mail (Anlage 11) weitergeleitet.<br />

Ich freue mich, heute unsere Gäste begrüßen zu können. Ich nenne Sie gleich in der<br />

Reihenfolge, in der wir Sie anhören werden. Ich konnte Sie nicht alle persönlich begrüßen,<br />

denn wir hatten einen ausführlichen ersten Tagesordnungspunkt. Ich begrüße<br />

herzlich Frau Schlüter vom <strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> und Herrn Grugel vom<br />

Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong>, Frau Szczepanski und Frau Dörnenburg<br />

von der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>. Ich begrüße außerdem Frau Ulrike Häfner und Frau Heiderose Gerber<br />

vom Frauenpolitischen Rat <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> ebenso wie Herrn Dr. Jan Redmann<br />

von Kapellmann und Partner Rechtsanwälte. Das ist der erste Anhörungsblock.<br />

Ich begrüße ebenfalls herzlich die Anzuhörenden des zweiten Anhörungsblocks:<br />

Frau Paulat, Präsidentin des <strong>Land</strong>essozialgerichts Berlin-<strong>Brandenburg</strong>, Frau Schrul<br />

von der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulen. Ich begrüße Frau Sahra Damus von der Europa-Universität Viadrina<br />

sowie Frau Dr. Elke Wiechmann von der FernUniversität in Hagen. Herzlich willkommen<br />

hier bei uns. - Wir können gleich in die Anhörung einsteigen, denn wir haben ein<br />

straffes Zeitprogramm. Ich bitte Frau Schlüter um Ihre Stellungnahme.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 4<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, wir nehmen gern<br />

Stellung zu dem Gesetzentwurf. Wir beschränken uns dabei auf die Änderungen in<br />

Artikel 1 des Gesetzentwurfs zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes.<br />

Eine Bemerkung sei vorweggeschickt: In der Begründung wird an verschiedenen<br />

Stellen, auch in der Einleitung zu dem Gesetzentwurf, darauf hingewiesen, dass keine<br />

Mehrkosten mit der Änderung des Gesetzes verbunden seien. Zuzugestehen ist,<br />

dass sicherlich keine extrem großen Summen anfallen werden. Aber jede Veränderung<br />

bedeutet in der Umsetzung Anpassungsbedarf im Verwaltungsvollzug. Insoweit<br />

ist die Aussage, dass es keine Mehrkosten geben werde, sicherlich nicht zutreffend.<br />

Es wäre schön gewesen, wenn hier eine etwas genauere Kalkulation und eine genauere<br />

Ermittlung stattgefunden hätte, welche Folgekosten die Änderungen für den<br />

kommunalen Bereich haben werden.<br />

Ich möchte mich in der Stellungnahme zu den einzelnen Regelungen in Artikel 1 des<br />

vorliegenden Gesetzentwurfes auf drei Aspekte beschränken. Zu § 6 - Mindestinhalt<br />

des Gleichstellungsplanes - habe ich zwei Anmerkungen. Neu eingeführt werden soll<br />

eine Auflistung im Gleichstellungsplan bezüglich der befristet Beschäftigten. Aus der<br />

Begründung ergibt sich, dass nicht vollständig klar ist, ob diese Darstellung im<br />

Gleichstellungsplan einen Erkenntnisgewinn haben wird. Im Grunde ist es so eine Art<br />

Erprobungsklausel: Wir versuchen einmal und schauen, ob das Aussagen bringt.<br />

Das finde ich sehr befremdlich. Ein Gesetz sollte durchdachte, notwendige Regelungen<br />

treffen. Wenn es eine Erprobung ist, sollte dies ausdrücklich so benannt sein,<br />

aber nicht einfach als abschließende Regelungen aufgenommen werden.<br />

§ 6 Absatz 2 Nummer 6 sieht vor, dass eine zusätzliche Aufreihung derjenigen erfolgen<br />

soll, die altersbedingt aus der Verwaltung ausscheiden. Es stellt sich die Frage,<br />

welcher Erkenntnisgewinn perspektivisch vorhanden ist. Alle wissen, dass nicht jede<br />

Stelle, die frei wird, wieder besetzt wird. Insofern kann man sich nicht darauf verlassen,<br />

wenn man eine perspektivische Personalentwicklungsplanung betreiben möchte<br />

und auf eine ausgewogene Verteilung zwischen Frauen und Männern schaut, dass<br />

die Regelung hinreichend klare Aussagen trifft. Viele Stellen werden, wenn jemand<br />

altersbedingt ausscheidet, nicht wieder neu besetzt. Insofern hinterfrage ich auch da<br />

kritisch, welcher Erkenntnisgewinn sich effektiv für die Personalentwicklungsplanung<br />

ergeben wird. Wir gehen davon aus, dass sich effektivere Aussagen aus der Regelung<br />

ergeben, die bereits Gegenstand des gültigen Gesetzes ist, nämlich aus der<br />

Angabe, welche Stellen in Zukunft neu zu besetzen sein werden.<br />

Artikel 7 ist der nächste Punkt, zu dem wir eine kurze Anmerkung machen wollen:<br />

Ausschreibung von Stellen und Funktionen. Für den Bereich der <strong>Land</strong>esverwaltung<br />

ist, ich glaube, das darf man ruhig sagen, eine Erleichterung eingeführt worden.<br />

Standardreduzierungen sind sicherlich immer begrüßenswert. Es reicht eine interne<br />

Ausschreibung auf der Ebene der <strong>Land</strong>esverwaltung. Insofern sollte genauer überlegt<br />

werden, ob nicht auch für den kommunalen Bereich eine Erleichterung in dem<br />

Sinne eingeführt werden kann, nicht zwingend eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen,<br />

sondern auch hier interne Ausschreibungen zuzulassen.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 5<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Meine letzte und allerdings zentrale Anmerkung betrifft § 25 zu den kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten. § 25 erfährt eine Ergänzung um einen weiteren Satz.<br />

Es soll zukünftig im Gesetz stehen:<br />

„In den Hauptsatzungen ist festzulegen, welche Rechte, Aufgaben, Kompetenzen<br />

und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Sinne der<br />

§§ 22 bis 24 haben.“<br />

Diese Ergänzung des Gesetzes halten wir für verfassungswidrig. Ich möchte gern<br />

begründen, warum.<br />

In § 4 der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> (BbgKVerf) ist geregelt,<br />

was in der Hauptsatzung zu stehen hat und was in der Hauptsatzung stehen kann. In<br />

der Hauptsatzung eines <strong>Land</strong>kreises - das gilt gleichermaßen für Gemeinden - muss<br />

stehen, was nach der Kommunalverfassung zwingend in einer Hauptsatzung zu regeln<br />

ist. In der Hauptsatzung kann Weiteres stehen, was die interne Organisation der<br />

Gemeinde oder des <strong>Land</strong>kreises betrifft. Das heißt, die Gemeinde, der <strong>Land</strong>kreis, die<br />

jeweilige Vertretungskörperschaft entscheidet: Das möchten wir in der Hauptsatzung<br />

geregelt sehen. Wenn durch Gesetz - hier ist das beabsichtigt - in diese freie Entscheidungshoheit<br />

eingegriffen wird, ist das ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung<br />

und damit aus unserer Sicht verfassungswidrig.<br />

Auch § 18 BbgKVerf lässt sich hierfür anführen. § 18 BbgKVerf regelt die Position der<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. In § 18 BbgKVerf steht, dass Regelungen<br />

zur Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in der Hauptsatzung geregelt<br />

werden können. Auch hier besteht kein Zwang. Das heißt mit anderen Worten:<br />

Wenn, wie hier in § 25 - zukünftig Satz 3 -, steht, es ist eine Regelung in der Hauptsatzung<br />

vorzunehmen, gibt es Gesetze, die sich widersprechen. Das ist von der Regelungssystematik<br />

her nicht wirklich glücklich. Unter dem Strich bleibt aber: Es ist ein<br />

Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und damit verfassungswidrig.<br />

Es wäre schön, wenn sich das ändern ließe, weil solche Regelungen in der Praxis zu<br />

erheblichen Schwierigkeiten führen. Möglicherweise muss man sie daraufhin überprüfen<br />

lassen, ob sie verfassungswidrig sind oder nicht. Das könnte man mit einer<br />

Änderung im Gesetzgebungsverfahren vermeiden. - Das sind unsere Anmerkungen<br />

zu dem Gesetzentwurf. Danke für die Aufmerksamkeit.<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank, Frau Schlüter. Das war sehr komprimiert. Wir haben jetzt Zeit gewonnen.<br />

(Frau Schlüter [<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e.V.]: Ja, genau!)<br />

Herr Grugel. Bitte schön.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 6<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Vielen Dank, auch für die hinzugewonnene Zeit.<br />

(Frau Schlüter [<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e.V.]: Wenn ich das gewusst hätte!<br />

- Heiterkeit)<br />

Frau Schlüter hat bereits die Gemeinden angesprochen. Ich muss die Ausführungen<br />

nur noch ergänzen. Das tue ich für die vier kreisfreien Städte und die 196 hauptamtlich<br />

geführten Verwaltungen an dieser Stelle gern. Auch von meiner Seite vielen<br />

Dank für die Einladung, dass wir hier heute vortragen dürfen.<br />

Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick auf das schon längere Vorverfahren. Wir<br />

hatten ursprünglich einen viel umfänglicheren Gesetzentwurf, der weitere hauptamtliche<br />

Gleichstellungsbeauftragte ab Einwohnerschwellen von 20 000 Einwohnern und<br />

die komplette Einbeziehung des Verfahrens der Gleichstellungsbeauftragten des<br />

<strong>Land</strong>es für den Kommunaldienst vorsah. Wir sind sehr froh und dankbar, Frau Hübner,<br />

dass wir in diesen Vorgesprächen haben klären können, dass es dieser Anforderung<br />

im Gesetz nicht bedarf, dass es den Bruch gibt. Das betrifft auch einen Teil Ihrer<br />

Fragen nach der Personalorganisationshoheit und den Selbstverwaltungsrechten.<br />

Insofern ist der hier vorliegende Gesetzentwurf aus unserer Sicht - Frau Schlüter hat<br />

die wenigen Punkte angesprochen, die man kritisch sehen kann und vielleicht auch<br />

kritisch sehen muss - in Ordnung. Das sage ich vor die Klammer gezogen.<br />

Uns sind drei Punkte an dem Gesetzentwurf aufgefallen. Ich spreche § 7 - Ausschreibung<br />

von Funktionen und Stellen - und § 25 an, der gewisse Regelungen neu<br />

einbezieht, die künftig im <strong>Land</strong> gelten sollen, wie das Klagerecht der Frauenbeauftragten.<br />

Ich möchte beides nicht infrage stellen. Beides ist wichtig. Beides ist jedoch<br />

aus unserer Sicht geklärt. Wir haben durch das Dienstrecht und die Rechtsprechung<br />

geklärt, dass Funktionen und Stellen, wenn sie zu solchen Veränderungen führen,<br />

wie sie diese Gesetzesbegründung ausführt, auszuschreiben sind. Wir haben des<br />

Weiteren geklärt, dass es Organ- und besondere Klagerechte auch für die Frauenbeauftragte<br />

gibt. Das ist in der Gesetzesbegründung angeführt worden.<br />

Wir wollen diese Rechte, wenn ich das ausführen darf, überhaupt nicht in Zweifel<br />

ziehen oder einschränken. Wir wollen nur vom Grundsatz her sagen: Wir alle sind<br />

uns der Rechts- und Gesetzesbindung der Verwaltung unmittelbar aus dem Grundgesetz<br />

bewusst und halten es für ausgesprochen wichtig, diese Dinge in den Blick zu<br />

nehmen und zu beachten. Das ist eine Verpflichtung unser aller. Es macht aus unserer<br />

Sicht aber keinen Sinn, in Gesetze oder wo auch immer zusätzlich zu schreiben:<br />

Bitte beachtet die Gesetze. Bitte beachtet die Rechtsprechung. Nur deshalb sage<br />

ich, dass wir eine Kritik an der Ausweitung in § 7 und an der Ausweitung in § 25 haben.<br />

Daher ist unser Wunsch: Wenn Sie diese Belehrung - verzeihen Sie mir diese<br />

Formulierung - für den <strong>Land</strong>esdienst für wichtig halten, bitte, dann machen Sie das.<br />

Wir aber legen Wert darauf, dass das für den kommunalen Dienst nicht in das Gesetz<br />

geschrieben wird.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 7<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Das Gleiche gilt - ich habe sie in der schriftlichen Stellungnahme (Anlage 4) nicht<br />

ausgeführt - für das Vorsehen von Ausbildungsinhalten der Gleichstellung in Ausbildungs-<br />

und Hochschulrichtlinien. So ähnlich ist es formuliert. Ich habe es jetzt nicht<br />

wörtlich im Kopf. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass die Gesetze, die zu<br />

beachten sind und die in den Verwaltungen von Bedeutung sind, auch Gegenstand<br />

der Ausbildung sind. Ausbildung kann man nicht machen - erlauben Sie mir, das hier<br />

zu sagen -, wenn man die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung 1999 abgeschafft<br />

hat und wenn man jetzt sagt, auch Wildau schaffen wir ab, ohne eine Alternative<br />

vorzusehen. Ich möchte das Thema nicht vertiefen. Aber das Thema wird auf Sie<br />

zukommen. Es gibt dazu Vorbereitungen. Sie werden sich damit zu befassen haben.<br />

Wir haben Bedenken gegen diese Regelung, soweit Sie die Kommunen einbeziehen,<br />

wobei ich nicht sagen möchte, dass wir alles richtig machen. Ich sage das aus<br />

grundsätzlichen Erwägungen.<br />

Aus grundsätzlichen Erwägungen möchte ich kurz § 19b ansprechen. § 19b soll regeln,<br />

dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

in ihrer Arbeit berät und unterstützt. Das nehmen wir natürlich von der Sache<br />

her gern an und müssen das loben. Nur auch das ist ein Punkt, den in diesem<br />

Gesetz zu regeln, wir nicht für richtig halten. Wir haben es doch geregelt. Wir haben<br />

geregelt, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte, die Teil der Dienststelle des<br />

<strong>Land</strong>es ist, unmittelbar mit den <strong>Land</strong>kreisen kommunizieren kann und umgekehrt<br />

auch. Das regeln die Aufsichtsregelungen. Eine Ebene tiefer können die Städte und<br />

Gemeinden mit ihren <strong>Land</strong>kreisen und damit auch mit den Gleichstellungsbeauftragten<br />

die Dinge regeln, die in der Kommunalverfassung geregelt sind. Das bedeutet:<br />

Wenn es Probleme gibt, ist die <strong>Land</strong>kreisebene dazu da, die Gleichstellungsbeauftragten<br />

der Städte und Gemeinden zu unterstützen, sie in ihrer Entscheidungsfreude<br />

und in Entschlusskraft - das ist auch etwas, worum es in diesem Gesetz geht - zu<br />

stärken und zu bestärken. Das alles ist geregelt. Ich setze eine Klammer zu Fortbildung:<br />

Wichtig ist es, dass die Personen, die damit befasst sind, das auch wissen und<br />

in diesem Sinne selbstbewusst auftreten.<br />

Das, was die Gleichstellungsbeauftragte des <strong>Land</strong>es machen kann, ist das, was andere<br />

im Dienste des <strong>Land</strong>es auch tun. Sie kann Richtlinien für die <strong>Land</strong>esverwaltung<br />

schreiben. Sie kann ihre Meinung kundtun und sie in die Kommunen geben und sagen:<br />

Das gilt im <strong>Land</strong>. Wir bitten und stellen anheim, das in den Kommunen, in den<br />

Städten und Gemeinden zu berücksichtigen. Das machen alle Ressorts. Das macht<br />

die Finanzverwaltung. Das macht das Innenministerium im Dienstrecht, auch zu Ausschreibungsverfahren.<br />

Das kann geschehen und - das zeigt die Gewichtigkeit der<br />

Diskussion hier und der geladenen Anzuhörenden - das sollte auch geschehen.<br />

Dann gibt es eine Bereicherung und es gibt eine Netzwerkarbeit. Daraus kann vieles<br />

entstehen. Bitte verzeihen Sie mir deshalb, dass ich das, bezogen auf die Gesetzesformulierung<br />

im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, so deutlich sage. Unser Wunsch zu<br />

diesen Punkten ist - das habe ich in der schriftlichen Stellungnahme näher begründet<br />

-, genau diese Passagen herauszunehmen, aber nicht, weil wir das nicht wollen.<br />

Damit bin ich mit meiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zunächst am Ende und<br />

hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben. Ich möchte aber zum Schluss auf die mich<br />

herausfordernde Frage Nummer 13 eingehen, die lautet:


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 8<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

„Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei der Umsetzung einer geschlechtergerechten<br />

Sprache in der Verwaltung sowie in den Gesetzestexten?“<br />

Wenn ich von Herausforderung gesprochen habe, dann deshalb, weil ich das als<br />

Herausforderung ständig erlebe und darauf keine Antwort habe. Ich bin gespannt auf<br />

die Antworten, die die weiteren Rednerinnen überwiegend noch geben werden.<br />

Als ich meine erste Ausbildungseinheit in Verwaltungslehre hatte - erlauben Sie mir<br />

diese persönlichen Hinweise; das war übrigens auch im Oktober, so wie jetzt -, hieß<br />

es: Wenn Sie in den öffentlichen Dienst gehen, bitte, sprechen Sie bei Vordrucken<br />

von Antragstellerin und Antragstellern. Es hieß: Wenn das nicht geht, sprechen Sie:<br />

Der Antrag wird gestellt von. Sie glauben gar nicht, wie viele Hauptsatzungen und<br />

wie viele Vordrucke ich in meinem Leben geändert habe, vor allen Dingen die im<br />

Bauamt: „Frau Bauherr Meyer“. Ich bin immer noch im persönlichen Vortrag. Das hat<br />

mich geärgert und das ärgert mich heute noch. Und das ist 38 Jahre her!<br />

Jetzt komme ich wieder zum Dienst. Deswegen bin ich hier. Ich habe den Faden verloren,<br />

Entschuldigung. - Wir haben Gesetzentwürfe, wie aktuell das <strong>Brandenburg</strong>ische<br />

Besoldungs- und Versorgungsgesetz. Diese Gesetzgebung ist komplett in der<br />

Frauen- und Männersprache durchgeregelt. Das halten wir für wichtig, weil ohne diese<br />

Klarstellung nicht deutlich wird, dass es beide Geschlechter gibt. Es gibt andere<br />

Dinge, wo man das nicht so deutlich macht. Um ein Beispiel zu nennen: Ich spreche<br />

gern von Rechtsprechung. Man muss nicht immer von Richterinnen und Richtern<br />

sprechen. Die Sprache kann ganz einfach sein. Ich mag aber nicht sagen: Frau Meier,<br />

bitte gehen Sie an das Rednerpult. Man könnte Redepult sagen. Damit möchte<br />

ich zum Ausdruck bringen: Es gibt viele Möglichkeiten, da etwas zu tun. Das Finanzministerium<br />

hat es getan - ganz schlüssig. Ob das an der veränderten Position<br />

der Staatssekretärin - geschlechtermäßig - liegt oder nicht, lasse ich offen. Zeitgleich<br />

wird das <strong>Land</strong>esbeamtenrecht neu geregelt. Die Anhörung ist morgen. Ich werde das<br />

morgen auch sagen. Da finden sich Frauen, wenn man sich besoldungs- und versorgungsrechtliche<br />

Fragen durchgelesen hat, gar nicht wieder, weil da nur Männer stehen.<br />

Die Frauen finden sich nur wieder, wenn sie in § 1 schauen und sagen: Ach ja,<br />

das gilt auch für mich als Frau.<br />

Wenn die <strong>Land</strong>esregierung den Kommunen in einem Gesetz etwas vorschreiben will,<br />

soll sie auch bitte Vorbild sein. Es bedarf einer Ministerpräsidentin oder eines Ministerpräsidenten,<br />

der den Ressorts Leitlinien vorgibt und sagt: wenigstens in Gesetzen<br />

eine Sprache. Jetzt gibt es in einem Fachbereich - öffentliches Beamtenrecht - zwei<br />

Gesetze mit so unterschiedlicher Ausgestaltung! Ich möchte nicht sagen, dass die<br />

Sprache die Gleichstellung regelt. Aber es war Ihre Frage Nummer 13, was hier zu<br />

tun ist. Deshalb gehe ich darauf ein.<br />

Erlauben Sie mir - ich habe ja mehr Zeit -, noch einen Artikel aus der Zeitung anzuführen:<br />

„Halbe Million Rentner braucht Sozialhilfe“ (Potsdamer Neueste Nachrichten<br />

vom 23.10.2013). Sind Rentnerinnen gar nicht betroffen, oder wie? Überall, wohin<br />

man schaut, stellt man fest: Es ist ein Thema. Warum sage ich das? Weil es eigentlich<br />

ganz einfach ist, das anders zu machen. Das tut nicht weh. Und wenn es weh tut,


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

muss Mann - ich sage bewusst Mann - sich fragen: Wofür tut das weh? Es kostet<br />

kein Geld, es zu tun. - Vielen Dank.<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank, Herr Grugel, für die kritischen Hinweise, die Sie der <strong>Land</strong>esregierung in<br />

das Hausaufgabenheft geschrieben haben. - Wir fahren in der Anhörung fort. Frau<br />

Szczepanski, ich bitte Sie fortzusetzen.<br />

Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Wir haben eine Frage. Es würde sich inhaltlich anbieten, wenn zunächst die erste<br />

Sprecherin des Frauenpolitischen Rates ihre Stellungnahme abgibt und ich mich anschließe,<br />

weil ich ein Teilproblem behandele. Ist das möglich?<br />

Vorsitzende:<br />

Ja, das können wir machen. Dann fängt Frau Häfner an.<br />

Frau Häfner (Frauenpolitischer Rat, <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Gern. - Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen<br />

und Herren! Vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, heute hier gehört zu<br />

werden. Der Frauenpolitische Rat des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> hat mit besonderer Aufmerksamkeit<br />

die Initiative des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie,<br />

das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu novellieren, begleitet.<br />

Unsere Mitgliedsorganisationen, der Sprecherinnenrat und auch ich gingen davon<br />

aus, dass in die Novellierung die Erfahrungen der nunmehr fast 20 Jahre nachvollziehbar<br />

einmünden und unser ehemals recht fortschrittliches Gesetz künftig den inzwischen<br />

gewachsenen Ansprüchen an eine moderne Gleichstellungspolitik für<br />

Frauen und Männer gerecht wird. Unsere Erwartungen waren entsprechend hoch.<br />

Der Novellierungsprozess verlief leider in seinen unterschiedlichen Phasen nicht so<br />

transparent, wie wir uns das gewünscht hätten. Auf Nachfragen erhielten wir Informationen<br />

zum Werdegang. Doch bekamen wir kaum Gelegenheit, unser Erfahrungswissen<br />

beizutragen. Gern hätten wir uns frühzeitiger aktiv eingebracht.<br />

Obgleich wir die Novellierungsabsichten und die Änderungen des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

sowie des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes begrüßen, bleibt<br />

der nun vorliegende Entwurf weit hinter unseren Annahmen zurück. Insgesamt enttäuscht<br />

die Fassung dahin gehend, dass sich die geneigte Leserin des Eindrucks<br />

nicht erwehren kann, dass es in der Novellierung doch eher darum ging, die einzel-


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

nen Paragrafen klagefest zu formulieren, statt der Lebenswirklichkeit von Frauen im<br />

<strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> Rechnung zu tragen und die fatalen Folgen der strukturellen<br />

Schieflagen im Geschlechterverhältnis zu beheben. Das vorliegende Ergebnis des<br />

Novellierungsprozesses stellt nach unserem Verständnis einen, wie ich es nennen<br />

möchte, verwaltungsrespektablen Minimalkonsens dar, während im Ringen um Formulierungen<br />

die aktivierende Frauenförderung und der Abbau von Diskriminierung<br />

doch tendenziell aus dem Fokus gerieten.<br />

Deshalb hat der Frauenpolitische Rat eine entsprechend differenzierte, konstruktiv<br />

kritische Stellungnahme (Anlage 5) verfasst, die dezidiert unsere Veränderungsanregungen<br />

nicht nur begründet, sondern auch Formulierungs- bzw. Ergänzungsvorschläge<br />

beinhaltet.<br />

Mit großem Respekt vor der Arbeit der Verwaltung möchten wir dennoch betonen:<br />

Der Gesetzentwurf enthält vielerlei substanzielle Verbesserungen und Weiterentwicklungen,<br />

die der Frauenpolitische Rat ausgesprochen positiv und hilfreich bewertet.<br />

Der Frauenpolitische Rat begrüßt insbesondere die geplanten gesetzlichen Regelungen<br />

zur Quotierung bei der Besetzung von Stellen in der <strong>Land</strong>esverwaltung, vor allem<br />

bei Führungspositionen, die Erweiterung des Geltungsbereiches des Gesetzes,<br />

die Verankerung der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten, die Gewährung<br />

eines besonderen Kündigungsschutzes für Gleichstellungsbeauftragte und das<br />

Signal für die private Wirtschaft, Regelungen dieses Gesetzes in den privatrechtlichen<br />

Unternehmen umzusetzen. Demgegenüber enttäuscht der vorliegende Gesetzentwurf<br />

in Bezug auf die strukturelle Anbindung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

und hinsichtlich der Regelung für Kommunen und <strong>Land</strong>kreise.<br />

Sehr willkommen ist uns daher die heutige Gelegenheit der Anhörung, um die aus<br />

unserer Sicht notwendigen Modifizierungen im Gesetzentwurf erneut argumentativ zu<br />

verstärken. Angesichts der begrenzten Redezeit möchten wir uns auf die eben benannten<br />

zwei, für den Frauenpolitischen Rat wesentlichen Kritikpunkten konzentrieren<br />

sowie mit zwei weiteren Anmerkungen zur Qualifizierung des Gesetzes beitragen.<br />

Auf dem Weg zu einer geschlechtergerechteren Gesellschaft kommt den Kommunen<br />

eine wesentliche Rolle zu. Sie müssen den Wandel organisieren und die Bedingungen<br />

dafür schaffen, dass Geschlechtergerechtigkeit im Alltag gelebt werden kann.<br />

Gleichstellungsbeauftragte spielen als quasi Agentinnen des Wandels eine entscheidende<br />

Rolle. §§ 22 bis 25 definieren die Rolle und den Auftrag, Rechte, Aufgaben<br />

und Kompetenzen der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Teile der Gesetzespassage,<br />

insbesondere § 24, sind unserer Ansicht nach uneindeutig und zu Missverständnissen<br />

einladend bzw. frei interpretierbar mit doppelten Botschaften verfasst.<br />

Der doppelte Auftrag entkräftet nicht nur die formale Stellung der Gleichstellungsbeauftragten,<br />

sondern es wird auch die Akzeptanz nach innen und außen geschwächt,<br />

statt gestärkt. Wir fürchten, das führt eher zu einer Einschränkung des Wirkungskreises,<br />

als zu einer rechtlich fundierten Anpassung der in 20 Jahren gewandelten Aufgaben<br />

entsprechend den Rahmenbedingungen von heute. Insgesamt widerspricht<br />

die gegenwärtige Fassung sämtlichen empirischen Ergebnissen, die deutlich darauf<br />

hinweisen, dass die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten institutionell und struk-


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turell deutlich gestärkt werden müssen, wenn sie ihren gleichstellungspolitischen Auftrag<br />

effektiv umsetzen sollen.<br />

Die derzeit formulierte Widersprüchlichkeit im Entwurf verlangt nach Klarstellung und<br />

verbindlichen Strukturen, auf deren Grundlagen endlich auch kommunal der gleichstellungspolitisch<br />

notwendige Veränderungsdruck erzeugt werden kann. In unserer<br />

Stellungnahme haben wir dies differenziert beschrieben und Lösungsvorschläge formuliert.<br />

Obgleich für uns nicht nachvollziehbar ist, was die Bestellung einer <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

mit individueller Arbeitszeitgestaltung zu tun hat und sich der Passus<br />

für Nichtjuristinnen wie ein Appendix zu § 19 liest, begrüßen wir die Aufnahme<br />

der Funktion, der Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in<br />

dem Gesetz.<br />

Da die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Querschnittsaufgabe ist, sind<br />

alle Mitglieder der <strong>Land</strong>esregierung dafür zuständig. Deshalb fordern wir nach wie<br />

vor, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte dem Ministerpräsidenten bzw. einer<br />

Ministerpräsidentin zugeordnet wird. Dies sollte mindestens im Range einer Staatssekretärin<br />

geschehen, um die aktive Teilnahme an den Kabinettssitzungen zu ermöglichen.<br />

Um ihre Aufgaben als hauptamtliche <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte erfüllen<br />

zu können, muss sie von anderen Aufgaben freigestellt und mit genügend personellen<br />

und finanziellen Ressourcen, bestenfalls einem eigenen Budget ausgestattet<br />

sein.<br />

Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte trägt laut Gesetzentwurf unter anderem dazu<br />

bei, zu informieren und mit Nichtregierungsorganisationen zu kooperieren. Hierauf<br />

möchten wir Ihr Augenmerk unter anderem richten. Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

sollte demnach auch selbst Maßnahmen entwickeln, die der Diskriminierung<br />

von Frauen und Männern entgegenwirken, sexuell motivierte Gewalt verhindern und<br />

der Verbesserung der Lebenssituation und Verwirklichungsoptionen von Mädchen<br />

und Jungen, Frauen und Männern, aber auch anderen diskriminierten Geschlechtsidentitäten<br />

dienen.<br />

Damit würde nicht nur die Position der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten gestärkt,<br />

sondern auch die Umsetzung einer querschnittsorientierten Geschlechterpolitik, wie<br />

sie unter anderem mit Gender Mainstreaming und Gender Budgeting realisiert werden<br />

kann. Zudem empfehlen wir eine interministerielle Arbeitsgruppe für die Steuerung<br />

von Gleichstellungsaufgaben unter dem Vorsitz der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten.<br />

In allen Fachministerien sollte es autorisierte und qualifizierte Gender-<br />

Verantwortliche geben, die mit solch einer interministeriellen Arbeitsgruppe zusammenarbeiten.<br />

Ich komme nun zu den angekündigten Anmerkungen. Der Frauenpolitische Rat hat<br />

bereits in diesem Ausschuss vor der inflationären Verwendung der Begriffe Gleichstellung<br />

und Chancengleichheit gewarnt. Die fehlende Begriffsschärfe führt zu einer<br />

Verdeckung und Bagatellisierung geschlechtsspezifischer Unrechtsverhältnisse.<br />

Gleichwohl sollte auch das Thema der Mehrfachdiskriminierung in der gegenwärtigen


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Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes seinen Niederschlag finden. Weder<br />

werden Menschen, die sich keinem Geschlecht - Frau oder Mann - zuordnen, berücksichtigt<br />

noch wird berücksichtigt, dass Frauen besonders oft von Mehrfachdiskriminierungen<br />

betroffen sind, nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern zum<br />

Beispiel auch wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Identität und/oder einer<br />

Behinderung. Deshalb sollte es zu den gleichstellungspolitischen Zielen des<br />

<strong>Land</strong>es auch gehören, mehrfach- und mehrdimensionale Diskriminierung ernst zu<br />

nehmen, anzuerkennen und zu bekämpfen.<br />

Zu guter Letzt eine Anmerkung zum veränderten <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz.<br />

Wir begrüßen durchaus die Änderungen des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes,<br />

insbesondere die damit einhergehende Konkretisierung sowie die Absenkung<br />

der Schwelle zur Aufgabenwahrnehmung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Mit Blick auf die uns vorliegende Fassung fordern wir jedoch die konsequente<br />

Einhaltung von § 13 LGG. Darin geht es insbesondere um die Sprache, wie Sie so<br />

schön argumentiert haben.<br />

Gleichstellung und Gleichstellungspolitik brauchen starke Standards. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

ist für die Gleichstellungsarchitektur der Kommunal- und <strong>Land</strong>esverwaltung<br />

maßgebend. Wollen wir in <strong>Brandenburg</strong> ernsthaft unseren Nachholbedarf<br />

in Sachen Geschlechtergerechtigkeit realisieren, brauchen Mädchen und<br />

Frauen die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten als eine starke erreichbare Institution<br />

vor Ort. Der Frauenpolitische Rat fordert ein Bezugssystem formalrechtlicher<br />

Unterstützung, um neben Politik und Verwaltung zur Implementierung zeitgemäßer<br />

gleichstellungspolitischer Strategien beizutragen. - Vielen Dank.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke, Frau Häfner. Wir setzen jetzt mit Frau Szczepanski fort.<br />

Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank, dass wir die Möglichkeit<br />

zur Anhörung haben. Auch von der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten <strong>Brandenburg</strong> liegt eine ausführliche Stellungnahme (Anlage<br />

6) vor. Aus dieser Stellungnahme greife ich einen Aspekt heraus, der für uns<br />

quasi der Knackpunkt ist.<br />

Wir vertreten die These, dass für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zwei<br />

Gesetze gelten, die nicht unmittelbar miteinander kompatibel sind und eher verwirrend<br />

wirken. Zum Verständnis sage ich dazu: Eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />

im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> hat nach bisherigem Rechtsverständnis und gelebter<br />

Praxis zwei Wirkungsbereiche. Sie arbeitet intern behördlich und sie arbeitet extern<br />

kommunal. Für die externe Zuständigkeit gilt § 8 BbgKVerf mit drei maßgeblichen<br />

Ansagen. Das sind die Benennung der Gleichstellungsbeauftragten und ihre Unter-


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stellung unter den Hauptverwaltungsbeamten oder die Hauptverwaltungsbeamtin. Es<br />

regelt die Hauptamtlichkeit ab 30 000 Einwohnerinnen und Einwohner und den Passus:<br />

Näheres regelt die Hauptsatzung. Für die interne Zuständigkeit, für das interne<br />

Wirken, gilt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, hier insbesondere die §§ 22 bis 24.<br />

Darin sind die Aufgaben und Rechte einer internen Gleichstellungsbeauftragten geregelt.<br />

Sie müssten daher für uns gelten. Das tun sie aber nicht, sondern werden in<br />

§ 25 für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ausgeschlossen mit dem Verweis<br />

auf die Hauptsatzung. Das wiederum gehört zur kommunalen Selbstverwaltung.<br />

Genau darin liegt die Crux begraben.<br />

Da das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz in § 2 Absatz 2 im Geltungsbereich eben auch<br />

und ausdrücklich für die Kommunen gilt, stellt sich die Frage: Warum dann der hier<br />

formulierte § 25? Es gibt den deutlichen Widerspruch: Einerseits Übertragung von<br />

Aufgaben nach dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, andererseits Ausschluss von den<br />

Regelungen, die genau zur Erfüllung des Gesetzesauftrages dienen. Damit sind<br />

Rahmenbedingungen für die interne Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

ausgehebelt. Jede Kommune kann, soll und wird in gewisser Beliebigkeit Regelungen<br />

treffen. Damit wird - das betone ich - der Gesetzesauftrag ausgehebelt.<br />

Ich möchte verdeutlichen, was das in der Praxis bedeutet. Die Hauptsatzungen regeln<br />

kommunal und regional höchst unterschiedlich die Kompetenzen für den gleichen<br />

Auftrag. Die Möglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten, intern tätig zu werden,<br />

hängt daher ab von der Verwaltungsspitze, deren Einstellung zum Thema Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern und vom politischen Willen, Verstehen und Verständnis<br />

der Abgeordneten und nicht zuletzt von den politischen Machtverhältnissen vor<br />

Ort. Sie wird damit zum Schleudersitz für die einzelne kommunale Gleichstellungsbeauftragte.<br />

Das sind keine Geister, die ich hier heraufbeschwöre. Das ist die Realität<br />

im <strong>Land</strong>. Das wird mit der geplanten Novellierung nicht wirklich besser.<br />

Es gibt kommunale Gleichstellungsbeauftragte im Ehrenamt, was überhaupt nicht<br />

zulässig ist. Es gibt kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Mehrfachfunktionen,<br />

wo das Kriterium der Hauptamtlichkeit ab 30 000 Einwohnern nicht gegeben ist. Mir<br />

sind nur drei Orte bekannt, in denen es tatsächlich nach dem Gesetz kommunale<br />

Gleichstellungsbeauftragte im Sinne von Hauptamtlichkeit gibt: die Stadt Potsdam,<br />

die Stadt <strong>Brandenburg</strong> und die Stadt Oranienburg.<br />

Wir fordern daher ganz klar einheitliche, verlässliche Rahmenbedingungen für alle<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und das zeitnah. Ich denke, es ist nach<br />

20 Jahren Gleichstellungsarbeit in diesem <strong>Land</strong> legitim und höchst dringlich, dass wir<br />

klare Regelungen schaffen.<br />

Wir weisen des Weiteren darauf hin, dass die geplanten Regelungen unserer Ansicht<br />

nach im Widerspruch zum Grundgesetz der BRD stehen. Es ergibt sich die Frage,<br />

was Vorrang hat: das Grundgesetz der BRD? Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz? Die<br />

<strong>Brandenburg</strong>er Kommunalverfassung? Die Hauptsatzung?<br />

Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz sagt: Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der<br />

Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirkt auf die


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Beseitigung bestehender Nachteile hin. Für uns stellt sich die Frage der Konnexität<br />

nicht, da das Grundgesetz vorschreibt, dass Gleichstellung zu erreichen und durch<br />

den Staat zu fördern ist. Das gilt auch für die Kommunen. Das Argument der Konnexität<br />

- das sei nur am Rande erwähnt - tritt kurioserweise nur in <strong>Brandenburg</strong> auf.<br />

Nicht alle Maßnahmen, die mit dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz verbunden sind,<br />

bedeuten tatsächlich mehr Kosten. Es geht hier nur um eine Klarstellung. Die kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten sind per Verfassungsauftrag da. Nur haben sie<br />

ganz verschiedene Arbeitsbedingungen. Die Lösung, ich betone das, ist - entweder<br />

im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz oder in der Kommunalverfassung - Regelungen zu<br />

Rechten und Aufgaben der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen -<br />

verbindlich und niemals in den Hauptsatzungen. - Vielen Dank.<br />

Vorsitzende:<br />

Ich danke Ihnen. Frau Dörnenburg, möchten Sie ergänzen?<br />

(Frau Dörnenburg [<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>]: Nein!)<br />

- Es wurde alles mit gesagt. Vielen Dank. Dann kommen wir jetzt zum Abschluss dieser<br />

ersten Anhörungsrunde zu Herrn Dr. Redmann. Bitte schön.<br />

Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />

Meine Damen und Herren! Ich darf mich für die Einladung bedanken und möchte<br />

zum Abschluss dieser Runde Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf eine Regelung<br />

richten, die möglicherweise nicht den Kern des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes bildet,<br />

aber dennoch in der Praxis von Bedeutung ist. Ich beziehe mich auf § 14 Absatz 1<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, der sich mit Vergaben befasst. Gemäß § 14 Absatz 1<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz soll beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit<br />

einem geschätzten Auftragswert von über 50 000 Euro bei gleichwertigen Angeboten<br />

bevorzugt werden, wer sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweislich<br />

angenommen hat - so die neue Regelung. Sie hat sich inhaltlich nur insoweit<br />

verändert, als dass aus 100 000 DM - nachvollziehbarerweise - 50 000 Euro geworden<br />

sind.<br />

Meiner Ansicht nach sollte die Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes Anlass<br />

bieten, darauf zu schauen, ob sich diese Regelung in der Praxis bewährt hat. Um das<br />

einmal vorwegzunehmen: Nach nahezu einhelliger Auffassung aller, die sich mit<br />

Vergaberecht in der Praxis befassen, ist dies nicht der Fall.<br />

Zunächst ist die Regelung anwendbar ausweislich des Gesetzes ab 50 000 Euro -<br />

bisher ab 100 000 DM. Da fängt es schon an. Üblicherweise werden im Vergaberecht<br />

unterschiedliche Schwellenwerte für unterschiedliche Aufträge, Auftragsarten verwendet.<br />

Sie können sich vorstellen, dass bei Dienstleistungen ein 50 000-Euro-


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Auftrag schon ein relativ großer Auftrag ist. Bei Bauaufträgen ist ein 50 000-Euro-<br />

Auftrag demgegenüber ein sehr kleiner Auftrag. Also kommt man in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

mit seinen bürokratischen Hindernissen und Anforderungen bei<br />

Bauaufträgen schon sehr schnell hinein, was, wie ich glaube, nicht unbedingt beabsichtigt<br />

ist. Wenn Sie sich die europäischen Schwellenwerte ansehen, stellen Sie<br />

fest, dass man im europarechtlichen Bereich bei Dienstleistungen und Lieferungen<br />

ab 200 000 Euro und bei Bauaufträgen ab 5 Millionen Euro hineinkommt. So groß ist<br />

üblicherweise im Vergaberecht die Spreizung. Dies wird in der Frauenförderverordnung<br />

im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nicht beachtet.<br />

Der obere Schwellenwert der Anwendbarkeit dieser Regelung liegt ausweislich der<br />

Frauenförderverordnung bei den europarechtlichen Schwellenwerten, die ich gerade<br />

genannt habe, also bei 200 000 Euro und bei 5 Millionen Euro. Das liegt daran, dass<br />

diese Regelung, die ich gleich vorstellen werde, europarechtlich höchst problematisch<br />

ist und die <strong>Land</strong>esregierung deshalb darauf verzichtet hat, sie in den Anwendungsbereich<br />

der europarechtlichen Regelungen auszudehnen. Das hat aber nun<br />

einmal zur Folge, dass wir Frauenförderung im Vergaberecht bei Großaufträgen derzeit<br />

nicht haben. Frauenförderung findet im Vergaberecht nur bei kleinen Aufträgen<br />

statt, also unter 5 Millionen Euro bei Bauaufträgen und unter 200 000 Euro bei Leistungen.<br />

Ich schaue in die überraschten Gesichter und kann mir nicht vorstellen, dass<br />

das im Sinne des Erfinders ist. Ich komme gleich auf das Problem zu sprechen, warum<br />

man diese oberen Schwellenwerte eingeführt hat.<br />

Die Regelung, um die es im Kern geht und die das Problem in rechtlicher Hinsicht<br />

darstellt, ist das Eintrittsrecht, das die Frauenförderverordnung vorsieht. Kurz gefasst<br />

besagt die Regelung, dass jemand, der bis zu 20 % teurer als der Bestbietende ist,<br />

das Recht hat, in das Angebot des Bestbietenden einzutreten - also zu dessen Preis<br />

anzubieten -, wenn er mehr Frauen beschäftigt und mehr Frauen in Führungspositionen<br />

beschäftigt.<br />

Vergaberecht ist immer Vergabetaktik. Jeder, der sich um Vergaben bewirbt, versucht<br />

natürlich, seinen Vorteil aus vergaberechtlichen Regelungen zu ziehen. Das<br />

bedeutet in der Praxis im Prinzip für denjenigen, der mehr Frauen beschäftigt und<br />

mehr Frauen in Führungspositionen beschäftigt, eine zweite Chance. Er kann vergabetaktisch<br />

erst einmal ein bisschen teurer anbieten, dann gucken, wie der Preis am<br />

Ende ist, und sich dann entscheiden, ob er zu diesem Preis anbieten will und in diesen<br />

Preis eintritt oder nicht. Faktisch führt das zu teureren Angeboten. Vielleicht hätte<br />

dieser, der etwas zu teuer angeboten hat, wenn er diese Regelung nicht für sich nutzen<br />

könnte, von vornherein günstiger angeboten und dem öffentlichen Auftraggeber<br />

ein besseres Angebot unterbreitet, wozu er aufgrund dieser Regelung keine Veranlassung<br />

hat. Die Vergabe wird letztlich durch diese Regelung etwas teurer.<br />

Das Problem in der Praxis ist aus meiner Sicht die Akzeptanz. Wenn Sie in die Stellungnahme<br />

- ich habe sie eben gerade überflogen - des Bauindustrieverbandes oder<br />

der Fachgemeinschaft Bau schauen, werden Sie das bestätigt finden. In der Praxis<br />

wird diese Regelung im Prinzip nicht gelebt. Sie ist ein Kuriosum. Ich gebe häufiger<br />

Seminare für Vergabestellen von Kommunen. Da kann man immer wieder für überraschte<br />

Gesichter sorgen. Selbst Leute, die sich seit Jahren mit Vergaberecht be-


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 16<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

schäftigen, kennen diese Regelung gar nicht. Auch die meisten Auftragnehmer kennen<br />

diese Regelung nicht und sind dann ganz überrascht. In Barnim gab es kürzlich<br />

einen Fall: Der <strong>Land</strong>kreis lebt diese Regelung und stößt auf ganz große Widerstände,<br />

weil die Auftragnehmer auf einmal überrascht sind, dass es diese Regelung<br />

überhaupt gibt und dass man sie anwenden muss.<br />

Der Grund dafür, warum diese Regelung nicht so bekannt ist, obwohl es sie schon<br />

viele Jahre gibt, liegt meiner Meinung nach auch an ihrem Standort. In den meisten<br />

Bundesländern wird Frauenförderung im <strong>Land</strong>esvergaberecht geregelt. In <strong>Brandenburg</strong><br />

ist sie immer noch im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz geregelt. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

gehört innerhalb der Vergabestellen nicht zur meist gelesenen Literatur,<br />

deshalb vielleicht die fehlende Aufmerksamkeit für diese Regelungen. Man sollte<br />

darüber nachdenken, diese Regelung in das <strong>Land</strong>esvergabegesetz zu integrieren.<br />

Man sollte sich fragen, ob sie tatsächlich wirksam ist. Mit diesem Eintrittsrecht - also<br />

dem Vorteil, den man demjenigen gewährt, der mehr Frauen beschäftigt und mehr<br />

Frauen in Führungspositionen beschäftigt - ist beabsichtigt, dass Unternehmen, um<br />

sich diesen Vorteil zu sichern, künftig mehr Frauen anstellen und mehr Frauen in<br />

Führungspositionen beschäftigen. Es fehlt bisher jede Evaluation seitens der <strong>Land</strong>esregierung.<br />

Mir ist nicht bekannt, dass irgendein Auftragnehmer seine Personalauswahl<br />

tatsächlich wegen § 14 Absatz 1 <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz in irgendeiner<br />

Weise verändert hat und man hier nachhaltige Veränderungen feststellen kann. Insofern<br />

ist fraglich, ob der Gesetzgeber das Ziel, das er mit seiner Regelung erreichen<br />

wollte, durch die konkrete Ausgestaltung erreichen konnte.<br />

Ich komme nun auf das bereits angesprochene Problem zu sprechen, warum die<br />

Regelung der Frauenförderverordnung nicht oberhalb der europäischen Schwellenwerte<br />

gilt. Das Problem ist, dass es im europäischen Vergaberecht - also Bauaufträge<br />

über 5 Millionen Euro und Leistungen über 200 000 Euro - dem öffentlichen Auftraggeber<br />

verboten ist, eine sogenannte allgemeine Lebensführungskontrolle des<br />

Bieters durchzuführen: Man kann Kriterien ansetzen, die nicht unbedingt mit dem<br />

Preis und mit der Wirtschaftlichkeit zusammenhängen. Ich darf aber nicht den Bieter<br />

insgesamt untersuchen, ob er sich so oder so verhält, wie ich es politisch gern möchte.<br />

Das gleiche Problem hat man - dazu gibt es auch eine Entscheidung des Europäischen<br />

Gerichtshofs - im Bereich der ökologischen Kriterien, die im <strong>Land</strong>esvergabegesetz<br />

mancher Bundesländer eine Rolle spielen. Dazu hat der Europäische Gerichtshof<br />

gesagt: Ich darf Anforderungen an den konkreten Auftrag stellen und sagen:<br />

Ich möchte besonders ökologisch beschaffen. Ich darf aber nicht an das gesamte<br />

Unternehmen Anforderungen stellen und überprüfen, ob es insgesamt unabhängig<br />

von diesem konkreten öffentlichen Auftrag ökologisch beschafft. Bei der Frauenförderung<br />

ist hier genau das Gleiche festzustellen. Man könnte möglicherweise Anforderungen<br />

stellen, die mit dem konkreten Auftrag zu tun haben, man kann aber nicht<br />

darauf abstellen - und so ist das in der Frauenförderverordnung -, wie viele Frauen<br />

das Unternehmen insgesamt beschäftigt und wie viele Frauen in Führungspositionen<br />

sind, ohne auf den konkreten Auftrag zu schauen.<br />

Die <strong>Land</strong>esregierung hat diese Europarechtswidrigkeit offenbar auch erkannt und<br />

deshalb den Anwendungsbereich begrenzt, sodass man da nicht so leicht reinkommt


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 17<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

und das europarechtliche Sekundärrecht nicht anwendbar ist. Allerdings gilt auch<br />

unterhalb der Schwellenwerte europäisches Primärrecht. Wir haben hier die Grenze<br />

zu Polen. Immer dann, wenn es eine Binnenmarktrelevanz gibt - also bei grenzüberschreitenden<br />

Aufträgen oder bei einer Marktlage, die grenzüberschreitende Auswirkungen<br />

hat -, ist das europäische Primärrecht mit dem Wettbewerbsgebot auch unterhalb<br />

der europäischen Schwellenwerte anwendbar, sodass es ein rechtliches Risiko<br />

gibt, wonach Aufträge aufgrund dieser konkreten Ausgestaltung der Frauenförderverordnung<br />

gegen Europarecht verstoßen können.<br />

In der vergaberechtlichen Literatur wird zuweilen die <strong>Brandenburg</strong>ische Frauenförderverordnung<br />

angesprochen. Das liegt daran, dass sie ein bisschen ein Paradiesvogel<br />

ist, weil es sie in anderen Bundesländern in der Ausgestaltung nicht gibt. Wenn<br />

man auf vergaberechtlichen Kongressen ist und Vorträge zu vergabefremden Kriterien<br />

hört, wird immer wieder die <strong>Brandenburg</strong>ische Frauenförderverordnung erwähnt,<br />

weil sie so ungewöhnlich ist.<br />

Am Ende meines Vortrages möchte ich auf Vorschläge zu sprechen kommen, wie<br />

man es vielleicht besser machen könnte. Ich klammere grundsätzliche Bedenken<br />

gegen vergaberechtliche Kriterien aus, die durchaus bestehen, weil sie das Vergabeverfahren<br />

immer aufwendig machen, zu Bürokratie führen und am Ende auch zu<br />

einer etwas unwirtschaftlicheren Vergabe.<br />

Man könnte es bei dem belassen, was nach dem Wortlaut des § 14 Absatz 1 <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

eigentlich beabsichtigt ist, indem man den Gleichwertigkeitsbegriff<br />

enger fasst und sagt: Wenn Aufträge tatsächlich gleich sind und man am<br />

Ende zu einer gleichen Bewertung kommt, lasse ich das Frauenförderkriterium ausschlaggebend<br />

sein und gebe demjenigen den Auftrag, der sich mehr um Frauenförderung<br />

verdient gemacht hat. Man sollte auch überlegen, ob man wirklich nur auf die<br />

Anzahl der Frauen im Unternehmen abstellt oder ob man nicht jemanden belohnt,<br />

der tatsächlich etwas tut. Warum die Anzahl von Frauen in einem Unternehmen höher<br />

ist, als in einem anderen Unternehmen, kann ganz unterschiedliche Gründe haben.<br />

Der frauenfeindlichste Arbeitgeber kann zufällig mehr Frauen in seinem Unternehmen<br />

beschäftigen, als ein Unternehmer, der sehr viel für die Gleichstellung tut.<br />

Deswegen ist der Ansatzpunkt vielleicht der falsche.<br />

Wenn man sich dazu entschließt, etwas für Frauenförderung im Vergaberecht zu tun,<br />

möchte ich auf das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz des <strong>Land</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />

verweisen, in dem vorgesehen ist, dass sich der Auftragnehmer, abhängig von der<br />

Größe seines Unternehmens - Stichwort Mittelstandsschutz -, aus einer Reihe von<br />

Frauenfördermaßnahmen einige Maßnahmen aussuchen kann, wie zum Beispiel<br />

flexible Arbeitszeitmodelle, betriebliche Kinderbetreuung, Überprüfung von Entgeltgleichheit,<br />

Bildungsmaßnahmen in Vorbereitung auf Leistungspositionen. Nach seiner<br />

Wahl wird er zur Umsetzung einzelner Maßnahmen vertraglich verpflichtet. Dann<br />

tut man am Ende wahrscheinlich deutlich mehr für die Frauenförderung, als mit einer<br />

Regelung, die keiner kennt, die keiner lebt und nach der sich hinsichtlich der Frauenförderung<br />

keiner richtet. - Danke.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 18<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Herr Dr. Redmann. Ich war jetzt etwas großzügig mit der Zeitbemessung,<br />

weil die Vorredner etwas Zeit eingespart haben. Bitte versuchen Sie, sich an<br />

den zeitlichen Rahmen der Redezeit zu halten.<br />

Wir sind jetzt bei der ersten Fragerunde angelangt. Abgeordnete Nonnemacher, Abgeordnete<br />

Schier und Abgeordnete Böhnisch stehen zunächst auf meiner Rednerliste.<br />

Abgeordnete Nonnemacher fängt an. Bitte schön.<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />

Ich habe zunächst einige Fragen an die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />

Es geht um das Problem, das Frau Schlüter angesprochen hat, wonach Vorgaben im<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz zu kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ein Eingriff<br />

in die kommunale Selbstverwaltung seien. Nun wissen wir, dass der Anteil von<br />

Frauen gerade in kommunalen Vertretungen besonders schlecht ist. Der Anteil steigt,<br />

wenn man sich die <strong>Land</strong>esebene und die Bundesebene ansieht. Das wird besser.<br />

Die Zahlen für die Kommunen sind aber besonders schlecht. Das Gleiche gilt, wenn<br />

man sich Hauptverwaltungsbeamte und -beamtinnen anguckt. Je kleiner die Städte,<br />

desto weniger Bürgermeisterinnen oder Amtsdirektorinnen. Das ist eine schwierige<br />

Crux. Wie soll in solchen, wie ich es formulieren möchte, männerdominierten Kommunalvertretungen<br />

Frauenförderung durch die Hauptsatzung betrieben werden? Das<br />

ist ein wirkliches Problem. Frau Szczepanski hat das angesprochen und gesagt: Der<br />

Auftrag des Grundgesetzes geht deutlich vor. Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen.<br />

Im Übrigen möchte ich gern von Ihnen und von Herrn Grugel wissen, wie Sie gerade<br />

vor dem Hintergrund unserer demografischen Entwicklung zu der Forderung stehen,<br />

die Grenze der Einwohnerinnen und Einwohner für hauptamtliche kommunale<br />

Gleichstellungsbeauftragte von im Moment 30 000 auf beispielsweise 20 000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohner herabzusetzen. Außer den kreisfreien Städten haben<br />

wir im Moment noch fünf Städte in <strong>Brandenburg</strong>, die stabil mehr als 30 000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohner haben. Das ist schwierig. Wir schaffen in allen möglichen<br />

Gesetzen Demografiefaktoren. Nur bei der Gleichstellung wird das ignoriert. Das sind<br />

die Fragen an die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />

Frau Szczepanski oder Frau Dörnenburg möchte ich gern fragen: Frau Szczepanski,<br />

Sie haben in Ihrem Vortrag erwähnt, dass die Konnexitätsproblematik bei den<br />

Gleichstellungsbeauftragten nur in <strong>Brandenburg</strong> auftritt. Könnten Sie das näher erläutern?<br />

Konnexitätsregelungen haben wir auch in anderen Bundesländern. Wieso<br />

ist das hier besonders auffällig? - Danke schön.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Abgeordnete Nonnemacher. Abgeordnete Schier, bitte.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 19<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Abgeordnete Schier (CDU):<br />

Ich habe eine Frage an Herrn Dr. Redmann. Sie haben hier eine ganz interessante<br />

Betrachtungsweise vorgetragen. Ich habe ganz schnell im Vergabegesetz nachgelesen.<br />

Im Vergabegesetz haben wir diese Regelung nicht. War das ein Plädoyer von<br />

Ihnen, das in das Vergabegesetz aufzunehmen?<br />

Vorsitzende:<br />

Danke. Schon fertig?<br />

(Abgeordnete Schier [CDU]: Ja!)<br />

Abgeordnete Böhnisch.<br />

Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE):<br />

Ich habe eine Frage an Frau Schlüter und Herrn Grugel. Ich habe festgestellt: Sie<br />

haben widersprüchliche Aussagen gemacht. Während Frau Schlüter sagt, es sei verfassungswidrig,<br />

dass wir etwas in der Hauptsatzung festschreiben, sagt Herr Grugel,<br />

das müsste so gemacht werden. Sie sind sich uneinig. Ich habe Ihre Stellungnahme<br />

gelesen. Frau Schlüter sagt: Das geht gar nicht. Verfassungswidrig. Herr Grugel<br />

sagt: Nein, das muss in der Kommunalverfassung und dann in der Hauptsatzung geregelt<br />

werden. So zumindest habe ich es auf Seite 2 Ihrer Stellungnahme verstanden,<br />

wonach Sie das eigentlich anders sehen. Das ist für mich ein Widerspruch.<br />

Meine zweite Frage richtet sich an Herrn Grugel. Sie sagen, die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

wäre für die Kommunen zur Anleitung und Beratung wichtig. Das ist<br />

momentan nicht so. Wo im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz lesen Sie das heraus? Ich<br />

lese das nicht so.<br />

Frau Szczepanski, ich habe eine Frage zur Konnexität. Sie selbst sagen, es gebe<br />

zwei Gesetze, welche die Funktion der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

regeln: Die Kommunalverfassung und das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz. Das sei für<br />

Sie ein Widerspruch, weil das eine Gesetz es so und das andere Gesetz so regelt.<br />

Wie kann man dies in eine Einheit bringen?<br />

Vorsitzende:<br />

Danke, Abgeordnete Böhnisch. - Abgeordnete Prof. Dr. Heppener.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 20<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />

Ich habe auch eine Frage an die beiden Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />

Zugestanden, dass der Inhalt der Hauptsatzung zur kommunalen Selbstbestimmung<br />

gehört und dass wir über den Begriff nachdenken müssen. Frau Szczepanski hat<br />

deutlich darauf aufmerksam gemacht. Wir können es uns unter dem Aspekt des Abbaus<br />

von Diskriminierungen und der Durchsetzung von Gleichstellung nicht leisten,<br />

dass wir nach dem Grad der Realisierung von gleichgestellten Beziehungen dort, wo<br />

die Leute leben, nämlich in den Kommunen, einen Flickenteppich haben, wo jede<br />

Kommune für sich bestimmt, was an Gleichstellung möglich und was nicht möglich<br />

ist. Ich möchte folgende Frage stellen: Können Sie sich vorstellen, dass unter dem<br />

Aspekt, diese Sache in der Hauptsatzung zu regeln, bestimmte Knackpunkte dessen,<br />

was in der Hauptsatzung durchgesetzt werden muss - wenn man sich zu einer<br />

Hauptsatzung entschließt -, zu fixieren? Auf diese Weise würden wir unserer Forderung<br />

nach gleichwertigen Lebensbedingungen auch für die Frauen in unserem <strong>Land</strong><br />

Rechnung tragen.<br />

Den Ausführungen in Ihrem schönen Vortrag über die Sprachregelung können wir<br />

nur zustimmen. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie auch deutlich machten, dass es gar<br />

nicht so kompliziert ist. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass - durch die<br />

Jahrhunderte - Sprache etwas ist, was Verhältnisse wiedergibt. Dass wir uns so<br />

schwertun, eine geschlechterneutrale Sprache durchzusetzen, hat etwas mit einer<br />

„schönen“ Sache zu tun: „Die klugen Ideen unserer Ingenieure und die fleißigen<br />

Hände unserer Frauen haben dieses Oberhemd produziert.“ Das finden wir immer<br />

noch als Werbung, und das zeigt die Schwierigkeit, wenn es darum geht, sich mit<br />

Sprache zu beschäftigen. Aber das war nur eine Replik; das Erste war eine Frage.<br />

Die zweite Frage habe ich an Herrn Dr. Redmann. Das, was Sie sagten, war durchaus<br />

logisch nachvollziehbar, aber mir ist nicht klar, was Sie vor Augen haben: die<br />

Bestimmung in dem Entwurf des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes oder die Frauenförderverordnung?<br />

Für mich sind das zwei getrennte Dinge. Heute geht es mir um wirklich<br />

gute Formulierungen für § 14 LGG. Hier steht, dass „bei gleichwertigen Angeboten“<br />

- das entspricht einer Forderung, die Sie formulierten - bevorzugt werden soll,<br />

„wer sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen<br />

hat.“ Nachweisbar! Es sind also konkrete Begründungen gefragt. In Absatz 2 heißt<br />

es: „Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung der <strong>Land</strong>esregierung.“ Darin können<br />

all die Dinge, die Sie dankenswerterweise aufgeführt haben, berücksichtigt werden.<br />

Aber ich glaube, wir müssen - ich hoffe, sie stimmen mir zu - den Gesetzentwurf, den<br />

wir verbessern wollen, und die Frauenförderverordnung, die existiert, unterscheiden.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Abgeordnete Prof. Dr. Heppener. - Ich sehe keinen weiteren Fragebedarf.<br />

Daher treten wir in die Antwortrunde ein. Wir beginnen mit Frau Schlüter und<br />

Herrn Grugel; die meisten Fragen waren ja an die kommunalen Spitzenverbände gerichtet.<br />

Vielleicht schaffen Sie es, die Fragen gleich hintereinander zu beantworten.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 21<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Frau Schlüter, fangen Sie an?<br />

Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Ich will es gern versuchen und die Fragen in der Reihenfolge, in der sie angefallen<br />

sind, beantworten.<br />

Abgeordnete Nonnemacher, Sie haben gefragt, ob die Einwohnergrenze für die Einsetzung<br />

von hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten von 30 000<br />

auf 20 000 reduziert bzw. ob ein Demografiefaktor eingesetzt werden sollte. Ich glaube<br />

nicht, dass diese Größenordnung eine Frage der Demografie ist, sondern es geht<br />

darum, welche Standards im kommunalen Bereich vorgegeben werden. Wenn Standards<br />

vorgegeben oder erhöht werden, heißt das auch, dass Geld auf die Reise mitgegeben<br />

werden muss. Wenn im kommunalen Bereich mehr Geld vorhanden wäre,<br />

ginge vielleicht an vielen Stellen einiges, was im Augenblick nicht funktioniert.<br />

Sie haben das insbesondere auf die kleineren Städte bezogen. Da halte ich mich<br />

zurück, das ist nicht unsere Klientel. Wenn Sie sagen, in den kommunalen Vertretungen<br />

gebe es eine Unterrepräsentanz von Frauen, so ist das ein objektiver Befund.<br />

Aber da geht es nicht so sehr darum, was in der Hauptsatzung eines <strong>Land</strong>kreises<br />

steht, sondern es gehört zur politischen Arbeit von Parteien und Bürgerinitiativen,<br />

wirklich aktiv auf Frauen zuzugehen. Insoweit sehe ich jedenfalls nicht die Wechselwirkung<br />

zwischen der Ausgestaltung in einer Hauptsatzung und der tatsächlichen<br />

Repräsentanz in der Vertretungskörperschaft.<br />

Abgeordnete Böhnisch, die Frage nach einem Widerspruch zwischen uns beiden<br />

richtet sich eher an Herrn Grugel. So habe ich sie jedenfalls verstanden; aber ich lasse<br />

mich gern eines Besseren belehren.<br />

Bleibt die Frage der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener, Stichwort: „Flickenteppich“.<br />

Das ist eine Konsequenz aus Artikel 28 Grundgesetz. Kommunale Selbstverwaltung<br />

bedeutet, Angelegenheiten im Selbstverwaltungsbereich individuell nach den Gegebenheiten<br />

vor Ort - manchmal auch nach den Mehrheitsverhältnissen - zu regeln.<br />

Damit muss man in Kauf nehmen - das ist verfassungsrechtlich abgesichert -, dass<br />

nicht alles absolut identisch geregelt wird. Das mag, wenn einem die jeweilige Ausprägung<br />

nicht auskömmlich erscheint, bitter sein. Es mag auch für viele schwer<br />

nachvollziehbar sein, dass nicht überall alles gleich ist, wo wir doch ein Rechtssystem<br />

haben, das viele Dinge bis in das Kleinste durchreguliert. Aber „gleichwertig“<br />

heißt nicht „gleich“. Gleichwertiges ist vergleichbar, aber nicht identisch. Das muss<br />

man einfach akzeptieren. Das ist der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltung.<br />

Gerade wenn es solche organisatorischen Aspekte betrifft, ist das unumstritten, auch<br />

wenn das nicht jeder bei allen Fragestellungen gut nachvollziehen kann.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön. - Abgeordnete Nonnemacher, es sind keine Fragen untergegangen.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 22<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />

Entschuldigung, ich habe nur eine Nachfrage. - Frau Schlüter, ich hatte konkreter<br />

nachgefragt. Können Sie sich bitte noch dazu äußern, wie Sie das Spannungsverhältnis<br />

bewerten zwischen dem Grundgesetzauftrag aus Artikel 3 für die Kommunen<br />

und der Tatsache, dass männerdominierte Vertretungen entsprechend der Hauptsatzung<br />

über Frauenförderung befinden?<br />

Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Ich möchte nicht in einen tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Disput eintreten. Ich<br />

sehe auch nicht, dass Artikel 3 Grundgesetz verletzt ist. Die Tatsache, dass in bestimmten<br />

Bereichen mehr Männer tätig sind, bedeutet nicht, dass zielstrebig eine<br />

Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Artikel 3 Grundgesetz angestrebt worden<br />

wäre. Zwar gibt es nicht überall die paritätische Besetzung - das zeigt die Praxis<br />

-, aber es gibt keine Instrumentarien, die die paritätische Besetzung in jedem Bereich<br />

wirklich abschließend erzwingen. Die verfassungsrechtliche Spange, die Ihnen<br />

offensichtlich vorschwebt, sehe ich nicht.<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank, Frau Schlüter. - Abgeordnete Prof. Dr. Heppener hat dahingehend auch<br />

noch eine Nachfrage.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />

Mir ist durchaus der Unterschied zwischen Gleichheit und Gleichwertigkeit bekannt.<br />

Aber Sie haben auch auf das Grundgesetz abgehoben. Zwar überlassen wir es den<br />

Kommunen, wie sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen; aber sie<br />

müssen sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Darin stimmen Sie mir<br />

sicherlich zu. Vor diesem Hintergrund müssen auch die Kommunen für gleichwertige<br />

Bedingungen für Männer und Frauen eintreten, wie gesagt, unter Berücksichtigung<br />

des Umstands, dass die Kommunen selbst über die konkrete Ausgestaltung entscheiden.<br />

Können Sie bestimmte Bereiche, Themen, Forderungen nennen, die sie<br />

beachten müssen, um auf dem Boden des Grundgesetzes zu einer Gleichwertigkeit<br />

der Lebensbedingungen zu kommen?<br />

Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Ich versuche zu antworten; das ist schwierig. Mit Ihrer Frage unterstellen Sie mehr<br />

oder weniger, dass es im kommunalen Bereich keinerlei Förderung gebe, dass Frauenförderung<br />

bzw. die Maßgaben des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes missachtet<br />

würden. Das ist definitiv nicht der Fall. Wir können uns sicherlich darüber unterhalten<br />

- aber ich glaube, das würde den Rahmen der Anhörung sprengen -, ob nicht noch


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 23<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

mehr geht als das, was gemacht wird. Das mag in Kommune A anders sein als in<br />

Kommune B. Ich wiederhole: Das Gesetz wird beachtet. Insofern findet Förderung<br />

statt. Diese stößt an unterschiedliche Grenzen in den <strong>Land</strong>kreisen. Aber das, was ein<br />

<strong>Land</strong>kreis bei diesem gesetzlichen Auftrag beachten muss, beachtet er für sein Gebiet.<br />

Wenn sein Nachbarlandkreis andere Schwerpunkte setzt, ist das noch nicht ein<br />

Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz, sondern das ist<br />

dann eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltung, die die Möglichkeit eröffnet,<br />

in organisatorischen Fragen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke, Frau Schlüter. - Wir setzen mit Herrn Grugel fort.<br />

Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Ich weiß gerade nicht, wo ich anfangen soll. Mir geht folgendes durch den Kopf: Vielleicht<br />

klang es vorhin erheiternd, als ich sagte: Meine erste Ausbildungseinheit war<br />

vor 38 Jahren. - Ich habe mir wohl überlegt, ob ich das sage. Warum soll ich von mir<br />

privat und meiner ersten Ausbildungseinheit etwas erzählen? Ich wollte damit verdeutlichen,<br />

dass es dieses Thema schon 38 Jahre gibt. Die Ausführungen: „Es tut<br />

nicht weh, und es kostet kein Geld“, sollten klarstellen, dass man etwas tun muss.<br />

Ich habe durchgezählt. Vielleicht habe ich mich verzählt, aber in diesem Kreis sitzen<br />

19 Frauen und 7 Männer. Warum sage ich das? Ich würde hier als Frau nicht sitzen.<br />

Diese Diskussion sollen Männer führen! - Ich sage jetzt meine Meinung. - Die Männer<br />

müssen das hören, was wir hier diskutieren. Was ich damit sagen will: Wenn in<br />

entsprechenden Gremien vorzugsweise Frauen mit Gleichstellungsfragen beschäftigt<br />

sind - so klingt das auch in der Gesetzesbegründung durch -, dann ist man dort unter<br />

sich. Wenn es um Schulpolitik, Bildung, Kindergärten usw. geht, würde ich Männer<br />

hinschicken, wenn ich eine Frau wäre. Erlauben Sie mir, dass ich das hier so einfach<br />

in den Raum gebe. Das wollte ich vor die Klammer ziehen.<br />

Jetzt komme ich auf das juristisch spannendere Thema zurück: Grundgesetz und<br />

Ämterproporz in den kommunalen Vertretungen sowie bei den Hauptverwaltungsbeamten.<br />

Ich habe es nicht geprüft, unterstelle aber der Einfachheit halber, dass die<br />

Aussagen zum höheren Dienst richtig sind. Demnach liegt in der Verwaltung der<br />

Städte und Gemeinden der Frauenanteil bei den Beamtenverhältnissen im höheren<br />

Dienst nur bei 22 %. Das hat mich natürlich auch erschrocken und dann habe ich mir<br />

genau die gleiche Frage gestellt. Wir müssen mit den Gesetzen einen Schritt weiter<br />

gehen. Das Grundgesetz spricht von freien Wahlen, und die Kommunalverfassung<br />

regelt: Es wird gewählt. - Im höheren Dienst der Städte und Gemeinden sind fast<br />

ausschließlich Wahlbeamte tätig. Diese werden vom Volk gewählt. Die Bürgermeisterinnen<br />

werden direkt vom Volk gewählt. Gehe ich jetzt also in die Gemeinde und<br />

schaue, wie viele Frauen dort den Bürgermeister bzw. wie viele Männer die Bürgermeisterin<br />

gewählt haben? Das sind für mich die Fragen, an denen man arbeiten<br />

muss, nicht an Formulierungen im Gesetz.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 24<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Ich sage das deshalb, weil sich in den vergangenen 38 Jahren etwas getan hat,<br />

wenn ich das richtig beobachtet habe. Aber es geht auch um viele andere Dinge, die<br />

gesetzlich gar nicht geregelt werden müssen. Die Vorgabe hier in <strong>Brandenburg</strong> lautet:<br />

Der Bürgermeister - oder die Bürgermeisterin - wird gewählt. Das ist politisch so<br />

entschieden. Man hätte auch eine gesetzliche Regelung treffen können: Frauenquote<br />

bzw. Männerquote im Zeitbeamtenverhältnis, als es noch Stadtdirektoren und Gemeindedirektoren<br />

gab. Diese Funktionen wollte man nicht mehr, die Politik hat es<br />

anders gewollt. Es gab die Entwicklung hin zu Wahlen. Insofern muss hier und überall<br />

Einfluss genommen werden, dann gibt es auch mehr Frauen in entsprechenden<br />

Positionen.<br />

Auch die Rahmenbedingungen müssen sich ändern. Gesetzlich ist das nicht zu fassen,<br />

es sei denn, man sagt: Wahlbeamte werden nicht mehr gewählt, sondern auf<br />

der Grundlage des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes bestimmt. Oder den Gemeindewählerinnen<br />

und -wählern wird anstelle der jetzigen Regelung - freie Wahlen, eigene<br />

Entschlusskraft - vorgegeben: Wähler, du darfst nur wählen, wenn du dich mit deinem<br />

Nachbarn abstimmst und die Quote beachtest! - Entschuldigen Sie, dass ich<br />

das so vereinfacht ausdrücke, aber das ist der Konflikt, mit dem wir es auf der Gemeindeebene<br />

zu tun haben.<br />

Aus der Praxis kann ich berichten, dass es in den vergangenen Jahren eine Veränderung<br />

gegeben hat. Wir haben Amtsdirektorinnen - endlich! -, auch als Vorsitzende<br />

unserer Kreisarbeitsgemeinschaften. Wir haben eine Oberbürgermeisterin und Bürgermeisterinnen.<br />

Eine Bürgermeisterin hat sich als <strong>Land</strong>rätin beworben. Sie ist vom<br />

Volk im <strong>Land</strong>kreis Elbe-Elster nicht gewählt worden. Ob das richtig oder falsch war,<br />

will ich parteipolitisch gar nicht bewerten. Aber inzwischen gibt es auch eine <strong>Land</strong>rätin.<br />

Das muss transportiert werden und eine Vorbildwirkung haben. Dann wird sich -<br />

nicht nur dort, sondern auch in den Gemeindevertretungen - etwas ändern. Das ist<br />

meine Auffassung dazu.<br />

Die weitere Frage bezog sich darauf, welche Rechte die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

gegenüber den Kommunen hat. Ich habe versucht, das zu differenzieren. Die<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte kommuniziert unmittelbar - das darf sie - mit den<br />

<strong>Land</strong>kreisen. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Land</strong>kreise kommunizieren<br />

mit den Gemeinden. Das ist in § 108 BbgKVerf geregelt; dort geht es um die<br />

Aufgaben der Aufsicht. Es ist im Gesetz richtig ausgeführt: Die Frauenbeauftragte ist<br />

Teil der Dienststelle. Die Aufsicht ist verpflichtet, die Rechte der Gemeinden zu<br />

schützen und die Erfüllung ihrer Pflichten zu sichern. In § 108 Satz 2 BbgKVerf heißt<br />

es - das habe ich schon in meinem Vortrag gesagt -:<br />

„Sie hat die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der Gemeinden zu fördern<br />

sowie Erfahrungen bei der Lösung kommunaler Aufgaben zu vermitteln.“<br />

An dem Punkt habe ich gesagt: Natürlich braucht man auch Gleichstellungsbeauftragte<br />

mit ein bisschen Selbstbewusstsein. Ich weiß, wie schwer das ist. Es ist am<br />

Rande des Gesprächs schon angeklungen: Da gibt es einen vom Volk gewählten<br />

Bürgermeister, einen starken Hauptverwaltungsbeamten, der möglicherweise nicht<br />

so redet wie ich - ich will das gar nicht werten -, und dann hat die Frauenbeauftragte


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möglicherweise, das kann ich gar nicht beurteilen, viele oder wenige Chancen. Das<br />

ist ein Stück der Realität, und mit der müssen wir vielleicht noch eine Zeit lang umgehen.<br />

Die gesetzliche Regelung wird sich auch nicht verändern.<br />

Nächster Punkt: Wenn Frauenbeauftragte entsprechend ausgebildet werden - was<br />

ich für wichtig und richtig halte; das ist übrigens heute schon ein Gebot, das muss<br />

nicht in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz aufgenommen werden -, dann kennen sie<br />

diese Regelung. Ich habe das übrigens lange beruflich gemacht; darum kann ich<br />

auch so reden -, dann vernetzen sie sich mit den Frauenbeauftragten auf der kreislichen<br />

Ebene, die Kreisbeauftragten vernetzen sich mit der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />

und dann dreht sich auch etwas. Das ist ein Prozess.<br />

Zum Schluss zu den Knackpunkten: Wir haben eine Regelung auch für die Knackpunkte.<br />

Wenn es Bedarf gibt - ich will den überhaupt nicht weg reden -, das heißt,<br />

wenn den grundgesetzlichen oder den weiteren Anforderungen an die Herstellung<br />

von Chancengleichheit, an Gender Mainstreaming bzw. an Gleichbehandlung nicht<br />

Rechnung getragen wird und all die Fragestellungen, die damit verbunden sind, in<br />

der Hauptsatzung nicht geregelt sind, dann muss die Aufsicht sagen: Höre mal zu,<br />

Gemeinde! Das und das fehlt! - Dann muss darüber ein Diskussionsprozess entstehen.<br />

Verstehen Sie bitte, dass wir, weil wir das so sehen - und dafür kämpfen und werben<br />

-, in diesem Sinne die Gemeinden beraten, auch wenn es um die Hauptsatzungen<br />

geht. Wir sind aber nicht die Aufsichtsbehörde der Städte und Gemeinden, sondern<br />

deren Interessenvertreter. In dieser Eigenschaft müssen wir auf die Rechtslage<br />

hinweisen und klarmachen: Es gibt eine eigene kommunale Selbstverwaltung mit<br />

eigener Organisations- und Personalhoheit, innerhalb der diese Dinge zu regeln sind.<br />

Die schwierige Situation der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist angesprochen<br />

worden. Das Externe, ihre zweite Rolle, ist zu bedienen, und es sind die Rahmenbedingungen<br />

dafür zu schaffen, dass in Bezug auf die örtliche Gemeinschaft<br />

entsprechende Dinge geschehen, Fortbildungsveranstaltungen stattfinden, Frauen<br />

zu Gemeindevertretungssitzungen eingeladen werden usw.; da könnte ich ohne Ende<br />

weiterreden. Auch in dem Bereich muss es zu einer Stärkung kommen, was die<br />

ehrenamtlichen Gemeindevertreterinnen und -vertreter in kommunalen Gremien anbelangt.<br />

Eines habe ich noch vergessen, das fällt mir jetzt nicht ein. Darum möchte ich Sie<br />

nicht länger mit meinen Antworten konfrontieren, es sei denn, ich bekomme die Gelegenheit,<br />

eine Nachfrage zu beantworten.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Herr Grugel. - Frau Szczepanski, bitte.


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Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Ich darf die Frage der Abgeordneten Nonnemacher beantworten. Die Aussage zu<br />

dem Konnexitätsprinzip in <strong>Brandenburg</strong> habe ich aus einem Workshop in Hannover,<br />

an dem ich teilgenommen habe. Dort ist ein Vergleich aller <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetze<br />

der Bundesrepublik vorgenommen worden. Nur das, was dort festgestellt wurde,<br />

habe ich weitergegeben. Ich kann das jetzt nicht beweisen, und ich kann es nicht<br />

begründen. Aber ich würde gerne zum Konnexitätsprinzip noch etwas sagen. Es ist<br />

hier an verschiedenen Stellen angeklungen. Es gibt aus unserer Sicht keinen neuen<br />

zusätzlichen finanziellen Aufwand; denn die Kommunen sind bisher schon verpflichtet,<br />

kommunale Gleichstellungsbeauftragte zu benennen, ab 30 000 hauptamtlich,<br />

darunter nebenamtlich, keinesfalls ehrenamtlich. Mit der bisherigen Praxis der Benennung<br />

nach § 18 BbgKVerf wird lediglich etwas stärker normiert. Also wir schaffen<br />

hier nichts Neues und es gibt auch keine Forderung nach Neuem. Es werden auch<br />

keine zusätzlichen neuen Aufgaben übertragen. Wenn die Kommunen dem bisherigen<br />

Auftrag bereits gerecht geworden wären, dann müsste das, was jetzt formuliert<br />

worden ist, einfach nur fortgesetzt werden. Selbst wenn die Einwohnerzahl gekappt<br />

oder heruntergebrochen würde, was, soweit ich weiß, aktuell gar nicht so zur Debatte<br />

steht, entstehen keine zusätzlichen Kosten; denn auch hier wird den Kommunen keine<br />

neue Aufgabe übertragen, sondern es wird eine vorhandene und bis dahin nebenamtliche<br />

und relativ kostenneutrale Aufgabe zu einer hauptamtlichen Aufgabe<br />

definiert. Das beträfe 14 Gemeinden. Diese 14 Gemeinden haben bereits eine kommunale<br />

Gleichstellungsbeauftragte. Die sind nicht alle Mitglieder der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft,<br />

aber die gibt es in unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichen<br />

Aufgaben. Soweit zum Konnexitätsprinzip.<br />

Darf ich auf das, was Frau Schlüter und Herr Grugel gesagt haben, antworten, Frau<br />

Vorsitzende?<br />

Vorsitzende:<br />

Ja.<br />

Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Ich denke, es ist ganz wichtig, die Dinge, die hier gesagt wurden, nicht einfach so<br />

stehenzulassen. - Ich will das noch einmal deutlich machen: § 22 sagt unter anderem,<br />

welche Aufgabe eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte intern innerhalb<br />

ihrer Verwaltung zu erfüllen hat. Sie hat unter anderem an Einstellung, Beförderung,<br />

Gruppierung usw. teilzunehmen, aktive Teilnahme an solchen Prozessen, aktive<br />

Teilnahme an sozialen, baulichen, organisatorischen Maßnahmen. Sie hat einen<br />

Blick darauf zu werfen und hat zu sagen, wie weibliche Angestellte besonders oder<br />

überhaupt betroffen sind. Sie hat an Fortbildungs- und Personalentwicklung teilzunehmen.<br />

Jetzt frage ich Sie: Wie soll eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte


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diese interne Aufgabe realisieren, wenn ihr das der Bürgermeister überhaupt nicht<br />

gestattet, wenn er sagt: Da kommst du nicht rein! Du darfst nicht in die Dienstberatung,<br />

du darfst nicht in die Personalgespräche hinein. Und jede kommunale Gleichstellungsbeauftragte,<br />

die sagt: „Ich möchte diesen Auftrag aber erfüllen!“, wird gefragt:<br />

Wo bitte steht das? Weise mir juristisch nach, wo das steht! Wo nimmst du das<br />

Recht, die Dreistigkeit her, am Personalgespräch teilzunehmen? Das ist das Problem.<br />

Ein Teil der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten kann diesen Auftrag objektiv<br />

überhaupt nicht wahrnehmen. Es gibt Kolleginnen, die dürfen noch nicht einmal<br />

zur Beratung nach Potsdam fahren!<br />

(Abgeordnete Prof. Dr. Heppener [SPD]: Das ist der Flickenteppich!)<br />

- Das ist der Flickenteppich.<br />

Natürlich gibt es auch Gleichstellungsbeauftragte, die haben hervorragende Arbeitsbedingungen.<br />

Ich habe mir meine Dienstanweisung auf die Bitte meines Bürgermeisters<br />

hin selbst geschrieben. In Anlehnung an die §§ 22 bis 24 habe ich das für mich,<br />

für die Stadt Oranienburg festgemacht. Das darf nicht jede. Manche <strong>Land</strong>räte sagen:<br />

Gleichstellungsbeauftragte, du kannst das, das und das. Alle sozialen Belange darf<br />

sie machen. Aber für das, worauf es wirklich ankommt, wird sie nicht zugelassen.<br />

Deswegen mein vehementer und jetzt sicherlich auch sehr emotionaler Appell an<br />

Sie, das zu überdenken. Wir wollen die §§ 22 bis 24 für alle kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

geregelt haben, damit diese endlose Debatte aufhört: Was darf ich<br />

denn jetzt? Und jeder Bürgermeister und jede Bürgermeisterin sagt: Interessiert mich<br />

nicht.<br />

Zwei Gedanken noch dazu: Es fehlt uns nicht an Selbstbewusstsein, Herr Grugel.<br />

Und es gibt im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> keine Frauenbeauftragten, sondern Gleichstellungsbeauftragte.<br />

Der Begriff ist bei uns eindeutig festgelegt.<br />

(Herr Grugel: Ja, sorry!)<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Frau Szczepanski, auch noch einmal für die Klarstellung. - Herr<br />

Dr. Redmann, Sie hatten noch Aufgaben bekommen.<br />

Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />

Ich darf zunächst die Frage der Abgeordneten Schier beantworten. Bitte sehen Sie<br />

es mir nach, dass ich mich nicht dazu einlasse, inwieweit es aus Sicht der Gleichstellung<br />

erforderlich ist, bei öffentlichen Auftragsvergaben Aspekte der Gleichstellung zu<br />

berücksichtigen. Dazu verstehe ich zu wenig von diesem Metier. Das ist, glaube ich,<br />

auch eine politisch zu beantwortende Frage. Die liegt also bei Ihnen.


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Ich möchte lediglich aus vergaberechtlicher Sicht etwas dazu sagen. Grundsätzlich<br />

rate ich eher davon ab, das Vergaberecht zu überfrachten. Wir haben den Mindestlohn<br />

darin. Wir können inzwischen auch ökologische Kriterien im Vergaberecht berücksichtigen.<br />

Wir haben die Frauenförderung darin. Jeder weitere Aspekt im Vergaberecht,<br />

jedes weitere vergabefremde Kriterium führt zu mehr Bürokratie. Es überlastet<br />

die Kommunen. Insbesondere die kleinen Auftraggeber müssen inzwischen fast<br />

ein Dutzend Schwellenwerte im Kopf haben, wenn sie das Vergaberecht anwenden,<br />

um zu wissen, welche Norm jetzt gerade für den Auftrag gilt, den sie da bearbeiten.<br />

Es führt am Ende auch zu teureren Vergaben, und es wird teurer für den jeweils<br />

Ausschreibenden. Insofern ist meine Empfehlung eher Zurückhaltung. Aber wenn<br />

aus Gleichstellungsaspekten heraus die Notwendigkeit gesehen wird, dann, sage<br />

ich, soll man es lieber im <strong>Land</strong>esvergabegesetz regeln als im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz.<br />

Nur so möchte ich gerne verstanden werden.<br />

Zu Ihrer Frage, Frau Abgeordnete Prof. Dr. Heppener: Zunächst einmal, dass ich<br />

überhaupt etwas zur Frauenförderung sage, liegt daran, dass Sie mich danach gefragt<br />

haben. Das sagt nämlich Frage 9 Ihres Fragenkatalogs: Wie haben sich das<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die daraus resultierende Frauenförderverordnung<br />

bislang auf die Vergabepraxis ausgewirkt?<br />

(Abgeordnete Prof. Dr. Heppener [SPD]: Diese Frage habe ich nicht gestellt!)<br />

- Ja gut, aber Ihr Ausschuss.<br />

Vorsitzende:<br />

Nein, nicht der Ausschuss, wir haben zugeordnet, wer die Fragen gestellt hat. Das<br />

machen wir mit Absicht, damit immer klar ist, aus welcher Fraktion die Fragen kommen.<br />

Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />

Insofern sehen Sie es mir nach, dass ich die Fragen, die gestellt und aufgeworfen<br />

werden, auch beantworte. Ich glaube, dass diese Frage aber auch sinnvoll ist; denn<br />

ansonsten kann man überhaupt nicht bewerten, wie sich das Gesetz in der Praxis<br />

ausgewirkt hat. Wenn Sie das Gesetz fast wortgleich wieder bestätigen, dann erteilen<br />

Sie damit diesem Leben des Gesetzes, wie man es durch die Frauenförderverordnung<br />

verstanden wissen will, auch eine gewisse Bestätigung. Dessen sollte man sich<br />

schon bewusst sein, zumal - ich entnehme der Frage diese Skepsis in gewisser Weise<br />

- eine gewisse Abweichung zwischen dem, was in der Verordnung geregelt ist,<br />

und dem, was im Gesetz geregelt ist, besteht. Die Abweichung betrifft den Schwellenwert,<br />

die Frage, ob man auf die Aktivität eines Auftragnehmers eingeht oder ob<br />

man auf die Anzahl der Frauen eingeht sowie die Gleichwertigkeit. Wenn Sie einmal<br />

auf die Homepage des Ministeriums schauen, werden Sie feststellen: Dort wird in<br />

bemerkenswerter Offenheit dargestellt, dass Frauenförderung bei Gleichwertigkeit<br />

natürlich belohnt wird. Aber auch, wenn keine Gleichwertigkeit vorliegt, wird Frauen-


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förderung belohnt, wenn der nächste Bieter nur bis zu 20 % teurer ist. Man geht über<br />

das hinaus, was im Gesetz von Ihnen, den Abgeordneten, dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong>, geregelt<br />

worden ist. Da sollte man sich schon fragen, ob man das als <strong><strong>Land</strong>tag</strong> so durchgehen<br />

lässt, dass eine Verordnung nicht dem entspricht, was man selbst einmal beschlossen<br />

hat oder wieder beschließen will.<br />

Als Drittes: Wenn Sie es in Zukunft anders haben möchten, werden Sie gezwungen<br />

sein, es im Gesetz anders zu regeln. Dazu haben Sie die Möglichkeit. Insoweit auch<br />

mein Hinweis auf meine schriftliche Stellungnahme. Darin schlage ich zum Beispiel<br />

vor, dass man das klarstellt, die Bevorzugung nur noch hinsichtlich gleichbewerteter<br />

Angebote stattfinden lässt, sodass man diesen Spielraum eindämmt und damit natürlich<br />

auch über die europäischen Schwellenwerte hinausgehen kann. Wenn Sie es<br />

aber anders machen wollen und keine Bevorzugung mehr haben wollen, wie es jetzt<br />

ausdrücklich im Gesetz steht, sondern wenn Sie künftig eine Verpflichtung zur Umsetzung<br />

von Frauenfördermaßnahmen haben wollen, dann müssen Sie das Wort<br />

Bevorzugung herausnehmen und eher eine Verpflichtung im Gesetz vorsehen. Insofern<br />

liegt der Ball bei Ihnen, den Damen und Herren Abgeordneten, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

so zu gestalten, dass das herauskommt, was Sie gerne möchten.<br />

Vorsitzende:<br />

Ich möchte noch etwas klarstellen, damit die Anzuhörenden wissen, wie das Verfahren<br />

im Ausschuss ist. Wir haben uns im Ausschuss geeinigt, dass wir nicht über die<br />

Fragen abstimmen, die die einzelnen Fraktionen stellen, sondern dass wir kennzeichnen,<br />

welche Fraktionen welche Fragen gestellt haben, und dass wir keine Aussortierung<br />

von Fragen machen, sondern das Recht aller Fraktionen achten, ihre Fragen<br />

zu stellen. Sie als Anzuhörende haben deshalb vor jeder Frage zu stehen, von<br />

wem diese Frage kommt. Es sind nicht die Fragen des Ausschusses, darauf haben<br />

wir bewusst verzichtet. Selbstverständlich haben Sie es richtig gemacht, alle Ihnen<br />

gestellten Fragen - das steht Ihnen ja frei, Sie können auswählen - zu beantworten.<br />

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung gesehen. Abgeordnete Schulz-Höpfner, bitte.<br />

Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU):<br />

Ich möchte mich ausdrücklich für diese Klarstellung und auch bei allen Anzuhörenden<br />

bedanken. Diese Frage haben wir nicht einfach mal so aus dem hohlen Hut gestellt,<br />

sondern sie ist aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage meines Kollegen<br />

Homeyer erwachsen, in der die <strong>Land</strong>esregierung ganz klar sagt, dass der Frauenförderverordnung<br />

in der täglichen Vergabepraxis eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen<br />

wird. Wenn man zu solch einem Eingeständnis kommt, muss man nach<br />

so vielen Jahren des Bestehens dieser Verordnung und des Gesetzes auch eine<br />

entsprechende Anfrage stellen. Ich bedanke mich ausdrücklich für die Beantwortung.


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Vorsitzende:<br />

Gut, das war jetzt auch noch einmal zur Ergänzung und zur Klarstellung. Dann können<br />

wir jetzt in der Anhörungsrunde fortfahren. Frau Präsidentin Paulat, Sie haben<br />

das Wort.<br />

Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich bin als Präsidentin<br />

des <strong>Land</strong>essozialgerichts Berlin-<strong>Brandenburg</strong> (LSG) eingeladen. Ich möchte aber<br />

darauf hinweisen, dass ich auch die Vorsitzende des <strong>Land</strong>esverbandes <strong>Brandenburg</strong><br />

des Deutschen Juristinnenbundes (DJB) bin, in Personalunion also. Ich habe die<br />

Möglichkeit, mit zwei - bzw. sogar vier - Augen auf die Thematik zu schauen.<br />

Ich stelle fest, dass das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und das Hochschulgesetz zu<br />

Recht novelliert werden und begrüße das als Präsidentin des LSG und auch als Vorsitzende<br />

des DJB-<strong>Land</strong>esverbandes. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus den<br />

Zahlen, die wir mitgeteilt bekommen haben, auch im Vorspann des Gesetzentwurfes.<br />

Ich finde es beinahe erschreckend, dass seit 1994 in den Führungsämtern mit höherem<br />

Entgelt oder höherer Besoldung der Frauenanteil noch sehr bescheiden ist.<br />

Wenn fast 70 % der Dienststellen keinen Förderplan vorlegen und das offenbar unsanktioniert<br />

bleibt, während die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten behindert<br />

oder jedenfalls nicht gefördert wird, dann liegt auf der Hand, dass Handlungsbedarf<br />

besteht.<br />

Der öffentliche Dienst ist wahrlich kein Vorbild, die Ministerien und die Staatskanzlei<br />

dieses <strong>Land</strong>es auch nicht. Man muss das so konstatieren. Erstaunlich und beinahe<br />

etwas amüsant fand ich, dass ausgerechnet im Entwurf des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

die Forderung des aktuell gültigen <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes in seinem<br />

§ 13 nach sprachlicher Gleichstellung nicht erfüllt ist, und zwar in Artikel 2, Paragraf<br />

7 im Teil zur Änderung des Hochschulgesetzes. Gut, das wird sich schnell ändern<br />

lassen.<br />

Ich möchte mich in meinem Statement an dem Fragenkatalog orientieren, soweit er<br />

mich betrifft. Positive Aspekte der Änderung im Entwurf sind sicherlich die Einbeziehung<br />

der Hochschulen, die Quotierung bei der Stellenbesetzung in Verwaltung und<br />

Gremien und die Erweiterung des Geltungsbereichs auf juristische Personen des<br />

Privatrechts und Personengesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des <strong>Land</strong>es. Ich<br />

halte weiterhin für einen positiven Effekt, dass das Gesetz auf Funktionen mit Vorgesetzten-<br />

und Leitungsaufgaben erweitert wird und auch die Ausschreibungspflicht für<br />

Funktionen erweitert wurde. Das ist ein echter Fortschritt.<br />

Wir haben heute schon etwas zur Aufnahme der Tarifbeschäftigten mit befristeten<br />

Verträgen in den Gleichstellungsplan gehört. Das finde ich grundsätzlich gut. Ich<br />

kann aber auch den kritischen Worten von Frau Schlüter dazu beipflichten.


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Die Verbesserung nach Ende der Beurlaubung aus familiären Gründen ist anerkennenswert,<br />

auch die Einbeziehung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im Gesetz<br />

und schließlich die Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten, zum Beispiel beim<br />

Kündigungsschutz, aber auch bei zahlreichen anderen Aufgaben und Verantwortungen.<br />

Verbesserungsbedarf und Änderungsbedarf würde ich bei der Ansiedlung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

sehen. Das soll, wenn ich es recht verstehe, so bleiben,<br />

wie es ist. Ich würde mich sehr dafür einsetzen, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

an der politischen Spitze des <strong>Land</strong>es angesiedelt wird, nämlich bei<br />

dem Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin. Ich könnte mir auch sehr gut<br />

vorstellen - obwohl ich mir vorzustellen kann, dass das problematisch ist -, eine <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

im Rang einer Staatssekretärin einzuführen.<br />

Was ich mir auch vorstellen könnte, ist die Erweiterung der Kompetenz der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />

die sich nicht nur auf Beratung und Unterstützung beschränken<br />

sollte. In welcher Form, das müsste man überlegen. Aber ich glaube,<br />

dass, wenn es so käme, dass die Gleichstellungsbeauftragte den Status einer<br />

Staatssekretärin hätte, damit auch eine Aufgabenerweiterung einhergehen könnte.<br />

Mindestens erforderlich ist die Freistellung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten.<br />

Was ich schon öfter vorgetragen habe, auch dem Arbeits- und Sozialminister, ist,<br />

Gleichstellungspläne für den gesamten Geschäftsbereich eines Ministeriums einzuführen.<br />

Ich spreche da jetzt erst einmal für die Justiz. Ich finde es misslich, wenn die<br />

Gerichte, die erstinstanzlichen Gerichte, die zweitinstanzlichen Gerichte, ihre Gleichstellungspläne<br />

aufstellen, wenn das Justizministerium für sein Haus den Gleichstellungsplan<br />

aufstellt, aber wenn ich für den Richterbereich etwas in meinen Gleichstellungsplan<br />

hineinschreibe, dann hat es wenig Wirkung, weil ich letztendlich gar nicht<br />

über die Einstellung oder Beförderung entscheide. Ich kann natürlich im Rahmen von<br />

Einstellungs- und Beförderungsverfahren Vorschläge machen, aber eine Entscheidungsbefugnis<br />

liegt da letztlich nicht bei mir. Das Ministerium hat in seinem Haus<br />

keine Richterinnen und Richter beschäftigt. Also rekurriert dieser Gleichstellungsplan<br />

nicht auf diesen Bereich. Ich halte es für erstrebenswert, über die Grenzen der einzelnen<br />

Dienststelle hinaus, dort, wo es nötig erscheint - wie eben in der Justizverwaltung<br />

-, übergreifende Gleichstellungspläne einzuführen.<br />

Ich vermisse in der Begründung des Gesetzentwurfs eine Begründung für die Ausnahme<br />

von der Quote, wenn es um die Besetzung einer Richterstelle geht und der<br />

Richterwahlausschuss mitzuwirken hat. Das ist in <strong>Brandenburg</strong> der Fall. Der Richterwahlausschuss<br />

bestimmt letztendlich über Beförderungen im Richterbereich. Ob<br />

das wirklich so sein muss, will ich mal dahingestellt sein lassen. Aber ich denke, es<br />

ist auf jeden Fall erforderlich, dass im Gesetz begründet wird, warum das so ist und<br />

warum man hier eine Ausnahme vorsehen muss.<br />

Für wenigstens erforderlich - ich glaube nicht, dass das die Selbstständigkeit des<br />

Richterwahlausschusses maßgeblich beeinträchtigen würde - hielte ich eine Art Appell<br />

des Gesetzes an die Justizverwaltung und den Richterwahlausschuss, die<br />

Gleichstellung zu wahren. Da muss man natürlich eine geeignete Formulierung fin-


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den. Aber dass dieser Bereich in Sachen Gleichstellung und Quote überhaupt nicht<br />

berührt wird, leuchtet mir nicht ein. Verstärkt in den Blick nehmen würde ich konkrete<br />

Formulierungen von Förderpflichten der Dienststellenleitungen. Auch das ist nicht<br />

einfach, das ist mir klar. Ich denke, es könnte an der Stelle durchaus hilfreich sein,<br />

wenn man Personen aus der Praxis befragt, was konkret an Förderpflichten umzusetzen<br />

erforderlich wäre.<br />

Stichwort Umsetzung; da bin ich schon beim nächsten Punkt. Ich denke, es sollten<br />

stärkere Kontrollen und Sanktionen im Kommunalbereich eingeführt werden. Das ist<br />

eine Schwäche des Entwurfs. Auch ich sehe hier Widersprüchlichkeiten. Natürlich<br />

hat das mit der Selbstverwaltung der Kommunen zu tun, ähnlich wie beim Richterwahlausschuss.<br />

Ich will mich dazu nicht näher äußern, da gibt es hier in der Runde<br />

Berufenere. Was ich mir aber vorstellen könnte, ist, dass man in der Begründung des<br />

Gesetzes noch stärker in den Fokus nimmt, dass es sich um Selbstverwaltung handelt.<br />

Durch eine gezieltere und ausführlichere Begründung ließe sich das Spannungsverhältnis<br />

zwischen der Selbstverwaltung und den Vorgaben des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

eindämmen.<br />

Im Fragenkatalog gibt es eine Frage zur Passfähigkeit mit dem Berliner Gleichstellungsgesetz.<br />

Ich frage mich: Wer passt sich da wem an? Das Berliner <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />

ist sicherlich sehr innovativ und fortschrittlich, und eine Übereinstimmung<br />

beider Gesetze halte ich grundsätzlich für wünschenswert, genauso wie ich die<br />

Kompatibilität der Richtergesetze beider Länder für sehr wünschenswert gehalten<br />

habe - da ist ja einiges geschehen -, aber in allen Bereichen ist das sicher nicht<br />

zwingend. Ein Beispiel: Nach dem Berliner <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz sind die<br />

Gleichstellungsbeauftragten eines Gerichts an Richterbeurteilungen beteiligt. Das<br />

halte ich nicht für nachahmenswert.<br />

Vorsitzende:<br />

Ich weise Sie an der Stelle einmal auf die Zeit hin.<br />

Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Ich habe noch einen letzten Punkt: die sprachlichen Herausforderungen. Ich glaube,<br />

wenn man einen guten Willen zeigt und kreativ ist, dann ist es möglich - wenn auch<br />

relativ mühselig und anspruchsvoll -, neutrale Begriffe zu finden; da kann ich mich<br />

Herrn Grugel anschließen. Ich finde, keine Lösung ist es, nur die weibliche Form zu<br />

benutzen. In einem Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 4. Juli 2013 findet<br />

sich die Formulierung: „Herr Professorin“ - ich finde, das ist nicht unbedingt erstrebenswert.<br />

Vorsitzende:<br />

Genau wie „Frau Professor“. - Vielen Dank.


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Dann kommen wir zum Beitrag von Frau Schrul. Sie spricht für die <strong>Land</strong>eskonferenz<br />

der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen Hochschulen.<br />

Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />

Entschuldigen Sie, Frau Vorsitzende, gestatten Sie, dass ich mich entferne? Ich habe<br />

noch einen Anschlusstermin.<br />

Vorsitzende:<br />

Selbstverständlich.<br />

Frau Schrul (<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen<br />

Hochschulen):<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich als erste Sprecherin der<br />

<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen Hochschulen<br />

zu der heutigen Anhörung eingeladen wurde. Sahra Damus als Vertreterin der<br />

Viadrina und ich als Gleichstellungsbeauftragte der Universität Potsdam haben uns in<br />

den letzten drei Jahren sehr intensiv mit der heutigen Gesetzesvorlage beschäftigt.<br />

Anstoß dafür war die Initiative der Arbeitsgemeinschaft der Frauen der SPD-Fraktion<br />

im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong>, die an uns herangetreten ist. Es ist erstmalig so gewesen,<br />

dass wir langfristig und wirklich rechtzeitig in diesen Prozess der Diskussion über die<br />

Novellierung eines Gesetzes einbezogen wurden, und nicht wie üblich erst in der<br />

Anhörung zu Wort kamen, wenn an den Gesetzesvorlagen letztlich doch nichts mehr<br />

geändert wurde. Dafür bedanken wir uns ausdrücklich.<br />

Wir haben uns der Lösung, die Regelungen zum <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz<br />

über ein Artikelgesetz im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz zu verankern, in einem<br />

Arbeitsprozess angenähert, und aus der heutigen Sicht kann ich sagen: Alle Gleichstellungsbeauftragten<br />

der brandenburgischen Hochschulen stehen hinter dieser Lösung.<br />

Es hat bei uns einige Irritationen hervorgerufen, als es in den letzten Tagen<br />

und Wochen hieß: keine Regelung im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, stattdessen im<br />

… usw. - Sie kennen diesen Prozess sicher viel besser als wir, da Sie ja unmittelbar<br />

beteiligt waren. Deshalb will ich namens meiner Kolleginnen die Regelung über das<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nochmals ausdrücklich befürworten.<br />

Mit der bisherigen Regelung im <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz sind nicht alle<br />

Dinge, die unsere tägliche Arbeit betreffen, geregelt worden. Wir hatten in den zurückliegenden<br />

Jahren in Diskussionen mehrfach unsere Bedarfe angemeldet, aber<br />

sie sind leider nur wenig berücksichtigt worden. Jetzt können wir sagen, dass viele<br />

Regelungen über die in unserer Stellungnahme von 2011 formulierten Forderungen<br />

deutlich hinausgehen. Wir sehen es als besonderen Vorteil an, dass mit etlichen<br />

Verweisen auf Regelungen im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz deutlicher wird, dass es<br />

eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Anliegen gibt und die Regelungen


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

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auf die konkreten Bedingungen an den Hochschulen abgestimmt wurden. Nicht alles,<br />

was im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz geregelt ist, kann eins zu eins auf Hochschulen<br />

übertragen werden, aber wir sehen eine deutliche Verbesserung der Regelung.<br />

Nicht alles, was wir uns gewünscht hatten, ist geregelt worden. Deshalb würde ich<br />

heute die Möglichkeit nutzen, darauf im Konkreten zu verweisen. Ich möchte eine<br />

Zahl hervorheben; eigentlich sollten Zahlen für sich sprechen. In der Frage 10 wurde<br />

auf den aktuellen Stand von 20 % weiblicher Professuren an den brandenburgischen<br />

Hochschulen verwiesen. Ich glaube, aufgrund vieler Aktivitäten an den Hochschulen<br />

hat sich dieser Wert leicht positiv verändert. Beim Ranking des CHEs, das sich auf<br />

die Zahlen von 2011 bezieht, betrug der Wert für das gesamte <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

21,6 %, für 2012 lag er bei 22,5 %. Die Universität Potsdam - das ist nicht selbstverständlich<br />

- hat derzeit einen Professorinnenanteil von 29 %. Das ist im Bundesvergleich<br />

eine doch schon beachtliche Zahl, wenngleich sie natürlich weit von den geforderten<br />

und von uns unterstützten 50 % entfernt ist. Die realen Bedingungen an<br />

Hochschulen sind eher an dem Kaskadenmodell orientiert als an einer klaren 50% -<br />

Regelung.<br />

Neben den vielen positiven Signalen, die von der Neuregelung oder Ergänzung der<br />

Regelung im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ausgehen, möchten wir auf eines hinweisen<br />

- das war immer wieder ein Diskussionspunkt -: Wenn es zur Verabschiedung<br />

des Artikelgesetzes kommen sollte, bitten wir im Sinne der Praktikabilität darum,<br />

dass sich die Textpassagen ausdrücklich im <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz<br />

wiederfinden; nicht, dass wir immer zwei Gesetze auf dem Tisch liegen haben.<br />

Zu dem angekündigten Regelungsbedarf, den wir unbedingt ansprechen wollen: Mit<br />

der Verabschiedung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes 2008 wurde die<br />

Möglichkeit eingeräumt, dass die zentrale Gleichstellungsbeauftragte größerer Hochschulen<br />

bis zu 100 % freigestellt wird oder diese Funktion hauptamtlich ausübt. Das<br />

haben wir damals sehr begrüßt. Begrüßt haben wir auch die Regelung, dass es in<br />

diesem Fall zwei Stellvertretungen geben kann. Für die Stellvertretungen gibt es per<br />

Gesetz keinerlei Freistellungsoptionen oder Entlastungsregelungen, sondern es liegt<br />

im Ermessen der Hochschule, inwieweit diese dienstliche Aufgabe entsprechend<br />

kompensiert wird. Das Gleiche gilt für die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Bis heute ist uns unverständlich, warum es eine Ausnahmeregelung gibt. Die betrifft<br />

die Funktion einer dezentralen Gleichstellungsbeauftragten in der Verwaltung. An der<br />

größten Hochschule im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong>, der Universität Potsdam, gibt es derzeit<br />

240 Beschäftigte, in der Mehrzahl Frauen. Es erschließt sich mir nicht, dass man<br />

sagt, da brauche man keine dezentrale Gleichstellungsbeauftragte. Ist denn das<br />

Thema Gleichstellung in diesem Bereich ad acta gelegt? Nein, geregelt ist es so,<br />

dass dies mit zum Aufgabengebiet der zentralen Gleichstellungsbeauftragten gehört.<br />

Ich kann wieder mit Zahlen aufwarten. Im Jahr 2012 gab es an der Universität Potsdam<br />

62 Stellenausschreibungen für die gesamte Verwaltung, 24 Ausschreibungen in<br />

den Dezernaten. Ich als zentrale Gleichstellungsbeauftragte habe in dem Augenblick,<br />

in dem sich Frauen und Männer bewerben, an diesen 24 Verfahren verpflichtend teilzunehmen.<br />

Das ist allein vom Zeitbudget her für eine zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

nicht leistbar, denn ich habe eine Reihe anderer Aufgaben zu erfüllen, zum<br />

Teil hochschulinterne, aber auch weit darüber hinaus gehende in der <strong>Land</strong>esvertre-


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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

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tung bzw. auch im Bereich des Bundes. Das Argument, das uns leider bisher immer<br />

nur mündlich dargelegt wurde, dass Akten oder Dienstreiseanträge unbearbeitet liegen<br />

bleiben, wenn eine dezentrale Gleichstellungsbeauftragte in der Verwaltung ihren<br />

Arbeitsplatz verlässt, zählt in unseren Augen nicht, denn die Gleichstellungsbeauftragte<br />

aus dem Bibliotheksbereich lässt auch die Bücher stehen und eine Gleichstellungsbeauftrage<br />

aus dem Sprachenzentrum kann in der Zeit, in der sie an einem<br />

Bewerbungsverfahren teilnimmt, keine Studierenden konsultieren usw. Diese Argumentation<br />

erschließt sich uns nicht. Ich bitte Sie wirklich, darüber noch einmal grundsätzlich<br />

nachzudenken. Eine Kann-Regelung - in meiner schriftlichen Stellungnahme<br />

(Anlage 8) habe ich einen Formulierungsvorschlag unterbreitet - würde uns sehr entlasten.<br />

Die Hochschule soll selbst entscheiden können, ob sie diesen Bedarf hat;<br />

denn die Strukturen und die Größen der Hochschulen sind unterschiedlich. Ich bitte<br />

Sie, das sehr ausführlich zu diskutieren.<br />

Eine Anmerkung zur gendergerechten Sprache. Die Universität war diesbezüglich<br />

letztens auch wieder in den Medien. Die sind in der Sommerzeit immer sehr angetan,<br />

solche Themen aufzugreifen. Auch an unserer Hochschule gibt es die endlose Diskussion<br />

über die Anwendung der gendergerechten Sprache. Die getroffene Regelung,<br />

die Anwendung der Mindeststandards gemäß gesetzlicher Vorgaben auf amtliche<br />

Dokumente auszuweiten und zu definieren, wie mit beiden Geschlechtern umzugehen<br />

ist, sodass beide Geschlechter sich in der sprachlichen Regelung wiederfinden,<br />

begrüßen wir, damit wir diese Endlosdiskussion innerhalb der Hochschulen zumindest<br />

etwas entschärfen und auf diese Gesetzesregelung verweisen können.<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag von Frau Damus fort, sie spricht für die<br />

Europa-Universität Viadrina.<br />

Frau Damus (Europa-Universität Viadrina):<br />

Vielen Dank auch meinerseits für die Einladung zur Anhörung und die Möglichkeit,<br />

unsere gemeinsame Stellungnahme vorzutragen. Ich bin das Pendant zu Barbara<br />

Schrul von der Universität Potsdam an der Viadrina, ich bin dort seit 2010 die zentrale<br />

Gleichstellungsbeauftragte und auch Mitglied der <strong>Land</strong>eskonferenz. Insofern haben<br />

wir unseren Beitrag aufgeteilt. Ich werde nicht wiederholen, was Frau Schrul gesagt<br />

hat, wenngleich ich ihre Ausführungen vollends unterstütze, sondern werde<br />

mich auf ein paar andere Punkte konzentrieren.<br />

Zunächst möchte ich hervorheben, dass es sehr begrüßenswert ist, dass die Hochschulen<br />

jetzt überhaupt erst einmal in den Geltungsbereich des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

aufgenommen werden. Da hatte <strong>Brandenburg</strong> bisher eine Sonderrolle.<br />

Nur in zwei Bundesländern galt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nicht für die<br />

Hochschulen; das war bisher explizit ausgeschlossen. In allen anderen Bundesländern<br />

ist es so, dass in den Fällen, in denen das Hochschulgesetz nichts regelt, das<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz greift oder die Hochschulen es abweichend regeln kön-


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nen. Dass die <strong>Brandenburg</strong>er Hochschulen jetzt auch Teil dessen sind, schließt eine<br />

Lücke, nämlich, dass die Standards in der Gleichstellungspolitik des <strong>Land</strong>es auch für<br />

die Hochschulen gelten und nicht nur einige spezifische Regelungen, die es im<br />

Hochschulgesetz dazu gibt. Der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />

an Hochschulen ist sehr wichtig, dass das geplante Verfahren, das Hochschulgesetz<br />

über ein Artikelgesetz, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, zu ändern, beibehalten<br />

wird. Sie im Ausschuss für Frauen - unter anderem - sind die Gleichstellungsexpertinnen.<br />

Hier sollte das Thema unserer Meinung nach intensiv behandelt werden; im<br />

Wissenschaftsausschuss können spezifische Hochschulregelungen gern besprochen<br />

werden, aber wir möchten nicht wieder in die Situation kommen, dass vom Wissenschaftsbereich<br />

vielleicht wieder etwas zurückgenommen, zerredet wird. Unser Plädoyer<br />

ist, bei diesem Verfahren zu bleiben.<br />

Bei den weiteren Punkten, die ich vorbringen möchte, beziehe ich mich auf Artikel 2<br />

des Artikelgesetzes und auf die Fragen 10 bis 13. Ich möchte zunächst etwas zum<br />

Beschwerderecht der Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen sagen. Das ist für<br />

uns auf jeden Fall ein Fortschritt. Vorhin wurde die Frage aufgeworfen, warum man<br />

denn überhaupt ein Beschwerderecht oder Klagerecht schaffen muss, wenn doch<br />

alles gesetzlich geregelt ist. Na ja, weil es offensichtlich nicht ausreicht. Es hat sich in<br />

den vergangenen Jahren gezeigt - wir können ein Lied davon singen -, dass es nicht<br />

ausreicht, dass Dinge im Gesetz stehen, sondern sie müssen verbindlich geregelt<br />

und nachprüfbar sein; man muss sich beschweren können. Was Artikel 1 angeht, so<br />

können wir nicht nachvollziehen, warum die Gleichstellungsbeauftragten an den<br />

Hochschulen kein Beschwerderecht haben sollen, wenn doch in § 23a ein gerichtliches<br />

Verfahren für die anderen Gleichstellungsbeauftragten vorgesehen ist. Wir appellieren<br />

an Sie, dies für die Hochschulen analog zu regeln und das durch ein Klagerecht<br />

zu verstärken.<br />

Ein weiterer Punkt, der uns für die weitere Professionalisierung unserer Arbeit sehr<br />

wichtig ist, ist die Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten. Das Problem haben<br />

wir im ganzen <strong>Land</strong>, auch in den Kommunen. Bisher war im Hochschulgesetz geregelt:<br />

Die zentrale Gleichstellungsbeauftragte ist mindestens zur Hälfte ihrer Dienstaufgaben<br />

freizustellen. Das entspricht nicht mehr ganz den Realitäten an den Hochschulen.<br />

Sie wissen vielleicht, dass es an den Hochschulen sehr viele Teilzeitbeschäftigte<br />

gibt. Der Anteil steigt jedes Jahr. Mindestens zur Hälfte der regelmäßigen<br />

Arbeitszeit kann heißen: Wenn man einen 10-Stunden-Vertrag hat, ist man für fünf<br />

Stunden ordnungsgemäß freigestellt. Für die größten Hochschulen des <strong>Land</strong>es ist<br />

das nicht unbedingt ausreichend. Insofern begrüßen wir die Formulierung, dass die<br />

Gleichstellungsbeauftragte mindestens ein halbes Vollzeitäquivalent freigestellt werden<br />

muss, sehr und bitten darauf zu achten, dass sie beibehalten wird.<br />

Ich möchte des Weiteren auf ein Detail verweisen, das vielleicht etwas untergegangen<br />

ist. Die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten können angemessen freigestellt<br />

werden. Aber die Stellvertreterin der zentralen Gleichstellungsbeauftragten kann<br />

nicht - auch nicht angemessen - freigestellt werden. Das führt dazu, dass Kolleginnen<br />

sagen, sie können das Amt nicht übernehmen, wenn sie in der Lehre in keiner Weise<br />

entlastet werden. Insofern bitte ich Sie, bezüglich der Freistellung der Stellvertreterin


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der zentralen Gleichstellungsbeauftragten ähnlich wie bei den dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />

eine "Kann"-Regelung aufzunehmen.<br />

Als positiv ist in diesem Problemkreis zu bewerten, dass ein Kündigungsschutz für<br />

die Gleichstellungsbeauftragten aufgenommen wird. Das hat sich bei den Personalvertretungen<br />

bewährt. Wir leisten durchaus eine vergleichbare Arbeit. Insofern ist uns<br />

auch das sehr wichtig.<br />

Abschließend möchte auch ich mich zur geschlechtergerechten Sprache äußern, die<br />

auch speziell für das Hochschulgesetz vorgesehen ist. Warum es wichtig ist, ist ja<br />

hier schon vielfach hervorgehoben worden. Es ist insbesondere an den Hochschulen<br />

wichtig, weil dort eben Bildungsbiographien geprägt werden. Dort wird der Zugang zu<br />

Führungspositionen vorbereitet, dort gibt es wichtige Ämter in Führungspositionen zu<br />

besetzen. Sprache ist eben nicht nur, wie Abgeordnete Prof. Dr. Heppener richtig<br />

gesagt hat, ein Abbild der gesellschaftlichen Realität, sondern sie führt auch dazu,<br />

dass man sensibilisiert, dass man Frauen gedanklich stärker einbezieht, dass Frauen<br />

verstärkt angesprochen werden, und zwar gerade in Dokumenten, die Hochschulen<br />

massenweise produzieren wie Studien- und Prüfungsordnungen, Grundordnungen,<br />

in denen es um Wahlämter, den Zugang zu Studienfächern oder zu Führungspositionen<br />

geht. Gerade bei diesen Texten ist eine geschlechtergerechte Formulierung sehr<br />

wichtig. Sie ist notwendig, weil es an den Hochschulen eben leider noch nicht durchgängig<br />

funktioniert. Der Goodwill ist nicht überall vorhanden. Das war vor 38 Jahren -<br />

wie es hier geschildert wurde - noch nicht umgesetzt, und es ist heute immer noch<br />

nicht umgesetzt. Für die Hochschulen müssen die Standards gelten, die für andere<br />

öffentliche Einrichtungen auch gelten; denn die Gremien, die die genannten Dokumente<br />

verabschieden, sind doch mehrheitlich von Männern besetzt, und die sind<br />

nicht unbedingt immer offen für solche Regelungen.<br />

Vorsitzende:<br />

Danke schön, Frau Damus. - Frau Dr. Wiechmann von der FernUniversität in Hagen<br />

schließt die Runde. Sie bebildern Ihren Vortrag sogar.<br />

Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />

Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich für die<br />

Einladung bedanken. Ich spreche als Politikwissenschaftlerin und möchte Ihre Aufmerksamkeit<br />

zunächst einmal auf ein Schaubild (Anlage 10) lenken. Infratest Dimap<br />

hat im Jahr 2010 erhoben, inwieweit die Bevölkerung die Gleichstellung in Familie,<br />

Politik und Beruf - es geht nicht so sehr um Führungspositionen; da könnten wir viele<br />

Studien, auch kommunalpolitische Studien, heranführen - umgesetzt sieht. Im Zusammenhang<br />

mit dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz interessiert uns insbesondere<br />

der dritte Bereich: Beruf. Sie sehen, ein Fünftel der Frauen und 28 % der Männer<br />

stimmten zu. Das heißt also, auch Männer sind nicht mehrheitlich davon überzeugt,<br />

dass die Gleichstellung umgesetzt ist. Ich denke, es ist ein deutliches Signal an die<br />

<strong>Land</strong>espolitik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, auf allen Ebe-


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nen - auch unter Einbezug der Kommunen - starke Standards einzuziehen. In diesem<br />

Sinne kann das Gesetz einiges leisten.<br />

Vieles ist schon gesagt worden, und als letzte Rednerin will ich Sie auch nicht überstrapazieren,<br />

sondern mich auf vier Punkte konzentrieren. Ich möchte erstens auf die<br />

kommunale Gleichstellungsbeauftragte, § 25, und in diesem Zusammenhang auf die<br />

§§ 22 bis 24 eingehen, zweitens den Widerspruch zwischen zwei Gesetzen - er ist<br />

schon häufiger aufgetaucht -, nämlich dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und der<br />

Kommunalverfassung, thematisieren. Auch das immer wieder angeführte Konnexitätsprinzip<br />

möchte ich - drittens - nicht auslassen; gerade von den kommunalen Spitzenverbänden<br />

in allen Bundesländern wird es immer wieder als Ausschlusskriterium<br />

für starke Standards herangezogen. Viertens - das liegt mir besonders am Herzen,<br />

weil die <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetze in allen 16 Bundesländern keine Verbindlichkeit<br />

herstellen - möchte ich dringend den Appell an Sie richten, stärkere Verbindlichkeit<br />

und Kontrollmechanismen einzubauen.<br />

Zu den §§ 22 bis 24: Diese Standards - es ist ein <strong>Land</strong>esgesetz - gelten für die <strong>Land</strong>esebene.<br />

Dadurch wird suggeriert, dass sie für die Kommunen nicht gelten. Eigentlich<br />

sind sie für die Rechte und Kompetenzen von Gleichstellungsbeauftragten als<br />

Agentin des Wandels vor Ort bzw. in den einzelnen Behörden angelegt. Das schließt<br />

§ 25 mit Verweis auf die Kommunalverfassung gleich wieder aus. Das ist ein wenig<br />

befremdlich, wird doch beides, Kommunalverfassung und <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz,<br />

von den <strong>Land</strong>espolitikerinnen und -politikern im Parlament verabschiedet. Die<br />

Verwaltungswissenschaft spricht von Gesetzesfolgenabschätzung und meint, dass<br />

untersucht werden müsste, inwieweit Gesetze widersprüchlich angelegt sind, das<br />

heißt inwieweit ein Gesetz, das Sie verabschieden, ein anderes ausschließt. Nun<br />

steht die Kommunalverfassung hier nicht zur Debatte, dennoch sollte man darauf<br />

hinwirken, dass beides kompatibel ist. Das soll nicht heißen, dass Sie die Standards<br />

im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz kappen sollen, ganz im Gegenteil. § 25 weist die<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mit Verweis auf die Hauptsatzungen gleich<br />

wieder in die Schranken. Die Hauptsatzungen alleine werden uns nicht weiterbringen.<br />

Ich beobachte Kommunalpolitik als Politikwissenschaftlerin in unterschiedlichen<br />

Themenbereichen seit 20 Jahren und kann ganz klar sagen: Was Kommunen nicht<br />

vorgeschrieben ist, das tun sie auch nicht. Das mag in mancherlei Hinsicht sicherlich<br />

begründet sein, die Haushaltsnöte sind groß, bis auf die südlichen Bundesländer<br />

zum Teil sogar gravierend. <strong>Brandenburg</strong> ist nicht das ärmste <strong>Land</strong>, insofern kann das<br />

allein also nicht der Grund sein. Wenn der Gesetzgeber möchte, dass die Gleichstellung<br />

gestärkt wird, dann hat er das auch für die ihm unterstellten Kommunen zu tun.<br />

In einer Hauptsatzung, die die Formulierung „im Sinne der §§ 22 bis 24“ enthält, kann<br />

alles Mögliche stehen. Was die aktuellen Gesetzesbrüche angeht, so bestätigen Untersuchungen<br />

immer wieder: Gemeinden, Kommunen tun in der Regel das, was<br />

ihnen gesetzesmäßig auferlegt wird, und manchmal noch nicht einmal das. Insofern<br />

appelliere ich an Sie, eine Kompatibilität von <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und<br />

Kommunalverfassung herzustellen - bei aller Liebe für die Kommunen, die vor Ort<br />

das Päckchen zu tragen haben, um das umzusetzen, was sie vom <strong>Land</strong> auferlegt<br />

bekommen. Was die Kommunen in der vergangenen Zeit umsetzen mussten, zum<br />

Beispiel das Kita-Gesetz oder die Doppik, erforderte einen erheblich höheren Preis,<br />

als es ein <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz möglicherweise vermag. Bestimmte Dinge


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kosten gar nichts. Die Umsetzung der §§ 22 bis 24 kostet nichts; denn es werden<br />

lediglich die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten, an diesem und jenem teilzunehmen,<br />

gestärkt. Insofern hätte die Konnexität überhaupt keine Bedeutung. Wie<br />

gesagt, ich spreche immer aus politikwissenschaftlicher Sicht.<br />

Zum letzten Punkt: Zielvorgaben, Kontrollmechanismen, Organe und Sanktionen. Ich<br />

wünschte mir im <strong>Land</strong>esgesetz für die <strong>Land</strong>esbehörden nicht nur eine Berichtspflicht<br />

- § 6 Absatz 5 räumt immerhin die Möglichkeit einer Sanktion ein -, sondern<br />

auch Kontrolle. Bestimmte Positionen werden nicht entsprechend besetzt, wenn keine<br />

Gesetzespflicht greift. Bei den Kommunen setzt die Kontrolle, was die Besetzung<br />

des Gemeindeparlaments und des Oberbürgermeisterpostens angeht, mit dem Argument,<br />

die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister - wir erheben viele Untersuchungen<br />

zur kommunalpolitischen Spitze - würden vom Volk gewählt, aus. Das stimmt<br />

natürlich, aber der Wahl geht die Nominierung durch die Parteien voraus. Wenn die<br />

Parteien Männer aufstellen, können Frauen auch nicht an die Spitze gewählt werden.<br />

Insofern wäre meine Appell: Geben Sie den Kommunen eine Chance. Eine Möglichkeit<br />

wäre, der Kommunalaufsicht die Gleichstellungspläne vorlegen zu lassen. Die<br />

Kommunalaufsicht ist für die Kommunen zuständig. Diese Funktion erfüllt sie an vielen<br />

Stellen offenbar, ohne die kommunale Selbstverwaltung zu beeinflussen, denn da<br />

höre ich keinen Widerspruch vonseiten der kommunalen Spitzenverbände. Ich könnte<br />

mir aber auch vorstellen, dass es eine andere - unabhängige - Stelle im Ministerium<br />

gibt, die im Blick hat, was die Kommunen tun und vor allem auch, was sie nicht<br />

tun. - Danke schön.<br />

Vorsitzende:<br />

Ich danke Ihnen, Frau Dr. Wiechmann. - Bevor wir zur Fragerunde kommen, würde<br />

ich Frau Melior, der stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kultur, das Wort erteilen; der Ausschussvorsitzende ist mit<br />

einem anderen Ausschuss im Ausland. Es kamen Anmerkungen zur Stellungnahme<br />

des Wissenschaftsausschusses. Frau Melior wird als Einstieg in die Fragerunde etwas<br />

zum aktuellen Stand sagen. Es ist ja doch schon etwas Wasser die Spree und<br />

die Havel heruntergeflossen, seit die Stellungnahme des Ausschusses vorgelegt<br />

wurde.<br />

Abgeordnete Melior (SPD):<br />

Ich übernehme dies gern, werde dabei meine Mitgliedschaft in der SPD-Fraktion aber<br />

nicht verleugnen; das sage ich gleich vorweg. Erst einmal herzlichen Dank an die<br />

Anzuhörenden. Sie haben uns, insbesondere die beiden Gleichstellungsbeauftragten<br />

von Viadrina und Universität Potsdam, für die Beratung sowohl des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

als auch des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes wichtige Hinweise<br />

mit auf den Weg gegeben. Herzlichen Dank dafür.<br />

Ich will einen Punkt etwas klarer herausarbeiten, weil die Wahrnehmung ein bisschen<br />

verwischt ist; das ist auch nicht ganz einfach. Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> verabschiedet manchmal


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Gesetze und manchmal Artikelgesetze. Artikelgesetz heißt, dass wir ein Gesetz novellieren<br />

und gleichzeitig in anderen Gesetzen auch Neuformulierungen verabschieden.<br />

Es gibt dann die entsprechenden Artikel dazu. So ist es auch hier. Wir reden<br />

hier über Hochschulen, nicht über das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, sondern den<br />

Artikel 2 der jetzt vorliegenden Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes. Das wird<br />

sich dann im <strong>Land</strong>eshochschulgesetz niederschlagen. Ich sage das nur, damit wir<br />

Klarheit bezüglich der Vorgehensweise haben.<br />

Es stimmt, wir haben uns sehr frühzeitig miteinander verständigt, weil ich gesehen<br />

habe - ich war einige Zeit kommunale Gleichstellungsbeauftragte und glaube einen<br />

ganz guten Blick auf Dinge wie Frauenförderung, Gender, Gleichstellung, Gerechtigkeit,<br />

Chancengleichheit usw. zu haben -, dass wir ein bisschen mehr tun müssen,<br />

gerade im akademischen Bereich. Frauen sind inzwischen sehr gut ausgebildet. Es<br />

gibt weit mehr Abiturientinnen als Abiturienten und auch unter den Studierenden ist<br />

der Frauenanteil hoch, aber dann bricht es doch ein Stück weit ab. Deswegen fand<br />

ich es wichtig, diesen Bereich in den Fokus zu nehmen. Das ist mir in meiner Funktion<br />

als stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung<br />

und Kultur einmal mehr wichtig.<br />

Ich will zum Zeitablauf etwas anmerken. Beide Gesetze sind ein wenig in ein Rennen<br />

von Hase und Igel gekommen. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ist schon eine Weile<br />

in der Beratung, da haben wir bestimmte Dinge klären können. Die Stellungnahme<br />

des Wissenschaftsausschusses ist zu einer Zeit erfolgt, in der wir davon ausgingen,<br />

beide Gesetze gleichzeitig in der <strong><strong>Land</strong>tag</strong>ssitzung zu behandeln. Es wäre merkwürdig<br />

gewesen, in einem Artikel 2 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes Regelungen zu<br />

verabschieden, die wir in der Debatte zum Hochschulgesetz quasi in der nächsten<br />

Minute der Plenarsitzung noch einmal beraten hätten. Nun sind wir in der Situation,<br />

dass sich die Einbringung des Hochschulgesetzes verzögert, und zwar aus einem<br />

guten Grund: Wir wollen, dass das Hochschulgesetz durchgängig gendergerecht<br />

formuliert ist. Das braucht ein bisschen Zeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im<br />

Ministerium sind zurzeit damit beschäftigt. Sahra Damus und ich haben damals darüber<br />

geredet, dass Formulierungen wie „Herr Professorin“ nicht richtig und zielführend<br />

sind; der Ausdruck „Professor und Professorin“ ist alle Mühe wert. Daher ergibt<br />

sich also die zeitliche Verzögerung.<br />

Wir können vonseiten des Wissenschaftsausschusses ganz deutlich sagen: Wir werden<br />

keinen Schritt zurückgehen, sondern die ausgehandelten Formulierungen - das<br />

sind unsere besprochenen Formulierungen - im Gesetz behalten. Wundern Sie sich<br />

nicht, das Hochschulgesetz wird komplett abgelöst - das hat der Staatssekretär heute<br />

im Wissenschaftsausschuss vorgestellt -, das heißt, das gesamte Hochschulgesetz,<br />

das mit Artikel 2 geändert wird, wird außer Kraft gesetzt und dann komplett in einer<br />

guten Lesefassung - Frau Schrul, damit ist Ihr Wunsch erfüllt - neu vorgelegt, und<br />

zwar von A bis Z gendergerecht formuliert. Ich glaube, das ist alle Mühe wert.<br />

Die von Ihnen angesprochenen Punkte können wir in der weiteren Beratung gern<br />

aufnehmen. Der Wissenschaftsausschuss wird zur Novelle des Hochschulgesetzes<br />

natürlich eine Anhörung durchführen, zu der Sie eingeladen werden. Von daher kann<br />

man jetzt einmal schauen, wie weit man mit der Änderung in Artikel 2 des novellier-


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ten <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes kommt und was man dann bei der Novellierung<br />

des Hochschulgesetzes noch einbauen sollte.<br />

Frau Schrul hat die Zahlen genannt, wir sind in <strong>Brandenburg</strong> hinsichtlich des Professorinnenanteils<br />

an den Hochschulen gar nicht so schlecht. Die Universität Potsdam<br />

liegt mit 29 % sehr weit vorn, aber 29 % sind eben keine 50 %. Von daher bleiben<br />

der Auftrag und die Notwendigkeit, frauenspezifische Unterstützung zu geben, ganz<br />

klar bestehen. Ich glaube, wir müssen in Zukunft vor allem auf die Frage des familiengerechten<br />

Studierens an den Hochschulen fokussieren. Diesbezüglich wurden in<br />

den letzten Jahren große Fortschritte erzielt, aber lassen Sie uns das dennoch nicht<br />

aus Blick verlieren. Wir sollten uns da nicht zurücklehnen, sondern weiter daran arbeiten,<br />

dass die Studentinnen mit ihren guten Abschlüssen später eine akademische<br />

Laufbahn einschlagen können. Das ist ein wichtiger Punkt, und die Weichen dafür<br />

werden an den Hochschulen gestellt. Die Studierendenparlamente bemühen sich<br />

sehr um eine gendergerechte Sprache. Ich finde, das sollte sich im Hochschulgesetz<br />

klar niederschlagen. Ich bin sehr froh, dass auch wir das mit dem Ablösegesetz umsetzen.<br />

- Vielen Dank.<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank, Frau Melior. Es ist schön, dass es an der Universität Potsdam schon so<br />

weit ist, aber Abgeordnete von Halem wird mir sicher bestätigen, dass man das nicht<br />

von allen Hochschulen sagen kann. Wir waren im Zusammenhang mit der Fusionsdebatte<br />

zum Senat der BTU Cottbus eingeladen, und in diesem Gespräch war die<br />

einzige Frau die Gleichstellungsbeauftragte. Das war schon sehr augenfällig.<br />

Ich möchte noch anfügen, dass heute natürlich auch eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter<br />

des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur anwesend sind. Frau<br />

Bickenbach und Herr Höhne werden alles mitnehmen, was Sie gesagt haben.<br />

Ich habe bereits zwei Rednerinnen auf der Liste, Abgeordnete von Halem und Abgeordnete<br />

Prof. Dr. Heppener. Abgeordnete Nonnemacher hat sich ebenfalls gemeldet.<br />

Gibt es weitere Wortmeldungen? - Abgeordneter Groß und Abgeordnete Böhnisch. -<br />

Wir beginnen mit der Abgeordneten von Halem. Bitte.<br />

Abgeordnete von Halem (GRÜNE/B90):<br />

Auch von mir an Sie alle herzlichen Dank für Ihre Erläuterungen. Auch herzlichen<br />

Dank, Frau Melior, dass Sie das jetzt noch angefügt haben, was sich heute früh im<br />

Wissenschaftsausschuss ergeben hat. Ich hoffe doch sehr, dass das Gendern nicht<br />

die Hauptursache für diese Verzögerung ist,<br />

(Abgeordnete Melior [SPD]: Nein!)


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denn ich glaube, das kann so schwierig nicht sein, sondern dass die Hauptursache<br />

dafür, dass das Hochschulgesetz erst nächstes Jahr beraten wird, tatsächlich die<br />

Absprachen mit den beteiligten Verbänden sind.<br />

Ich habe eine ganz konkrete Frage insbesondere an Frau Schrul und an Frau<br />

Damus. Sie bezieht sich auf die Aufstellung von Gleichstellungskonzepten und<br />

Gleichstellungsplänen an den Hochschulen. Frau Dr. Wiechmann hat schon darauf<br />

hingewiesen, dass sehr viele Regelungen nicht so gefasst sind, dass sie wirklich<br />

Verbindlichkeit entfalten. Das bezieht sich auch auf Gleichstellungspläne und Gleichstellungskonzepte<br />

an den Hochschulen. Jetzt ist meine Frage an Sie, ob Sie eine<br />

konkrete Vorstellung davon haben, wie das verbindlicher gefasst werden könnte. Mir<br />

fiele dazu ein, in § 9 Absatz 5 steht: „Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern können auch im Rahmen von Zielvereinbarungen berücksichtigt werden.“<br />

Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass da statt des Könnens auch eine sehr viel<br />

schärfere Formulierung stünde. Ich würde Sie gerne um Ihre Einstellung dazu bitten.<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />

Eine Bemerkung zum Artikel 2 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes. Ich denke, dass<br />

wir das, was Frau Schrul und Frau Damus zu diesem Artikelgesetz oder zu diesem<br />

Teil gesagt haben, schon bei der weiteren Arbeit an Artikel 2 dieses Gesetzes beachten,<br />

bevor wir das abgelöste, neue Hochschulgesetz haben.<br />

Ich habe eine Frage an Frau Paulat. In § 9 und in § 12 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

geht es um die paritätische Besetzung von Vertretungen, und wir haben dort<br />

eine Quotierung vorgesehen. Da möchte ich an Ihre „vier Augen“ appellieren. Dass<br />

es ungeheuer wichtig ist, dass wir da vorankommen, darüber sind wir uns alle einig.<br />

Aber ich habe die Frage: Sind die Formulierungen, die wir haben, schon so zwingend,<br />

dass diese Quotierung auch durchgesetzt werden muss?<br />

Eine Frage stellt sich: Was passiert, wenn bei der Einstellung, bei der Delegierung in<br />

Gremien keine Bewerberinnen da sind? Kommt dann doch ein Mann zum Zuge? O-<br />

der wie ist das? Mich interessiert Ihr klarer, juristisch geschulter Blick, ob die Formulierungen<br />

tatsächlich das beinhalten, was wir mit der Erhöhung der Zahl der Bewerberinnen<br />

und der Durchsetzung von Bewerbungen für diese Posten erreichen wollen.<br />

Eine andere Frage habe ich an Frau Dr. Wiechmann. Ich möchte noch einmal auf<br />

unseren Beginn zurückgehen. Mir ging es darum, landeseinheitliche Rahmenbedingungen<br />

durchzusetzen, ohne die kommunale Selbstbestimmung zu verletzen. Ich<br />

möchte das nicht wieder aufmachen. Aber Sie haben etwas Ähnliches auch generell<br />

dazu gesagt, was die Tätigkeit, die Durchsetzung, die Rechte und Pflichten von<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten angeht, und Sie haben auch das Problem<br />

der Sanktionen und der Kontrolle aufgeworfen. Einheitliche Rahmensetzung hat auch<br />

etwas mit Sanktion und Kontrolle zu tun, dass sie auch durchgesetzt wird. Können<br />

Sie sich vorstellen, dass wir § 25 in die Richtung lenken, dass wir doch etwas zur<br />

Kommunalaufsicht festlegen, dass also, wenn eine Kommune die Arbeit der Gleich-


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stellungsbeauftragten in der Hauptsatzung festlegen will und sie dann auch bestimmte<br />

Bedingungen über die Rahmensetzung, also das, was sie tun muss, festlegt, das<br />

dann durch die Kommunalaufsicht kontrolliert werden kann? Wäre das möglich?<br />

Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />

Ich habe eine Bemerkung und eine Frage. Beides bezieht sich auf den Redebeitrag<br />

von Frau Dr. Wiechmann.<br />

Frau Dr. Wiechmann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diesen schönen Ausdruck<br />

„kommunale Gleichstellungsbeauftragte sind die Agentinnen des Wandels“ geprägt<br />

und noch einmal auf die Widersprüchlichkeit dieses <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

bezüglich der §§ 22 bis 24 und 25 hingewiesen haben. Ich möchte dazu anmerken:<br />

Ja, man muss diese Sache konsequent zu Ende denken. Und dann müssen wir gegebenenfalls<br />

auch an die Kommunalverfassung heran. Das ist nämlich auch nicht<br />

sakrosankt, das ist eine einfachgesetzliche Regelung, das bedarf nicht einmal einer<br />

Zwei-Drittel-Mehrheit.<br />

Ich möchte auch daran erinnern, dass wir die Evaluation unserer Kommunalverfassung<br />

hier im Haus im Ausschuss für Inneres, aber auch im Plenum diskutiert und<br />

beraten haben. Meine Fraktion hat damals schon diverse Änderungsanträge zur<br />

Kommunalverfassung gestellt, unter anderem, was den § 18 - Gleichberechtigung<br />

von Frau und Mann - betrifft, da sind die Gleichstellungsbeauftragten normiert. Darin<br />

steht der Satz: „Das Nähere kann die Hauptsatzung regeln.“ Da kann man auch etwas<br />

anderes hineinschreiben, nämlich was die Hauptsatzung regeln kann. Vielen<br />

Dank für diesen Hinweis. Ich denke, wir müssen da konsequent sein und das zu Ende<br />

denken. Ich appelliere an uns als Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber, dass wir<br />

uns dieser Sache dann auch annehmen.<br />

Sie haben in Bezug auf die Situation in den Kommunen mit der schlechten Frauenbeteiligung<br />

sowohl in den Vertretungen als auch bei den Hauptverwaltungsbeamten<br />

und -beamtinnen darauf hingewiesen, dass die Parteien Kandidaten aufstellen.<br />

Wenn sie keine Kandidaten aufstellen, können sie auch keine Kandidatinnen aufstellen,<br />

können diese auch nicht gewählt werden. Halten Sie es als Politikwissenschaftlerin<br />

für angezeigt, dass wir ein Parité-Gesetz ins Auge fassen? Würde uns das weiterhelfen?<br />

Abgeordneter Groß (DIE LINKE):<br />

Ich habe an Frau Präsidentin Paulat eine Frage. Frau Kollegin, Sie hatten in Ihrem<br />

Eingangsstatement gesagt, dass die Novellierung erforderlich ist, und Sie meinten -<br />

ich habe es mitgeschrieben -, „der öffentliche Dienst ist wahrlich kein Vorbild“. Nun<br />

kennen wir uns ja aus dem Richterwahlausschuss, insofern habe ich Ihre Ausführungen<br />

einmal so mitgeschnitten. Wir wissen, dass die Richterschaft von der Frauenquote<br />

her relativ gut besetzt ist. Was die Führung der Richterschaft angeht, ich glaube,<br />

Sie sind die einzige Präsidentin, das sagt dann auch ein Stück etwas. Aber für uns


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gibt es im Richterwahlausschuss oft das Problem, dass unter Berücksichtigung der<br />

entsprechenden Voraussetzungen und Bedingungen im Auswahlverfahren Frauen<br />

häufig durchfallen. Frauen haben ja die Besonderheit, Kinder zu bekommen. Ich unterstelle<br />

einmal, dass sie dadurch hinter den Männern in der Regel in Bezug auf<br />

Dienstjahre und Erfahrungen vielleicht ein bisschen zurückgestellt sind. Ich frage jetzt<br />

zum Auswahlverfahren: Habe ich Sie recht verstanden - das würde ich mit Ihnen<br />

gerne noch einmal diskutieren, vielleicht kann man das dann auch im Ausschuss<br />

machen -, dass man der Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten bei der Vorschlagsorientierung<br />

der Präsidenten über die Ministerien in Bezug auf die Besetzung<br />

mit Frauen viel mehr Berücksichtigung geben müsste?<br />

Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE):<br />

Ich habe drei kurze Fragen. Frau Paulat, Sie haben gesagt, wir sollten stärkere Kontrollen<br />

und Sanktionen einbauen. Sollen die Sanktionen bereits im Gesetz mit verankert<br />

werden?<br />

Zweitens: Frau Schrul hat gesagt, sie ist für die Hochschulen mit dem Entwurf im<br />

Wesentlichen zufrieden. Sie fragte auch, das ist der Knackpunkt, der uns da fehlt:<br />

Warum ist die Verwaltung nicht mit einer dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />

bedacht? Sie sagten, man könne das als Kann-Bestimmung hineinschreiben. Reicht<br />

Ihnen das aus? Denn bei den anderen ist es festgeschrieben. Hier wäre es dann nur<br />

eine Kann-Bestimmung.<br />

Drittens: Frau Dr. Wiechmann, meine Frage ist so ähnlich wie die der Abgeordneten<br />

Prof. Dr. Heppener. Das ist für mich natürlich auch wichtig. Sie sagen: Man kann die<br />

Gleichstellungspläne von der Kommunalaufsicht bewerten lassen. Das haben wir<br />

bisher noch nicht. Ist das nicht wieder ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung?<br />

Das hören wir dann wieder auf der anderen Seite. Wir sind da immer ein bisschen<br />

im Zweifel.<br />

Vorsitzende:<br />

Ich würde jetzt auch gerne eine Frage anhängen. Die geht auch in Richtung von Frau<br />

Dr. Wiechmann. Selbstverständlich haben Sie Recht, was die Aufstellung von Kandidatinnen<br />

und Kandidaten angeht. Aber wir haben in der Kommunalverfassung verankert,<br />

dass das Vorschlagsrecht für Beigeordnete und Dezernenten in <strong>Brandenburg</strong><br />

bei der <strong>Land</strong>rätin und den <strong>Land</strong>räten und bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern<br />

liegt. Meine Erfahrung als Kreistagsabgeordnete ist die: Es ist selbst bei Bewerbungen<br />

noch nie geschehen, dass einer der <strong>Land</strong>räte, die ich kannte, eine Frau berücksichtigt<br />

hat und bei Beigeordneten die Bewerbung von Frauen berücksichtigt<br />

wurde. Gibt es Möglichkeiten, in der Kommunalverfassung für Bewerbungen eine<br />

Regelung zur Gleichstellung einzuziehen?


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Dann kommen wir jetzt zur Beantwortungsrunde. Wir beginnen am besten mit Frau<br />

Dr. Wiechmann. An Sie wurden die meisten Fragen gerichtet. Oder möchten Sie erst<br />

später antworten, damit Sie die vielen Antworten erst einmal zusammenstellen können?<br />

Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />

Das ist ganz lieb. Ich glaube, ich komme lieber später dran, sonst haben die anderen<br />

vielleicht zu wenig Gelegenheit, etwas zu sagen. Ich würde die Antworten auf die<br />

vielen Anfragen, die an mich gerichtet sind, gerne anschließen.<br />

Vorsitzende:<br />

Okay, dann beginnen wir mit Frau Paulat.<br />

Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />

Ich beginne mit der Frage der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener, sichere Formulierung<br />

von § 9 und § 12 unter juristischen Gesichtspunkten. Ich denke schon. In der<br />

Begründung ist zu § 9, diesem neu vorangestellten Absatz 1, dieser Einschränkung,<br />

ausgeführt worden „sofern nicht in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe<br />

überwiegen“. Das ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geschuldet,<br />

das wird so darin stehenbleiben müssen. Man fragt sich natürlich: Was sollen<br />

das wohl für Gründe sein? Aber das ist wie es ist. Das ist Rechtsprechung des<br />

EuGH. Ich habe mich nicht gezielt auf eine solche Frage vorbereitet, aber ich gehe<br />

davon aus, dass die Formulierung genügend sicher ist, um die Ziele des Gesetzes<br />

erreichen zu können.<br />

Auswahlverfahren: Abgeordneter Groß, Sie haben das zu Recht gesagt. In meiner<br />

Gerichtsbarkeit ist das noch verstärkt. Wir haben keine Probleme, Richterinnen zu<br />

rekrutieren. Im R 1-Amt sind wir, was die Auswahl betrifft, was die Einstellungsgespräche<br />

betrifft, beinahe „überbestückt“. Aber es ist in der Tat so: Bei den Beförderungsämtern<br />

wird das nach oben hin immer dünner, im R 2-Bereich, im R 3-Bereich<br />

und nach oben. Sie haben zu Recht erwähnt, ich bin die einzige Chefpräsidentin in<br />

<strong>Brandenburg</strong>. Das ist übrigens in Berlin anders und auf Bundesebene auch. Ich bin<br />

ganz stolz darauf, dass von 14 LSG-Präsidentenämtern die Hälfte mit Frauen besetzt<br />

ist. Da ist die Sozialgerichtsbarkeit immer ein bisschen Vorbild gewesen.<br />

Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten bei der Auswahl oder dann im Weiteren<br />

bei der Beförderung: Das wäre natürlich eine gute Sache, die wir berücksichtigen<br />

sollten. Ich habe das so ausdrücklich nicht gesagt, ich habe vorhin von Kontrolle und<br />

Sanktionen gesprochen, auch von einem Appell an den Richterwahlausschuss, den<br />

man vielleicht auch gesetzlich formulieren könnte. Aber im Vorfeld die Gleichstellungsbeauftragte,<br />

welcher Behörde auch immer, zu beteiligen, und zwar nicht nur bei


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der Auswahl, das könnte man machen. Bei der Auswahl ist unsere Gleichstellungsbeauftragte<br />

beteiligt, aber da ist das nicht so virulent. Es mangelt da an Frauen nicht.<br />

Aber bei Beförderungen ist das so nicht vorgesehen. Das wäre sicher ein Punkt, den<br />

man bedenken sollte und mit aufnehmen könnte, in Bezug auf die Stärkung der Stellung<br />

der Gleichstellungsbeauftragten, auch im justiziellen Bereich.<br />

Ich habe noch eine Frage zu beantworten, die der Abgeordneten Böhnisch. Verankerung<br />

im Gesetz: Ja.<br />

Frau Schrul (<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen<br />

Hochschulen):<br />

Vielleicht können Frau Damus und ich uns an dieser Stelle auch wieder ergänzen.<br />

Ich würde erst mal anfangen und zu den Fragestellungen der Abgeordneten von Halem<br />

zum Gleichstellungskonzept und zu den Gleichstellungsplänen kommen. Hier<br />

gibt es eine kleine Abweichung zum <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz. Wir haben darauf<br />

Wert gelegt, dass wir da einen Unterschied machen, weil nämlich auf Bundesebene<br />

an Hochschulen generell von für die gesamte Hochschule geltenden Gleichstellungskonzepten<br />

gesprochen wird und diese dann quasi auch eingereicht werden. Um<br />

da keine Irritationen hervorzurufen, haben wir diese Differenzierung zwischen<br />

Gleichstellungskonzept auf zentraler Ebene und Gleichstellungsplänen für Fakultäten,<br />

Einrichtungen usw. Diesen Unterschied möchte ich noch einmal hervorheben.<br />

Ich glaube, an Hochschulen läuft das Gesetz der Realität eigentlich ein bisschen hinterher.<br />

Für die brandenburgischen Hochschulen haben wir Qualitätsstandards zur<br />

Gleichstellung mit allen Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium, das das<br />

auch vorschreibt, verabschiedet, wonach sich alle Hochschulen verpflichten, regelmäßig<br />

solche Konzepte zu erarbeiten, zu evaluieren, zu prüfen und nachzubessern<br />

oder weiterzuentwickeln. Ich denke, dieser Absatz 3 in § 7 ist dem geschuldet. Für<br />

alle Hochschulen sind diese Konzepte heutzutage das Handwerkszeug, und es ist<br />

nicht mehr dem Belieben der Hochschule überlassen, ob man ein Konzept erstellt<br />

oder nicht. Der Wettbewerb zwischen den Hochschulen hat sich auch bundesweit<br />

dahin gehend etabliert, dass das Thema Gleichstellung, egal, ob es jetzt in Zielvereinbarungen,<br />

in Mittelverteilungsmodellen usw. steht, berücksichtigt wird. Deshalb ist<br />

es hier. Jetzt müssen Juristinnen und Juristen beantworten, ob „kann“, „soll“, „hätte“<br />

oder wie die konkrete Formulierung dann sein soll. Aber das ist aus unserer Sicht<br />

jetzt unsere tägliche Praxis.<br />

Noch ein Satz zu diesem „Kann“ für die dezentrale Gleichstellungsbeauftragte in der<br />

Verwaltung. Wir wissen, dass Hochschulen sehr unterschiedlich strukturiert sind,<br />

auch die Größe der Hochschulen ist unterschiedlich. Ich denke, hier sollte es den<br />

Hochschulen überlassen sein, ob sie diese Regelung als Kann-Regelung umsetzen<br />

oder nicht. Für uns an der Universität Potsdam ist es unabdingbar. Aber es gibt<br />

durchaus deutlich kleinere Hochschulen mit ganz anderen Strukturen, wo zum Beispiel<br />

zentrale Einrichtungen, Bibliothek und Verwaltung durch eine gemeinsame<br />

Gleichstellungsbeauftragte in dem Bereich zusammen abgedeckt werden könnten.


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Vorsitzende:<br />

Frau Damus, möchten Sie ergänzen? - Bitte.<br />

Frau Damus (Europa-Universität Viadrina):<br />

Ich würde gerne noch ergänzen. Zur Frage der Abgeordneten von Halem, wie man<br />

die Regelung zum Gleichstellungskonzept und den Gleichstellungsplänen noch verbindlicher<br />

gestalten kann: Es ist ein großer Fortschritt, dass die jetzt überhaupt darin<br />

stehen. Sie haben jetzt ihre Existenzberechtigung. Man muss diese Grundfragen<br />

nicht immer wieder an den Hochschulen klären. Das ist eine große Hilfe.<br />

Was die Inhalte und die tatsächliche Umsetzung betrifft, wird auf jeden Fall das jetzt<br />

vorgesehene Beschwerderecht helfen. Aber es wäre natürlich noch hilfreicher, wenn<br />

es nicht nur ein Beschwerderecht, sondern ein Klagerecht wäre; das habe ich schon<br />

erwähnt. Das ist für mich eigentlich der wichtigste Ansatz.<br />

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, den man stärker in den Fokus nehmen<br />

könnte, obwohl es schon eine gesetzliche Regelung gibt: Nach § 7 Absatz 2 des<br />

Hochschulgesetzes müssen die Hochschulen „geeignete Maßnahmen (…) zur Beseitigung<br />

bestehender Nachteile für Frauen“ nachweisen. Wir fragen wir uns: Wem gegenüber<br />

weisen die Hochschulen das nach? Wie wird das überprüft? Wird nachgefragt?<br />

Unser Problem ist: Wir argumentieren immer auf der Grundlage des Gesetzes und<br />

würden uns freuen, wenn auch von anderer Seite draufgeschaut würde. Es reicht<br />

nicht aus, dass wir die Agierenden sind; auch von anderer Seite, zum Beispiel vom<br />

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, sollte interessiert nachgefragt<br />

werden, was insoweit passiert.<br />

Die Frage, was geschehen kann, wenn Frauen noch nicht einmal eingeladen werden<br />

oder sich nicht vorstellen können, bezog sich eher auf die Kommunen, aber vielleicht<br />

kann ich etwas ergänzen. Dazu enthält das Hochschulgesetz eine gute Regelung.<br />

Diese wird von mir immer wieder zitiert, und ich berufe mich auf diese. Demnach sind<br />

alle formal qualifizierten Frauen grundsätzlich mindestens zur persönlichen Vorstellung<br />

einzuladen. Das ist sozusagen unser Angriffspunkt, auf den wir verweisen können.<br />

Damit lässt sich vieles drehen, was sonst, nach der Papierlage, anders verliefe.<br />

Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />

Abgeordnete Prof. Dr. Heppener sprach § 25 des LGG-Entwurfs an. Was relativ<br />

schwierig ist, sind die §§ 22 bis 24, sofern geregelt ist, dass dieses Gesetz keine<br />

Anwendung auf die Kommunen finden soll. Das kann so nicht stehen bleiben. Man<br />

müsste es im Prinzip in Erweiterung des letzten Satzes neu mit der Hauptsatzung in<br />

Verbindung bringen. Dann kann man über die Kommunalordnung eine Musterhauptsatzung<br />

vereinbaren, nach der sich die Kommunen zu richten haben. Das würde


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aber einschließen, dass die §§ 22 bis 24 verbindlich für die Kommunen sind. Damit<br />

hätten die Gleichstellungsbeauftragten zum Beispiel mehr Rechte bei Stellenbesetzungen.<br />

Ausgeschlossen würde das Problem, dass keine Frauen eingeladen werden.<br />

Damit habe ich Ihre Frage fast beantwortet. Die Paragrafen sollten dahingehend<br />

geändert werden, dass das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz auf kommunaler Ebene<br />

ebenso zur Wirkung kommt. Zudem muss die Einhaltung kontrolliert werden.<br />

Damit bin ich bei dem Punkt, inwieweit die Kommunalaufsicht in die kommunale<br />

Selbstverwaltung eingreifen darf. Das ist eine politische Entscheidung. Es gibt Artikel<br />

3 Grundgesetz, und es gibt die kommunale Selbstverwaltung, niedergelegt in Artikel<br />

28 Grundgesetz. Sind das einander ausschließende Artikel? Ich denke, man<br />

kann das durchaus kombinieren, wenn man es politisch möchte. Die kommunale<br />

Selbstverwaltung darf nicht dazu führen, dass die Kommunen sozusagen jenseits<br />

jeglicher Kontrolle so agieren können, wie sie es gerade möchten. Ich überspitze die<br />

Formulierung deshalb, weil die Kommunalaufsicht ansonsten sehr wohl Eingriffsrechte<br />

in die kommunale Selbstverwaltung hat. In Nordrhein-Westfalen - aus diesem<br />

Bundesland komme ich - arbeitet die Hälfte der Großstadtkommunen mit Nothaushalten.<br />

Dort nimmt die Kommunalaufsicht erhebliche Eingriffe vor und sagt den Kommunen,<br />

was sie dürfen und was sie nicht dürfen.<br />

Löst ein Parité-Gesetz das Problem, Abgeordnete Nonnemacher? Ich würde es mir<br />

wünschen, klar. Über ein solches Gesetz wird auch in einigen Bundesländern diskutiert.<br />

Im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> von Baden-Württemberg fanden dazu schon Anhörungen statt. In<br />

der Bundesrepublik gibt es bisher vier Gutachten zu einem möglichen Parité-Gesetz,<br />

sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Zwei Gutachten besagen, das sei<br />

grundgesetzlich kein Problem. Zwei andere besagen, das gehe nicht. Das sind juristische<br />

Einschätzungen; Sie müssen eine politische Bewertung vornehmen. Ich sage:<br />

Jein. Es ist der politische Wille, der ausschlaggebend ist. Das ist das Entscheidende<br />

und nicht unbedingt allein das, was die Juristerei dazu sagt. Wenn etwas anpassungsfähig<br />

ist - ich denke, das ist der Fall -, kann man auch als Politik weiter agieren.<br />

Wie gesagt: Juristisch unentschieden - so schätze ich es ein.<br />

Ein solches Gesetz würde sicherlich zu etwas mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen.<br />

Immerhin haben wir die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten.<br />

Wenn Frauen das kleine „Handicap“ mit den Kindern haben, möchte ich darauf verweisen:<br />

Wir haben ein Demografieproblem. Wenn wir den Frauen das Kinderkriegen<br />

versauern, haben wir ein noch viel größeres Problem.<br />

(Vereinzelt Beifall)<br />

Vorsitzende:<br />

Vielen Dank. - Herr Grugel hat darum gebeten, noch einmal etwas sagen zu dürfen.<br />

Sie erhalten noch einmal das Wort, Herr Grugel, aber wir lassen Kontroversen hier<br />

durchaus stehen; diese sind in einer Anhörung gewollt.


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Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />

Das ist mir natürlich klar. Vielen Dank, dass ich noch einmal einige Sätze sagen darf.<br />

Ich möchte keine Gegenrede halten.<br />

Mir ist die schwierige Situation, vor der Sie in dem Gesetzgebungsverfahren stehen,<br />

bewusst. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre und diese Ausführungen gehört hätte, würde<br />

ich das Gesetz im Sinne der kommunalaufsichtlichen Regelungen weiter ausgestalten.<br />

Nicht, dass ich davor Sorge hätte; das nicht.<br />

Ich möchte anhand eines Beispiels noch einmal verdeutlichen, dass Sie als Abgeordnete<br />

und Gesetzgeber sehen müssen, dass wir Probleme auch an anderen Stellen<br />

in der Gesellschaft haben - ich will das aufgreifen, was Herr Dr. Redmann gesagt<br />

hat -, wo Fachgesetzlichkeiten gefordert sind. Heute stand in der Zeitung die traurige<br />

Meldung, dass schon wieder ein Kind tot aufgefunden worden ist. Was sind das für<br />

Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft, die möglicherweise die betroffene Frau<br />

zu einer solch unfassbaren Tat führen? Ich weiß nicht, was da passiert ist, und will<br />

das hier auch nicht vertiefen. Ich will damit nur Folgendes sagen: Man kann solche<br />

Situationen auch noch im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz berücksichtigen und sagen -<br />

solche Diskussionen hatten wir schon -, dass das Jugendamt hier möglicherweise<br />

nicht genügend getan hat. Es gibt Fachgesetze, die durchregeln, was zu tun ist. Das<br />

sage ich nicht gegen, sondern für die Gleichstellung und korrigiere damit meinen geschichtlichen<br />

Lapsus von vorhin im Zusammenhang mit den Frauenbeauftragten.<br />

Also: Für die Gleichstellung sage ich das. - Wir haben die Kontrollmöglichkeiten über<br />

die Aufsicht. Es ist auch der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten möglich, im Innenministerium<br />

anzuklopfen und zu sagen: Die kommunalen Aufsichten machen nichts und<br />

lassen Hauptsatzungen, die nicht in Ordnung sind, durchgehen. Diese sind zu ändern<br />

bzw. zu ergänzen; wir haben die Regelwerke.<br />

Wenn wir in Parallelgesetzen solche Dinge schaffen - darum habe ich das Beispiel<br />

gewählt -, dann ist das ohne Ende. Auch die Bauaufsichtsleute könnten sagen: Wir<br />

brauchen zusätzliches Recht. - Wir eröffnen damit einen Motor für neue gesetzliche<br />

Regelungen. Mein Job ist es hier, für die kommunale Selbstverwaltung zu kämpfen;<br />

das tue ich.<br />

Diesen Abschnitt schließe ich mit Worten, für die ich dankbar bin: Die Gesetze laufen<br />

der tatsächlichen Entwicklung hinterher. - Das wurde gerade im Zusammenhang mit<br />

dem Hochschulbereich formuliert. Wir haben im gemeindlichen Bereich - Oranienburg<br />

ist genannt worden - ausgesprochen vorbildliche Strukturen. Lassen Sie uns<br />

diese in den Vordergrund stellen! Vorhin habe ich nicht gesagt, Gleichstellungsbeauftragte<br />

seien sich ihrer selbst nicht bewusst. Ich habe gesagt, sie müssen selbstbewusst<br />

sein. Eine selbstbewusste Gleichstellungsbeauftragte - hier heißt es ja, sie<br />

sind selbstbewusst - lässt sich vom <strong>Land</strong>rat doch so etwas gar nicht gefallen. Lassen<br />

Sie mich das so sagen: Es gibt genügend Regelwerke. Ich will hinzufügen, dass wir<br />

diese Dinge im Blick haben. Jetzt bin ich ganz bei Frau Schlüter - ich habe das in<br />

meiner Stellungnahme bewusst nicht ausgeführt, aber jetzt sage ich es -: Wenn Sie<br />

das regeln, dann bezahlen Sie das!


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 50<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />

44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />

Vorsitzende:<br />

Okay, Herr Grugel. Wir nehmen das so zur Kenntnis.<br />

Eines möchte ich wirklich nicht stehen lassen - ich hoffe, ich habe es nur missverstanden<br />

-: Die Frauen sind mangels Selbstbewusstsein an der Lage selbst schuld. -<br />

Ich hoffe, das falsch verstanden zu haben. Ich denke, diese Argumentation haben wir<br />

bereits überwunden.<br />

Ich danke Ihnen, dass Sie sich noch einmal zu Wort gemeldet haben.<br />

Da ich keine weiteren Wortmeldungen sehe, gehe ich davon aus, dass sich der Fragebedarf<br />

erschöpft hat. Es hat sich gelohnt.<br />

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen; wir haben eine Punktlandung hingelegt. Es<br />

ist genau 13 Uhr.<br />

Ihnen, den Anzuhörenden, bieten wir an, das Wortprotokoll nach Bestätigung zuzusenden.<br />

Noch einmal herzlichen Dank für Ihre Beiträge. Ich wünsche Ihnen einen<br />

guten Nachhauseweg!<br />

(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss des Ausschusses gemäß § 83 Satz 3 GOLT in der 45. Sitzung<br />

am 13. November 2013 bestätigt.)<br />

Anlagen<br />

Anlage 1: Liste der Gesprächsteilnehmer zur Anhörung<br />

Anlage 2: Fragenkatalog zur Anhörung<br />

Anlage 3: Stellungnahme des <strong>Land</strong>kreistages <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

Anlage 4: Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

Anlage 5: Stellungnahme des Frauenpolitischen Rates des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

e. V.<br />

Anlage 6: Stellungnahme der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Anlage 7: Stellungnahme Kapellmann und Partner Rechtsanwälte<br />

Anlage 8: Stellungnahme der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />

der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />

Anlage 9: Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten der Europa-Universität<br />

Viadrina<br />

Anlage 10: PowerPoint-Präsentation zur Stellungnahme der FernUniversität in Hagen<br />

Anlage 11: Stellungnahme der FernUniversität in Hagen<br />

Anlage 12: Stellungnahme des Bauindustrieverbandes Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

und der Fachgemeinschaft Bau Berlin und <strong>Brandenburg</strong> e. V.


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> 22.10.2013<br />

AUSSCHUSS FÜR ARBEIT, SOZIALES, FRAUEN UND FAMILIE<br />

Öffentliche Anhörung<br />

„Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes"<br />

Mittwoch, 23. Oktober 2013, <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Eingeladene Anzuhörende:<br />

1. Jutta Schlüter <strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

2. Joachim Grugel Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

3. Heidrun Szczepanski <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen<br />

Manuela Dörnenburg Gleichstellungsbeauftragten <strong>Brandenburg</strong><br />

4. Ulrike Häfner Frauenpolitischer Rat<br />

Heiderose Gerber <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

5. Dr. Jan Redmann Kapellmann und Partner Rechtsanwälte<br />

6. Monika Paulat <strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong><br />

7. Barbara Schrul <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />

der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />

8. Sahra Damus Europa Universität Viadrina<br />

9. Dr. Elke Wiechmann FernUniversität Hagen


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />

Anlage<br />

Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur<br />

Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />

Mittwoch, 23. Oktober 2013, <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Fragenkatalog:<br />

Lfd.<br />

Nr.<br />

Einreichende<br />

Fraktion<br />

Fragen<br />

1. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Wie bewerten Sie den Gesetzentwurf hinsichtlich der Ansprüche<br />

an eine moderne Gleichstellungspolitik und Gleichstellungsgesetzgebung?<br />

2. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Welches sind aus Ihrer Sicht die positiven Aspekte im Entwurf<br />

des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes gegenüber dem<br />

bisher gültigen Gesetz und wo sind Ihrer Meinung nach noch<br />

Verbesserungen am vorliegenden Gesetzentwurf nötig?<br />

3. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Ein Ziel der Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes ist<br />

es, die bisher nicht vorhandene gesetzliche paritätische Besetzung<br />

von Führungspositionen und Gremien in der <strong>Land</strong>esverwaltung<br />

<strong>Brandenburg</strong> zu erreichen.<br />

Wie bewerten Sie die vorgesehenen Änderungen im Gesetz,<br />

um dieses Ziel schnell und wirkungsvoll zu erreichen?<br />

4. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Der Gesetzentwurf sieht vor, Beteiligungsunternehmen (<strong>Land</strong> hat<br />

als Anteilseigner die Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit) in den<br />

Geltungsbereich einzubeziehen. Damit soll auch ein Signal für die<br />

private Wirtschaft gesetzt werden mit dem Ziel der gleichberechtigten<br />

Teilhabe von Frauen in den besser bezahlten Stellen und in<br />

Führungspositionen sowie in Entscheidungs- und Beratungsgremien.<br />

Wie bewerten Sie die im Gesetz vorgesehenen Regelungen<br />

hinsichtlich einer Umsetzbarkeit und Erreichbarkeit der Zielsetzung?


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />

Anlage2<br />

Lfd. Einreichende<br />

Nr. Fraktion<br />

Fragen<br />

5. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Der Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zur Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />

der Gleichstellungsbeauftragten<br />

der Dienststellen (incl. der Hochschulen) und der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Wie bewerten Sie diese Regelungen hinsichtlich der Zielsetzung<br />

des Gesetzes?<br />

Wie bewerten Sie diese Regelungen unter dem Aspekt der<br />

notwendigen Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten?<br />

6. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Der Gesetzentwurf enthält keine Regelungen zu den Rechten,<br />

Aufgaben, Kompetenzen und der dienstlichen Stellung von kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten, sondern verweist hier auf<br />

eine Festlegung in den Hauptsatzungen der Kommunen.<br />

Wie bewerten Sie dies vor dem Hintergrund kommunaler Organisations-<br />

und Personalhoheit hinsichtlich einer ausreichenden<br />

und regional gleichwertigen Rahmensetzung für die<br />

Arbeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und ihren<br />

sich daraus ergebenden Möglichkeiten, auf eine Förderung<br />

der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern<br />

in den Kommunalverwaltungen und Kommunen Einfluss<br />

zu nehmen?<br />

Wie beurteilen Sie die Möglichkeit einer landeseinheitlichen<br />

Rahmensetzung durch die Hauptsatzungen, ohne dass das<br />

Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt wird?<br />

7. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Bekanntlich ergeben sich aus der kommunalen Selbstverwaltung<br />

in den einzelnen Kommunen sehr unterschiedliche Erscheinungsund<br />

Funktionsbilder der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Wie kann dies Ihrer Meinung nach gelöst werden?


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />

Lfd. Einreichende<br />

Nr.<br />

Fraktion<br />

Fragen<br />

8. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Eine weitgehende Übereinstimmung von <strong>Brandenburg</strong>er und Berliner<br />

landesgesetzlichen Regelungen wirkt sich insbesondere positiv<br />

auf die Arbeit in länderübergreifenden Institutionen und Gremien<br />

aus.<br />

Wie bewerten Sie den Gesetzentwurf hinsichtlich seiner<br />

Passfähigkeit zum <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von Berlin?<br />

9. CDU<br />

Wie haben sich das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die<br />

daraus resultierende Frauenförderverordnung bislang auf die<br />

Vergabepraxis ausgewirkt?<br />

10. SPD<br />

DIE LINKE<br />

Die Novellierung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes ist<br />

mit der Zielstellung verknüpft, die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern im Hochschulbereich zu erreichen.<br />

Dazu gehört auch eine möglichst paritätische Besetzung von Professuren<br />

durch Frauen und Männer; derzeit beträgt der Frauenanteil<br />

20 Prozent.<br />

Die für die Gleichstellung maßgeblichen Vorschriften in diesem<br />

Gesetz sollen an das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz angepasst und<br />

verbessert werden.<br />

Wie bewerten Sie diese vorgesehenen Rechtsänderungen<br />

hinsichtlich ihrer Zielsetzung?<br />

Weshalb ist es wichtig, auch für die Verwaltungsbereiche der<br />

Hochschulen Gleichstellungsbeauftragte einzusetzen?<br />

11. GRÜNE/B90 Bitte nehmen Sie Stellung zum Beschwerderecht und zum<br />

Kündigungsschutz der Gleichstellungsbeauftragten im Hochschulrecht.<br />

12. GRÜNE/B90 Wie bewerten Sie die Regelungen zur Freistellung und für<br />

die zentrale sowie dezentrale Gleichstellungsbeauftragte im<br />

Hochschulrecht?


<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />

Lfd. Einreichende<br />

Nr,<br />

Fraktion<br />

Fragen<br />

13. GRÜNE/B90 Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei der Umsetzung<br />

einer geschlechtergerechten Sprache in der Verwaltung<br />

sowie in den Gesetzestexten?


<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong><br />

- per E-Mail -<br />

<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong><br />

Postfach 60 10 35, 14410 Potsdam<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie<br />

Frau Vorsitzende<br />

Birgit Wöllert, MdL<br />

Am Havelblick 8<br />

14473 Potsdam<br />

EINGEGANGEN<br />

2 2. OKT. 2013<br />

F1-7 s--4390<br />

Erledigt larli ke9' iaj'e<br />

Hausanschrift:<br />

Jägerallee 25<br />

14469 Potsdam<br />

Postanschrift:<br />

Postfach 60 10 35<br />

14410 Potsdam<br />

E-Mail:<br />

poststelle@landkreistag-brandenburg.de<br />

Telefon: (03 31) 2 98 74 — 0<br />

Telefax: (03 31) 2 98 74 — 50<br />

Durchwahl:<br />

(03 31) 2 98 74-31<br />

Datum: 2013-10-22<br />

Az.: 11 10-30/S/chr<br />

(bei Antwort bitte angeben)<br />

textehandlaglargemein12ß13At201324 doc<br />

Ihr Schreiben vom<br />

27. September 2013<br />

Ihr Zeichen<br />

Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung zum Gesetz zur<br />

Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />

hier: Stellungnahme des <strong>Land</strong>kreistages <strong>Brandenburg</strong><br />

Sehr geehrte Frau Wöllert,<br />

wir bedanken uns für die Einladung zur Anhörung des Ausschusses<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie und machen von der uns<br />

eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gern Gebrauch.<br />

Wir werden uns dabei auf Art, 1 des Gesetzentwurfes, Gesetz<br />

zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes, und dabei<br />

auf die aus kommunaler Sicht relevanten Aspekte beschränken.<br />

Mit dem Gesetzentwurf wird eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen,<br />

die in der Praxis Anpassungsbedarf nach sich ziehen und<br />

damit gleichzeitig Verwaltungsaufwand verursachen. Hierbei gilt<br />

ein objektiver Maßstab und nicht die in der Begründung enthaltene<br />

Vermutung, dass nur dort zusätzlicher Aufwand entstehe, wo<br />

das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz bisher nicht hinreichend beachtet<br />

wurde. Es fehlt mithin eine realistische Abschätzung der<br />

Kostenfolgen.<br />

Wenn jedoch selbst in der Begründung zu dem Gesetzentwurf der<br />

Zweifel dargestellt wird, ob mit einer neuen Bestimmung tatsächlich<br />

ein Erkenntnisgewinn verbunden sein wird - vgl. insofern<br />

Begründung zu § 6 Abs. 5 zur Änderung des Inhalts des Gleichstellungsplanes<br />

- ist für die <strong>Land</strong>kreise jeglicher, auch noch so<br />

geringe Mehraufwand nicht akzeptabel.


2<br />

Anila„ge 3<br />

Zu den Bestimmungen im Einzelnen dürfen wir folgende Hinweise<br />

übermitteln.<br />

Zu Art. 1 § 6 - Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes<br />

In § 6 Abs. 2 wird eine neue Nr. 5 eingefügt, nach der die Darstellung<br />

der für ein Jahr und länger befristet Beschäftigten getrennt<br />

nach Geschlecht erfolgen soll. Da bereits in der Begründung<br />

zum Gesetzentwurf ausgeführt wird, dass ein Erkenntnisgewinn<br />

aus dieser Angabe nicht sicher vorausgesagt werden kann,<br />

stellt sich die Sinnhaftigkeit der Ergänzung des Gesetzes an<br />

dieser Stelle. § 6 ist keine Erprobungsklausel, so dass wir für<br />

eine Streichung der Nr. 5 in Abs. 2 votieren.<br />

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 soll die Zahl der Beschäftigten, die altersbedingt<br />

ausscheiden, mit den dort genannten Differenzierungen<br />

ausgewiesen werden. Auch diese Angabe ist hinsichtlich ihrer<br />

Sinnhaftigkeit nicht plausibel. Die Zahl der Beschäftigten, die<br />

altersbedingt ausscheiden, wird sich oftmals deutlich von der<br />

Zahl der neu zu besetzenden Stellen unterscheiden. Insofern ist<br />

es wenig hilfreich, für eine langfristige Personalentwicklungsplanung<br />

unter Berücksichtigung einer ausgewogenen Besetzung<br />

freier Stellen mit Frauen auf die ausscheidenden Beschäftigten<br />

abzustellen. Um rechtzeitig auf Stellen aufmerksam zu werden ist<br />

es vielmehr entscheidend, wenn wie bisher weiterhin die Zahl der<br />

voraussichtlich neu zu besetzenden Stellen bzw. möglicher Höhergruppierungen<br />

und Beförderungen ausgewiesen wird. Die zusätzliche<br />

Angabe, wie sie in § 6 Abs. 2 Nr. 6 gefordert wird, sollte<br />

daher nicht in das Gesetz aufgenommen werden.<br />

Zu Art. 1 § 7 - Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />

Dem Aufwand, der mit der Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />

verbunden ist, wird in § 7 Abs. 1 insoweit Rechnung getragen,<br />

als Ausschreibungen in der <strong>Land</strong>esverwaltung zukünftig nur<br />

noch mindestens landesweit intern zu erfolgen haben. Wir regen<br />

an, diese Erleichterung im Sinne einer Herabsetzung von Standards<br />

auch für die <strong>Land</strong>kreise zu eröffnen, und ihnen nicht weiterhin<br />

aufzuerlegen, Ausschreibungen öffentlich vornehmen zu<br />

müssen, sondern entsprechend den Maßgaben für die <strong>Land</strong>esverwaltung<br />

auch insofern eine interne Ausschreibung zu ermöglichen.<br />

Zu Art. 1 § 25 - Kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />

§ 25 soll um eine Regelung ergänzt werden, mit der der kommunalen<br />

Seite zwingend vorgegeben wird, in ihren Hauptsatzungen<br />

Rechte, Aufgaben, Kompetenzen und dienstliche Stellung der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten im Sinne der Regelungen der<br />

55 22 bis 24 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes vorzusehen.<br />

Mit dieser Ergänzung des § 25 wird eine im Widerspruch zu der<br />

<strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung stehende Regelung getroffen<br />

§ 4 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung bestimmt, dass jede<br />

Gemeinde eine Hauptsatzung erlassen muss, in der zu regeln ist,<br />

was nach den Vorschriften der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung<br />

der Hauptsatzung vorbehalten ist. Bezüglich der Aufnahme


3<br />

Anlage 3<br />

weiterer Regelungen in die Hauptsatzung besteht Entscheidungsfreiheit.<br />

§ 4 Abs. 1 Satz 3 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung<br />

sieht vor, dass auch andere, für die innere Verfassung<br />

der Gemeinde wesentliche Fragen in der Hauptsatzung geregelt<br />

werden können.<br />

Ebenso sieht § 18 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung zu<br />

den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten vor, dass Näheres zu<br />

deren Tätigkeit in der Hauptsatzung geregelt werden kann. Auch<br />

insoweit kann im kommunalen Bereich frei entschieden werden, ob<br />

in die Hauptsatzung entsprechende Inhalte aufgenommen werden.<br />

Demgegenüber wird mit der Ergänzung des § 25 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

die Pflicht ("Ist") zu einer entsprechenden<br />

Regelungen in der Hauptsatzung festgeschrieben. Damit entstünden<br />

widersprüchliche Regelungen zur Ausgestaltung der Hauptsatzung<br />

in Fragen der Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Die §§ 4 und 18 <strong>Brandenburg</strong>ische Kommunalverfassung tragen dem<br />

Umstand Rechnung, dass im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung<br />

eine Vielzahl von Angelegenheiten in eigener Verantwortung ausgestaltet<br />

werden kann. Insoweit stellt die Ergänzung des § 25,<br />

wie sie mit dem vorgelegten Gesetzentwurf vorgesehen ist, einen<br />

Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar und ist damit<br />

verfassungswidrig. § 25 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes muss<br />

daher unverändert bleiben, die Anfügung eines Satzes 3 muss unterbleiben.<br />

Unter Bezugnahme auf die Fragen 6 und 7 dürfen wir darauf hinweisen,<br />

dass durch das in Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Recht<br />

der kommunalen Selbstverwaltung verfassungsrechtlich eröffnet<br />

ist, die Ausgestaltung der Selbstverwaltung unterliegender Sachverhalte<br />

vor Ort in eigener Verantwortung zu treffen. Mit dem<br />

Recht der kommunalen Selbstverwaltung ist untrennbar verbunden,<br />

dass in den <strong>Land</strong>kreisen nicht vollständig identische Ausprägungen<br />

gefunden werden. Die Bedenken, die aus den Fragen Nr. 6 und<br />

7 hiergegen abgeleitet werden können, teilen wir nicht.<br />

Wir hoffen, dass unsere Hinweise und Anregungen Eingang in das<br />

Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes finden<br />

werden.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

/<br />

Jutta Schlüter


STÄDTE- UND GEMEINDEBUND<br />

BRANDENBU<br />

EINGEGANGEN<br />

TStridie- und Gemoindcbund <strong>Brandenburg</strong>, Stephunsonstr, 4, 14482 Pc4sd<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frau<br />

Die Vorsitzende<br />

Frau Birgit Wöllert, MdL<br />

per eMail:<br />

angela.richter@landtag.brandenburg.de<br />

L<br />

2 3. 5KT. 2013<br />

P -19 S"- _13.94<br />

Familie Vst 4 kor kr<br />

Der Geschäftsführer<br />

Stephensonstraße 4<br />

14482 Potsdam<br />

Telefon: 03 31 / 7 43 51-0<br />

Telefax: 03 31 17 43 51-33<br />

E-Mail: mail@stgb-brandenburg.de<br />

Internet: http . IIwww.stgb-brandenburg.de<br />

Datum: 2013-10-22<br />

Aktenzeichen: 030-02<br />

Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung - Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des brandenburgischen Hochschulgesetzes (Drucksache 5/7724)<br />

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,<br />

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,<br />

vielen Dank für die Übermittlung des oben genannten Gesetzentwurfs und für ihre damit verbundene<br />

Einladung zur Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie am<br />

23.10.2013, an der aus unserem Hause Herr Referatsleiter Joachim Grugel teilnehmen wird.<br />

Zur Anhörung geben wir Ihnen im Folgenden unsere Einschätzung zum Gesetzentwurf und gehen<br />

dabei zugleich auf die uns übermittelten Fragen ein, soweit diese für die Städte, Gemeinden und<br />

Ämter von Belang sind.<br />

Einleitung:<br />

Der hier vorliegende Gesetzentwurf hat einen längeren Vorlauf, der zu seinem Beginn eine umfassende<br />

Einbeziehung der Städte, Gemeinden und Ärnter in den Regelungsbereich des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

vorsah. Zudem war eine Absenkung des Einwohnerschwellenwertes nach § 18<br />

Abs. 2 BbgKVerf von 30.0000 auf 20.000 vorgesehen, die eine Ausweitung der hauptamtlich zu<br />

bestellenden Gleichstellungsbeauftragten verlangt hätte.<br />

Der jetzt zu beratende Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung verzichtet im Wesentlichen auf diese<br />

Ausweitungen und erkennt, auch in der Begründung, die Eigenverantwortung der Kommunen ausdrücklich<br />

an, die nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes und Artikel 12 Absatz 3 Satz 2<br />

der Verfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> die tatsächliche Gleichstellung von Frauen fördern und<br />

auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken. Wir begrüßen insoweit, dass das Ministerium<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie unsere im Vorlauf gegebenen Hinweise und Anregungen<br />

aufgegriffen und in diesem Sinne den Gesetzentwurf überarbeitet hat.<br />

Bankverbindung: Mittelbrandenburgische Sparkasse, Potsdam (BLZ 160 500 00) Konto-Nr, 350 222 1501; S 7 (Haltestelle Babelsberg); Trans 94, 95 (Haltestelle Wattstraße)


Anbge<br />

- 2 -<br />

Wenige Ausweitungsregelungen sind jedoch im Gesetzentwurf geblieben oder hinzugekommen<br />

und hierauf gehen wir mit Hinweis auf die, dem entgegenstehende, Ausgangs- und Rechtslage im<br />

Folgenden ein:<br />

Die jetzigen Regelungen des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes (LGG) erkennen an, dass das <strong>Land</strong><br />

und die Kommunen jeweils das Recht zur eigenen Aufgabenerfüllung und damit eine eigene Organisations-<br />

und Personalhoheit haben, die für das <strong>Land</strong> insbesondere in der <strong>Land</strong>esverfassung und<br />

die für die Kommunen insbesondere in der Kommunalverfassung verankert ist. Demgemäß bleiben<br />

durch die entsprechenden Klarstellungen in § 2 Abs. 2 und § 25 LGG die Regelungen der Kommunalverfassung<br />

durch die landesrechtlichen Gleichstellungsregelungen unberührt, so dass für die<br />

Kommunen ausschließlich die kommunalverfassungsrechtlichen Gleichstellungsregelungen gelten.<br />

An Stelle des LGG normiert auf gemeindlicher Ebene die Hauptsatzung auf der Grundlage der<br />

kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben, die die Art. 3 GG und 12 LV umfassen, alle Einzelheiten.<br />

Diese rechtsklare Trennung war zum Entstehen des LGG ein tragender Grundsatz, wie der<br />

folgende Auszug aus der Begründung zum Gesetzentwurf aufzeigt:<br />

"Die Vorschrift stellt klar, dass dieses Gesetz nicht für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

gilt, da deren Bestellung, Aufgaben und Kompetenzen in der Gemeindeordnung (Anm.: jetzt<br />

Kommunalverfassung) geregelt sind und die nähere Ausgestaltung den Hauptsatzungen vorbehalten<br />

bleibt." (Drucksache 1/2847)<br />

Dieser Grundsatz wird im Gesetzentwurf nicht durchgängig beachtet und deshalb haben wir die<br />

Erwartung, dass dieser noch wie folgt geändert wird:<br />

Einzelregelungen:<br />

Zu § 7 Ausschreibung von Stellen und Funktionen:<br />

Der neue Absatz 1 will den Unterschied zwischen Stellen und Funktionen verdeutlichen und damit<br />

das Ausschreibungsverfahren in der Praxis auf den gesetzlich gebotenen Umfang ausdehnen. Aus<br />

Erfahrungen mit Verfahren, in denen bisher so nicht unterschieden und damit zugleich gegen<br />

schon bestehendes Recht verstoßen wurde, mag diese Verdeutlichung aus <strong>Land</strong>essicht sinnvoll<br />

sein, so dass wir hierauf nicht weiter eingehen wollen.<br />

Wegen des Widerspruchs zur eingangs dargestellten Ausgangslage erachten wir jedoch die neu<br />

vorgesehene Einbeziehung der Kommunen nicht für zulässig und regen deshalb dringend an,<br />

in Artikel 1 Ziff: 7b zu § 7 im Abs. 1 die Worte „in den Gemeinden, Ämtern und <strong>Land</strong>kreisen"<br />

zu streichen.<br />

Einer weiteren Begründung hierzu bedarf es nicht.<br />

Dennoch geben wir den allgemeinen Hinweis, dass wir es vom Grundsatz her in allen Querschnittsthemen<br />

und damit auch in Fragen der Gleichstellung für geboten und Ziel führend halten,<br />

gerechtfertigte Anforderungen ausschließlich in den jeweils relevanten Fachgesetzen zu verankern<br />

und die Verankerung vorliegend personal- und dienstrechtlich bereits besteht.


-3-<br />

Zudem ergibt sich das Gebot zur Ausschreibung von Funktionsstellen unmittelbar aus Artikel 33<br />

Absatz 2 und Artikel 3 Grundgesetz und der dazu, aufgrund von Konkurrenzklagen, ergangen und<br />

mittlerweile gefestigten Rechtsprechung.<br />

Aufgrund der Bindung der volliiehenden Gewalt an Gesetz und Recht haben wir daher ganz<br />

grundsätzliche Bedenken zu gesetzlichen Regelungen, die nur zum Gegenstand haben, die Verwaltung<br />

zum gesetz- oder rechtsprechungstreuem Handeln zu bewegen.<br />

Aus vergleichbaren Gründen haben wir zudem Bedenken<br />

zu § 25 Kommunale Gleichstellungsbeauftragte:<br />

Die jetzige Regelung, die, wie ausgeführt, zutreffend auf das Kommunalverfassungsrecht verweist,<br />

soll um die Verpflichtung der Kommunen erweitert werden, in ihrer jeweiligen Hauptsatzung zu<br />

regeln, welche Rechte, Aufgaben, Kompetenzen und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

im Sinne der §§ 22 bis 24 haben.<br />

Mit dieser Erweiterung würden die, für den <strong>Land</strong>esdienst geltenden, Regelungen sinngemäß für<br />

die Kommunen bindend. Dies halten wir aufgrund der oben dargestellten Ausgangslage für nicht<br />

gerechtfertigt. Wir regen deshalb auch hier dringend an,<br />

Artikel 1 Ziff: 21<br />

zu streichen.<br />

Ergänzend zu unserer vorstehenden Begründung zu § 7, die sinngemäß auch hier gilt, weisen wir<br />

zudem darauf hin, dass beispielsweise die Klagerechte, die in § 23a vorgesehen sind, ebenfalls<br />

schon jetzt bestehen. Deshalb würden die Städte, Gemeinden und Ämter keineswegs das zu beachtende<br />

Gesetz oder Recht in ihre Hauptsatzungen aufnehmen, nur um die Selbstverständlichkeit der<br />

Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht zu verdeutlichen.<br />

Ein solches Vorgehen würde nach unserer Auffassung das Gebot aus Art. 20 Abs. 3 schwächen,<br />

anstatt es zu stärken. Wenn also Verstärkung vonnöten ist, müsste diese durch die Aus- und Fortbildung<br />

der Gleichstellungsbeauftragten erreicht werden, nicht jedoch durch ein Gesetz.<br />

Zu § 19 b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

Die vorgesehen Neureglung soll die Verpflichtung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten umfassen,<br />

auch die, nach der Kommunalverfassung bestellten, Gleichstellungsbeauftragten zu beraten<br />

und zu unterstützen.<br />

Auch diese Regelung halten wir für nicht geboten:<br />

Die Gleichstellungsbeauftragte ist Teil der Dienststelle. Für eine eventuell gewünschte oder erforderliche<br />

Beratung gilt deshalb ebenfalls die Kommunalverfassung. Diese regelt mit ihrem § 108,<br />

dass „die Aufsicht so auszuüben ist, dass die Rechte der Gemeinden geschützt und die Erfüllung<br />

ihrer Pflichten gesichert werden. Sie hat die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der<br />

Gemeinden zu fördern sowie Erfahrungen bei der Lösung kommunaler Aufgaben zu vermitteln."


Arge<br />

-4-<br />

Damit können sich die jeweils zuständigen Gleichstellungsbeauftragten bereits jetzt im Sinne der<br />

beabsichtigten Neuregelung vernetzen. Für eine weitergehende Regelung, die zudem einen unimittelbaren<br />

Durchgriff der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten auf die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

normiert, gibt es keine Rechtfertigung,<br />

Deshalb müssen wir auch hier dringend anregen,<br />

in Art. 1 Ziff: 14 zu § 19b im Abs. 1 die Worte „ und die nach der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es<br />

<strong>Brandenburg</strong> bestellten Gleichstellungsbeauftragten"<br />

zu streichen.<br />

Wir möchten davon ausgehen, dass unsere Anregungen nun im parlamentarischen Verfahren noch<br />

aufgegriffen und umgesetzt werden und stehen für ergänzende Erörterungen bei Bedarf gerne zur<br />

Verfügung.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Karl-Ludwig Böttcher


EINGEGANGEN<br />

Anlage 5-<br />

0 9. SEP. 2013<br />

e72.4253<br />

ErIcdiaLi4e Vivit:At■ 4/1<br />

FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

für den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie A7<br />

Ausschussvorsitzende Frau Birgit Wöllert<br />

Am Havelblick 8<br />

14473 Potsdam<br />

Potsdam, 09.09.2013<br />

Stellungnahme des Frauenpolitischen Rates des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zum Entwurf des Gesetzes zur<br />

Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />

Sehr geehrte Frau Wöllert,<br />

der Frauenpolitische Rat des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> e.V. begrüßt die Initiative des Ministeriums für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und Familie, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu novellieren, um die Erfahrungen<br />

der vergangenen fast 20 Jahre einfließen zu lassen und den gewachsenen Ansprüchen an eine moderne<br />

Gleichstellungspolitik für Frauen und Männer gerecht zu werden. Gerne nehmen wir dazu Stellung und<br />

stehen Ihnen, den Ausschussmitgliedern und <strong><strong>Land</strong>tag</strong>sabgeordneten als konstruktiv-kritische<br />

Dialogpartnerinnen zur Verfügung.<br />

Der Frauenpolitische Rat begrüßt einerseits die geplanten gesetzlichen Regelungen zur Quotierung bei der<br />

Besetzung von Stellen in der <strong>Land</strong>esverwaltung, insbesondere bei Führungspositionen, die Erweiterung des<br />

Geltungsbereiches des Gesetzes, die Verankerung der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im<br />

Gesetz, die Gewährung eines besonderen Kündigungsschutzes für Gleichstellungsbeauftragte und das<br />

Signal an die private Wirtschaft, Regelungen dieses Gesetzes auch in den privatrechtlichen Unternehmen<br />

umzusetzen.<br />

Andererseits enttäuscht der vorliegende Entwurf maßgeblich sowohl bezüglich der Anbindung der<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten als auch im Hinblick auf Regelungen für Kommunen und <strong>Land</strong>kreise.<br />

Wird im Jahr 2008, in der „Studie zur Lebenssituation von Frauen in <strong>Brandenburg</strong>", der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Frauen- und Gleichstellungspolitik noch eine gute Entwicklung bescheinigt überrascht die fehlende<br />

Konsistenz bei der aktuellen Novellierung. Dabei ist die Verwirklichung des Verfassungsauftrags der<br />

Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Hinwirken auf die Beseitigung<br />

bestehender Nachteile auch und gerade eine Aufgabe der Kommunen, die als erste politische Ebene vor<br />

Bundesländern und Bund für die konkrete Lebensumwelt sowie für das Gelingen von Gleichstellung von<br />

hoher Bedeutung sind. Viele jener ökonomischen, rechtlichen und institutionellen Bedingungen, die sich<br />

verändern müssen, damit vielfältige Lebensentwürfe und Optionen möglich werden und<br />

Geschlechtergerechtigkeit im Alltag erreicht wird, sind Ergebnis kommunaler Entscheidungen. Ob die<br />

Gleichstellung der Geschlechter im Alltag funktioniert, hat viel damit zu tun, welche Infrastruktur die<br />

Kommune zur Verfügung stellt, welche Unterstützung sie Familien anbietet und wie sie die wirtschaftliche<br />

Aktivität von Frauen fördert. Darüber hinaus bedeutet eine gute kommunale Gleichstellungspolitik<br />

angesichts des demografischen Wandels auch einen Standortvorteil im Wettbewerb um die gut<br />

ausgebildeten jungen Frauen.<br />

1


FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

Im Hinblick auf die Novellierung des LGG geht es nach Ansicht des Frauenpolitischen Rates darum, sowohl<br />

die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten als wichtige Agentinnen des geschlechterpolitischen Wandels als<br />

auch die gesamte Gleichstellungsarchitektur der Kommunalverwaltung zu stärken.<br />

Bisher bleibt der vorliegende Entwurf zu unserem Bedauern insgesamt hinter den Erwartungen, die frauenund<br />

gleichstellungspolitische Kräfte in diese Novellierung gesetzt haben, zurück.<br />

Die gegenwärtige Fassung des LGG enttäuscht mit der Auslassung sämtlicher Konsequenzen die aus den<br />

Veränderungen der Lebenswirklichkeiten, durch neue Arbeits- und Kommunikationstechnologien<br />

resultieren. Zeitgemäße Frauen- und Gleichstellungspolitik sollte Räume für Antworten, auf drängende<br />

Fragen unserer Zeit schaffen und vorausschauend Ermöglichungsstrukturen fördern. Fixe Präsenzzeiten am<br />

Arbeitsplatz gehören beispielsweise vielfach der Vergangenheit an. Die Balance von individuellen<br />

Verwirklichungsoptionen und familiärer Sorge ist eine Aufgabe, die längst unter neuen Vorzeichen steht<br />

und so zum Beispiel flexible Zeiteinteilung oder auch Möglichkeiten des Home Office erfordert. Dem<br />

bisherigen und auch dem künftigen gesellschaftlichen Wandel muss demnach auch ein LGG Rechnung<br />

tragen und konkrete Angebote für eine chancengerechte Zukunft im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> entwickeln.<br />

Auch das Thema Mehrfachdiskriminierung findet in der gegenwärtigen Novellierung des LGG keinen<br />

Niederschlag. Weder werden Menschen, die sich keinem der Geschlechter Frau oder Mann zuordnen,<br />

berücksichtigt. Noch wird berücksichtigt, dass Frauen besonders oft von Mehrfachdiskriminierung<br />

betroffen sind, also nicht nur aufgrund ihres Geschlechts sondern zum Beispiel auch wegen ihrer<br />

ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Identität und/oder einer Behinderung diskriminiert werden. Deshalb<br />

empfehlen wir, dass im Hinblick auf Gleichstellungspolitik Ziel der Politik des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> auch sein<br />

muss, mehrfach- und mehrdimensionale Diskriminierungen ernst zu nehmen, anzuerkennen und zu<br />

bekämpfen.<br />

In der Begründung zur Gesetzesänderung setzt sich das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> das Ziel — wie auch das <strong>Land</strong><br />

Berlin — zu den Schrittmachern in Sachen Gleichstellungspolitik zu gehören. In den Bereichen<br />

Ausschreibung von Stellen und Funktionen, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Auftragsvergabe,<br />

Staatliche Leistungsgewährung und Ausbildung bleibt die brandenburgische Novelle jedoch bisher hinter<br />

den Verbesserungen, die Berlin in seinem Neunten Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

vom 18.11.2010 (GVBI. 5. 502) umgesetzt hat, zurück. Deshalb fordern wir, die entsprechenden Bereiche in<br />

Anlehnung an das Berliner LGG zu novellieren.<br />

Der Frauenpolitische Rat und die zu diesem Netzwerk vereinten Organisationen erwarten zu ihren<br />

begründeten Veränderungsvorschlägen zum Gesetzestext eine zeitnahe Resonanz. Als<br />

Expertinnengremium für gleichstellungspolitische Belange gehen wir davon aus, dass unsere Anregungen<br />

aufgegriffen werden und Eingang in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz finden. Darüber hinaus fordern wir<br />

dazu auf, das Fachwissen und die Kenntnisse der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in die<br />

Novellierung des Gesetzes einzubeziehen und somit das im Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm<br />

gegebene Versprechen des Erhalts und der Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten einzulösen.<br />

Bei möglichen Verständnisfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und sind auf eine fachliche<br />

Diskussion vorbereitet.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Ulrike Häfner<br />

1. Sprecherin<br />

2


Anlage 5-<br />

FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

Im Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung:<br />

§ 2 Geltungsbereich<br />

Wir begrüßen die Erweiterungen in Abs. 1 und die Erweiterung um Abs. 3.<br />

§ 4 Grundsätze<br />

Abs. 3 Wir begrüßen die Erweiterung um Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben.<br />

§ 5 Erstellung Gleichstellungspläne<br />

Abs.1 Dass jede Dienststelle mit mehr als zwanzig Beschäftigten einen Gleichstellungsplan zu erstellen hat,<br />

finden wir sinnvoll und zweckdienlich. Der zweite Halbsatz ist jedoch sehr vage formuliert und eröffnet<br />

kontraproduktive Interpretationsspielräume. Alternativ schlagen wir vor, nach „zu erstellen" den Satz zu<br />

beenden und einzufügen: Der Gleichstellungsplan hat die Erhöhun. der Re rösentanz sowie Ma nahmen<br />

der Personalentwicklung zur Übernahme von Führungsaufgaben durch Frauen zum Ziel.<br />

Abs. 2 Folgende Ergänzung wird vorgeschlagen:<br />

Wird zwischen der Leitung einer obersten <strong>Land</strong>esbehörde und der GBA kein Einvernehmen erzielt,<br />

entscheidet die Leitung nach Beratung durch die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte (vgl. §19b).<br />

§ 6 Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes<br />

Abs. 2 Wir begrüßen die Ergänzungen in diesem Absatz, da sie eine stärkere Differenzierung des<br />

Gleichstellungsplanes fordern.<br />

Abs. 5 Wir fordern, dass dieser Absatz auch für Kommunen gilt.<br />

Der Gleichstellungsplan ist ein unabdingbares Instrument zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen in<br />

den Verwaltungen der Kommunen. Er kann jedoch nur seine Wirkung im Hinblick auf den<br />

grundgesetzlichen Auftrag der Gleichberechtigung entfalten, wenn klare Ziele und Verfahrensweisen<br />

definiert sind.<br />

§ 7 Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />

Abs. 1 Satz 2 Wir begrüßen die Aufnahme der von uns geforderten Ergänzung von § 7 um einen<br />

entsprechenden Passus für die Kommunen. Wir kritisieren jedoch, dass in Bereichen mit<br />

Unterrepräsentanz in der <strong>Land</strong>esverwaltung nur noch landesweit intern ausgeschrieben werden soll,<br />

Dagegen regen wir eine Lösung wie im <strong>Land</strong> Berlin an, wo § 5 Absatz 1 Satz 2 LGG Berlin eine öffentliche<br />

Ausschreibung ab Besoldungsgruppe A 9 bzw. der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung vorsieht.<br />

Abs. 1 Satz 3 Wir fordern die Streichung dieses Satzes, da er eine Ausnahmeregelung ohne Beteiligung der<br />

Gleichstellungsbeauftragten schafft, die nicht zielführend für den Abbau der Unterrepräsentanz ist.<br />

Stattdessen schlagen wir folgenden Wortlaut für Satz 3 vor:<br />

Das gilt auch, wenn die Übertragung der Stelle für mindestens sechs Monate nur vorläufig erfolgen soll.<br />

Wir fordern die Wiederaufnahme von §7 Abs. 2, 3 und 4 der geltenden Fassung des LGG.<br />

§7 Abs. 4 Satz 2 ..., muss die Stelle auf Verlangen der Gleichstellungsbeauftragten neu ausgeschrieben<br />

werden.<br />

3


FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

§ 9 Einstellung und beruflicher Aufstieg<br />

Abs.1 Wir begrüßen die Einfügung dieses Absatzes, da die darin enthaltene Entscheidungsquote eine<br />

Konkretisierung bedeutet und die Chancen für Frauen erhöht.<br />

Abs. 2 Wir empfehlen nach dem Vorbild des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (EIGIG) die Einfügung<br />

folgenden Absatzes:<br />

Dienstalter, Lebensalter und der Zeitpunkt der letzten Beförderung dürfen nur insoweit Berücksichtigung<br />

finden, als ihnen für die Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerberinnen und Bewerber Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Damit würde dem Umstand Rechnung getragen, dass Frauen sowohl in der Vergangenheit als auch in der<br />

Gegenwart die Hauptlast für Reproduktionsarbeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tragen und<br />

dementsprechend über diskontinuierlichere Berufsbiographien und daher geringere<br />

Vorbeschäftigungszeiten verfügen. Damit das Dienst- und Lebensalter als traditionell männerfördernde<br />

Kriterien nicht wieder durch die Hintertür für den Auswahlprozess entscheidend werden, muss streng<br />

geprüft werden, ob und inwieweit Berufs- und Lebenserfahrung überhaupt stellenrelevant sind.<br />

Einführung eines neuen § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />

Bisher fehlt jegliche Regelung zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Dabei sind sexuelle Belästigung und<br />

Sexismus keine Einzelfälle. Laut der repräsentativen Untersuchung „Lebenssituation, Sicherheit und<br />

Gesundheit von Frauen" im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

(BMFSFJ) haben insgesamt 58,2 Prozent aller befragten Frauen Situationen sexueller Belästigung erlebt, sei<br />

es in der Öffentlichkeit, im Kontext von Arbeit und Ausbildung oder im sozialen Nahraum. Auch wenn<br />

Frauen in den östlichen Bundesländern seltener angaben sexuell belästigt worden zu sein als Frauen in den<br />

westlichen Bundesländern fordern wir, vor dem Hintergrund der überwiegend gemeinsamen<br />

Arbeitsmarktregion der Länder <strong>Brandenburg</strong> und Berlin, in Anlehnung an § 12 des Berliner LGG die<br />

Einführung eines entsprechenden § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:<br />

(1) Sexuelle Belästigungen sind Diskriminierungen. Es gehört zur Dienstpflicht von Beschäftigten mit<br />

Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen, sexuellen Belästigungen von Beschäftigten entgegenzuwirken<br />

und bekannt gewordenen Fällen sexueller Belästigung nachzugehen.<br />

(2) Sexuelle Belästigungen sind insbesondere unerwünschter Körperkontakt, unerwünschte<br />

Bemerkun en Kommentare und Witze sexuellen Inhalts Zei en orno.ra•hischer Darstellun en am<br />

Arbeitsplatz sowie die Aufforderung zu sexuellen Handlungen, die bezwecken oder bewirken, dass die<br />

Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen,<br />

Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld<br />

geschaffen wird.<br />

(3) Sexuelle Belästigungen sind Dienstpflichtverletzungen.<br />

(4) Die Beschwerde von Betroffenen darf nicht zu Benachteiligungen führen.<br />

§ 10 Ausbildung<br />

Statt einer Soll-Vorschrift fordern wir eine verpflichtende Regelung.<br />

Dabei hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-158/97 Normenkontrollverfahren auf Antrag<br />

von Georg Badeck u. a. entschieden, dass Artikel 2 Absatz 1 und Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG des<br />

Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der<br />

Gleichbehandlung von Männern und Frauen einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, mit der eine<br />

Unterrepräsentation von Frauen beseitigt werden soll, indem in Ausbildungsberufen, in denen Frauen<br />

unterrepräsentiert sind und in denen nicht ausschließlich der Staat ausbildet, Frauen mindestens die Hälfte<br />

der Ausbildungsplätze erhalten müssen, Es sei denn, es liegen nicht genügend Bewerbungen von Frauen<br />

4


Anlage 5<br />

FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

um freie Ausbildungsplätze vor, obwohl diese durch geeignete Maßnahmen darauf aufmerksam gemacht<br />

wurden.<br />

Deshalb empfehlen wir folgende Ergänzung und Umformulierung:<br />

0) Der Zugang zu Ausbildungsplätzen muss diskriminierungsfrei gestaltet sein.<br />

(2) Ausbildungsplätze müssen in beruflichen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind und in<br />

denen nicht ausschließlich der Staat ausbildet, mindestens zur Hälfte an Frauen vergeben werden. In diesen<br />

Bereichen sind zusätzlich zur Ausschreibung geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen auf freie<br />

Ausbildungsplätze aufmerksam zu machen und sie besonders zur Bewerbung zu motivieren.<br />

(3) Wenn für die Besetzung von Ausbildungsplätzen nicht genügend Bewerbungen von Frauen vorliegen, die<br />

die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation besitzen, ist die Ausschreibung zu wiederholen. Haben<br />

sich nach einer erneuten Ausschreibung nicht genügend geeignete Kandidatinnen beworben, so können die<br />

Ausbildungsplätze entgegen Satz 1 nach der Bewerbungslage vergeben und mehr als die Hälfte der<br />

Ausbildungsplätze mit Männern besetzt werden.<br />

(4) Frauen, die in einem Beruf ausgebildet wurden, in dem der Frauenanteil bisher unter 20 vom<br />

Hundert liegt (sogenannter „Männerberuf"), sind vorrangig in ein Beschäftigungsverhältnis im<br />

erlernten Beruf zu übernehmen.<br />

§ 11 Fortbildung<br />

Abs. 1 Wie schon im Jahr 2011 fordern wir, dass Satz 1 wie folgt umformuliert wird:<br />

Die Teilnahmeplätze für Fortbildungsveranstaltungen sind zur Hälfte mit Frauen zu besetzen.<br />

Abs. 2 Ebenfalls schlagen wir folgende Ergänzung vor:<br />

Ebenso ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen auch Beschäftigten in Elternzeit oder Pflegezeit zu<br />

ermöglichen.<br />

Dies gestattet den Beschäftigten in Eltern- oder Pflegezeit, ihr Wissen auf aktuellem Stand zu halten und<br />

verkürzt die Wiedereinarbeitungszeit bei ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz.<br />

§ 12 Gremien<br />

Abs. 1 Wir begrüßen die Ergänzung um Satz 4.<br />

Abs. 2 „Ausnahmen sind zulässig...", statt dessen: Ausnahmen müssen differenziert begründet werden. Im<br />

Zweifelsfall bleibt bei Unterrepräsentanz von Frauen der Sitz solange unbesetzt bis er mit einer Frau<br />

nachbesetzt wird. Zur Aufrechthaltung der Aufgaben, die mit der Wahrnehmung des Sitzes verbunden sind,<br />

kann eine vorübergehende vertretungsweise Besetzung mit einem Mann für längstens 6 Monate erfolgen.<br />

Abs. 3 muss zur Klarstellung um einen entsprechenden Passus für die Kommunen ergänzt werden.<br />

§ 13 Sprache<br />

Abs.2 Wir schlagen vor, den Passus „im schriftlichen Dienstverkehr" zu ändern in:<br />

In dienstlichen Schriftstücken...<br />

Mit dieser Erweiterung ist gewährleistet, dass z. B. auch in Berichten geschlechtergerechte Sprache<br />

verwendet wird.


Anlage 3--<br />

FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

§ 14 Auftragsvergabe<br />

Abs. 1 Wir begrüßen die Einfügung des Wortes „nachweisbar", da damit eine größere Verbindlichkeit<br />

hergestellt wird.<br />

Wir plädieren jedoch dafür, die Vergabe öffentlicher Aufträge stärker als bisher als Mittel der<br />

Gleichstellungspolitik zu verstehen und konkrete Verpflichtungen hinsichtlich der Umsetzung einer<br />

querschnittsorientierten Geschlechterpolitik wie Gender Mainstreaming, Gender Budgeting und Gender<br />

Assessments zu formulieren.<br />

Deshalb regen wir in Anlehnung an § 13 des Berliner LGGs folgende Umformulierung des gesamten § 14<br />

an:<br />

(1) Beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit einem Auftragswert von voraussichtlich mindestens<br />

25.000 Euro oder über Bauleistungen mit einem Auftragswert von voraussichtlich mindestens 200.000 Euro<br />

ist bei gleichwertigen Angeboten zu bevorzugen, wer sich der Gleichstellung von Frauen und Männer im<br />

Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat. In den jeweiligen Verträgen sind die Verpflichtungen der<br />

Auftragnehmenden festzuschreiben, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur<br />

Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im eigenen Unternehmen durchzuführen sowie das<br />

geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten. Diese Regelung gilt nicht für Auftragnehmende, die in der<br />

Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung<br />

Beschäftigten, beschäftigen,<br />

(2) Die Vergabestellen der in § 2 genannten Einrichtungen oder Dienststellen im Sinne des<br />

Personalvertretungsgesetzes erfassen regelmäßig die im Zusammenhang mit der Durchführung der<br />

Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männer und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie anfallenden Daten.<br />

(3) Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung insbesondere den Inhalt der Maßnahmen zur<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die<br />

Kontrolle der Durchführung, die Folgen der Nichterfüllung von Verpflichtungen sowie den Kreis der<br />

betroffenen Unternehmen zu regeln.<br />

§ 15 Staatliche Leistungsgewährung<br />

Abs. 1 Wir plädieren dafür, mit der staatlichen Leistungsgewährung den Handlungsspielraum der<br />

öffentlichen Hand außerhalb des Bereiches des öffentlichen Dienstes zu nutzen, um<br />

beschäftigungspolitische Anreize im Sinne der Gleichstellung von Frauen und Männern zu setzen. Deshalb<br />

schlagen wir in Anlehnung an § 14 des Berliner LGG folgende Umformulierung des gesamten § 15 vor:<br />

(1) Die Gewährung von Leistungen aus <strong>Land</strong>esmitteln, auf die kein Anspruch besteht, ist ab einem<br />

Betrag von 25.000 Euro von der Verpflichtung des Leistungsempfangenden zur Durchführung von<br />

Maßnahmen zur aktiven Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben<br />

abhängig zu machen. Von dieser Bedingung können Leistungsempfangende ausgenommen werden,<br />

bei denen die Beschäftigung von Männern aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unabdingbar<br />

ist. Satz 1 gilt nicht für Leistungsempfangende, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer und<br />

Arbeitnehmerinnen, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, beschäftigen.<br />

(2) Der Bewilligungsbescheid ist mit einer entsprechenden Auflage zu versehen.<br />

(3) § 14 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.<br />

§ 17 Beurlaubung<br />

Abs. 1 Wir begrüßen die Konkretisierung und Ergänzung.


A<br />

FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

§ 19a <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

Wir begrüßen die Aufnahme der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in das Gesetz. Da die<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern eine Querschnittsaufgabe ist, sind alle Mitglieder der<br />

<strong>Land</strong>esregierung dafür zuständig. Deshalb fordern wir nach wie vor, dass die<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte dem Ministerpräsidenten/der Ministerpräsidentin zugeordnet wird. Dies<br />

sollte im Range einer Staatssekretärin geschehen, um die aktive Teilnahme an Kabinettssitzungen zu<br />

ermöglichen.<br />

Um ihre Aufgaben als hauptamtliche <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte erfüllen zu können, muss sie von<br />

anderen Aufgaben freigestellt und mit genügend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet<br />

sein.<br />

§ 19b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

Wir begrüßen, dass die Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in der<br />

Gesetzesänderung beschrieben werden.<br />

Als Satz 2 schlagen wir vor, einzufügen:<br />

Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte trägt u.a. dazu bei (...) zu informieren.<br />

Sie entwickelt Maßnahmen, die der Diskriminierung von Frauen und Männern entgegenwirken und der<br />

Verbesserung der Situation von Frauen und Männern dienen.<br />

Damit würde nicht nur die Position der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten gestärkt, sondern auch die<br />

Umsetzung einer querschnittsorientierten Geschlechterpolitik, wie sie u. a. mit Gender Maistreaming und<br />

Gender Budgeting realisiert werden kann.<br />

§ 20 Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten<br />

Abs. 5 Wir begrüßen, dass die Funktion der Vertreterin gestärkt wird.<br />

Abs. 7 Wir fordern, den neu aufgenommenen Absatz zu streichen. Dabei handelt es sich um eine<br />

mittelbare Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, da Frauen durch<br />

Schwangerschaft und Mutterschutz durchaus länger als sechs Monate ausfallen können. Durch die<br />

Vertretungsregelung in § 20 Abs. 5 ist die zur Funktionswahrnehmung erforderliche Präsenz gewährleistet,<br />

damit den gesetzlichen Pflichten der Gleichstellungsbeauftragten nachgekommen wird.<br />

§ 22 Aufgaben und Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten<br />

Wir begrüßen die Stärkung der Position der Gleichstellungsbeauftragten durch die stärkere Differenzierung<br />

der Aufgaben, Kompetenzen und Rechte der Gleichstellungsbeauftragten.<br />

Absatz 5 Satz 1 Die Aufnahme des „aktiven" Teilnahmerechts auch an Führungsklausuren begrüßen wir<br />

ausdrücklich. Wir sprechen uns jedoch gegen die Änderung des zweiten Halbsatzes und für dessen<br />

Streichung aus. Zwar begrüßen wir, dass der Gesetzentwurf eine Prozessorientierung aufweist und bereits<br />

eine Teilnahme im Vorbereitungs- und Planungsstadium ermöglichen soll. Jedoch ist die Formulierung<br />

„dienen" gegenüber der derzeitigen Formulierung „betreffen" zu eng und erfasst nur solche Veranstaltung,<br />

die zielgerichtet auf bestimmte Maßnahmen ausgerichtet sind, nicht jedoch solche Maßnahmen bloß<br />

mittelbar nach sich ziehen können.<br />

7


FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

Entsprechend unserer Forderung nach einer Einführung eines § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />

fordern wir die Einführung von § 22 Abs. 9<br />

Die Gleichstellungsbeauftragte nimmt Beschwerden über sexuelle Belästigungen entgegen, berät die<br />

Betroffenen und leitet Mitteilungen über sexuelle Belästigungen mit Einverständnis der Betroffenen der<br />

Dienststellenleitung zu.<br />

§ 23a Gerichtliches Verfahren<br />

Wir begrüßen die Einführung dieses Paragrafen.<br />

§ 24 Dienstliche Stellung<br />

Wir begrüßen die Ergänzungen, da sie mehr Rechtssicherheit für die Gleichstellungsbeauftragte und ihre<br />

Stellvertreterin schaffen.<br />

Abs. 1 Allerdings vermissen wir die in der Fassung vom 12.10.2011 vorhandene Konkretisierung des<br />

erforderlichen Umfangs der Entlastung von den übrigen dienstlichen Aufgaben. Die Vielzahl der Aufgaben<br />

einer Gleichstellungsbeauftragten erfordert einen entsprechenden Zeitumfang. Die Festlegung, dass die<br />

Gleichstellungsbeauftragte in erforderlichem Umfang von den dienstlichen Aufgaben freizustellen ist, greift<br />

zu kurz und würde unter Umständen unnötigen Rechtfertigungsdruck für die Gleichstellungsbeauftragte<br />

bedeuten.<br />

Wir fordern deshalb folgende Umformulierung und Konkretisierung von Satz 4:<br />

Unter Berücksichtigung der Struktur der jeweiligen Dienststelle beträgt die Freistellung in der Regel<br />

in Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten mindestens die Hälfte der regelmäßigen<br />

in Dienststellen mit mehr als 500 Beschäftigten die volle Arbeitszeit.<br />

§ 25 Kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />

Die Regelung, dass §§ 20 bis 24 des LGG keine Anwendung für kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />

finden, bedeutet in der Praxis, dass im Hinblick auf die Institution der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten die Kommunalverfassung Vorrang vor dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz hat.<br />

Der neu eingefügte Satz 3 „In den Hauptsatzungen ist festzulegen..." hat zwar eine minimal größere<br />

Verbindlichkeit als bisherige Regelungen im LGG und in der Kommunalverfassung §18, aber es wird<br />

lediglich ausgesagt, dass zu regeln ist. Damit lässt § 25 einen Interpretationsspielraum, der es den<br />

Kommunen ermöglicht, die Gleichstellungsarbeit auf ein Minimum zu reduzieren. Das ist zum einen<br />

problematisch, weil angesichts der Haushaltsnot vieler Kommunen und steigender Kassenkredite einiger<br />

hochdefizitärer <strong>Land</strong>kreis-Haushalte unter dem Spardiktat der zukünftige Spielraum der<br />

Gleichstellungsbeauftragten möglicherweise irreversibel eingeschränkt wird. Zum anderen erschwert die<br />

mangelhafte Absicherung und Konkretisierung es den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten dafür zu<br />

sorgen, dass kommunale Sparmaßnahmen die Schieflage zwischen den Geschlechtern nicht noch weiter<br />

verstärken.<br />

So zeigt die Praxis seit dem Wirksamwerden des 1. LGG 1994, dass die Kommunen die ihnen übertragene<br />

Verantwortung hinsichtlich der Ausgestaltung der Gleichstellungsarbeit nicht in dem Maße<br />

wahrgenommen haben, wie es durch das LGG vorgegeben war. Diese Situation besteht bereits und führt<br />

auch zukünftig zu sehr unterschiedlichen Arbeitsmöglichkeiten für die kommunalen GBA, nicht selten zur<br />

Blockierung des Wirkens der Kolleginnen, weil das Thema Gleichstellungspolitik weder von den<br />

Vorgesetzten noch von den Kommunalpolitikerinnen ernst genommen wird.<br />

Einerseits überträgt das bisherige und auch das novellierte LGG Aufgaben an die kommunalen GBA, 2, B.<br />

Erstellung von Gleichstellungsplänen einvernehmlich mit der Dienststelle, andererseits fehlen die<br />

8


FRAUENPOLITISCHER RAT<br />

LAND BRANDENBURG e.V.<br />

Bedingungen, es überhaupt umsetzen zu können, eben weil Rechte, Aufgaben und Kompetenzen<br />

kommunal individuell geregelt sind/werden.<br />

Ein unhaltbarer Zustand!<br />

Wir fordern deshalb, dass die §§ 22 bis 24 auch für kommunale Gleichstellungsbeauftragte gelten.<br />

Artikel 2 Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />

Wir begrüßen die Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes, insbesondere die damit<br />

einhergehende Konkretisierungen sowie die Absenkung der Schwelle zur Aufgabenwahrnehmung der<br />

hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten grundsätzlich, fordern jedoch die Einhaltung von § 13 Abs. (1)<br />

LGG.<br />

§7 Gleichstellung von Männern und Frauen<br />

Abs. 3 Satz 4 muss lauten: ... einvernehmlich von der Präsidentin oder dem Präsidenten...<br />

§ 38 Berufung von Hochschullehrern<br />

Die Überschrift muss lauten: Berufung von Hochschullehrenden<br />

Abs. 1 Satz 1 muss lauten: Die Stellen für Hochschullehrende (Professorinnen und Professoren sowie<br />

Juniorprofessorinnen und -professoren)...<br />

Satz 4 muss verändert werden in: ... die die Einstellungsvoraussetzungen für Hochschullehrende erfüllen.<br />

Satz 5 muss verändert werden in: ...mit einer Professorin oder einem Professor...<br />

Satz 6 muss verändert werden in: ... wenn eine Professorin oder ein Professor der Hochschule... wenn eine<br />

Juniorprofessorin oder ein Juniorprofessor...<br />

Satz 7 muss verändert werden in: ... bis zur endgültigen Besetzung einer Professur die Wahrnehmung der<br />

Aufgaben einer Professorin oder eines Professors übertragen...<br />

§ 66 Zentrale und dezentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

Der Frauenpolitische Rat weißt kritisch darauf hin, dass die Regelungen der Aufgaben, Rechte, Pflichten<br />

und die Beteiligung der zentralen und dezentralen Gleichstellungsbeauftragten Diskrepanzen nach sich<br />

ziehen: Für die Hochschulverwaltung muss die zentrale Gleichstellungsbeauftragte sämtliche Aufgaben<br />

übernehmen. Wir befürchten, dass dies zwangsläufig zu einer Unterrepräsentanz im Rahmen von<br />

Verwaltungsentscheidungen sowie der Abwertung von Verwaltungsbereichen führt. Die beschriebenen<br />

Anforderungen, beispielsweise an die Begleitung von Einstellungsverfahren, sind an großen Hochschulen<br />

nicht zu gewährleisten. So gibt es für die Entwicklung und sachgerechte Begleitung der Umsetzung von<br />

Gleichstellungsplänen keine fachliche Führung.<br />

Abs. 1 Satz 1 muss geändert werden in: ... und von der Präsidentin oder dem Präsidenten bestellt.<br />

Abs. 2 Satz 1 muss geändert werden in: ... unterstützen die Präsidentin oder den Präsidenten<br />

Abs. 8 Satz 1 muss geändert werden in: berichtet der Präsidentin oder dem Präsidenten...<br />

9


<strong>Land</strong>esArbeitsGemeinschaft der<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Stadtverwaltung Oranienburg, Schlossplatz 1, 16515 Oranienburg<br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Am Havelblick 8<br />

14473 Potsdam<br />

EINGEGANGEN<br />

10. 01(T. 2013<br />

.4147<br />

A fn<br />

Sprecherinnenrat<br />

Erledigt .g-zek/ kollYr. ..<br />

Mein Zeichen<br />

SZCZ<br />

Datum<br />

09.10.201<br />

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,<br />

Sprecherin für die<br />

ich bedanke mich im Namen der LAG der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten zunächst bei Ihnen für die Einladung zur<br />

öffentlichen Anhörung zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />

des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes und sage gleichzeitig unsere<br />

Teilnahme zu.<br />

Mit der Einladung zur Anhörung erhielten wir einen Fragenkatalog zur<br />

Vorbereitung auf die Anhörung.<br />

Die von Ihnen gestellten Fragen, insbesondere Frage 6 und 7 sind von uns<br />

in der Stellungnahme der LAG zum Entwurf des novellierten LGG vom<br />

15,08.2013 bereits ausführlich erörtert worden, sind sie doch der Kernpunkt<br />

unserer Kritik am vorliegenden Entwurf.<br />

Daher sehen wir von einer expliziten, erneuten Beantwortung der Fragen ab<br />

und bitten Sie hierfür um Ihr Verständnis.<br />

Für weitere Fragen und Problemstellungen nehmen Sie bitte Kontakt mit mir<br />

als Sprecherin der LAG auf (nebenstehende Kontaktdaten).<br />

Region<br />

Potsdam-Mittelmark,<br />

Teltow-Fläming,<br />

<strong>Brandenburg</strong>/Havel,<br />

Potsdam,<br />

Prignitz,<br />

Ostprignitz- Ruppin,<br />

Havelland<br />

Heidrun Szczepanski<br />

Tel: 0 33 01 1600 606<br />

Fax: 0 33 01 / 600 99 606<br />

szczepariski<br />

@oranieriburg.de<br />

Region<br />

Oberhavel,<br />

Uckermark,<br />

Barnim<br />

Birgit Lipsky<br />

Tal: 0 33 01 100 11 37<br />

Fax: 0 33 01 /60 11 32<br />

MaitBirgit. Lipsky<br />

i@oberhayel.de<br />

Region<br />

Spreu-Neiße,<br />

Oberspreewalc•Laushz,<br />

Elbe-Elster,<br />

Cottbus,<br />

Oder-Spree,<br />

Märkisob-Oderland,<br />

Dahme-Spreewald,<br />

Frankfurt / Oder<br />

Regina 8ellack<br />

Tel: 0 35 61 168 71 10 61<br />

Fax: 0 35 61 168 71 40 00<br />

Mail: gba@gubenrde<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Heidrun Szczepanski


<strong>Land</strong>esArbeitsGemeinschaft der<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Stadtverwaltung Oranienburg 16515 Oranienburg Schlossplatz 1<br />

EINGEGANGEN<br />

Erledig<br />

2 6. SEP. 2013<br />

4147<br />

,, kgrehf.W.709<br />

Sprecherinnenrat<br />

Mein Zeichen<br />

szcz<br />

Datum<br />

15.08.2013<br />

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,<br />

sehr geehrter Herr Vorsitzender,<br />

Sprecherin für die<br />

im Auftrag der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten übersende ich Ihnen unsere Stellungnahme<br />

zum Änderungsentwurf des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern im öffentlichen Dienst des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />

Wir nehmen insbesondere Stellung zu den Regelungen bezüglich der<br />

kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, hier § 25 u.a. und verweisen<br />

nochmals mit Nachdruck auf die geforderten Veränderungen bezüglich §18<br />

Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />

Region<br />

Potsdam-Mittelmark,<br />

Teltow-Fläming,<br />

<strong>Brandenburg</strong>/Havel,<br />

Potsdam,<br />

Prignitz,<br />

Ostprignitz- Rupptn,<br />

Havelland<br />

Heidrun Szczepanski<br />

Tal 0 33 01 / 600 606<br />

Fax. 0 33 01 / 600 99 606<br />

szczepanski<br />

@oranienburg.de<br />

Region<br />

Oberhavel,<br />

Uckermark,<br />

Barntrn<br />

Birgit Lipsky<br />

Tel: 0 33 01 / 60 11 37<br />

Fax: 0 33 01 / 60 11 32<br />

@oberhavel.de<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Heidrun Szczepanski<br />

Sprecherinnenrat der LAG<br />

der kommunalen GBA<br />

Region<br />

Spree-Heille,<br />

Oberspreewald-Lausitz,<br />

Eibe-Elster,<br />

Cottbus,<br />

Oder-Spree,<br />

Märkisch-Oderland,<br />

parne-Spreewaid,<br />

Frankfurt f Oder<br />

Regina Betlack<br />

Tel: 0 35 61 / 68 71 10 61<br />

Fax: 0 35 61 / 68 71 40 00<br />

gba@guOende


6<br />

Stellungnahme der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zum Änderungsentwurf<br />

des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männer im öffentlichen Dienst<br />

des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />

Die <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />

(LAG der kommunalen GBA) begrüßt die Initiative des Ministeriums für Arbeit,<br />

Soziales, Frauen und Familie, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu<br />

novellieren, um die Erfahrungen der vergangenen fast 20 Jahre einfließen zu lassen<br />

und den gewachsenen Ansprüchen an eine moderne Gleichstellungspolitik für<br />

Frauen und Männer gerecht zu werden.<br />

Wir begrüßen einerseits die geplanten gesetzlichen Veränderungen in der<br />

Gesamtheit des Gesetzes, sind andererseits aber bezüglich der Regelungen zu den<br />

Aufgaben, Rechten, Kompetenzen und der Stellung der kommunalen GBA äußerst<br />

enttäuscht.<br />

Positiv sehen wir, dass im Entwurf des Gesetzes im § 19a die Funktion der<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten aufgenommen wurde.<br />

Gleichzeitig wiederholen wir unsere langjährige Forderung, dass sie eine andere<br />

Anbindung erhalten muss.<br />

Sie sollte dem Ministerpräsidenten, der Ministerpräsidentin zugeordnet sein und von<br />

anderen Aufgaben freigestellt sein. (unabhängig und weisungsfrei in § 19b geregelt).<br />

Eine solche Anbindung entspräche den vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben in<br />

dieser Funktion und böte den nötigen zeitlichen Rahmen. Außerdem und nicht zuletzt<br />

wäre dies ein gutes Signal an die Kommunen, ihre kommunalen GBA mit sachlichen,<br />

personellen und zeitlichen Ressourcen auszustatten.<br />

1. Zur Situation der kommunalen GBA - § 25<br />

Die Benennung von kommunalen GBA erfolgt nach § 18 Abs. 2<br />

Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />

In allen amtsfreien Gemeinden sind Gleichstellungsbeauftragte durch die<br />

Gemeindevertretung zu benennen, die unmittelbar dem Hauptverwaltungsbeamten<br />

unterstellt sind.<br />

Eine kommunale GBA hat nach bisherigem Rechtsverständnis und gelebter Praxis<br />

zwei Wirkungsbereiche: intern, innerhalb der Verwaltung und kommunal, außerhalb<br />

der Verwaltung.<br />

Im LGG sind in den § 22 bis 24 die Aufgaben, Kompetenzen und Rechte einer<br />

internen GBA geregelt, Mit § 25 sind—kommunale GBA von dieser Regelung<br />

ausgeschlossen. Da das Gesetz aber nach § 2 Abs.2 auch für Kommunen gilt,<br />

haben diese eine interne GBA zu benennen, für die § 22 bis 24 gelten.<br />

Die Intention des Gesetzgebers war und ist es jedoch Gleichstellungsarbeit in den<br />

Kommunen dahingehend zu vereinfachen, dass interne und kommunale<br />

Gleichstellungsarbeit durch eine Person (kommunale GBA) wahrgenommen wird. Mit<br />

der Regelung in § 25 übernehmen kommunale Gleichstellungsbeauftragte nun die<br />

Funktion der internen GBA, verfügen aber nicht über deren Aufgaben, Rechte und<br />

Pflichten.


Hier tut sich ein Widerspruch auf: einerseits erfolgt die Übertragung von Aufgaben<br />

nach diesem Gesetz (z.B. Erstellung von Gleichstellungsplänen) und andererseits<br />

der Ausschluss von Regelungen zu Rechten und Kompetenzen für die kommunale<br />

GBA in ihrer internen Funktion. Ein unhaltbarer Zustand.<br />

Der Satz „In den Hauptsatzungen ist festzulegen,.." hat zwar eine minimal größere<br />

Verbindlichkeit als die bisherige Regelung im LGG und in der Kommunalverfassung<br />

§ 18, aber es wird lediglich ausgesagt, dass zu regeln ist, aber nicht in welchem<br />

Umfang (inhaltlich und zeitlich).<br />

In der Begründung zum Gesetzentwurf (zu Nr. 21) führt der Gesetzgeber aus, dass<br />

es in der Vergangenheit zu Unsicherheiten bei der Benennung von kommunalen<br />

GBA in den Kommunen gekommen ist, ob und inwieweit die kommunale GBA<br />

zugleich auch behördliche GBA ist. In der Begründung zum Gesetzentwurf der<br />

<strong>Land</strong>esregierung zum LGG vom 6. Juli 1994 heißt es zum § 2 Abs. 2<br />

(Geltungsbereich des Gesetzes): In den Verwaltungen der Gemeinden, Ämter und<br />

<strong>Land</strong>kreise sind außer den nach § 23 Gemeindeordnung und § 21 <strong>Land</strong>kreisordnung<br />

vorgesehenen kommunalen GBA keine weiteren GBA zu bestellen.<br />

Eine eindeutige Aussage, die von den Kommunen nicht in jedem Fall<br />

wahrgenommen worden ist wie in der Begründung der <strong>Land</strong>esregierung zum<br />

Gesetzentwurf (zu Nummer 21) dargestellt.<br />

Nun sollen Rechte, Aufgaben und Kompetenzen erneut über die Hauptsatzungen<br />

geregelt werden.<br />

Der Beliebigkeit für Aufgaben, Rechte und Kompetenzen sind damit auf kommunaler<br />

Ebene Tür und Tor geöffnet. Es setzt fort, was seit fast zwanzig Jahren Praxis ist.<br />

Die Kommunen nahmen und nehmen die ihnen übertragene Verantwortung<br />

hinsichtlich der Ausgestaltung von Gleichstellungsarbeit nicht in dem Maße wahr, wie<br />

es durch das LGG vorgegeben ist und politisch notwendig wäre.<br />

Die Situation war und ist für die einzelnen kommunalen GBA äußerst kompliziert und<br />

wird durch die beabsichtigten Regelungen nicht besser.<br />

Wir beobachten sehr unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten für die Kolleginnen, von<br />

ansprechenden Regelungen in den Hauptsatzungen und Dienstanweisungen, über<br />

Blockierung ihres Wirkens und Infragestellung der Notwendigkeit der Aufgaben einer<br />

kommunalen GBA. Das Thema Gleichstellung der Geschlechter wird von<br />

Vorgesetzen z.T. nicht ernst genommen und es ist abhängig vom politischen Willen<br />

der Kommunalpolitik.<br />

Wir vertreten die Auffassung, dass Rechte, Aufgaben und Kompetenzen klar<br />

definiert sein müssen. Daraus ergibt sich der Handlungsspielraum der<br />

kommunalen GBA für die Gestaltungsmöglichkeiten (Größe der Verwaltung,<br />

Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und die Anforderungen an die<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf) direkt vor Ort. Und nicht umgekehrt, wie in der<br />

Begründung zum Gesetzentwurf (zu Nr. 21) im letzten Absatz dargestellt.<br />

Wir fordern deshalb, dass die § 22 bis 24 auch für kommunale GBA gelten.<br />

2. Aufgaben, Rechte und Kompetenzen - § 24<br />

interne Gleichstellungsarbeit wird über das LGG definiert und ist abhängig u.a. von<br />

der Größe der Verwaltung.<br />

Interne Gleichstellungsbeauftragte sind nach § 24 Abs. 1 in erforderlichem Umfang<br />

von der Arbeit frei zu stellen. Eine unbestimmte Rechtsdefinition, die, so zeigt es die<br />

Praxis, unterlaufen werden kann, indem der Arbeitsaufwand für interne<br />

Gleichstellungsarbeit bewusst niedrig gehalten wird und die Zeitanteile für die<br />

eigentliche Verwaltungsaufgabe hoch angesetzt werden.


Wir fordern deshalb, eine Rahmensetzung von Arbeitszeit für interne<br />

Gleichstellungsarbeit.<br />

Vorschlag:<br />

„Unter Berücksichtigung der Struktur der jeweiligen Dienststelle beträgt die<br />

Freistellung in der Regel<br />

In Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten mindestens die Hälfte der<br />

regelmäßigen<br />

- In Dienststellen mit mehr als 500 Beschäftigten die volle Arbeitszeit.<br />

3. Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes § 6<br />

Im § 6 Abs.2 wird begrüßenswerter Weise eine stärkere Differenzierung und<br />

Konkretisierung des Gleichstellungsplanes gefordert.<br />

Abs. 5 regelt das Prozedere, wenn die Vorgaben aus dem Gleichstellungsplan in<br />

Bezug auf die Einstellung und Beförderung von Frauen innerhalb des vorgesehenen<br />

Zeitraumes nicht erfüllt werden. Dieser Absatz gilt nicht für Kommunen. Für alle<br />

anderen Verwaltungen (z.B. auch Eigenbetriebe, Krankenhäuser, Zweckverbände)<br />

wird auf die Benennung der Entscheidungsebene in § 5 Abs. 2,3, 5-7 verwiesen.<br />

Das heißt: Wird kein Einvernehmen über den Gleichstellungsplan in den Kommunen<br />

erzielt, entscheidet nach Anhörung der kommunalen GBA die Vertretung der<br />

kommunalen Körperschaft (§ 5 Abs. 4). Wird das Ziel des Gleichstellungsplanes nicht<br />

eingehalten, entscheidet nicht die Vertretung der kommunalen Körperschaft,<br />

sondern der Hauptverwaltungsbeamte nach § 62 Kommunalverfassung (vergl.<br />

Begründung zum Gesetzentwurf zu Nr. 6 Buchstabe b).<br />

Wir fordern, dass § 6 Abs. 5 auch für Kommunen gilt.<br />

Das ist ein unabdingbares Instrument zum Abbau von Unterrepräsentanz von Frauen<br />

in den Verwaltungen.<br />

„Die Verwirklichung des Verfassungsauftrages der Durchsetzung der<br />

Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Hinwirken auf die Beseitigung<br />

bestehender Nachteile ist auch eine Aufgabe der Gemeinden." (aus: Gesetzentwurf<br />

der <strong>Land</strong>esregierung, B. Lösung) vom 30.07.2013<br />

Wenn das ernst gemeint ist, dann muss Absatz 4 gelten!<br />

4. Benennung kommunaler GBA — Hauptamtlichkeit<br />

Wir halten es für äußerst wichtig hier noch einmal mit aller Konsequenz darauf<br />

hinzuweisen, dass die Absenkung der Einwohner_innenzahl für die Benennung von<br />

kommunalen GBA in Hauptamtlichkeit in der Kommunalverfassung § 18 angesichts<br />

der demografischen Entwicklung dringend notwendig ist. Es steht zu befürchten,<br />

dass das Netz der kommunalen GBA weiter ausgedünnt wird, einen ersten radikalen<br />

Einbruch gab es mit der Heraufsetzung der Einwohner_innenzahl von 10.000 auf<br />

30.000 (Kommunalrechtsreform 2004). Kein weiteres Bundesland hat diese hohe<br />

Einwohner gesetzt! Kommunale Gleichstellung ist ein<br />

Verfassungsauftrag, dem sich auch die Kommunen zu stellen haben. Der Verweis<br />

auf die Konnexität ist deshalb an dieser Stelle falsch gesetzt.<br />

Und es muss garantiert werden, dass die kommunalen GBA auch tatsächlich<br />

hauptamtlich als GBA wirken können. Tatsache ist, dass die Mehrheit der<br />

Kolleginnen in Mehrfachfunktionen und weiterer Aufgabenübertragung arbeiten, so<br />

dass weniger als die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit für Gleichstellungsarbeit zur<br />

Verfügung steht. Das steht im eklatanten Widerspruch zur erklärten Absicht der


<strong>Land</strong>esregierung, dass die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und<br />

Männern auch eine Aufgabe der Gemeinden ist.<br />

5. Abschließende Betrachtung<br />

Seit nunmehr reichlich drei Jahren ist an der Novellierung des Gesetzes gearbeitet<br />

worden, zu Beginn auch unter Einbeziehung von Expertinnen aus den<br />

unterschiedlichen Bereichen; auch unsere LAG war zunächst vertreten.<br />

Seit mehr als einem Jahr ist dieser demokratische Prozess abgebrochen, es gab<br />

keinerlei inhaltliche Aussagen mehr, allenfalls die Aussage, es wird am Entwurf<br />

gearbeitet.<br />

Wir bringen hier unser Unverständnis und unseren Protest zu diesem Verhalten zum<br />

Ausdruck.<br />

Gleiches ist uns in der Vergangenheit wiederholt wiederverfahren, so auch bei der<br />

Evaluierung der Kommunalverfassung im vergangenen Jahr. Wir kommunale GBA<br />

gewinnen den Eindruck, dass unser Fachwissen und unsere Kenntnisse nicht<br />

erwünscht sind. Wer, wenn nicht die kommunalen GBA können fachlich beurteilen,<br />

wie § 18 der Kommunalverfassung in der Praxis realisiert wird?<br />

In der „Studie zur Lebenssituation von Frauen in <strong>Brandenburg</strong>" von 2008 wird der<br />

brandenburgischen Frauen- und Gleichstellungspolitik eine gute Entwicklung<br />

bestätigt, aber es werden auch deutlich Defizite benannt: u.a. wird der „Ausbau und<br />

die Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen und Kreisen durch<br />

eine verbesserte Stellung in der Kommunalverfassung und bessere Kontrolle durch<br />

die Kommunalaufsicht" gefordert.<br />

Wie wenig ernst viele Kommunen das Arbeitsfeld einer kommunalen GBA nehmen,<br />

zeigt sich, wie oben dargestellt, darin, dass die Mehrheit unserer Kolleginnen in<br />

Mehrfachfunktionen tätig sind und damit selbst in Gemeinden über 30.000<br />

Einwohner_innen das Kriterium der Hauptamtlichkeit nicht erfüllt ist. (Verstoß gegen<br />

§18 Kommunalverfassung).<br />

Auch das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, das der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> beschlossen<br />

hat, formuliert als Maßnahme die Unterstützung der kommunalen GBA bei der<br />

Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Prüfung der Möglichkeiten zur Verbesserung der<br />

Vorschriften im Rahmen der Novellierung des LGG. Diese Willensbekundung bleibt<br />

mit dem Gesetzentwurf des LGG leider nur ein Lippenbekenntnis. Die Chance etwas<br />

zu bewirken wird vertan!<br />

Die <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragen,<br />

insbesondere die Sprecherinnen, sind offen für Ihre Fragen und Ihre Anregungen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Sprecherinnen rat der LAG<br />

der kommunalen GBA<br />

i.A. Heidrun Szczepanski 15.08.2013


Anlage<br />

EINGEGANGEN<br />

1 6. ONT. 2013<br />

Erledigt.<br />

V.,44»ie<br />

Kapenmann<br />

Karellnianaked Yinlaer I Anna-Louisa-Karsch-Straße 2 D-10178 Berlin<br />

per n:<br />

angela.richter@landtag.brandenburg. de<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />

Familie<br />

Postfach 601074<br />

14410 Potsdam<br />

Berlin<br />

Brüssel<br />

Düsseldorf<br />

Frankfurt/Main<br />

Hamburg<br />

Mönchengladbach<br />

München<br />

Berlin, 16.10.2013<br />

Dr. Jan Redmann<br />

Lehrbeauftragter an der HWR Berlin<br />

jan.redmann@kapellmann.de<br />

Durchwahl: +49 (o) 30 399 7 69-47<br />

Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />

„Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes",<br />

Drucksache 5/7724"•<br />

Ihr Schreiben vorn 25.09.2013<br />

Telefax: +49 (0) 30 399 769 - 9 1<br />

Sekretariat; Natalia Evteev<br />

reia/evna<br />

Büro Berlin<br />

Anna-Louisa-Karsch-Straße 2<br />

D-10178 Berlin<br />

Telefon: +49 30 399769-0<br />

Sehr geehrte Frau Willert,<br />

wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 25,09.2013 und<br />

bedanken uns für die Einladung zur Sitzung des Ausschusses für<br />

Arbeit, Soziales, Frauen und Familie am 23.10.2013, 10:00 Uhr. An<br />

der Veranstaltung nimmt der Unterzeichner gern teil. Vorab soll<br />

zum Anhörungsgegenstand das Folgende mitgeteilt werden:<br />

1 Anhörungsgegenstand<br />

Der Unterzeichner ist als Rechtsanwalt schwerpunktmäßig im<br />

Bereich des Vergaberechts tätig. Vor diesem Hintergrund<br />

beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf<br />

§ 14 Abs. 1 LGG sowie auf Frage Nr. 9 des Fragenkataloges. Gemäß<br />

§ 14 Abs. 1 LGG soll beim Abschluss von Verträgen über Leistungen<br />

mit einem geschätzten Auftragswert von über 50.000,00 C bei<br />

gleichwertigen Angeboten bevorzugt werden, wer sich der<br />

Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweislich<br />

vrww.kapellmann.de<br />

Zertifiziert nach<br />

DIN EN ISO 9001:2008<br />

Deutsehe Bank<br />

BLZ 300 700 10<br />

Konto 311338801<br />

BIC / swipr DEUTDEDDXXX<br />

IBAN DE'23 3007 0010 0311 3388 01<br />

Berliner Sparkasse<br />

BLZ 100 500 00<br />

Konto 190071168<br />

BJC / SWIFr BELADEBE<br />

IBAN 131E43 1005 0000 0190 0711 68<br />

Kapenmann und Partner<br />

rtechtsanwülte<br />

Rechtsform: Partnerschaft<br />

Sitz: Münchengladbach<br />

Registrierung: AG Essen, PR IR<br />

UID: DE120485916


Anlage,?<br />

Kapellmann<br />

Seite 2<br />

angenommen hat. Frage Nr. 9 des Fragenkataloges lautet wie folgt:<br />

„Wie haben sich das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die daraus<br />

resultierende Frauenförderverordnung bislang auf die Vergabepraxis<br />

ausgewirkt?"<br />

2 Stellungnahme<br />

2.1 Regelungsinhalt<br />

§ 14 Abs. 1. LGG wird durch die Frauenförderverordnung (FrauFöV) näher ausgestaltet.<br />

Obwohl die gesetzliche Regelung für alle Vergaben über ioo.000 DM/ 50.000 C gelten soll,<br />

beschränkt die FrauFöV ihren Anwendungsbereich auf Vergaben mit einem Auftragswert<br />

unterhalb der europarechtlichen Schwellenwerte (derzeit 5 Mio. für Bauleistungen, 200.000<br />

€ für Lieferungen und sonstige Leistungen). Der Hintergrund ist hierbei, dass die Regelung<br />

gegen europäisches Vergaberecht verstoßen würde. (Hierauf wird unten noch gesondert<br />

eingegangen.) Bei der Vergabe von Großaufträgen findet deshalb — entgegen dem<br />

Gesetzeswortlaut — gegenwärtig eine Berücksichtigung der Frauenförderung nicht statt.<br />

Im Anwendungsbereich unterhalb der europäischen Schwellenwerte ist im Rahmen eines<br />

Ausschreibungsverfahrens einem Bieter, der sich der Gleichstellung von Frauen im<br />

Erwerbsleben besonders angenommen hat und dessen Angebot nicht mehr als 20 % über<br />

dem Preis des wirtschaftlichsten Angebots liegt, anzubieten, in den Preis diesen<br />

wirtschaftlichen Angebots einzutreten. Gemäß § 4 FrauFöV wird ein Bieter dann bevorzugt,<br />

wenn er im Verhältnis zu den übrigen Bietern zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe einen<br />

höheren Frauenanteil an den Beschäftigten aufweist und Frauen im höheren Maße in<br />

qualifizierten Positionen beschäftigt. Im Ergebnis erhalten hierdurch Bieter mit höherem<br />

Frauenanteil im Vergabeverfahren eine 2. Chance: Obwohl sie bis zu 20 Prozent teurer<br />

waren, als der Bestbietende, können sie zu dessen Konditionen den Zuschlag erhalten.<br />

Vergabetaktisch betrachtet können es sich bevorzugte Bieter erlauben, zunächst etwas zu<br />

teurer anzubieten, da sie ggf. immernoch die Möglichkeit haben, in den besten Preis<br />

einzutreten.<br />

2.2 Akzeptanz der Regelung<br />

Zunächst ist nach der Erfahrung des Unterzeichners in der Praxis zu beobachten,<br />

dass die Regelung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes in Verbindung mit der


Anlage .7<br />

Seite 3<br />

Kapenmann<br />

Rechts2i \\GIte<br />

Frauenförderverordnung sowohl bei Auftraggebern als auch bei Auftragnehmern<br />

häufig unbekannt ist und vielfach nicht gelebt wird. Sofern eine Vergabestelle diese<br />

Regelung dennoch anwendet, führt dies regelmäßig zu großer Verwunderung bei den<br />

Bietern. Zur weitgehenden Nichtbeachtung dieser vergaberechtlichen Regelung trägt<br />

m.E. der Standort im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz bei. Üblicherweise regeln die<br />

Bundesländer die Beachtung so genannter vergabefremder Kriterien, wie<br />

beispielsweise Mindestlohn, Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben, die Einhaltung<br />

ökologischer Standards oder auch Maßnahmen der Frauenförderung in ihren<br />

jeweiligen <strong>Land</strong>esvergab egesetzen. Bezüglich der Frauenförderung enthalten<br />

beispielsweise die <strong>Land</strong>esvergabegesetze der Länder Berlin, Bremen, Rheinland-<br />

Pfalz, Thüringen sowie Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt besondere<br />

Regelungen.<br />

2.3 Wirksamkeit der Regelung<br />

Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 LGG ist es, bei den Unternehmen Anreize dafür zu<br />

schaffen, anteilig mehr Frauen vor allem in Fiihrungspositionen zu beschäftigen.<br />

Nach der Erfahrung des Unterzeichners ist die beabsichtigte Wirkung jedoch nicht<br />

eingetreten. Es ist nicht bekannt, dass Unternehmen mit Blick auf einen öffentlichen<br />

Auftrag ihre Personalauswahl verändert hätten. Vereinzelt wird jedoch von Fällen<br />

berichtet, in denen Bieter um die Regelungen des LGG auszunutzen, Kooperationen<br />

mit anderen Unternehmen eingehen, in denen beispielsweise ein besonders hoher<br />

Frauenanteil ohnehin gegeben ist (z.B. Reinigungsbranche), um so mit Blick auf<br />

§ to FrauFöV den Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der Beschäftigten der Firma<br />

„künstlich" zu erhöhen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die<br />

Bestimmung dem gesetzgeberischen Ziel wirksam dient.<br />

2.4 Verstöße gegen höherrangiges Recht<br />

Die Berücksichtigung von Gleichstellungsanstrengungen im Rahmen der<br />

Auftragsvergabe ist nicht grundsätzlich unzulässig. § 97 Abs. 4 S. 3 GWB und<br />

§ 2 BbgVergG lassen zusätzliche bzw. weitergehende Anforderung an den<br />

Auftragnehmer ausdrücklich zu, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem<br />

Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Nach<br />

der Rechtsprechung des EuGH ist ein Kriterium nur dann auftragsbezogen, wenn<br />

sich die Vorgabe auf die konkrete Leistung bezieht, welche ausgeschrieben wird,


Anlage 7<br />

Seite 4<br />

Kapellmann<br />

...Recht,,:;:änyvälte •<br />

vgl. EuGH, Sig. 2003 1-1452714586 Rn. 71; NZBau 2004, 105-"Wienstrom".<br />

Ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht jedoch bei der<br />

Bevorzugung eines Bieters, der einen höheren Frauenanteil an den Beschäftigten<br />

aufweist nicht, da es nicht auf den Anteil der bei der konkreten Auftragsausführung<br />

eingesetzten Mitarbeiterinnen ankommt. Europarechtlich ist eine<br />

auftragsunabhängige, allgemeine Lebensfiihrungskontrolle durch das Vergaberecht<br />

unzulässig.<br />

Die <strong>Land</strong>esregierung hat im Rahmen der FrauFöV dieser offensichtlichen<br />

Europarechtswidrigkeit dadurch Rechnung getragen, dass die Bevorzugung von<br />

Bietern nur unterhalb der in der Vergabeverordnung genannten Schwellenwerte<br />

angewendet wird, so dass das europäische Vergaberecht nicht zur Anwendung<br />

kommt. Dies hat jedoch zur Folge, dass § 14 Abs. 1 LGG unterhalb dieser<br />

Schwellenwerte völlig anders verstanden und angewendet werden muss, als oberhalb<br />

der Schwellenwerte. Kurz gesagt findet in <strong>Brandenburg</strong> Frauenförderung im Rahmen<br />

öffentlicher Auftragsvergabe nur bei kleinen Aufträgen statt, nicht jedoch bei<br />

Großaufträgen.<br />

Überdies bestehen hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der FrauFöV auch unterhalb der<br />

Schwellenwerte rechtliche Bedenken. Diese resultieren daraus, dass — wie bereits<br />

dargestellt — auch das BbgVergG vergabefremde Kriterien nur dann zulässt, wenn sie<br />

im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der<br />

Leistungsbeschreibung ergeben. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar dürfen nach<br />

§ 2 S. 3 BbgVergG auch andere oder weitergehende Anforderungen an den<br />

Auftragnehmer gestellt werden, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Da die FrauFöV<br />

jedoch kein formelles Gesetz ist, spricht bereits vieles dafür, dass eine Kollision mit<br />

dem BbgVergG vorliegt.<br />

Weiterhin bestehen auch unterhalb der Schwellenwerte Bedenken gegen die<br />

Wirksamkeit der Bevorzugung von Bewerbern mit höherem Frauenanteil, da ein<br />

Verstoß gegen den bereits im europäischen Primärrecht verankerten Grundsätze der<br />

Gleichbehandlung und des freien Wettbewerbs vorliegen dürfte, sofern ein Auftrag<br />

mit Binnenmarktrelevanz gegeben ist,


Anlag°<br />

Seite 5<br />

Kapelimann<br />

h s nwälte:<br />

ebenso: Moor in VergR 2009, S. 443.<br />

Schließlich spricht auch vieles dafür, dass die gegenwärtige Fassung der FrauFöV<br />

bereits § 14 Abs. 1 LGG nicht gerecht wird. Denn das Gesetz verlangt seinem Wortlaut<br />

nach die Bevorzugung von Bietern, die sich der Gleichstellung von Frauen im<br />

Erwerbsleben „angenommen" haben. Es will also Gleichstellungsanstrengungen<br />

belohnen. Die FrauFöV stellt demgegenüber lediglich auf den tatsächlichen<br />

Frauenanteil an den Beschäftigten ab. Ob sich der Bieter jedoch tatsächlich der<br />

Gleichstellung angenommen hat oder ob der Anteil weiblicher Beschäftigter nicht<br />

vielmehr aus anderen Gründen resultiert, bleibt hierbei unberücksichtigt.<br />

2.5 Empfehlung<br />

Aufgrund der vorbezeichneten Akzeptanzprobleme, der fehlenden Wirksamkeit der<br />

Regelung und der rechtlichen Bedenken, ist eine Novellierung der Bestimmung zu<br />

empfehlen.<br />

Unabhängig von der Ausgestaltung wird vorab dringend angeregt, die<br />

vergaberechtlichen Regelungen im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> im Zusammenhang zu<br />

betrachten und die Berücksichtigung von Gleichstellungsanstrengungen ggf. im<br />

Kontext des übrigen Vergaberechtes in das Vergabegesetz <strong>Brandenburg</strong> einzuordnen.<br />

So wird die Anwendbarkeit der Regelungen erleichtert, die Akzeptanz erhöht und der<br />

Verwaltungsaufwand verringert.<br />

Um die übrigen dargestellten Bedenken auszuräumen und die Anwendbarkeit der<br />

Regelung auch bei Großaufträgen zu gewährleisten, enthalten die Vergabegesetze der<br />

anderen Bundesländer zahlreiche Beispiele.<br />

Denkbar wäre zunächst ähnlich der Thüringer Regelung die Bevorzugung statt bei<br />

„gleichwertigen Angeboten" bei „gleich bewerteten Angeboten" durchzuführen. In<br />

diesem Falle würde die Frauenförderung dann ausschlaggebend sein, wenn zwei<br />

Angebote nach der Angebotswertung tatsächlich gleich auf wären. Die<br />

Frauenförderung hätte dann ausschlaggebenden Charakter, würde jedoch nicht zu<br />

einer erheblichen Benachteiligung anderer Unternehmen oder zu unwirtschaftlichen<br />

Angeboten führen.


Anlag& -?<br />

1


LiNGEGANGEN<br />

Anlage<br />

Universität Potsdam 'Am Neuen Palais 10 '14469 Potsdam<br />

16. 2013<br />

An den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

Frau Dr. Richter<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Postfach 60 10 64<br />

14410 Potsdam<br />

Erledigt...914A V(-4.1'.A/ 4/1<br />

La Koe<br />

tan es anferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />

an brandenburgischen Hochschulen<br />

Barbara Schrul<br />

Zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

der Universität Potsdam<br />

erste Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz<br />

der Gleichstellungsbeauftragten<br />

der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />

Datum: 15.10.2013<br />

Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/1724<br />

Sehr geehrte Frau Wöllert, sehr geehrte Frau Dr. Richter,<br />

vielen Dank für die Einladung zur öffentlichen Anhörung am 23.10.2013 im Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />

Frauen und Familie, der ich gern als Vertreterin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der<br />

<strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulen (LaKoG) nachkommen werde. In der Anlage finden Sie meine schriftliche<br />

Stellungnahme, die Grundlage meines Redebeitrags sein wird. Ich habe mich dabei auf die im Hochschulkontext<br />

stehenden Fragestellungen konzentriert und dabei berücksichtigt, dass eine weitere Kollegin einer<br />

<strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschule die Möglichkeit zur Positionierung erhalten wird.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Barbara Schrul<br />

Anlage: Stellungnahme


Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />

La Koe<br />

Lentlesk■Wet<br />

an<br />

Stellungnahme der ersten Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der<br />

brandenburgischen Hochschulen (LaKoG) Barbara Schrul, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der<br />

Universität Potsdam<br />

Die <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulen wurde<br />

bereits Anfang 2011 auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) in den<br />

Prozess zur Erarbeitung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes (LGG) und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulgesetzes (BbgHG) einbezogen. Die gemeinsame Zielstellung war die für die Gleichstellung<br />

maßgeblichen Vorschriften im BbgHG an das LGG anzupassen und zu verbessern.<br />

Das Verfahren zur Berücksichtigung der besonderen gleichstellungsrelevanten Regelungen an<br />

Hochschulen durch einen Artikel im LGG findet einvernehmlich Zustimmung durch die LaKoG, da das<br />

Thema Gleichstellung bei den Diskussionen um Gesetzesnovellierungen des BbgHG in den letzten<br />

Jahren eher eine untergeordnete Rolle gespielt hat. In dem jetzt vorliegenden Gesetzestext sind<br />

endlich die Änderungsvorschläge der LaKoG eingeflossen, die wir bereits zur Gesetzesnovellierung<br />

des BbgHG 2008 thematisiert hatten. Durch die Berücksichtigung der Hochschulen im LGG sind<br />

darüber hinaus zusätzlich weitere Verbesserungen in der Gleichstellungsgesetzgebung für unseren<br />

Bereich erzielt worden wie den Schutz der Gleichstellungsbeauftragten vor Versetzung, Abordnung<br />

und Kündigung analog der Personalratsvertretungen. Hier sollen nur exemplarisch einige positiven<br />

Aspekte im Entwurf des LGG genannt werden gegenüber dem bisher gültigen Gesetz wie die<br />

Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten (GBA) bei Höhergruppierungen<br />

und Beförderungen sowie erstmals auch bei der Berufung von Juniorprofessuren. Der Verweis auf<br />

einzelne Regelungen des LGG, aber auch die Berücksichtigung die realen Bedingungen der<br />

Hochschulen (z.B. die Differenzierung zwischen zentralem Gleichstellungskonzept und den<br />

Gleichstellungspläne der Fakultäten und Einrichtungen oder dem Bedarf an personeller Verstärkung<br />

durch die Möglichkeit mehr als eine Stellvertreterin zu wählen) werden zu verbesserten gesetzlichen<br />

Rahmenbedingungen für die Gleichstellungsarbeit an den <strong>Brandenburg</strong>er Hochschulen führen.<br />

Die Novellierung der BbgHG ist mit der Zielstellung verknüpft, die Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern im Hochschulbereich zu erreichen. Die Erfolge werden in der Regel an der<br />

Steigerungsquote des Frauenanteils bei Professuren gemessen. Hierzu eine kleine Ergänzung zu den<br />

von Ihnen genannten Zahlen. Im jüngst vom Kompetenzzentrum für Frauen in Wissenschaft und<br />

Forschung (CEWS) veröffentlichten Hochschulranking unter Gleichstellungsaspekten lag der<br />

Frauenanteil bei den Professuren in <strong>Brandenburg</strong> bei 21,6 Prozent (%). Dies ist im Ländervergleich<br />

der sechste Platz. In 2012 konnte eine weitere Steigerung auf 22,5% (Quelle: MWFK) erzielt werden.<br />

An der Universität Potsdam sind es aktuell 29%.<br />

Durch den vorliegenden Entwurf werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit der<br />

GBA klarer definiert, was wir durchaus begrüßen. Hier gibt es einige positive Signale wie die


Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />

Möglichkeit der Wahl von bis zu zwei Stellvertreterinnen der dezentralen GBA pro Fakultät oder auch<br />

die Möglichkeit der Wahl von Studentinnen als dezentrale GBA. Dennoch sind viele Optionen an die<br />

vorhandenen Ressourcen an den einzelnen Hochschulen geknüpft und nicht verbindlich geregelt.<br />

Die nachfolgenden Aussagen sollen dazu beitragen, die derzeitige Regelung zur Zuständigkeit der<br />

Zentralen Gleichstellungsbeauftragten für die Verwaltung der jeweiligen Hochschule noch einmal<br />

kritisch zu hinterfragen. Unsere seit Jahren vorgetragenen Argumentationen haben leider immer<br />

noch keine Berücksichtigung im vorliegenden Entwurf gefunden. Unsere Forderung geht dahin, dass<br />

insbesondere große Hochschulen die Möglichkeit erhalten, auch für die Verwaltungsbereiche der<br />

Hochschulen dezentrale Gleichstellungsbeauftragte zu wählen.<br />

Mit der Verabschiedung des BbgHG 2008 wurde die Zuständigkeit für die Verwaltung der Zentralen<br />

Gleichstellungsbeauftragten zugewiesen mit dem Hinweis, dass sie jetzt zwei Stellvertreterinnen<br />

(ohne verbindliche Freistellungsoptionen) hat. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass das<br />

Aufgabengenbiet der zentralen GBA durch die höhere Berücksichtigung der Genderthemen in der<br />

landes- und bundesweiten Hochschulpolitik sich immens erweitert hat (Professorinnen-Programm<br />

des Bundes, DFG-Gleichstellungsstandards, Forschungsförderung, familiengerechte Hochschule,<br />

Nachwuchsförderung, Entwicklung und Umsetzung der Qualitätsstandards an bbg. Hochschulen,...).<br />

Gleichzeitig ist sie zur Teilnahme an allen Bewerbungsverfahren verpflichtet, in denen sich Frauen<br />

und Männer beworben haben (neu: insbesondere bei Unterrepräsentanz). An der Universität<br />

Potsdam sind dies eine Vielzahl 1 von Verfahren, die als strukturierte Auswahlverfahren im Einzelnen<br />

oft mehr als einen kompletten Arbeitstag in Anspruch nehmen (ohne Berechnung der<br />

Vorbereitungszeit zur Einsichtnahme in die Bewerbungsunterlagen).<br />

Für die Umsetzung der Gleichstellungsziele einer Hochschule gilt es sowohl auf zentraler Ebene als<br />

auch in den dezentralen Bereichen Maßnahmen zu definieren, zu initiieren und umzusetzen<br />

einschließlich des Controllings der Maßnahmen. Für den Bereich der Verwaltung an der Universität<br />

Potsdam sind dies derzeit 240 Beschäftigte, deren Interessen nach der bisherigen Regelung<br />

ausschließlich zentral vertreten werden. Die Ressourcen für einen eigenständigen<br />

zielgruppenspezifischen Gleichstellungsplan sind real nicht vorhanden. Die Beschäftigten der<br />

Verwaltung sehen dies als eine Ungleichbehandlung an.<br />

Die uns bekannten Argumente zu der bisherigen Regelung (keine Möglichkeit, den Ausfall an<br />

Arbeitsleistung zu kompensieren) gelten für alle Gleichstellungsbeauftragten und ihre<br />

Stellvertreterinnen, denn im Gesetzt ist nur die Freistellung der zentralen GBA verbindlich geregelt,<br />

alle weiteren Optionen werden den Hochschulen überlassen (kann in angemessenem Umfang von<br />

den Dienstaufgaben freigestellt werden)<br />

Wenn sie unseren Argumenten folgen, wäre im vorliegenden § 66, Absatz (3) des BbgHG im Satz 1<br />

„und in der Verwaltung" einzufügen und demzufolge im Satz 4 zu streichen.<br />

Auf die nachfolgenden Fragestellungen wird die Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Viadrina<br />

Frankfurt/Oder u.a. in ihrer Stellungnahme Bezug nehmen<br />

Stellung zum Beschwerderecht und zum Kündigungsschutz der Gleichstellungsbeauftragten<br />

im Hochschulrecht.<br />

1 Aktuelle Zahlen werden bei der Anhörung genannt


Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />

hL<br />

/<br />

- ,<br />

— Regelungen zur Freistellung für die zentralen sowie dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />

im Hochschulrecht?<br />

— Herausforderungen bei der Umsetzung einer gendergerechten Sprache in der Verwaltung<br />

sowie in den Gesetzestexten<br />

Abschließend möchte ich schon vorab meine Position zu der letzten Fragestellung formulieren:<br />

Es wird immer wieder unter großem öffentlichem Interesse die Anwendung einer gendergerechten<br />

Sprache an den Hochschulen diskutiert. Die Erweiterung der gesetzlich Regelungen im §7 Absatz(6)<br />

auf die Anwendungsbereiche dienstlicher Schriftverkehr und rechtsverbindliche Dokumente schaffen<br />

mehr Verbindlichkeit. Dennoch ist ein Kulturwandel im Sprachgebrauch an der Hochschule<br />

zielführender, da es keine Sanktionen bei Nichtbeachtung dieser Regelungen gibt. Besser ist aus<br />

meiner Sicht, auf die Vorbildwirkung (z.B. auch bei der Formulierung von <strong>Land</strong>esgesetzten) zu setzen.<br />

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit<br />

Barbara Schrul


EINGEGANGEN<br />

Anlage 9<br />

1 6. OKT. 2013<br />

I I 3<br />

Erledigt<br />

...<br />

ERsr£-<br />

Europa-Universität Viadrina, PF 1786, 15207 Frankfurt (Oder)<br />

An den Ausschuss<br />

für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />

des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>s <strong>Brandenburg</strong><br />

Frau Dr. Richter<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Postfach 60 10 64<br />

14410 Potsdam<br />

Sahra Damus<br />

Zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

der Europa-Universität Viadrina<br />

Große Scharrnstraße 59<br />

15230 Frankfurt (Oder)<br />

Tel.: 0335-5534 4795<br />

Fax: 0335-5534 74795<br />

gleichstellungeeuropa-uni.de<br />

www.europa-uni.de/gleichstellung<br />

Frankfurt (Oder), 16.10.2013<br />

Stellungnahme zur Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />

Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie,<br />

Ich bedanke mich für die Möglichkeit, an der Anhörung zur Novellierung des<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes teilzunehmen und übermittle Ihnen hierzu vorab meine<br />

schriftliche Stellungnahme.<br />

Der Schritt, die brandenburgischen Hochschulen künftig in den Geltungsbereich des LGG<br />

aufzunehmen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Die bisherige Sonderrolle, die <strong>Brandenburg</strong><br />

diesbezüglich bisher innehatte, verdeutlicht eine Übersicht des Hochschulforschungsinstituts<br />

Halle-Wittenberg zum Geltungsbereich von <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzen für<br />

Hochschulen'. So galt bisher lediglich in <strong>Brandenburg</strong> und Rheinland-Pfalz das jeweilige<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz explizit nicht für die Hochschulen. In allen anderen<br />

Bundesländern gilt es ausdrücklich bzw. gilt in den Fällen, in denen das Hochschulgesetz<br />

nichts bzw. nicht Abweichendes regelt. Der Einbezug der Hochschulen stellt also eine<br />

qualitative Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die hochschulische<br />

Gleichstellungsarbeit dar. Er setzt Standards für eine durchgängige<br />

Gleichstellungsorientierung auch an den Hochschulen, wie an anderen öffentlichen<br />

Einrichtungen und erweitert die bisher weniger weit reichenden Sonderregelungen zur<br />

Gleichstellung aus dem Hochschulgesetz. Damit wird auch unterstrichen, dass<br />

Gleichstellungsregelungen von den zuständigen Fachgremien — insbesondere dem für<br />

Gleichstellung zuständigen Ausschuss, der nun diese Anhörung durchführt — thematisiert<br />

werden sollen und nicht nur im Rahmen hochschulpolitischer Diskussionen.<br />

Im Folgenden möchte ich auf einige Punkte im Besonderen eingehen, welche sich aus dem<br />

mir vorliegenden Fragenkatalog der Fraktionen ergeben und sich auf die Hochschulen<br />

beziehen (Fragen 10.-13.). Zusätzlich möchte ich auf die Stellungnahme von Barbara Schrul,<br />

Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulen, verweisen, die weitere zentrale Punkte thematisiert, die sich hier jedoch nicht<br />

doppeln sollen. Dies betrifft vor allem den Hinweis auf die Notwendigkeit einer dezentralen<br />

Gleichstellungsbeauftragten für die Verwaltung, dem ich mich voll und ganz anschließe.<br />

1<br />

http://vvww.hof.unihalle.de/daten/oleichstell<br />

oesetze/Geltunqsbereich%20der%20Gleichstellunqsoesetze Hochschulen.pdf<br />

EUROFA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKF URT (ODER)


2<br />

Es ist positiv hervorzuheben, dass die Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes ein<br />

Beschwerderecht der Gleichstellungsbeauftragten vorsieht. Angesichts der noch immer<br />

dringlichen Aufgaben im Gleichstellungsbereich, stellt dies ein wirksames Mittel zur<br />

tatsächlichen Durchsetzung des Gleichstellungsauftrags der Hochschulen dar, insbesondere<br />

was die Instrumente der Gleichstellungskonzepte und -pläne, deren Ausgestaltung und die<br />

Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragte betrifft. Das vorgesehene Beschwerderecht wird<br />

für eine größere Effektivität der gesetzlichen Gleichstellungsmaßnahmen sorgen, wenngleich<br />

dies verbindlicher durch ein Organklagerecht der Gleichstellungsbeauftragten gelöst<br />

werden sollte.<br />

Auch die Freistellungsregelungen der Gleichstellungsbeauftragten werden durch die<br />

Novelle präzisiert. Die alte Formulierung, dass die zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

„mindestens zur Hälfte von ihren Dienstaufgaben" freizustellen ist, war angesichts des hohen<br />

Anteils von Teilzeitbeschäftigten an Hochschulen nicht mehr haltbar. Bei einer Teilzeitstelle<br />

stünden der zentralen Gleichstellungsbeauftragte dann etwa nur 10 Stunden für die<br />

Gleichstellungsarbeit zur Verfügung. Die neue Formulierung, die mindestens ein halbes<br />

Vollzeitäquivalent vorsieht, schafft hier Klarheit und trägt zur weiteren Professionalisierung<br />

der Gleichstellungsarbeit bei. In diesem Zusammenhang ist allerdings die sehr weiche<br />

Regelung zur Freistellung der dezentralen Gleichstellungsbeauftragten zu überdenken, da<br />

es hier bei einer kann-Regelung geblieben ist. Problematisch ist auch, dass die Vertreterin<br />

der zentralen Gleichstellungsbeauftragten nicht einmal angemessen freigestellt werden<br />

kann. Zumindest letzteres sollte ermöglicht werden, um insbesondere den Arbeitsaufwand<br />

an großen Hochschulen angemessen kompensieren zu können. Generell kann auch eine<br />

soll-Regelung für eine Freistellung in angemessenem Umfang in Betracht gezogen werden,<br />

die den Hochschulen genug Spielraum ließe, eine für ihre jeweilige Größe und Struktur<br />

passende Lösung zu finden.<br />

Zur Professionalisierung der Gleichstellungsarbeit und auch zur Absicherung der jeweiligen<br />

Amtsinhaberinnen trägt der analog zu Personalräten vorgesehene Kündigungsschutz bei.<br />

Dieser ist dringend notwendig, damit die Gleichstellungsbeauftragten ihre weisungsfreien<br />

Funktionen wie vorgesehen wahrnehmen können, ohne selbst Nachteile befürchten zu<br />

müssen. Diese aus der Personalvertretung bewährte Regelung ist für die<br />

Gleichstellungsarbeit ebenfalls sinnvoll.<br />

Schließlich sind insbesondere auch die Regelung zur Umsetzung einer<br />

geschlechtergerechten Sprache im dienstlichen Schriftverkehr und in rechtsverbindlichen<br />

Dokumenten ein wichtiger Schritt zu einer gleichstellungsorientierte -) Gestaltung der<br />

Hochschulen. Angesichts dessen, dass die Hochschulen eine Reihe von Textsorten<br />

produzieren, die sich an eine breite Öffentlichkeit (bspw. Studieninteressierte und<br />

Studienbewerberinnen) richten, kommt ihnen die Verantwortung zu, diese<br />

geschlechtergerecht zu formulieren. Gerade Textsorten, die Rechte und Pflichten, Wahl- und<br />

Studienoptionen von Personen definieren — wie etwa Satzungen und Ordnungen,<br />

Ausschreibungen und Richtlinien — müssen diesem Anspruch genügen, um bisher<br />

unterrepräsentierte Gruppen sichtbar zu machen und anzusprechen. Generisch maskulin<br />

formulierte Texte führen nachgewiesenermaßen zu einem geringeren oder späteren bzw.<br />

nachrangigeren gedanklichen Einbezug von Frauen. Dies ist insbesondere dort relevant, wo<br />

Frauen für bestimmte Studienfächer, aber auch Führungspositionen gewonnen werden<br />

sollen. Frauen und Männer sollten sich gleichermaßen repräsentiert und somit angesprochen<br />

EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT (ODER)


Anlage3<br />

3<br />

und ggf. ermutigt fühlen, Studiengänge zu wählen, für Wahlämter zu kandidieren oder sich<br />

für eine wissenschaftliche Karriere zu entscheiden. Generisch maskuline Texte vermitteln<br />

Frauen hingegen häufig unbewusst den Eindruck, von einer männlich geprägten Norm<br />

abzuweichen. Frauen werden auch häufiger als für Ämter oder Stellen in Frage kommende<br />

Kandidatinnen assoziiert, wenn Ausschreibungen und Ansprachen geschlechtergerecht<br />

formuliert sind. Da Sprache nicht nur ein Abbild gesellschaftlicher Realitäten und damit auch<br />

tradierter geschlechtsspezifischer Rollenerwartungen ist, sondern auch zum Abbau<br />

verzerrter oder unvollständiger Einschätzungen führen kann, kommt geschlechtergerechter<br />

Sprache eine wichtige Rolle zu. Sie stellt keineswegs eine „sprachliche Spielerei" ohne<br />

Auswirkung auf gesellschaftliche Verhältnisse dar, sondern sie prägt durch den engen<br />

Zusammenhang von Sprache und Denken auch konkrete Assoziationen und<br />

Entscheidungen und kann daher dazu beitragen, Geschlechterstereotype abzubauen.<br />

Mit freundlichen Grüßen,<br />

Sahra Damus<br />

zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />

der Europa-Universität Viadrina<br />

EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT (ODER)


FernUniversitit in Hagen<br />

80%<br />

Lehrgebiet: Politik und Verwaltung _}<br />

Gleichstellung in Beruf, Politik + Familie<br />

70%<br />

60%<br />

63%<br />

69% 69%<br />

66%<br />

64%<br />

50%<br />

40%<br />

3<br />

20%<br />

im Beruf in der Politik in der Familie<br />

f• Bevölkerung gesamt m Frauen Männer<br />

Dr. Elke Wiechmann


FernUniversität in Hagen<br />

FernUniversität in Hagen • 58084 Hagen<br />

bir\ic.iLuANGEN<br />

I 7. OKi. 2013<br />

An die Vorsitzende<br />

des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />

Familie<br />

Birgit Wällert<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Am Havelblick 8<br />

14473 Potsdam<br />

Erledigt..<br />

R 9 S- 43#D<br />

vi-14. 14,4fies""<br />

Ihr Zeichen:<br />

Ihre Nachricht vom:<br />

FAKULTÄT FÜR<br />

KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />

Institut für Politikwissenschaft:<br />

Lehrgebiet: Politik und Verwaltung<br />

Mein Zeichen:<br />

Meine Nachricht vom:<br />

Auskunft erteilt:<br />

Telefon:<br />

Telefax:<br />

E-Mail:<br />

Hausanschrift:<br />

Dr. Elke Wiechmann<br />

02331 987-2852<br />

02331 987-2983<br />

Elke.VViechmann@FernUni-Hagen.de<br />

Universitätsstraße 33<br />

58084 Hagen<br />

Datum 16. Oktober 2013<br />

Anlage 44i<br />

Stellungnahme<br />

zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur<br />

Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />

am 23. Oktober 2013<br />

Vorbemerkung<br />

Die Grafik gibt eine Einschätzung der Umsetzung von Gleichstellung in Beruf, Politik und<br />

Familie aus Sicht von Frauen und Männern in der Bevölkerung wieder.<br />

80% 1<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

23%<br />

28%<br />

.10%<br />

0%<br />

im Beruf in der Politik in der Familie<br />

Quelle: Infratest dimap 2010<br />

Bevölkerung gesamt IN Frauen •.- Männer<br />

Grundsätzlich stehen Frauen in allen Bereichen der umgesetzten Gleichberechtigung<br />

skeptischer gegenüber als Männer. Am geringsten findet aus Sicht aller Befragten eine<br />

Gleichberechtigung im Beruf statt (Frauen stimmen lediglich mit 19% zu, Männer mit 28%<br />

Telefonzentrale:<br />

Zentraler Telefaxeingang:<br />

Internet:<br />

Buslinie(n):<br />

Haltestelle:<br />

02331 987-01<br />

02331 987-316<br />

www.FernUni-Hagen.de<br />

515, 527, 534<br />

FernUniversität


4)1<br />

FernUniversität in Hagen<br />

FAKULTÄT FÜR<br />

KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />

allerdings ebenfalls auf niedrigem Niveau). Die Einschätzung der Bevölkerung — Frauen<br />

und Männer — sind begründet und durch viele aktuelle Studien belegt, Gerade im Beruf sind<br />

Frauen noch nicht dort angekommen, wo sie ihren Potenzialen (bestausgebildete<br />

Frauengeneration aller Zeiten) entsprechend stehen müssten, legt man die Bestenauslese<br />

als Maßstab an, Gleichstellungspolitik und Gleichstellungsgesetze sind also weiter nötig<br />

und sie brauchen starke Standards.<br />

Deshalb ist zunächst sehr begrüßenswert, dass das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> sein<br />

Gleichstellungsgesetz überprüft und erneuern will, um damit auch einer modernen<br />

Gleichstellungspolitik Rechnung zu tragen. Darüber hinaus trägt der öffentliche Dienst eine<br />

besondere Verantwortung und steht zugleich in einer Vorbildfunktion für alle<br />

gesellschaftlichen Bereiche.<br />

Meine Anmerkungen zum gegenwärtigen Gesetzentwurf konzentrieren sich auf fünf<br />

Punkte:<br />

1. <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte §§ 19a119b<br />

2. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte §§ 22-24<br />

3. <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und Kommunalverfassung<br />

4. Konnexitätsprinzip<br />

5. Zielvorgaben — Kontrollmechanismen und -organe — Sanktionen<br />

Grundsätzlich: In <strong>Brandenburg</strong> stellt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz vor allem auf die<br />

<strong>Land</strong>esbehörden ab, die kommunale Ebene erhält zu wenig Gewicht.<br />

1. <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />

§ 19a<br />

Begrüßenswert ist, dass die Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im<br />

Gesetzentwurf aufgenommen wurde. Für eine starke Stellung dieser Funktion wäre die<br />

Anbindung an die politische Spitze — auch als Signal für ein wichtiges Politikfeld — geboten.<br />

Darüber hinaus wäre wünschenswert, die Funktion nicht als „Teilzeitjob" zu verankern,<br />

sondern ihr gemessen an den anspruchsvollen Aufgaben für eine moderne<br />

Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe die entsprechenden (Arbeits-) Strukturen<br />

und Ressourcen zur Verfügung zu stellen.<br />

§ 19b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />

Unter Voraussetzung einer Überarbeitung der o.g. Vorschläge unter § 19a kann die<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte mit ihrer Expertise und ihrem <strong>Land</strong>esüberblick<br />

beispielsweise in eine Evaluation zur Einhaltung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes — die<br />

im Übrigen dem Gesetz noch gänzlich fehlt — mit eingebunden werden. Wichtig ist in jedem<br />

Fall ihre Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit zu verankern.<br />

2. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte §§ 22-24<br />

Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Pflicht zur Bestellung einer kommunalen<br />

hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Flächenland <strong>Brandenburg</strong> für 12 Städte<br />

(davon zwei scharf an der Einwohnergrenze) und 14 <strong>Land</strong>kreise gilt. Hauptamtlichkeit ist<br />

dabei nicht definiert, ebenso wenig in welchem Ressourcenrahmen<br />

Gleichstellungsbeauftragte agieren können, was beides für die Umsetzung einer effektiven<br />

und modernen Gleichstellungspolitik hoch problematisch ist.<br />

In den §§ 22-24 sind die Aufgaben, Kompetenzen und Rechte von<br />

Gleichstellungsbeauftragten benannt und werden mit dem § 25 für die kommunale Ebene<br />

Seite 2 von 4


FernUniversität in Hagen<br />

FAKULTÄT FÜR<br />

KULTUR-UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />

gleich wieder ausgeschlossen. Hier stellt sich die Frage, was der Gesetzgeber dann mit<br />

einer Funktion „kommunale Gleichstellungsbeauftragte" bewirken möchte, wenn er hier<br />

keinen konkreten Arbeitsauftrag und gesicherten Handlungsrahmen ermöglicht.<br />

Die Verlagerung der §§ 22-24 in die Hauptsatzungen der Kommunen ist ohne weitere<br />

verbindliche Angaben als „im Sinne der §§ 22-24" hoch problematisch, weil die Kommunen<br />

nach dem gegenwärtigen Gesetzentwurf keinerlei Kontrolle über die Einhaltung des<br />

Gesetzes unterliegen. Ihre Interpretations- und Handlungsfreiheit zur Umsetzung des LGG<br />

ist damit — einem <strong>Land</strong>esgesetz unangemessen — unverantwortlich groß.<br />

Höchst bedenklich ist der Ausschluss der §§ 22-24 für die kommunale Personalpolitik, da<br />

ihr das gleichstellungspolitische Korrektiv fehlt.<br />

3. <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und Kommunalverfassung<br />

Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ist nicht ohne die Kommunalverfassung zu lesen. § 25<br />

(LGG) hebt dies besonders für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten hervor: ,,Die<br />

Regelungen der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> über die<br />

Gleichberechtigung von Frau und Mann werden durch dieses Gesetz nicht berührt". Dieser<br />

Satz impliziert den Vorrang der Kommunalverfassung vor dem LGG. Damit wird die<br />

Bedeutung des LGGs als nachrangig eingeordnet.<br />

Der im Änderungsentwurf des LGG enthaltene neue Zusatz für die Hauptsatzungen der<br />

Kommunen „In den Hauptsatzungen ist festzulegen, welche Rechte, Aufgaben,<br />

Kompetenzen und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im<br />

Sinne der §§ 22 bis 24 haben", ist darüber hinaus ohne weitere Konkretisierungen völlig<br />

unzureichend (s. o., Punkt 2).<br />

Es gutes Beispiel, wie andere Bundesländer verfahren, ist etwa Schleswig-Holstein: Hier<br />

bietet sowohl das LGG (§ 23) wie auch die Gemeindeordnung (§ 2) deutlich mehr Klarheit.<br />

4. Konnexitätsprinzip<br />

Das immer wieder angeführte Argument zur Einhaltung des Konnexitätsprinzips ist in<br />

schwierigen Haushaltssituationen der öffentlichen Hand nachvollziehbar. Dennoch gibt es<br />

zwei wichtige Einwände:<br />

a) Gleichstellungspolitik ist ein Verfassungsauftrag, Artikel 3 (GG), und gilt auch für die<br />

Kommunen.<br />

b) Nicht alle gesetzlichen Vorgaben im Änderungsentwurf sind unmittelbar mit Mehrkosten<br />

verbunden, etwa die §§ 22-24 für die kommunale Ebene — hier geht es schlicht um die<br />

Klarstellung von Kompetenzen und Mitwirkungsrechten der kommunalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten.<br />

5 Zielvorgaben — Kontrollmechanismen und -organe — Sanktionen<br />

Für Zielvorgaben sind die Gleichstellungspläne (§ 5) die wichtigste Voraussetzung. Für die<br />

Kommunen enden kritische Einwände zur Umsetzung des Gleichstellungsplans seitens der<br />

Gleichstellungsbeauftragten auf Gemeindeebene (Gemeinderat).<br />

Damit sind der Gemeinderat oder auch die (Ober-) Bürgermeister/innen die letzte<br />

Kontrollinstanz auf kommunaler Ebene — das gilt sowohl für die Gleichstellungspläne als<br />

auch für die Berichtspflicht (§ 26). Das ist völlig unzureichend für die Umsetzung einer<br />

wirkungsvollen Gleichstellungspolitik.<br />

Seite 3 von 4


FernUniversität in Hagen<br />

A n<br />

FAKULTÄT FÜR<br />

KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />

e44<br />

Mit diesem Vorgehen wird auch die einzige vorgesehene wirksame Sanktionsmöglichkeit<br />

für die Kommunen ausgeschlossen (§ 6 Abs. 5).<br />

Diese Gesetzeslücke sollte unbedingt geschlossen werden:<br />

a) Auch die kommunalen Gleichstellungspläne sollten entweder über die<br />

Kommunalaufsicht oder einer zuständigen unabhängigen Stelle bei der<br />

<strong>Land</strong>esregierung vorgelegt werden, entsprechend den genannten Fristen.<br />

b) Die Ergebnisse aus den kommunalen Gleichstellungsplänen werden in die<br />

Berichtspflicht (§ 26) aufgenommen.<br />

Schlussbemerkung: Für die <strong>Land</strong>esebene sind einige Verbesserungen erkennbar. Für die<br />

kommunale Ebene steht zu befürchten, dass ohne die Änderung der hier kritisch<br />

angeführten Gesetzespassagen das Qualitätsniveau einer modernen Gleichstellungspolitik<br />

auf kommunaler Ebene sinkt.<br />

Seite 4 von 4


DIE BAUINDUSTRIE<br />

BERLIN-BRANDENBURG<br />

Frau Birgit Wöllert<br />

Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Soziales<br />

und Familie<br />

im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />

Am Havelblick 8<br />

14473 Potsdam<br />

I<br />

1..i<br />

•,e-_-. 7.<br />

FACHGEMEINSCHAFT<br />

BERLIN UND EIRAND(NBURC; e V.<br />

EINGEGANGEN<br />

2 1. NU. 2013<br />

3--//3


Inklge 41<br />

Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf<br />

<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Drucksache 617724<br />

Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />

Hochschulgesetzes<br />

Hier: § 14 LGG<br />

1 Dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong> liegt der obengenannte Gesetzentwurf vor, mit dem u. a. das<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz (LGG) geändert werden soll. Es ist beabsichtigt, § 14 LGG<br />

dahin gehend zu ändern, dass diese Regelung ab einem Auftragswert von mehr als<br />

50.000 EUR (bislang: 100.000 DM) gilt und das verfolgte Ziel der Gleichstellung<br />

„nachweisbar" verfolgt sein muss.<br />

2, § 14 LGG verpflichtet die Vergabestellen des <strong>Land</strong>es, ab Überschreitung des o. g.<br />

Auftragswertes diejenigen Anbieter zu bevorzugen, die sich der Gleichstellung von<br />

Frauen im Erwerbsleben „nachweislich" angenommen haben.<br />

Auf Grundlage der weitgehend gleichlautenden Vorgängervorschrift erließ die <strong>Land</strong>esregierung<br />

bereits am 25.04.1996 die Frauenförderverordnung. Nach dieser sind<br />

„bevorzugte Bieter solche, die erstens einen höheren Frauenanteil an Beschäftigen<br />

aufweisen und zum zweiten Frauen in höherem Maße in qualifizierten Positionen<br />

beschäftigen. Weiterhin ist dort geregelt, dass im Rahmen von Ausschreibungsverfahren,<br />

bei denen der Angebotspreis das ausschlaggebende Wertungskriterium ist,<br />

Angeboten von den „bevorzugten Bietern" ein Eintrittsrecht anzubieten ist, sofern sie<br />

nicht mehr als 20 % über den Preisen des wirtschaftlichsten oder annehmbarsten<br />

Angebotes liegen. Von diesen Grundsätzen kann die Vergabestelle in begründeten<br />

Ausnahmefällen absehen. Ein begründeter Ausnahmefall liegt dann vor, wenn die<br />

Bevorzugung unbillig wäre, weil die betroffenen Bieter erhebliche Unterschiede in der<br />

Unternehmenskultur aufweisen oder weil in den maßgeblichen Berufszweigen kein<br />

ausreichendes Angebot an weiblichen Arbeitskräften besteht. Hierzu hat das für Frauen<br />

und Gleichstellung zuständige Ministerium / Ressort im Einvernehmen mit dem für<br />

Wirtschaft zuständigen Ressort in regelmäßigen Abständen festgelegt, welche<br />

Berufszweige dies betrifft. Seither wurde für den Großteil der Berufe im Hoch- und<br />

Tiefbau durchgängig eine entsprechende Ausnahme statuiert und die Vergabe von<br />

Bauleistungen damit faktisch von der Bevorzugung ausgenommen.<br />

3. Trotz erheblicher Bemühungen zur Gewinnung von insbesondere auch weiblichen<br />

Nachwuchskräften durch die Unternehmen der Bauwirtschaft und das die Aus- und<br />

Fortbildung in Bauberufen verantwortende Berufsförderungswerk (u. a. im Rahmen der<br />

Teilnahme am „Girls-Day" oder Angeboten in Schulen und auf Messen) können junge<br />

Frauen für die klassischen Bauberufe bedauerlicherweise kaum begeistert werden.<br />

Festzustellen ist, dass die Bauberufe für Mädchen und junge Frauen nur eine geringe<br />

Anziehungskraft haben. Abgesehen von dem mit einem Bauberuf häufig verbundenen


2<br />

Rollenbild und -klischee sind die Arbeitszeiten und -bedingungen im Baubereich<br />

naturgemäß häufig auch nicht sehr familienfreundlich (keine stationäre Produktion<br />

sondern wechselnde Tätigkeiten auf auswärtigen Baustellen zu allen Jahreszeiten).<br />

Darüber hinaus sind die Tätigkeiten in aller Regel mit hohen körperlichen Belastungen<br />

verbunden, die sich auch nicht durch Maschinen ersetzen lassen, was Mädchen und<br />

junge Frauen ebenfalls eher abschreckt als motiviert. Bauunternehmen gelingt es daher<br />

im Ergebnis kaum, weibliche Nachwuchskräfte für die klassischen Bauberufe zu<br />

gewinnen. An diesem Zustand hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas geändert: 2002<br />

waren nach den Meldungen der SOKA-BAU von 26.511 gewerblich Beschäftigten in<br />

<strong>Brandenburg</strong> 165 weiblich, 2012 waren es 78 von 20.917. Je stärker sich der<br />

Ausbildungsmarkt von einem Angebots- zu einem Nachfragemarkt entwickelt, wie<br />

derzeit zu beobachten, verschärft sich diese Situation zusätzlich. Es ist auch nicht<br />

absehbar, wie junge Frauen zukünftig verstärkt für Bauberufe begeistert werden können.<br />

Eine Benachteiligung von Bauunternehmen, die Frauen beschäftigen oder eine<br />

Benachteiligung von Frauen, die in Bauunternehmen Karriere machen möchten, gibt es<br />

jedenfalls nicht.<br />

4. Die Wirkungsweise und praktische Bedeutung der Bevorzugung von Bietern bzw. deren<br />

Recht zum Eintritt in einen Vertrag nach § 14 LGG in Verbindung mit der Frauenförderverordnung<br />

und den weiteren Vorschriften (d. h. insbesondere Bauvergaben faktisch<br />

auszunehmen), ist nach unserer Kenntnis seit dem Inkrafttreten vor 17 Jahren bislang<br />

nicht evaluiert worden. Bevor Rechtsvorschriften geändert werden und damit Fortgeltung<br />

beanspruchen, sollte unserer Erachtens zunächst einmal die Frage nach der Wirkungsweise<br />

und der Erreichung der gesetzgeberischen Ziele untersucht und diskutiert werden;<br />

zumal dann, wenn es sich um Vorschriften handelt, die die innerbetriebliche<br />

Organisation von Privatuntemehmen berühren.<br />

5. <strong>Brandenburg</strong> verfügt nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit nach dem Bundesland<br />

Sachsen über die höchste Beschäftigungsquote von Frauen (2012: 55,7%). Ihre<br />

Beschäftigungsquote liegt über der der Männer (2012: 54,3%), was sonst nur noch in<br />

Mecklenburg-Vorpommem erreicht ist. Gleichzeitig sind Männer (Arbeitslosenquote<br />

2012: 10,6%) deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen (Arbeitslosenquote<br />

2012: 9,7%).<br />

Vor diesem Hintergrund fragt es sich grundsätzlich, ob die einseitige Fokussierung und<br />

Bevorzugung von Bauunternehmen, die einen höheren Anteil an weiblichen Beschäftigten<br />

bzw. diese in höheren Positionen als ihrer Wettbewerber beschäftigen, im Rahmen<br />

der öffentlichen Auftragsvergabe der richtige Weg zur Gleichstellung von Frauen und<br />

Männern im Erwerbsleben ist.<br />

6. Gegen die Bevorzugung von Unternehmen, die mehr Frauen und mehr Frauen in<br />

höheren Positionen beschäftigen, bestehen darüber hinaus nicht unerhebliche<br />

(europa-)rechtliche Bedenken:<br />

§ 14 LGG gilt dem Wortlaut nach für Auftragsvergaben sowohl unterhalb als auch<br />

oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte (für Bauvergaben > 5 Mio. €). Für Auftrags-


3<br />

vergaben oberhalb der Schwellenwerte, bei denen das Europarecht also unmittelbar zu<br />

beachten ist, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-346106<br />

(„Rüffert"), bei dem es um die Prüfung der Zulässigkeit von Tariftreueverlangen des<br />

öffentlichen Auftraggebers ging, entschieden, dass - verkürzt gesagt - Beschränkungen<br />

der Dienstleistungsfreiheit dann nicht gerechtfertigt sind, wenn solche Bedingungen nur<br />

für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe und nicht allgemein gelten. Da der<br />

EuGH eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits dann bejaht, wenn<br />

die Tätigkeit eines Dienstleistenden (z. B. Bauunternehmen aus anderen Ländern)<br />

behindert oder weniger attraktiv gemacht wird, ist die Bevorzugung von Unternehmen,<br />

die mehr Frauen und mehr Frauen in höheren Positionen beschäftigen, ein solcher<br />

Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit. Eine Rechtfertigung dieses Eingriffs aus<br />

„zwingenden Gründen des Allgemeininteresses" käme nur dann in Betracht, wenn die<br />

Regelung für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt und nicht nur für öffentliche Auftragsvergaben.<br />

Da das LGG nur für Betriebe gilt, die sich um öffentliche Aufträge bewerben<br />

und andere Wirtschaftsteilnehmer davon nicht betroffen sind, verstößt diese Regelung<br />

gegen europäisches Recht (Entsende-Richtlinie).<br />

Vor dem Hintergrund, dass die <strong>Land</strong>esregierung zur praktischen Bedeutung der<br />

Anwendung des Gesetzes keine Aussagen treffen kann, ist anzunehmen, dass es (auch<br />

außerhalb der Bauvergaben) bislang nicht beachtet und umgesetzt wurde. Da die (vor<br />

allem kommunalen) Vergabestellen nach unserer Beobachtung bereits die geltenden<br />

Vorschriften des <strong>Brandenburg</strong>ischen Vergabegesetzes nicht in dem erforderlichen Maße<br />

umsetzen, obwohl wegen der damit einhergehenden zusätzlichen Aufgaben umfängliche<br />

Kostenerstattungsregeln implementiert wurden, muss davon ausgegangen werden, dass<br />

auch im Bereich der Frauenförderung eine ordnungsgemäße Überprüfung der<br />

Anwendung des Gesetzes nicht stattfinden kann. Damit steht ein Verstoß gegen einen<br />

weiteren vergaberechtlichen Grundsatz im Raum: Der öffentliche Auftraggeber darf<br />

keine Anforderungen stellen, deren Einhaltung durch den Bieter er entweder nicht<br />

nachprüfen will oder nicht nachprüfen kann. (Solche Kriterien verletzen die Transparenz<br />

und die Objektivität des Vergabeverfahrens, vgl. EuGH v. 04.12.2003, C-448101, Rz 51<br />

„Wienstrom").<br />

7. § 14 Abs. 1 LGG, ist aus unserer Sicht bei Bauauftragsvergaben realistisch nicht<br />

umsetzbar. Es wird daher angeregt nicht nur untergesetzlich, sondern bereits im<br />

<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz direkt zu regeln, dass die Bevorzugung im Falle von<br />

Bauauftragsvergaben keine Anwendung findet.<br />

§ 14 Abs. 1 LGG könnte somit wie folgt lauten: „(1) Beim Abschluss von Verträgen über<br />

Leistungen, ausgenommen Bauleistungen, mit einem geschätzten Auftragswert von<br />

über 50.000,00 EUR soll bei gleichwertigen Angeboten bevorzugt werden, wer sich der<br />

Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat."<br />

Bauindustrieverband<br />

Fachgemeinschaft Bau<br />

Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e.V. Berlin und <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />

14.10.2013

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