PDF , 7.6 MB - Landtag Brandenburg - Land Brandenburg
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<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1<br />
5. Wahlperiode<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Protokoll - Teil 1<br />
44. Sitzung (öffentlich)<br />
23. Oktober 2013<br />
Potsdam - Haus des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es<br />
09.00 Uhr bis 14.35 Uhr<br />
Vorsitz:<br />
Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />
Protokoll:<br />
Dr. Angela Richter<br />
Anwesende Ausschussmitglieder:<br />
Helga Böhnisch (DIE LINKE)<br />
Andreas Büttner (FDP)<br />
stellvertretend Martina Gregor-Ness (SPD)<br />
Prof. Dr. Sieglinde Heppener (SPD)<br />
stellvertretend René Kretzschmar (DIE LINKE)<br />
stellvertretend Ina Muhß (SPD)<br />
Ursula Nonnemacher (GRÜNE/B90)<br />
Roswitha Schier (CDU)<br />
Monika Schulz-Höpfner (CDU)<br />
Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />
Datum der Ausgabe: 15.11.2013
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 2<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Tagesordnung:<br />
Teil 1<br />
1. Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über<br />
rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />
in Verbindung mit<br />
Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />
Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ (Drucksache<br />
5/7774) und Beschlussfassung zum Antrag der CDU-Fraktion auf Durchführung<br />
eines Fachgespräches zu dieser Thematik<br />
- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und Familie<br />
Teil 2<br />
2. Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />
des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />
(Drucksache 5/7724)<br />
Fortsetzung Teil 1<br />
3. Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung<br />
und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen<br />
- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7921)<br />
4. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014<br />
(Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf<br />
der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07<br />
in Verbindung mit<br />
Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt und<br />
Finanzen<br />
5. Verschiedenes<br />
5.1 Anliegen der Ausschussmitglieder<br />
5.2 Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />
5.3 Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Festlegungen und Beschlüsse:<br />
Zu TOP 1<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie nahm den Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />
gemäß § 88 Absatz 2 LHO über rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong><br />
(Drucksache 5/7638) und die Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes zur<br />
Kenntnis.<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie nahm die Information des<br />
Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur Erarbeitung eines Konzeptes,<br />
welches die zukünftigen Bedarfe der Betreuung rechtlich, qualitativ und finanziell<br />
absichert, zur Kenntnis.<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie kam überein, ein Fachgespräch<br />
zu der Thematik durchzuführen. Über die Einzelheiten wollen sich die Ausschussmitglieder<br />
in der nächsten Sitzung am 13. November 2013 verständigen.<br />
Zu TOP 2<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie beabsichtigt, in seiner nächsten<br />
Sitzung am 13. November 2013 eine Beschlussempfehlung mit Bericht zum Gesetzentwurf<br />
für das Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />
des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes (Drucksache 5/7724) zu erarbeiten (siehe<br />
Teil 2 des Protokolls).<br />
Änderungsanträge der Fraktionen sollen bis zum 6. November 2013 beim Ausschussdienst<br />
eingereicht werden.<br />
Zu TOP 4<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie übermittelt dem Ausschuss<br />
für Haushalt und Finanzen seine Stellungnahme zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes<br />
über die Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die<br />
Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG<br />
2013/2014) - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan<br />
07 (siehe Anlage).
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Aus der Beratung:<br />
Die Vorsitzende eröffnet die 44. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie und begrüßt alle Anwesenden. Da Minister Baaske verhindert<br />
sei, nehme Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder an der Sitzung teil. Zum ersten Mal in<br />
diesem Ausschuss begrüße sie den Präsidenten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes, Herrn<br />
Weiser. Dies sei die letzte Sitzung, die sie leiten werde, weil sie am 24. Oktober 2013<br />
ihr <strong><strong>Land</strong>tag</strong>smandat abgeben werde.<br />
Die Tagesordnung wird einstimmig beschlossen.<br />
Die Vorsitzende teilt unter Hinweis darauf, dass das Protokoll der letzten Sitzung<br />
elektronisch übersandt worden sei, mit, dass sich keine Einwendungen erhoben hätten,<br />
und erkundigt sich, ob sich am heutigen Tage Einwände erhöben. Dies ist nicht<br />
der Fall. Der Ausschuss bestätigt das Protokoll einstimmig mit zwei Enthaltungen.<br />
Zu TOP 1:<br />
Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO<br />
über rechtliche Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />
in Verbindung mit<br />
Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />
Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“<br />
(Drucksache 5/7774) und Beschlussfassung zum Antrag der CDU-<br />
Fraktion auf Durchführung eines Fachgespräches zu dieser Thematik<br />
- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Herr Weiser (<strong>Land</strong>esrechnungshof) führt aus, dass der Bericht über die rechtliche<br />
Betreuung schon Gegenstand der Tagesordnung des Rechtsausschusses gewesen<br />
sei. Im Plenum sei er im Rahmen des Antrags der CDU erörtert worden. Insofern sei<br />
den Abgeordneten die Tragweite dieses Themas bekannt. Er konzentriere sich auf<br />
zwei Botschaften, die sich aus dem Bericht ableiten ließen.<br />
Die erste Botschaft sei eine finanzielle. Die Ausgaben für die rechtliche Betreuung<br />
stiegen seit Jahren drastisch und kontinuierlich an. Eine Trendumkehr sei nicht ersichtlich.<br />
In der vorletzten Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen sei<br />
eine Halbjahresbilanz hinsichtlich der Ausgaben des <strong>Land</strong>es gezogen worden. Die<br />
größte sogenannte zeitanteilige Sollüberschreitung, d. h. die Prognose sei überschritten<br />
worden, habe es mit 2,1 Millionen Euro bei den Ausgaben für rechtliche Betreuung<br />
gegeben. Im Jahr 2011 habe das <strong>Land</strong> für die rechtliche Betreuung noch knapp<br />
33 Millionen Euro gezahlt. Mit Stand vom 30. September 2013 seien es schon knapp<br />
28 Millionen Euro. Hochgerechnet auf Ende Dezember 2013 käme man auf rund<br />
37 Millionen Euro. Das sei im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 12 %.
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Der <strong>Land</strong>esrechnungshof habe in seinem Bericht festgestellt, dass das <strong>Land</strong> im Jahr<br />
2011 durchschnittlich 90 000 Euro täglich für diese Zwecke ausgegeben habe. Im<br />
Moment seien es 102 000 Euro täglich. Es handele sich um eine richtige Kostenexplosion.<br />
Auf die Gründe komme man sicherlich im Verlauf der Debatte noch zu sprechen.<br />
Sie lägen in erster Linie an der Erhöhung der Vergütungen der Berufsbetreuer<br />
und der Anzahl der Berufsbetreuer.<br />
Die zweite Botschaft betreffe die Qualität der Betreuung. Nach den Prüfungserkenntnissen<br />
sei nicht durchgängig gesichert, dass die Betreuten eine qualitativ angemessene<br />
Betreuung erhielten.<br />
Die zuständigen Stellen, das seien in erster Linie die Amtsgerichte und die örtlichen<br />
Betreuungsbehörden, wüssten nicht genau, wie viele Fälle ein Berufsbetreuer gleichzeitig<br />
habe. Bei der Prüfung einer Betreuungsbehörde in einem <strong>Land</strong>kreis habe der<br />
<strong>Land</strong>esrechnungshof festgestellt, dass mehrere Betreuer dort zwischen 60 und 100<br />
Menschen gleichzeitig betreuten. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass ein<br />
Höchstmaß von 40 bis 50 Menschen gleichzeitig betreut werden könnten. In einem<br />
Extrembeispiel, das er nicht zum Maßstab erheben wolle, habe eine Betreuerin<br />
gleichzeitig 140 Menschen betreut und ein Jahreseinkommen von 230 000 Euro erzielt.<br />
Daraus ließe sich schlussfolgern, dass die Verantwortlichen - und das seien hier<br />
alle -, zusammenarbeiten, das Verfahren genau prüfen und sich Änderungen überlegen<br />
müssten.<br />
Bei der Debatte im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> habe Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder angesichts dieser<br />
unterschiedlichen Akteure im Betreuungsbereich und der komplexen Sachverhalte<br />
ein umfassendes Konzept angekündigt, das ein Bündel von Maßnahmen beinhalten<br />
solle. Diese Auffassung teile der <strong>Land</strong>esrechnungshof. Zu diesem Bündel von<br />
Maßnahmen gehöre sicherlich auch, das was die CDU in ihrem Antrag vorgeschlagen<br />
habe, nämlich eine Stärkung der Betreuungsvereine. Das sei richtig; allerdings<br />
im Rahmen von Gegenleistung und Leistung. Die Betreuungsvereine sollten gefördert<br />
werden. Man erwarte von ihnen aber als Gegenleistung, dass sie sich um die<br />
ehrenamtlichen Betreuer kümmerten, neue generierten und, was die Abgeordnete<br />
Muhß in der Debatte auch angesprochen habe, Haftpflichtprobleme abwenden könnten,<br />
indem sie entsprechend qualitativ rechtlich berieten.<br />
Er werde diese Thematik auch im Kreise der Präsidenten und Präsidentinnen der<br />
Rechnungshöfe im Auge behalten. Er habe diese Thematik auf der letzten Konferenz<br />
in Maurach am Bodensee angesprochen, weil die Situation sicherlich nicht allein in<br />
<strong>Brandenburg</strong> so sei. Die anderen Kollegen hätten dies bestätigt. Zum Teil gebe es in<br />
den Ländern ähnlich drastische Kostensteigerungen. Der <strong>Land</strong>esrechnungshof<br />
<strong>Brandenburg</strong> greife die Thematik federführend auf und versuche bei der übernächsten<br />
Konferenz, für welche <strong>Brandenburg</strong> Gastgeber sei, eine gemeinsame Stellungnahme<br />
der Rechnungshöfe vorzubereiten. Das sei bei 16 oder 17 Rechnungshöfen<br />
gar nicht so einfach. Dies sei notwendig, weil zum Teil auch bundesgesetzliche Regelungen<br />
im Raum stünden und das <strong>Land</strong> gar nicht alleine handeln könne.<br />
Die Vorsitzende bedankt sich für die Darstellung und für die Prägnanz und Kürze,<br />
mit welcher der Präsident des <strong>Land</strong>esrechnungshofes vorgetragen habe.
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) bedankt sich ebenfalls für den Vortrag. Es sei<br />
noch einmal eindringlich gesagt worden, worum es gehe. Das Thema sei auch in der<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong>sdebatte erörtert worden. Was sie dort vorgetragen habe, resultiere letztlich<br />
aus dem Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes. Erfreulicherweise habe sich der Finanzausschuss<br />
in gleicher Weise damit beschäftigt und fordere in gleicher Weise<br />
Lösungen, wie die CDU-Fraktion das in ihrem Antrag aufgegriffen habe. Der Antrag<br />
resultiere auch aus vielen Gesprächen mit Berufsbetreuern, mit Betreuungsvereinen,<br />
die sich um die Ehrenamtlichen kümmern und aus verschiedenen Einzelgesprächen.<br />
Es seien eklatante Probleme freigelegt worden, unter anderem, dass es datenschutzrechtliche<br />
Probleme gebe, weil es für Angehörige ein Problem darstelle, dass sie<br />
manchmal gewertet oder bewertet würden.<br />
Daher habe die CDU-Fraktion vorgeschlagen, im Ausschuss ein Fachgespräch mit<br />
allen Beteiligten, sowohl mit Betreuungsvereinen als auch mit den hauptamtlichen<br />
Betreuern als auch mit den Gerichten, mit Beteiligung des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />
usw. durchzuführen, sodass man die unterschiedlichen Sichten auf die Dinge bewerten<br />
könne oder sie zumindest zur Kenntnis nehmen könne und dann entsprechend<br />
bewerten könne.<br />
Es müsse ein Gesamtkonzept aus den vielen Sichten, die vorgetragen worden seien,<br />
und mit den unterschiedlichen Beteiligten an diesem Gesamtprozess vorgelegt werden,<br />
um Lösungen anbieten zu können. Dazu gehöre, dass mehr über Informationen<br />
für die Bevölkerung nachgedacht werde, etwa bei den Vorsorgevollmachten. Viele<br />
Menschen seien sich der Reichweite dieser Entscheidung nicht bewusst. Es gebe<br />
noch eine Reihe von anderen Problemen, auf welche sie jetzt im Einzelnen nicht abstellen<br />
wolle. Das Gesamtkonzept betreffe das Sozialministerium, das Justizministerium,<br />
die Richter. Ihr sei nicht klar, an welcher Stelle dieses Prozesses man im Moment<br />
stehe. Auch der Finanzausschuss wolle sich schnell mit der Thematik befassen.<br />
Es gehe an dieser Stelle sicherlich auch um die Forderung für den Nachtragshaushalt.<br />
Wenn man ein Konzept auf den Tisch lege, müsse es auch eine Verankerung<br />
im Nachtragshaushalt geben. Wenn man Projekte initiieren und neue Erkenntnisse<br />
gewinnen wolle, wie mit der Thematik an verschiedenen Stellen in anderen<br />
Bundesländern umgegangen werde, dann müsse dafür auch Geld auf den Tisch.<br />
Wenn die Betreuungsvereine in die Lage versetzt werden sollten, eine bessere Betreuung,<br />
insbesondere durch Beratung der Betreuungswilligen und Werbung von Betreuungswilligen,<br />
zu betreiben, dann müsse hier auch Geld angefasst werden.<br />
Anfang der 90er Jahre habe es eine Förderung der Betreuungsvereine gegeben, die<br />
dann im Jahr 2003 eingestellt worden sei. Hintergrund sei die Haushaltskonsolidierung<br />
gewesen. An dieser Stelle habe man sich eines Besseren belehren lassen müssen.<br />
Der Vorschlag der CDU-Fraktion für den Nachtragshaushalt werde lauten, ca.<br />
500 000 Euro dafür in die Hand zu nehmen. Das solle der Ausschuss dem Finanzausschuss<br />
entsprechend empfehlen. Der Finanzausschuss werde dem gar nicht so<br />
negativ gegenüberstehen. Sie habe schon einige Gespräche geführt und es gebe da<br />
sehr viel Verständnis. Man solle Geld in die Hand nehmen, um Modellprojekte zu<br />
finanzieren und ein Konzept zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuer auf den Weg<br />
zu bringen und damit Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Man solle auch die
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Vermeidung von Betreuung mit in den Blick nehmen und die Verbesserung der Informationen<br />
mit in die Überlegungen einbeziehen.<br />
Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder bedankt sich bei dem Präsidenten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes,<br />
weil die zur Verfügung gestellte Grundlage eine solide Basis für die<br />
Debatte um eine angemessene Steuerung in der Frage sei, wie man die Betreuung<br />
besser sicherstellen und der Kostenexplosion Einhalt gebieten könne. Es sei bei allen<br />
Rednern deutlich geworden, dass es sich um eine außerordentlich komplexe Lage<br />
handele. Verschiedene Gerichte seien damit befasst. Verschiedene Ausschüsse<br />
seien damit befasst. Verschiedene Rechtsebenen seien damit befasst. Es sei eine<br />
erhebliche Koordinationsleistung zu erbringen, um ein Gesamtkonzept zu konstituieren.<br />
Weil allen klar sei, dass es keinen Knopf gebe, den man bedienen müsse und<br />
dann werde zu einer Deeskalation in der Kosten- und Betreuungsfrage beigetragen,<br />
verwundere ihn die schnelle Forderung nach 500 000 Euro. Weil die Lage so komplex<br />
sei und die Situation von 2002 und die von heute nicht einfach vergleichbar seien,<br />
müsse man erst eine solide Aufarbeitung der Situation vorantreiben.<br />
Er habe vor einigen Wochen mit den Präsidenten der <strong>Land</strong>essozialämter gesprochen<br />
und in dem Kontext gefragt, wie es dort laufe und ob es ähnliche Entwicklungen gebe.<br />
Diese hätten das bejaht. Gleichzeitig wisse man, dass es Unterschiede gebe und<br />
müsse sich für die Frage interessieren, wie einzelne Länder zu einer besseren Kosten-<br />
und Betreuungssituation als andere Ländern kämen.<br />
Aufgabe des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie werde es sein, ein<br />
Gesamtkonzept zu entwickeln. In diesem Gesamtkonzept sehe er vier systematisch<br />
herausragende Ebenen. Das sei erstens die Frage der Bündelung der Organisationsund<br />
Kostenverantwortung. Dabei werde das Zusammenspiel zwischen den sozialrechtlichen<br />
Hilfesystemen und dem System der rechtlichen Betreuung im Zentrum<br />
stehen. Dankenswerterweise habe Herr Weiser schon darauf hingewiesen, dass man<br />
auf bundesrechtliche Rahmenbedingungen angewiesen sei. Allein über landesrechtliche<br />
Verschiebungen und Neujustierungen werde man der Lage nicht Herr werden,<br />
aber es gebe eine Reihe von Handlungskompetenzen. Man sei keineswegs zur Untätigkeit<br />
verdammt, sondern könne einiges tun und das werde man auch.<br />
Der zweite Punkt sei die Zusammenarbeit der Behörden, also Justiz, örtliche Betreuungsbehörden,<br />
überörtliche Betreuungsbehörden und der Austausch und die Koordination<br />
zwischen diesen Ebenen.<br />
Der dritte Punkt, darauf habe die Abgeordnete Schulz-Höpfner schon hingewiesen,<br />
seien betreuungsvermeidende Maßnahmen: Kooperation und Vernetzung müssten<br />
gestärkt werden. Die Abgeordnete Schulz-Höpfner habe in zutreffender Weise auf<br />
die Versorgungsvollmachten hingewiesen. Man müsse mit diesem Thema sensibel<br />
umgehen, aber in diesem Bereich sei in den letzten Jahren schon einiges passiert.<br />
Es könne noch mehr passieren, wenn eine bessere Informationspolitik betrieben und<br />
mehr Unterstützung für die Angehörigen ermöglicht werde. Überhaupt stellten die<br />
Angehörigen und die unmittelbaren Netzwerke im Umfeld der zu Betreuenden eine<br />
Schlüsselgröße dar, um in diesem Bereich weiter voranzuschreiten.
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Die vierte Ebene, die von einigen stark favorisiert werde, sei die Ebene des Ehrenamtes,<br />
der Betreuungsvereine. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
schätze diese Ebene als wichtig ein. Aber man müsse sich vergegenwärtigen,<br />
dass die Vereine von 2002 und die Vereine von 2013 sich fundamental verändert<br />
hätten. Das müsse aufgearbeitet werden. Es müsse geklärt werden, wie die Vereine<br />
unterstützt werden könnten, damit von ihnen Impulse ausgehen, um das Ehrenamt<br />
zu befördern. Viele Vereine konzentrierten sich auf die hauptamtlichen Betreuer. In<br />
diesem Sinne seien die ehrenamtliche Dimension und die Steuerungskapazität in<br />
diesem Bereich nicht unbedingt immer gegeben. Es lägen ganz unterschiedliche<br />
Vereinskonstellationen vor. Wenn man mit den Ehrenamtlern spreche, erlebe man<br />
ein buntes und vielscheckiges Bild. Im Ministerium für Arbeit, Familie, Frauen und<br />
Soziales beginne man erste Gesprächsrunden mit Experten und versuche, über Gutachten<br />
und andere Dinge die entsprechende Expertise zu erlangen, um letztlich ein<br />
Gesamtkonzept präsentieren zu können.<br />
Den Vorschlag, ein Fachgespräch durchzuführen, begrüße er sehr. Das könne diesen<br />
Prozess nur beflügeln, bringe Transparenz und solle deutlich machen, wo die<br />
Punkte seien, an denen man signifikante Veränderungen bewirken könne. Er warne<br />
allerdings ausdrücklich vor dem Gedanken, dass es einen Königsweg gebe, über<br />
den man unmittelbar die gewünschte Wirkung erlangen könne. Das werde vermutlich<br />
nicht der Fall sein. Deshalb sei das Gesamtkonzept verlangt worden. Auf der Grundlage<br />
dieses Konzeptes könne man die entsprechenden Weichenstellungen vornehmen.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) berichtet, sie habe im Rechtsausschuss<br />
im Rahmen ihrer Vertretungstätigkeit für die Abgeordnete Niels diesen sehr guten<br />
Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes schon einmal diskutiert und habe beantragt, dass<br />
er im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie ebenfalls auf die Tagesordnung<br />
gesetzt werde, bevor er vom Plenum in den Ausschuss überwiesen worden sei.<br />
Der Sozialausschuss müsse sich mit der Thematik auseinandersetzen, weil offensichtlich<br />
in den Kommunen zur Vermeidung von sozialen Beratungstätigkeiten und<br />
sozialen Unterstützungsleistungen eher der Weg gegangen werde, eine rechtliche<br />
Betreuung auszusprechen, weil die Vermeidung einer rechtlichen Betreuung mit erheblichen<br />
Kosten für die entsprechenden unteren Betreuungsbehörden oder andere<br />
soziale Einrichtungen verbunden sei. Es könne nicht sein, dass man einen Betreuer<br />
auf Kosten der <strong>Land</strong>eskasse einsetze, statt ganz gezielt punktuell unterstützende<br />
Sozialleistungen zu gewähren.<br />
Sie sei sehr erschüttert, aufgrund welcher Gründe Betreuungsanregungen ausgesprochen<br />
würden. Das seien Sehbehinderungen, psychische Probleme, Ruhestörung<br />
im Wohngebiet, Diabetes oder Analphabetismus. Dies seien keine Gründe, die eine<br />
Betreuung rechtfertigten, sondern das seien alles soziale Bedarfe, wo Unterstützungsleistungen<br />
gewährt werden müssten. Betreuung dürfe nicht überschießend angeordnet<br />
oder angeregt werden. Damit müsse man sich beschäftigen; nicht nur wegen<br />
der Kostenexplosion für die <strong>Land</strong>eskasse, sondern weil es unerträglich sei, dass<br />
Menschen unter Betreuung gestellt würden, die ganz andere Probleme hätten. Im
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Ausschuss habe man öfter über problematische Schnittstellen zwischen <strong>Land</strong>esebene<br />
und kommunaler Ebene gesprochen, etwa bei der Frühförderung.<br />
Sie spreche sich ausdrücklich für ein umfassendes Fachgespräch aus, welches diese<br />
Aspekte alle einbeziehe. Da müsse angesetzt werden und nicht nur an der Frage,<br />
wie Kosten vermieden werden könnten. Es finde eine massive Kostenverlagerung<br />
statt und das sei ein Problem.<br />
Die Vorsitzende bedankt sich für den Beitrag und stellt richtig, dass sich der Ausschuss<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie in Selbstbefassung mit dem Bericht<br />
des <strong>Land</strong>esrechnungshofes beschäftige, und dass nur der Antrag der CDU-Fraktion<br />
an den Ausschuss überwiesen worden sei.<br />
Abgeordnete Muhß (SPD) meint, sie sei selbst seit zwölf Jahren Vorsitzende eines<br />
Betreuungsvereins und am 22. Oktober 2013 wieder für vier Jahre gewählt worden.<br />
Sie stehe wirklich in der Thematik. So gern sie das Geld für ihren Betreuungsverein<br />
nehmen würde - und der könne es sicherlich gut gebrauchen - handele es sich doch<br />
um ein sehr vielschichtiges Problem. Sie werbe dafür, dieses in seiner Breite zu bearbeiten,<br />
so wie es Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder vorgeschlagen habe. Sie sehe<br />
Stellen, an denen man sehr viel mehr erreichen könne.<br />
Ein Beispiel sei eine Schulung der Verwaltungsmitarbeiter in den Sozialbehörden<br />
und der Rechtspfleger in den Gerichten, die bis heute nicht den Unterschied zwischen<br />
einem ehrenamtlichen und einem Berufsbetreuer berücksichtigten. Das sei ein<br />
ganz eklatanter Fehler, der oft passiere. Im Plenum habe sie das Beispiel von einer<br />
ihrer ehrenamtlichen Betreuerinnen angeführt, die 5 000 Euro aus eigener Tasche<br />
bezahlen solle, weil sie es versäumt habe, rechtzeitig einen Wohngeldantrag zu stellen.<br />
Und dies gerade nicht, weil sie nicht geschult worden wäre. Das sei eine Frau,<br />
die das seit 20 Jahren mache. Aber sie habe drei Betreuungen und sei voll berufstätig.<br />
Es sei einfach passiert und werde immer mal passieren können. Aber wie das<br />
Sozialamt dann mit ihr umgehe, das sei für sie der entscheidende Fehler. So etwas<br />
dürfe nicht passieren. Ähnliches erlebe man bei den Rechtspflegern, wo ganz schnell<br />
Strafen verhängt würden oder die Rechtspfleger selbst Fehler machten - etwa zwölf<br />
Jahre nicht feststellten, dass jemand eigentlich rechnungspflichtig sei und dann auf<br />
einmal von ihm verlangten, dass er für diese zwölf Jahre alle Belege bringe und<br />
gleich mit Strafe drohten. Wenn es nicht so ein hartgesottener Typ gewesen wäre,<br />
wäre ihr Verein ihn wahrscheinlich schon als Mitglied los. Den Umgang mit den ehrenamtlichen<br />
Betreuern halte sie also für einen sehr wichtigen Punkt.<br />
Aber vor allem müsse man sich auf die Vorsorgevollmachten konzentrieren. Die Betreuungsbehörden<br />
gingen sehr unterschiedlich damit um. Das Amtsgericht in Neuruppin<br />
liege in ihrem <strong>Land</strong>kreis und dort gebe es einen Rückgang von 20 % an<br />
Sachverhaltsaufklärung in diesem Jahr. Die Betreuer könnten nicht mehr mit so viel<br />
Betreuung rechnen, wie sie das „gewohnt“ seien. Dies werde damit begründet, dass<br />
alle vier Mitarbeiter der Behörde mit dem Stempel unterwegs seien und monatlich<br />
alleine 50 Vorsorgevollmachten sofort an Ort und Stelle selbst abstempelten und<br />
damit gültig machten. So gingen längst nicht alle Betreuungsbehörden vor. Sie könn-
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ten es aber. Sie wisse nicht, ob die Kommune das entscheide. Aber an dem Punkt<br />
könne man sehr viel erreichen.<br />
Man müsse prüfen, wo wirklich etwas erreicht werden könne. Sie warne davor, jetzt<br />
mit einem Schnellschuss Geld für die Betreuungsvereine einzustellen. Das allein sei<br />
nicht der Knopf, an dem man die Änderung erreichen werde.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) merkt zu den Ausführungen von Staatssekretär<br />
Prof. Dr. Schroeder an, dass die Vereine sich in der Tat verändert hätten. Sie seien<br />
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ihnen die Zuschüsse gestrichen worden<br />
seien, gezwungen worden, sich zu verändern und trotzdem noch ihre Aufgaben zu<br />
erfüllen. Es handele sich in keiner Weise um einen Schnellschuss, sondern das sei<br />
wohl überlegt. Dies könne nur ein Anfang sein, ihre Fraktion wolle ja eine Weiterentwicklung,<br />
eine Prüfung, ein Gesamtkonzept und dass man Projekte entwickele, die<br />
dann auch Geld kosteten.<br />
Ansonsten wolle sie wissen, wie das im Jahr 2014 aussehen solle. Denn der Nachtragshaushalt<br />
beziehe sich im Wesentlichen auf das Jahr 2014. Wenn man im Jahr<br />
2014 gar kein Geld in die Hand nehme, dann bleibe die Frage, was und wie dann<br />
ggf. im Jahr 2014 etwas entwickelt werden solle, das mit Kosten verbunden sei und<br />
finanziert werden müsse. Oder ob das im Klartext heiße, dass es im Jahr 2014 noch<br />
kein Gesamtkonzept geben werde und es von daher nicht notwendig sei, Geld in die<br />
Hand zu nehmen. Wenn man all das zusammenfasse, was gesagt worden sei, sei es<br />
sehr wohl notwendig, einen Anfang zu machen.<br />
Die Nachfrage der Vorsitzenden, ob sie die Abgeordnete Schulz-Höpfner richtig verstanden<br />
habe, dass Geld für die Erstellung des Konzeptes in die Hand genommen<br />
werden solle, verneint Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU).<br />
Die Vorsitzende fasst zusammen, dass das Konzept, auf Grundlage dessen dann<br />
Geld eingesetzt werde, schon da sein solle. Es sei ein bisschen kompliziert, Geld in<br />
die Hand zu nehmen, bevor das Konzept da sei.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) berichtigt, es gehe in erster Linie darum, dass<br />
die Vereine nicht mehr in der Lage seien, ihre Aufgaben so zu erfüllen, wie man sich<br />
das erhoffe oder wünsche. Die Vereine hätten in den Gesprächen, die ihre Fraktion<br />
geführt habe, gesagt, dass es immer schwieriger sei, Werbung und Schulungen zu<br />
betreiben und für die notwendige Qualität zu sorgen. Die Abgeordnete Muhß habe<br />
das im Grunde genommen gerade selber gesagt. In erster Linie werde es eine Unterstützung<br />
für die Vereine sein. Aber es könne durchaus sein, dass im Rahmen des<br />
Konzeptes gemeinsam mit den Vereinen und vielleicht sogar mit den Berufsbetreuern<br />
oder mit Hilfe des <strong>Land</strong>esrechnungshofes Projekte entwickelt würden, für die<br />
Gelder zur Verfügung gestellt werden müssten. Sie stelle sich vor, dass dieses Geld<br />
dafür eingesetzt werde. Sie würde eine entsprechende Empfehlung an den Finanzausschuss<br />
aussprechen. Dieser habe sich mit dem Thema genau in dieser Art und<br />
Weise beschäftigt. Sie wisse, dass auch Abgeordnete aus dem Finanzausschuss es<br />
für notwendig hielten, Geld in die Hand zu nehmen.
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Die Vorsitzende verweist auf die spätere Behandlung des Nachtragshaushaltes unter<br />
TOP 4.<br />
Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE) meint, dass sich im Saal alle einig seien, dass<br />
ein Fachgespräch durchgeführt werden solle. Ehe man Geld anfasse, müsse man<br />
über Inhalte reden. Wenn ein Konzept erstellt werden solle, wisse man noch nicht<br />
100%ig, wo es hingehen solle. Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder habe aufgezeigt,<br />
was ungefähr gemacht werden müsse. Man brauche den Rechtsausschuss, den Finanzausschuss<br />
und den Sozialausschuss. Deshalb solle der Ausschuss in der<br />
nächsten Sitzung festlegen, wen man einladen wolle und dann entscheiden, wann<br />
das Fachgespräch stattfinden solle, ob im Januar oder spätestens im Februar 2014.<br />
Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder meint, dass die Komplexität dieses Themas von<br />
allen Anwesenden erfreulicherweise anerkannt werde. Das Fachgespräch sei sehr<br />
wichtig. Einerseits bedürfe es einer sehr guten Vorbereitung, um wirklich die Experten<br />
und die Fragestellungen zu identifizieren, die zur Verbesserung der Lage beitragen<br />
könnten.<br />
Andererseits ermögliche das Fachgespräch eine hinreichende Transparenz, gerade<br />
in Richtung der anderen Ausschüsse. Die Thematik sei zunächst im Rechtsausschuss<br />
behandelt worden. Der Rechtsausschuss entscheide über Fragen der weiteren<br />
haushälterischen Entwicklung in diesem Bereich. Das solle berücksichtigt werden.<br />
Zugleich würden die finanziellen Rahmenbedingungen in starkem Maße durch<br />
Bundesgesetzgebung mitgeprägt.<br />
Die Fragen, wo und wie man ansetze und wo Geldbedarfe seien, könne man nur mit<br />
einer gewissen Plausibilität verfolgen, wenn man sich in diese Auseinandersetzung<br />
begebe. Das Gutachten sei eine gute Basis und es seien jetzt verschiedene Akteure<br />
am Ball. Er warne ausdrücklich vor Schnellschüssen und denke, dass man gut beraten<br />
sei, sich im nächsten Jahr Klarheit über eine Strategie zu verschaffen, die dieser<br />
insgesamt sehr angespannten und komplexen Lage Rechnung trage.<br />
Abgeordneter Büttner (FDP) meint, er habe den Eindruck, dass man das Thema in<br />
diesem Ausschuss - zumindest ein Teil - vor sich herschieben wolle. Man drehe konzentrische<br />
Kreise um sich selbst, obwohl doch aus dem Gutachten des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />
die Notwendigkeit und der Handlungsbedarf ganz offensichtlich ersichtlich<br />
seien. Insofern sei der Antrag, den die CDU zum Nachtragshaushalt stellen wolle,<br />
einfach nur gerechtfertigt. Da verstehe er auch die Abgeordnete Muhß nicht, die<br />
doch einen Betreuungsverein vertrete.<br />
Bei dem Fachgespräch seien sich alle mit Sicherheit einig. Das wolle er gar nicht in<br />
Abrede stellen. Aber wenn die Anzahl von Berufsbetreuern steige, weil es keine Ehrenamtlichen<br />
mehr gebe, weil die Betreuungsvereine nicht finanziert würden, dann<br />
gebe es eine Notwendigkeit. Diese Notwendigkeit werde durch das, was gerade veranstaltet<br />
werde, immer weiter nach hinten geschoben. Die Aktualität sei da und man<br />
diskutiere darüber, das ins nächste Jahr hineinzuschieben. Man habe die Chance,<br />
mit einem Nachtragshaushalt etwas zu entscheiden, und man entscheide nicht. Das
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 12<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
werde dem Thema nicht gerecht. Insofern werde seine Fraktion den Antrag der CDU<br />
unterstützen.<br />
Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder antwortet, der Abgeordnete Büttner trage einen<br />
simplifizierenden Aktionismus vor. Alle seien sich einig, dass man sich Klarheit verschaffen<br />
müsse, wie eine Kostenentlastung und eine bessere Betreuung erreicht<br />
werden könne. Der Abgeordnete Büttner sage einfach, dass man jetzt handeln müsse.<br />
Man müsse aber zunächst klären, auf welcher Ebene man wie vorgehen könne.<br />
Dabei spiele eine ganz entscheidende Rolle, was die anderen Länder bereits für Erfahrungen<br />
gesammelt hätten und was es für Anstöße aus den anderen Ausschüssen<br />
gebe. Dann habe man es mit den Kommunen zu tun, die eigenverantwortlich handelten.<br />
Man könne noch so tolle Vorgaben machen; die Kommunen müssten für diese<br />
Vorgaben gewonnen werden. Man brauche wirklich ein Konzept. Alles andere werde<br />
teurer, längerfristiger und weniger nachhaltig. Das Ziel müsse eine nachhaltige Gesamtlösung<br />
sein, die dem Problem Rechnung trage und das gebiete eine sorgfältige<br />
Evaluation.<br />
Die Vorsitzende meint, die Diskussion zum Nachtragshaushalt solle unter TOP 4<br />
erfolgen. Erst einmal solle der Ausschuss sich zum Fachgespräch verständigen.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie weise für sich den Vorwurf zurück,<br />
das Problem auf die lange Bank und hin- und herschieben zu wollen. Man sei<br />
sich einig, dass es ein komplexes Problem sei und dass der Ausschuss ein Fachgespräch<br />
durchführen wolle, um dieses Problem in seiner Komplexität zu erfassen. Das<br />
solle gut vorbereitet werden, indem man sich in der nächsten Sitzung über Einzuladende<br />
und Fragen einige. Es sei zu einfach, nur den Zusammenhang von Betreuungsverein<br />
und Gewinnung von Ehrenamtlern herzustellen. Sie frage, ob es allein<br />
Aufgabe der Betreuungsvereine sei, für das Ehrenamt zu werben. Die Fragen müssten<br />
differenziert für Bund, <strong>Land</strong> usw. gestellt werden. Sie wolle nicht Gründlichkeit als<br />
auf die lange Bank schieben verstanden wissen.<br />
Abgeordneter Büttner (FDP) meint, die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener könne das<br />
zurückweisen und so verstehen, wie Sie das verstehe. Deswegen halte er seine Meinung<br />
dennoch aufrecht. Das eine schließe das andere nicht aus. Das müsse man<br />
auch schlichtweg zur Kenntnis nehmen. Es gehe im Antrag der CDU darum, Projekte<br />
in den Betreuungsvereinen zu unterstützen. Im Übrigen habe er noch nie ein Programm<br />
erstellt, ohne zu wissen, welche Mittel überhaupt zur Verfügung stünden.<br />
Persönlich lasse er sich simplifizierenden Aktionismus nicht unterstellen. Das weise<br />
er zurück. Das sei kein Umgangsstil.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) meint, die Ausdrucksweise des simplifizierenden<br />
Aktionismus sei befremdlich.<br />
Es handele sich um ein komplexes Problem. Der Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes<br />
und die Zahlen, die Herr Weiser genannt habe, hätten verdeutlicht, dass in diesem<br />
Jahr die Kosten für Berufsbetreuer auf 37 Millionen Euro ansteigen würden, also auf<br />
4 Millionen Euro mehr innerhalb von zwei Jahren. Man wisse, dass die Stärkung von<br />
ehrenamtlichen Betreuern, die viel Back up und auch Hintergrund bräuchten, unter
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 13<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
anderem eine der Maßnahmen sein könne, um die Kostenexplosion zu bremsen. Sie<br />
sehe nicht, was schädlich daran sein solle, eine gewisse Summe für das Jahr 2014<br />
zur Verfügung zu stellen. Man könne mit der Komplexität auch Abwehrschlachten<br />
gegen berechtigte Haushaltsanträge führen. Ihre Fraktion werde den Antrag der CDU<br />
unterstützen.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) merkt an, dass außer Zweifel stehe, dass man<br />
auf einer seriösen Grundlage arbeiten wolle. Es gebe weitreichenden Handlungsbedarf.<br />
Sie wolle von Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder wissen, wann die Zielsetzung<br />
für ein Gesamtkonzept stehe.<br />
In anderen Bundesländern gebe es diese Erkenntnis auch. Dort habe man auch gedacht,<br />
dass man die Vereine nicht mehr fördern müsse, und kehre jetzt zu diesen<br />
Konzepten zurück. Wenn dieses Gesamtkonzept stehen solle und wenn das einen<br />
gewissen Zeitrahmen in Anspruch nehme, bedeute das, dass man auch schnelle<br />
Handlungsoptionen habe, wie für die Betreuungsvereine, und dass man langfristig<br />
ein Gesamtkonzept brauche. Beide Optionen gehörten da hinein.<br />
Abgeordnete Gregor-Ness (SPD) meint, sie sei ja nicht Mitglied in diesem Ausschuss<br />
und finde das, was ich hier gerade erlebe, faszinierend. Wenn sie normalerweise<br />
einen <strong>Land</strong>esrechnungshofbericht in einem anderen Fachausschuss behandele,<br />
dann sei die Konsequenz dessen immer, dass man versuche, herauszufinden, wo<br />
die Ursache dafür läge, dass diese Kosten immer weiter stiegen.<br />
Nachdem sie den Bericht gelesen habe und sensibilisiert durch die Debatte im <strong><strong>Land</strong>tag</strong>,<br />
habe sie gedacht, dass es verschiedene Ansätze gebe, die verfolgt werden<br />
müssten, die man auch fachlich bewerten müsse. Wie die Abgeordnete Nonnemacher<br />
zu Recht ausgeführt habe, stelle sich die Frage einer Verlagerung der Kosten in<br />
Richtung <strong>Land</strong>. Sie frage sich, wie die steigenden Fallzahlen zu begründen seien.<br />
Die simple Erklärung Demografie greife ja nicht immer. Das belege der Bericht auch.<br />
Sie frage sich, ob man nicht innerhalb des Budgets, das zur Verfügung stehe, eine<br />
Umschichtung vornehmen müsse und die Projektförderung, die im <strong>Land</strong>esrechnungshofbericht<br />
angemahnt worden sei, wieder in Richtung Betreuungsvereine ausrichten<br />
müsse, anstatt obendrauf Geld zu packen, ohne eine valide belegbare Grundlage<br />
durch ein Konzept. Deshalb verstehe sie den Ansatz nicht, einfach per Nachtragshaushalt<br />
Geld zusätzlich zur Verfügung zu stellen, anstatt an den Ursachen und<br />
an den Stellschrauben, die in dem Bericht benannt worden seien, zu arbeiten und zu<br />
schauen, was im Gesamtsystem passiere.<br />
Ihr tue es wirklich um die Menschen leid, die davon betroffen seien, die womöglich -<br />
das wolle sie jetzt auch nicht unterstellen -, zu leichtfertig in eine Betreuung geschickt<br />
würden, in eine hauptamtliche Betreuung noch dazu. Das sei nicht würdig. Der Ausschuss<br />
müsse sich eher den Menschen widmen, statt dem Geld, das gerade verlangt<br />
werde. Das könne sie nicht nachvollziehen.<br />
Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder fasst zusammen, dass es einen großen Konsens<br />
darüber gebe, dass die dargestellten Steigerungsraten so schnell wie möglich<br />
in den Griff bekommen werden müssten. Es gebe einen gewissen Dissens, wie man
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
durch kurzfristige, mittelfristige Aktivitäten vorankomme. Wenn sich der Ausschuss<br />
auf das Fachgespräch einige, wäre das schon ein erster wichtiger Schritt, wie die<br />
entsprechenden Maßnahmen und Vorstellungen debattiert werden könnten. Das<br />
<strong>Land</strong> sei nicht alleine Herr des Verfahrens. Sondern die Kommunen spielten eine<br />
wichtige Rolle, so wie die unterschiedlichen Rechtsebenen, die Vereine und die Ehrenamtlichkeit.<br />
Geklärt werden müsse, wie man die Leute am besten unterstützen<br />
und sie in die Lage versetzen könne, wirklich die Dinge zu tun, die man von ihnen<br />
erwarte. Wenn man das alles zusammennehme, dann werde ein Konzept, das dem<br />
Rechnung trage und die verschiedenen Ausschüsse zusammen bedenke, natürlich<br />
2014 als Zeitraum veranschlagen. Mit der Umsetzung komme man dann in das Jahr<br />
2015.<br />
Er halte das nach allem, was er über Gesetzgebungsverfahren und über Maßnahmen,<br />
mit denen man einer solch komplexen Materie Herr werden wolle, für einen<br />
vernünftigen Zeitraum, der hoffentlich dazu beitrage, dass man kostendämpfend,<br />
kostenminimierend und in der Qualität besser aufgestellt sei. Man brauche die Erfahrung<br />
der anderen Länder. Die werde man nicht von heute auf morgen zur Verfügung<br />
haben. Man brauche die Abstimmungsprozesse. Deshalb sei man gut beraten, das<br />
Jahr 2014 als Sprungbrett zu einer qualitativ neuen Bearbeitung dieses Themenfeldes<br />
zu nutzen. In diesem Sinne habe man gerade durch die Initiative der CDU-<br />
Fraktion eine hervorragende Ausgangsbasis. Wenn man sich die Zeit nicht einräume,<br />
dann werde es teurer und weniger nachhaltig.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) antwortet, ihre Fraktion wolle die Zeit einräumen,<br />
weil sie ein Gesamtkonzept wolle. In Bezug auf das Fachgespräch seien sich<br />
alle einig, dieses nicht zu weit nach hinten zu schieben. Auf den Antrag für den<br />
Nachtragshaushalt werde sie unter TOP 4 eingehen.<br />
Herr Weiser (<strong>Land</strong>esrechnungshof) befürwortet ebenso ein Gesamtkonzept. Dazu<br />
gehöre sicherlich der Antrag der CDU-Fraktion. Er wolle sich als Vertreter einer politisch<br />
neutralen Institution nicht dazu äußern, ob das Schnellschuss sei oder nicht.<br />
Das müsse der Ausschuss entscheiden.<br />
Es müssten viele verschiedene Dinge berücksichtigt werden, die in dem Bericht angelegt<br />
seien. Deswegen sei es richtig, wenn sich Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder<br />
eine gewisse Zeit nehme. Die dürfe allerdings auch nicht zu lange sein. Aber wenn<br />
man alle Komponenten betrachte, handele es sich um eine sehr anspruchsvolle ambitionierte<br />
Aufgabe.<br />
Er weise darauf hin, dass es Punkte gebe, die in den Fokus gerückt werden müssten.<br />
In <strong>Brandenburg</strong> erhielten zum Beispiel drei Viertel aller Berufsbetreuer den höchsten<br />
Vergütungssatz. Die Rechtspfleger seien zuständig für die Einstufung. Darum müsse<br />
man sich kümmern. Über bessere Werbung für die Vorsorgevollmacht müsse man<br />
sprechen. Die Abgeordnete Nonnemacher habe da einen wichtigen Punkt angesprochen,<br />
vielleicht mit weniger Geld bei den niederschwelligen Angeboten eine ganze<br />
Menge zu machen, um Betreuungsvermeidung zu betreiben. Es müsse ein ganzer<br />
Strauß von Maßnahmen berücksichtigt werden. Der Weg sei richtig, allerdings dürfe<br />
es nicht zu lange dauern.
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Die Vorsitzende bedankt sich noch einmal für die Impulse zur Planung des Fachgesprächs.<br />
Sie stelle fest, dass es Einverständnis dazu gebe, ein Fachgespräch durchführen.<br />
Sie schlage vor, bis zum 6. November 2013 bereits die Einzuladenden - zwei<br />
pro Fraktion - für das Fachgespräch zu benennen und gleich die Fragen mit einzureichen.<br />
Dann müsse entschieden werden, ob das Fachgespräch in der Sitzung am<br />
15. Januar 2014 stattfinden solle oder ob es im Sinne der qualitativen Vorbereitung<br />
besser sei, das Fachgespräch am 19. Februar 2014 durchzuführen.<br />
Sie bedanke sich bei den beiden Vertretern des <strong>Land</strong>esrechnungshofes, dem Präsidenten<br />
Herrn Weiser und Frau Kreis für die Teilnahme an der Sitzung.<br />
Zu TOP 3:<br />
Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der<br />
Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen<br />
- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache<br />
5/7921)<br />
Die Vorsitzende begrüßt Frau Dr. Lemmermeier, die Integrationsbeauftragte, sowie<br />
Herrn Hoene (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur). Federführend sei<br />
der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zuständig für die Beratung<br />
des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung<br />
im Ausland erworbener Berufsqualifikationen - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />
(Drucksache 5/7921). Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
könne entscheiden, ob er dem federführenden Ausschuss noch eine Stellungnahme<br />
zukommen lassen wolle.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie wolle nicht auf die einzelnen Regelungen<br />
eingehen, zu welchen der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und<br />
Kultur sehr detailliert Stellung genommen habe. Man brauche die qualifizierten ausländischen<br />
Fachleute, um der Fachkräfteproblematik zu begegnen. Dieses Gesetz<br />
fördere aber auch die Willkommenskultur und sei eine wichtige Leistung für die Integration.<br />
Frau Dr. Lemmermeier (Integrationsbeauftragte) bedankt sich für die Einladung.<br />
Erfreulicherweise gebe es jetzt diese Gesetzesvorlage. Damit wolle man einheitliche<br />
Anerkennungsverfahren herbeiführen. In ihrer ersten Stellungnahme zum Gesetzentwurf<br />
vom April 2013 habe sie darauf hingewiesen, dass es wünschenswert sei,<br />
möglichst viele Berufe in das Qualifikationsfeststellungsgesetz mit einzubeziehen.<br />
Nur so könne das Ziel erreicht werden, einheitliche Verfahren und Transparenz bei<br />
der Anerkennung - und zwar für alle Personen mit ausländischem Abschluss - zu<br />
gewährleisten. Es gehe zum Beispiel darum, Verfahrensunterschiede zwischen EU-<br />
Bürgern oder Drittstaatenangehörigen zu vermeiden. Das sei gerade in Anbetracht<br />
der jetzigen Situation der steigenden Flüchtlingszahlen ein wichtiger Punkt.<br />
In den vorliegenden Entwurf seien insgesamt 28 Berufe in das <strong>Land</strong>esanerkennungsgesetz<br />
einbezogen; neun seien durch Spezialregelungen ausgenommen worden.<br />
Das sei in anderen Bundesländern ebenso. <strong>Brandenburg</strong> liege mit 28 Berufen in<br />
der guten Mitte.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 16<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Bedauerlicherweise seien einige sehr häufig im Anerkennungsverfahren vertretene<br />
Berufsgruppen, nämlich Ingenieure, Gesundheitsfachberufe und Architekten ausgenommen<br />
worden. Es gebe zwar in den entsprechenden Fachgesetzen Regelungen<br />
zur Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses; die unübersichtliche Situation<br />
in diesen Berufen bleibe aber bestehen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es<br />
je nach Herkunftsland des Antragstellers zu unterschiedlichen Verfahrenswegen<br />
komme, obwohl es zum Beispiel im Gesundheitsbereich schon heute einem spürbaren<br />
Fachkräftemangel gebe. Sie hätte sich gewünscht, dass man für diese Berufe<br />
das Qualifikationsfeststellungsgesetz anwende, um die Anerkennungsverfahren zukünftig<br />
zu beschleunigen und dass der Antragsteller ein Recht auf einen Bescheid<br />
innerhalb von drei Monaten habe. So habe man vielleicht eine Chance für einen großen<br />
Wurf - wenn sie das so sagen dürfe - vertan. Aber <strong>Brandenburg</strong> sei auch nicht<br />
das einzige Bundesland, in dem das so sei.<br />
Eine weitere große Berufsgruppe unter den Personen mit Migrationshintergrund in<br />
<strong>Brandenburg</strong> und den anderen Bundesländern seien Lehrerinnen und Lehrer. Personen<br />
mit einem ausländischen Lehrerabschluss besuchten häufig die Anerkennungsberatungsstelle<br />
im Netzwerk Integration durch Qualifizierung, um zu erfahren, wie sie<br />
mit ihrem Abschluss an einer <strong>Brandenburg</strong>er Schule tätig werden könnten. Bisher sei<br />
das sehr schwierig gewesen. Zwar habe man die Lehramtsberufe in dem neuen Gesetzentwurf<br />
weiterhin ausgeschlossen, aber - und das begrüße sie ausdrücklich - es<br />
gebe seit dem 1. Juli 2013 eine fachgesetzliche Verordnung, in der die Eckpunkte<br />
des <strong>Land</strong>esanerkennungsgesetzes umgesetzt worden seien. Das sei für die ausländischen<br />
Lehrerinnen und Lehrer eine deutliche Verbesserung. Diese hätten jetzt die<br />
Wahlmöglichkeit, ob sie in einen Anpassungslehrgang gehen oder sich einer Eignungsprüfung<br />
unterziehen wollten. Davon würden viele Lehrerinnen und Lehrer, insbesondere<br />
aus Osteuropa, profitieren, die bisher zum Teil arbeitslos seien oder deutlich<br />
unter ihrer Qualifikation arbeiteten.<br />
Die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen sei nicht nur eine seit langem<br />
erhobene integrationspolitische Forderung, sondern sie sei in Zeiten des Fachkräftemangels<br />
auch ein wichtiger Standortfaktor. Das habe die Bundes- und auch die<br />
<strong>Land</strong>espolitik mit der Änderung dieses Gesetzes umgesetzt.<br />
Hinweisen wolle sie noch auf die Tatsache, dass das Thema Berufsanerkennung mit<br />
dem Anerkennungsverfahren nicht aufhöre. In vielen Fällen gebe es nur eine Teilanerkennung,<br />
verbunden mit bestimmten Auflagen, etwa Qualifikationen nachzuholen<br />
oder - das komme immer wieder vor - es müsse ein bestimmtes Sprachniveau nachgewiesen<br />
werden. Letzteres sei oft schwer, weil die betroffene Person im Flächenland<br />
<strong>Brandenburg</strong> einen Sprachkurs finden müsse, der das nötige Niveau anbiete.<br />
Wegen der geringen Fallzahlen entstünden lange und nicht unerheblich mit finanziellem<br />
Aufwand verbundene Fahrtwege.<br />
In der Vergangenheit habe man erste Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel<br />
für Ärzte, Krankenpflegekräfte oder Ökonomen. Vor kurzem habe sie an der Eröffnung<br />
einer Fachhochschul-Qualifikation zur Fachkraft im Sozialbereich teilgenommen.<br />
Nicht wenige von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern hätten täglich einen<br />
Anfahrtsweg von über zwei Stunden. Das zeige, wie gewünscht und wie notwendig
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 17<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
diese Angebote seien. Es spreche für die hohe Motivation und den dringenden<br />
Wunsch dieser Menschen, wirklich etwas zu tun und weiterzukommen.<br />
Das Netzwerk Integration durch Qualifizierung, das im Ministerium für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie angesiedelt sei und aus Bundesmitteln vom Bundesministerium<br />
für Arbeit und Soziales, der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung gefördert werde, prüfe derzeit, wo noch Qualifizierungsbedarfe<br />
und Sprachkurse notwendig seien. Ein neues Thema, dem man sich<br />
gewidmet habe, seien Bewerbungstrainings. Sie hoffe, dass der Bund spätestens ab<br />
2015 für die Qualifizierung noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stelle.<br />
Abgeordnete Schier (CDU) betont, dass sie dieses Gesetz für sehr wichtig halte. Es<br />
passe auch in den Ausschuss, angesichts dessen, dass man schon lange beklagt<br />
habe, dass hochqualifizierte Aussiedler wie verschwendete Ressourcen „brach lägen“.<br />
Deswegen habe der Bund mit diesem Gesetz etwas Gutes auf den Weg gebracht<br />
und <strong>Brandenburg</strong> als <strong>Land</strong> schließe sich jetzt an.<br />
Zur Kritik, dass einige Berufe ausgeschlossen seien, meine sie, dass man einerseits<br />
ganz dringend Lehrer brauche und in Physik und Chemie ändere sich wahrscheinlich<br />
nichts, aber die Lehrer müssten andererseits wirklich gute Sprachkenntnisse vorweisen.<br />
Das Gleiche gelte für Mediziner. Man erlebe heute schon in den Kliniken, dass<br />
dort um Worte gerungen werde. Die Fachkräfte müssten der deutschen Sprache<br />
mächtig sein. Ihr gehe das auch alles ein bisschen zu langsam voran. Aber wenn<br />
dann Zusatzqualifikationen abgeschlossen würden und es zum rechtsgültigen Abschluss<br />
komme, solle man sich eben noch ein halbes Jahr oder ein Jahr Zeit geben,<br />
um die Abschlüsse 100%ig anzuerkennen. Grundsätzlich finde sie das gut, auch in<br />
Bezug auf die Fachkräftesicherung.<br />
Der Gesetzentwurf sei federführend an den Wissenschaftsausschuss überwiesen<br />
worden. Dort sei das Thema auch originär angesiedelt. Sie wisse nicht, ob der Ausschuss<br />
noch eine Empfehlung geben solle, außer dass das Gesetz auf den Weg gebracht<br />
werden solle.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie habe zwei Probleme. Das eine<br />
sei, dass man sich auch mit dem Übergang beschäftigen solle, also bis zur vollständigen<br />
Anerkennung. Sie meine vor allen Dingen Lehrerinnen und Lehrer. In ihrem<br />
Wahlkreis habe es Schwierigkeiten gegeben, eine Hortbetreuerin, die sich wirklich<br />
bewährt habe, anzustellen, damit sie die Grundschule unterstütze.<br />
Ihre zweite Frage betreffe die Altersgrenzen. Es gebe viele hochqualifizierte Menschen,<br />
gerade auch Aussiedler, die mindestens über 40 oder 50 Jahre alt seien. Sie<br />
wolle wissen, ob es Altersgrenzen gebe, die ausschließen würden, dass man mittels<br />
Qualifizierung in so eine Fachkraft investiere.<br />
Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE) meint, alle seien froh, dass dieses Gesetz jetzt<br />
komme. Sie habe eine Nachfrage zum Verständnis. Frau Dr. Lemmermeier habe gesagt,<br />
es gebe bestimmte Berufsgruppen, die durch Spezialregelungen aus dem Anwendungsbereich<br />
genommen worden seien, und unter anderem auch das Problem
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der Lehrerinnen und Lehrer aufgezeigt. Sie wolle wissen, was den Lehrer und die<br />
Lehrerin vom Arzt unterscheide. Es gebe viele Ärzte, die sehr schnell in Krankenhäusern<br />
eingesetzt würden. Sie wolle wissen, wer darüber entscheide, wer sofort und<br />
schnell seine Anerkennung bekomme und wer vielleicht noch mit einer Spezialregelung<br />
oder mit einer Sonderregelung warten müsse.<br />
Die Vorsitzende ergänzt zur Situation der Lehrerinnen und Lehrer, dass es, um eine<br />
gute Lehrerin oder ein guter Lehrer zu sein, nicht wichtig sei, ob jemand ein guter<br />
Physiker oder guter Mathematiker sei. Aber sie unterstütze, was die Abgeordnete<br />
Schier gesagt habe. Voraussetzung sei immer die Beherrschung der deutschen<br />
Sprache. Das gelte auch bei anderen Berufsabschlüssen: Bei Ärztinnen und Ärzten<br />
gebe es zum Beispiel eine zentrale Anerkennung, die Sprachprüfung sei für alle<br />
gleich. Das könne sie sich für andere Berufsgruppen genauso vorstellen. Dann wäre<br />
die Problematik eigentlich nicht gegeben. Man könne auch zusätzlich so etwas wie<br />
ein Referendariat in verkürzter Form für drei Monate oder ein halbes Jahr einführen.<br />
Sie bitte zu erläutern, warum das nicht so überprüft würde.<br />
Frau Dr. Lemmermeier (Integrationsbeauftragte) meint, in Bezug auf die Lehrer<br />
müsse man das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport fragen. Der wesentliche<br />
oder wichtige Unterschied zwischen Lehrern und Medizinern sei zum Beispiel, dass<br />
in Osteuropa in der Regel nur ein Fach studiert werde und in Deutschland zwei. Die<br />
Menschen müssten dann ein zweites Fach nachholen. Bildung spiele im Föderalismus<br />
eine große Rolle und darauf legten auch die Länder großen Wert. Daher habe<br />
man das eigentlich fast immer für Lehrer und Lehrerinnen gesondert geregelt. Man<br />
könne überlegen, was man noch an Qualifikationen anbieten könne. Sprache spiele,<br />
da gebe sie der Abgeordneten Schier und allen anderen Recht, generell eine große<br />
Rolle. In <strong>Brandenburg</strong> sei es manchmal schwer, Sprachkurse zu finden, die das geforderte<br />
Niveau abdeckten.<br />
Altersgrenzen seien ihr nicht bekannt. Gerade in Bezug auf die Aussiedler, die schon<br />
lange im <strong>Land</strong> seien, bevor es diese Möglichkeit der Anerkennung gegeben habe, sei<br />
aber, wenn man ehrlich sei, der Zug abgefahren. Wer 20 Jahre aus dem Beruf raus<br />
sei und etwas ganz anderes gemacht habe, dem helfe die jetzige Änderung nicht<br />
mehr. Das sei nicht schön und für jeden einzelnen Fall eine schlimme Sache. Aber<br />
man könne diejenigen, die noch ein bisschen näher dran seien und die noch die<br />
Möglichkeit hätten, von der Neureglung profitieren lassen. Dies zeige eindeutig, dass<br />
es allerhöchste Zeit für so ein Gesetz gewesen sei.<br />
Herr Hoene (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur) ergänzt auf Nachfrage<br />
der Vorsitzenden, dass es in dem Gesetzentwurf keine Altersgrenzen gebe. Im<br />
ersten Artikel werde das allgemeine Verfahren über die Feststellung, ob etwas<br />
gleichwertig sei oder nicht, geregelt und was man mache, wenn die beruflichen Qualifikationen<br />
nicht gleichwertig seien. Eine kleine Einschränkung bestehe, wenn das<br />
Verfahren auf einen Beruf ausgerichtet sei, der zu einer Verbeamtung führe. Das sei<br />
aber nicht mehr Gegenstand des Gesetzes, sondern das seien die beamtenrechtlichen<br />
Voraussetzungen. Da gebe es Altersgrenzen. Das habe mit der Anerkennung<br />
nichts zu tun.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 19<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Der entscheidende Unterschied zwischen Lehrern und Ärzten bestehe darin, dass<br />
Arzt ein bundesgesetzlich geregelter Beruf sei. Das treffe auf die meisten Berufe zu.<br />
Die Anerkennung richte sich dann nach dem Gesetz über die Feststellung der<br />
Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen des Bundes bzw. nach den dort geregelten<br />
über 60 Ausnahmen. Lehrer und die anderen vorhin angesprochenen Berufe seien<br />
landesrechtlich geregelte Berufe. Für die gebe es im Gesetz über die Feststellung<br />
der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen des Bundes keine Regelung. Deswegen<br />
sei hierfür ein <strong>Land</strong>esgesetz notwendig. Mit der Änderung des Lehrerbildungsgesetzes<br />
und den darauf aufbauenden Verordnungen sei man überholt worden.<br />
Deswegen gebe es diese - fast wörtlich inhaltsgleiche, aber an einer anderen Stelle<br />
geregelte - Bestimmung in der Lehramtsqualifikationsfeststellungsverordnung.<br />
Die Entscheidung, ob ein Beruf in das Gesetz einbezogen werde oder nicht, sei ein<br />
Gemeinschaftswerk aller Ressorts. Das fachlich zuständige Ressort habe im Ergebnis<br />
zu beurteilen, ob ein Beruf unter die allgemeine Regelung fallen könne. Das Gesetz<br />
sei insofern offen für Zuwachs. Wenn in einzelnen Berufen zukünftig auf Sonderregelungen<br />
verzichtet werden solle, gelte automatisch Artikel 1 - also das <strong>Land</strong>esberufsqualifikationsfeststellungsgesetz<br />
-, sodass es dann in Zukunft keiner Änderung<br />
bedürfe.<br />
Auf Nachfrage der Vorsitzenden, stellt Herr Hoene (Ministerium für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur) klar, dass ausländische Berufsabschlüsse bei Lehrerinnen<br />
und Lehrern im Lehrerbildungsgesetz bzw. über die Verordnungsermächtigung und<br />
zwei daraufhin erlassene Verordnungen berücksichtigt würden.<br />
Abgeordnete Muhß (SPD) meint, dass in „Provinzkrankenhäusern“ die Ärzteschaft<br />
inzwischen multikulturell sei. Sie habe eine Pension in Wünsdorf, in welcher einige<br />
Ärzte aus Jordanien und Palästina wohnten, die erst mal nur Ein-Jahres-Verträge<br />
bekämen und nur Deutsch im Goethe-Institut in Jordanien studiert hätten. Sie habe<br />
sich erst gewundert, aber nun verstanden, dass es Berufsgruppen gebe, die der Gesetzgebung<br />
des Bundes unterfielen. Der vorliegende Gesetzentwurf gelte nun für 28<br />
Berufsgruppen, für die das <strong>Land</strong> zuständig sei. Sie wundere sich aber, warum unter<br />
den bundesrechtlich geregelten Berufen allein die Ärzte so auffielen und frage sich,<br />
ob dies daran liege, dass man mit dieser Berufsgruppe am ehesten Kontakt habe. Es<br />
müsse doch andere Berufsgruppen geben, die vom Bund schon längst geregelt seien<br />
und bei denen das auch so problemlos funktioniere.<br />
Die Vorsitzende ergänzt aus ihrer Sicht als Gesundheitspolitikerin, dass diese Frage<br />
bei den Ärzten besonders auffalle, weil Ärzte dauernd im politischen Fokus stünden.<br />
Auch bei den Ärzten habe es Probleme gegeben, deshalb gebe es jetzt die bundeseinheitliche<br />
Regelung einer gleichen Sprachprüfung für Ärzte, was ursprünglich in<br />
den Ländern sehr unterschiedlich geregelt gewesen sei. In der Praxis habe es sehr<br />
unterschiedliche Niveaus des Beherrschens der Sprachkenntnisse gegeben. Die Anerkennung<br />
von ärztlichen Abschlüssen im Ausland habe man in der letzten Legislaturperiode<br />
auf den Weg gebracht.<br />
Die Vorsitzende stellt Einverständnis darüber fest, dass man den Tagesordnungspunkt<br />
abschließe, ohne eine Empfehlung an den Ausschuss für Wissenschaft, For-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 20<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
schung und Kultur oder das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur abzugeben.<br />
Zu TOP 4:<br />
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des<br />
Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre<br />
2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG<br />
2013/2014) - Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache<br />
5/7910), Einzelplan 07<br />
in Verbindung mit<br />
Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt<br />
und Finanzen<br />
Die Vorsitzende führt aus, dass für das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die<br />
Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre<br />
2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf<br />
der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07, drei Änderungsanträge<br />
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorlägen.<br />
Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) berichtet, dass es<br />
im Laufe des Haushaltsjahres 2013 bei einigen Ansätzen des Haushaltsplans erhebliche<br />
Veränderungen gegeben habe. Diese Veränderungen lägen im Entwurf des<br />
Nachtrags zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan 2013/2014 vor. Der Einzelplan<br />
07 sei von diesen Änderungen nur an einer Stelle betroffen. Diese Änderung<br />
befinde sich auf der Seite 230 des Gesetzentwurfes. Es handele sich um die Haushaltsstelle<br />
Kapitel 07 070 Titel 633 70 - Kostenerstattungen an örtliche Sozialhilfeträger.<br />
Dieser Titel beinhalte insbesondere die Kostenerstattungen für die Eingliederungshilfe<br />
für behinderte Menschen und für die Hilfe zur Pflege. Die Ausgaben würden<br />
sich bei diesem Titel um 23,2 Millionen Euro im Jahr 2014 erhöhen. Damit steige<br />
der Gesamtansatz von 397,6 Millionen Euro auf rund 420,9 Millionen Euro. Ursächlich<br />
für diese Veränderung sei, dass nunmehr zwischenzeitlich im Jahr 2013 die Ergebnisse<br />
des Kostenerstattungsverfahrens 2012 vorlägen und auf dieser Grundlage<br />
dann auch die Haushaltsansätze 2013/2014 neu kalkuliert worden seien.<br />
Es gebe im Wesentlichen drei Ursachen für diese Ansatzsteigerung von<br />
23,2 Millionen Euro. Ursache 1: Die Ausgaben der örtlichen Sozialhilfeträger in 2012<br />
seien höher gewesen als prognostiziert. Dies habe zu einer Anhebung der Basis und<br />
bei einer Fortschreibung über die Jahre zu einem Mehrbedarf allein in 2014 in Höhe<br />
von 5,1 Millionen Euro geführt.<br />
Punkt 2: In 2014 würden voraussichtlich Nachzahlungen für das Jahr 2013 fällig werden.<br />
Ursache sei, dass man auf Basis der Abrechnung 2012 den Gesamtkostenerstattungsbetrag<br />
für 2013 neu kalkuliert habe. Da werde deutlich, dass die mit den<br />
Kommunen vereinbarten Budgets nicht auskömmlich seien. Der zu zahlende Ausgleichsbetrag<br />
sei im Jahr 2014 fällig. Das beruhe auf der gesetzlichen Regelung,<br />
dass nicht im laufenden Jahr ein Ausgleich stattfinde, sondern dass der Spitzenaus-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 21<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
gleich erst im darauffolgenden Jahr erfolge. Das mache allein im Jahr 2014 einen<br />
Betrag von rund 13,5 Millionen Euro aus.<br />
Der dritte Grund für die Ansatzsteigerung sei, dass man bei den Kalkulationen für<br />
den Haushaltsplan 2013/2014 mit einer Personal- und Sachkostensteigerung von<br />
2 % im Jahr 2014 gerechnet habe. Die zwischenzeitlichen Tarifsteigerungen im öffentlichen<br />
Dienst seien deutlich höher. Es sei zu erwarten, dass die Einrichtungsträger<br />
- auch vor dem Hintergrund eines teilweisen Arbeitskräftemangels im sozialen<br />
Bereich - hier einen Nachholbedarf geltend machen würden, dem sich das <strong>Land</strong> als<br />
Gesamtkostenträger nicht verschließen könne und wolle. Man habe daher die Ansätze<br />
für die Fortschreibung der Personal- und Sachkosten von 2 % auf 3 % angehoben.<br />
Das mache im Ergebnis einen Betrag von 3,4 Millionen Euro aus.<br />
Diese drei Beträge addiert, führten im Wesentlichen zu der Ansatzsteigerung bei dem<br />
Titel Kostenerstattungen an die Sozialhilfeträger im Jahr 2014.<br />
Er wolle an dieser Stelle auch auf zwei Ansatzveränderungen hinweisen, die nicht<br />
den Einzelplan 07 beträfen, sondern den Einzelplan 20 - Allgemeine Finanzverwaltung.<br />
Die Ansätze würden vom Ministerium bzw. vom <strong>Land</strong>esamt für Soziales und<br />
Versorgung bewirtschaftet.<br />
Es handele sich zum einen um die Haushaltsstelle Kapitel 20 030 Titel 633 11 - Erstattung<br />
von Kosten für die Unterbringung, Sozialleistungen und Gesundheitsuntersuchungen<br />
für ausländische Flüchtlinge und Aussiedler sowie nach § 108 SGB XII, in<br />
dem Entwurf auf Seite 281. Im Jahr 2013 bestehe gegenüber den bisherigen Ansätzen<br />
einen Mehrbedarf von 12,5 Millionen Euro und in 2014 einen Mehrbedarf von<br />
23,8 Millionen Euro. Ursächlich hierfür sei, dass die Zahl der Flüchtlinge, die das<br />
<strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> aufnehme, im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 stark angestiegen<br />
sei. Während das <strong>Land</strong> im Jahr 2012 eine Aufnahmeverpflichtung für 1 389<br />
Personen eingegangen sei, werde sich, wenn man die Prognose des Bundesamtes<br />
für Migration und Flüchtlinge zugrunde lege, die Zahl der Antragsteller auf Asyl auf<br />
rund 3 300 erhöhen. Diesen Fallzahlanstieg habe man im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens<br />
2013/2014 nicht vorhergesehen und dementsprechend im<br />
Haushaltsansatz nicht abgebildet. Mit dem Nachtragshaushalt solle eine entsprechende<br />
Korrektur vorgenommen werden.<br />
Dann weise er auf den Mehrbedarf bei der Haushaltsstelle Kapitel 20 710 Titel<br />
631 11 - Erstattungen an den Bund für Zusatzversorgungssysteme - hin. Es bestehe<br />
ein Mehrbedarf in Höhe von 9,5 Millionen Euro im Jahr 2013 und in Höhe von rund<br />
23,5 Millionen Euro im Jahr 2014. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz<br />
regele die Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der WBA<br />
und deren Überführung in die allgemeine gesetzliche Rentenversicherung. Nach § 15<br />
dieses Gesetzes würden dem Bund die entstehenden Aufwendungen von den neuen<br />
Ländern in Höhe von 60 % ersetzt.<br />
Als der Haushaltsplan 2013/2014 aufgestellt worden sei, hätten die entsprechenden<br />
Ansätze des Bundeshaushalts noch nicht vorgelegen. Auf der Grundlage der jetzt<br />
vorliegenden Ansätze des Bundes und auf der Grundlage eines Bevölkerungs-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 22<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
schlüssels von 17,76 % - dem Bevölkerungsanteil <strong>Brandenburg</strong>s an der Gesamtbevölkerung<br />
der neuen Länder - sei diese Nachsteuerung im Nachtragshaushalt vonnöten.<br />
Abgeordnete Schier (CDU) bedankt sich für die Ausführungen. Sie verstehe nicht,<br />
dass Tarifabschlüsse angeführt würden. Jeder gute Haushälter rechne Tariferhöhungen<br />
mit ein. Das könne nicht als Grund für Mehrbedarf angeführt werden. Man habe<br />
einen Aufwuchs von 23 Millionen Euro und das seien Nachzahlungen. Vor dem Hintergrund<br />
der demografischen Entwicklung frage sie, ob die Zahl realistisch sei oder<br />
man sie nicht noch viel höher hätte ansetzen müssen.<br />
Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) antwortet, dass<br />
man Vorsorge für Personal- und Sachkostensteigerungen in Höhe von 2 % getroffen<br />
habe. Im Ergebnis der Tarifsteigerungen zeichne sich ab, dass diese Zahl nicht ausreichend<br />
sein werde und deswegen erfolge die Erhöhung um ein weiteres Prozent.<br />
Vorsorge sei getroffen worden, aber sie sei nicht ganz ausreichend gewesen.<br />
Die Zahlen, die man jetzt als Nachzahlungen vorgesehen habe, beruhten auf dem<br />
Ergebnis des Kostenerstattungsverfahrens 2012 und seien insoweit erhärtet. Die Abrechnung<br />
für das Jahr 2013 habe man nicht. Aber man habe auf der Basis der Abrechnung<br />
für das Jahr 2012 neu kalkuliert und den voraussichtlichen Gesamterstattungsbetrag<br />
für das Jahr 2013 berechnet.<br />
Das Problem bei der gesamten Kostenerstattung sei, dass die Ansätze in den Jahren<br />
2006 bis 2009 im Finanzausgleichsgesetz pauschal nachgewiesen worden seien.<br />
Erst seit dem Jahr 2010 gebe es ein Kostenerstattungsverfahren. Die Zahlenreihen,<br />
mit denen man bessere Prognosen für die Zukunft abgeben könne, müssten sich erst<br />
langsam im Laufe der Jahre herausbilden.<br />
Die Summe von 23 Millionen Euro höre sich viel an, andererseits sei das auch ein<br />
Gesamtansatz von über 400 Millionen Euro. Wenn man beispielsweise bei Kosten<br />
der Insolvenzberatungsstellen beim Ansatz von 1,5 Millionen Euro um 3 % daneben<br />
liege, dann würde sich das sozusagen „nur“ um 45.000 Euro handeln. Man würde<br />
fast sagen, dass man eine Punktlandung gemacht habe.<br />
Die Vorsitzende bedankt sich für die Erläuterungen. Sie schlage vor, in der Reihenfolge<br />
der schriftlich vorliegenden Anträge vorzugehen. Sie bitte die Abgeordnete<br />
Nonnemacher, ihre drei Anträge zu begründen.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) meint, dies könne sie relativ kurz halten.<br />
Es handele sich um die ceterum censeo -Anträge ihrer Fraktion, die sie schon mehrfach<br />
begründet habe. Es handele sich wieder um die 300.000 Euro Steigerung für die<br />
Frauenhäuser zur Versorgung von von Gewalt bedrohten Frauen und ihren Kindern.<br />
Es handele sich weiter um eine Antragsteigerung um 100.000 Euro wegen der untertariflichen<br />
Bezahlung von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern in landesweiten<br />
Verbänden. Auch diesen Antrag habe sie bei den letzten Haushaltsberatungen<br />
schon gestellt, weil sie das weiterhin für ein großes Problem halte.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 23<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Es handele sich schließlich um eine Ansatzerhöhung um 100.000 Euro Projektförderung<br />
im Bereich der <strong>Land</strong>esverbände AndersARTiG e. V. und Bündnis Faires <strong>Brandenburg</strong>.<br />
Die Deckungsquelle sei bei allen drei Anträgen dieselbe: Zinsen für Kreditmarktmittel.<br />
Sie sei der Meinung, dass man bei den guten Einnahmeverhältnissen momentan<br />
aufgrund der letzten Steuerschätzung und der Niedrigzinsphase diesen Posten in<br />
dieser Höhe nicht ausschöpfen werde und dass man daraus die Gegenfinanzierung<br />
bewerkstelligen könne.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint zu dem Antrag zur Bezahlung von Geschäftsführerinnenstellen,<br />
dass es zwischenzeitlich eine Erhöhung gegeben habe.<br />
Sie wolle wissen, ob die in dem Antrag angeführten 80 % der Personaldurchschnittskosten<br />
das seien, was man momentan mit der bereits erfolgten Erhöhung habe.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) erinnert, dass die Koalitionsfraktionen im<br />
Zuge der Haushaltsberatungen zugegeben hätten, dass es mit der sehr stark untertariflichen<br />
Bezahlung der Geschäftsführerinnen ein Problem gebe. Es sei dort ein<br />
wenig nachgebessert worden. Das sei aber bei weitem nicht ausreichend gewesen,<br />
um die Eingruppierung, die eigentlich angemessen wäre, zu erzielen.<br />
Die Vorsitzende erinnert, dass man den Anteil des <strong>Land</strong>es an den Stellen der Geschäftsführerinnen<br />
für die tarifliche Höherbezahlung erhöht habe. Aber das <strong>Land</strong><br />
zahle ja nicht die komplette Stelle der Geschäftsführerin. Für den Anteil des <strong>Land</strong>es<br />
habe man mehr Mittel für die Anpassung zur Verfügung gestellt, aber nicht für den<br />
anderen Anteil. Das wäre dann so weiter zu finanzieren, sicher auch über einen höheren<br />
Anteil der anderen Stellen oder Kostenträger.<br />
Herr Sippel (Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie) meint, die Förderung<br />
sei im Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012 von 41.900 Euro auf 50.000 Euro<br />
angehoben worden. Bemessungsgrundlage sei dabei die Entgeltgruppe 9 gewesen<br />
und davon 80 % plus anteilige Sachkosten. Daran habe man sich orientiert und nie<br />
angestrebt - und das sei auch nicht sinnvoll - zu einer Vollförderung zu kommen. Man<br />
erwarte, dass sich der Zuwendungsempfänger auch über Spenden oder Mitgliedsbeiträge<br />
finanziere oder refinanziere. Er verweise in dem Zusammenhang auf die<br />
Schwangerschaftskonfliktberatung. Da habe man einen gesetzlichen Sicherstellungsauftrag<br />
und selbst dort würden nicht mehr als 80 % der notwendigen Personalkosten<br />
finanziert. Das sei mittlerweile gerichtsfest überprüft.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90) entgegnet, dass ihre Fraktion dies kritisiere.<br />
Die Verbände seien nicht in der Lage, die 20 % kozufinanzieren, was de facto<br />
dazu geführt habe, dass die entsprechenden Beschäftigten weit unterhalb der vorgesehenen<br />
Entgeltgruppe eingruppiert seien. Dies erachte sie weiterhin für einen Missstand.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) meint, sie achte das, was die Abgeordnete<br />
Nonnemacher sage. Sie könne verstehen, dass sie diese Anträge immer aufrufe,<br />
wenn Gelegenheit sei. Für den <strong>Land</strong>esverband der Lesben und Schwulen und auch
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 24<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
für den Frauenpolitischen Rat für die Geschäftsstellenleiterin sollte ein bisschen mehr<br />
Geld sein. Aber bei der Beschlussfassung eines Nachtragshaushalts habe sie<br />
Schwierigkeiten, wenn Dinge angesprochen würden, die im Haushalt ausdiskutiert<br />
und beschlossen worden seien. Für einen Nachtragshaushalt müssten - wenn sie<br />
das richtig verstehe - tatsächlich neue Bedingungen eingetreten sein. Die sehe sie<br />
leider in diesem Punkt nicht, abgesehen davon, dass man für die Finanzierung der<br />
Frauenhäuser, ganz besonders was den Kinderschutz angehe, noch andere Finanzierungsmöglichkeiten<br />
über Jugendhilfe usw. habe.<br />
Die Vorsitzende schließt den Austausch über die Begründung der Änderungsanträge<br />
und eröffnet die Abstimmung.<br />
1. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />
07 080 Titel 633 65 (Seite 96 - Zuschüsse an <strong>Land</strong>kreise und kreisfreie Städte);<br />
Förderung von Hilfsangeboten in Frauenhäusern für gewaltbetroffene<br />
Frauen und ihre Kinder; Aufstockung um 300.000 Euro:<br />
Abstimmungsergebnis<br />
dafür dagegen Enthaltungen<br />
Änderungsantrag 1 4 6 0<br />
2. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />
07 080 Titel 684 65 (Seite 98 - Zuschüsse an freie Träger); Zuschüsse für<br />
Lesben- und Schwulenpolitik; Aufstockung um 100.000 Euro:<br />
Abstimmungsergebnis<br />
dafür dagegen Enthaltungen<br />
Änderungsantrag 2 2 6 2<br />
3. Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE/B90 zu Kapitel<br />
07 080 Titel 684 65 (Seite 98 - Zuschüsse an freie Träger); Zuschüsse für die<br />
Geschäftsführung landesweiter Verbände; Aufstockung um 100.000 Euro:<br />
Abstimmungsergebnis<br />
dafür dagegen Enthaltungen<br />
Änderungsantrag 3 1 6 3
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 25<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, vor dem Hintergrund der unter TOP 1<br />
geführten Debatte beantrage ihre Fraktion, dass man 500.000 Euro zur Förderung<br />
und zur Entwicklung von Projekten für ehrenamtliche Betreuung durch die Betreuungsvereine<br />
in den Nachtragshaushalt einstelle.<br />
Sie habe diesen Antrag nicht schriftlich eingereicht, aber im Vorfeld mündlich angekündigt.<br />
Sie sei von der naiven Vorstellung ausgegangen, man könne daraus einen<br />
Ausschussantrag machen. Wie sie vorhin in der Diskussion festgestellt habe, sei das<br />
wohl etwas danebengegangen. Aus diesem Grund sehe sie sich genötigt, den Antrag<br />
einfach in dieser Form zu stellen und würde ihn schriftlich nachreichen.<br />
Die Vorsitzende fragt, wie das gegenfinanziert werden solle. Es müsse ja eine neue<br />
Haushaltsstelle geschaffen werden, um 500.000 Euro für die Unterstützung der Betreuungsvereine<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, die Gegenfinanzierung solle aus den<br />
Verwaltungseinnahmen erfolgen. Sie glaube, das seien 65 Millionen Euro. Davon<br />
könne man 500.000 Euro zur Verfügung stellen.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) entgegnet, sie sei da ein bisschen konservativ.<br />
Man habe sich im ersten Tagesordnungspunkt auch über die finanzielle Frage<br />
zum Nachtragshaushalt ausgetauscht. Die Unterstützung für die Betreuungsvereine<br />
sei sehr differenziert, sehr kritisch diskutiert worden.<br />
Wenn man diesen Antrag abstimmen wolle, dann solle er auch schriftlich vorliegen.<br />
Es gebe keinen schriftlichen Antrag. Deshalb beantrage sie, dass man heute nicht<br />
darüber abstimme.<br />
Die CDU-Fraktion habe jede Möglichkeit, einen Antrag an den Haushaltsausschuss<br />
zu stellen - dahin oder in den Rechtsausschuss gehöre er - aber nicht in diesem<br />
Ausschuss ohne einen schriftlich formulierten Antrag. Vielleicht sehe sie das falsch,<br />
aber sie sehe das so.<br />
Die Vorsitzende meint, über die Geschäftsordnung habe man schon am Rande der<br />
Sitzung gesprochen. Es wäre für sie die leichteste Übung gewesen, sich auf die Geschäftsordnung<br />
zurückzuziehen, nach der Anträge schriftlich vorliegen müssten; und<br />
zu sagen, dass es keinen schriftlichen Antrag gebe und man ihn nicht behandele.<br />
Das wollte man nicht, weil das Thema unter TOP 1 inhaltlich diskutiert worden sei.<br />
Die Abgeordnete Schulz-Höpfner habe dort vorher angekündigt, diesen Antrag zu<br />
stellen. Sie denke, man könne über den Antrag abstimmen.<br />
Nach einer kurzen Unterbrechung meint die Vorsitzende, dass in § 48 der Geschäftsordnung<br />
des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es stehe, dass Änderungsanträge schriftlich eingereicht<br />
werden müssten. Es gebe nach § 100 der Geschäftsordnung des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es die<br />
Möglichkeit, hiervon abzuweichen. Dann dürfe aber kein Abgeordneter oder keine<br />
Abgeordnete widersprechen. Da aber die Abgeordnete Prof. Dr. Heppener wider-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 26<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
sprochen habe, könne man diese Ausnahme nicht mehr zulassen. Das bedeute, man<br />
könne diesen Antrag nicht abstimmen.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) entgegnet, sie nehme das mit großem Widerwillen<br />
zur Kenntnis, weil sie davon ausgegangen sei, man könne daraus vielleicht<br />
einen Ausschussantrag machen, da ja alle diese - wie vorhin gesagt worden sei -<br />
neuen Gesichtspunkte gehört und gelesen hätten. Ihre Fraktion werde versuchen,<br />
das beim Finanzausschuss noch in den Geschäftsgang zu bekommen.<br />
Die Vorsitzende meint, in den Haushalts- und Finanzausschuss könne es auch als<br />
eigener Antrag eingebracht werden. Dass dies kein Ausschussantrag werden könne,<br />
sei bei der Diskussion unter TOP 1 ganz deutlich geworden. Alle seien sich im Anliegen<br />
ganz einig gewesen, aber nicht im Zeitpunkt, nicht in der Höhe und Herkunft und<br />
Zielrichtung der Mittel.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) meint, es gehe ihr nicht nur um die Diskussion<br />
unter TOP 1. Sie habe vor ein paar Tagen angezeigt, dass sie dieses Vorhaben einbringen<br />
wolle und das an die Fraktionen übermitteln lassen, damit die Abgeordneten<br />
miteinander noch mal diskutierten. Sie sei davon ausgegangen, dass man daraus<br />
eventuell hier einen Ausschussantrag machen könne. Der Gedanke sei nicht aus<br />
einer plötzlichen Reaktion aus der Debatte unter TOP 1 entstanden.<br />
Die Vorsitzende meint, sie könne nur das sagen, was sich aus der Debatte ergeben<br />
habe. Sie denke, alle seien sich einig, dass dieser Antrag dann im Ausschuss für<br />
Haushalt und Finanzen gestellt werden solle.<br />
Nunmehr könne man insgesamt über den Einzelplan 07 des Nachtragshaushaltes<br />
abstimmen.<br />
Abstimmung:<br />
Abstimmungsergebnis<br />
dafür dagegen Enthaltungen<br />
Einzelplan 07 6 4 0<br />
Damit sei der Nachtragshaushalt mehrheitlich bestätigt worden und das werde die<br />
Empfehlung des Ausschusses für den Haushalts- und Finanzausschuss sein.<br />
Sie bitte jetzt schon die Abgeordnete Schier als ihre Vertreterin, den Termin am<br />
7. November 2013 im Haushalts- und Finanzausschuss wahrzunehmen. Da gebe es<br />
immer eine Einladung an die Vorsitzenden der mitberatenden Ausschüsse für die<br />
Vorstellung der Stellungnahme des Ausschusses.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 27<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Zu TOP 5:<br />
Verschiedenes<br />
Zu TOP 5.1: Anliegen der Ausschussmitglieder<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU) weist auf die Resonanz auf die Diskussion zu<br />
den Sozialbestattungen in der letzten Sitzung hin. Die CDU-Fraktion habe ursprünglich<br />
auch mit den kommunalen Spitzenverbänden sprechen wollen. Nun habe der<br />
Städte- und Gemeindebund mitgeteilt, dass es demnächst eine Sozialdezernentenveranstaltung<br />
gebe, von deren Ergebnis er den Ausschuss unterrichten wolle.<br />
Zu TOP 5.2: Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />
Die Vorsitzende meint, dass allen Ausschussmitgliedern die Broschüre „Inklusion<br />
hat viele Gesichter“ als Zwischenbericht zum Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket<br />
zugesendet worden sei. Positiv anzumerken sei, dass diese auch in leichter<br />
Sprache verfasst sei.<br />
Zu TOP 5.3: Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung<br />
Die Vorsitzende meint, dass für die nächste Sitzung am 13. November 2013 bereits<br />
die folgenden Tagesordnungspunkte benannt worden seien:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Behandlung von Änderungsanträgen zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes -<br />
Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724) - und Erarbeitung<br />
einer Beschlussempfehlung und des Berichtes an den <strong><strong>Land</strong>tag</strong>,<br />
Verständigung über Einzelheiten des geplanten Fachgesprächs „Ehrenamtliche<br />
Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ mit Benennung von<br />
Teilnehmern und Fragen bis zum 6. November 2013, fraktionsintern abgestimmt<br />
mit den Mitgliedern des Rechtsausschusses, sowie über die Einladung<br />
des Rechtsausschusses,<br />
Zwischenbericht zum Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket - Information<br />
des Beauftragten der <strong>Land</strong>esregierung für die Belange behinderter Menschen<br />
in <strong>Brandenburg</strong>,<br />
Soweit die Evaluation und Handlungsempfehlungen vorlägen: Sachstand zur<br />
Weiterentwicklung der Familienbildung im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> mit einem<br />
schriftlichen Vorbericht des Ministeriums,<br />
Information des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie über das<br />
Verfahren zum Ersten Gesetz zur Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Vergabegesetzes.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-1 S. 28<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) ri-wz<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD) schlägt vor, über den Stand der Umsetzung<br />
des Operationellen Programmes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für den Europäischen Sozialfonds<br />
in der laufenden Förderperiode 2007 - 2013 und einen Ausblick für den<br />
Entwurf des Operationellen Programmes der nächsten EU-Förderperiode berichten<br />
zu lassen.<br />
Die Vorsitzende bedankt sich abschließend für die gute Zusammenarbeit und<br />
wünscht den Anwesenden persönlich alles Gute. Die Mitglieder des Ausschusses für<br />
Arbeit, Soziales, Frauen und Familie sowie Staatssekretär Prof. Dr. Schroeder bedanken<br />
sich ebenfalls und verabschieden die Vorsitzende herzlich.<br />
Die Vorsitzende schließt die Sitzung.<br />
(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss des Ausschusses gemäß § 83 Satz 3 GOLT in der 45. Sitzung<br />
am 13. November 2013 bestätigt.)<br />
Anlage<br />
Stellungnahme zum Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - Einzelplan 07 - an den<br />
Ausschuss für Haushalt und Finanzen (TOP 4)
Anlage<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> 29. Oktober 2013<br />
5. Wahlperiode<br />
Stellungnahme<br />
des AusschusSes für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />
zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des<br />
<strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz<br />
2013/2014 - NTHG 201312014)<br />
- Drucksache 5/7910 -<br />
Einzelplan 07 - Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Berichterstatterin:<br />
Abgeordnete Roswitha Schier (CDU)
Beschlussempfehlung:<br />
Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen möge dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong> den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes<br />
2013/2014 (Drucksache 5/7910) - Einzelplan 07 - in unveränderter<br />
Fassung zur Annahme empfehlen.<br />
Bericht<br />
A. Allgemeines<br />
Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> hatte den Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung - Gesetz zur Änderung des<br />
Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die<br />
Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 - NTHG 2013/2014)<br />
- Drucksache 517910 - in seiner 81. Sitzung am 25. September 2013 an den Ausschuss für<br />
Haushalt und Finanzen - federführend - und mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie, an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, an den Ausschuss<br />
für Inneres, an den Rechtsausschuss sowie an den Ausschuss für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur überwiesen.<br />
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie befasste sich mit dem oben genannten<br />
Gesetzentwurf, hier speziell mit dem Einzelplan 07 - Ministerium für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie -, in seiner 44. Sitzung am 23. Oktober 2013.<br />
B. Beratung<br />
Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie stellte den Mitgliedern des Ausschusses<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie den Entwurf des Einzelplanes 07 im<br />
Nachtragshaushaltsgesetz 2013/2014 in seinen Grundzügen vor. Durch gezielte Nachfragen<br />
verschafften sich die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />
Familie einen Überblick über die Änderungen des Haushaltsplanes.<br />
Zu der Beratung am 23. Oktober 2013 lagen dem Ausschuss drei Änderungsanträge der<br />
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.<br />
Der erste Änderungsantrag beinhaltete eine Aufstockung der Mittel um 300.000 Euro für<br />
die Förderung von Hilfsangeboten für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder, die in<br />
Frauenhäusern leben. Als Deckungsquelle wurden Mittel des FinzelplanS 20 - Allgemeine<br />
Finanzverwaltung -, die für Zinsen für Kreditmarktmittel bestimmt sind, herangezogen. Der<br />
Änderungsantrag fand mit vier Jastimmen und sechs Neinstimmen keine Mehrheit.<br />
Der zweite Änderungsantrag zielte auf Zuschüsse an freie Träger in Höhe von 100.000<br />
Euro für die Lesben- und Schwulenpolitik. Als Deckungsquelle wurden wiederum Mittel für<br />
Zinsen für Kreditmarktmittel benannt. Der Änderungsantrag wurde mit zwei Jastimmen,<br />
sechs Neinstimmen und zwei Enthaitungen mehrheitlich abgelehnt.<br />
Schließlich setzte sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit ihrem dritten Änderungsantrag<br />
für eine Aufstockung der Zuschüsse an freie Träger um 100.000 Euro mit dem<br />
Ziel ein, die Vergütung der Geschäftsführerstellen der. Verbände zu erhöhen. Als Deckungsquelle<br />
dienten wiederum Mittel für Zinsen für Kreditmarktmittel,<br />
2
Auch dieser Änderungsantrag fand mit einer Jastimme, sechs Neinstimmen und drei , Enthaltungen<br />
keine Mehrheit.<br />
Die CDU-Fraktion kündigte an, dass sie im Ausschuss für Haushalt und Finanzen beantragen<br />
werde, zur Förderung der Betreuungsvereine 500.000 Euro in den Nachtragshaushalt<br />
einzustellen.<br />
Im Ergebnis der Beratung beschloss der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
mehrheitlich gegen die Stimmen der CDU-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion<br />
BÜNDNIS 90/D1E GRÜNEN, den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2013/2014 -<br />
Einzelplan 07 - in unveränderter Fassung zur Annahme zu empfehlen.<br />
Roswitha Schier<br />
Berichterstatterin und stellvertretende Vorsitzende •<br />
des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Anlagen<br />
Anlage 1:<br />
Anlage 2:<br />
Gesamtübersicht<br />
drei Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN<br />
3
Anlage 1<br />
Stellungnahme<br />
des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />
zum Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2013/2014<br />
Gesamtübersicht<br />
Einzelplan 07<br />
Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
NTHG-Entwurf<br />
2013<br />
Beschlüsse des<br />
Ausschusses für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und<br />
Familie<br />
+!-<br />
Beträge in Euro<br />
Neuer Ansatz<br />
2013<br />
Gesamteinnahmen 673.600 673.600<br />
Gesamtausgaben 439.405.200 - - 439.405.200<br />
Verpflichtungs- 0 0<br />
ermächtigungen .<br />
Stellen 0<br />
NTHG-Entwurf<br />
2014<br />
Beschlüsse des<br />
Ausschusses für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und<br />
Familie<br />
+1-<br />
Beträge in Euro<br />
Neuer Ansatz<br />
2014<br />
Gesamteinnahmen 586.700 _ - 586,700<br />
Gesamtausgaben , 480.426,800 480,426.800<br />
Verpflichtungsermächtigungen<br />
0 - - 0<br />
Stellen 0 0
• Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014 An age, 2.<br />
Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN<br />
Einzelplan (Text): 07 Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Seite: 96 Kapitel: 07 080 Titel: 633 65<br />
Zweckbestimmung: Zuweisung an <strong>Land</strong>kreise und kreisfreie Städte .<br />
Stichwort: Förderung von Hilfsangeboten in Frauenhäusern für gewaltbetroffene Frauen<br />
und ihre Kinder<br />
Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />
900.000 € , 900.000 €<br />
Änderung (+1-): Änderung ( +/-):<br />
0 C 300000€<br />
Ansatz neu:<br />
Ansatz neu:<br />
900.000 € • 1.200.000,-- €<br />
2013 Deckung<br />
bei:<br />
Seite Kapitel Titel Stichwort n Höhe von<br />
insgesamt: 0 €<br />
r2014<br />
Deckung<br />
bei:<br />
Seite<br />
Kapitel<br />
Titel<br />
Stichwort<br />
73 20 650 575 10<br />
Zinsen für<br />
Kreditmarktmittel<br />
insgesamt:<br />
in Höhe von<br />
300.000 €<br />
300,000 €<br />
ÜaUShaltiverrnerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />
Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />
Begründung:<br />
Die Erhöhung der Zuweisung an die <strong>Land</strong>kreise und kreisfreien Städte ist für<br />
Frauenhäuser vorgesehen, um dort sozialpädagogische und -therapeutische Angebote für<br />
die in Frauenhäusern lebenden Kinder bereitzustellen,<br />
Im Jahr 2012 waren 632 Frauen und 678 Kinder in <strong>Brandenburg</strong>er Frauenhäusern<br />
untergebracht. .<br />
Bisher standen für die Arbeit mit Kindern, die im Frauenhaus leben keine . Mittel•zur<br />
Verfügung, diese sind notwendig, damit die Kinder ihre durch Gewalt geprägten<br />
Erfahrun en bearbeiten können.<br />
Atstinnnnungsergebnis<br />
Facha<br />
Auss Ft+ ss Haushalt und Finanzen<br />
JA NEIN Enthaltung<br />
E-7iNGEGANGEN<br />
A e V el<br />
Bund 90/Die Grünen •<br />
• 1 a OKT. 2(113
Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014 Anrage 2.<br />
Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN<br />
Einzelplan (Text): 07 Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Seite: 98 Kapitel: 07 080 Titel: 684 65<br />
Zweckbestimmung: Zuschüsse an freie Träger<br />
TGr, 65 Förderung von Frauen und Familie.<br />
-Mittel zur Projektförderung im Bereich der <strong>Land</strong>esverbände AndersARTIG<br />
13 jillue.s_Eltaiaderabur_g<br />
tichwort: Zuschüsse für Lesben- und Schwulenpolitik<br />
Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />
1.198.200 € 1.131.300€<br />
Änderung (+1-): Änderung ( +1-):<br />
0€ 100.000€<br />
Ansatz neu: . Ansatz neu:<br />
1.198.200,-- € 1.231.300,-- €<br />
12013 Deckung<br />
bei:<br />
Seite Kapitel Titel Stichwort in Höhe von<br />
insgesamt: 0€<br />
2014 Deckung<br />
bei:<br />
Seite<br />
Kapitel<br />
73<br />
20 650<br />
Titel<br />
575 10<br />
Stichwort<br />
Zinsen für<br />
Kreditmarktmittel<br />
in Höhe von<br />
100.000 €<br />
nsgesamt: 100.000 €<br />
Haushaltsvermerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />
Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />
Begründung:<br />
Die Rechte von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen (LSBT) sollen gestärkt<br />
werden. Deshalb ist eine Erhöhung der Mittel für Projektförderung und dort insbesondere der<br />
<strong>Land</strong>eszuweisog für die förderfähigen Personalkosten notwendig]<br />
EINGEGANGEN<br />
el og I<br />
undnisk/Die Grünen<br />
16. OKT. 2013<br />
7 3--43 -93-<br />
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Eriedigt.,.>?/>,v<br />
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Nachtragshaushaltsentwurf (NTHG) 2013/2014<br />
Änderungsantrag der Fraktion BündniS 90 / DIE GRÜNEN<br />
. falte<br />
Einzelplan (Text): 07 Ministerium fiür Arbeit, Soziales ; Frauen<br />
und Familie<br />
Seite: 98 Kapitel: 07 080 Titel: 684 65<br />
Zweckbestimmung: Zuschüsse an freie Träger<br />
TGr. 65 Förderung von Frauen und Familie<br />
-Untertarifliche Bezahlung der Geschäftführerinnenstellen in landesweiten Verbänden<br />
(Stichwort: Zuschüsse für die Geschäftsführung landesweiter Verbände<br />
-----<br />
Ansatz im Entwurf 2013 Ansatz im Entwurf: 2014<br />
Änderung (+/•):<br />
Ansatz neu:<br />
1.198.200 € 1.131.300 €<br />
Änderung ( +1-):<br />
€<br />
100.000 €<br />
Ansatz neu:<br />
1.198.200,-- €<br />
1.231.300,-- €<br />
2013 Deckung<br />
bei:<br />
Seite Kapitel Titel<br />
Stichwort in Höhe von<br />
insgesamt:<br />
0 €<br />
014 Deckung<br />
bei:<br />
[<br />
Seite<br />
Kapitel Titel<br />
• Stichwort n Höhe von<br />
73<br />
20 650 575 10 Zinsen für<br />
Kreditmarktmittel<br />
100.000 €<br />
insgesamt: . 100.000 €<br />
Haushaltsvermerk: (Änderungen bitte unterstreichen)<br />
Erläuterungen: (Änderungen bitte unterstreichen) .<br />
Begründung:<br />
Seit 2008 wurde die Bemessungsgrundlage für die Zuwendungen der förderfähigen<br />
Personalkosten zur Förderung der frauen-, gleichstellungs- sowie familienpolitischen Arbeit auf<br />
die Entgeltgruppe E 9 TV- .L festgelegt. Lediglich bis zu 80 % der Personaldurchschnittskosten<br />
dieser Entgeltppe werden bezahlt. Eine Anhebung ist seither nicht erfolgt.<br />
EINGEGANGEN<br />
nd fs90/Die Grünen<br />
Erledigt<br />
1 6. 01(i. 2013<br />
.3- - 43'9-3<br />
-see i4v1+1747<br />
iti»..(F<br />
tevmtkUveell2-Q,GP>M 1 4 ;<br />
r-AcPeA\%C.,\AW
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2<br />
5. Wahlperiode<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Protokoll - Teil 2<br />
44. Sitzung (öffentlich)<br />
23. Oktober 2013<br />
Potsdam - Haus des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>es<br />
09.00 Uhr bis 14.35 Uhr<br />
Vorsitz:<br />
Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />
Protokoll:<br />
Stenografischer Dienst<br />
Anwesende Ausschussmitglieder:<br />
Helga Böhnisch (DIE LINKE)<br />
Andreas Büttner (FDP)<br />
stellvertretend Martina Gregor-Ness (SPD)<br />
Prof. Dr. Sieglinde Heppener (SPD)<br />
stellvertretend René Kretzschmar (DIE LINKE)<br />
stellvertretend Ina Muhß (SPD)<br />
Ursula Nonnemacher (GRÜNE/B90)<br />
Roswitha Schier (CDU)<br />
Monika Schulz-Höpfner (CDU)<br />
Birgit Wöllert (DIE LINKE)<br />
Datum der Ausgabe: 15.11.2013
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 2<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Tagesordnung:<br />
Teil 1<br />
1. Bericht des <strong>Land</strong>esrechnungshofes gemäß § 88 Absatz 2 LHO über rechtliche<br />
Betreuung in <strong>Brandenburg</strong> (Drucksache 5/7638)<br />
in Verbindung mit<br />
Verständigung zum überwiesenen Antrag der CDU-Fraktion „Ehrenamtliche<br />
Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ (Drucksache 5/7774) und<br />
Beschlussfassung zum Antrag der CDU-Fraktion auf Durchführung eines<br />
Fachgespräches zu dieser Thematik<br />
- Information des <strong>Land</strong>esrechnungshofes sowie des Ministeriums für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und Familie<br />
Teil 2<br />
2. Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes - Gesetzentwurf der<br />
<strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724)<br />
Fortsetzung Teil 1<br />
3. Beratung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung<br />
und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen - Gesetzentwurf<br />
der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7921)<br />
4. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplanes<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 (Nachtragshaushaltsgesetz<br />
2013/2014 - NTHG 2013/2014) - Gesetzentwurf der<br />
<strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7910), Einzelplan 07<br />
in Verbindung mit<br />
Erarbeitung einer Stellungnahme an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen<br />
5. Verschiedenes<br />
5.1 Anliegen der Ausschussmitglieder<br />
5.2 Wichtiger Schriftwechsel/Ereignisse seit letzter Ausschusssitzung<br />
5.3 Vorbereitung der nächsten Ausschusssitzung
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 3<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Aus der Beratung:<br />
Vorsitzende:<br />
Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Ich begrüße Sie herzlich zu unserem<br />
Tagesordnungspunkt 2, den ich hiermit aufrufe:<br />
Zu TOP 2:<br />
Anhörung zum Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />
- Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung (Drucksache 5/7724)<br />
Diese Drucksache wurde mitberatend an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung<br />
und Kultur überwiesen. Ich freue mich, die Kolleginnen und Kollegen des<br />
Ausschusses und die Referentinnen und Referenten heute hier begrüßen zu dürfen.<br />
Wir haben bereits unkonventionell vereinbart, dass alle gemeinsam ein Anhörungsund<br />
Rederecht haben. Wir können nachher so verfahren. Ich begrüße weiterhin die<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte, Frau Hübner, die selbstverständlich bei unserer<br />
Anhörung anwesend ist. Sie war maßgeblich an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs<br />
beteiligt.<br />
Wir haben beschlossen, zehn Anzuhörende für heute einzuladen. Wir haben eine<br />
Absage von Frau Dalhoff erhalten. Uns sind sechs schriftliche Stellungnahmen vorab<br />
und zwei schriftliche Stellungnahmen heute als Tischvorlage zugegangen. Wir haben<br />
eine schriftliche Stellungnahme des Bauindustrieverbandes Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
per Mail (Anlage 11) weitergeleitet.<br />
Ich freue mich, heute unsere Gäste begrüßen zu können. Ich nenne Sie gleich in der<br />
Reihenfolge, in der wir Sie anhören werden. Ich konnte Sie nicht alle persönlich begrüßen,<br />
denn wir hatten einen ausführlichen ersten Tagesordnungspunkt. Ich begrüße<br />
herzlich Frau Schlüter vom <strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> und Herrn Grugel vom<br />
Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong>, Frau Szczepanski und Frau Dörnenburg<br />
von der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>. Ich begrüße außerdem Frau Ulrike Häfner und Frau Heiderose Gerber<br />
vom Frauenpolitischen Rat <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> ebenso wie Herrn Dr. Jan Redmann<br />
von Kapellmann und Partner Rechtsanwälte. Das ist der erste Anhörungsblock.<br />
Ich begrüße ebenfalls herzlich die Anzuhörenden des zweiten Anhörungsblocks:<br />
Frau Paulat, Präsidentin des <strong>Land</strong>essozialgerichts Berlin-<strong>Brandenburg</strong>, Frau Schrul<br />
von der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulen. Ich begrüße Frau Sahra Damus von der Europa-Universität Viadrina<br />
sowie Frau Dr. Elke Wiechmann von der FernUniversität in Hagen. Herzlich willkommen<br />
hier bei uns. - Wir können gleich in die Anhörung einsteigen, denn wir haben ein<br />
straffes Zeitprogramm. Ich bitte Frau Schlüter um Ihre Stellungnahme.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 4<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, wir nehmen gern<br />
Stellung zu dem Gesetzentwurf. Wir beschränken uns dabei auf die Änderungen in<br />
Artikel 1 des Gesetzentwurfs zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes.<br />
Eine Bemerkung sei vorweggeschickt: In der Begründung wird an verschiedenen<br />
Stellen, auch in der Einleitung zu dem Gesetzentwurf, darauf hingewiesen, dass keine<br />
Mehrkosten mit der Änderung des Gesetzes verbunden seien. Zuzugestehen ist,<br />
dass sicherlich keine extrem großen Summen anfallen werden. Aber jede Veränderung<br />
bedeutet in der Umsetzung Anpassungsbedarf im Verwaltungsvollzug. Insoweit<br />
ist die Aussage, dass es keine Mehrkosten geben werde, sicherlich nicht zutreffend.<br />
Es wäre schön gewesen, wenn hier eine etwas genauere Kalkulation und eine genauere<br />
Ermittlung stattgefunden hätte, welche Folgekosten die Änderungen für den<br />
kommunalen Bereich haben werden.<br />
Ich möchte mich in der Stellungnahme zu den einzelnen Regelungen in Artikel 1 des<br />
vorliegenden Gesetzentwurfes auf drei Aspekte beschränken. Zu § 6 - Mindestinhalt<br />
des Gleichstellungsplanes - habe ich zwei Anmerkungen. Neu eingeführt werden soll<br />
eine Auflistung im Gleichstellungsplan bezüglich der befristet Beschäftigten. Aus der<br />
Begründung ergibt sich, dass nicht vollständig klar ist, ob diese Darstellung im<br />
Gleichstellungsplan einen Erkenntnisgewinn haben wird. Im Grunde ist es so eine Art<br />
Erprobungsklausel: Wir versuchen einmal und schauen, ob das Aussagen bringt.<br />
Das finde ich sehr befremdlich. Ein Gesetz sollte durchdachte, notwendige Regelungen<br />
treffen. Wenn es eine Erprobung ist, sollte dies ausdrücklich so benannt sein,<br />
aber nicht einfach als abschließende Regelungen aufgenommen werden.<br />
§ 6 Absatz 2 Nummer 6 sieht vor, dass eine zusätzliche Aufreihung derjenigen erfolgen<br />
soll, die altersbedingt aus der Verwaltung ausscheiden. Es stellt sich die Frage,<br />
welcher Erkenntnisgewinn perspektivisch vorhanden ist. Alle wissen, dass nicht jede<br />
Stelle, die frei wird, wieder besetzt wird. Insofern kann man sich nicht darauf verlassen,<br />
wenn man eine perspektivische Personalentwicklungsplanung betreiben möchte<br />
und auf eine ausgewogene Verteilung zwischen Frauen und Männern schaut, dass<br />
die Regelung hinreichend klare Aussagen trifft. Viele Stellen werden, wenn jemand<br />
altersbedingt ausscheidet, nicht wieder neu besetzt. Insofern hinterfrage ich auch da<br />
kritisch, welcher Erkenntnisgewinn sich effektiv für die Personalentwicklungsplanung<br />
ergeben wird. Wir gehen davon aus, dass sich effektivere Aussagen aus der Regelung<br />
ergeben, die bereits Gegenstand des gültigen Gesetzes ist, nämlich aus der<br />
Angabe, welche Stellen in Zukunft neu zu besetzen sein werden.<br />
Artikel 7 ist der nächste Punkt, zu dem wir eine kurze Anmerkung machen wollen:<br />
Ausschreibung von Stellen und Funktionen. Für den Bereich der <strong>Land</strong>esverwaltung<br />
ist, ich glaube, das darf man ruhig sagen, eine Erleichterung eingeführt worden.<br />
Standardreduzierungen sind sicherlich immer begrüßenswert. Es reicht eine interne<br />
Ausschreibung auf der Ebene der <strong>Land</strong>esverwaltung. Insofern sollte genauer überlegt<br />
werden, ob nicht auch für den kommunalen Bereich eine Erleichterung in dem<br />
Sinne eingeführt werden kann, nicht zwingend eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen,<br />
sondern auch hier interne Ausschreibungen zuzulassen.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 5<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Meine letzte und allerdings zentrale Anmerkung betrifft § 25 zu den kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten. § 25 erfährt eine Ergänzung um einen weiteren Satz.<br />
Es soll zukünftig im Gesetz stehen:<br />
„In den Hauptsatzungen ist festzulegen, welche Rechte, Aufgaben, Kompetenzen<br />
und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im Sinne der<br />
§§ 22 bis 24 haben.“<br />
Diese Ergänzung des Gesetzes halten wir für verfassungswidrig. Ich möchte gern<br />
begründen, warum.<br />
In § 4 der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> (BbgKVerf) ist geregelt,<br />
was in der Hauptsatzung zu stehen hat und was in der Hauptsatzung stehen kann. In<br />
der Hauptsatzung eines <strong>Land</strong>kreises - das gilt gleichermaßen für Gemeinden - muss<br />
stehen, was nach der Kommunalverfassung zwingend in einer Hauptsatzung zu regeln<br />
ist. In der Hauptsatzung kann Weiteres stehen, was die interne Organisation der<br />
Gemeinde oder des <strong>Land</strong>kreises betrifft. Das heißt, die Gemeinde, der <strong>Land</strong>kreis, die<br />
jeweilige Vertretungskörperschaft entscheidet: Das möchten wir in der Hauptsatzung<br />
geregelt sehen. Wenn durch Gesetz - hier ist das beabsichtigt - in diese freie Entscheidungshoheit<br />
eingegriffen wird, ist das ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung<br />
und damit aus unserer Sicht verfassungswidrig.<br />
Auch § 18 BbgKVerf lässt sich hierfür anführen. § 18 BbgKVerf regelt die Position der<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. In § 18 BbgKVerf steht, dass Regelungen<br />
zur Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in der Hauptsatzung geregelt<br />
werden können. Auch hier besteht kein Zwang. Das heißt mit anderen Worten:<br />
Wenn, wie hier in § 25 - zukünftig Satz 3 -, steht, es ist eine Regelung in der Hauptsatzung<br />
vorzunehmen, gibt es Gesetze, die sich widersprechen. Das ist von der Regelungssystematik<br />
her nicht wirklich glücklich. Unter dem Strich bleibt aber: Es ist ein<br />
Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und damit verfassungswidrig.<br />
Es wäre schön, wenn sich das ändern ließe, weil solche Regelungen in der Praxis zu<br />
erheblichen Schwierigkeiten führen. Möglicherweise muss man sie daraufhin überprüfen<br />
lassen, ob sie verfassungswidrig sind oder nicht. Das könnte man mit einer<br />
Änderung im Gesetzgebungsverfahren vermeiden. - Das sind unsere Anmerkungen<br />
zu dem Gesetzentwurf. Danke für die Aufmerksamkeit.<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank, Frau Schlüter. Das war sehr komprimiert. Wir haben jetzt Zeit gewonnen.<br />
(Frau Schlüter [<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e.V.]: Ja, genau!)<br />
Herr Grugel. Bitte schön.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 6<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Vielen Dank, auch für die hinzugewonnene Zeit.<br />
(Frau Schlüter [<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e.V.]: Wenn ich das gewusst hätte!<br />
- Heiterkeit)<br />
Frau Schlüter hat bereits die Gemeinden angesprochen. Ich muss die Ausführungen<br />
nur noch ergänzen. Das tue ich für die vier kreisfreien Städte und die 196 hauptamtlich<br />
geführten Verwaltungen an dieser Stelle gern. Auch von meiner Seite vielen<br />
Dank für die Einladung, dass wir hier heute vortragen dürfen.<br />
Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick auf das schon längere Vorverfahren. Wir<br />
hatten ursprünglich einen viel umfänglicheren Gesetzentwurf, der weitere hauptamtliche<br />
Gleichstellungsbeauftragte ab Einwohnerschwellen von 20 000 Einwohnern und<br />
die komplette Einbeziehung des Verfahrens der Gleichstellungsbeauftragten des<br />
<strong>Land</strong>es für den Kommunaldienst vorsah. Wir sind sehr froh und dankbar, Frau Hübner,<br />
dass wir in diesen Vorgesprächen haben klären können, dass es dieser Anforderung<br />
im Gesetz nicht bedarf, dass es den Bruch gibt. Das betrifft auch einen Teil Ihrer<br />
Fragen nach der Personalorganisationshoheit und den Selbstverwaltungsrechten.<br />
Insofern ist der hier vorliegende Gesetzentwurf aus unserer Sicht - Frau Schlüter hat<br />
die wenigen Punkte angesprochen, die man kritisch sehen kann und vielleicht auch<br />
kritisch sehen muss - in Ordnung. Das sage ich vor die Klammer gezogen.<br />
Uns sind drei Punkte an dem Gesetzentwurf aufgefallen. Ich spreche § 7 - Ausschreibung<br />
von Funktionen und Stellen - und § 25 an, der gewisse Regelungen neu<br />
einbezieht, die künftig im <strong>Land</strong> gelten sollen, wie das Klagerecht der Frauenbeauftragten.<br />
Ich möchte beides nicht infrage stellen. Beides ist wichtig. Beides ist jedoch<br />
aus unserer Sicht geklärt. Wir haben durch das Dienstrecht und die Rechtsprechung<br />
geklärt, dass Funktionen und Stellen, wenn sie zu solchen Veränderungen führen,<br />
wie sie diese Gesetzesbegründung ausführt, auszuschreiben sind. Wir haben des<br />
Weiteren geklärt, dass es Organ- und besondere Klagerechte auch für die Frauenbeauftragte<br />
gibt. Das ist in der Gesetzesbegründung angeführt worden.<br />
Wir wollen diese Rechte, wenn ich das ausführen darf, überhaupt nicht in Zweifel<br />
ziehen oder einschränken. Wir wollen nur vom Grundsatz her sagen: Wir alle sind<br />
uns der Rechts- und Gesetzesbindung der Verwaltung unmittelbar aus dem Grundgesetz<br />
bewusst und halten es für ausgesprochen wichtig, diese Dinge in den Blick zu<br />
nehmen und zu beachten. Das ist eine Verpflichtung unser aller. Es macht aus unserer<br />
Sicht aber keinen Sinn, in Gesetze oder wo auch immer zusätzlich zu schreiben:<br />
Bitte beachtet die Gesetze. Bitte beachtet die Rechtsprechung. Nur deshalb sage<br />
ich, dass wir eine Kritik an der Ausweitung in § 7 und an der Ausweitung in § 25 haben.<br />
Daher ist unser Wunsch: Wenn Sie diese Belehrung - verzeihen Sie mir diese<br />
Formulierung - für den <strong>Land</strong>esdienst für wichtig halten, bitte, dann machen Sie das.<br />
Wir aber legen Wert darauf, dass das für den kommunalen Dienst nicht in das Gesetz<br />
geschrieben wird.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 7<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Das Gleiche gilt - ich habe sie in der schriftlichen Stellungnahme (Anlage 4) nicht<br />
ausgeführt - für das Vorsehen von Ausbildungsinhalten der Gleichstellung in Ausbildungs-<br />
und Hochschulrichtlinien. So ähnlich ist es formuliert. Ich habe es jetzt nicht<br />
wörtlich im Kopf. Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass die Gesetze, die zu<br />
beachten sind und die in den Verwaltungen von Bedeutung sind, auch Gegenstand<br />
der Ausbildung sind. Ausbildung kann man nicht machen - erlauben Sie mir, das hier<br />
zu sagen -, wenn man die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung 1999 abgeschafft<br />
hat und wenn man jetzt sagt, auch Wildau schaffen wir ab, ohne eine Alternative<br />
vorzusehen. Ich möchte das Thema nicht vertiefen. Aber das Thema wird auf Sie<br />
zukommen. Es gibt dazu Vorbereitungen. Sie werden sich damit zu befassen haben.<br />
Wir haben Bedenken gegen diese Regelung, soweit Sie die Kommunen einbeziehen,<br />
wobei ich nicht sagen möchte, dass wir alles richtig machen. Ich sage das aus<br />
grundsätzlichen Erwägungen.<br />
Aus grundsätzlichen Erwägungen möchte ich kurz § 19b ansprechen. § 19b soll regeln,<br />
dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
in ihrer Arbeit berät und unterstützt. Das nehmen wir natürlich von der Sache<br />
her gern an und müssen das loben. Nur auch das ist ein Punkt, den in diesem<br />
Gesetz zu regeln, wir nicht für richtig halten. Wir haben es doch geregelt. Wir haben<br />
geregelt, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte, die Teil der Dienststelle des<br />
<strong>Land</strong>es ist, unmittelbar mit den <strong>Land</strong>kreisen kommunizieren kann und umgekehrt<br />
auch. Das regeln die Aufsichtsregelungen. Eine Ebene tiefer können die Städte und<br />
Gemeinden mit ihren <strong>Land</strong>kreisen und damit auch mit den Gleichstellungsbeauftragten<br />
die Dinge regeln, die in der Kommunalverfassung geregelt sind. Das bedeutet:<br />
Wenn es Probleme gibt, ist die <strong>Land</strong>kreisebene dazu da, die Gleichstellungsbeauftragten<br />
der Städte und Gemeinden zu unterstützen, sie in ihrer Entscheidungsfreude<br />
und in Entschlusskraft - das ist auch etwas, worum es in diesem Gesetz geht - zu<br />
stärken und zu bestärken. Das alles ist geregelt. Ich setze eine Klammer zu Fortbildung:<br />
Wichtig ist es, dass die Personen, die damit befasst sind, das auch wissen und<br />
in diesem Sinne selbstbewusst auftreten.<br />
Das, was die Gleichstellungsbeauftragte des <strong>Land</strong>es machen kann, ist das, was andere<br />
im Dienste des <strong>Land</strong>es auch tun. Sie kann Richtlinien für die <strong>Land</strong>esverwaltung<br />
schreiben. Sie kann ihre Meinung kundtun und sie in die Kommunen geben und sagen:<br />
Das gilt im <strong>Land</strong>. Wir bitten und stellen anheim, das in den Kommunen, in den<br />
Städten und Gemeinden zu berücksichtigen. Das machen alle Ressorts. Das macht<br />
die Finanzverwaltung. Das macht das Innenministerium im Dienstrecht, auch zu Ausschreibungsverfahren.<br />
Das kann geschehen und - das zeigt die Gewichtigkeit der<br />
Diskussion hier und der geladenen Anzuhörenden - das sollte auch geschehen.<br />
Dann gibt es eine Bereicherung und es gibt eine Netzwerkarbeit. Daraus kann vieles<br />
entstehen. Bitte verzeihen Sie mir deshalb, dass ich das, bezogen auf die Gesetzesformulierung<br />
im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, so deutlich sage. Unser Wunsch zu<br />
diesen Punkten ist - das habe ich in der schriftlichen Stellungnahme näher begründet<br />
-, genau diese Passagen herauszunehmen, aber nicht, weil wir das nicht wollen.<br />
Damit bin ich mit meiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zunächst am Ende und<br />
hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben. Ich möchte aber zum Schluss auf die mich<br />
herausfordernde Frage Nummer 13 eingehen, die lautet:
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 8<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
„Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei der Umsetzung einer geschlechtergerechten<br />
Sprache in der Verwaltung sowie in den Gesetzestexten?“<br />
Wenn ich von Herausforderung gesprochen habe, dann deshalb, weil ich das als<br />
Herausforderung ständig erlebe und darauf keine Antwort habe. Ich bin gespannt auf<br />
die Antworten, die die weiteren Rednerinnen überwiegend noch geben werden.<br />
Als ich meine erste Ausbildungseinheit in Verwaltungslehre hatte - erlauben Sie mir<br />
diese persönlichen Hinweise; das war übrigens auch im Oktober, so wie jetzt -, hieß<br />
es: Wenn Sie in den öffentlichen Dienst gehen, bitte, sprechen Sie bei Vordrucken<br />
von Antragstellerin und Antragstellern. Es hieß: Wenn das nicht geht, sprechen Sie:<br />
Der Antrag wird gestellt von. Sie glauben gar nicht, wie viele Hauptsatzungen und<br />
wie viele Vordrucke ich in meinem Leben geändert habe, vor allen Dingen die im<br />
Bauamt: „Frau Bauherr Meyer“. Ich bin immer noch im persönlichen Vortrag. Das hat<br />
mich geärgert und das ärgert mich heute noch. Und das ist 38 Jahre her!<br />
Jetzt komme ich wieder zum Dienst. Deswegen bin ich hier. Ich habe den Faden verloren,<br />
Entschuldigung. - Wir haben Gesetzentwürfe, wie aktuell das <strong>Brandenburg</strong>ische<br />
Besoldungs- und Versorgungsgesetz. Diese Gesetzgebung ist komplett in der<br />
Frauen- und Männersprache durchgeregelt. Das halten wir für wichtig, weil ohne diese<br />
Klarstellung nicht deutlich wird, dass es beide Geschlechter gibt. Es gibt andere<br />
Dinge, wo man das nicht so deutlich macht. Um ein Beispiel zu nennen: Ich spreche<br />
gern von Rechtsprechung. Man muss nicht immer von Richterinnen und Richtern<br />
sprechen. Die Sprache kann ganz einfach sein. Ich mag aber nicht sagen: Frau Meier,<br />
bitte gehen Sie an das Rednerpult. Man könnte Redepult sagen. Damit möchte<br />
ich zum Ausdruck bringen: Es gibt viele Möglichkeiten, da etwas zu tun. Das Finanzministerium<br />
hat es getan - ganz schlüssig. Ob das an der veränderten Position<br />
der Staatssekretärin - geschlechtermäßig - liegt oder nicht, lasse ich offen. Zeitgleich<br />
wird das <strong>Land</strong>esbeamtenrecht neu geregelt. Die Anhörung ist morgen. Ich werde das<br />
morgen auch sagen. Da finden sich Frauen, wenn man sich besoldungs- und versorgungsrechtliche<br />
Fragen durchgelesen hat, gar nicht wieder, weil da nur Männer stehen.<br />
Die Frauen finden sich nur wieder, wenn sie in § 1 schauen und sagen: Ach ja,<br />
das gilt auch für mich als Frau.<br />
Wenn die <strong>Land</strong>esregierung den Kommunen in einem Gesetz etwas vorschreiben will,<br />
soll sie auch bitte Vorbild sein. Es bedarf einer Ministerpräsidentin oder eines Ministerpräsidenten,<br />
der den Ressorts Leitlinien vorgibt und sagt: wenigstens in Gesetzen<br />
eine Sprache. Jetzt gibt es in einem Fachbereich - öffentliches Beamtenrecht - zwei<br />
Gesetze mit so unterschiedlicher Ausgestaltung! Ich möchte nicht sagen, dass die<br />
Sprache die Gleichstellung regelt. Aber es war Ihre Frage Nummer 13, was hier zu<br />
tun ist. Deshalb gehe ich darauf ein.<br />
Erlauben Sie mir - ich habe ja mehr Zeit -, noch einen Artikel aus der Zeitung anzuführen:<br />
„Halbe Million Rentner braucht Sozialhilfe“ (Potsdamer Neueste Nachrichten<br />
vom 23.10.2013). Sind Rentnerinnen gar nicht betroffen, oder wie? Überall, wohin<br />
man schaut, stellt man fest: Es ist ein Thema. Warum sage ich das? Weil es eigentlich<br />
ganz einfach ist, das anders zu machen. Das tut nicht weh. Und wenn es weh tut,
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 9<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
muss Mann - ich sage bewusst Mann - sich fragen: Wofür tut das weh? Es kostet<br />
kein Geld, es zu tun. - Vielen Dank.<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank, Herr Grugel, für die kritischen Hinweise, die Sie der <strong>Land</strong>esregierung in<br />
das Hausaufgabenheft geschrieben haben. - Wir fahren in der Anhörung fort. Frau<br />
Szczepanski, ich bitte Sie fortzusetzen.<br />
Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Wir haben eine Frage. Es würde sich inhaltlich anbieten, wenn zunächst die erste<br />
Sprecherin des Frauenpolitischen Rates ihre Stellungnahme abgibt und ich mich anschließe,<br />
weil ich ein Teilproblem behandele. Ist das möglich?<br />
Vorsitzende:<br />
Ja, das können wir machen. Dann fängt Frau Häfner an.<br />
Frau Häfner (Frauenpolitischer Rat, <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Gern. - Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen<br />
und Herren! Vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, heute hier gehört zu<br />
werden. Der Frauenpolitische Rat des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> hat mit besonderer Aufmerksamkeit<br />
die Initiative des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie,<br />
das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu novellieren, begleitet.<br />
Unsere Mitgliedsorganisationen, der Sprecherinnenrat und auch ich gingen davon<br />
aus, dass in die Novellierung die Erfahrungen der nunmehr fast 20 Jahre nachvollziehbar<br />
einmünden und unser ehemals recht fortschrittliches Gesetz künftig den inzwischen<br />
gewachsenen Ansprüchen an eine moderne Gleichstellungspolitik für<br />
Frauen und Männer gerecht wird. Unsere Erwartungen waren entsprechend hoch.<br />
Der Novellierungsprozess verlief leider in seinen unterschiedlichen Phasen nicht so<br />
transparent, wie wir uns das gewünscht hätten. Auf Nachfragen erhielten wir Informationen<br />
zum Werdegang. Doch bekamen wir kaum Gelegenheit, unser Erfahrungswissen<br />
beizutragen. Gern hätten wir uns frühzeitiger aktiv eingebracht.<br />
Obgleich wir die Novellierungsabsichten und die Änderungen des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
sowie des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes begrüßen, bleibt<br />
der nun vorliegende Entwurf weit hinter unseren Annahmen zurück. Insgesamt enttäuscht<br />
die Fassung dahin gehend, dass sich die geneigte Leserin des Eindrucks<br />
nicht erwehren kann, dass es in der Novellierung doch eher darum ging, die einzel-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 10<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
nen Paragrafen klagefest zu formulieren, statt der Lebenswirklichkeit von Frauen im<br />
<strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> Rechnung zu tragen und die fatalen Folgen der strukturellen<br />
Schieflagen im Geschlechterverhältnis zu beheben. Das vorliegende Ergebnis des<br />
Novellierungsprozesses stellt nach unserem Verständnis einen, wie ich es nennen<br />
möchte, verwaltungsrespektablen Minimalkonsens dar, während im Ringen um Formulierungen<br />
die aktivierende Frauenförderung und der Abbau von Diskriminierung<br />
doch tendenziell aus dem Fokus gerieten.<br />
Deshalb hat der Frauenpolitische Rat eine entsprechend differenzierte, konstruktiv<br />
kritische Stellungnahme (Anlage 5) verfasst, die dezidiert unsere Veränderungsanregungen<br />
nicht nur begründet, sondern auch Formulierungs- bzw. Ergänzungsvorschläge<br />
beinhaltet.<br />
Mit großem Respekt vor der Arbeit der Verwaltung möchten wir dennoch betonen:<br />
Der Gesetzentwurf enthält vielerlei substanzielle Verbesserungen und Weiterentwicklungen,<br />
die der Frauenpolitische Rat ausgesprochen positiv und hilfreich bewertet.<br />
Der Frauenpolitische Rat begrüßt insbesondere die geplanten gesetzlichen Regelungen<br />
zur Quotierung bei der Besetzung von Stellen in der <strong>Land</strong>esverwaltung, vor allem<br />
bei Führungspositionen, die Erweiterung des Geltungsbereiches des Gesetzes,<br />
die Verankerung der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten, die Gewährung<br />
eines besonderen Kündigungsschutzes für Gleichstellungsbeauftragte und das<br />
Signal für die private Wirtschaft, Regelungen dieses Gesetzes in den privatrechtlichen<br />
Unternehmen umzusetzen. Demgegenüber enttäuscht der vorliegende Gesetzentwurf<br />
in Bezug auf die strukturelle Anbindung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
und hinsichtlich der Regelung für Kommunen und <strong>Land</strong>kreise.<br />
Sehr willkommen ist uns daher die heutige Gelegenheit der Anhörung, um die aus<br />
unserer Sicht notwendigen Modifizierungen im Gesetzentwurf erneut argumentativ zu<br />
verstärken. Angesichts der begrenzten Redezeit möchten wir uns auf die eben benannten<br />
zwei, für den Frauenpolitischen Rat wesentlichen Kritikpunkten konzentrieren<br />
sowie mit zwei weiteren Anmerkungen zur Qualifizierung des Gesetzes beitragen.<br />
Auf dem Weg zu einer geschlechtergerechteren Gesellschaft kommt den Kommunen<br />
eine wesentliche Rolle zu. Sie müssen den Wandel organisieren und die Bedingungen<br />
dafür schaffen, dass Geschlechtergerechtigkeit im Alltag gelebt werden kann.<br />
Gleichstellungsbeauftragte spielen als quasi Agentinnen des Wandels eine entscheidende<br />
Rolle. §§ 22 bis 25 definieren die Rolle und den Auftrag, Rechte, Aufgaben<br />
und Kompetenzen der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Teile der Gesetzespassage,<br />
insbesondere § 24, sind unserer Ansicht nach uneindeutig und zu Missverständnissen<br />
einladend bzw. frei interpretierbar mit doppelten Botschaften verfasst.<br />
Der doppelte Auftrag entkräftet nicht nur die formale Stellung der Gleichstellungsbeauftragten,<br />
sondern es wird auch die Akzeptanz nach innen und außen geschwächt,<br />
statt gestärkt. Wir fürchten, das führt eher zu einer Einschränkung des Wirkungskreises,<br />
als zu einer rechtlich fundierten Anpassung der in 20 Jahren gewandelten Aufgaben<br />
entsprechend den Rahmenbedingungen von heute. Insgesamt widerspricht<br />
die gegenwärtige Fassung sämtlichen empirischen Ergebnissen, die deutlich darauf<br />
hinweisen, dass die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten institutionell und struk-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 11<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
turell deutlich gestärkt werden müssen, wenn sie ihren gleichstellungspolitischen Auftrag<br />
effektiv umsetzen sollen.<br />
Die derzeit formulierte Widersprüchlichkeit im Entwurf verlangt nach Klarstellung und<br />
verbindlichen Strukturen, auf deren Grundlagen endlich auch kommunal der gleichstellungspolitisch<br />
notwendige Veränderungsdruck erzeugt werden kann. In unserer<br />
Stellungnahme haben wir dies differenziert beschrieben und Lösungsvorschläge formuliert.<br />
Obgleich für uns nicht nachvollziehbar ist, was die Bestellung einer <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
mit individueller Arbeitszeitgestaltung zu tun hat und sich der Passus<br />
für Nichtjuristinnen wie ein Appendix zu § 19 liest, begrüßen wir die Aufnahme<br />
der Funktion, der Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in<br />
dem Gesetz.<br />
Da die Gleichstellung von Frauen und Männern eine Querschnittsaufgabe ist, sind<br />
alle Mitglieder der <strong>Land</strong>esregierung dafür zuständig. Deshalb fordern wir nach wie<br />
vor, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte dem Ministerpräsidenten bzw. einer<br />
Ministerpräsidentin zugeordnet wird. Dies sollte mindestens im Range einer Staatssekretärin<br />
geschehen, um die aktive Teilnahme an den Kabinettssitzungen zu ermöglichen.<br />
Um ihre Aufgaben als hauptamtliche <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte erfüllen<br />
zu können, muss sie von anderen Aufgaben freigestellt und mit genügend personellen<br />
und finanziellen Ressourcen, bestenfalls einem eigenen Budget ausgestattet<br />
sein.<br />
Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte trägt laut Gesetzentwurf unter anderem dazu<br />
bei, zu informieren und mit Nichtregierungsorganisationen zu kooperieren. Hierauf<br />
möchten wir Ihr Augenmerk unter anderem richten. Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
sollte demnach auch selbst Maßnahmen entwickeln, die der Diskriminierung<br />
von Frauen und Männern entgegenwirken, sexuell motivierte Gewalt verhindern und<br />
der Verbesserung der Lebenssituation und Verwirklichungsoptionen von Mädchen<br />
und Jungen, Frauen und Männern, aber auch anderen diskriminierten Geschlechtsidentitäten<br />
dienen.<br />
Damit würde nicht nur die Position der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten gestärkt,<br />
sondern auch die Umsetzung einer querschnittsorientierten Geschlechterpolitik, wie<br />
sie unter anderem mit Gender Mainstreaming und Gender Budgeting realisiert werden<br />
kann. Zudem empfehlen wir eine interministerielle Arbeitsgruppe für die Steuerung<br />
von Gleichstellungsaufgaben unter dem Vorsitz der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten.<br />
In allen Fachministerien sollte es autorisierte und qualifizierte Gender-<br />
Verantwortliche geben, die mit solch einer interministeriellen Arbeitsgruppe zusammenarbeiten.<br />
Ich komme nun zu den angekündigten Anmerkungen. Der Frauenpolitische Rat hat<br />
bereits in diesem Ausschuss vor der inflationären Verwendung der Begriffe Gleichstellung<br />
und Chancengleichheit gewarnt. Die fehlende Begriffsschärfe führt zu einer<br />
Verdeckung und Bagatellisierung geschlechtsspezifischer Unrechtsverhältnisse.<br />
Gleichwohl sollte auch das Thema der Mehrfachdiskriminierung in der gegenwärtigen
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 12<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes seinen Niederschlag finden. Weder<br />
werden Menschen, die sich keinem Geschlecht - Frau oder Mann - zuordnen, berücksichtigt<br />
noch wird berücksichtigt, dass Frauen besonders oft von Mehrfachdiskriminierungen<br />
betroffen sind, nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern zum<br />
Beispiel auch wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Identität und/oder einer<br />
Behinderung. Deshalb sollte es zu den gleichstellungspolitischen Zielen des<br />
<strong>Land</strong>es auch gehören, mehrfach- und mehrdimensionale Diskriminierung ernst zu<br />
nehmen, anzuerkennen und zu bekämpfen.<br />
Zu guter Letzt eine Anmerkung zum veränderten <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz.<br />
Wir begrüßen durchaus die Änderungen des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes,<br />
insbesondere die damit einhergehende Konkretisierung sowie die Absenkung<br />
der Schwelle zur Aufgabenwahrnehmung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Mit Blick auf die uns vorliegende Fassung fordern wir jedoch die konsequente<br />
Einhaltung von § 13 LGG. Darin geht es insbesondere um die Sprache, wie Sie so<br />
schön argumentiert haben.<br />
Gleichstellung und Gleichstellungspolitik brauchen starke Standards. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
ist für die Gleichstellungsarchitektur der Kommunal- und <strong>Land</strong>esverwaltung<br />
maßgebend. Wollen wir in <strong>Brandenburg</strong> ernsthaft unseren Nachholbedarf<br />
in Sachen Geschlechtergerechtigkeit realisieren, brauchen Mädchen und<br />
Frauen die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten als eine starke erreichbare Institution<br />
vor Ort. Der Frauenpolitische Rat fordert ein Bezugssystem formalrechtlicher<br />
Unterstützung, um neben Politik und Verwaltung zur Implementierung zeitgemäßer<br />
gleichstellungspolitischer Strategien beizutragen. - Vielen Dank.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke, Frau Häfner. Wir setzen jetzt mit Frau Szczepanski fort.<br />
Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank, dass wir die Möglichkeit<br />
zur Anhörung haben. Auch von der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten <strong>Brandenburg</strong> liegt eine ausführliche Stellungnahme (Anlage<br />
6) vor. Aus dieser Stellungnahme greife ich einen Aspekt heraus, der für uns<br />
quasi der Knackpunkt ist.<br />
Wir vertreten die These, dass für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zwei<br />
Gesetze gelten, die nicht unmittelbar miteinander kompatibel sind und eher verwirrend<br />
wirken. Zum Verständnis sage ich dazu: Eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />
im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> hat nach bisherigem Rechtsverständnis und gelebter<br />
Praxis zwei Wirkungsbereiche. Sie arbeitet intern behördlich und sie arbeitet extern<br />
kommunal. Für die externe Zuständigkeit gilt § 8 BbgKVerf mit drei maßgeblichen<br />
Ansagen. Das sind die Benennung der Gleichstellungsbeauftragten und ihre Unter-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 13<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
stellung unter den Hauptverwaltungsbeamten oder die Hauptverwaltungsbeamtin. Es<br />
regelt die Hauptamtlichkeit ab 30 000 Einwohnerinnen und Einwohner und den Passus:<br />
Näheres regelt die Hauptsatzung. Für die interne Zuständigkeit, für das interne<br />
Wirken, gilt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, hier insbesondere die §§ 22 bis 24.<br />
Darin sind die Aufgaben und Rechte einer internen Gleichstellungsbeauftragten geregelt.<br />
Sie müssten daher für uns gelten. Das tun sie aber nicht, sondern werden in<br />
§ 25 für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ausgeschlossen mit dem Verweis<br />
auf die Hauptsatzung. Das wiederum gehört zur kommunalen Selbstverwaltung.<br />
Genau darin liegt die Crux begraben.<br />
Da das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz in § 2 Absatz 2 im Geltungsbereich eben auch<br />
und ausdrücklich für die Kommunen gilt, stellt sich die Frage: Warum dann der hier<br />
formulierte § 25? Es gibt den deutlichen Widerspruch: Einerseits Übertragung von<br />
Aufgaben nach dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, andererseits Ausschluss von den<br />
Regelungen, die genau zur Erfüllung des Gesetzesauftrages dienen. Damit sind<br />
Rahmenbedingungen für die interne Tätigkeit der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
ausgehebelt. Jede Kommune kann, soll und wird in gewisser Beliebigkeit Regelungen<br />
treffen. Damit wird - das betone ich - der Gesetzesauftrag ausgehebelt.<br />
Ich möchte verdeutlichen, was das in der Praxis bedeutet. Die Hauptsatzungen regeln<br />
kommunal und regional höchst unterschiedlich die Kompetenzen für den gleichen<br />
Auftrag. Die Möglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten, intern tätig zu werden,<br />
hängt daher ab von der Verwaltungsspitze, deren Einstellung zum Thema Gleichstellung<br />
von Frauen und Männern und vom politischen Willen, Verstehen und Verständnis<br />
der Abgeordneten und nicht zuletzt von den politischen Machtverhältnissen vor<br />
Ort. Sie wird damit zum Schleudersitz für die einzelne kommunale Gleichstellungsbeauftragte.<br />
Das sind keine Geister, die ich hier heraufbeschwöre. Das ist die Realität<br />
im <strong>Land</strong>. Das wird mit der geplanten Novellierung nicht wirklich besser.<br />
Es gibt kommunale Gleichstellungsbeauftragte im Ehrenamt, was überhaupt nicht<br />
zulässig ist. Es gibt kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Mehrfachfunktionen,<br />
wo das Kriterium der Hauptamtlichkeit ab 30 000 Einwohnern nicht gegeben ist. Mir<br />
sind nur drei Orte bekannt, in denen es tatsächlich nach dem Gesetz kommunale<br />
Gleichstellungsbeauftragte im Sinne von Hauptamtlichkeit gibt: die Stadt Potsdam,<br />
die Stadt <strong>Brandenburg</strong> und die Stadt Oranienburg.<br />
Wir fordern daher ganz klar einheitliche, verlässliche Rahmenbedingungen für alle<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und das zeitnah. Ich denke, es ist nach<br />
20 Jahren Gleichstellungsarbeit in diesem <strong>Land</strong> legitim und höchst dringlich, dass wir<br />
klare Regelungen schaffen.<br />
Wir weisen des Weiteren darauf hin, dass die geplanten Regelungen unserer Ansicht<br />
nach im Widerspruch zum Grundgesetz der BRD stehen. Es ergibt sich die Frage,<br />
was Vorrang hat: das Grundgesetz der BRD? Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz? Die<br />
<strong>Brandenburg</strong>er Kommunalverfassung? Die Hauptsatzung?<br />
Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz sagt: Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der<br />
Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirkt auf die
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 14<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Beseitigung bestehender Nachteile hin. Für uns stellt sich die Frage der Konnexität<br />
nicht, da das Grundgesetz vorschreibt, dass Gleichstellung zu erreichen und durch<br />
den Staat zu fördern ist. Das gilt auch für die Kommunen. Das Argument der Konnexität<br />
- das sei nur am Rande erwähnt - tritt kurioserweise nur in <strong>Brandenburg</strong> auf.<br />
Nicht alle Maßnahmen, die mit dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz verbunden sind,<br />
bedeuten tatsächlich mehr Kosten. Es geht hier nur um eine Klarstellung. Die kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten sind per Verfassungsauftrag da. Nur haben sie<br />
ganz verschiedene Arbeitsbedingungen. Die Lösung, ich betone das, ist - entweder<br />
im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz oder in der Kommunalverfassung - Regelungen zu<br />
Rechten und Aufgaben der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen -<br />
verbindlich und niemals in den Hauptsatzungen. - Vielen Dank.<br />
Vorsitzende:<br />
Ich danke Ihnen. Frau Dörnenburg, möchten Sie ergänzen?<br />
(Frau Dörnenburg [<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>]: Nein!)<br />
- Es wurde alles mit gesagt. Vielen Dank. Dann kommen wir jetzt zum Abschluss dieser<br />
ersten Anhörungsrunde zu Herrn Dr. Redmann. Bitte schön.<br />
Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />
Meine Damen und Herren! Ich darf mich für die Einladung bedanken und möchte<br />
zum Abschluss dieser Runde Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf eine Regelung<br />
richten, die möglicherweise nicht den Kern des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes bildet,<br />
aber dennoch in der Praxis von Bedeutung ist. Ich beziehe mich auf § 14 Absatz 1<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, der sich mit Vergaben befasst. Gemäß § 14 Absatz 1<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz soll beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit<br />
einem geschätzten Auftragswert von über 50 000 Euro bei gleichwertigen Angeboten<br />
bevorzugt werden, wer sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweislich<br />
angenommen hat - so die neue Regelung. Sie hat sich inhaltlich nur insoweit<br />
verändert, als dass aus 100 000 DM - nachvollziehbarerweise - 50 000 Euro geworden<br />
sind.<br />
Meiner Ansicht nach sollte die Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes Anlass<br />
bieten, darauf zu schauen, ob sich diese Regelung in der Praxis bewährt hat. Um das<br />
einmal vorwegzunehmen: Nach nahezu einhelliger Auffassung aller, die sich mit<br />
Vergaberecht in der Praxis befassen, ist dies nicht der Fall.<br />
Zunächst ist die Regelung anwendbar ausweislich des Gesetzes ab 50 000 Euro -<br />
bisher ab 100 000 DM. Da fängt es schon an. Üblicherweise werden im Vergaberecht<br />
unterschiedliche Schwellenwerte für unterschiedliche Aufträge, Auftragsarten verwendet.<br />
Sie können sich vorstellen, dass bei Dienstleistungen ein 50 000-Euro-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 15<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Auftrag schon ein relativ großer Auftrag ist. Bei Bauaufträgen ist ein 50 000-Euro-<br />
Auftrag demgegenüber ein sehr kleiner Auftrag. Also kommt man in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
mit seinen bürokratischen Hindernissen und Anforderungen bei<br />
Bauaufträgen schon sehr schnell hinein, was, wie ich glaube, nicht unbedingt beabsichtigt<br />
ist. Wenn Sie sich die europäischen Schwellenwerte ansehen, stellen Sie<br />
fest, dass man im europarechtlichen Bereich bei Dienstleistungen und Lieferungen<br />
ab 200 000 Euro und bei Bauaufträgen ab 5 Millionen Euro hineinkommt. So groß ist<br />
üblicherweise im Vergaberecht die Spreizung. Dies wird in der Frauenförderverordnung<br />
im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nicht beachtet.<br />
Der obere Schwellenwert der Anwendbarkeit dieser Regelung liegt ausweislich der<br />
Frauenförderverordnung bei den europarechtlichen Schwellenwerten, die ich gerade<br />
genannt habe, also bei 200 000 Euro und bei 5 Millionen Euro. Das liegt daran, dass<br />
diese Regelung, die ich gleich vorstellen werde, europarechtlich höchst problematisch<br />
ist und die <strong>Land</strong>esregierung deshalb darauf verzichtet hat, sie in den Anwendungsbereich<br />
der europarechtlichen Regelungen auszudehnen. Das hat aber nun<br />
einmal zur Folge, dass wir Frauenförderung im Vergaberecht bei Großaufträgen derzeit<br />
nicht haben. Frauenförderung findet im Vergaberecht nur bei kleinen Aufträgen<br />
statt, also unter 5 Millionen Euro bei Bauaufträgen und unter 200 000 Euro bei Leistungen.<br />
Ich schaue in die überraschten Gesichter und kann mir nicht vorstellen, dass<br />
das im Sinne des Erfinders ist. Ich komme gleich auf das Problem zu sprechen, warum<br />
man diese oberen Schwellenwerte eingeführt hat.<br />
Die Regelung, um die es im Kern geht und die das Problem in rechtlicher Hinsicht<br />
darstellt, ist das Eintrittsrecht, das die Frauenförderverordnung vorsieht. Kurz gefasst<br />
besagt die Regelung, dass jemand, der bis zu 20 % teurer als der Bestbietende ist,<br />
das Recht hat, in das Angebot des Bestbietenden einzutreten - also zu dessen Preis<br />
anzubieten -, wenn er mehr Frauen beschäftigt und mehr Frauen in Führungspositionen<br />
beschäftigt.<br />
Vergaberecht ist immer Vergabetaktik. Jeder, der sich um Vergaben bewirbt, versucht<br />
natürlich, seinen Vorteil aus vergaberechtlichen Regelungen zu ziehen. Das<br />
bedeutet in der Praxis im Prinzip für denjenigen, der mehr Frauen beschäftigt und<br />
mehr Frauen in Führungspositionen beschäftigt, eine zweite Chance. Er kann vergabetaktisch<br />
erst einmal ein bisschen teurer anbieten, dann gucken, wie der Preis am<br />
Ende ist, und sich dann entscheiden, ob er zu diesem Preis anbieten will und in diesen<br />
Preis eintritt oder nicht. Faktisch führt das zu teureren Angeboten. Vielleicht hätte<br />
dieser, der etwas zu teuer angeboten hat, wenn er diese Regelung nicht für sich nutzen<br />
könnte, von vornherein günstiger angeboten und dem öffentlichen Auftraggeber<br />
ein besseres Angebot unterbreitet, wozu er aufgrund dieser Regelung keine Veranlassung<br />
hat. Die Vergabe wird letztlich durch diese Regelung etwas teurer.<br />
Das Problem in der Praxis ist aus meiner Sicht die Akzeptanz. Wenn Sie in die Stellungnahme<br />
- ich habe sie eben gerade überflogen - des Bauindustrieverbandes oder<br />
der Fachgemeinschaft Bau schauen, werden Sie das bestätigt finden. In der Praxis<br />
wird diese Regelung im Prinzip nicht gelebt. Sie ist ein Kuriosum. Ich gebe häufiger<br />
Seminare für Vergabestellen von Kommunen. Da kann man immer wieder für überraschte<br />
Gesichter sorgen. Selbst Leute, die sich seit Jahren mit Vergaberecht be-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 16<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
schäftigen, kennen diese Regelung gar nicht. Auch die meisten Auftragnehmer kennen<br />
diese Regelung nicht und sind dann ganz überrascht. In Barnim gab es kürzlich<br />
einen Fall: Der <strong>Land</strong>kreis lebt diese Regelung und stößt auf ganz große Widerstände,<br />
weil die Auftragnehmer auf einmal überrascht sind, dass es diese Regelung<br />
überhaupt gibt und dass man sie anwenden muss.<br />
Der Grund dafür, warum diese Regelung nicht so bekannt ist, obwohl es sie schon<br />
viele Jahre gibt, liegt meiner Meinung nach auch an ihrem Standort. In den meisten<br />
Bundesländern wird Frauenförderung im <strong>Land</strong>esvergaberecht geregelt. In <strong>Brandenburg</strong><br />
ist sie immer noch im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz geregelt. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
gehört innerhalb der Vergabestellen nicht zur meist gelesenen Literatur,<br />
deshalb vielleicht die fehlende Aufmerksamkeit für diese Regelungen. Man sollte<br />
darüber nachdenken, diese Regelung in das <strong>Land</strong>esvergabegesetz zu integrieren.<br />
Man sollte sich fragen, ob sie tatsächlich wirksam ist. Mit diesem Eintrittsrecht - also<br />
dem Vorteil, den man demjenigen gewährt, der mehr Frauen beschäftigt und mehr<br />
Frauen in Führungspositionen beschäftigt - ist beabsichtigt, dass Unternehmen, um<br />
sich diesen Vorteil zu sichern, künftig mehr Frauen anstellen und mehr Frauen in<br />
Führungspositionen beschäftigen. Es fehlt bisher jede Evaluation seitens der <strong>Land</strong>esregierung.<br />
Mir ist nicht bekannt, dass irgendein Auftragnehmer seine Personalauswahl<br />
tatsächlich wegen § 14 Absatz 1 <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz in irgendeiner<br />
Weise verändert hat und man hier nachhaltige Veränderungen feststellen kann. Insofern<br />
ist fraglich, ob der Gesetzgeber das Ziel, das er mit seiner Regelung erreichen<br />
wollte, durch die konkrete Ausgestaltung erreichen konnte.<br />
Ich komme nun auf das bereits angesprochene Problem zu sprechen, warum die<br />
Regelung der Frauenförderverordnung nicht oberhalb der europäischen Schwellenwerte<br />
gilt. Das Problem ist, dass es im europäischen Vergaberecht - also Bauaufträge<br />
über 5 Millionen Euro und Leistungen über 200 000 Euro - dem öffentlichen Auftraggeber<br />
verboten ist, eine sogenannte allgemeine Lebensführungskontrolle des<br />
Bieters durchzuführen: Man kann Kriterien ansetzen, die nicht unbedingt mit dem<br />
Preis und mit der Wirtschaftlichkeit zusammenhängen. Ich darf aber nicht den Bieter<br />
insgesamt untersuchen, ob er sich so oder so verhält, wie ich es politisch gern möchte.<br />
Das gleiche Problem hat man - dazu gibt es auch eine Entscheidung des Europäischen<br />
Gerichtshofs - im Bereich der ökologischen Kriterien, die im <strong>Land</strong>esvergabegesetz<br />
mancher Bundesländer eine Rolle spielen. Dazu hat der Europäische Gerichtshof<br />
gesagt: Ich darf Anforderungen an den konkreten Auftrag stellen und sagen:<br />
Ich möchte besonders ökologisch beschaffen. Ich darf aber nicht an das gesamte<br />
Unternehmen Anforderungen stellen und überprüfen, ob es insgesamt unabhängig<br />
von diesem konkreten öffentlichen Auftrag ökologisch beschafft. Bei der Frauenförderung<br />
ist hier genau das Gleiche festzustellen. Man könnte möglicherweise Anforderungen<br />
stellen, die mit dem konkreten Auftrag zu tun haben, man kann aber nicht<br />
darauf abstellen - und so ist das in der Frauenförderverordnung -, wie viele Frauen<br />
das Unternehmen insgesamt beschäftigt und wie viele Frauen in Führungspositionen<br />
sind, ohne auf den konkreten Auftrag zu schauen.<br />
Die <strong>Land</strong>esregierung hat diese Europarechtswidrigkeit offenbar auch erkannt und<br />
deshalb den Anwendungsbereich begrenzt, sodass man da nicht so leicht reinkommt
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 17<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
und das europarechtliche Sekundärrecht nicht anwendbar ist. Allerdings gilt auch<br />
unterhalb der Schwellenwerte europäisches Primärrecht. Wir haben hier die Grenze<br />
zu Polen. Immer dann, wenn es eine Binnenmarktrelevanz gibt - also bei grenzüberschreitenden<br />
Aufträgen oder bei einer Marktlage, die grenzüberschreitende Auswirkungen<br />
hat -, ist das europäische Primärrecht mit dem Wettbewerbsgebot auch unterhalb<br />
der europäischen Schwellenwerte anwendbar, sodass es ein rechtliches Risiko<br />
gibt, wonach Aufträge aufgrund dieser konkreten Ausgestaltung der Frauenförderverordnung<br />
gegen Europarecht verstoßen können.<br />
In der vergaberechtlichen Literatur wird zuweilen die <strong>Brandenburg</strong>ische Frauenförderverordnung<br />
angesprochen. Das liegt daran, dass sie ein bisschen ein Paradiesvogel<br />
ist, weil es sie in anderen Bundesländern in der Ausgestaltung nicht gibt. Wenn<br />
man auf vergaberechtlichen Kongressen ist und Vorträge zu vergabefremden Kriterien<br />
hört, wird immer wieder die <strong>Brandenburg</strong>ische Frauenförderverordnung erwähnt,<br />
weil sie so ungewöhnlich ist.<br />
Am Ende meines Vortrages möchte ich auf Vorschläge zu sprechen kommen, wie<br />
man es vielleicht besser machen könnte. Ich klammere grundsätzliche Bedenken<br />
gegen vergaberechtliche Kriterien aus, die durchaus bestehen, weil sie das Vergabeverfahren<br />
immer aufwendig machen, zu Bürokratie führen und am Ende auch zu<br />
einer etwas unwirtschaftlicheren Vergabe.<br />
Man könnte es bei dem belassen, was nach dem Wortlaut des § 14 Absatz 1 <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
eigentlich beabsichtigt ist, indem man den Gleichwertigkeitsbegriff<br />
enger fasst und sagt: Wenn Aufträge tatsächlich gleich sind und man am<br />
Ende zu einer gleichen Bewertung kommt, lasse ich das Frauenförderkriterium ausschlaggebend<br />
sein und gebe demjenigen den Auftrag, der sich mehr um Frauenförderung<br />
verdient gemacht hat. Man sollte auch überlegen, ob man wirklich nur auf die<br />
Anzahl der Frauen im Unternehmen abstellt oder ob man nicht jemanden belohnt,<br />
der tatsächlich etwas tut. Warum die Anzahl von Frauen in einem Unternehmen höher<br />
ist, als in einem anderen Unternehmen, kann ganz unterschiedliche Gründe haben.<br />
Der frauenfeindlichste Arbeitgeber kann zufällig mehr Frauen in seinem Unternehmen<br />
beschäftigen, als ein Unternehmer, der sehr viel für die Gleichstellung tut.<br />
Deswegen ist der Ansatzpunkt vielleicht der falsche.<br />
Wenn man sich dazu entschließt, etwas für Frauenförderung im Vergaberecht zu tun,<br />
möchte ich auf das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz des <strong>Land</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />
verweisen, in dem vorgesehen ist, dass sich der Auftragnehmer, abhängig von der<br />
Größe seines Unternehmens - Stichwort Mittelstandsschutz -, aus einer Reihe von<br />
Frauenfördermaßnahmen einige Maßnahmen aussuchen kann, wie zum Beispiel<br />
flexible Arbeitszeitmodelle, betriebliche Kinderbetreuung, Überprüfung von Entgeltgleichheit,<br />
Bildungsmaßnahmen in Vorbereitung auf Leistungspositionen. Nach seiner<br />
Wahl wird er zur Umsetzung einzelner Maßnahmen vertraglich verpflichtet. Dann<br />
tut man am Ende wahrscheinlich deutlich mehr für die Frauenförderung, als mit einer<br />
Regelung, die keiner kennt, die keiner lebt und nach der sich hinsichtlich der Frauenförderung<br />
keiner richtet. - Danke.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 18<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Herr Dr. Redmann. Ich war jetzt etwas großzügig mit der Zeitbemessung,<br />
weil die Vorredner etwas Zeit eingespart haben. Bitte versuchen Sie, sich an<br />
den zeitlichen Rahmen der Redezeit zu halten.<br />
Wir sind jetzt bei der ersten Fragerunde angelangt. Abgeordnete Nonnemacher, Abgeordnete<br />
Schier und Abgeordnete Böhnisch stehen zunächst auf meiner Rednerliste.<br />
Abgeordnete Nonnemacher fängt an. Bitte schön.<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />
Ich habe zunächst einige Fragen an die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />
Es geht um das Problem, das Frau Schlüter angesprochen hat, wonach Vorgaben im<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz zu kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ein Eingriff<br />
in die kommunale Selbstverwaltung seien. Nun wissen wir, dass der Anteil von<br />
Frauen gerade in kommunalen Vertretungen besonders schlecht ist. Der Anteil steigt,<br />
wenn man sich die <strong>Land</strong>esebene und die Bundesebene ansieht. Das wird besser.<br />
Die Zahlen für die Kommunen sind aber besonders schlecht. Das Gleiche gilt, wenn<br />
man sich Hauptverwaltungsbeamte und -beamtinnen anguckt. Je kleiner die Städte,<br />
desto weniger Bürgermeisterinnen oder Amtsdirektorinnen. Das ist eine schwierige<br />
Crux. Wie soll in solchen, wie ich es formulieren möchte, männerdominierten Kommunalvertretungen<br />
Frauenförderung durch die Hauptsatzung betrieben werden? Das<br />
ist ein wirkliches Problem. Frau Szczepanski hat das angesprochen und gesagt: Der<br />
Auftrag des Grundgesetzes geht deutlich vor. Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen.<br />
Im Übrigen möchte ich gern von Ihnen und von Herrn Grugel wissen, wie Sie gerade<br />
vor dem Hintergrund unserer demografischen Entwicklung zu der Forderung stehen,<br />
die Grenze der Einwohnerinnen und Einwohner für hauptamtliche kommunale<br />
Gleichstellungsbeauftragte von im Moment 30 000 auf beispielsweise 20 000 Einwohnerinnen<br />
und Einwohner herabzusetzen. Außer den kreisfreien Städten haben<br />
wir im Moment noch fünf Städte in <strong>Brandenburg</strong>, die stabil mehr als 30 000 Einwohnerinnen<br />
und Einwohner haben. Das ist schwierig. Wir schaffen in allen möglichen<br />
Gesetzen Demografiefaktoren. Nur bei der Gleichstellung wird das ignoriert. Das sind<br />
die Fragen an die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />
Frau Szczepanski oder Frau Dörnenburg möchte ich gern fragen: Frau Szczepanski,<br />
Sie haben in Ihrem Vortrag erwähnt, dass die Konnexitätsproblematik bei den<br />
Gleichstellungsbeauftragten nur in <strong>Brandenburg</strong> auftritt. Könnten Sie das näher erläutern?<br />
Konnexitätsregelungen haben wir auch in anderen Bundesländern. Wieso<br />
ist das hier besonders auffällig? - Danke schön.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Abgeordnete Nonnemacher. Abgeordnete Schier, bitte.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 19<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Abgeordnete Schier (CDU):<br />
Ich habe eine Frage an Herrn Dr. Redmann. Sie haben hier eine ganz interessante<br />
Betrachtungsweise vorgetragen. Ich habe ganz schnell im Vergabegesetz nachgelesen.<br />
Im Vergabegesetz haben wir diese Regelung nicht. War das ein Plädoyer von<br />
Ihnen, das in das Vergabegesetz aufzunehmen?<br />
Vorsitzende:<br />
Danke. Schon fertig?<br />
(Abgeordnete Schier [CDU]: Ja!)<br />
Abgeordnete Böhnisch.<br />
Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE):<br />
Ich habe eine Frage an Frau Schlüter und Herrn Grugel. Ich habe festgestellt: Sie<br />
haben widersprüchliche Aussagen gemacht. Während Frau Schlüter sagt, es sei verfassungswidrig,<br />
dass wir etwas in der Hauptsatzung festschreiben, sagt Herr Grugel,<br />
das müsste so gemacht werden. Sie sind sich uneinig. Ich habe Ihre Stellungnahme<br />
gelesen. Frau Schlüter sagt: Das geht gar nicht. Verfassungswidrig. Herr Grugel<br />
sagt: Nein, das muss in der Kommunalverfassung und dann in der Hauptsatzung geregelt<br />
werden. So zumindest habe ich es auf Seite 2 Ihrer Stellungnahme verstanden,<br />
wonach Sie das eigentlich anders sehen. Das ist für mich ein Widerspruch.<br />
Meine zweite Frage richtet sich an Herrn Grugel. Sie sagen, die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
wäre für die Kommunen zur Anleitung und Beratung wichtig. Das ist<br />
momentan nicht so. Wo im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz lesen Sie das heraus? Ich<br />
lese das nicht so.<br />
Frau Szczepanski, ich habe eine Frage zur Konnexität. Sie selbst sagen, es gebe<br />
zwei Gesetze, welche die Funktion der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
regeln: Die Kommunalverfassung und das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz. Das sei für<br />
Sie ein Widerspruch, weil das eine Gesetz es so und das andere Gesetz so regelt.<br />
Wie kann man dies in eine Einheit bringen?<br />
Vorsitzende:<br />
Danke, Abgeordnete Böhnisch. - Abgeordnete Prof. Dr. Heppener.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 20<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />
Ich habe auch eine Frage an die beiden Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.<br />
Zugestanden, dass der Inhalt der Hauptsatzung zur kommunalen Selbstbestimmung<br />
gehört und dass wir über den Begriff nachdenken müssen. Frau Szczepanski hat<br />
deutlich darauf aufmerksam gemacht. Wir können es uns unter dem Aspekt des Abbaus<br />
von Diskriminierungen und der Durchsetzung von Gleichstellung nicht leisten,<br />
dass wir nach dem Grad der Realisierung von gleichgestellten Beziehungen dort, wo<br />
die Leute leben, nämlich in den Kommunen, einen Flickenteppich haben, wo jede<br />
Kommune für sich bestimmt, was an Gleichstellung möglich und was nicht möglich<br />
ist. Ich möchte folgende Frage stellen: Können Sie sich vorstellen, dass unter dem<br />
Aspekt, diese Sache in der Hauptsatzung zu regeln, bestimmte Knackpunkte dessen,<br />
was in der Hauptsatzung durchgesetzt werden muss - wenn man sich zu einer<br />
Hauptsatzung entschließt -, zu fixieren? Auf diese Weise würden wir unserer Forderung<br />
nach gleichwertigen Lebensbedingungen auch für die Frauen in unserem <strong>Land</strong><br />
Rechnung tragen.<br />
Den Ausführungen in Ihrem schönen Vortrag über die Sprachregelung können wir<br />
nur zustimmen. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie auch deutlich machten, dass es gar<br />
nicht so kompliziert ist. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass - durch die<br />
Jahrhunderte - Sprache etwas ist, was Verhältnisse wiedergibt. Dass wir uns so<br />
schwertun, eine geschlechterneutrale Sprache durchzusetzen, hat etwas mit einer<br />
„schönen“ Sache zu tun: „Die klugen Ideen unserer Ingenieure und die fleißigen<br />
Hände unserer Frauen haben dieses Oberhemd produziert.“ Das finden wir immer<br />
noch als Werbung, und das zeigt die Schwierigkeit, wenn es darum geht, sich mit<br />
Sprache zu beschäftigen. Aber das war nur eine Replik; das Erste war eine Frage.<br />
Die zweite Frage habe ich an Herrn Dr. Redmann. Das, was Sie sagten, war durchaus<br />
logisch nachvollziehbar, aber mir ist nicht klar, was Sie vor Augen haben: die<br />
Bestimmung in dem Entwurf des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes oder die Frauenförderverordnung?<br />
Für mich sind das zwei getrennte Dinge. Heute geht es mir um wirklich<br />
gute Formulierungen für § 14 LGG. Hier steht, dass „bei gleichwertigen Angeboten“<br />
- das entspricht einer Forderung, die Sie formulierten - bevorzugt werden soll,<br />
„wer sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen<br />
hat.“ Nachweisbar! Es sind also konkrete Begründungen gefragt. In Absatz 2 heißt<br />
es: „Das Nähere regelt eine Rechtsverordnung der <strong>Land</strong>esregierung.“ Darin können<br />
all die Dinge, die Sie dankenswerterweise aufgeführt haben, berücksichtigt werden.<br />
Aber ich glaube, wir müssen - ich hoffe, sie stimmen mir zu - den Gesetzentwurf, den<br />
wir verbessern wollen, und die Frauenförderverordnung, die existiert, unterscheiden.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Abgeordnete Prof. Dr. Heppener. - Ich sehe keinen weiteren Fragebedarf.<br />
Daher treten wir in die Antwortrunde ein. Wir beginnen mit Frau Schlüter und<br />
Herrn Grugel; die meisten Fragen waren ja an die kommunalen Spitzenverbände gerichtet.<br />
Vielleicht schaffen Sie es, die Fragen gleich hintereinander zu beantworten.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 21<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Frau Schlüter, fangen Sie an?<br />
Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Ich will es gern versuchen und die Fragen in der Reihenfolge, in der sie angefallen<br />
sind, beantworten.<br />
Abgeordnete Nonnemacher, Sie haben gefragt, ob die Einwohnergrenze für die Einsetzung<br />
von hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten von 30 000<br />
auf 20 000 reduziert bzw. ob ein Demografiefaktor eingesetzt werden sollte. Ich glaube<br />
nicht, dass diese Größenordnung eine Frage der Demografie ist, sondern es geht<br />
darum, welche Standards im kommunalen Bereich vorgegeben werden. Wenn Standards<br />
vorgegeben oder erhöht werden, heißt das auch, dass Geld auf die Reise mitgegeben<br />
werden muss. Wenn im kommunalen Bereich mehr Geld vorhanden wäre,<br />
ginge vielleicht an vielen Stellen einiges, was im Augenblick nicht funktioniert.<br />
Sie haben das insbesondere auf die kleineren Städte bezogen. Da halte ich mich<br />
zurück, das ist nicht unsere Klientel. Wenn Sie sagen, in den kommunalen Vertretungen<br />
gebe es eine Unterrepräsentanz von Frauen, so ist das ein objektiver Befund.<br />
Aber da geht es nicht so sehr darum, was in der Hauptsatzung eines <strong>Land</strong>kreises<br />
steht, sondern es gehört zur politischen Arbeit von Parteien und Bürgerinitiativen,<br />
wirklich aktiv auf Frauen zuzugehen. Insoweit sehe ich jedenfalls nicht die Wechselwirkung<br />
zwischen der Ausgestaltung in einer Hauptsatzung und der tatsächlichen<br />
Repräsentanz in der Vertretungskörperschaft.<br />
Abgeordnete Böhnisch, die Frage nach einem Widerspruch zwischen uns beiden<br />
richtet sich eher an Herrn Grugel. So habe ich sie jedenfalls verstanden; aber ich lasse<br />
mich gern eines Besseren belehren.<br />
Bleibt die Frage der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener, Stichwort: „Flickenteppich“.<br />
Das ist eine Konsequenz aus Artikel 28 Grundgesetz. Kommunale Selbstverwaltung<br />
bedeutet, Angelegenheiten im Selbstverwaltungsbereich individuell nach den Gegebenheiten<br />
vor Ort - manchmal auch nach den Mehrheitsverhältnissen - zu regeln.<br />
Damit muss man in Kauf nehmen - das ist verfassungsrechtlich abgesichert -, dass<br />
nicht alles absolut identisch geregelt wird. Das mag, wenn einem die jeweilige Ausprägung<br />
nicht auskömmlich erscheint, bitter sein. Es mag auch für viele schwer<br />
nachvollziehbar sein, dass nicht überall alles gleich ist, wo wir doch ein Rechtssystem<br />
haben, das viele Dinge bis in das Kleinste durchreguliert. Aber „gleichwertig“<br />
heißt nicht „gleich“. Gleichwertiges ist vergleichbar, aber nicht identisch. Das muss<br />
man einfach akzeptieren. Das ist der Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltung.<br />
Gerade wenn es solche organisatorischen Aspekte betrifft, ist das unumstritten, auch<br />
wenn das nicht jeder bei allen Fragestellungen gut nachvollziehen kann.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön. - Abgeordnete Nonnemacher, es sind keine Fragen untergegangen.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 22<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />
Entschuldigung, ich habe nur eine Nachfrage. - Frau Schlüter, ich hatte konkreter<br />
nachgefragt. Können Sie sich bitte noch dazu äußern, wie Sie das Spannungsverhältnis<br />
bewerten zwischen dem Grundgesetzauftrag aus Artikel 3 für die Kommunen<br />
und der Tatsache, dass männerdominierte Vertretungen entsprechend der Hauptsatzung<br />
über Frauenförderung befinden?<br />
Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Ich möchte nicht in einen tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Disput eintreten. Ich<br />
sehe auch nicht, dass Artikel 3 Grundgesetz verletzt ist. Die Tatsache, dass in bestimmten<br />
Bereichen mehr Männer tätig sind, bedeutet nicht, dass zielstrebig eine<br />
Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Artikel 3 Grundgesetz angestrebt worden<br />
wäre. Zwar gibt es nicht überall die paritätische Besetzung - das zeigt die Praxis<br />
-, aber es gibt keine Instrumentarien, die die paritätische Besetzung in jedem Bereich<br />
wirklich abschließend erzwingen. Die verfassungsrechtliche Spange, die Ihnen<br />
offensichtlich vorschwebt, sehe ich nicht.<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank, Frau Schlüter. - Abgeordnete Prof. Dr. Heppener hat dahingehend auch<br />
noch eine Nachfrage.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />
Mir ist durchaus der Unterschied zwischen Gleichheit und Gleichwertigkeit bekannt.<br />
Aber Sie haben auch auf das Grundgesetz abgehoben. Zwar überlassen wir es den<br />
Kommunen, wie sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen; aber sie<br />
müssen sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. Darin stimmen Sie mir<br />
sicherlich zu. Vor diesem Hintergrund müssen auch die Kommunen für gleichwertige<br />
Bedingungen für Männer und Frauen eintreten, wie gesagt, unter Berücksichtigung<br />
des Umstands, dass die Kommunen selbst über die konkrete Ausgestaltung entscheiden.<br />
Können Sie bestimmte Bereiche, Themen, Forderungen nennen, die sie<br />
beachten müssen, um auf dem Boden des Grundgesetzes zu einer Gleichwertigkeit<br />
der Lebensbedingungen zu kommen?<br />
Frau Schlüter (<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Ich versuche zu antworten; das ist schwierig. Mit Ihrer Frage unterstellen Sie mehr<br />
oder weniger, dass es im kommunalen Bereich keinerlei Förderung gebe, dass Frauenförderung<br />
bzw. die Maßgaben des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes missachtet<br />
würden. Das ist definitiv nicht der Fall. Wir können uns sicherlich darüber unterhalten<br />
- aber ich glaube, das würde den Rahmen der Anhörung sprengen -, ob nicht noch
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 23<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
mehr geht als das, was gemacht wird. Das mag in Kommune A anders sein als in<br />
Kommune B. Ich wiederhole: Das Gesetz wird beachtet. Insofern findet Förderung<br />
statt. Diese stößt an unterschiedliche Grenzen in den <strong>Land</strong>kreisen. Aber das, was ein<br />
<strong>Land</strong>kreis bei diesem gesetzlichen Auftrag beachten muss, beachtet er für sein Gebiet.<br />
Wenn sein Nachbarlandkreis andere Schwerpunkte setzt, ist das noch nicht ein<br />
Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz, sondern das ist<br />
dann eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltung, die die Möglichkeit eröffnet,<br />
in organisatorischen Fragen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke, Frau Schlüter. - Wir setzen mit Herrn Grugel fort.<br />
Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Ich weiß gerade nicht, wo ich anfangen soll. Mir geht folgendes durch den Kopf: Vielleicht<br />
klang es vorhin erheiternd, als ich sagte: Meine erste Ausbildungseinheit war<br />
vor 38 Jahren. - Ich habe mir wohl überlegt, ob ich das sage. Warum soll ich von mir<br />
privat und meiner ersten Ausbildungseinheit etwas erzählen? Ich wollte damit verdeutlichen,<br />
dass es dieses Thema schon 38 Jahre gibt. Die Ausführungen: „Es tut<br />
nicht weh, und es kostet kein Geld“, sollten klarstellen, dass man etwas tun muss.<br />
Ich habe durchgezählt. Vielleicht habe ich mich verzählt, aber in diesem Kreis sitzen<br />
19 Frauen und 7 Männer. Warum sage ich das? Ich würde hier als Frau nicht sitzen.<br />
Diese Diskussion sollen Männer führen! - Ich sage jetzt meine Meinung. - Die Männer<br />
müssen das hören, was wir hier diskutieren. Was ich damit sagen will: Wenn in<br />
entsprechenden Gremien vorzugsweise Frauen mit Gleichstellungsfragen beschäftigt<br />
sind - so klingt das auch in der Gesetzesbegründung durch -, dann ist man dort unter<br />
sich. Wenn es um Schulpolitik, Bildung, Kindergärten usw. geht, würde ich Männer<br />
hinschicken, wenn ich eine Frau wäre. Erlauben Sie mir, dass ich das hier so einfach<br />
in den Raum gebe. Das wollte ich vor die Klammer ziehen.<br />
Jetzt komme ich auf das juristisch spannendere Thema zurück: Grundgesetz und<br />
Ämterproporz in den kommunalen Vertretungen sowie bei den Hauptverwaltungsbeamten.<br />
Ich habe es nicht geprüft, unterstelle aber der Einfachheit halber, dass die<br />
Aussagen zum höheren Dienst richtig sind. Demnach liegt in der Verwaltung der<br />
Städte und Gemeinden der Frauenanteil bei den Beamtenverhältnissen im höheren<br />
Dienst nur bei 22 %. Das hat mich natürlich auch erschrocken und dann habe ich mir<br />
genau die gleiche Frage gestellt. Wir müssen mit den Gesetzen einen Schritt weiter<br />
gehen. Das Grundgesetz spricht von freien Wahlen, und die Kommunalverfassung<br />
regelt: Es wird gewählt. - Im höheren Dienst der Städte und Gemeinden sind fast<br />
ausschließlich Wahlbeamte tätig. Diese werden vom Volk gewählt. Die Bürgermeisterinnen<br />
werden direkt vom Volk gewählt. Gehe ich jetzt also in die Gemeinde und<br />
schaue, wie viele Frauen dort den Bürgermeister bzw. wie viele Männer die Bürgermeisterin<br />
gewählt haben? Das sind für mich die Fragen, an denen man arbeiten<br />
muss, nicht an Formulierungen im Gesetz.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 24<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Ich sage das deshalb, weil sich in den vergangenen 38 Jahren etwas getan hat,<br />
wenn ich das richtig beobachtet habe. Aber es geht auch um viele andere Dinge, die<br />
gesetzlich gar nicht geregelt werden müssen. Die Vorgabe hier in <strong>Brandenburg</strong> lautet:<br />
Der Bürgermeister - oder die Bürgermeisterin - wird gewählt. Das ist politisch so<br />
entschieden. Man hätte auch eine gesetzliche Regelung treffen können: Frauenquote<br />
bzw. Männerquote im Zeitbeamtenverhältnis, als es noch Stadtdirektoren und Gemeindedirektoren<br />
gab. Diese Funktionen wollte man nicht mehr, die Politik hat es<br />
anders gewollt. Es gab die Entwicklung hin zu Wahlen. Insofern muss hier und überall<br />
Einfluss genommen werden, dann gibt es auch mehr Frauen in entsprechenden<br />
Positionen.<br />
Auch die Rahmenbedingungen müssen sich ändern. Gesetzlich ist das nicht zu fassen,<br />
es sei denn, man sagt: Wahlbeamte werden nicht mehr gewählt, sondern auf<br />
der Grundlage des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes bestimmt. Oder den Gemeindewählerinnen<br />
und -wählern wird anstelle der jetzigen Regelung - freie Wahlen, eigene<br />
Entschlusskraft - vorgegeben: Wähler, du darfst nur wählen, wenn du dich mit deinem<br />
Nachbarn abstimmst und die Quote beachtest! - Entschuldigen Sie, dass ich<br />
das so vereinfacht ausdrücke, aber das ist der Konflikt, mit dem wir es auf der Gemeindeebene<br />
zu tun haben.<br />
Aus der Praxis kann ich berichten, dass es in den vergangenen Jahren eine Veränderung<br />
gegeben hat. Wir haben Amtsdirektorinnen - endlich! -, auch als Vorsitzende<br />
unserer Kreisarbeitsgemeinschaften. Wir haben eine Oberbürgermeisterin und Bürgermeisterinnen.<br />
Eine Bürgermeisterin hat sich als <strong>Land</strong>rätin beworben. Sie ist vom<br />
Volk im <strong>Land</strong>kreis Elbe-Elster nicht gewählt worden. Ob das richtig oder falsch war,<br />
will ich parteipolitisch gar nicht bewerten. Aber inzwischen gibt es auch eine <strong>Land</strong>rätin.<br />
Das muss transportiert werden und eine Vorbildwirkung haben. Dann wird sich -<br />
nicht nur dort, sondern auch in den Gemeindevertretungen - etwas ändern. Das ist<br />
meine Auffassung dazu.<br />
Die weitere Frage bezog sich darauf, welche Rechte die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
gegenüber den Kommunen hat. Ich habe versucht, das zu differenzieren. Die<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte kommuniziert unmittelbar - das darf sie - mit den<br />
<strong>Land</strong>kreisen. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Land</strong>kreise kommunizieren<br />
mit den Gemeinden. Das ist in § 108 BbgKVerf geregelt; dort geht es um die<br />
Aufgaben der Aufsicht. Es ist im Gesetz richtig ausgeführt: Die Frauenbeauftragte ist<br />
Teil der Dienststelle. Die Aufsicht ist verpflichtet, die Rechte der Gemeinden zu<br />
schützen und die Erfüllung ihrer Pflichten zu sichern. In § 108 Satz 2 BbgKVerf heißt<br />
es - das habe ich schon in meinem Vortrag gesagt -:<br />
„Sie hat die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der Gemeinden zu fördern<br />
sowie Erfahrungen bei der Lösung kommunaler Aufgaben zu vermitteln.“<br />
An dem Punkt habe ich gesagt: Natürlich braucht man auch Gleichstellungsbeauftragte<br />
mit ein bisschen Selbstbewusstsein. Ich weiß, wie schwer das ist. Es ist am<br />
Rande des Gesprächs schon angeklungen: Da gibt es einen vom Volk gewählten<br />
Bürgermeister, einen starken Hauptverwaltungsbeamten, der möglicherweise nicht<br />
so redet wie ich - ich will das gar nicht werten -, und dann hat die Frauenbeauftragte
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 25<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
möglicherweise, das kann ich gar nicht beurteilen, viele oder wenige Chancen. Das<br />
ist ein Stück der Realität, und mit der müssen wir vielleicht noch eine Zeit lang umgehen.<br />
Die gesetzliche Regelung wird sich auch nicht verändern.<br />
Nächster Punkt: Wenn Frauenbeauftragte entsprechend ausgebildet werden - was<br />
ich für wichtig und richtig halte; das ist übrigens heute schon ein Gebot, das muss<br />
nicht in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz aufgenommen werden -, dann kennen sie<br />
diese Regelung. Ich habe das übrigens lange beruflich gemacht; darum kann ich<br />
auch so reden -, dann vernetzen sie sich mit den Frauenbeauftragten auf der kreislichen<br />
Ebene, die Kreisbeauftragten vernetzen sich mit der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />
und dann dreht sich auch etwas. Das ist ein Prozess.<br />
Zum Schluss zu den Knackpunkten: Wir haben eine Regelung auch für die Knackpunkte.<br />
Wenn es Bedarf gibt - ich will den überhaupt nicht weg reden -, das heißt,<br />
wenn den grundgesetzlichen oder den weiteren Anforderungen an die Herstellung<br />
von Chancengleichheit, an Gender Mainstreaming bzw. an Gleichbehandlung nicht<br />
Rechnung getragen wird und all die Fragestellungen, die damit verbunden sind, in<br />
der Hauptsatzung nicht geregelt sind, dann muss die Aufsicht sagen: Höre mal zu,<br />
Gemeinde! Das und das fehlt! - Dann muss darüber ein Diskussionsprozess entstehen.<br />
Verstehen Sie bitte, dass wir, weil wir das so sehen - und dafür kämpfen und werben<br />
-, in diesem Sinne die Gemeinden beraten, auch wenn es um die Hauptsatzungen<br />
geht. Wir sind aber nicht die Aufsichtsbehörde der Städte und Gemeinden, sondern<br />
deren Interessenvertreter. In dieser Eigenschaft müssen wir auf die Rechtslage<br />
hinweisen und klarmachen: Es gibt eine eigene kommunale Selbstverwaltung mit<br />
eigener Organisations- und Personalhoheit, innerhalb der diese Dinge zu regeln sind.<br />
Die schwierige Situation der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ist angesprochen<br />
worden. Das Externe, ihre zweite Rolle, ist zu bedienen, und es sind die Rahmenbedingungen<br />
dafür zu schaffen, dass in Bezug auf die örtliche Gemeinschaft<br />
entsprechende Dinge geschehen, Fortbildungsveranstaltungen stattfinden, Frauen<br />
zu Gemeindevertretungssitzungen eingeladen werden usw.; da könnte ich ohne Ende<br />
weiterreden. Auch in dem Bereich muss es zu einer Stärkung kommen, was die<br />
ehrenamtlichen Gemeindevertreterinnen und -vertreter in kommunalen Gremien anbelangt.<br />
Eines habe ich noch vergessen, das fällt mir jetzt nicht ein. Darum möchte ich Sie<br />
nicht länger mit meinen Antworten konfrontieren, es sei denn, ich bekomme die Gelegenheit,<br />
eine Nachfrage zu beantworten.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Herr Grugel. - Frau Szczepanski, bitte.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 26<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Ich darf die Frage der Abgeordneten Nonnemacher beantworten. Die Aussage zu<br />
dem Konnexitätsprinzip in <strong>Brandenburg</strong> habe ich aus einem Workshop in Hannover,<br />
an dem ich teilgenommen habe. Dort ist ein Vergleich aller <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetze<br />
der Bundesrepublik vorgenommen worden. Nur das, was dort festgestellt wurde,<br />
habe ich weitergegeben. Ich kann das jetzt nicht beweisen, und ich kann es nicht<br />
begründen. Aber ich würde gerne zum Konnexitätsprinzip noch etwas sagen. Es ist<br />
hier an verschiedenen Stellen angeklungen. Es gibt aus unserer Sicht keinen neuen<br />
zusätzlichen finanziellen Aufwand; denn die Kommunen sind bisher schon verpflichtet,<br />
kommunale Gleichstellungsbeauftragte zu benennen, ab 30 000 hauptamtlich,<br />
darunter nebenamtlich, keinesfalls ehrenamtlich. Mit der bisherigen Praxis der Benennung<br />
nach § 18 BbgKVerf wird lediglich etwas stärker normiert. Also wir schaffen<br />
hier nichts Neues und es gibt auch keine Forderung nach Neuem. Es werden auch<br />
keine zusätzlichen neuen Aufgaben übertragen. Wenn die Kommunen dem bisherigen<br />
Auftrag bereits gerecht geworden wären, dann müsste das, was jetzt formuliert<br />
worden ist, einfach nur fortgesetzt werden. Selbst wenn die Einwohnerzahl gekappt<br />
oder heruntergebrochen würde, was, soweit ich weiß, aktuell gar nicht so zur Debatte<br />
steht, entstehen keine zusätzlichen Kosten; denn auch hier wird den Kommunen keine<br />
neue Aufgabe übertragen, sondern es wird eine vorhandene und bis dahin nebenamtliche<br />
und relativ kostenneutrale Aufgabe zu einer hauptamtlichen Aufgabe<br />
definiert. Das beträfe 14 Gemeinden. Diese 14 Gemeinden haben bereits eine kommunale<br />
Gleichstellungsbeauftragte. Die sind nicht alle Mitglieder der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft,<br />
aber die gibt es in unterschiedlicher Ausprägung und mit unterschiedlichen<br />
Aufgaben. Soweit zum Konnexitätsprinzip.<br />
Darf ich auf das, was Frau Schlüter und Herr Grugel gesagt haben, antworten, Frau<br />
Vorsitzende?<br />
Vorsitzende:<br />
Ja.<br />
Frau Szczepanski (<strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Ich denke, es ist ganz wichtig, die Dinge, die hier gesagt wurden, nicht einfach so<br />
stehenzulassen. - Ich will das noch einmal deutlich machen: § 22 sagt unter anderem,<br />
welche Aufgabe eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte intern innerhalb<br />
ihrer Verwaltung zu erfüllen hat. Sie hat unter anderem an Einstellung, Beförderung,<br />
Gruppierung usw. teilzunehmen, aktive Teilnahme an solchen Prozessen, aktive<br />
Teilnahme an sozialen, baulichen, organisatorischen Maßnahmen. Sie hat einen<br />
Blick darauf zu werfen und hat zu sagen, wie weibliche Angestellte besonders oder<br />
überhaupt betroffen sind. Sie hat an Fortbildungs- und Personalentwicklung teilzunehmen.<br />
Jetzt frage ich Sie: Wie soll eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 27<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
diese interne Aufgabe realisieren, wenn ihr das der Bürgermeister überhaupt nicht<br />
gestattet, wenn er sagt: Da kommst du nicht rein! Du darfst nicht in die Dienstberatung,<br />
du darfst nicht in die Personalgespräche hinein. Und jede kommunale Gleichstellungsbeauftragte,<br />
die sagt: „Ich möchte diesen Auftrag aber erfüllen!“, wird gefragt:<br />
Wo bitte steht das? Weise mir juristisch nach, wo das steht! Wo nimmst du das<br />
Recht, die Dreistigkeit her, am Personalgespräch teilzunehmen? Das ist das Problem.<br />
Ein Teil der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten kann diesen Auftrag objektiv<br />
überhaupt nicht wahrnehmen. Es gibt Kolleginnen, die dürfen noch nicht einmal<br />
zur Beratung nach Potsdam fahren!<br />
(Abgeordnete Prof. Dr. Heppener [SPD]: Das ist der Flickenteppich!)<br />
- Das ist der Flickenteppich.<br />
Natürlich gibt es auch Gleichstellungsbeauftragte, die haben hervorragende Arbeitsbedingungen.<br />
Ich habe mir meine Dienstanweisung auf die Bitte meines Bürgermeisters<br />
hin selbst geschrieben. In Anlehnung an die §§ 22 bis 24 habe ich das für mich,<br />
für die Stadt Oranienburg festgemacht. Das darf nicht jede. Manche <strong>Land</strong>räte sagen:<br />
Gleichstellungsbeauftragte, du kannst das, das und das. Alle sozialen Belange darf<br />
sie machen. Aber für das, worauf es wirklich ankommt, wird sie nicht zugelassen.<br />
Deswegen mein vehementer und jetzt sicherlich auch sehr emotionaler Appell an<br />
Sie, das zu überdenken. Wir wollen die §§ 22 bis 24 für alle kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
geregelt haben, damit diese endlose Debatte aufhört: Was darf ich<br />
denn jetzt? Und jeder Bürgermeister und jede Bürgermeisterin sagt: Interessiert mich<br />
nicht.<br />
Zwei Gedanken noch dazu: Es fehlt uns nicht an Selbstbewusstsein, Herr Grugel.<br />
Und es gibt im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> keine Frauenbeauftragten, sondern Gleichstellungsbeauftragte.<br />
Der Begriff ist bei uns eindeutig festgelegt.<br />
(Herr Grugel: Ja, sorry!)<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Frau Szczepanski, auch noch einmal für die Klarstellung. - Herr<br />
Dr. Redmann, Sie hatten noch Aufgaben bekommen.<br />
Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />
Ich darf zunächst die Frage der Abgeordneten Schier beantworten. Bitte sehen Sie<br />
es mir nach, dass ich mich nicht dazu einlasse, inwieweit es aus Sicht der Gleichstellung<br />
erforderlich ist, bei öffentlichen Auftragsvergaben Aspekte der Gleichstellung zu<br />
berücksichtigen. Dazu verstehe ich zu wenig von diesem Metier. Das ist, glaube ich,<br />
auch eine politisch zu beantwortende Frage. Die liegt also bei Ihnen.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 28<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Ich möchte lediglich aus vergaberechtlicher Sicht etwas dazu sagen. Grundsätzlich<br />
rate ich eher davon ab, das Vergaberecht zu überfrachten. Wir haben den Mindestlohn<br />
darin. Wir können inzwischen auch ökologische Kriterien im Vergaberecht berücksichtigen.<br />
Wir haben die Frauenförderung darin. Jeder weitere Aspekt im Vergaberecht,<br />
jedes weitere vergabefremde Kriterium führt zu mehr Bürokratie. Es überlastet<br />
die Kommunen. Insbesondere die kleinen Auftraggeber müssen inzwischen fast<br />
ein Dutzend Schwellenwerte im Kopf haben, wenn sie das Vergaberecht anwenden,<br />
um zu wissen, welche Norm jetzt gerade für den Auftrag gilt, den sie da bearbeiten.<br />
Es führt am Ende auch zu teureren Vergaben, und es wird teurer für den jeweils<br />
Ausschreibenden. Insofern ist meine Empfehlung eher Zurückhaltung. Aber wenn<br />
aus Gleichstellungsaspekten heraus die Notwendigkeit gesehen wird, dann, sage<br />
ich, soll man es lieber im <strong>Land</strong>esvergabegesetz regeln als im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz.<br />
Nur so möchte ich gerne verstanden werden.<br />
Zu Ihrer Frage, Frau Abgeordnete Prof. Dr. Heppener: Zunächst einmal, dass ich<br />
überhaupt etwas zur Frauenförderung sage, liegt daran, dass Sie mich danach gefragt<br />
haben. Das sagt nämlich Frage 9 Ihres Fragenkatalogs: Wie haben sich das<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die daraus resultierende Frauenförderverordnung<br />
bislang auf die Vergabepraxis ausgewirkt?<br />
(Abgeordnete Prof. Dr. Heppener [SPD]: Diese Frage habe ich nicht gestellt!)<br />
- Ja gut, aber Ihr Ausschuss.<br />
Vorsitzende:<br />
Nein, nicht der Ausschuss, wir haben zugeordnet, wer die Fragen gestellt hat. Das<br />
machen wir mit Absicht, damit immer klar ist, aus welcher Fraktion die Fragen kommen.<br />
Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />
Insofern sehen Sie es mir nach, dass ich die Fragen, die gestellt und aufgeworfen<br />
werden, auch beantworte. Ich glaube, dass diese Frage aber auch sinnvoll ist; denn<br />
ansonsten kann man überhaupt nicht bewerten, wie sich das Gesetz in der Praxis<br />
ausgewirkt hat. Wenn Sie das Gesetz fast wortgleich wieder bestätigen, dann erteilen<br />
Sie damit diesem Leben des Gesetzes, wie man es durch die Frauenförderverordnung<br />
verstanden wissen will, auch eine gewisse Bestätigung. Dessen sollte man sich<br />
schon bewusst sein, zumal - ich entnehme der Frage diese Skepsis in gewisser Weise<br />
- eine gewisse Abweichung zwischen dem, was in der Verordnung geregelt ist,<br />
und dem, was im Gesetz geregelt ist, besteht. Die Abweichung betrifft den Schwellenwert,<br />
die Frage, ob man auf die Aktivität eines Auftragnehmers eingeht oder ob<br />
man auf die Anzahl der Frauen eingeht sowie die Gleichwertigkeit. Wenn Sie einmal<br />
auf die Homepage des Ministeriums schauen, werden Sie feststellen: Dort wird in<br />
bemerkenswerter Offenheit dargestellt, dass Frauenförderung bei Gleichwertigkeit<br />
natürlich belohnt wird. Aber auch, wenn keine Gleichwertigkeit vorliegt, wird Frauen-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 29<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
förderung belohnt, wenn der nächste Bieter nur bis zu 20 % teurer ist. Man geht über<br />
das hinaus, was im Gesetz von Ihnen, den Abgeordneten, dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong>, geregelt<br />
worden ist. Da sollte man sich schon fragen, ob man das als <strong><strong>Land</strong>tag</strong> so durchgehen<br />
lässt, dass eine Verordnung nicht dem entspricht, was man selbst einmal beschlossen<br />
hat oder wieder beschließen will.<br />
Als Drittes: Wenn Sie es in Zukunft anders haben möchten, werden Sie gezwungen<br />
sein, es im Gesetz anders zu regeln. Dazu haben Sie die Möglichkeit. Insoweit auch<br />
mein Hinweis auf meine schriftliche Stellungnahme. Darin schlage ich zum Beispiel<br />
vor, dass man das klarstellt, die Bevorzugung nur noch hinsichtlich gleichbewerteter<br />
Angebote stattfinden lässt, sodass man diesen Spielraum eindämmt und damit natürlich<br />
auch über die europäischen Schwellenwerte hinausgehen kann. Wenn Sie es<br />
aber anders machen wollen und keine Bevorzugung mehr haben wollen, wie es jetzt<br />
ausdrücklich im Gesetz steht, sondern wenn Sie künftig eine Verpflichtung zur Umsetzung<br />
von Frauenfördermaßnahmen haben wollen, dann müssen Sie das Wort<br />
Bevorzugung herausnehmen und eher eine Verpflichtung im Gesetz vorsehen. Insofern<br />
liegt der Ball bei Ihnen, den Damen und Herren Abgeordneten, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
so zu gestalten, dass das herauskommt, was Sie gerne möchten.<br />
Vorsitzende:<br />
Ich möchte noch etwas klarstellen, damit die Anzuhörenden wissen, wie das Verfahren<br />
im Ausschuss ist. Wir haben uns im Ausschuss geeinigt, dass wir nicht über die<br />
Fragen abstimmen, die die einzelnen Fraktionen stellen, sondern dass wir kennzeichnen,<br />
welche Fraktionen welche Fragen gestellt haben, und dass wir keine Aussortierung<br />
von Fragen machen, sondern das Recht aller Fraktionen achten, ihre Fragen<br />
zu stellen. Sie als Anzuhörende haben deshalb vor jeder Frage zu stehen, von<br />
wem diese Frage kommt. Es sind nicht die Fragen des Ausschusses, darauf haben<br />
wir bewusst verzichtet. Selbstverständlich haben Sie es richtig gemacht, alle Ihnen<br />
gestellten Fragen - das steht Ihnen ja frei, Sie können auswählen - zu beantworten.<br />
Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung gesehen. Abgeordnete Schulz-Höpfner, bitte.<br />
Abgeordnete Schulz-Höpfner (CDU):<br />
Ich möchte mich ausdrücklich für diese Klarstellung und auch bei allen Anzuhörenden<br />
bedanken. Diese Frage haben wir nicht einfach mal so aus dem hohlen Hut gestellt,<br />
sondern sie ist aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage meines Kollegen<br />
Homeyer erwachsen, in der die <strong>Land</strong>esregierung ganz klar sagt, dass der Frauenförderverordnung<br />
in der täglichen Vergabepraxis eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen<br />
wird. Wenn man zu solch einem Eingeständnis kommt, muss man nach<br />
so vielen Jahren des Bestehens dieser Verordnung und des Gesetzes auch eine<br />
entsprechende Anfrage stellen. Ich bedanke mich ausdrücklich für die Beantwortung.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 30<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Vorsitzende:<br />
Gut, das war jetzt auch noch einmal zur Ergänzung und zur Klarstellung. Dann können<br />
wir jetzt in der Anhörungsrunde fortfahren. Frau Präsidentin Paulat, Sie haben<br />
das Wort.<br />
Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich bin als Präsidentin<br />
des <strong>Land</strong>essozialgerichts Berlin-<strong>Brandenburg</strong> (LSG) eingeladen. Ich möchte aber<br />
darauf hinweisen, dass ich auch die Vorsitzende des <strong>Land</strong>esverbandes <strong>Brandenburg</strong><br />
des Deutschen Juristinnenbundes (DJB) bin, in Personalunion also. Ich habe die<br />
Möglichkeit, mit zwei - bzw. sogar vier - Augen auf die Thematik zu schauen.<br />
Ich stelle fest, dass das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und das Hochschulgesetz zu<br />
Recht novelliert werden und begrüße das als Präsidentin des LSG und auch als Vorsitzende<br />
des DJB-<strong>Land</strong>esverbandes. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus den<br />
Zahlen, die wir mitgeteilt bekommen haben, auch im Vorspann des Gesetzentwurfes.<br />
Ich finde es beinahe erschreckend, dass seit 1994 in den Führungsämtern mit höherem<br />
Entgelt oder höherer Besoldung der Frauenanteil noch sehr bescheiden ist.<br />
Wenn fast 70 % der Dienststellen keinen Förderplan vorlegen und das offenbar unsanktioniert<br />
bleibt, während die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten behindert<br />
oder jedenfalls nicht gefördert wird, dann liegt auf der Hand, dass Handlungsbedarf<br />
besteht.<br />
Der öffentliche Dienst ist wahrlich kein Vorbild, die Ministerien und die Staatskanzlei<br />
dieses <strong>Land</strong>es auch nicht. Man muss das so konstatieren. Erstaunlich und beinahe<br />
etwas amüsant fand ich, dass ausgerechnet im Entwurf des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
die Forderung des aktuell gültigen <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes in seinem<br />
§ 13 nach sprachlicher Gleichstellung nicht erfüllt ist, und zwar in Artikel 2, Paragraf<br />
7 im Teil zur Änderung des Hochschulgesetzes. Gut, das wird sich schnell ändern<br />
lassen.<br />
Ich möchte mich in meinem Statement an dem Fragenkatalog orientieren, soweit er<br />
mich betrifft. Positive Aspekte der Änderung im Entwurf sind sicherlich die Einbeziehung<br />
der Hochschulen, die Quotierung bei der Stellenbesetzung in Verwaltung und<br />
Gremien und die Erweiterung des Geltungsbereichs auf juristische Personen des<br />
Privatrechts und Personengesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des <strong>Land</strong>es. Ich<br />
halte weiterhin für einen positiven Effekt, dass das Gesetz auf Funktionen mit Vorgesetzten-<br />
und Leitungsaufgaben erweitert wird und auch die Ausschreibungspflicht für<br />
Funktionen erweitert wurde. Das ist ein echter Fortschritt.<br />
Wir haben heute schon etwas zur Aufnahme der Tarifbeschäftigten mit befristeten<br />
Verträgen in den Gleichstellungsplan gehört. Das finde ich grundsätzlich gut. Ich<br />
kann aber auch den kritischen Worten von Frau Schlüter dazu beipflichten.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 31<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Die Verbesserung nach Ende der Beurlaubung aus familiären Gründen ist anerkennenswert,<br />
auch die Einbeziehung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im Gesetz<br />
und schließlich die Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten, zum Beispiel beim<br />
Kündigungsschutz, aber auch bei zahlreichen anderen Aufgaben und Verantwortungen.<br />
Verbesserungsbedarf und Änderungsbedarf würde ich bei der Ansiedlung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
sehen. Das soll, wenn ich es recht verstehe, so bleiben,<br />
wie es ist. Ich würde mich sehr dafür einsetzen, dass die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
an der politischen Spitze des <strong>Land</strong>es angesiedelt wird, nämlich bei<br />
dem Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin. Ich könnte mir auch sehr gut<br />
vorstellen - obwohl ich mir vorzustellen kann, dass das problematisch ist -, eine <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
im Rang einer Staatssekretärin einzuführen.<br />
Was ich mir auch vorstellen könnte, ist die Erweiterung der Kompetenz der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />
die sich nicht nur auf Beratung und Unterstützung beschränken<br />
sollte. In welcher Form, das müsste man überlegen. Aber ich glaube,<br />
dass, wenn es so käme, dass die Gleichstellungsbeauftragte den Status einer<br />
Staatssekretärin hätte, damit auch eine Aufgabenerweiterung einhergehen könnte.<br />
Mindestens erforderlich ist die Freistellung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten.<br />
Was ich schon öfter vorgetragen habe, auch dem Arbeits- und Sozialminister, ist,<br />
Gleichstellungspläne für den gesamten Geschäftsbereich eines Ministeriums einzuführen.<br />
Ich spreche da jetzt erst einmal für die Justiz. Ich finde es misslich, wenn die<br />
Gerichte, die erstinstanzlichen Gerichte, die zweitinstanzlichen Gerichte, ihre Gleichstellungspläne<br />
aufstellen, wenn das Justizministerium für sein Haus den Gleichstellungsplan<br />
aufstellt, aber wenn ich für den Richterbereich etwas in meinen Gleichstellungsplan<br />
hineinschreibe, dann hat es wenig Wirkung, weil ich letztendlich gar nicht<br />
über die Einstellung oder Beförderung entscheide. Ich kann natürlich im Rahmen von<br />
Einstellungs- und Beförderungsverfahren Vorschläge machen, aber eine Entscheidungsbefugnis<br />
liegt da letztlich nicht bei mir. Das Ministerium hat in seinem Haus<br />
keine Richterinnen und Richter beschäftigt. Also rekurriert dieser Gleichstellungsplan<br />
nicht auf diesen Bereich. Ich halte es für erstrebenswert, über die Grenzen der einzelnen<br />
Dienststelle hinaus, dort, wo es nötig erscheint - wie eben in der Justizverwaltung<br />
-, übergreifende Gleichstellungspläne einzuführen.<br />
Ich vermisse in der Begründung des Gesetzentwurfs eine Begründung für die Ausnahme<br />
von der Quote, wenn es um die Besetzung einer Richterstelle geht und der<br />
Richterwahlausschuss mitzuwirken hat. Das ist in <strong>Brandenburg</strong> der Fall. Der Richterwahlausschuss<br />
bestimmt letztendlich über Beförderungen im Richterbereich. Ob<br />
das wirklich so sein muss, will ich mal dahingestellt sein lassen. Aber ich denke, es<br />
ist auf jeden Fall erforderlich, dass im Gesetz begründet wird, warum das so ist und<br />
warum man hier eine Ausnahme vorsehen muss.<br />
Für wenigstens erforderlich - ich glaube nicht, dass das die Selbstständigkeit des<br />
Richterwahlausschusses maßgeblich beeinträchtigen würde - hielte ich eine Art Appell<br />
des Gesetzes an die Justizverwaltung und den Richterwahlausschuss, die<br />
Gleichstellung zu wahren. Da muss man natürlich eine geeignete Formulierung fin-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 32<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
den. Aber dass dieser Bereich in Sachen Gleichstellung und Quote überhaupt nicht<br />
berührt wird, leuchtet mir nicht ein. Verstärkt in den Blick nehmen würde ich konkrete<br />
Formulierungen von Förderpflichten der Dienststellenleitungen. Auch das ist nicht<br />
einfach, das ist mir klar. Ich denke, es könnte an der Stelle durchaus hilfreich sein,<br />
wenn man Personen aus der Praxis befragt, was konkret an Förderpflichten umzusetzen<br />
erforderlich wäre.<br />
Stichwort Umsetzung; da bin ich schon beim nächsten Punkt. Ich denke, es sollten<br />
stärkere Kontrollen und Sanktionen im Kommunalbereich eingeführt werden. Das ist<br />
eine Schwäche des Entwurfs. Auch ich sehe hier Widersprüchlichkeiten. Natürlich<br />
hat das mit der Selbstverwaltung der Kommunen zu tun, ähnlich wie beim Richterwahlausschuss.<br />
Ich will mich dazu nicht näher äußern, da gibt es hier in der Runde<br />
Berufenere. Was ich mir aber vorstellen könnte, ist, dass man in der Begründung des<br />
Gesetzes noch stärker in den Fokus nimmt, dass es sich um Selbstverwaltung handelt.<br />
Durch eine gezieltere und ausführlichere Begründung ließe sich das Spannungsverhältnis<br />
zwischen der Selbstverwaltung und den Vorgaben des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
eindämmen.<br />
Im Fragenkatalog gibt es eine Frage zur Passfähigkeit mit dem Berliner Gleichstellungsgesetz.<br />
Ich frage mich: Wer passt sich da wem an? Das Berliner <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
ist sicherlich sehr innovativ und fortschrittlich, und eine Übereinstimmung<br />
beider Gesetze halte ich grundsätzlich für wünschenswert, genauso wie ich die<br />
Kompatibilität der Richtergesetze beider Länder für sehr wünschenswert gehalten<br />
habe - da ist ja einiges geschehen -, aber in allen Bereichen ist das sicher nicht<br />
zwingend. Ein Beispiel: Nach dem Berliner <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz sind die<br />
Gleichstellungsbeauftragten eines Gerichts an Richterbeurteilungen beteiligt. Das<br />
halte ich nicht für nachahmenswert.<br />
Vorsitzende:<br />
Ich weise Sie an der Stelle einmal auf die Zeit hin.<br />
Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Ich habe noch einen letzten Punkt: die sprachlichen Herausforderungen. Ich glaube,<br />
wenn man einen guten Willen zeigt und kreativ ist, dann ist es möglich - wenn auch<br />
relativ mühselig und anspruchsvoll -, neutrale Begriffe zu finden; da kann ich mich<br />
Herrn Grugel anschließen. Ich finde, keine Lösung ist es, nur die weibliche Form zu<br />
benutzen. In einem Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 4. Juli 2013 findet<br />
sich die Formulierung: „Herr Professorin“ - ich finde, das ist nicht unbedingt erstrebenswert.<br />
Vorsitzende:<br />
Genau wie „Frau Professor“. - Vielen Dank.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 33<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Dann kommen wir zum Beitrag von Frau Schrul. Sie spricht für die <strong>Land</strong>eskonferenz<br />
der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen Hochschulen.<br />
Herr Dr. Redmann (Kapellmann und Partner Rechtsanwälte):<br />
Entschuldigen Sie, Frau Vorsitzende, gestatten Sie, dass ich mich entferne? Ich habe<br />
noch einen Anschlusstermin.<br />
Vorsitzende:<br />
Selbstverständlich.<br />
Frau Schrul (<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen<br />
Hochschulen):<br />
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich als erste Sprecherin der<br />
<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen Hochschulen<br />
zu der heutigen Anhörung eingeladen wurde. Sahra Damus als Vertreterin der<br />
Viadrina und ich als Gleichstellungsbeauftragte der Universität Potsdam haben uns in<br />
den letzten drei Jahren sehr intensiv mit der heutigen Gesetzesvorlage beschäftigt.<br />
Anstoß dafür war die Initiative der Arbeitsgemeinschaft der Frauen der SPD-Fraktion<br />
im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong>, die an uns herangetreten ist. Es ist erstmalig so gewesen,<br />
dass wir langfristig und wirklich rechtzeitig in diesen Prozess der Diskussion über die<br />
Novellierung eines Gesetzes einbezogen wurden, und nicht wie üblich erst in der<br />
Anhörung zu Wort kamen, wenn an den Gesetzesvorlagen letztlich doch nichts mehr<br />
geändert wurde. Dafür bedanken wir uns ausdrücklich.<br />
Wir haben uns der Lösung, die Regelungen zum <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz<br />
über ein Artikelgesetz im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz zu verankern, in einem<br />
Arbeitsprozess angenähert, und aus der heutigen Sicht kann ich sagen: Alle Gleichstellungsbeauftragten<br />
der brandenburgischen Hochschulen stehen hinter dieser Lösung.<br />
Es hat bei uns einige Irritationen hervorgerufen, als es in den letzten Tagen<br />
und Wochen hieß: keine Regelung im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, stattdessen im<br />
… usw. - Sie kennen diesen Prozess sicher viel besser als wir, da Sie ja unmittelbar<br />
beteiligt waren. Deshalb will ich namens meiner Kolleginnen die Regelung über das<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nochmals ausdrücklich befürworten.<br />
Mit der bisherigen Regelung im <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz sind nicht alle<br />
Dinge, die unsere tägliche Arbeit betreffen, geregelt worden. Wir hatten in den zurückliegenden<br />
Jahren in Diskussionen mehrfach unsere Bedarfe angemeldet, aber<br />
sie sind leider nur wenig berücksichtigt worden. Jetzt können wir sagen, dass viele<br />
Regelungen über die in unserer Stellungnahme von 2011 formulierten Forderungen<br />
deutlich hinausgehen. Wir sehen es als besonderen Vorteil an, dass mit etlichen<br />
Verweisen auf Regelungen im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz deutlicher wird, dass es<br />
eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Anliegen gibt und die Regelungen
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 34<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
auf die konkreten Bedingungen an den Hochschulen abgestimmt wurden. Nicht alles,<br />
was im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz geregelt ist, kann eins zu eins auf Hochschulen<br />
übertragen werden, aber wir sehen eine deutliche Verbesserung der Regelung.<br />
Nicht alles, was wir uns gewünscht hatten, ist geregelt worden. Deshalb würde ich<br />
heute die Möglichkeit nutzen, darauf im Konkreten zu verweisen. Ich möchte eine<br />
Zahl hervorheben; eigentlich sollten Zahlen für sich sprechen. In der Frage 10 wurde<br />
auf den aktuellen Stand von 20 % weiblicher Professuren an den brandenburgischen<br />
Hochschulen verwiesen. Ich glaube, aufgrund vieler Aktivitäten an den Hochschulen<br />
hat sich dieser Wert leicht positiv verändert. Beim Ranking des CHEs, das sich auf<br />
die Zahlen von 2011 bezieht, betrug der Wert für das gesamte <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
21,6 %, für 2012 lag er bei 22,5 %. Die Universität Potsdam - das ist nicht selbstverständlich<br />
- hat derzeit einen Professorinnenanteil von 29 %. Das ist im Bundesvergleich<br />
eine doch schon beachtliche Zahl, wenngleich sie natürlich weit von den geforderten<br />
und von uns unterstützten 50 % entfernt ist. Die realen Bedingungen an<br />
Hochschulen sind eher an dem Kaskadenmodell orientiert als an einer klaren 50% -<br />
Regelung.<br />
Neben den vielen positiven Signalen, die von der Neuregelung oder Ergänzung der<br />
Regelung im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ausgehen, möchten wir auf eines hinweisen<br />
- das war immer wieder ein Diskussionspunkt -: Wenn es zur Verabschiedung<br />
des Artikelgesetzes kommen sollte, bitten wir im Sinne der Praktikabilität darum,<br />
dass sich die Textpassagen ausdrücklich im <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetz<br />
wiederfinden; nicht, dass wir immer zwei Gesetze auf dem Tisch liegen haben.<br />
Zu dem angekündigten Regelungsbedarf, den wir unbedingt ansprechen wollen: Mit<br />
der Verabschiedung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes 2008 wurde die<br />
Möglichkeit eingeräumt, dass die zentrale Gleichstellungsbeauftragte größerer Hochschulen<br />
bis zu 100 % freigestellt wird oder diese Funktion hauptamtlich ausübt. Das<br />
haben wir damals sehr begrüßt. Begrüßt haben wir auch die Regelung, dass es in<br />
diesem Fall zwei Stellvertretungen geben kann. Für die Stellvertretungen gibt es per<br />
Gesetz keinerlei Freistellungsoptionen oder Entlastungsregelungen, sondern es liegt<br />
im Ermessen der Hochschule, inwieweit diese dienstliche Aufgabe entsprechend<br />
kompensiert wird. Das Gleiche gilt für die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Bis heute ist uns unverständlich, warum es eine Ausnahmeregelung gibt. Die betrifft<br />
die Funktion einer dezentralen Gleichstellungsbeauftragten in der Verwaltung. An der<br />
größten Hochschule im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong>, der Universität Potsdam, gibt es derzeit<br />
240 Beschäftigte, in der Mehrzahl Frauen. Es erschließt sich mir nicht, dass man<br />
sagt, da brauche man keine dezentrale Gleichstellungsbeauftragte. Ist denn das<br />
Thema Gleichstellung in diesem Bereich ad acta gelegt? Nein, geregelt ist es so,<br />
dass dies mit zum Aufgabengebiet der zentralen Gleichstellungsbeauftragten gehört.<br />
Ich kann wieder mit Zahlen aufwarten. Im Jahr 2012 gab es an der Universität Potsdam<br />
62 Stellenausschreibungen für die gesamte Verwaltung, 24 Ausschreibungen in<br />
den Dezernaten. Ich als zentrale Gleichstellungsbeauftragte habe in dem Augenblick,<br />
in dem sich Frauen und Männer bewerben, an diesen 24 Verfahren verpflichtend teilzunehmen.<br />
Das ist allein vom Zeitbudget her für eine zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
nicht leistbar, denn ich habe eine Reihe anderer Aufgaben zu erfüllen, zum<br />
Teil hochschulinterne, aber auch weit darüber hinaus gehende in der <strong>Land</strong>esvertre-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 35<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
tung bzw. auch im Bereich des Bundes. Das Argument, das uns leider bisher immer<br />
nur mündlich dargelegt wurde, dass Akten oder Dienstreiseanträge unbearbeitet liegen<br />
bleiben, wenn eine dezentrale Gleichstellungsbeauftragte in der Verwaltung ihren<br />
Arbeitsplatz verlässt, zählt in unseren Augen nicht, denn die Gleichstellungsbeauftragte<br />
aus dem Bibliotheksbereich lässt auch die Bücher stehen und eine Gleichstellungsbeauftrage<br />
aus dem Sprachenzentrum kann in der Zeit, in der sie an einem<br />
Bewerbungsverfahren teilnimmt, keine Studierenden konsultieren usw. Diese Argumentation<br />
erschließt sich uns nicht. Ich bitte Sie wirklich, darüber noch einmal grundsätzlich<br />
nachzudenken. Eine Kann-Regelung - in meiner schriftlichen Stellungnahme<br />
(Anlage 8) habe ich einen Formulierungsvorschlag unterbreitet - würde uns sehr entlasten.<br />
Die Hochschule soll selbst entscheiden können, ob sie diesen Bedarf hat;<br />
denn die Strukturen und die Größen der Hochschulen sind unterschiedlich. Ich bitte<br />
Sie, das sehr ausführlich zu diskutieren.<br />
Eine Anmerkung zur gendergerechten Sprache. Die Universität war diesbezüglich<br />
letztens auch wieder in den Medien. Die sind in der Sommerzeit immer sehr angetan,<br />
solche Themen aufzugreifen. Auch an unserer Hochschule gibt es die endlose Diskussion<br />
über die Anwendung der gendergerechten Sprache. Die getroffene Regelung,<br />
die Anwendung der Mindeststandards gemäß gesetzlicher Vorgaben auf amtliche<br />
Dokumente auszuweiten und zu definieren, wie mit beiden Geschlechtern umzugehen<br />
ist, sodass beide Geschlechter sich in der sprachlichen Regelung wiederfinden,<br />
begrüßen wir, damit wir diese Endlosdiskussion innerhalb der Hochschulen zumindest<br />
etwas entschärfen und auf diese Gesetzesregelung verweisen können.<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag von Frau Damus fort, sie spricht für die<br />
Europa-Universität Viadrina.<br />
Frau Damus (Europa-Universität Viadrina):<br />
Vielen Dank auch meinerseits für die Einladung zur Anhörung und die Möglichkeit,<br />
unsere gemeinsame Stellungnahme vorzutragen. Ich bin das Pendant zu Barbara<br />
Schrul von der Universität Potsdam an der Viadrina, ich bin dort seit 2010 die zentrale<br />
Gleichstellungsbeauftragte und auch Mitglied der <strong>Land</strong>eskonferenz. Insofern haben<br />
wir unseren Beitrag aufgeteilt. Ich werde nicht wiederholen, was Frau Schrul gesagt<br />
hat, wenngleich ich ihre Ausführungen vollends unterstütze, sondern werde<br />
mich auf ein paar andere Punkte konzentrieren.<br />
Zunächst möchte ich hervorheben, dass es sehr begrüßenswert ist, dass die Hochschulen<br />
jetzt überhaupt erst einmal in den Geltungsbereich des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
aufgenommen werden. Da hatte <strong>Brandenburg</strong> bisher eine Sonderrolle.<br />
Nur in zwei Bundesländern galt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nicht für die<br />
Hochschulen; das war bisher explizit ausgeschlossen. In allen anderen Bundesländern<br />
ist es so, dass in den Fällen, in denen das Hochschulgesetz nichts regelt, das<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz greift oder die Hochschulen es abweichend regeln kön-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 36<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
nen. Dass die <strong>Brandenburg</strong>er Hochschulen jetzt auch Teil dessen sind, schließt eine<br />
Lücke, nämlich, dass die Standards in der Gleichstellungspolitik des <strong>Land</strong>es auch für<br />
die Hochschulen gelten und nicht nur einige spezifische Regelungen, die es im<br />
Hochschulgesetz dazu gibt. Der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />
an Hochschulen ist sehr wichtig, dass das geplante Verfahren, das Hochschulgesetz<br />
über ein Artikelgesetz, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, zu ändern, beibehalten<br />
wird. Sie im Ausschuss für Frauen - unter anderem - sind die Gleichstellungsexpertinnen.<br />
Hier sollte das Thema unserer Meinung nach intensiv behandelt werden; im<br />
Wissenschaftsausschuss können spezifische Hochschulregelungen gern besprochen<br />
werden, aber wir möchten nicht wieder in die Situation kommen, dass vom Wissenschaftsbereich<br />
vielleicht wieder etwas zurückgenommen, zerredet wird. Unser Plädoyer<br />
ist, bei diesem Verfahren zu bleiben.<br />
Bei den weiteren Punkten, die ich vorbringen möchte, beziehe ich mich auf Artikel 2<br />
des Artikelgesetzes und auf die Fragen 10 bis 13. Ich möchte zunächst etwas zum<br />
Beschwerderecht der Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen sagen. Das ist für<br />
uns auf jeden Fall ein Fortschritt. Vorhin wurde die Frage aufgeworfen, warum man<br />
denn überhaupt ein Beschwerderecht oder Klagerecht schaffen muss, wenn doch<br />
alles gesetzlich geregelt ist. Na ja, weil es offensichtlich nicht ausreicht. Es hat sich in<br />
den vergangenen Jahren gezeigt - wir können ein Lied davon singen -, dass es nicht<br />
ausreicht, dass Dinge im Gesetz stehen, sondern sie müssen verbindlich geregelt<br />
und nachprüfbar sein; man muss sich beschweren können. Was Artikel 1 angeht, so<br />
können wir nicht nachvollziehen, warum die Gleichstellungsbeauftragten an den<br />
Hochschulen kein Beschwerderecht haben sollen, wenn doch in § 23a ein gerichtliches<br />
Verfahren für die anderen Gleichstellungsbeauftragten vorgesehen ist. Wir appellieren<br />
an Sie, dies für die Hochschulen analog zu regeln und das durch ein Klagerecht<br />
zu verstärken.<br />
Ein weiterer Punkt, der uns für die weitere Professionalisierung unserer Arbeit sehr<br />
wichtig ist, ist die Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten. Das Problem haben<br />
wir im ganzen <strong>Land</strong>, auch in den Kommunen. Bisher war im Hochschulgesetz geregelt:<br />
Die zentrale Gleichstellungsbeauftragte ist mindestens zur Hälfte ihrer Dienstaufgaben<br />
freizustellen. Das entspricht nicht mehr ganz den Realitäten an den Hochschulen.<br />
Sie wissen vielleicht, dass es an den Hochschulen sehr viele Teilzeitbeschäftigte<br />
gibt. Der Anteil steigt jedes Jahr. Mindestens zur Hälfte der regelmäßigen<br />
Arbeitszeit kann heißen: Wenn man einen 10-Stunden-Vertrag hat, ist man für fünf<br />
Stunden ordnungsgemäß freigestellt. Für die größten Hochschulen des <strong>Land</strong>es ist<br />
das nicht unbedingt ausreichend. Insofern begrüßen wir die Formulierung, dass die<br />
Gleichstellungsbeauftragte mindestens ein halbes Vollzeitäquivalent freigestellt werden<br />
muss, sehr und bitten darauf zu achten, dass sie beibehalten wird.<br />
Ich möchte des Weiteren auf ein Detail verweisen, das vielleicht etwas untergegangen<br />
ist. Die dezentralen Gleichstellungsbeauftragten können angemessen freigestellt<br />
werden. Aber die Stellvertreterin der zentralen Gleichstellungsbeauftragten kann<br />
nicht - auch nicht angemessen - freigestellt werden. Das führt dazu, dass Kolleginnen<br />
sagen, sie können das Amt nicht übernehmen, wenn sie in der Lehre in keiner Weise<br />
entlastet werden. Insofern bitte ich Sie, bezüglich der Freistellung der Stellvertreterin
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 37<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
der zentralen Gleichstellungsbeauftragten ähnlich wie bei den dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />
eine "Kann"-Regelung aufzunehmen.<br />
Als positiv ist in diesem Problemkreis zu bewerten, dass ein Kündigungsschutz für<br />
die Gleichstellungsbeauftragten aufgenommen wird. Das hat sich bei den Personalvertretungen<br />
bewährt. Wir leisten durchaus eine vergleichbare Arbeit. Insofern ist uns<br />
auch das sehr wichtig.<br />
Abschließend möchte auch ich mich zur geschlechtergerechten Sprache äußern, die<br />
auch speziell für das Hochschulgesetz vorgesehen ist. Warum es wichtig ist, ist ja<br />
hier schon vielfach hervorgehoben worden. Es ist insbesondere an den Hochschulen<br />
wichtig, weil dort eben Bildungsbiographien geprägt werden. Dort wird der Zugang zu<br />
Führungspositionen vorbereitet, dort gibt es wichtige Ämter in Führungspositionen zu<br />
besetzen. Sprache ist eben nicht nur, wie Abgeordnete Prof. Dr. Heppener richtig<br />
gesagt hat, ein Abbild der gesellschaftlichen Realität, sondern sie führt auch dazu,<br />
dass man sensibilisiert, dass man Frauen gedanklich stärker einbezieht, dass Frauen<br />
verstärkt angesprochen werden, und zwar gerade in Dokumenten, die Hochschulen<br />
massenweise produzieren wie Studien- und Prüfungsordnungen, Grundordnungen,<br />
in denen es um Wahlämter, den Zugang zu Studienfächern oder zu Führungspositionen<br />
geht. Gerade bei diesen Texten ist eine geschlechtergerechte Formulierung sehr<br />
wichtig. Sie ist notwendig, weil es an den Hochschulen eben leider noch nicht durchgängig<br />
funktioniert. Der Goodwill ist nicht überall vorhanden. Das war vor 38 Jahren -<br />
wie es hier geschildert wurde - noch nicht umgesetzt, und es ist heute immer noch<br />
nicht umgesetzt. Für die Hochschulen müssen die Standards gelten, die für andere<br />
öffentliche Einrichtungen auch gelten; denn die Gremien, die die genannten Dokumente<br />
verabschieden, sind doch mehrheitlich von Männern besetzt, und die sind<br />
nicht unbedingt immer offen für solche Regelungen.<br />
Vorsitzende:<br />
Danke schön, Frau Damus. - Frau Dr. Wiechmann von der FernUniversität in Hagen<br />
schließt die Runde. Sie bebildern Ihren Vortrag sogar.<br />
Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />
Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich für die<br />
Einladung bedanken. Ich spreche als Politikwissenschaftlerin und möchte Ihre Aufmerksamkeit<br />
zunächst einmal auf ein Schaubild (Anlage 10) lenken. Infratest Dimap<br />
hat im Jahr 2010 erhoben, inwieweit die Bevölkerung die Gleichstellung in Familie,<br />
Politik und Beruf - es geht nicht so sehr um Führungspositionen; da könnten wir viele<br />
Studien, auch kommunalpolitische Studien, heranführen - umgesetzt sieht. Im Zusammenhang<br />
mit dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz interessiert uns insbesondere<br />
der dritte Bereich: Beruf. Sie sehen, ein Fünftel der Frauen und 28 % der Männer<br />
stimmten zu. Das heißt also, auch Männer sind nicht mehrheitlich davon überzeugt,<br />
dass die Gleichstellung umgesetzt ist. Ich denke, es ist ein deutliches Signal an die<br />
<strong>Land</strong>espolitik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, auf allen Ebe-
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
nen - auch unter Einbezug der Kommunen - starke Standards einzuziehen. In diesem<br />
Sinne kann das Gesetz einiges leisten.<br />
Vieles ist schon gesagt worden, und als letzte Rednerin will ich Sie auch nicht überstrapazieren,<br />
sondern mich auf vier Punkte konzentrieren. Ich möchte erstens auf die<br />
kommunale Gleichstellungsbeauftragte, § 25, und in diesem Zusammenhang auf die<br />
§§ 22 bis 24 eingehen, zweitens den Widerspruch zwischen zwei Gesetzen - er ist<br />
schon häufiger aufgetaucht -, nämlich dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und der<br />
Kommunalverfassung, thematisieren. Auch das immer wieder angeführte Konnexitätsprinzip<br />
möchte ich - drittens - nicht auslassen; gerade von den kommunalen Spitzenverbänden<br />
in allen Bundesländern wird es immer wieder als Ausschlusskriterium<br />
für starke Standards herangezogen. Viertens - das liegt mir besonders am Herzen,<br />
weil die <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetze in allen 16 Bundesländern keine Verbindlichkeit<br />
herstellen - möchte ich dringend den Appell an Sie richten, stärkere Verbindlichkeit<br />
und Kontrollmechanismen einzubauen.<br />
Zu den §§ 22 bis 24: Diese Standards - es ist ein <strong>Land</strong>esgesetz - gelten für die <strong>Land</strong>esebene.<br />
Dadurch wird suggeriert, dass sie für die Kommunen nicht gelten. Eigentlich<br />
sind sie für die Rechte und Kompetenzen von Gleichstellungsbeauftragten als<br />
Agentin des Wandels vor Ort bzw. in den einzelnen Behörden angelegt. Das schließt<br />
§ 25 mit Verweis auf die Kommunalverfassung gleich wieder aus. Das ist ein wenig<br />
befremdlich, wird doch beides, Kommunalverfassung und <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz,<br />
von den <strong>Land</strong>espolitikerinnen und -politikern im Parlament verabschiedet. Die<br />
Verwaltungswissenschaft spricht von Gesetzesfolgenabschätzung und meint, dass<br />
untersucht werden müsste, inwieweit Gesetze widersprüchlich angelegt sind, das<br />
heißt inwieweit ein Gesetz, das Sie verabschieden, ein anderes ausschließt. Nun<br />
steht die Kommunalverfassung hier nicht zur Debatte, dennoch sollte man darauf<br />
hinwirken, dass beides kompatibel ist. Das soll nicht heißen, dass Sie die Standards<br />
im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz kappen sollen, ganz im Gegenteil. § 25 weist die<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mit Verweis auf die Hauptsatzungen gleich<br />
wieder in die Schranken. Die Hauptsatzungen alleine werden uns nicht weiterbringen.<br />
Ich beobachte Kommunalpolitik als Politikwissenschaftlerin in unterschiedlichen<br />
Themenbereichen seit 20 Jahren und kann ganz klar sagen: Was Kommunen nicht<br />
vorgeschrieben ist, das tun sie auch nicht. Das mag in mancherlei Hinsicht sicherlich<br />
begründet sein, die Haushaltsnöte sind groß, bis auf die südlichen Bundesländer<br />
zum Teil sogar gravierend. <strong>Brandenburg</strong> ist nicht das ärmste <strong>Land</strong>, insofern kann das<br />
allein also nicht der Grund sein. Wenn der Gesetzgeber möchte, dass die Gleichstellung<br />
gestärkt wird, dann hat er das auch für die ihm unterstellten Kommunen zu tun.<br />
In einer Hauptsatzung, die die Formulierung „im Sinne der §§ 22 bis 24“ enthält, kann<br />
alles Mögliche stehen. Was die aktuellen Gesetzesbrüche angeht, so bestätigen Untersuchungen<br />
immer wieder: Gemeinden, Kommunen tun in der Regel das, was<br />
ihnen gesetzesmäßig auferlegt wird, und manchmal noch nicht einmal das. Insofern<br />
appelliere ich an Sie, eine Kompatibilität von <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und<br />
Kommunalverfassung herzustellen - bei aller Liebe für die Kommunen, die vor Ort<br />
das Päckchen zu tragen haben, um das umzusetzen, was sie vom <strong>Land</strong> auferlegt<br />
bekommen. Was die Kommunen in der vergangenen Zeit umsetzen mussten, zum<br />
Beispiel das Kita-Gesetz oder die Doppik, erforderte einen erheblich höheren Preis,<br />
als es ein <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz möglicherweise vermag. Bestimmte Dinge
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 39<br />
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kosten gar nichts. Die Umsetzung der §§ 22 bis 24 kostet nichts; denn es werden<br />
lediglich die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten, an diesem und jenem teilzunehmen,<br />
gestärkt. Insofern hätte die Konnexität überhaupt keine Bedeutung. Wie<br />
gesagt, ich spreche immer aus politikwissenschaftlicher Sicht.<br />
Zum letzten Punkt: Zielvorgaben, Kontrollmechanismen, Organe und Sanktionen. Ich<br />
wünschte mir im <strong>Land</strong>esgesetz für die <strong>Land</strong>esbehörden nicht nur eine Berichtspflicht<br />
- § 6 Absatz 5 räumt immerhin die Möglichkeit einer Sanktion ein -, sondern<br />
auch Kontrolle. Bestimmte Positionen werden nicht entsprechend besetzt, wenn keine<br />
Gesetzespflicht greift. Bei den Kommunen setzt die Kontrolle, was die Besetzung<br />
des Gemeindeparlaments und des Oberbürgermeisterpostens angeht, mit dem Argument,<br />
die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister - wir erheben viele Untersuchungen<br />
zur kommunalpolitischen Spitze - würden vom Volk gewählt, aus. Das stimmt<br />
natürlich, aber der Wahl geht die Nominierung durch die Parteien voraus. Wenn die<br />
Parteien Männer aufstellen, können Frauen auch nicht an die Spitze gewählt werden.<br />
Insofern wäre meine Appell: Geben Sie den Kommunen eine Chance. Eine Möglichkeit<br />
wäre, der Kommunalaufsicht die Gleichstellungspläne vorlegen zu lassen. Die<br />
Kommunalaufsicht ist für die Kommunen zuständig. Diese Funktion erfüllt sie an vielen<br />
Stellen offenbar, ohne die kommunale Selbstverwaltung zu beeinflussen, denn da<br />
höre ich keinen Widerspruch vonseiten der kommunalen Spitzenverbände. Ich könnte<br />
mir aber auch vorstellen, dass es eine andere - unabhängige - Stelle im Ministerium<br />
gibt, die im Blick hat, was die Kommunen tun und vor allem auch, was sie nicht<br />
tun. - Danke schön.<br />
Vorsitzende:<br />
Ich danke Ihnen, Frau Dr. Wiechmann. - Bevor wir zur Fragerunde kommen, würde<br />
ich Frau Melior, der stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kultur, das Wort erteilen; der Ausschussvorsitzende ist mit<br />
einem anderen Ausschuss im Ausland. Es kamen Anmerkungen zur Stellungnahme<br />
des Wissenschaftsausschusses. Frau Melior wird als Einstieg in die Fragerunde etwas<br />
zum aktuellen Stand sagen. Es ist ja doch schon etwas Wasser die Spree und<br />
die Havel heruntergeflossen, seit die Stellungnahme des Ausschusses vorgelegt<br />
wurde.<br />
Abgeordnete Melior (SPD):<br />
Ich übernehme dies gern, werde dabei meine Mitgliedschaft in der SPD-Fraktion aber<br />
nicht verleugnen; das sage ich gleich vorweg. Erst einmal herzlichen Dank an die<br />
Anzuhörenden. Sie haben uns, insbesondere die beiden Gleichstellungsbeauftragten<br />
von Viadrina und Universität Potsdam, für die Beratung sowohl des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
als auch des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes wichtige Hinweise<br />
mit auf den Weg gegeben. Herzlichen Dank dafür.<br />
Ich will einen Punkt etwas klarer herausarbeiten, weil die Wahrnehmung ein bisschen<br />
verwischt ist; das ist auch nicht ganz einfach. Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> verabschiedet manchmal
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 40<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Gesetze und manchmal Artikelgesetze. Artikelgesetz heißt, dass wir ein Gesetz novellieren<br />
und gleichzeitig in anderen Gesetzen auch Neuformulierungen verabschieden.<br />
Es gibt dann die entsprechenden Artikel dazu. So ist es auch hier. Wir reden<br />
hier über Hochschulen, nicht über das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz, sondern den<br />
Artikel 2 der jetzt vorliegenden Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes. Das wird<br />
sich dann im <strong>Land</strong>eshochschulgesetz niederschlagen. Ich sage das nur, damit wir<br />
Klarheit bezüglich der Vorgehensweise haben.<br />
Es stimmt, wir haben uns sehr frühzeitig miteinander verständigt, weil ich gesehen<br />
habe - ich war einige Zeit kommunale Gleichstellungsbeauftragte und glaube einen<br />
ganz guten Blick auf Dinge wie Frauenförderung, Gender, Gleichstellung, Gerechtigkeit,<br />
Chancengleichheit usw. zu haben -, dass wir ein bisschen mehr tun müssen,<br />
gerade im akademischen Bereich. Frauen sind inzwischen sehr gut ausgebildet. Es<br />
gibt weit mehr Abiturientinnen als Abiturienten und auch unter den Studierenden ist<br />
der Frauenanteil hoch, aber dann bricht es doch ein Stück weit ab. Deswegen fand<br />
ich es wichtig, diesen Bereich in den Fokus zu nehmen. Das ist mir in meiner Funktion<br />
als stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung<br />
und Kultur einmal mehr wichtig.<br />
Ich will zum Zeitablauf etwas anmerken. Beide Gesetze sind ein wenig in ein Rennen<br />
von Hase und Igel gekommen. Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ist schon eine Weile<br />
in der Beratung, da haben wir bestimmte Dinge klären können. Die Stellungnahme<br />
des Wissenschaftsausschusses ist zu einer Zeit erfolgt, in der wir davon ausgingen,<br />
beide Gesetze gleichzeitig in der <strong><strong>Land</strong>tag</strong>ssitzung zu behandeln. Es wäre merkwürdig<br />
gewesen, in einem Artikel 2 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes Regelungen zu<br />
verabschieden, die wir in der Debatte zum Hochschulgesetz quasi in der nächsten<br />
Minute der Plenarsitzung noch einmal beraten hätten. Nun sind wir in der Situation,<br />
dass sich die Einbringung des Hochschulgesetzes verzögert, und zwar aus einem<br />
guten Grund: Wir wollen, dass das Hochschulgesetz durchgängig gendergerecht<br />
formuliert ist. Das braucht ein bisschen Zeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im<br />
Ministerium sind zurzeit damit beschäftigt. Sahra Damus und ich haben damals darüber<br />
geredet, dass Formulierungen wie „Herr Professorin“ nicht richtig und zielführend<br />
sind; der Ausdruck „Professor und Professorin“ ist alle Mühe wert. Daher ergibt<br />
sich also die zeitliche Verzögerung.<br />
Wir können vonseiten des Wissenschaftsausschusses ganz deutlich sagen: Wir werden<br />
keinen Schritt zurückgehen, sondern die ausgehandelten Formulierungen - das<br />
sind unsere besprochenen Formulierungen - im Gesetz behalten. Wundern Sie sich<br />
nicht, das Hochschulgesetz wird komplett abgelöst - das hat der Staatssekretär heute<br />
im Wissenschaftsausschuss vorgestellt -, das heißt, das gesamte Hochschulgesetz,<br />
das mit Artikel 2 geändert wird, wird außer Kraft gesetzt und dann komplett in einer<br />
guten Lesefassung - Frau Schrul, damit ist Ihr Wunsch erfüllt - neu vorgelegt, und<br />
zwar von A bis Z gendergerecht formuliert. Ich glaube, das ist alle Mühe wert.<br />
Die von Ihnen angesprochenen Punkte können wir in der weiteren Beratung gern<br />
aufnehmen. Der Wissenschaftsausschuss wird zur Novelle des Hochschulgesetzes<br />
natürlich eine Anhörung durchführen, zu der Sie eingeladen werden. Von daher kann<br />
man jetzt einmal schauen, wie weit man mit der Änderung in Artikel 2 des novellier-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 41<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
ten <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes kommt und was man dann bei der Novellierung<br />
des Hochschulgesetzes noch einbauen sollte.<br />
Frau Schrul hat die Zahlen genannt, wir sind in <strong>Brandenburg</strong> hinsichtlich des Professorinnenanteils<br />
an den Hochschulen gar nicht so schlecht. Die Universität Potsdam<br />
liegt mit 29 % sehr weit vorn, aber 29 % sind eben keine 50 %. Von daher bleiben<br />
der Auftrag und die Notwendigkeit, frauenspezifische Unterstützung zu geben, ganz<br />
klar bestehen. Ich glaube, wir müssen in Zukunft vor allem auf die Frage des familiengerechten<br />
Studierens an den Hochschulen fokussieren. Diesbezüglich wurden in<br />
den letzten Jahren große Fortschritte erzielt, aber lassen Sie uns das dennoch nicht<br />
aus Blick verlieren. Wir sollten uns da nicht zurücklehnen, sondern weiter daran arbeiten,<br />
dass die Studentinnen mit ihren guten Abschlüssen später eine akademische<br />
Laufbahn einschlagen können. Das ist ein wichtiger Punkt, und die Weichen dafür<br />
werden an den Hochschulen gestellt. Die Studierendenparlamente bemühen sich<br />
sehr um eine gendergerechte Sprache. Ich finde, das sollte sich im Hochschulgesetz<br />
klar niederschlagen. Ich bin sehr froh, dass auch wir das mit dem Ablösegesetz umsetzen.<br />
- Vielen Dank.<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank, Frau Melior. Es ist schön, dass es an der Universität Potsdam schon so<br />
weit ist, aber Abgeordnete von Halem wird mir sicher bestätigen, dass man das nicht<br />
von allen Hochschulen sagen kann. Wir waren im Zusammenhang mit der Fusionsdebatte<br />
zum Senat der BTU Cottbus eingeladen, und in diesem Gespräch war die<br />
einzige Frau die Gleichstellungsbeauftragte. Das war schon sehr augenfällig.<br />
Ich möchte noch anfügen, dass heute natürlich auch eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter<br />
des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur anwesend sind. Frau<br />
Bickenbach und Herr Höhne werden alles mitnehmen, was Sie gesagt haben.<br />
Ich habe bereits zwei Rednerinnen auf der Liste, Abgeordnete von Halem und Abgeordnete<br />
Prof. Dr. Heppener. Abgeordnete Nonnemacher hat sich ebenfalls gemeldet.<br />
Gibt es weitere Wortmeldungen? - Abgeordneter Groß und Abgeordnete Böhnisch. -<br />
Wir beginnen mit der Abgeordneten von Halem. Bitte.<br />
Abgeordnete von Halem (GRÜNE/B90):<br />
Auch von mir an Sie alle herzlichen Dank für Ihre Erläuterungen. Auch herzlichen<br />
Dank, Frau Melior, dass Sie das jetzt noch angefügt haben, was sich heute früh im<br />
Wissenschaftsausschuss ergeben hat. Ich hoffe doch sehr, dass das Gendern nicht<br />
die Hauptursache für diese Verzögerung ist,<br />
(Abgeordnete Melior [SPD]: Nein!)
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 42<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
denn ich glaube, das kann so schwierig nicht sein, sondern dass die Hauptursache<br />
dafür, dass das Hochschulgesetz erst nächstes Jahr beraten wird, tatsächlich die<br />
Absprachen mit den beteiligten Verbänden sind.<br />
Ich habe eine ganz konkrete Frage insbesondere an Frau Schrul und an Frau<br />
Damus. Sie bezieht sich auf die Aufstellung von Gleichstellungskonzepten und<br />
Gleichstellungsplänen an den Hochschulen. Frau Dr. Wiechmann hat schon darauf<br />
hingewiesen, dass sehr viele Regelungen nicht so gefasst sind, dass sie wirklich<br />
Verbindlichkeit entfalten. Das bezieht sich auch auf Gleichstellungspläne und Gleichstellungskonzepte<br />
an den Hochschulen. Jetzt ist meine Frage an Sie, ob Sie eine<br />
konkrete Vorstellung davon haben, wie das verbindlicher gefasst werden könnte. Mir<br />
fiele dazu ein, in § 9 Absatz 5 steht: „Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern können auch im Rahmen von Zielvereinbarungen berücksichtigt werden.“<br />
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass da statt des Könnens auch eine sehr viel<br />
schärfere Formulierung stünde. Ich würde Sie gerne um Ihre Einstellung dazu bitten.<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener (SPD):<br />
Eine Bemerkung zum Artikel 2 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes. Ich denke, dass<br />
wir das, was Frau Schrul und Frau Damus zu diesem Artikelgesetz oder zu diesem<br />
Teil gesagt haben, schon bei der weiteren Arbeit an Artikel 2 dieses Gesetzes beachten,<br />
bevor wir das abgelöste, neue Hochschulgesetz haben.<br />
Ich habe eine Frage an Frau Paulat. In § 9 und in § 12 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
geht es um die paritätische Besetzung von Vertretungen, und wir haben dort<br />
eine Quotierung vorgesehen. Da möchte ich an Ihre „vier Augen“ appellieren. Dass<br />
es ungeheuer wichtig ist, dass wir da vorankommen, darüber sind wir uns alle einig.<br />
Aber ich habe die Frage: Sind die Formulierungen, die wir haben, schon so zwingend,<br />
dass diese Quotierung auch durchgesetzt werden muss?<br />
Eine Frage stellt sich: Was passiert, wenn bei der Einstellung, bei der Delegierung in<br />
Gremien keine Bewerberinnen da sind? Kommt dann doch ein Mann zum Zuge? O-<br />
der wie ist das? Mich interessiert Ihr klarer, juristisch geschulter Blick, ob die Formulierungen<br />
tatsächlich das beinhalten, was wir mit der Erhöhung der Zahl der Bewerberinnen<br />
und der Durchsetzung von Bewerbungen für diese Posten erreichen wollen.<br />
Eine andere Frage habe ich an Frau Dr. Wiechmann. Ich möchte noch einmal auf<br />
unseren Beginn zurückgehen. Mir ging es darum, landeseinheitliche Rahmenbedingungen<br />
durchzusetzen, ohne die kommunale Selbstbestimmung zu verletzen. Ich<br />
möchte das nicht wieder aufmachen. Aber Sie haben etwas Ähnliches auch generell<br />
dazu gesagt, was die Tätigkeit, die Durchsetzung, die Rechte und Pflichten von<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten angeht, und Sie haben auch das Problem<br />
der Sanktionen und der Kontrolle aufgeworfen. Einheitliche Rahmensetzung hat auch<br />
etwas mit Sanktion und Kontrolle zu tun, dass sie auch durchgesetzt wird. Können<br />
Sie sich vorstellen, dass wir § 25 in die Richtung lenken, dass wir doch etwas zur<br />
Kommunalaufsicht festlegen, dass also, wenn eine Kommune die Arbeit der Gleich-
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 43<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
stellungsbeauftragten in der Hauptsatzung festlegen will und sie dann auch bestimmte<br />
Bedingungen über die Rahmensetzung, also das, was sie tun muss, festlegt, das<br />
dann durch die Kommunalaufsicht kontrolliert werden kann? Wäre das möglich?<br />
Abgeordnete Nonnemacher (GRÜNE/B90):<br />
Ich habe eine Bemerkung und eine Frage. Beides bezieht sich auf den Redebeitrag<br />
von Frau Dr. Wiechmann.<br />
Frau Dr. Wiechmann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diesen schönen Ausdruck<br />
„kommunale Gleichstellungsbeauftragte sind die Agentinnen des Wandels“ geprägt<br />
und noch einmal auf die Widersprüchlichkeit dieses <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
bezüglich der §§ 22 bis 24 und 25 hingewiesen haben. Ich möchte dazu anmerken:<br />
Ja, man muss diese Sache konsequent zu Ende denken. Und dann müssen wir gegebenenfalls<br />
auch an die Kommunalverfassung heran. Das ist nämlich auch nicht<br />
sakrosankt, das ist eine einfachgesetzliche Regelung, das bedarf nicht einmal einer<br />
Zwei-Drittel-Mehrheit.<br />
Ich möchte auch daran erinnern, dass wir die Evaluation unserer Kommunalverfassung<br />
hier im Haus im Ausschuss für Inneres, aber auch im Plenum diskutiert und<br />
beraten haben. Meine Fraktion hat damals schon diverse Änderungsanträge zur<br />
Kommunalverfassung gestellt, unter anderem, was den § 18 - Gleichberechtigung<br />
von Frau und Mann - betrifft, da sind die Gleichstellungsbeauftragten normiert. Darin<br />
steht der Satz: „Das Nähere kann die Hauptsatzung regeln.“ Da kann man auch etwas<br />
anderes hineinschreiben, nämlich was die Hauptsatzung regeln kann. Vielen<br />
Dank für diesen Hinweis. Ich denke, wir müssen da konsequent sein und das zu Ende<br />
denken. Ich appelliere an uns als Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber, dass wir<br />
uns dieser Sache dann auch annehmen.<br />
Sie haben in Bezug auf die Situation in den Kommunen mit der schlechten Frauenbeteiligung<br />
sowohl in den Vertretungen als auch bei den Hauptverwaltungsbeamten<br />
und -beamtinnen darauf hingewiesen, dass die Parteien Kandidaten aufstellen.<br />
Wenn sie keine Kandidaten aufstellen, können sie auch keine Kandidatinnen aufstellen,<br />
können diese auch nicht gewählt werden. Halten Sie es als Politikwissenschaftlerin<br />
für angezeigt, dass wir ein Parité-Gesetz ins Auge fassen? Würde uns das weiterhelfen?<br />
Abgeordneter Groß (DIE LINKE):<br />
Ich habe an Frau Präsidentin Paulat eine Frage. Frau Kollegin, Sie hatten in Ihrem<br />
Eingangsstatement gesagt, dass die Novellierung erforderlich ist, und Sie meinten -<br />
ich habe es mitgeschrieben -, „der öffentliche Dienst ist wahrlich kein Vorbild“. Nun<br />
kennen wir uns ja aus dem Richterwahlausschuss, insofern habe ich Ihre Ausführungen<br />
einmal so mitgeschnitten. Wir wissen, dass die Richterschaft von der Frauenquote<br />
her relativ gut besetzt ist. Was die Führung der Richterschaft angeht, ich glaube,<br />
Sie sind die einzige Präsidentin, das sagt dann auch ein Stück etwas. Aber für uns
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 44<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
gibt es im Richterwahlausschuss oft das Problem, dass unter Berücksichtigung der<br />
entsprechenden Voraussetzungen und Bedingungen im Auswahlverfahren Frauen<br />
häufig durchfallen. Frauen haben ja die Besonderheit, Kinder zu bekommen. Ich unterstelle<br />
einmal, dass sie dadurch hinter den Männern in der Regel in Bezug auf<br />
Dienstjahre und Erfahrungen vielleicht ein bisschen zurückgestellt sind. Ich frage jetzt<br />
zum Auswahlverfahren: Habe ich Sie recht verstanden - das würde ich mit Ihnen<br />
gerne noch einmal diskutieren, vielleicht kann man das dann auch im Ausschuss<br />
machen -, dass man der Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten bei der Vorschlagsorientierung<br />
der Präsidenten über die Ministerien in Bezug auf die Besetzung<br />
mit Frauen viel mehr Berücksichtigung geben müsste?<br />
Abgeordnete Böhnisch (DIE LINKE):<br />
Ich habe drei kurze Fragen. Frau Paulat, Sie haben gesagt, wir sollten stärkere Kontrollen<br />
und Sanktionen einbauen. Sollen die Sanktionen bereits im Gesetz mit verankert<br />
werden?<br />
Zweitens: Frau Schrul hat gesagt, sie ist für die Hochschulen mit dem Entwurf im<br />
Wesentlichen zufrieden. Sie fragte auch, das ist der Knackpunkt, der uns da fehlt:<br />
Warum ist die Verwaltung nicht mit einer dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />
bedacht? Sie sagten, man könne das als Kann-Bestimmung hineinschreiben. Reicht<br />
Ihnen das aus? Denn bei den anderen ist es festgeschrieben. Hier wäre es dann nur<br />
eine Kann-Bestimmung.<br />
Drittens: Frau Dr. Wiechmann, meine Frage ist so ähnlich wie die der Abgeordneten<br />
Prof. Dr. Heppener. Das ist für mich natürlich auch wichtig. Sie sagen: Man kann die<br />
Gleichstellungspläne von der Kommunalaufsicht bewerten lassen. Das haben wir<br />
bisher noch nicht. Ist das nicht wieder ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung?<br />
Das hören wir dann wieder auf der anderen Seite. Wir sind da immer ein bisschen<br />
im Zweifel.<br />
Vorsitzende:<br />
Ich würde jetzt auch gerne eine Frage anhängen. Die geht auch in Richtung von Frau<br />
Dr. Wiechmann. Selbstverständlich haben Sie Recht, was die Aufstellung von Kandidatinnen<br />
und Kandidaten angeht. Aber wir haben in der Kommunalverfassung verankert,<br />
dass das Vorschlagsrecht für Beigeordnete und Dezernenten in <strong>Brandenburg</strong><br />
bei der <strong>Land</strong>rätin und den <strong>Land</strong>räten und bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern<br />
liegt. Meine Erfahrung als Kreistagsabgeordnete ist die: Es ist selbst bei Bewerbungen<br />
noch nie geschehen, dass einer der <strong>Land</strong>räte, die ich kannte, eine Frau berücksichtigt<br />
hat und bei Beigeordneten die Bewerbung von Frauen berücksichtigt<br />
wurde. Gibt es Möglichkeiten, in der Kommunalverfassung für Bewerbungen eine<br />
Regelung zur Gleichstellung einzuziehen?
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Dann kommen wir jetzt zur Beantwortungsrunde. Wir beginnen am besten mit Frau<br />
Dr. Wiechmann. An Sie wurden die meisten Fragen gerichtet. Oder möchten Sie erst<br />
später antworten, damit Sie die vielen Antworten erst einmal zusammenstellen können?<br />
Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />
Das ist ganz lieb. Ich glaube, ich komme lieber später dran, sonst haben die anderen<br />
vielleicht zu wenig Gelegenheit, etwas zu sagen. Ich würde die Antworten auf die<br />
vielen Anfragen, die an mich gerichtet sind, gerne anschließen.<br />
Vorsitzende:<br />
Okay, dann beginnen wir mit Frau Paulat.<br />
Frau Paulat (<strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong>):<br />
Ich beginne mit der Frage der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener, sichere Formulierung<br />
von § 9 und § 12 unter juristischen Gesichtspunkten. Ich denke schon. In der<br />
Begründung ist zu § 9, diesem neu vorangestellten Absatz 1, dieser Einschränkung,<br />
ausgeführt worden „sofern nicht in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe<br />
überwiegen“. Das ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geschuldet,<br />
das wird so darin stehenbleiben müssen. Man fragt sich natürlich: Was sollen<br />
das wohl für Gründe sein? Aber das ist wie es ist. Das ist Rechtsprechung des<br />
EuGH. Ich habe mich nicht gezielt auf eine solche Frage vorbereitet, aber ich gehe<br />
davon aus, dass die Formulierung genügend sicher ist, um die Ziele des Gesetzes<br />
erreichen zu können.<br />
Auswahlverfahren: Abgeordneter Groß, Sie haben das zu Recht gesagt. In meiner<br />
Gerichtsbarkeit ist das noch verstärkt. Wir haben keine Probleme, Richterinnen zu<br />
rekrutieren. Im R 1-Amt sind wir, was die Auswahl betrifft, was die Einstellungsgespräche<br />
betrifft, beinahe „überbestückt“. Aber es ist in der Tat so: Bei den Beförderungsämtern<br />
wird das nach oben hin immer dünner, im R 2-Bereich, im R 3-Bereich<br />
und nach oben. Sie haben zu Recht erwähnt, ich bin die einzige Chefpräsidentin in<br />
<strong>Brandenburg</strong>. Das ist übrigens in Berlin anders und auf Bundesebene auch. Ich bin<br />
ganz stolz darauf, dass von 14 LSG-Präsidentenämtern die Hälfte mit Frauen besetzt<br />
ist. Da ist die Sozialgerichtsbarkeit immer ein bisschen Vorbild gewesen.<br />
Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten bei der Auswahl oder dann im Weiteren<br />
bei der Beförderung: Das wäre natürlich eine gute Sache, die wir berücksichtigen<br />
sollten. Ich habe das so ausdrücklich nicht gesagt, ich habe vorhin von Kontrolle und<br />
Sanktionen gesprochen, auch von einem Appell an den Richterwahlausschuss, den<br />
man vielleicht auch gesetzlich formulieren könnte. Aber im Vorfeld die Gleichstellungsbeauftragte,<br />
welcher Behörde auch immer, zu beteiligen, und zwar nicht nur bei
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 46<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
der Auswahl, das könnte man machen. Bei der Auswahl ist unsere Gleichstellungsbeauftragte<br />
beteiligt, aber da ist das nicht so virulent. Es mangelt da an Frauen nicht.<br />
Aber bei Beförderungen ist das so nicht vorgesehen. Das wäre sicher ein Punkt, den<br />
man bedenken sollte und mit aufnehmen könnte, in Bezug auf die Stärkung der Stellung<br />
der Gleichstellungsbeauftragten, auch im justiziellen Bereich.<br />
Ich habe noch eine Frage zu beantworten, die der Abgeordneten Böhnisch. Verankerung<br />
im Gesetz: Ja.<br />
Frau Schrul (<strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der brandenburgischen<br />
Hochschulen):<br />
Vielleicht können Frau Damus und ich uns an dieser Stelle auch wieder ergänzen.<br />
Ich würde erst mal anfangen und zu den Fragestellungen der Abgeordneten von Halem<br />
zum Gleichstellungskonzept und zu den Gleichstellungsplänen kommen. Hier<br />
gibt es eine kleine Abweichung zum <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz. Wir haben darauf<br />
Wert gelegt, dass wir da einen Unterschied machen, weil nämlich auf Bundesebene<br />
an Hochschulen generell von für die gesamte Hochschule geltenden Gleichstellungskonzepten<br />
gesprochen wird und diese dann quasi auch eingereicht werden. Um<br />
da keine Irritationen hervorzurufen, haben wir diese Differenzierung zwischen<br />
Gleichstellungskonzept auf zentraler Ebene und Gleichstellungsplänen für Fakultäten,<br />
Einrichtungen usw. Diesen Unterschied möchte ich noch einmal hervorheben.<br />
Ich glaube, an Hochschulen läuft das Gesetz der Realität eigentlich ein bisschen hinterher.<br />
Für die brandenburgischen Hochschulen haben wir Qualitätsstandards zur<br />
Gleichstellung mit allen Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium, das das<br />
auch vorschreibt, verabschiedet, wonach sich alle Hochschulen verpflichten, regelmäßig<br />
solche Konzepte zu erarbeiten, zu evaluieren, zu prüfen und nachzubessern<br />
oder weiterzuentwickeln. Ich denke, dieser Absatz 3 in § 7 ist dem geschuldet. Für<br />
alle Hochschulen sind diese Konzepte heutzutage das Handwerkszeug, und es ist<br />
nicht mehr dem Belieben der Hochschule überlassen, ob man ein Konzept erstellt<br />
oder nicht. Der Wettbewerb zwischen den Hochschulen hat sich auch bundesweit<br />
dahin gehend etabliert, dass das Thema Gleichstellung, egal, ob es jetzt in Zielvereinbarungen,<br />
in Mittelverteilungsmodellen usw. steht, berücksichtigt wird. Deshalb ist<br />
es hier. Jetzt müssen Juristinnen und Juristen beantworten, ob „kann“, „soll“, „hätte“<br />
oder wie die konkrete Formulierung dann sein soll. Aber das ist aus unserer Sicht<br />
jetzt unsere tägliche Praxis.<br />
Noch ein Satz zu diesem „Kann“ für die dezentrale Gleichstellungsbeauftragte in der<br />
Verwaltung. Wir wissen, dass Hochschulen sehr unterschiedlich strukturiert sind,<br />
auch die Größe der Hochschulen ist unterschiedlich. Ich denke, hier sollte es den<br />
Hochschulen überlassen sein, ob sie diese Regelung als Kann-Regelung umsetzen<br />
oder nicht. Für uns an der Universität Potsdam ist es unabdingbar. Aber es gibt<br />
durchaus deutlich kleinere Hochschulen mit ganz anderen Strukturen, wo zum Beispiel<br />
zentrale Einrichtungen, Bibliothek und Verwaltung durch eine gemeinsame<br />
Gleichstellungsbeauftragte in dem Bereich zusammen abgedeckt werden könnten.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 47<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Vorsitzende:<br />
Frau Damus, möchten Sie ergänzen? - Bitte.<br />
Frau Damus (Europa-Universität Viadrina):<br />
Ich würde gerne noch ergänzen. Zur Frage der Abgeordneten von Halem, wie man<br />
die Regelung zum Gleichstellungskonzept und den Gleichstellungsplänen noch verbindlicher<br />
gestalten kann: Es ist ein großer Fortschritt, dass die jetzt überhaupt darin<br />
stehen. Sie haben jetzt ihre Existenzberechtigung. Man muss diese Grundfragen<br />
nicht immer wieder an den Hochschulen klären. Das ist eine große Hilfe.<br />
Was die Inhalte und die tatsächliche Umsetzung betrifft, wird auf jeden Fall das jetzt<br />
vorgesehene Beschwerderecht helfen. Aber es wäre natürlich noch hilfreicher, wenn<br />
es nicht nur ein Beschwerderecht, sondern ein Klagerecht wäre; das habe ich schon<br />
erwähnt. Das ist für mich eigentlich der wichtigste Ansatz.<br />
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, den man stärker in den Fokus nehmen<br />
könnte, obwohl es schon eine gesetzliche Regelung gibt: Nach § 7 Absatz 2 des<br />
Hochschulgesetzes müssen die Hochschulen „geeignete Maßnahmen (…) zur Beseitigung<br />
bestehender Nachteile für Frauen“ nachweisen. Wir fragen wir uns: Wem gegenüber<br />
weisen die Hochschulen das nach? Wie wird das überprüft? Wird nachgefragt?<br />
Unser Problem ist: Wir argumentieren immer auf der Grundlage des Gesetzes und<br />
würden uns freuen, wenn auch von anderer Seite draufgeschaut würde. Es reicht<br />
nicht aus, dass wir die Agierenden sind; auch von anderer Seite, zum Beispiel vom<br />
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, sollte interessiert nachgefragt<br />
werden, was insoweit passiert.<br />
Die Frage, was geschehen kann, wenn Frauen noch nicht einmal eingeladen werden<br />
oder sich nicht vorstellen können, bezog sich eher auf die Kommunen, aber vielleicht<br />
kann ich etwas ergänzen. Dazu enthält das Hochschulgesetz eine gute Regelung.<br />
Diese wird von mir immer wieder zitiert, und ich berufe mich auf diese. Demnach sind<br />
alle formal qualifizierten Frauen grundsätzlich mindestens zur persönlichen Vorstellung<br />
einzuladen. Das ist sozusagen unser Angriffspunkt, auf den wir verweisen können.<br />
Damit lässt sich vieles drehen, was sonst, nach der Papierlage, anders verliefe.<br />
Frau Dr. Wiechmann (FernUniversität in Hagen):<br />
Abgeordnete Prof. Dr. Heppener sprach § 25 des LGG-Entwurfs an. Was relativ<br />
schwierig ist, sind die §§ 22 bis 24, sofern geregelt ist, dass dieses Gesetz keine<br />
Anwendung auf die Kommunen finden soll. Das kann so nicht stehen bleiben. Man<br />
müsste es im Prinzip in Erweiterung des letzten Satzes neu mit der Hauptsatzung in<br />
Verbindung bringen. Dann kann man über die Kommunalordnung eine Musterhauptsatzung<br />
vereinbaren, nach der sich die Kommunen zu richten haben. Das würde
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Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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aber einschließen, dass die §§ 22 bis 24 verbindlich für die Kommunen sind. Damit<br />
hätten die Gleichstellungsbeauftragten zum Beispiel mehr Rechte bei Stellenbesetzungen.<br />
Ausgeschlossen würde das Problem, dass keine Frauen eingeladen werden.<br />
Damit habe ich Ihre Frage fast beantwortet. Die Paragrafen sollten dahingehend<br />
geändert werden, dass das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz auf kommunaler Ebene<br />
ebenso zur Wirkung kommt. Zudem muss die Einhaltung kontrolliert werden.<br />
Damit bin ich bei dem Punkt, inwieweit die Kommunalaufsicht in die kommunale<br />
Selbstverwaltung eingreifen darf. Das ist eine politische Entscheidung. Es gibt Artikel<br />
3 Grundgesetz, und es gibt die kommunale Selbstverwaltung, niedergelegt in Artikel<br />
28 Grundgesetz. Sind das einander ausschließende Artikel? Ich denke, man<br />
kann das durchaus kombinieren, wenn man es politisch möchte. Die kommunale<br />
Selbstverwaltung darf nicht dazu führen, dass die Kommunen sozusagen jenseits<br />
jeglicher Kontrolle so agieren können, wie sie es gerade möchten. Ich überspitze die<br />
Formulierung deshalb, weil die Kommunalaufsicht ansonsten sehr wohl Eingriffsrechte<br />
in die kommunale Selbstverwaltung hat. In Nordrhein-Westfalen - aus diesem<br />
Bundesland komme ich - arbeitet die Hälfte der Großstadtkommunen mit Nothaushalten.<br />
Dort nimmt die Kommunalaufsicht erhebliche Eingriffe vor und sagt den Kommunen,<br />
was sie dürfen und was sie nicht dürfen.<br />
Löst ein Parité-Gesetz das Problem, Abgeordnete Nonnemacher? Ich würde es mir<br />
wünschen, klar. Über ein solches Gesetz wird auch in einigen Bundesländern diskutiert.<br />
Im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> von Baden-Württemberg fanden dazu schon Anhörungen statt. In<br />
der Bundesrepublik gibt es bisher vier Gutachten zu einem möglichen Parité-Gesetz,<br />
sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene. Zwei Gutachten besagen, das sei<br />
grundgesetzlich kein Problem. Zwei andere besagen, das gehe nicht. Das sind juristische<br />
Einschätzungen; Sie müssen eine politische Bewertung vornehmen. Ich sage:<br />
Jein. Es ist der politische Wille, der ausschlaggebend ist. Das ist das Entscheidende<br />
und nicht unbedingt allein das, was die Juristerei dazu sagt. Wenn etwas anpassungsfähig<br />
ist - ich denke, das ist der Fall -, kann man auch als Politik weiter agieren.<br />
Wie gesagt: Juristisch unentschieden - so schätze ich es ein.<br />
Ein solches Gesetz würde sicherlich zu etwas mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen.<br />
Immerhin haben wir die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten.<br />
Wenn Frauen das kleine „Handicap“ mit den Kindern haben, möchte ich darauf verweisen:<br />
Wir haben ein Demografieproblem. Wenn wir den Frauen das Kinderkriegen<br />
versauern, haben wir ein noch viel größeres Problem.<br />
(Vereinzelt Beifall)<br />
Vorsitzende:<br />
Vielen Dank. - Herr Grugel hat darum gebeten, noch einmal etwas sagen zu dürfen.<br />
Sie erhalten noch einmal das Wort, Herr Grugel, aber wir lassen Kontroversen hier<br />
durchaus stehen; diese sind in einer Anhörung gewollt.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 49<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
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Herr Grugel (Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.):<br />
Das ist mir natürlich klar. Vielen Dank, dass ich noch einmal einige Sätze sagen darf.<br />
Ich möchte keine Gegenrede halten.<br />
Mir ist die schwierige Situation, vor der Sie in dem Gesetzgebungsverfahren stehen,<br />
bewusst. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre und diese Ausführungen gehört hätte, würde<br />
ich das Gesetz im Sinne der kommunalaufsichtlichen Regelungen weiter ausgestalten.<br />
Nicht, dass ich davor Sorge hätte; das nicht.<br />
Ich möchte anhand eines Beispiels noch einmal verdeutlichen, dass Sie als Abgeordnete<br />
und Gesetzgeber sehen müssen, dass wir Probleme auch an anderen Stellen<br />
in der Gesellschaft haben - ich will das aufgreifen, was Herr Dr. Redmann gesagt<br />
hat -, wo Fachgesetzlichkeiten gefordert sind. Heute stand in der Zeitung die traurige<br />
Meldung, dass schon wieder ein Kind tot aufgefunden worden ist. Was sind das für<br />
Lebensbedingungen in unserer Gesellschaft, die möglicherweise die betroffene Frau<br />
zu einer solch unfassbaren Tat führen? Ich weiß nicht, was da passiert ist, und will<br />
das hier auch nicht vertiefen. Ich will damit nur Folgendes sagen: Man kann solche<br />
Situationen auch noch im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz berücksichtigen und sagen -<br />
solche Diskussionen hatten wir schon -, dass das Jugendamt hier möglicherweise<br />
nicht genügend getan hat. Es gibt Fachgesetze, die durchregeln, was zu tun ist. Das<br />
sage ich nicht gegen, sondern für die Gleichstellung und korrigiere damit meinen geschichtlichen<br />
Lapsus von vorhin im Zusammenhang mit den Frauenbeauftragten.<br />
Also: Für die Gleichstellung sage ich das. - Wir haben die Kontrollmöglichkeiten über<br />
die Aufsicht. Es ist auch der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten möglich, im Innenministerium<br />
anzuklopfen und zu sagen: Die kommunalen Aufsichten machen nichts und<br />
lassen Hauptsatzungen, die nicht in Ordnung sind, durchgehen. Diese sind zu ändern<br />
bzw. zu ergänzen; wir haben die Regelwerke.<br />
Wenn wir in Parallelgesetzen solche Dinge schaffen - darum habe ich das Beispiel<br />
gewählt -, dann ist das ohne Ende. Auch die Bauaufsichtsleute könnten sagen: Wir<br />
brauchen zusätzliches Recht. - Wir eröffnen damit einen Motor für neue gesetzliche<br />
Regelungen. Mein Job ist es hier, für die kommunale Selbstverwaltung zu kämpfen;<br />
das tue ich.<br />
Diesen Abschnitt schließe ich mit Worten, für die ich dankbar bin: Die Gesetze laufen<br />
der tatsächlichen Entwicklung hinterher. - Das wurde gerade im Zusammenhang mit<br />
dem Hochschulbereich formuliert. Wir haben im gemeindlichen Bereich - Oranienburg<br />
ist genannt worden - ausgesprochen vorbildliche Strukturen. Lassen Sie uns<br />
diese in den Vordergrund stellen! Vorhin habe ich nicht gesagt, Gleichstellungsbeauftragte<br />
seien sich ihrer selbst nicht bewusst. Ich habe gesagt, sie müssen selbstbewusst<br />
sein. Eine selbstbewusste Gleichstellungsbeauftragte - hier heißt es ja, sie<br />
sind selbstbewusst - lässt sich vom <strong>Land</strong>rat doch so etwas gar nicht gefallen. Lassen<br />
Sie mich das so sagen: Es gibt genügend Regelwerke. Ich will hinzufügen, dass wir<br />
diese Dinge im Blick haben. Jetzt bin ich ganz bei Frau Schlüter - ich habe das in<br />
meiner Stellungnahme bewusst nicht ausgeführt, aber jetzt sage ich es -: Wenn Sie<br />
das regeln, dann bezahlen Sie das!
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 50<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Vorsitzende:<br />
Okay, Herr Grugel. Wir nehmen das so zur Kenntnis.<br />
Eines möchte ich wirklich nicht stehen lassen - ich hoffe, ich habe es nur missverstanden<br />
-: Die Frauen sind mangels Selbstbewusstsein an der Lage selbst schuld. -<br />
Ich hoffe, das falsch verstanden zu haben. Ich denke, diese Argumentation haben wir<br />
bereits überwunden.<br />
Ich danke Ihnen, dass Sie sich noch einmal zu Wort gemeldet haben.<br />
Da ich keine weiteren Wortmeldungen sehe, gehe ich davon aus, dass sich der Fragebedarf<br />
erschöpft hat. Es hat sich gelohnt.<br />
Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen; wir haben eine Punktlandung hingelegt. Es<br />
ist genau 13 Uhr.<br />
Ihnen, den Anzuhörenden, bieten wir an, das Wortprotokoll nach Bestätigung zuzusenden.<br />
Noch einmal herzlichen Dank für Ihre Beiträge. Ich wünsche Ihnen einen<br />
guten Nachhauseweg!<br />
(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss des Ausschusses gemäß § 83 Satz 3 GOLT in der 45. Sitzung<br />
am 13. November 2013 bestätigt.)<br />
Anlagen<br />
Anlage 1: Liste der Gesprächsteilnehmer zur Anhörung<br />
Anlage 2: Fragenkatalog zur Anhörung<br />
Anlage 3: Stellungnahme des <strong>Land</strong>kreistages <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
Anlage 4: Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
Anlage 5: Stellungnahme des Frauenpolitischen Rates des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
e. V.<br />
Anlage 6: Stellungnahme der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Anlage 7: Stellungnahme Kapellmann und Partner Rechtsanwälte<br />
Anlage 8: Stellungnahme der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />
der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />
Anlage 9: Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten der Europa-Universität<br />
Viadrina<br />
Anlage 10: PowerPoint-Präsentation zur Stellungnahme der FernUniversität in Hagen<br />
Anlage 11: Stellungnahme der FernUniversität in Hagen<br />
Anlage 12: Stellungnahme des Bauindustrieverbandes Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
und der Fachgemeinschaft Bau Berlin und <strong>Brandenburg</strong> e. V.
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> 22.10.2013<br />
AUSSCHUSS FÜR ARBEIT, SOZIALES, FRAUEN UND FAMILIE<br />
Öffentliche Anhörung<br />
„Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes"<br />
Mittwoch, 23. Oktober 2013, <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Eingeladene Anzuhörende:<br />
1. Jutta Schlüter <strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
2. Joachim Grugel Städte- und Gemeindebund <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
3. Heidrun Szczepanski <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen<br />
Manuela Dörnenburg Gleichstellungsbeauftragten <strong>Brandenburg</strong><br />
4. Ulrike Häfner Frauenpolitischer Rat<br />
Heiderose Gerber <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
5. Dr. Jan Redmann Kapellmann und Partner Rechtsanwälte<br />
6. Monika Paulat <strong>Land</strong>essozialgericht Berlin-<strong>Brandenburg</strong><br />
7. Barbara Schrul <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />
der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />
8. Sahra Damus Europa Universität Viadrina<br />
9. Dr. Elke Wiechmann FernUniversität Hagen
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />
Anlage<br />
Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur<br />
Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />
Mittwoch, 23. Oktober 2013, <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Fragenkatalog:<br />
Lfd.<br />
Nr.<br />
Einreichende<br />
Fraktion<br />
Fragen<br />
1. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Wie bewerten Sie den Gesetzentwurf hinsichtlich der Ansprüche<br />
an eine moderne Gleichstellungspolitik und Gleichstellungsgesetzgebung?<br />
2. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Welches sind aus Ihrer Sicht die positiven Aspekte im Entwurf<br />
des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes gegenüber dem<br />
bisher gültigen Gesetz und wo sind Ihrer Meinung nach noch<br />
Verbesserungen am vorliegenden Gesetzentwurf nötig?<br />
3. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Ein Ziel der Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes ist<br />
es, die bisher nicht vorhandene gesetzliche paritätische Besetzung<br />
von Führungspositionen und Gremien in der <strong>Land</strong>esverwaltung<br />
<strong>Brandenburg</strong> zu erreichen.<br />
Wie bewerten Sie die vorgesehenen Änderungen im Gesetz,<br />
um dieses Ziel schnell und wirkungsvoll zu erreichen?<br />
4. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Der Gesetzentwurf sieht vor, Beteiligungsunternehmen (<strong>Land</strong> hat<br />
als Anteilseigner die Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit) in den<br />
Geltungsbereich einzubeziehen. Damit soll auch ein Signal für die<br />
private Wirtschaft gesetzt werden mit dem Ziel der gleichberechtigten<br />
Teilhabe von Frauen in den besser bezahlten Stellen und in<br />
Führungspositionen sowie in Entscheidungs- und Beratungsgremien.<br />
Wie bewerten Sie die im Gesetz vorgesehenen Regelungen<br />
hinsichtlich einer Umsetzbarkeit und Erreichbarkeit der Zielsetzung?
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />
Anlage2<br />
Lfd. Einreichende<br />
Nr. Fraktion<br />
Fragen<br />
5. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Der Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zur Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten,<br />
der Gleichstellungsbeauftragten<br />
der Dienststellen (incl. der Hochschulen) und der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Wie bewerten Sie diese Regelungen hinsichtlich der Zielsetzung<br />
des Gesetzes?<br />
Wie bewerten Sie diese Regelungen unter dem Aspekt der<br />
notwendigen Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten?<br />
6. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Der Gesetzentwurf enthält keine Regelungen zu den Rechten,<br />
Aufgaben, Kompetenzen und der dienstlichen Stellung von kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten, sondern verweist hier auf<br />
eine Festlegung in den Hauptsatzungen der Kommunen.<br />
Wie bewerten Sie dies vor dem Hintergrund kommunaler Organisations-<br />
und Personalhoheit hinsichtlich einer ausreichenden<br />
und regional gleichwertigen Rahmensetzung für die<br />
Arbeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und ihren<br />
sich daraus ergebenden Möglichkeiten, auf eine Förderung<br />
der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern<br />
in den Kommunalverwaltungen und Kommunen Einfluss<br />
zu nehmen?<br />
Wie beurteilen Sie die Möglichkeit einer landeseinheitlichen<br />
Rahmensetzung durch die Hauptsatzungen, ohne dass das<br />
Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt wird?<br />
7. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Bekanntlich ergeben sich aus der kommunalen Selbstverwaltung<br />
in den einzelnen Kommunen sehr unterschiedliche Erscheinungsund<br />
Funktionsbilder der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Wie kann dies Ihrer Meinung nach gelöst werden?
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />
Lfd. Einreichende<br />
Nr.<br />
Fraktion<br />
Fragen<br />
8. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Eine weitgehende Übereinstimmung von <strong>Brandenburg</strong>er und Berliner<br />
landesgesetzlichen Regelungen wirkt sich insbesondere positiv<br />
auf die Arbeit in länderübergreifenden Institutionen und Gremien<br />
aus.<br />
Wie bewerten Sie den Gesetzentwurf hinsichtlich seiner<br />
Passfähigkeit zum <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von Berlin?<br />
9. CDU<br />
Wie haben sich das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die<br />
daraus resultierende Frauenförderverordnung bislang auf die<br />
Vergabepraxis ausgewirkt?<br />
10. SPD<br />
DIE LINKE<br />
Die Novellierung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes ist<br />
mit der Zielstellung verknüpft, die Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern im Hochschulbereich zu erreichen.<br />
Dazu gehört auch eine möglichst paritätische Besetzung von Professuren<br />
durch Frauen und Männer; derzeit beträgt der Frauenanteil<br />
20 Prozent.<br />
Die für die Gleichstellung maßgeblichen Vorschriften in diesem<br />
Gesetz sollen an das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz angepasst und<br />
verbessert werden.<br />
Wie bewerten Sie diese vorgesehenen Rechtsänderungen<br />
hinsichtlich ihrer Zielsetzung?<br />
Weshalb ist es wichtig, auch für die Verwaltungsbereiche der<br />
Hochschulen Gleichstellungsbeauftragte einzusetzen?<br />
11. GRÜNE/B90 Bitte nehmen Sie Stellung zum Beschwerderecht und zum<br />
Kündigungsschutz der Gleichstellungsbeauftragten im Hochschulrecht.<br />
12. GRÜNE/B90 Wie bewerten Sie die Regelungen zur Freistellung und für<br />
die zentrale sowie dezentrale Gleichstellungsbeauftragte im<br />
Hochschulrecht?
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Stand: 17.09.2013<br />
Lfd. Einreichende<br />
Nr,<br />
Fraktion<br />
Fragen<br />
13. GRÜNE/B90 Was sind aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei der Umsetzung<br />
einer geschlechtergerechten Sprache in der Verwaltung<br />
sowie in den Gesetzestexten?
<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong><br />
- per E-Mail -<br />
<strong>Land</strong>kreistag <strong>Brandenburg</strong><br />
Postfach 60 10 35, 14410 Potsdam<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie<br />
Frau Vorsitzende<br />
Birgit Wöllert, MdL<br />
Am Havelblick 8<br />
14473 Potsdam<br />
EINGEGANGEN<br />
2 2. OKT. 2013<br />
F1-7 s--4390<br />
Erledigt larli ke9' iaj'e<br />
Hausanschrift:<br />
Jägerallee 25<br />
14469 Potsdam<br />
Postanschrift:<br />
Postfach 60 10 35<br />
14410 Potsdam<br />
E-Mail:<br />
poststelle@landkreistag-brandenburg.de<br />
Telefon: (03 31) 2 98 74 — 0<br />
Telefax: (03 31) 2 98 74 — 50<br />
Durchwahl:<br />
(03 31) 2 98 74-31<br />
Datum: 2013-10-22<br />
Az.: 11 10-30/S/chr<br />
(bei Antwort bitte angeben)<br />
textehandlaglargemein12ß13At201324 doc<br />
Ihr Schreiben vom<br />
27. September 2013<br />
Ihr Zeichen<br />
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung zum Gesetz zur<br />
Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />
hier: Stellungnahme des <strong>Land</strong>kreistages <strong>Brandenburg</strong><br />
Sehr geehrte Frau Wöllert,<br />
wir bedanken uns für die Einladung zur Anhörung des Ausschusses<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie und machen von der uns<br />
eingeräumten Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gern Gebrauch.<br />
Wir werden uns dabei auf Art, 1 des Gesetzentwurfes, Gesetz<br />
zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes, und dabei<br />
auf die aus kommunaler Sicht relevanten Aspekte beschränken.<br />
Mit dem Gesetzentwurf wird eine Vielzahl von Änderungen vorgenommen,<br />
die in der Praxis Anpassungsbedarf nach sich ziehen und<br />
damit gleichzeitig Verwaltungsaufwand verursachen. Hierbei gilt<br />
ein objektiver Maßstab und nicht die in der Begründung enthaltene<br />
Vermutung, dass nur dort zusätzlicher Aufwand entstehe, wo<br />
das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz bisher nicht hinreichend beachtet<br />
wurde. Es fehlt mithin eine realistische Abschätzung der<br />
Kostenfolgen.<br />
Wenn jedoch selbst in der Begründung zu dem Gesetzentwurf der<br />
Zweifel dargestellt wird, ob mit einer neuen Bestimmung tatsächlich<br />
ein Erkenntnisgewinn verbunden sein wird - vgl. insofern<br />
Begründung zu § 6 Abs. 5 zur Änderung des Inhalts des Gleichstellungsplanes<br />
- ist für die <strong>Land</strong>kreise jeglicher, auch noch so<br />
geringe Mehraufwand nicht akzeptabel.
2<br />
Anila„ge 3<br />
Zu den Bestimmungen im Einzelnen dürfen wir folgende Hinweise<br />
übermitteln.<br />
Zu Art. 1 § 6 - Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes<br />
In § 6 Abs. 2 wird eine neue Nr. 5 eingefügt, nach der die Darstellung<br />
der für ein Jahr und länger befristet Beschäftigten getrennt<br />
nach Geschlecht erfolgen soll. Da bereits in der Begründung<br />
zum Gesetzentwurf ausgeführt wird, dass ein Erkenntnisgewinn<br />
aus dieser Angabe nicht sicher vorausgesagt werden kann,<br />
stellt sich die Sinnhaftigkeit der Ergänzung des Gesetzes an<br />
dieser Stelle. § 6 ist keine Erprobungsklausel, so dass wir für<br />
eine Streichung der Nr. 5 in Abs. 2 votieren.<br />
Nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 soll die Zahl der Beschäftigten, die altersbedingt<br />
ausscheiden, mit den dort genannten Differenzierungen<br />
ausgewiesen werden. Auch diese Angabe ist hinsichtlich ihrer<br />
Sinnhaftigkeit nicht plausibel. Die Zahl der Beschäftigten, die<br />
altersbedingt ausscheiden, wird sich oftmals deutlich von der<br />
Zahl der neu zu besetzenden Stellen unterscheiden. Insofern ist<br />
es wenig hilfreich, für eine langfristige Personalentwicklungsplanung<br />
unter Berücksichtigung einer ausgewogenen Besetzung<br />
freier Stellen mit Frauen auf die ausscheidenden Beschäftigten<br />
abzustellen. Um rechtzeitig auf Stellen aufmerksam zu werden ist<br />
es vielmehr entscheidend, wenn wie bisher weiterhin die Zahl der<br />
voraussichtlich neu zu besetzenden Stellen bzw. möglicher Höhergruppierungen<br />
und Beförderungen ausgewiesen wird. Die zusätzliche<br />
Angabe, wie sie in § 6 Abs. 2 Nr. 6 gefordert wird, sollte<br />
daher nicht in das Gesetz aufgenommen werden.<br />
Zu Art. 1 § 7 - Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />
Dem Aufwand, der mit der Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />
verbunden ist, wird in § 7 Abs. 1 insoweit Rechnung getragen,<br />
als Ausschreibungen in der <strong>Land</strong>esverwaltung zukünftig nur<br />
noch mindestens landesweit intern zu erfolgen haben. Wir regen<br />
an, diese Erleichterung im Sinne einer Herabsetzung von Standards<br />
auch für die <strong>Land</strong>kreise zu eröffnen, und ihnen nicht weiterhin<br />
aufzuerlegen, Ausschreibungen öffentlich vornehmen zu<br />
müssen, sondern entsprechend den Maßgaben für die <strong>Land</strong>esverwaltung<br />
auch insofern eine interne Ausschreibung zu ermöglichen.<br />
Zu Art. 1 § 25 - Kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />
§ 25 soll um eine Regelung ergänzt werden, mit der der kommunalen<br />
Seite zwingend vorgegeben wird, in ihren Hauptsatzungen<br />
Rechte, Aufgaben, Kompetenzen und dienstliche Stellung der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten im Sinne der Regelungen der<br />
55 22 bis 24 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes vorzusehen.<br />
Mit dieser Ergänzung des § 25 wird eine im Widerspruch zu der<br />
<strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung stehende Regelung getroffen<br />
§ 4 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung bestimmt, dass jede<br />
Gemeinde eine Hauptsatzung erlassen muss, in der zu regeln ist,<br />
was nach den Vorschriften der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung<br />
der Hauptsatzung vorbehalten ist. Bezüglich der Aufnahme
3<br />
Anlage 3<br />
weiterer Regelungen in die Hauptsatzung besteht Entscheidungsfreiheit.<br />
§ 4 Abs. 1 Satz 3 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung<br />
sieht vor, dass auch andere, für die innere Verfassung<br />
der Gemeinde wesentliche Fragen in der Hauptsatzung geregelt<br />
werden können.<br />
Ebenso sieht § 18 der <strong>Brandenburg</strong>ischen Kommunalverfassung zu<br />
den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten vor, dass Näheres zu<br />
deren Tätigkeit in der Hauptsatzung geregelt werden kann. Auch<br />
insoweit kann im kommunalen Bereich frei entschieden werden, ob<br />
in die Hauptsatzung entsprechende Inhalte aufgenommen werden.<br />
Demgegenüber wird mit der Ergänzung des § 25 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
die Pflicht ("Ist") zu einer entsprechenden<br />
Regelungen in der Hauptsatzung festgeschrieben. Damit entstünden<br />
widersprüchliche Regelungen zur Ausgestaltung der Hauptsatzung<br />
in Fragen der Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Die §§ 4 und 18 <strong>Brandenburg</strong>ische Kommunalverfassung tragen dem<br />
Umstand Rechnung, dass im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung<br />
eine Vielzahl von Angelegenheiten in eigener Verantwortung ausgestaltet<br />
werden kann. Insoweit stellt die Ergänzung des § 25,<br />
wie sie mit dem vorgelegten Gesetzentwurf vorgesehen ist, einen<br />
Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar und ist damit<br />
verfassungswidrig. § 25 des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes muss<br />
daher unverändert bleiben, die Anfügung eines Satzes 3 muss unterbleiben.<br />
Unter Bezugnahme auf die Fragen 6 und 7 dürfen wir darauf hinweisen,<br />
dass durch das in Art. 28 Abs. 2 GG garantierte Recht<br />
der kommunalen Selbstverwaltung verfassungsrechtlich eröffnet<br />
ist, die Ausgestaltung der Selbstverwaltung unterliegender Sachverhalte<br />
vor Ort in eigener Verantwortung zu treffen. Mit dem<br />
Recht der kommunalen Selbstverwaltung ist untrennbar verbunden,<br />
dass in den <strong>Land</strong>kreisen nicht vollständig identische Ausprägungen<br />
gefunden werden. Die Bedenken, die aus den Fragen Nr. 6 und<br />
7 hiergegen abgeleitet werden können, teilen wir nicht.<br />
Wir hoffen, dass unsere Hinweise und Anregungen Eingang in das<br />
Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes finden<br />
werden.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
/<br />
Jutta Schlüter
STÄDTE- UND GEMEINDEBUND<br />
BRANDENBU<br />
EINGEGANGEN<br />
TStridie- und Gemoindcbund <strong>Brandenburg</strong>, Stephunsonstr, 4, 14482 Pc4sd<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frau<br />
Die Vorsitzende<br />
Frau Birgit Wöllert, MdL<br />
per eMail:<br />
angela.richter@landtag.brandenburg.de<br />
L<br />
2 3. 5KT. 2013<br />
P -19 S"- _13.94<br />
Familie Vst 4 kor kr<br />
Der Geschäftsführer<br />
Stephensonstraße 4<br />
14482 Potsdam<br />
Telefon: 03 31 / 7 43 51-0<br />
Telefax: 03 31 17 43 51-33<br />
E-Mail: mail@stgb-brandenburg.de<br />
Internet: http . IIwww.stgb-brandenburg.de<br />
Datum: 2013-10-22<br />
Aktenzeichen: 030-02<br />
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung - Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des brandenburgischen Hochschulgesetzes (Drucksache 5/7724)<br />
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,<br />
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,<br />
vielen Dank für die Übermittlung des oben genannten Gesetzentwurfs und für ihre damit verbundene<br />
Einladung zur Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie am<br />
23.10.2013, an der aus unserem Hause Herr Referatsleiter Joachim Grugel teilnehmen wird.<br />
Zur Anhörung geben wir Ihnen im Folgenden unsere Einschätzung zum Gesetzentwurf und gehen<br />
dabei zugleich auf die uns übermittelten Fragen ein, soweit diese für die Städte, Gemeinden und<br />
Ämter von Belang sind.<br />
Einleitung:<br />
Der hier vorliegende Gesetzentwurf hat einen längeren Vorlauf, der zu seinem Beginn eine umfassende<br />
Einbeziehung der Städte, Gemeinden und Ärnter in den Regelungsbereich des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
vorsah. Zudem war eine Absenkung des Einwohnerschwellenwertes nach § 18<br />
Abs. 2 BbgKVerf von 30.0000 auf 20.000 vorgesehen, die eine Ausweitung der hauptamtlich zu<br />
bestellenden Gleichstellungsbeauftragten verlangt hätte.<br />
Der jetzt zu beratende Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung verzichtet im Wesentlichen auf diese<br />
Ausweitungen und erkennt, auch in der Begründung, die Eigenverantwortung der Kommunen ausdrücklich<br />
an, die nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes und Artikel 12 Absatz 3 Satz 2<br />
der Verfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> die tatsächliche Gleichstellung von Frauen fördern und<br />
auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken. Wir begrüßen insoweit, dass das Ministerium<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie unsere im Vorlauf gegebenen Hinweise und Anregungen<br />
aufgegriffen und in diesem Sinne den Gesetzentwurf überarbeitet hat.<br />
Bankverbindung: Mittelbrandenburgische Sparkasse, Potsdam (BLZ 160 500 00) Konto-Nr, 350 222 1501; S 7 (Haltestelle Babelsberg); Trans 94, 95 (Haltestelle Wattstraße)
Anbge<br />
- 2 -<br />
Wenige Ausweitungsregelungen sind jedoch im Gesetzentwurf geblieben oder hinzugekommen<br />
und hierauf gehen wir mit Hinweis auf die, dem entgegenstehende, Ausgangs- und Rechtslage im<br />
Folgenden ein:<br />
Die jetzigen Regelungen des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes (LGG) erkennen an, dass das <strong>Land</strong><br />
und die Kommunen jeweils das Recht zur eigenen Aufgabenerfüllung und damit eine eigene Organisations-<br />
und Personalhoheit haben, die für das <strong>Land</strong> insbesondere in der <strong>Land</strong>esverfassung und<br />
die für die Kommunen insbesondere in der Kommunalverfassung verankert ist. Demgemäß bleiben<br />
durch die entsprechenden Klarstellungen in § 2 Abs. 2 und § 25 LGG die Regelungen der Kommunalverfassung<br />
durch die landesrechtlichen Gleichstellungsregelungen unberührt, so dass für die<br />
Kommunen ausschließlich die kommunalverfassungsrechtlichen Gleichstellungsregelungen gelten.<br />
An Stelle des LGG normiert auf gemeindlicher Ebene die Hauptsatzung auf der Grundlage der<br />
kommunalverfassungsrechtlichen Vorgaben, die die Art. 3 GG und 12 LV umfassen, alle Einzelheiten.<br />
Diese rechtsklare Trennung war zum Entstehen des LGG ein tragender Grundsatz, wie der<br />
folgende Auszug aus der Begründung zum Gesetzentwurf aufzeigt:<br />
"Die Vorschrift stellt klar, dass dieses Gesetz nicht für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
gilt, da deren Bestellung, Aufgaben und Kompetenzen in der Gemeindeordnung (Anm.: jetzt<br />
Kommunalverfassung) geregelt sind und die nähere Ausgestaltung den Hauptsatzungen vorbehalten<br />
bleibt." (Drucksache 1/2847)<br />
Dieser Grundsatz wird im Gesetzentwurf nicht durchgängig beachtet und deshalb haben wir die<br />
Erwartung, dass dieser noch wie folgt geändert wird:<br />
Einzelregelungen:<br />
Zu § 7 Ausschreibung von Stellen und Funktionen:<br />
Der neue Absatz 1 will den Unterschied zwischen Stellen und Funktionen verdeutlichen und damit<br />
das Ausschreibungsverfahren in der Praxis auf den gesetzlich gebotenen Umfang ausdehnen. Aus<br />
Erfahrungen mit Verfahren, in denen bisher so nicht unterschieden und damit zugleich gegen<br />
schon bestehendes Recht verstoßen wurde, mag diese Verdeutlichung aus <strong>Land</strong>essicht sinnvoll<br />
sein, so dass wir hierauf nicht weiter eingehen wollen.<br />
Wegen des Widerspruchs zur eingangs dargestellten Ausgangslage erachten wir jedoch die neu<br />
vorgesehene Einbeziehung der Kommunen nicht für zulässig und regen deshalb dringend an,<br />
in Artikel 1 Ziff: 7b zu § 7 im Abs. 1 die Worte „in den Gemeinden, Ämtern und <strong>Land</strong>kreisen"<br />
zu streichen.<br />
Einer weiteren Begründung hierzu bedarf es nicht.<br />
Dennoch geben wir den allgemeinen Hinweis, dass wir es vom Grundsatz her in allen Querschnittsthemen<br />
und damit auch in Fragen der Gleichstellung für geboten und Ziel führend halten,<br />
gerechtfertigte Anforderungen ausschließlich in den jeweils relevanten Fachgesetzen zu verankern<br />
und die Verankerung vorliegend personal- und dienstrechtlich bereits besteht.
-3-<br />
Zudem ergibt sich das Gebot zur Ausschreibung von Funktionsstellen unmittelbar aus Artikel 33<br />
Absatz 2 und Artikel 3 Grundgesetz und der dazu, aufgrund von Konkurrenzklagen, ergangen und<br />
mittlerweile gefestigten Rechtsprechung.<br />
Aufgrund der Bindung der volliiehenden Gewalt an Gesetz und Recht haben wir daher ganz<br />
grundsätzliche Bedenken zu gesetzlichen Regelungen, die nur zum Gegenstand haben, die Verwaltung<br />
zum gesetz- oder rechtsprechungstreuem Handeln zu bewegen.<br />
Aus vergleichbaren Gründen haben wir zudem Bedenken<br />
zu § 25 Kommunale Gleichstellungsbeauftragte:<br />
Die jetzige Regelung, die, wie ausgeführt, zutreffend auf das Kommunalverfassungsrecht verweist,<br />
soll um die Verpflichtung der Kommunen erweitert werden, in ihrer jeweiligen Hauptsatzung zu<br />
regeln, welche Rechte, Aufgaben, Kompetenzen und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
im Sinne der §§ 22 bis 24 haben.<br />
Mit dieser Erweiterung würden die, für den <strong>Land</strong>esdienst geltenden, Regelungen sinngemäß für<br />
die Kommunen bindend. Dies halten wir aufgrund der oben dargestellten Ausgangslage für nicht<br />
gerechtfertigt. Wir regen deshalb auch hier dringend an,<br />
Artikel 1 Ziff: 21<br />
zu streichen.<br />
Ergänzend zu unserer vorstehenden Begründung zu § 7, die sinngemäß auch hier gilt, weisen wir<br />
zudem darauf hin, dass beispielsweise die Klagerechte, die in § 23a vorgesehen sind, ebenfalls<br />
schon jetzt bestehen. Deshalb würden die Städte, Gemeinden und Ämter keineswegs das zu beachtende<br />
Gesetz oder Recht in ihre Hauptsatzungen aufnehmen, nur um die Selbstverständlichkeit der<br />
Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht zu verdeutlichen.<br />
Ein solches Vorgehen würde nach unserer Auffassung das Gebot aus Art. 20 Abs. 3 schwächen,<br />
anstatt es zu stärken. Wenn also Verstärkung vonnöten ist, müsste diese durch die Aus- und Fortbildung<br />
der Gleichstellungsbeauftragten erreicht werden, nicht jedoch durch ein Gesetz.<br />
Zu § 19 b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
Die vorgesehen Neureglung soll die Verpflichtung der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten umfassen,<br />
auch die, nach der Kommunalverfassung bestellten, Gleichstellungsbeauftragten zu beraten<br />
und zu unterstützen.<br />
Auch diese Regelung halten wir für nicht geboten:<br />
Die Gleichstellungsbeauftragte ist Teil der Dienststelle. Für eine eventuell gewünschte oder erforderliche<br />
Beratung gilt deshalb ebenfalls die Kommunalverfassung. Diese regelt mit ihrem § 108,<br />
dass „die Aufsicht so auszuüben ist, dass die Rechte der Gemeinden geschützt und die Erfüllung<br />
ihrer Pflichten gesichert werden. Sie hat die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft der<br />
Gemeinden zu fördern sowie Erfahrungen bei der Lösung kommunaler Aufgaben zu vermitteln."
Arge<br />
-4-<br />
Damit können sich die jeweils zuständigen Gleichstellungsbeauftragten bereits jetzt im Sinne der<br />
beabsichtigten Neuregelung vernetzen. Für eine weitergehende Regelung, die zudem einen unimittelbaren<br />
Durchgriff der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten auf die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
normiert, gibt es keine Rechtfertigung,<br />
Deshalb müssen wir auch hier dringend anregen,<br />
in Art. 1 Ziff: 14 zu § 19b im Abs. 1 die Worte „ und die nach der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es<br />
<strong>Brandenburg</strong> bestellten Gleichstellungsbeauftragten"<br />
zu streichen.<br />
Wir möchten davon ausgehen, dass unsere Anregungen nun im parlamentarischen Verfahren noch<br />
aufgegriffen und umgesetzt werden und stehen für ergänzende Erörterungen bei Bedarf gerne zur<br />
Verfügung.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Karl-Ludwig Böttcher
EINGEGANGEN<br />
Anlage 5-<br />
0 9. SEP. 2013<br />
e72.4253<br />
ErIcdiaLi4e Vivit:At■ 4/1<br />
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
für den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie A7<br />
Ausschussvorsitzende Frau Birgit Wöllert<br />
Am Havelblick 8<br />
14473 Potsdam<br />
Potsdam, 09.09.2013<br />
Stellungnahme des Frauenpolitischen Rates des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zum Entwurf des Gesetzes zur<br />
Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />
Sehr geehrte Frau Wöllert,<br />
der Frauenpolitische Rat des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> e.V. begrüßt die Initiative des Ministeriums für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und Familie, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu novellieren, um die Erfahrungen<br />
der vergangenen fast 20 Jahre einfließen zu lassen und den gewachsenen Ansprüchen an eine moderne<br />
Gleichstellungspolitik für Frauen und Männer gerecht zu werden. Gerne nehmen wir dazu Stellung und<br />
stehen Ihnen, den Ausschussmitgliedern und <strong><strong>Land</strong>tag</strong>sabgeordneten als konstruktiv-kritische<br />
Dialogpartnerinnen zur Verfügung.<br />
Der Frauenpolitische Rat begrüßt einerseits die geplanten gesetzlichen Regelungen zur Quotierung bei der<br />
Besetzung von Stellen in der <strong>Land</strong>esverwaltung, insbesondere bei Führungspositionen, die Erweiterung des<br />
Geltungsbereiches des Gesetzes, die Verankerung der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im<br />
Gesetz, die Gewährung eines besonderen Kündigungsschutzes für Gleichstellungsbeauftragte und das<br />
Signal an die private Wirtschaft, Regelungen dieses Gesetzes auch in den privatrechtlichen Unternehmen<br />
umzusetzen.<br />
Andererseits enttäuscht der vorliegende Entwurf maßgeblich sowohl bezüglich der Anbindung der<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten als auch im Hinblick auf Regelungen für Kommunen und <strong>Land</strong>kreise.<br />
Wird im Jahr 2008, in der „Studie zur Lebenssituation von Frauen in <strong>Brandenburg</strong>", der <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Frauen- und Gleichstellungspolitik noch eine gute Entwicklung bescheinigt überrascht die fehlende<br />
Konsistenz bei der aktuellen Novellierung. Dabei ist die Verwirklichung des Verfassungsauftrags der<br />
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Hinwirken auf die Beseitigung<br />
bestehender Nachteile auch und gerade eine Aufgabe der Kommunen, die als erste politische Ebene vor<br />
Bundesländern und Bund für die konkrete Lebensumwelt sowie für das Gelingen von Gleichstellung von<br />
hoher Bedeutung sind. Viele jener ökonomischen, rechtlichen und institutionellen Bedingungen, die sich<br />
verändern müssen, damit vielfältige Lebensentwürfe und Optionen möglich werden und<br />
Geschlechtergerechtigkeit im Alltag erreicht wird, sind Ergebnis kommunaler Entscheidungen. Ob die<br />
Gleichstellung der Geschlechter im Alltag funktioniert, hat viel damit zu tun, welche Infrastruktur die<br />
Kommune zur Verfügung stellt, welche Unterstützung sie Familien anbietet und wie sie die wirtschaftliche<br />
Aktivität von Frauen fördert. Darüber hinaus bedeutet eine gute kommunale Gleichstellungspolitik<br />
angesichts des demografischen Wandels auch einen Standortvorteil im Wettbewerb um die gut<br />
ausgebildeten jungen Frauen.<br />
1
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
Im Hinblick auf die Novellierung des LGG geht es nach Ansicht des Frauenpolitischen Rates darum, sowohl<br />
die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten als wichtige Agentinnen des geschlechterpolitischen Wandels als<br />
auch die gesamte Gleichstellungsarchitektur der Kommunalverwaltung zu stärken.<br />
Bisher bleibt der vorliegende Entwurf zu unserem Bedauern insgesamt hinter den Erwartungen, die frauenund<br />
gleichstellungspolitische Kräfte in diese Novellierung gesetzt haben, zurück.<br />
Die gegenwärtige Fassung des LGG enttäuscht mit der Auslassung sämtlicher Konsequenzen die aus den<br />
Veränderungen der Lebenswirklichkeiten, durch neue Arbeits- und Kommunikationstechnologien<br />
resultieren. Zeitgemäße Frauen- und Gleichstellungspolitik sollte Räume für Antworten, auf drängende<br />
Fragen unserer Zeit schaffen und vorausschauend Ermöglichungsstrukturen fördern. Fixe Präsenzzeiten am<br />
Arbeitsplatz gehören beispielsweise vielfach der Vergangenheit an. Die Balance von individuellen<br />
Verwirklichungsoptionen und familiärer Sorge ist eine Aufgabe, die längst unter neuen Vorzeichen steht<br />
und so zum Beispiel flexible Zeiteinteilung oder auch Möglichkeiten des Home Office erfordert. Dem<br />
bisherigen und auch dem künftigen gesellschaftlichen Wandel muss demnach auch ein LGG Rechnung<br />
tragen und konkrete Angebote für eine chancengerechte Zukunft im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> entwickeln.<br />
Auch das Thema Mehrfachdiskriminierung findet in der gegenwärtigen Novellierung des LGG keinen<br />
Niederschlag. Weder werden Menschen, die sich keinem der Geschlechter Frau oder Mann zuordnen,<br />
berücksichtigt. Noch wird berücksichtigt, dass Frauen besonders oft von Mehrfachdiskriminierung<br />
betroffen sind, also nicht nur aufgrund ihres Geschlechts sondern zum Beispiel auch wegen ihrer<br />
ethnischen Herkunft, ihrer sexuellen Identität und/oder einer Behinderung diskriminiert werden. Deshalb<br />
empfehlen wir, dass im Hinblick auf Gleichstellungspolitik Ziel der Politik des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> auch sein<br />
muss, mehrfach- und mehrdimensionale Diskriminierungen ernst zu nehmen, anzuerkennen und zu<br />
bekämpfen.<br />
In der Begründung zur Gesetzesänderung setzt sich das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> das Ziel — wie auch das <strong>Land</strong><br />
Berlin — zu den Schrittmachern in Sachen Gleichstellungspolitik zu gehören. In den Bereichen<br />
Ausschreibung von Stellen und Funktionen, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Auftragsvergabe,<br />
Staatliche Leistungsgewährung und Ausbildung bleibt die brandenburgische Novelle jedoch bisher hinter<br />
den Verbesserungen, die Berlin in seinem Neunten Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
vom 18.11.2010 (GVBI. 5. 502) umgesetzt hat, zurück. Deshalb fordern wir, die entsprechenden Bereiche in<br />
Anlehnung an das Berliner LGG zu novellieren.<br />
Der Frauenpolitische Rat und die zu diesem Netzwerk vereinten Organisationen erwarten zu ihren<br />
begründeten Veränderungsvorschlägen zum Gesetzestext eine zeitnahe Resonanz. Als<br />
Expertinnengremium für gleichstellungspolitische Belange gehen wir davon aus, dass unsere Anregungen<br />
aufgegriffen werden und Eingang in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz finden. Darüber hinaus fordern wir<br />
dazu auf, das Fachwissen und die Kenntnisse der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in die<br />
Novellierung des Gesetzes einzubeziehen und somit das im Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm<br />
gegebene Versprechen des Erhalts und der Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten einzulösen.<br />
Bei möglichen Verständnisfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und sind auf eine fachliche<br />
Diskussion vorbereitet.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ulrike Häfner<br />
1. Sprecherin<br />
2
Anlage 5-<br />
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
Im Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung:<br />
§ 2 Geltungsbereich<br />
Wir begrüßen die Erweiterungen in Abs. 1 und die Erweiterung um Abs. 3.<br />
§ 4 Grundsätze<br />
Abs. 3 Wir begrüßen die Erweiterung um Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben.<br />
§ 5 Erstellung Gleichstellungspläne<br />
Abs.1 Dass jede Dienststelle mit mehr als zwanzig Beschäftigten einen Gleichstellungsplan zu erstellen hat,<br />
finden wir sinnvoll und zweckdienlich. Der zweite Halbsatz ist jedoch sehr vage formuliert und eröffnet<br />
kontraproduktive Interpretationsspielräume. Alternativ schlagen wir vor, nach „zu erstellen" den Satz zu<br />
beenden und einzufügen: Der Gleichstellungsplan hat die Erhöhun. der Re rösentanz sowie Ma nahmen<br />
der Personalentwicklung zur Übernahme von Führungsaufgaben durch Frauen zum Ziel.<br />
Abs. 2 Folgende Ergänzung wird vorgeschlagen:<br />
Wird zwischen der Leitung einer obersten <strong>Land</strong>esbehörde und der GBA kein Einvernehmen erzielt,<br />
entscheidet die Leitung nach Beratung durch die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte (vgl. §19b).<br />
§ 6 Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes<br />
Abs. 2 Wir begrüßen die Ergänzungen in diesem Absatz, da sie eine stärkere Differenzierung des<br />
Gleichstellungsplanes fordern.<br />
Abs. 5 Wir fordern, dass dieser Absatz auch für Kommunen gilt.<br />
Der Gleichstellungsplan ist ein unabdingbares Instrument zum Abbau der Unterrepräsentanz von Frauen in<br />
den Verwaltungen der Kommunen. Er kann jedoch nur seine Wirkung im Hinblick auf den<br />
grundgesetzlichen Auftrag der Gleichberechtigung entfalten, wenn klare Ziele und Verfahrensweisen<br />
definiert sind.<br />
§ 7 Ausschreibung von Stellen und Funktionen<br />
Abs. 1 Satz 2 Wir begrüßen die Aufnahme der von uns geforderten Ergänzung von § 7 um einen<br />
entsprechenden Passus für die Kommunen. Wir kritisieren jedoch, dass in Bereichen mit<br />
Unterrepräsentanz in der <strong>Land</strong>esverwaltung nur noch landesweit intern ausgeschrieben werden soll,<br />
Dagegen regen wir eine Lösung wie im <strong>Land</strong> Berlin an, wo § 5 Absatz 1 Satz 2 LGG Berlin eine öffentliche<br />
Ausschreibung ab Besoldungsgruppe A 9 bzw. der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung vorsieht.<br />
Abs. 1 Satz 3 Wir fordern die Streichung dieses Satzes, da er eine Ausnahmeregelung ohne Beteiligung der<br />
Gleichstellungsbeauftragten schafft, die nicht zielführend für den Abbau der Unterrepräsentanz ist.<br />
Stattdessen schlagen wir folgenden Wortlaut für Satz 3 vor:<br />
Das gilt auch, wenn die Übertragung der Stelle für mindestens sechs Monate nur vorläufig erfolgen soll.<br />
Wir fordern die Wiederaufnahme von §7 Abs. 2, 3 und 4 der geltenden Fassung des LGG.<br />
§7 Abs. 4 Satz 2 ..., muss die Stelle auf Verlangen der Gleichstellungsbeauftragten neu ausgeschrieben<br />
werden.<br />
3
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
§ 9 Einstellung und beruflicher Aufstieg<br />
Abs.1 Wir begrüßen die Einfügung dieses Absatzes, da die darin enthaltene Entscheidungsquote eine<br />
Konkretisierung bedeutet und die Chancen für Frauen erhöht.<br />
Abs. 2 Wir empfehlen nach dem Vorbild des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (EIGIG) die Einfügung<br />
folgenden Absatzes:<br />
Dienstalter, Lebensalter und der Zeitpunkt der letzten Beförderung dürfen nur insoweit Berücksichtigung<br />
finden, als ihnen für die Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerberinnen und Bewerber Bedeutung<br />
zukommt.<br />
Damit würde dem Umstand Rechnung getragen, dass Frauen sowohl in der Vergangenheit als auch in der<br />
Gegenwart die Hauptlast für Reproduktionsarbeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie tragen und<br />
dementsprechend über diskontinuierlichere Berufsbiographien und daher geringere<br />
Vorbeschäftigungszeiten verfügen. Damit das Dienst- und Lebensalter als traditionell männerfördernde<br />
Kriterien nicht wieder durch die Hintertür für den Auswahlprozess entscheidend werden, muss streng<br />
geprüft werden, ob und inwieweit Berufs- und Lebenserfahrung überhaupt stellenrelevant sind.<br />
Einführung eines neuen § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />
Bisher fehlt jegliche Regelung zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Dabei sind sexuelle Belästigung und<br />
Sexismus keine Einzelfälle. Laut der repräsentativen Untersuchung „Lebenssituation, Sicherheit und<br />
Gesundheit von Frauen" im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
(BMFSFJ) haben insgesamt 58,2 Prozent aller befragten Frauen Situationen sexueller Belästigung erlebt, sei<br />
es in der Öffentlichkeit, im Kontext von Arbeit und Ausbildung oder im sozialen Nahraum. Auch wenn<br />
Frauen in den östlichen Bundesländern seltener angaben sexuell belästigt worden zu sein als Frauen in den<br />
westlichen Bundesländern fordern wir, vor dem Hintergrund der überwiegend gemeinsamen<br />
Arbeitsmarktregion der Länder <strong>Brandenburg</strong> und Berlin, in Anlehnung an § 12 des Berliner LGG die<br />
Einführung eines entsprechenden § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz:<br />
(1) Sexuelle Belästigungen sind Diskriminierungen. Es gehört zur Dienstpflicht von Beschäftigten mit<br />
Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen, sexuellen Belästigungen von Beschäftigten entgegenzuwirken<br />
und bekannt gewordenen Fällen sexueller Belästigung nachzugehen.<br />
(2) Sexuelle Belästigungen sind insbesondere unerwünschter Körperkontakt, unerwünschte<br />
Bemerkun en Kommentare und Witze sexuellen Inhalts Zei en orno.ra•hischer Darstellun en am<br />
Arbeitsplatz sowie die Aufforderung zu sexuellen Handlungen, die bezwecken oder bewirken, dass die<br />
Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen,<br />
Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld<br />
geschaffen wird.<br />
(3) Sexuelle Belästigungen sind Dienstpflichtverletzungen.<br />
(4) Die Beschwerde von Betroffenen darf nicht zu Benachteiligungen führen.<br />
§ 10 Ausbildung<br />
Statt einer Soll-Vorschrift fordern wir eine verpflichtende Regelung.<br />
Dabei hat der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache C-158/97 Normenkontrollverfahren auf Antrag<br />
von Georg Badeck u. a. entschieden, dass Artikel 2 Absatz 1 und Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG des<br />
Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der<br />
Gleichbehandlung von Männern und Frauen einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, mit der eine<br />
Unterrepräsentation von Frauen beseitigt werden soll, indem in Ausbildungsberufen, in denen Frauen<br />
unterrepräsentiert sind und in denen nicht ausschließlich der Staat ausbildet, Frauen mindestens die Hälfte<br />
der Ausbildungsplätze erhalten müssen, Es sei denn, es liegen nicht genügend Bewerbungen von Frauen<br />
4
Anlage 5<br />
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
um freie Ausbildungsplätze vor, obwohl diese durch geeignete Maßnahmen darauf aufmerksam gemacht<br />
wurden.<br />
Deshalb empfehlen wir folgende Ergänzung und Umformulierung:<br />
0) Der Zugang zu Ausbildungsplätzen muss diskriminierungsfrei gestaltet sein.<br />
(2) Ausbildungsplätze müssen in beruflichen Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind und in<br />
denen nicht ausschließlich der Staat ausbildet, mindestens zur Hälfte an Frauen vergeben werden. In diesen<br />
Bereichen sind zusätzlich zur Ausschreibung geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Frauen auf freie<br />
Ausbildungsplätze aufmerksam zu machen und sie besonders zur Bewerbung zu motivieren.<br />
(3) Wenn für die Besetzung von Ausbildungsplätzen nicht genügend Bewerbungen von Frauen vorliegen, die<br />
die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation besitzen, ist die Ausschreibung zu wiederholen. Haben<br />
sich nach einer erneuten Ausschreibung nicht genügend geeignete Kandidatinnen beworben, so können die<br />
Ausbildungsplätze entgegen Satz 1 nach der Bewerbungslage vergeben und mehr als die Hälfte der<br />
Ausbildungsplätze mit Männern besetzt werden.<br />
(4) Frauen, die in einem Beruf ausgebildet wurden, in dem der Frauenanteil bisher unter 20 vom<br />
Hundert liegt (sogenannter „Männerberuf"), sind vorrangig in ein Beschäftigungsverhältnis im<br />
erlernten Beruf zu übernehmen.<br />
§ 11 Fortbildung<br />
Abs. 1 Wie schon im Jahr 2011 fordern wir, dass Satz 1 wie folgt umformuliert wird:<br />
Die Teilnahmeplätze für Fortbildungsveranstaltungen sind zur Hälfte mit Frauen zu besetzen.<br />
Abs. 2 Ebenfalls schlagen wir folgende Ergänzung vor:<br />
Ebenso ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen auch Beschäftigten in Elternzeit oder Pflegezeit zu<br />
ermöglichen.<br />
Dies gestattet den Beschäftigten in Eltern- oder Pflegezeit, ihr Wissen auf aktuellem Stand zu halten und<br />
verkürzt die Wiedereinarbeitungszeit bei ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz.<br />
§ 12 Gremien<br />
Abs. 1 Wir begrüßen die Ergänzung um Satz 4.<br />
Abs. 2 „Ausnahmen sind zulässig...", statt dessen: Ausnahmen müssen differenziert begründet werden. Im<br />
Zweifelsfall bleibt bei Unterrepräsentanz von Frauen der Sitz solange unbesetzt bis er mit einer Frau<br />
nachbesetzt wird. Zur Aufrechthaltung der Aufgaben, die mit der Wahrnehmung des Sitzes verbunden sind,<br />
kann eine vorübergehende vertretungsweise Besetzung mit einem Mann für längstens 6 Monate erfolgen.<br />
Abs. 3 muss zur Klarstellung um einen entsprechenden Passus für die Kommunen ergänzt werden.<br />
§ 13 Sprache<br />
Abs.2 Wir schlagen vor, den Passus „im schriftlichen Dienstverkehr" zu ändern in:<br />
In dienstlichen Schriftstücken...<br />
Mit dieser Erweiterung ist gewährleistet, dass z. B. auch in Berichten geschlechtergerechte Sprache<br />
verwendet wird.
Anlage 3--<br />
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
§ 14 Auftragsvergabe<br />
Abs. 1 Wir begrüßen die Einfügung des Wortes „nachweisbar", da damit eine größere Verbindlichkeit<br />
hergestellt wird.<br />
Wir plädieren jedoch dafür, die Vergabe öffentlicher Aufträge stärker als bisher als Mittel der<br />
Gleichstellungspolitik zu verstehen und konkrete Verpflichtungen hinsichtlich der Umsetzung einer<br />
querschnittsorientierten Geschlechterpolitik wie Gender Mainstreaming, Gender Budgeting und Gender<br />
Assessments zu formulieren.<br />
Deshalb regen wir in Anlehnung an § 13 des Berliner LGGs folgende Umformulierung des gesamten § 14<br />
an:<br />
(1) Beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit einem Auftragswert von voraussichtlich mindestens<br />
25.000 Euro oder über Bauleistungen mit einem Auftragswert von voraussichtlich mindestens 200.000 Euro<br />
ist bei gleichwertigen Angeboten zu bevorzugen, wer sich der Gleichstellung von Frauen und Männer im<br />
Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat. In den jeweiligen Verträgen sind die Verpflichtungen der<br />
Auftragnehmenden festzuschreiben, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern und zur<br />
Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im eigenen Unternehmen durchzuführen sowie das<br />
geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten. Diese Regelung gilt nicht für Auftragnehmende, die in der<br />
Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung<br />
Beschäftigten, beschäftigen,<br />
(2) Die Vergabestellen der in § 2 genannten Einrichtungen oder Dienststellen im Sinne des<br />
Personalvertretungsgesetzes erfassen regelmäßig die im Zusammenhang mit der Durchführung der<br />
Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männer und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie anfallenden Daten.<br />
(3) Der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung insbesondere den Inhalt der Maßnahmen zur<br />
Gleichstellung von Frauen und Männern und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die<br />
Kontrolle der Durchführung, die Folgen der Nichterfüllung von Verpflichtungen sowie den Kreis der<br />
betroffenen Unternehmen zu regeln.<br />
§ 15 Staatliche Leistungsgewährung<br />
Abs. 1 Wir plädieren dafür, mit der staatlichen Leistungsgewährung den Handlungsspielraum der<br />
öffentlichen Hand außerhalb des Bereiches des öffentlichen Dienstes zu nutzen, um<br />
beschäftigungspolitische Anreize im Sinne der Gleichstellung von Frauen und Männern zu setzen. Deshalb<br />
schlagen wir in Anlehnung an § 14 des Berliner LGG folgende Umformulierung des gesamten § 15 vor:<br />
(1) Die Gewährung von Leistungen aus <strong>Land</strong>esmitteln, auf die kein Anspruch besteht, ist ab einem<br />
Betrag von 25.000 Euro von der Verpflichtung des Leistungsempfangenden zur Durchführung von<br />
Maßnahmen zur aktiven Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben<br />
abhängig zu machen. Von dieser Bedingung können Leistungsempfangende ausgenommen werden,<br />
bei denen die Beschäftigung von Männern aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unabdingbar<br />
ist. Satz 1 gilt nicht für Leistungsempfangende, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer und<br />
Arbeitnehmerinnen, ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, beschäftigen.<br />
(2) Der Bewilligungsbescheid ist mit einer entsprechenden Auflage zu versehen.<br />
(3) § 14 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.<br />
§ 17 Beurlaubung<br />
Abs. 1 Wir begrüßen die Konkretisierung und Ergänzung.
A<br />
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
§ 19a <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
Wir begrüßen die Aufnahme der Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in das Gesetz. Da die<br />
Gleichstellung von Frauen und Männern eine Querschnittsaufgabe ist, sind alle Mitglieder der<br />
<strong>Land</strong>esregierung dafür zuständig. Deshalb fordern wir nach wie vor, dass die<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte dem Ministerpräsidenten/der Ministerpräsidentin zugeordnet wird. Dies<br />
sollte im Range einer Staatssekretärin geschehen, um die aktive Teilnahme an Kabinettssitzungen zu<br />
ermöglichen.<br />
Um ihre Aufgaben als hauptamtliche <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte erfüllen zu können, muss sie von<br />
anderen Aufgaben freigestellt und mit genügend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet<br />
sein.<br />
§ 19b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
Wir begrüßen, dass die Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten in der<br />
Gesetzesänderung beschrieben werden.<br />
Als Satz 2 schlagen wir vor, einzufügen:<br />
Die <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte trägt u.a. dazu bei (...) zu informieren.<br />
Sie entwickelt Maßnahmen, die der Diskriminierung von Frauen und Männern entgegenwirken und der<br />
Verbesserung der Situation von Frauen und Männern dienen.<br />
Damit würde nicht nur die Position der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten gestärkt, sondern auch die<br />
Umsetzung einer querschnittsorientierten Geschlechterpolitik, wie sie u. a. mit Gender Maistreaming und<br />
Gender Budgeting realisiert werden kann.<br />
§ 20 Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten<br />
Abs. 5 Wir begrüßen, dass die Funktion der Vertreterin gestärkt wird.<br />
Abs. 7 Wir fordern, den neu aufgenommenen Absatz zu streichen. Dabei handelt es sich um eine<br />
mittelbare Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, da Frauen durch<br />
Schwangerschaft und Mutterschutz durchaus länger als sechs Monate ausfallen können. Durch die<br />
Vertretungsregelung in § 20 Abs. 5 ist die zur Funktionswahrnehmung erforderliche Präsenz gewährleistet,<br />
damit den gesetzlichen Pflichten der Gleichstellungsbeauftragten nachgekommen wird.<br />
§ 22 Aufgaben und Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten<br />
Wir begrüßen die Stärkung der Position der Gleichstellungsbeauftragten durch die stärkere Differenzierung<br />
der Aufgaben, Kompetenzen und Rechte der Gleichstellungsbeauftragten.<br />
Absatz 5 Satz 1 Die Aufnahme des „aktiven" Teilnahmerechts auch an Führungsklausuren begrüßen wir<br />
ausdrücklich. Wir sprechen uns jedoch gegen die Änderung des zweiten Halbsatzes und für dessen<br />
Streichung aus. Zwar begrüßen wir, dass der Gesetzentwurf eine Prozessorientierung aufweist und bereits<br />
eine Teilnahme im Vorbereitungs- und Planungsstadium ermöglichen soll. Jedoch ist die Formulierung<br />
„dienen" gegenüber der derzeitigen Formulierung „betreffen" zu eng und erfasst nur solche Veranstaltung,<br />
die zielgerichtet auf bestimmte Maßnahmen ausgerichtet sind, nicht jedoch solche Maßnahmen bloß<br />
mittelbar nach sich ziehen können.<br />
7
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
Entsprechend unserer Forderung nach einer Einführung eines § 9a Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz<br />
fordern wir die Einführung von § 22 Abs. 9<br />
Die Gleichstellungsbeauftragte nimmt Beschwerden über sexuelle Belästigungen entgegen, berät die<br />
Betroffenen und leitet Mitteilungen über sexuelle Belästigungen mit Einverständnis der Betroffenen der<br />
Dienststellenleitung zu.<br />
§ 23a Gerichtliches Verfahren<br />
Wir begrüßen die Einführung dieses Paragrafen.<br />
§ 24 Dienstliche Stellung<br />
Wir begrüßen die Ergänzungen, da sie mehr Rechtssicherheit für die Gleichstellungsbeauftragte und ihre<br />
Stellvertreterin schaffen.<br />
Abs. 1 Allerdings vermissen wir die in der Fassung vom 12.10.2011 vorhandene Konkretisierung des<br />
erforderlichen Umfangs der Entlastung von den übrigen dienstlichen Aufgaben. Die Vielzahl der Aufgaben<br />
einer Gleichstellungsbeauftragten erfordert einen entsprechenden Zeitumfang. Die Festlegung, dass die<br />
Gleichstellungsbeauftragte in erforderlichem Umfang von den dienstlichen Aufgaben freizustellen ist, greift<br />
zu kurz und würde unter Umständen unnötigen Rechtfertigungsdruck für die Gleichstellungsbeauftragte<br />
bedeuten.<br />
Wir fordern deshalb folgende Umformulierung und Konkretisierung von Satz 4:<br />
Unter Berücksichtigung der Struktur der jeweiligen Dienststelle beträgt die Freistellung in der Regel<br />
in Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten mindestens die Hälfte der regelmäßigen<br />
in Dienststellen mit mehr als 500 Beschäftigten die volle Arbeitszeit.<br />
§ 25 Kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />
Die Regelung, dass §§ 20 bis 24 des LGG keine Anwendung für kommunale Gleichstellungsbeauftragte<br />
finden, bedeutet in der Praxis, dass im Hinblick auf die Institution der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten die Kommunalverfassung Vorrang vor dem <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz hat.<br />
Der neu eingefügte Satz 3 „In den Hauptsatzungen ist festzulegen..." hat zwar eine minimal größere<br />
Verbindlichkeit als bisherige Regelungen im LGG und in der Kommunalverfassung §18, aber es wird<br />
lediglich ausgesagt, dass zu regeln ist. Damit lässt § 25 einen Interpretationsspielraum, der es den<br />
Kommunen ermöglicht, die Gleichstellungsarbeit auf ein Minimum zu reduzieren. Das ist zum einen<br />
problematisch, weil angesichts der Haushaltsnot vieler Kommunen und steigender Kassenkredite einiger<br />
hochdefizitärer <strong>Land</strong>kreis-Haushalte unter dem Spardiktat der zukünftige Spielraum der<br />
Gleichstellungsbeauftragten möglicherweise irreversibel eingeschränkt wird. Zum anderen erschwert die<br />
mangelhafte Absicherung und Konkretisierung es den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten dafür zu<br />
sorgen, dass kommunale Sparmaßnahmen die Schieflage zwischen den Geschlechtern nicht noch weiter<br />
verstärken.<br />
So zeigt die Praxis seit dem Wirksamwerden des 1. LGG 1994, dass die Kommunen die ihnen übertragene<br />
Verantwortung hinsichtlich der Ausgestaltung der Gleichstellungsarbeit nicht in dem Maße<br />
wahrgenommen haben, wie es durch das LGG vorgegeben war. Diese Situation besteht bereits und führt<br />
auch zukünftig zu sehr unterschiedlichen Arbeitsmöglichkeiten für die kommunalen GBA, nicht selten zur<br />
Blockierung des Wirkens der Kolleginnen, weil das Thema Gleichstellungspolitik weder von den<br />
Vorgesetzten noch von den Kommunalpolitikerinnen ernst genommen wird.<br />
Einerseits überträgt das bisherige und auch das novellierte LGG Aufgaben an die kommunalen GBA, 2, B.<br />
Erstellung von Gleichstellungsplänen einvernehmlich mit der Dienststelle, andererseits fehlen die<br />
8
FRAUENPOLITISCHER RAT<br />
LAND BRANDENBURG e.V.<br />
Bedingungen, es überhaupt umsetzen zu können, eben weil Rechte, Aufgaben und Kompetenzen<br />
kommunal individuell geregelt sind/werden.<br />
Ein unhaltbarer Zustand!<br />
Wir fordern deshalb, dass die §§ 22 bis 24 auch für kommunale Gleichstellungsbeauftragte gelten.<br />
Artikel 2 Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes<br />
Wir begrüßen die Änderung des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes, insbesondere die damit<br />
einhergehende Konkretisierungen sowie die Absenkung der Schwelle zur Aufgabenwahrnehmung der<br />
hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten grundsätzlich, fordern jedoch die Einhaltung von § 13 Abs. (1)<br />
LGG.<br />
§7 Gleichstellung von Männern und Frauen<br />
Abs. 3 Satz 4 muss lauten: ... einvernehmlich von der Präsidentin oder dem Präsidenten...<br />
§ 38 Berufung von Hochschullehrern<br />
Die Überschrift muss lauten: Berufung von Hochschullehrenden<br />
Abs. 1 Satz 1 muss lauten: Die Stellen für Hochschullehrende (Professorinnen und Professoren sowie<br />
Juniorprofessorinnen und -professoren)...<br />
Satz 4 muss verändert werden in: ... die die Einstellungsvoraussetzungen für Hochschullehrende erfüllen.<br />
Satz 5 muss verändert werden in: ...mit einer Professorin oder einem Professor...<br />
Satz 6 muss verändert werden in: ... wenn eine Professorin oder ein Professor der Hochschule... wenn eine<br />
Juniorprofessorin oder ein Juniorprofessor...<br />
Satz 7 muss verändert werden in: ... bis zur endgültigen Besetzung einer Professur die Wahrnehmung der<br />
Aufgaben einer Professorin oder eines Professors übertragen...<br />
§ 66 Zentrale und dezentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
Der Frauenpolitische Rat weißt kritisch darauf hin, dass die Regelungen der Aufgaben, Rechte, Pflichten<br />
und die Beteiligung der zentralen und dezentralen Gleichstellungsbeauftragten Diskrepanzen nach sich<br />
ziehen: Für die Hochschulverwaltung muss die zentrale Gleichstellungsbeauftragte sämtliche Aufgaben<br />
übernehmen. Wir befürchten, dass dies zwangsläufig zu einer Unterrepräsentanz im Rahmen von<br />
Verwaltungsentscheidungen sowie der Abwertung von Verwaltungsbereichen führt. Die beschriebenen<br />
Anforderungen, beispielsweise an die Begleitung von Einstellungsverfahren, sind an großen Hochschulen<br />
nicht zu gewährleisten. So gibt es für die Entwicklung und sachgerechte Begleitung der Umsetzung von<br />
Gleichstellungsplänen keine fachliche Führung.<br />
Abs. 1 Satz 1 muss geändert werden in: ... und von der Präsidentin oder dem Präsidenten bestellt.<br />
Abs. 2 Satz 1 muss geändert werden in: ... unterstützen die Präsidentin oder den Präsidenten<br />
Abs. 8 Satz 1 muss geändert werden in: berichtet der Präsidentin oder dem Präsidenten...<br />
9
<strong>Land</strong>esArbeitsGemeinschaft der<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Stadtverwaltung Oranienburg, Schlossplatz 1, 16515 Oranienburg<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Am Havelblick 8<br />
14473 Potsdam<br />
EINGEGANGEN<br />
10. 01(T. 2013<br />
.4147<br />
A fn<br />
Sprecherinnenrat<br />
Erledigt .g-zek/ kollYr. ..<br />
Mein Zeichen<br />
SZCZ<br />
Datum<br />
09.10.201<br />
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,<br />
Sprecherin für die<br />
ich bedanke mich im Namen der LAG der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten zunächst bei Ihnen für die Einladung zur<br />
öffentlichen Anhörung zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und<br />
des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes und sage gleichzeitig unsere<br />
Teilnahme zu.<br />
Mit der Einladung zur Anhörung erhielten wir einen Fragenkatalog zur<br />
Vorbereitung auf die Anhörung.<br />
Die von Ihnen gestellten Fragen, insbesondere Frage 6 und 7 sind von uns<br />
in der Stellungnahme der LAG zum Entwurf des novellierten LGG vom<br />
15,08.2013 bereits ausführlich erörtert worden, sind sie doch der Kernpunkt<br />
unserer Kritik am vorliegenden Entwurf.<br />
Daher sehen wir von einer expliziten, erneuten Beantwortung der Fragen ab<br />
und bitten Sie hierfür um Ihr Verständnis.<br />
Für weitere Fragen und Problemstellungen nehmen Sie bitte Kontakt mit mir<br />
als Sprecherin der LAG auf (nebenstehende Kontaktdaten).<br />
Region<br />
Potsdam-Mittelmark,<br />
Teltow-Fläming,<br />
<strong>Brandenburg</strong>/Havel,<br />
Potsdam,<br />
Prignitz,<br />
Ostprignitz- Ruppin,<br />
Havelland<br />
Heidrun Szczepanski<br />
Tel: 0 33 01 1600 606<br />
Fax: 0 33 01 / 600 99 606<br />
szczepariski<br />
@oranieriburg.de<br />
Region<br />
Oberhavel,<br />
Uckermark,<br />
Barnim<br />
Birgit Lipsky<br />
Tal: 0 33 01 100 11 37<br />
Fax: 0 33 01 /60 11 32<br />
MaitBirgit. Lipsky<br />
i@oberhayel.de<br />
Region<br />
Spreu-Neiße,<br />
Oberspreewalc•Laushz,<br />
Elbe-Elster,<br />
Cottbus,<br />
Oder-Spree,<br />
Märkisob-Oderland,<br />
Dahme-Spreewald,<br />
Frankfurt / Oder<br />
Regina 8ellack<br />
Tel: 0 35 61 168 71 10 61<br />
Fax: 0 35 61 168 71 40 00<br />
Mail: gba@gubenrde<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Heidrun Szczepanski
<strong>Land</strong>esArbeitsGemeinschaft der<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Stadtverwaltung Oranienburg 16515 Oranienburg Schlossplatz 1<br />
EINGEGANGEN<br />
Erledig<br />
2 6. SEP. 2013<br />
4147<br />
,, kgrehf.W.709<br />
Sprecherinnenrat<br />
Mein Zeichen<br />
szcz<br />
Datum<br />
15.08.2013<br />
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,<br />
sehr geehrter Herr Vorsitzender,<br />
Sprecherin für die<br />
im Auftrag der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten übersende ich Ihnen unsere Stellungnahme<br />
zum Änderungsentwurf des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern im öffentlichen Dienst des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />
Wir nehmen insbesondere Stellung zu den Regelungen bezüglich der<br />
kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, hier § 25 u.a. und verweisen<br />
nochmals mit Nachdruck auf die geforderten Veränderungen bezüglich §18<br />
Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />
Region<br />
Potsdam-Mittelmark,<br />
Teltow-Fläming,<br />
<strong>Brandenburg</strong>/Havel,<br />
Potsdam,<br />
Prignitz,<br />
Ostprignitz- Rupptn,<br />
Havelland<br />
Heidrun Szczepanski<br />
Tal 0 33 01 / 600 606<br />
Fax. 0 33 01 / 600 99 606<br />
szczepanski<br />
@oranienburg.de<br />
Region<br />
Oberhavel,<br />
Uckermark,<br />
Barntrn<br />
Birgit Lipsky<br />
Tel: 0 33 01 / 60 11 37<br />
Fax: 0 33 01 / 60 11 32<br />
@oberhavel.de<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Heidrun Szczepanski<br />
Sprecherinnenrat der LAG<br />
der kommunalen GBA<br />
Region<br />
Spree-Heille,<br />
Oberspreewald-Lausitz,<br />
Eibe-Elster,<br />
Cottbus,<br />
Oder-Spree,<br />
Märkisch-Oderland,<br />
parne-Spreewaid,<br />
Frankfurt f Oder<br />
Regina Betlack<br />
Tel: 0 35 61 / 68 71 10 61<br />
Fax: 0 35 61 / 68 71 40 00<br />
gba@guOende
6<br />
Stellungnahme der <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> zum Änderungsentwurf<br />
des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männer im öffentlichen Dienst<br />
des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong><br />
Die <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten<br />
(LAG der kommunalen GBA) begrüßt die Initiative des Ministeriums für Arbeit,<br />
Soziales, Frauen und Familie, das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz von 1994 zu<br />
novellieren, um die Erfahrungen der vergangenen fast 20 Jahre einfließen zu lassen<br />
und den gewachsenen Ansprüchen an eine moderne Gleichstellungspolitik für<br />
Frauen und Männer gerecht zu werden.<br />
Wir begrüßen einerseits die geplanten gesetzlichen Veränderungen in der<br />
Gesamtheit des Gesetzes, sind andererseits aber bezüglich der Regelungen zu den<br />
Aufgaben, Rechten, Kompetenzen und der Stellung der kommunalen GBA äußerst<br />
enttäuscht.<br />
Positiv sehen wir, dass im Entwurf des Gesetzes im § 19a die Funktion der<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten aufgenommen wurde.<br />
Gleichzeitig wiederholen wir unsere langjährige Forderung, dass sie eine andere<br />
Anbindung erhalten muss.<br />
Sie sollte dem Ministerpräsidenten, der Ministerpräsidentin zugeordnet sein und von<br />
anderen Aufgaben freigestellt sein. (unabhängig und weisungsfrei in § 19b geregelt).<br />
Eine solche Anbindung entspräche den vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben in<br />
dieser Funktion und böte den nötigen zeitlichen Rahmen. Außerdem und nicht zuletzt<br />
wäre dies ein gutes Signal an die Kommunen, ihre kommunalen GBA mit sachlichen,<br />
personellen und zeitlichen Ressourcen auszustatten.<br />
1. Zur Situation der kommunalen GBA - § 25<br />
Die Benennung von kommunalen GBA erfolgt nach § 18 Abs. 2<br />
Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>.<br />
In allen amtsfreien Gemeinden sind Gleichstellungsbeauftragte durch die<br />
Gemeindevertretung zu benennen, die unmittelbar dem Hauptverwaltungsbeamten<br />
unterstellt sind.<br />
Eine kommunale GBA hat nach bisherigem Rechtsverständnis und gelebter Praxis<br />
zwei Wirkungsbereiche: intern, innerhalb der Verwaltung und kommunal, außerhalb<br />
der Verwaltung.<br />
Im LGG sind in den § 22 bis 24 die Aufgaben, Kompetenzen und Rechte einer<br />
internen GBA geregelt, Mit § 25 sind—kommunale GBA von dieser Regelung<br />
ausgeschlossen. Da das Gesetz aber nach § 2 Abs.2 auch für Kommunen gilt,<br />
haben diese eine interne GBA zu benennen, für die § 22 bis 24 gelten.<br />
Die Intention des Gesetzgebers war und ist es jedoch Gleichstellungsarbeit in den<br />
Kommunen dahingehend zu vereinfachen, dass interne und kommunale<br />
Gleichstellungsarbeit durch eine Person (kommunale GBA) wahrgenommen wird. Mit<br />
der Regelung in § 25 übernehmen kommunale Gleichstellungsbeauftragte nun die<br />
Funktion der internen GBA, verfügen aber nicht über deren Aufgaben, Rechte und<br />
Pflichten.
Hier tut sich ein Widerspruch auf: einerseits erfolgt die Übertragung von Aufgaben<br />
nach diesem Gesetz (z.B. Erstellung von Gleichstellungsplänen) und andererseits<br />
der Ausschluss von Regelungen zu Rechten und Kompetenzen für die kommunale<br />
GBA in ihrer internen Funktion. Ein unhaltbarer Zustand.<br />
Der Satz „In den Hauptsatzungen ist festzulegen,.." hat zwar eine minimal größere<br />
Verbindlichkeit als die bisherige Regelung im LGG und in der Kommunalverfassung<br />
§ 18, aber es wird lediglich ausgesagt, dass zu regeln ist, aber nicht in welchem<br />
Umfang (inhaltlich und zeitlich).<br />
In der Begründung zum Gesetzentwurf (zu Nr. 21) führt der Gesetzgeber aus, dass<br />
es in der Vergangenheit zu Unsicherheiten bei der Benennung von kommunalen<br />
GBA in den Kommunen gekommen ist, ob und inwieweit die kommunale GBA<br />
zugleich auch behördliche GBA ist. In der Begründung zum Gesetzentwurf der<br />
<strong>Land</strong>esregierung zum LGG vom 6. Juli 1994 heißt es zum § 2 Abs. 2<br />
(Geltungsbereich des Gesetzes): In den Verwaltungen der Gemeinden, Ämter und<br />
<strong>Land</strong>kreise sind außer den nach § 23 Gemeindeordnung und § 21 <strong>Land</strong>kreisordnung<br />
vorgesehenen kommunalen GBA keine weiteren GBA zu bestellen.<br />
Eine eindeutige Aussage, die von den Kommunen nicht in jedem Fall<br />
wahrgenommen worden ist wie in der Begründung der <strong>Land</strong>esregierung zum<br />
Gesetzentwurf (zu Nummer 21) dargestellt.<br />
Nun sollen Rechte, Aufgaben und Kompetenzen erneut über die Hauptsatzungen<br />
geregelt werden.<br />
Der Beliebigkeit für Aufgaben, Rechte und Kompetenzen sind damit auf kommunaler<br />
Ebene Tür und Tor geöffnet. Es setzt fort, was seit fast zwanzig Jahren Praxis ist.<br />
Die Kommunen nahmen und nehmen die ihnen übertragene Verantwortung<br />
hinsichtlich der Ausgestaltung von Gleichstellungsarbeit nicht in dem Maße wahr, wie<br />
es durch das LGG vorgegeben ist und politisch notwendig wäre.<br />
Die Situation war und ist für die einzelnen kommunalen GBA äußerst kompliziert und<br />
wird durch die beabsichtigten Regelungen nicht besser.<br />
Wir beobachten sehr unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten für die Kolleginnen, von<br />
ansprechenden Regelungen in den Hauptsatzungen und Dienstanweisungen, über<br />
Blockierung ihres Wirkens und Infragestellung der Notwendigkeit der Aufgaben einer<br />
kommunalen GBA. Das Thema Gleichstellung der Geschlechter wird von<br />
Vorgesetzen z.T. nicht ernst genommen und es ist abhängig vom politischen Willen<br />
der Kommunalpolitik.<br />
Wir vertreten die Auffassung, dass Rechte, Aufgaben und Kompetenzen klar<br />
definiert sein müssen. Daraus ergibt sich der Handlungsspielraum der<br />
kommunalen GBA für die Gestaltungsmöglichkeiten (Größe der Verwaltung,<br />
Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und die Anforderungen an die<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf) direkt vor Ort. Und nicht umgekehrt, wie in der<br />
Begründung zum Gesetzentwurf (zu Nr. 21) im letzten Absatz dargestellt.<br />
Wir fordern deshalb, dass die § 22 bis 24 auch für kommunale GBA gelten.<br />
2. Aufgaben, Rechte und Kompetenzen - § 24<br />
interne Gleichstellungsarbeit wird über das LGG definiert und ist abhängig u.a. von<br />
der Größe der Verwaltung.<br />
Interne Gleichstellungsbeauftragte sind nach § 24 Abs. 1 in erforderlichem Umfang<br />
von der Arbeit frei zu stellen. Eine unbestimmte Rechtsdefinition, die, so zeigt es die<br />
Praxis, unterlaufen werden kann, indem der Arbeitsaufwand für interne<br />
Gleichstellungsarbeit bewusst niedrig gehalten wird und die Zeitanteile für die<br />
eigentliche Verwaltungsaufgabe hoch angesetzt werden.
Wir fordern deshalb, eine Rahmensetzung von Arbeitszeit für interne<br />
Gleichstellungsarbeit.<br />
Vorschlag:<br />
„Unter Berücksichtigung der Struktur der jeweiligen Dienststelle beträgt die<br />
Freistellung in der Regel<br />
In Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten mindestens die Hälfte der<br />
regelmäßigen<br />
- In Dienststellen mit mehr als 500 Beschäftigten die volle Arbeitszeit.<br />
3. Mindestinhalt des Gleichstellungsplanes § 6<br />
Im § 6 Abs.2 wird begrüßenswerter Weise eine stärkere Differenzierung und<br />
Konkretisierung des Gleichstellungsplanes gefordert.<br />
Abs. 5 regelt das Prozedere, wenn die Vorgaben aus dem Gleichstellungsplan in<br />
Bezug auf die Einstellung und Beförderung von Frauen innerhalb des vorgesehenen<br />
Zeitraumes nicht erfüllt werden. Dieser Absatz gilt nicht für Kommunen. Für alle<br />
anderen Verwaltungen (z.B. auch Eigenbetriebe, Krankenhäuser, Zweckverbände)<br />
wird auf die Benennung der Entscheidungsebene in § 5 Abs. 2,3, 5-7 verwiesen.<br />
Das heißt: Wird kein Einvernehmen über den Gleichstellungsplan in den Kommunen<br />
erzielt, entscheidet nach Anhörung der kommunalen GBA die Vertretung der<br />
kommunalen Körperschaft (§ 5 Abs. 4). Wird das Ziel des Gleichstellungsplanes nicht<br />
eingehalten, entscheidet nicht die Vertretung der kommunalen Körperschaft,<br />
sondern der Hauptverwaltungsbeamte nach § 62 Kommunalverfassung (vergl.<br />
Begründung zum Gesetzentwurf zu Nr. 6 Buchstabe b).<br />
Wir fordern, dass § 6 Abs. 5 auch für Kommunen gilt.<br />
Das ist ein unabdingbares Instrument zum Abbau von Unterrepräsentanz von Frauen<br />
in den Verwaltungen.<br />
„Die Verwirklichung des Verfassungsauftrages der Durchsetzung der<br />
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und das Hinwirken auf die Beseitigung<br />
bestehender Nachteile ist auch eine Aufgabe der Gemeinden." (aus: Gesetzentwurf<br />
der <strong>Land</strong>esregierung, B. Lösung) vom 30.07.2013<br />
Wenn das ernst gemeint ist, dann muss Absatz 4 gelten!<br />
4. Benennung kommunaler GBA — Hauptamtlichkeit<br />
Wir halten es für äußerst wichtig hier noch einmal mit aller Konsequenz darauf<br />
hinzuweisen, dass die Absenkung der Einwohner_innenzahl für die Benennung von<br />
kommunalen GBA in Hauptamtlichkeit in der Kommunalverfassung § 18 angesichts<br />
der demografischen Entwicklung dringend notwendig ist. Es steht zu befürchten,<br />
dass das Netz der kommunalen GBA weiter ausgedünnt wird, einen ersten radikalen<br />
Einbruch gab es mit der Heraufsetzung der Einwohner_innenzahl von 10.000 auf<br />
30.000 (Kommunalrechtsreform 2004). Kein weiteres Bundesland hat diese hohe<br />
Einwohner gesetzt! Kommunale Gleichstellung ist ein<br />
Verfassungsauftrag, dem sich auch die Kommunen zu stellen haben. Der Verweis<br />
auf die Konnexität ist deshalb an dieser Stelle falsch gesetzt.<br />
Und es muss garantiert werden, dass die kommunalen GBA auch tatsächlich<br />
hauptamtlich als GBA wirken können. Tatsache ist, dass die Mehrheit der<br />
Kolleginnen in Mehrfachfunktionen und weiterer Aufgabenübertragung arbeiten, so<br />
dass weniger als die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit für Gleichstellungsarbeit zur<br />
Verfügung steht. Das steht im eklatanten Widerspruch zur erklärten Absicht der
<strong>Land</strong>esregierung, dass die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und<br />
Männern auch eine Aufgabe der Gemeinden ist.<br />
5. Abschließende Betrachtung<br />
Seit nunmehr reichlich drei Jahren ist an der Novellierung des Gesetzes gearbeitet<br />
worden, zu Beginn auch unter Einbeziehung von Expertinnen aus den<br />
unterschiedlichen Bereichen; auch unsere LAG war zunächst vertreten.<br />
Seit mehr als einem Jahr ist dieser demokratische Prozess abgebrochen, es gab<br />
keinerlei inhaltliche Aussagen mehr, allenfalls die Aussage, es wird am Entwurf<br />
gearbeitet.<br />
Wir bringen hier unser Unverständnis und unseren Protest zu diesem Verhalten zum<br />
Ausdruck.<br />
Gleiches ist uns in der Vergangenheit wiederholt wiederverfahren, so auch bei der<br />
Evaluierung der Kommunalverfassung im vergangenen Jahr. Wir kommunale GBA<br />
gewinnen den Eindruck, dass unser Fachwissen und unsere Kenntnisse nicht<br />
erwünscht sind. Wer, wenn nicht die kommunalen GBA können fachlich beurteilen,<br />
wie § 18 der Kommunalverfassung in der Praxis realisiert wird?<br />
In der „Studie zur Lebenssituation von Frauen in <strong>Brandenburg</strong>" von 2008 wird der<br />
brandenburgischen Frauen- und Gleichstellungspolitik eine gute Entwicklung<br />
bestätigt, aber es werden auch deutlich Defizite benannt: u.a. wird der „Ausbau und<br />
die Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten in den Kommunen und Kreisen durch<br />
eine verbesserte Stellung in der Kommunalverfassung und bessere Kontrolle durch<br />
die Kommunalaufsicht" gefordert.<br />
Wie wenig ernst viele Kommunen das Arbeitsfeld einer kommunalen GBA nehmen,<br />
zeigt sich, wie oben dargestellt, darin, dass die Mehrheit unserer Kolleginnen in<br />
Mehrfachfunktionen tätig sind und damit selbst in Gemeinden über 30.000<br />
Einwohner_innen das Kriterium der Hauptamtlichkeit nicht erfüllt ist. (Verstoß gegen<br />
§18 Kommunalverfassung).<br />
Auch das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, das der <strong><strong>Land</strong>tag</strong> beschlossen<br />
hat, formuliert als Maßnahme die Unterstützung der kommunalen GBA bei der<br />
Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Prüfung der Möglichkeiten zur Verbesserung der<br />
Vorschriften im Rahmen der Novellierung des LGG. Diese Willensbekundung bleibt<br />
mit dem Gesetzentwurf des LGG leider nur ein Lippenbekenntnis. Die Chance etwas<br />
zu bewirken wird vertan!<br />
Die <strong>Land</strong>esarbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsbeauftragen,<br />
insbesondere die Sprecherinnen, sind offen für Ihre Fragen und Ihre Anregungen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Sprecherinnen rat der LAG<br />
der kommunalen GBA<br />
i.A. Heidrun Szczepanski 15.08.2013
Anlage<br />
EINGEGANGEN<br />
1 6. ONT. 2013<br />
Erledigt.<br />
V.,44»ie<br />
Kapenmann<br />
Karellnianaked Yinlaer I Anna-Louisa-Karsch-Straße 2 D-10178 Berlin<br />
per n:<br />
angela.richter@landtag.brandenburg. de<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />
Familie<br />
Postfach 601074<br />
14410 Potsdam<br />
Berlin<br />
Brüssel<br />
Düsseldorf<br />
Frankfurt/Main<br />
Hamburg<br />
Mönchengladbach<br />
München<br />
Berlin, 16.10.2013<br />
Dr. Jan Redmann<br />
Lehrbeauftragter an der HWR Berlin<br />
jan.redmann@kapellmann.de<br />
Durchwahl: +49 (o) 30 399 7 69-47<br />
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung<br />
„Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetzes",<br />
Drucksache 5/7724"•<br />
Ihr Schreiben vorn 25.09.2013<br />
Telefax: +49 (0) 30 399 769 - 9 1<br />
Sekretariat; Natalia Evteev<br />
reia/evna<br />
Büro Berlin<br />
Anna-Louisa-Karsch-Straße 2<br />
D-10178 Berlin<br />
Telefon: +49 30 399769-0<br />
Sehr geehrte Frau Willert,<br />
wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 25,09.2013 und<br />
bedanken uns für die Einladung zur Sitzung des Ausschusses für<br />
Arbeit, Soziales, Frauen und Familie am 23.10.2013, 10:00 Uhr. An<br />
der Veranstaltung nimmt der Unterzeichner gern teil. Vorab soll<br />
zum Anhörungsgegenstand das Folgende mitgeteilt werden:<br />
1 Anhörungsgegenstand<br />
Der Unterzeichner ist als Rechtsanwalt schwerpunktmäßig im<br />
Bereich des Vergaberechts tätig. Vor diesem Hintergrund<br />
beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf<br />
§ 14 Abs. 1 LGG sowie auf Frage Nr. 9 des Fragenkataloges. Gemäß<br />
§ 14 Abs. 1 LGG soll beim Abschluss von Verträgen über Leistungen<br />
mit einem geschätzten Auftragswert von über 50.000,00 C bei<br />
gleichwertigen Angeboten bevorzugt werden, wer sich der<br />
Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweislich<br />
vrww.kapellmann.de<br />
Zertifiziert nach<br />
DIN EN ISO 9001:2008<br />
Deutsehe Bank<br />
BLZ 300 700 10<br />
Konto 311338801<br />
BIC / swipr DEUTDEDDXXX<br />
IBAN DE'23 3007 0010 0311 3388 01<br />
Berliner Sparkasse<br />
BLZ 100 500 00<br />
Konto 190071168<br />
BJC / SWIFr BELADEBE<br />
IBAN 131E43 1005 0000 0190 0711 68<br />
Kapenmann und Partner<br />
rtechtsanwülte<br />
Rechtsform: Partnerschaft<br />
Sitz: Münchengladbach<br />
Registrierung: AG Essen, PR IR<br />
UID: DE120485916
Anlage,?<br />
Kapellmann<br />
Seite 2<br />
angenommen hat. Frage Nr. 9 des Fragenkataloges lautet wie folgt:<br />
„Wie haben sich das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und die daraus<br />
resultierende Frauenförderverordnung bislang auf die Vergabepraxis<br />
ausgewirkt?"<br />
2 Stellungnahme<br />
2.1 Regelungsinhalt<br />
§ 14 Abs. 1. LGG wird durch die Frauenförderverordnung (FrauFöV) näher ausgestaltet.<br />
Obwohl die gesetzliche Regelung für alle Vergaben über ioo.000 DM/ 50.000 C gelten soll,<br />
beschränkt die FrauFöV ihren Anwendungsbereich auf Vergaben mit einem Auftragswert<br />
unterhalb der europarechtlichen Schwellenwerte (derzeit 5 Mio. für Bauleistungen, 200.000<br />
€ für Lieferungen und sonstige Leistungen). Der Hintergrund ist hierbei, dass die Regelung<br />
gegen europäisches Vergaberecht verstoßen würde. (Hierauf wird unten noch gesondert<br />
eingegangen.) Bei der Vergabe von Großaufträgen findet deshalb — entgegen dem<br />
Gesetzeswortlaut — gegenwärtig eine Berücksichtigung der Frauenförderung nicht statt.<br />
Im Anwendungsbereich unterhalb der europäischen Schwellenwerte ist im Rahmen eines<br />
Ausschreibungsverfahrens einem Bieter, der sich der Gleichstellung von Frauen im<br />
Erwerbsleben besonders angenommen hat und dessen Angebot nicht mehr als 20 % über<br />
dem Preis des wirtschaftlichsten Angebots liegt, anzubieten, in den Preis diesen<br />
wirtschaftlichen Angebots einzutreten. Gemäß § 4 FrauFöV wird ein Bieter dann bevorzugt,<br />
wenn er im Verhältnis zu den übrigen Bietern zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe einen<br />
höheren Frauenanteil an den Beschäftigten aufweist und Frauen im höheren Maße in<br />
qualifizierten Positionen beschäftigt. Im Ergebnis erhalten hierdurch Bieter mit höherem<br />
Frauenanteil im Vergabeverfahren eine 2. Chance: Obwohl sie bis zu 20 Prozent teurer<br />
waren, als der Bestbietende, können sie zu dessen Konditionen den Zuschlag erhalten.<br />
Vergabetaktisch betrachtet können es sich bevorzugte Bieter erlauben, zunächst etwas zu<br />
teurer anzubieten, da sie ggf. immernoch die Möglichkeit haben, in den besten Preis<br />
einzutreten.<br />
2.2 Akzeptanz der Regelung<br />
Zunächst ist nach der Erfahrung des Unterzeichners in der Praxis zu beobachten,<br />
dass die Regelung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes in Verbindung mit der
Anlage .7<br />
Seite 3<br />
Kapenmann<br />
Rechts2i \\GIte<br />
Frauenförderverordnung sowohl bei Auftraggebern als auch bei Auftragnehmern<br />
häufig unbekannt ist und vielfach nicht gelebt wird. Sofern eine Vergabestelle diese<br />
Regelung dennoch anwendet, führt dies regelmäßig zu großer Verwunderung bei den<br />
Bietern. Zur weitgehenden Nichtbeachtung dieser vergaberechtlichen Regelung trägt<br />
m.E. der Standort im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz bei. Üblicherweise regeln die<br />
Bundesländer die Beachtung so genannter vergabefremder Kriterien, wie<br />
beispielsweise Mindestlohn, Bevorzugung von Ausbildungsbetrieben, die Einhaltung<br />
ökologischer Standards oder auch Maßnahmen der Frauenförderung in ihren<br />
jeweiligen <strong>Land</strong>esvergab egesetzen. Bezüglich der Frauenförderung enthalten<br />
beispielsweise die <strong>Land</strong>esvergabegesetze der Länder Berlin, Bremen, Rheinland-<br />
Pfalz, Thüringen sowie Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt besondere<br />
Regelungen.<br />
2.3 Wirksamkeit der Regelung<br />
Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 LGG ist es, bei den Unternehmen Anreize dafür zu<br />
schaffen, anteilig mehr Frauen vor allem in Fiihrungspositionen zu beschäftigen.<br />
Nach der Erfahrung des Unterzeichners ist die beabsichtigte Wirkung jedoch nicht<br />
eingetreten. Es ist nicht bekannt, dass Unternehmen mit Blick auf einen öffentlichen<br />
Auftrag ihre Personalauswahl verändert hätten. Vereinzelt wird jedoch von Fällen<br />
berichtet, in denen Bieter um die Regelungen des LGG auszunutzen, Kooperationen<br />
mit anderen Unternehmen eingehen, in denen beispielsweise ein besonders hoher<br />
Frauenanteil ohnehin gegeben ist (z.B. Reinigungsbranche), um so mit Blick auf<br />
§ to FrauFöV den Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der Beschäftigten der Firma<br />
„künstlich" zu erhöhen. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die<br />
Bestimmung dem gesetzgeberischen Ziel wirksam dient.<br />
2.4 Verstöße gegen höherrangiges Recht<br />
Die Berücksichtigung von Gleichstellungsanstrengungen im Rahmen der<br />
Auftragsvergabe ist nicht grundsätzlich unzulässig. § 97 Abs. 4 S. 3 GWB und<br />
§ 2 BbgVergG lassen zusätzliche bzw. weitergehende Anforderung an den<br />
Auftragnehmer ausdrücklich zu, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem<br />
Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Nach<br />
der Rechtsprechung des EuGH ist ein Kriterium nur dann auftragsbezogen, wenn<br />
sich die Vorgabe auf die konkrete Leistung bezieht, welche ausgeschrieben wird,
Anlage 7<br />
Seite 4<br />
Kapellmann<br />
...Recht,,:;:änyvälte •<br />
vgl. EuGH, Sig. 2003 1-1452714586 Rn. 71; NZBau 2004, 105-"Wienstrom".<br />
Ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht jedoch bei der<br />
Bevorzugung eines Bieters, der einen höheren Frauenanteil an den Beschäftigten<br />
aufweist nicht, da es nicht auf den Anteil der bei der konkreten Auftragsausführung<br />
eingesetzten Mitarbeiterinnen ankommt. Europarechtlich ist eine<br />
auftragsunabhängige, allgemeine Lebensfiihrungskontrolle durch das Vergaberecht<br />
unzulässig.<br />
Die <strong>Land</strong>esregierung hat im Rahmen der FrauFöV dieser offensichtlichen<br />
Europarechtswidrigkeit dadurch Rechnung getragen, dass die Bevorzugung von<br />
Bietern nur unterhalb der in der Vergabeverordnung genannten Schwellenwerte<br />
angewendet wird, so dass das europäische Vergaberecht nicht zur Anwendung<br />
kommt. Dies hat jedoch zur Folge, dass § 14 Abs. 1 LGG unterhalb dieser<br />
Schwellenwerte völlig anders verstanden und angewendet werden muss, als oberhalb<br />
der Schwellenwerte. Kurz gesagt findet in <strong>Brandenburg</strong> Frauenförderung im Rahmen<br />
öffentlicher Auftragsvergabe nur bei kleinen Aufträgen statt, nicht jedoch bei<br />
Großaufträgen.<br />
Überdies bestehen hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit der FrauFöV auch unterhalb der<br />
Schwellenwerte rechtliche Bedenken. Diese resultieren daraus, dass — wie bereits<br />
dargestellt — auch das BbgVergG vergabefremde Kriterien nur dann zulässt, wenn sie<br />
im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der<br />
Leistungsbeschreibung ergeben. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Zwar dürfen nach<br />
§ 2 S. 3 BbgVergG auch andere oder weitergehende Anforderungen an den<br />
Auftragnehmer gestellt werden, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Da die FrauFöV<br />
jedoch kein formelles Gesetz ist, spricht bereits vieles dafür, dass eine Kollision mit<br />
dem BbgVergG vorliegt.<br />
Weiterhin bestehen auch unterhalb der Schwellenwerte Bedenken gegen die<br />
Wirksamkeit der Bevorzugung von Bewerbern mit höherem Frauenanteil, da ein<br />
Verstoß gegen den bereits im europäischen Primärrecht verankerten Grundsätze der<br />
Gleichbehandlung und des freien Wettbewerbs vorliegen dürfte, sofern ein Auftrag<br />
mit Binnenmarktrelevanz gegeben ist,
Anlag°<br />
Seite 5<br />
Kapelimann<br />
h s nwälte:<br />
ebenso: Moor in VergR 2009, S. 443.<br />
Schließlich spricht auch vieles dafür, dass die gegenwärtige Fassung der FrauFöV<br />
bereits § 14 Abs. 1 LGG nicht gerecht wird. Denn das Gesetz verlangt seinem Wortlaut<br />
nach die Bevorzugung von Bietern, die sich der Gleichstellung von Frauen im<br />
Erwerbsleben „angenommen" haben. Es will also Gleichstellungsanstrengungen<br />
belohnen. Die FrauFöV stellt demgegenüber lediglich auf den tatsächlichen<br />
Frauenanteil an den Beschäftigten ab. Ob sich der Bieter jedoch tatsächlich der<br />
Gleichstellung angenommen hat oder ob der Anteil weiblicher Beschäftigter nicht<br />
vielmehr aus anderen Gründen resultiert, bleibt hierbei unberücksichtigt.<br />
2.5 Empfehlung<br />
Aufgrund der vorbezeichneten Akzeptanzprobleme, der fehlenden Wirksamkeit der<br />
Regelung und der rechtlichen Bedenken, ist eine Novellierung der Bestimmung zu<br />
empfehlen.<br />
Unabhängig von der Ausgestaltung wird vorab dringend angeregt, die<br />
vergaberechtlichen Regelungen im <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> im Zusammenhang zu<br />
betrachten und die Berücksichtigung von Gleichstellungsanstrengungen ggf. im<br />
Kontext des übrigen Vergaberechtes in das Vergabegesetz <strong>Brandenburg</strong> einzuordnen.<br />
So wird die Anwendbarkeit der Regelungen erleichtert, die Akzeptanz erhöht und der<br />
Verwaltungsaufwand verringert.<br />
Um die übrigen dargestellten Bedenken auszuräumen und die Anwendbarkeit der<br />
Regelung auch bei Großaufträgen zu gewährleisten, enthalten die Vergabegesetze der<br />
anderen Bundesländer zahlreiche Beispiele.<br />
Denkbar wäre zunächst ähnlich der Thüringer Regelung die Bevorzugung statt bei<br />
„gleichwertigen Angeboten" bei „gleich bewerteten Angeboten" durchzuführen. In<br />
diesem Falle würde die Frauenförderung dann ausschlaggebend sein, wenn zwei<br />
Angebote nach der Angebotswertung tatsächlich gleich auf wären. Die<br />
Frauenförderung hätte dann ausschlaggebenden Charakter, würde jedoch nicht zu<br />
einer erheblichen Benachteiligung anderer Unternehmen oder zu unwirtschaftlichen<br />
Angeboten führen.
Anlag& -?<br />
1
LiNGEGANGEN<br />
Anlage<br />
Universität Potsdam 'Am Neuen Palais 10 '14469 Potsdam<br />
16. 2013<br />
An den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
Frau Dr. Richter<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Postfach 60 10 64<br />
14410 Potsdam<br />
Erledigt...914A V(-4.1'.A/ 4/1<br />
La Koe<br />
tan es anferenz der Gleichstellungsbeauftragten<br />
an brandenburgischen Hochschulen<br />
Barbara Schrul<br />
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
der Universität Potsdam<br />
erste Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz<br />
der Gleichstellungsbeauftragten<br />
der brandenburgischen Hochschulen (LaKoG)<br />
Datum: 15.10.2013<br />
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/1724<br />
Sehr geehrte Frau Wöllert, sehr geehrte Frau Dr. Richter,<br />
vielen Dank für die Einladung zur öffentlichen Anhörung am 23.10.2013 im Ausschuss für Arbeit, Soziales,<br />
Frauen und Familie, der ich gern als Vertreterin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der<br />
<strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulen (LaKoG) nachkommen werde. In der Anlage finden Sie meine schriftliche<br />
Stellungnahme, die Grundlage meines Redebeitrags sein wird. Ich habe mich dabei auf die im Hochschulkontext<br />
stehenden Fragestellungen konzentriert und dabei berücksichtigt, dass eine weitere Kollegin einer<br />
<strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschule die Möglichkeit zur Positionierung erhalten wird.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Barbara Schrul<br />
Anlage: Stellungnahme
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />
La Koe<br />
Lentlesk■Wet<br />
an<br />
Stellungnahme der ersten Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der<br />
brandenburgischen Hochschulen (LaKoG) Barbara Schrul, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der<br />
Universität Potsdam<br />
Die <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulen wurde<br />
bereits Anfang 2011 auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) in den<br />
Prozess zur Erarbeitung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes (LGG) und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulgesetzes (BbgHG) einbezogen. Die gemeinsame Zielstellung war die für die Gleichstellung<br />
maßgeblichen Vorschriften im BbgHG an das LGG anzupassen und zu verbessern.<br />
Das Verfahren zur Berücksichtigung der besonderen gleichstellungsrelevanten Regelungen an<br />
Hochschulen durch einen Artikel im LGG findet einvernehmlich Zustimmung durch die LaKoG, da das<br />
Thema Gleichstellung bei den Diskussionen um Gesetzesnovellierungen des BbgHG in den letzten<br />
Jahren eher eine untergeordnete Rolle gespielt hat. In dem jetzt vorliegenden Gesetzestext sind<br />
endlich die Änderungsvorschläge der LaKoG eingeflossen, die wir bereits zur Gesetzesnovellierung<br />
des BbgHG 2008 thematisiert hatten. Durch die Berücksichtigung der Hochschulen im LGG sind<br />
darüber hinaus zusätzlich weitere Verbesserungen in der Gleichstellungsgesetzgebung für unseren<br />
Bereich erzielt worden wie den Schutz der Gleichstellungsbeauftragten vor Versetzung, Abordnung<br />
und Kündigung analog der Personalratsvertretungen. Hier sollen nur exemplarisch einige positiven<br />
Aspekte im Entwurf des LGG genannt werden gegenüber dem bisher gültigen Gesetz wie die<br />
Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten (GBA) bei Höhergruppierungen<br />
und Beförderungen sowie erstmals auch bei der Berufung von Juniorprofessuren. Der Verweis auf<br />
einzelne Regelungen des LGG, aber auch die Berücksichtigung die realen Bedingungen der<br />
Hochschulen (z.B. die Differenzierung zwischen zentralem Gleichstellungskonzept und den<br />
Gleichstellungspläne der Fakultäten und Einrichtungen oder dem Bedarf an personeller Verstärkung<br />
durch die Möglichkeit mehr als eine Stellvertreterin zu wählen) werden zu verbesserten gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen für die Gleichstellungsarbeit an den <strong>Brandenburg</strong>er Hochschulen führen.<br />
Die Novellierung der BbgHG ist mit der Zielstellung verknüpft, die Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern im Hochschulbereich zu erreichen. Die Erfolge werden in der Regel an der<br />
Steigerungsquote des Frauenanteils bei Professuren gemessen. Hierzu eine kleine Ergänzung zu den<br />
von Ihnen genannten Zahlen. Im jüngst vom Kompetenzzentrum für Frauen in Wissenschaft und<br />
Forschung (CEWS) veröffentlichten Hochschulranking unter Gleichstellungsaspekten lag der<br />
Frauenanteil bei den Professuren in <strong>Brandenburg</strong> bei 21,6 Prozent (%). Dies ist im Ländervergleich<br />
der sechste Platz. In 2012 konnte eine weitere Steigerung auf 22,5% (Quelle: MWFK) erzielt werden.<br />
An der Universität Potsdam sind es aktuell 29%.<br />
Durch den vorliegenden Entwurf werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit der<br />
GBA klarer definiert, was wir durchaus begrüßen. Hier gibt es einige positive Signale wie die
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />
Möglichkeit der Wahl von bis zu zwei Stellvertreterinnen der dezentralen GBA pro Fakultät oder auch<br />
die Möglichkeit der Wahl von Studentinnen als dezentrale GBA. Dennoch sind viele Optionen an die<br />
vorhandenen Ressourcen an den einzelnen Hochschulen geknüpft und nicht verbindlich geregelt.<br />
Die nachfolgenden Aussagen sollen dazu beitragen, die derzeitige Regelung zur Zuständigkeit der<br />
Zentralen Gleichstellungsbeauftragten für die Verwaltung der jeweiligen Hochschule noch einmal<br />
kritisch zu hinterfragen. Unsere seit Jahren vorgetragenen Argumentationen haben leider immer<br />
noch keine Berücksichtigung im vorliegenden Entwurf gefunden. Unsere Forderung geht dahin, dass<br />
insbesondere große Hochschulen die Möglichkeit erhalten, auch für die Verwaltungsbereiche der<br />
Hochschulen dezentrale Gleichstellungsbeauftragte zu wählen.<br />
Mit der Verabschiedung des BbgHG 2008 wurde die Zuständigkeit für die Verwaltung der Zentralen<br />
Gleichstellungsbeauftragten zugewiesen mit dem Hinweis, dass sie jetzt zwei Stellvertreterinnen<br />
(ohne verbindliche Freistellungsoptionen) hat. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass das<br />
Aufgabengenbiet der zentralen GBA durch die höhere Berücksichtigung der Genderthemen in der<br />
landes- und bundesweiten Hochschulpolitik sich immens erweitert hat (Professorinnen-Programm<br />
des Bundes, DFG-Gleichstellungsstandards, Forschungsförderung, familiengerechte Hochschule,<br />
Nachwuchsförderung, Entwicklung und Umsetzung der Qualitätsstandards an bbg. Hochschulen,...).<br />
Gleichzeitig ist sie zur Teilnahme an allen Bewerbungsverfahren verpflichtet, in denen sich Frauen<br />
und Männer beworben haben (neu: insbesondere bei Unterrepräsentanz). An der Universität<br />
Potsdam sind dies eine Vielzahl 1 von Verfahren, die als strukturierte Auswahlverfahren im Einzelnen<br />
oft mehr als einen kompletten Arbeitstag in Anspruch nehmen (ohne Berechnung der<br />
Vorbereitungszeit zur Einsichtnahme in die Bewerbungsunterlagen).<br />
Für die Umsetzung der Gleichstellungsziele einer Hochschule gilt es sowohl auf zentraler Ebene als<br />
auch in den dezentralen Bereichen Maßnahmen zu definieren, zu initiieren und umzusetzen<br />
einschließlich des Controllings der Maßnahmen. Für den Bereich der Verwaltung an der Universität<br />
Potsdam sind dies derzeit 240 Beschäftigte, deren Interessen nach der bisherigen Regelung<br />
ausschließlich zentral vertreten werden. Die Ressourcen für einen eigenständigen<br />
zielgruppenspezifischen Gleichstellungsplan sind real nicht vorhanden. Die Beschäftigten der<br />
Verwaltung sehen dies als eine Ungleichbehandlung an.<br />
Die uns bekannten Argumente zu der bisherigen Regelung (keine Möglichkeit, den Ausfall an<br />
Arbeitsleistung zu kompensieren) gelten für alle Gleichstellungsbeauftragten und ihre<br />
Stellvertreterinnen, denn im Gesetzt ist nur die Freistellung der zentralen GBA verbindlich geregelt,<br />
alle weiteren Optionen werden den Hochschulen überlassen (kann in angemessenem Umfang von<br />
den Dienstaufgaben freigestellt werden)<br />
Wenn sie unseren Argumenten folgen, wäre im vorliegenden § 66, Absatz (3) des BbgHG im Satz 1<br />
„und in der Verwaltung" einzufügen und demzufolge im Satz 4 zu streichen.<br />
Auf die nachfolgenden Fragestellungen wird die Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Viadrina<br />
Frankfurt/Oder u.a. in ihrer Stellungnahme Bezug nehmen<br />
Stellung zum Beschwerderecht und zum Kündigungsschutz der Gleichstellungsbeauftragten<br />
im Hochschulrecht.<br />
1 Aktuelle Zahlen werden bei der Anhörung genannt
Anhörung zum Gesetzentwurf der <strong>Land</strong>esregierung „Gesetz zu Änderung des<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen Hochschulgesetztes, Drucksache 5/7724<br />
hL<br />
/<br />
- ,<br />
— Regelungen zur Freistellung für die zentralen sowie dezentralen Gleichstellungsbeauftragten<br />
im Hochschulrecht?<br />
— Herausforderungen bei der Umsetzung einer gendergerechten Sprache in der Verwaltung<br />
sowie in den Gesetzestexten<br />
Abschließend möchte ich schon vorab meine Position zu der letzten Fragestellung formulieren:<br />
Es wird immer wieder unter großem öffentlichem Interesse die Anwendung einer gendergerechten<br />
Sprache an den Hochschulen diskutiert. Die Erweiterung der gesetzlich Regelungen im §7 Absatz(6)<br />
auf die Anwendungsbereiche dienstlicher Schriftverkehr und rechtsverbindliche Dokumente schaffen<br />
mehr Verbindlichkeit. Dennoch ist ein Kulturwandel im Sprachgebrauch an der Hochschule<br />
zielführender, da es keine Sanktionen bei Nichtbeachtung dieser Regelungen gibt. Besser ist aus<br />
meiner Sicht, auf die Vorbildwirkung (z.B. auch bei der Formulierung von <strong>Land</strong>esgesetzten) zu setzen.<br />
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit<br />
Barbara Schrul
EINGEGANGEN<br />
Anlage 9<br />
1 6. OKT. 2013<br />
I I 3<br />
Erledigt<br />
...<br />
ERsr£-<br />
Europa-Universität Viadrina, PF 1786, 15207 Frankfurt (Oder)<br />
An den Ausschuss<br />
für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie<br />
des <strong><strong>Land</strong>tag</strong>s <strong>Brandenburg</strong><br />
Frau Dr. Richter<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Postfach 60 10 64<br />
14410 Potsdam<br />
Sahra Damus<br />
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
der Europa-Universität Viadrina<br />
Große Scharrnstraße 59<br />
15230 Frankfurt (Oder)<br />
Tel.: 0335-5534 4795<br />
Fax: 0335-5534 74795<br />
gleichstellungeeuropa-uni.de<br />
www.europa-uni.de/gleichstellung<br />
Frankfurt (Oder), 16.10.2013<br />
Stellungnahme zur Novellierung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes<br />
Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie,<br />
Ich bedanke mich für die Möglichkeit, an der Anhörung zur Novellierung des<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes teilzunehmen und übermittle Ihnen hierzu vorab meine<br />
schriftliche Stellungnahme.<br />
Der Schritt, die brandenburgischen Hochschulen künftig in den Geltungsbereich des LGG<br />
aufzunehmen, ist uneingeschränkt zu begrüßen. Die bisherige Sonderrolle, die <strong>Brandenburg</strong><br />
diesbezüglich bisher innehatte, verdeutlicht eine Übersicht des Hochschulforschungsinstituts<br />
Halle-Wittenberg zum Geltungsbereich von <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzen für<br />
Hochschulen'. So galt bisher lediglich in <strong>Brandenburg</strong> und Rheinland-Pfalz das jeweilige<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz explizit nicht für die Hochschulen. In allen anderen<br />
Bundesländern gilt es ausdrücklich bzw. gilt in den Fällen, in denen das Hochschulgesetz<br />
nichts bzw. nicht Abweichendes regelt. Der Einbezug der Hochschulen stellt also eine<br />
qualitative Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die hochschulische<br />
Gleichstellungsarbeit dar. Er setzt Standards für eine durchgängige<br />
Gleichstellungsorientierung auch an den Hochschulen, wie an anderen öffentlichen<br />
Einrichtungen und erweitert die bisher weniger weit reichenden Sonderregelungen zur<br />
Gleichstellung aus dem Hochschulgesetz. Damit wird auch unterstrichen, dass<br />
Gleichstellungsregelungen von den zuständigen Fachgremien — insbesondere dem für<br />
Gleichstellung zuständigen Ausschuss, der nun diese Anhörung durchführt — thematisiert<br />
werden sollen und nicht nur im Rahmen hochschulpolitischer Diskussionen.<br />
Im Folgenden möchte ich auf einige Punkte im Besonderen eingehen, welche sich aus dem<br />
mir vorliegenden Fragenkatalog der Fraktionen ergeben und sich auf die Hochschulen<br />
beziehen (Fragen 10.-13.). Zusätzlich möchte ich auf die Stellungnahme von Barbara Schrul,<br />
Sprecherin der <strong>Land</strong>eskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulen, verweisen, die weitere zentrale Punkte thematisiert, die sich hier jedoch nicht<br />
doppeln sollen. Dies betrifft vor allem den Hinweis auf die Notwendigkeit einer dezentralen<br />
Gleichstellungsbeauftragten für die Verwaltung, dem ich mich voll und ganz anschließe.<br />
1<br />
http://vvww.hof.unihalle.de/daten/oleichstell<br />
oesetze/Geltunqsbereich%20der%20Gleichstellunqsoesetze Hochschulen.pdf<br />
EUROFA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKF URT (ODER)
2<br />
Es ist positiv hervorzuheben, dass die Novelle des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes ein<br />
Beschwerderecht der Gleichstellungsbeauftragten vorsieht. Angesichts der noch immer<br />
dringlichen Aufgaben im Gleichstellungsbereich, stellt dies ein wirksames Mittel zur<br />
tatsächlichen Durchsetzung des Gleichstellungsauftrags der Hochschulen dar, insbesondere<br />
was die Instrumente der Gleichstellungskonzepte und -pläne, deren Ausgestaltung und die<br />
Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragte betrifft. Das vorgesehene Beschwerderecht wird<br />
für eine größere Effektivität der gesetzlichen Gleichstellungsmaßnahmen sorgen, wenngleich<br />
dies verbindlicher durch ein Organklagerecht der Gleichstellungsbeauftragten gelöst<br />
werden sollte.<br />
Auch die Freistellungsregelungen der Gleichstellungsbeauftragten werden durch die<br />
Novelle präzisiert. Die alte Formulierung, dass die zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
„mindestens zur Hälfte von ihren Dienstaufgaben" freizustellen ist, war angesichts des hohen<br />
Anteils von Teilzeitbeschäftigten an Hochschulen nicht mehr haltbar. Bei einer Teilzeitstelle<br />
stünden der zentralen Gleichstellungsbeauftragte dann etwa nur 10 Stunden für die<br />
Gleichstellungsarbeit zur Verfügung. Die neue Formulierung, die mindestens ein halbes<br />
Vollzeitäquivalent vorsieht, schafft hier Klarheit und trägt zur weiteren Professionalisierung<br />
der Gleichstellungsarbeit bei. In diesem Zusammenhang ist allerdings die sehr weiche<br />
Regelung zur Freistellung der dezentralen Gleichstellungsbeauftragten zu überdenken, da<br />
es hier bei einer kann-Regelung geblieben ist. Problematisch ist auch, dass die Vertreterin<br />
der zentralen Gleichstellungsbeauftragten nicht einmal angemessen freigestellt werden<br />
kann. Zumindest letzteres sollte ermöglicht werden, um insbesondere den Arbeitsaufwand<br />
an großen Hochschulen angemessen kompensieren zu können. Generell kann auch eine<br />
soll-Regelung für eine Freistellung in angemessenem Umfang in Betracht gezogen werden,<br />
die den Hochschulen genug Spielraum ließe, eine für ihre jeweilige Größe und Struktur<br />
passende Lösung zu finden.<br />
Zur Professionalisierung der Gleichstellungsarbeit und auch zur Absicherung der jeweiligen<br />
Amtsinhaberinnen trägt der analog zu Personalräten vorgesehene Kündigungsschutz bei.<br />
Dieser ist dringend notwendig, damit die Gleichstellungsbeauftragten ihre weisungsfreien<br />
Funktionen wie vorgesehen wahrnehmen können, ohne selbst Nachteile befürchten zu<br />
müssen. Diese aus der Personalvertretung bewährte Regelung ist für die<br />
Gleichstellungsarbeit ebenfalls sinnvoll.<br />
Schließlich sind insbesondere auch die Regelung zur Umsetzung einer<br />
geschlechtergerechten Sprache im dienstlichen Schriftverkehr und in rechtsverbindlichen<br />
Dokumenten ein wichtiger Schritt zu einer gleichstellungsorientierte -) Gestaltung der<br />
Hochschulen. Angesichts dessen, dass die Hochschulen eine Reihe von Textsorten<br />
produzieren, die sich an eine breite Öffentlichkeit (bspw. Studieninteressierte und<br />
Studienbewerberinnen) richten, kommt ihnen die Verantwortung zu, diese<br />
geschlechtergerecht zu formulieren. Gerade Textsorten, die Rechte und Pflichten, Wahl- und<br />
Studienoptionen von Personen definieren — wie etwa Satzungen und Ordnungen,<br />
Ausschreibungen und Richtlinien — müssen diesem Anspruch genügen, um bisher<br />
unterrepräsentierte Gruppen sichtbar zu machen und anzusprechen. Generisch maskulin<br />
formulierte Texte führen nachgewiesenermaßen zu einem geringeren oder späteren bzw.<br />
nachrangigeren gedanklichen Einbezug von Frauen. Dies ist insbesondere dort relevant, wo<br />
Frauen für bestimmte Studienfächer, aber auch Führungspositionen gewonnen werden<br />
sollen. Frauen und Männer sollten sich gleichermaßen repräsentiert und somit angesprochen<br />
EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT (ODER)
Anlage3<br />
3<br />
und ggf. ermutigt fühlen, Studiengänge zu wählen, für Wahlämter zu kandidieren oder sich<br />
für eine wissenschaftliche Karriere zu entscheiden. Generisch maskuline Texte vermitteln<br />
Frauen hingegen häufig unbewusst den Eindruck, von einer männlich geprägten Norm<br />
abzuweichen. Frauen werden auch häufiger als für Ämter oder Stellen in Frage kommende<br />
Kandidatinnen assoziiert, wenn Ausschreibungen und Ansprachen geschlechtergerecht<br />
formuliert sind. Da Sprache nicht nur ein Abbild gesellschaftlicher Realitäten und damit auch<br />
tradierter geschlechtsspezifischer Rollenerwartungen ist, sondern auch zum Abbau<br />
verzerrter oder unvollständiger Einschätzungen führen kann, kommt geschlechtergerechter<br />
Sprache eine wichtige Rolle zu. Sie stellt keineswegs eine „sprachliche Spielerei" ohne<br />
Auswirkung auf gesellschaftliche Verhältnisse dar, sondern sie prägt durch den engen<br />
Zusammenhang von Sprache und Denken auch konkrete Assoziationen und<br />
Entscheidungen und kann daher dazu beitragen, Geschlechterstereotype abzubauen.<br />
Mit freundlichen Grüßen,<br />
Sahra Damus<br />
zentrale Gleichstellungsbeauftragte<br />
der Europa-Universität Viadrina<br />
EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT (ODER)
FernUniversitit in Hagen<br />
80%<br />
Lehrgebiet: Politik und Verwaltung _}<br />
Gleichstellung in Beruf, Politik + Familie<br />
70%<br />
60%<br />
63%<br />
69% 69%<br />
66%<br />
64%<br />
50%<br />
40%<br />
3<br />
20%<br />
im Beruf in der Politik in der Familie<br />
f• Bevölkerung gesamt m Frauen Männer<br />
Dr. Elke Wiechmann
FernUniversität in Hagen<br />
FernUniversität in Hagen • 58084 Hagen<br />
bir\ic.iLuANGEN<br />
I 7. OKi. 2013<br />
An die Vorsitzende<br />
des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und<br />
Familie<br />
Birgit Wällert<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Am Havelblick 8<br />
14473 Potsdam<br />
Erledigt..<br />
R 9 S- 43#D<br />
vi-14. 14,4fies""<br />
Ihr Zeichen:<br />
Ihre Nachricht vom:<br />
FAKULTÄT FÜR<br />
KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />
Institut für Politikwissenschaft:<br />
Lehrgebiet: Politik und Verwaltung<br />
Mein Zeichen:<br />
Meine Nachricht vom:<br />
Auskunft erteilt:<br />
Telefon:<br />
Telefax:<br />
E-Mail:<br />
Hausanschrift:<br />
Dr. Elke Wiechmann<br />
02331 987-2852<br />
02331 987-2983<br />
Elke.VViechmann@FernUni-Hagen.de<br />
Universitätsstraße 33<br />
58084 Hagen<br />
Datum 16. Oktober 2013<br />
Anlage 44i<br />
Stellungnahme<br />
zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie zur<br />
Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulgesetzes, Drucksache 5/7724<br />
am 23. Oktober 2013<br />
Vorbemerkung<br />
Die Grafik gibt eine Einschätzung der Umsetzung von Gleichstellung in Beruf, Politik und<br />
Familie aus Sicht von Frauen und Männern in der Bevölkerung wieder.<br />
80% 1<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
23%<br />
28%<br />
.10%<br />
0%<br />
im Beruf in der Politik in der Familie<br />
Quelle: Infratest dimap 2010<br />
Bevölkerung gesamt IN Frauen •.- Männer<br />
Grundsätzlich stehen Frauen in allen Bereichen der umgesetzten Gleichberechtigung<br />
skeptischer gegenüber als Männer. Am geringsten findet aus Sicht aller Befragten eine<br />
Gleichberechtigung im Beruf statt (Frauen stimmen lediglich mit 19% zu, Männer mit 28%<br />
Telefonzentrale:<br />
Zentraler Telefaxeingang:<br />
Internet:<br />
Buslinie(n):<br />
Haltestelle:<br />
02331 987-01<br />
02331 987-316<br />
www.FernUni-Hagen.de<br />
515, 527, 534<br />
FernUniversität
4)1<br />
FernUniversität in Hagen<br />
FAKULTÄT FÜR<br />
KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />
allerdings ebenfalls auf niedrigem Niveau). Die Einschätzung der Bevölkerung — Frauen<br />
und Männer — sind begründet und durch viele aktuelle Studien belegt, Gerade im Beruf sind<br />
Frauen noch nicht dort angekommen, wo sie ihren Potenzialen (bestausgebildete<br />
Frauengeneration aller Zeiten) entsprechend stehen müssten, legt man die Bestenauslese<br />
als Maßstab an, Gleichstellungspolitik und Gleichstellungsgesetze sind also weiter nötig<br />
und sie brauchen starke Standards.<br />
Deshalb ist zunächst sehr begrüßenswert, dass das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> sein<br />
Gleichstellungsgesetz überprüft und erneuern will, um damit auch einer modernen<br />
Gleichstellungspolitik Rechnung zu tragen. Darüber hinaus trägt der öffentliche Dienst eine<br />
besondere Verantwortung und steht zugleich in einer Vorbildfunktion für alle<br />
gesellschaftlichen Bereiche.<br />
Meine Anmerkungen zum gegenwärtigen Gesetzentwurf konzentrieren sich auf fünf<br />
Punkte:<br />
1. <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte §§ 19a119b<br />
2. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte §§ 22-24<br />
3. <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und Kommunalverfassung<br />
4. Konnexitätsprinzip<br />
5. Zielvorgaben — Kontrollmechanismen und -organe — Sanktionen<br />
Grundsätzlich: In <strong>Brandenburg</strong> stellt das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz vor allem auf die<br />
<strong>Land</strong>esbehörden ab, die kommunale Ebene erhält zu wenig Gewicht.<br />
1. <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte<br />
§ 19a<br />
Begrüßenswert ist, dass die Funktion der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten im<br />
Gesetzentwurf aufgenommen wurde. Für eine starke Stellung dieser Funktion wäre die<br />
Anbindung an die politische Spitze — auch als Signal für ein wichtiges Politikfeld — geboten.<br />
Darüber hinaus wäre wünschenswert, die Funktion nicht als „Teilzeitjob" zu verankern,<br />
sondern ihr gemessen an den anspruchsvollen Aufgaben für eine moderne<br />
Gleichstellungspolitik als Querschnittsaufgabe die entsprechenden (Arbeits-) Strukturen<br />
und Ressourcen zur Verfügung zu stellen.<br />
§ 19b Aufgaben und Rechte der <strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragten<br />
Unter Voraussetzung einer Überarbeitung der o.g. Vorschläge unter § 19a kann die<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsbeauftragte mit ihrer Expertise und ihrem <strong>Land</strong>esüberblick<br />
beispielsweise in eine Evaluation zur Einhaltung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes — die<br />
im Übrigen dem Gesetz noch gänzlich fehlt — mit eingebunden werden. Wichtig ist in jedem<br />
Fall ihre Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit zu verankern.<br />
2. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte §§ 22-24<br />
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Pflicht zur Bestellung einer kommunalen<br />
hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Flächenland <strong>Brandenburg</strong> für 12 Städte<br />
(davon zwei scharf an der Einwohnergrenze) und 14 <strong>Land</strong>kreise gilt. Hauptamtlichkeit ist<br />
dabei nicht definiert, ebenso wenig in welchem Ressourcenrahmen<br />
Gleichstellungsbeauftragte agieren können, was beides für die Umsetzung einer effektiven<br />
und modernen Gleichstellungspolitik hoch problematisch ist.<br />
In den §§ 22-24 sind die Aufgaben, Kompetenzen und Rechte von<br />
Gleichstellungsbeauftragten benannt und werden mit dem § 25 für die kommunale Ebene<br />
Seite 2 von 4
FernUniversität in Hagen<br />
FAKULTÄT FÜR<br />
KULTUR-UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />
gleich wieder ausgeschlossen. Hier stellt sich die Frage, was der Gesetzgeber dann mit<br />
einer Funktion „kommunale Gleichstellungsbeauftragte" bewirken möchte, wenn er hier<br />
keinen konkreten Arbeitsauftrag und gesicherten Handlungsrahmen ermöglicht.<br />
Die Verlagerung der §§ 22-24 in die Hauptsatzungen der Kommunen ist ohne weitere<br />
verbindliche Angaben als „im Sinne der §§ 22-24" hoch problematisch, weil die Kommunen<br />
nach dem gegenwärtigen Gesetzentwurf keinerlei Kontrolle über die Einhaltung des<br />
Gesetzes unterliegen. Ihre Interpretations- und Handlungsfreiheit zur Umsetzung des LGG<br />
ist damit — einem <strong>Land</strong>esgesetz unangemessen — unverantwortlich groß.<br />
Höchst bedenklich ist der Ausschluss der §§ 22-24 für die kommunale Personalpolitik, da<br />
ihr das gleichstellungspolitische Korrektiv fehlt.<br />
3. <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz und Kommunalverfassung<br />
Das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz ist nicht ohne die Kommunalverfassung zu lesen. § 25<br />
(LGG) hebt dies besonders für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten hervor: ,,Die<br />
Regelungen der Kommunalverfassung des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> über die<br />
Gleichberechtigung von Frau und Mann werden durch dieses Gesetz nicht berührt". Dieser<br />
Satz impliziert den Vorrang der Kommunalverfassung vor dem LGG. Damit wird die<br />
Bedeutung des LGGs als nachrangig eingeordnet.<br />
Der im Änderungsentwurf des LGG enthaltene neue Zusatz für die Hauptsatzungen der<br />
Kommunen „In den Hauptsatzungen ist festzulegen, welche Rechte, Aufgaben,<br />
Kompetenzen und dienstliche Stellung die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten im<br />
Sinne der §§ 22 bis 24 haben", ist darüber hinaus ohne weitere Konkretisierungen völlig<br />
unzureichend (s. o., Punkt 2).<br />
Es gutes Beispiel, wie andere Bundesländer verfahren, ist etwa Schleswig-Holstein: Hier<br />
bietet sowohl das LGG (§ 23) wie auch die Gemeindeordnung (§ 2) deutlich mehr Klarheit.<br />
4. Konnexitätsprinzip<br />
Das immer wieder angeführte Argument zur Einhaltung des Konnexitätsprinzips ist in<br />
schwierigen Haushaltssituationen der öffentlichen Hand nachvollziehbar. Dennoch gibt es<br />
zwei wichtige Einwände:<br />
a) Gleichstellungspolitik ist ein Verfassungsauftrag, Artikel 3 (GG), und gilt auch für die<br />
Kommunen.<br />
b) Nicht alle gesetzlichen Vorgaben im Änderungsentwurf sind unmittelbar mit Mehrkosten<br />
verbunden, etwa die §§ 22-24 für die kommunale Ebene — hier geht es schlicht um die<br />
Klarstellung von Kompetenzen und Mitwirkungsrechten der kommunalen<br />
Gleichstellungsbeauftragten.<br />
5 Zielvorgaben — Kontrollmechanismen und -organe — Sanktionen<br />
Für Zielvorgaben sind die Gleichstellungspläne (§ 5) die wichtigste Voraussetzung. Für die<br />
Kommunen enden kritische Einwände zur Umsetzung des Gleichstellungsplans seitens der<br />
Gleichstellungsbeauftragten auf Gemeindeebene (Gemeinderat).<br />
Damit sind der Gemeinderat oder auch die (Ober-) Bürgermeister/innen die letzte<br />
Kontrollinstanz auf kommunaler Ebene — das gilt sowohl für die Gleichstellungspläne als<br />
auch für die Berichtspflicht (§ 26). Das ist völlig unzureichend für die Umsetzung einer<br />
wirkungsvollen Gleichstellungspolitik.<br />
Seite 3 von 4
FernUniversität in Hagen<br />
A n<br />
FAKULTÄT FÜR<br />
KULTUR- UND SOZIALWISSENSCHAFTEN<br />
e44<br />
Mit diesem Vorgehen wird auch die einzige vorgesehene wirksame Sanktionsmöglichkeit<br />
für die Kommunen ausgeschlossen (§ 6 Abs. 5).<br />
Diese Gesetzeslücke sollte unbedingt geschlossen werden:<br />
a) Auch die kommunalen Gleichstellungspläne sollten entweder über die<br />
Kommunalaufsicht oder einer zuständigen unabhängigen Stelle bei der<br />
<strong>Land</strong>esregierung vorgelegt werden, entsprechend den genannten Fristen.<br />
b) Die Ergebnisse aus den kommunalen Gleichstellungsplänen werden in die<br />
Berichtspflicht (§ 26) aufgenommen.<br />
Schlussbemerkung: Für die <strong>Land</strong>esebene sind einige Verbesserungen erkennbar. Für die<br />
kommunale Ebene steht zu befürchten, dass ohne die Änderung der hier kritisch<br />
angeführten Gesetzespassagen das Qualitätsniveau einer modernen Gleichstellungspolitik<br />
auf kommunaler Ebene sinkt.<br />
Seite 4 von 4
DIE BAUINDUSTRIE<br />
BERLIN-BRANDENBURG<br />
Frau Birgit Wöllert<br />
Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Soziales<br />
und Familie<br />
im <strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong><br />
Am Havelblick 8<br />
14473 Potsdam<br />
I<br />
1..i<br />
•,e-_-. 7.<br />
FACHGEMEINSCHAFT<br />
BERLIN UND EIRAND(NBURC; e V.<br />
EINGEGANGEN<br />
2 1. NU. 2013<br />
3--//3
Inklge 41<br />
Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf<br />
<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> Drucksache 617724<br />
Gesetz zur Änderung des <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetzes und des <strong>Brandenburg</strong>ischen<br />
Hochschulgesetzes<br />
Hier: § 14 LGG<br />
1 Dem <strong><strong>Land</strong>tag</strong> liegt der obengenannte Gesetzentwurf vor, mit dem u. a. das<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz (LGG) geändert werden soll. Es ist beabsichtigt, § 14 LGG<br />
dahin gehend zu ändern, dass diese Regelung ab einem Auftragswert von mehr als<br />
50.000 EUR (bislang: 100.000 DM) gilt und das verfolgte Ziel der Gleichstellung<br />
„nachweisbar" verfolgt sein muss.<br />
2, § 14 LGG verpflichtet die Vergabestellen des <strong>Land</strong>es, ab Überschreitung des o. g.<br />
Auftragswertes diejenigen Anbieter zu bevorzugen, die sich der Gleichstellung von<br />
Frauen im Erwerbsleben „nachweislich" angenommen haben.<br />
Auf Grundlage der weitgehend gleichlautenden Vorgängervorschrift erließ die <strong>Land</strong>esregierung<br />
bereits am 25.04.1996 die Frauenförderverordnung. Nach dieser sind<br />
„bevorzugte Bieter solche, die erstens einen höheren Frauenanteil an Beschäftigen<br />
aufweisen und zum zweiten Frauen in höherem Maße in qualifizierten Positionen<br />
beschäftigen. Weiterhin ist dort geregelt, dass im Rahmen von Ausschreibungsverfahren,<br />
bei denen der Angebotspreis das ausschlaggebende Wertungskriterium ist,<br />
Angeboten von den „bevorzugten Bietern" ein Eintrittsrecht anzubieten ist, sofern sie<br />
nicht mehr als 20 % über den Preisen des wirtschaftlichsten oder annehmbarsten<br />
Angebotes liegen. Von diesen Grundsätzen kann die Vergabestelle in begründeten<br />
Ausnahmefällen absehen. Ein begründeter Ausnahmefall liegt dann vor, wenn die<br />
Bevorzugung unbillig wäre, weil die betroffenen Bieter erhebliche Unterschiede in der<br />
Unternehmenskultur aufweisen oder weil in den maßgeblichen Berufszweigen kein<br />
ausreichendes Angebot an weiblichen Arbeitskräften besteht. Hierzu hat das für Frauen<br />
und Gleichstellung zuständige Ministerium / Ressort im Einvernehmen mit dem für<br />
Wirtschaft zuständigen Ressort in regelmäßigen Abständen festgelegt, welche<br />
Berufszweige dies betrifft. Seither wurde für den Großteil der Berufe im Hoch- und<br />
Tiefbau durchgängig eine entsprechende Ausnahme statuiert und die Vergabe von<br />
Bauleistungen damit faktisch von der Bevorzugung ausgenommen.<br />
3. Trotz erheblicher Bemühungen zur Gewinnung von insbesondere auch weiblichen<br />
Nachwuchskräften durch die Unternehmen der Bauwirtschaft und das die Aus- und<br />
Fortbildung in Bauberufen verantwortende Berufsförderungswerk (u. a. im Rahmen der<br />
Teilnahme am „Girls-Day" oder Angeboten in Schulen und auf Messen) können junge<br />
Frauen für die klassischen Bauberufe bedauerlicherweise kaum begeistert werden.<br />
Festzustellen ist, dass die Bauberufe für Mädchen und junge Frauen nur eine geringe<br />
Anziehungskraft haben. Abgesehen von dem mit einem Bauberuf häufig verbundenen
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Rollenbild und -klischee sind die Arbeitszeiten und -bedingungen im Baubereich<br />
naturgemäß häufig auch nicht sehr familienfreundlich (keine stationäre Produktion<br />
sondern wechselnde Tätigkeiten auf auswärtigen Baustellen zu allen Jahreszeiten).<br />
Darüber hinaus sind die Tätigkeiten in aller Regel mit hohen körperlichen Belastungen<br />
verbunden, die sich auch nicht durch Maschinen ersetzen lassen, was Mädchen und<br />
junge Frauen ebenfalls eher abschreckt als motiviert. Bauunternehmen gelingt es daher<br />
im Ergebnis kaum, weibliche Nachwuchskräfte für die klassischen Bauberufe zu<br />
gewinnen. An diesem Zustand hat sich seit Jahrzehnten kaum etwas geändert: 2002<br />
waren nach den Meldungen der SOKA-BAU von 26.511 gewerblich Beschäftigten in<br />
<strong>Brandenburg</strong> 165 weiblich, 2012 waren es 78 von 20.917. Je stärker sich der<br />
Ausbildungsmarkt von einem Angebots- zu einem Nachfragemarkt entwickelt, wie<br />
derzeit zu beobachten, verschärft sich diese Situation zusätzlich. Es ist auch nicht<br />
absehbar, wie junge Frauen zukünftig verstärkt für Bauberufe begeistert werden können.<br />
Eine Benachteiligung von Bauunternehmen, die Frauen beschäftigen oder eine<br />
Benachteiligung von Frauen, die in Bauunternehmen Karriere machen möchten, gibt es<br />
jedenfalls nicht.<br />
4. Die Wirkungsweise und praktische Bedeutung der Bevorzugung von Bietern bzw. deren<br />
Recht zum Eintritt in einen Vertrag nach § 14 LGG in Verbindung mit der Frauenförderverordnung<br />
und den weiteren Vorschriften (d. h. insbesondere Bauvergaben faktisch<br />
auszunehmen), ist nach unserer Kenntnis seit dem Inkrafttreten vor 17 Jahren bislang<br />
nicht evaluiert worden. Bevor Rechtsvorschriften geändert werden und damit Fortgeltung<br />
beanspruchen, sollte unserer Erachtens zunächst einmal die Frage nach der Wirkungsweise<br />
und der Erreichung der gesetzgeberischen Ziele untersucht und diskutiert werden;<br />
zumal dann, wenn es sich um Vorschriften handelt, die die innerbetriebliche<br />
Organisation von Privatuntemehmen berühren.<br />
5. <strong>Brandenburg</strong> verfügt nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit nach dem Bundesland<br />
Sachsen über die höchste Beschäftigungsquote von Frauen (2012: 55,7%). Ihre<br />
Beschäftigungsquote liegt über der der Männer (2012: 54,3%), was sonst nur noch in<br />
Mecklenburg-Vorpommem erreicht ist. Gleichzeitig sind Männer (Arbeitslosenquote<br />
2012: 10,6%) deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen (Arbeitslosenquote<br />
2012: 9,7%).<br />
Vor diesem Hintergrund fragt es sich grundsätzlich, ob die einseitige Fokussierung und<br />
Bevorzugung von Bauunternehmen, die einen höheren Anteil an weiblichen Beschäftigten<br />
bzw. diese in höheren Positionen als ihrer Wettbewerber beschäftigen, im Rahmen<br />
der öffentlichen Auftragsvergabe der richtige Weg zur Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern im Erwerbsleben ist.<br />
6. Gegen die Bevorzugung von Unternehmen, die mehr Frauen und mehr Frauen in<br />
höheren Positionen beschäftigen, bestehen darüber hinaus nicht unerhebliche<br />
(europa-)rechtliche Bedenken:<br />
§ 14 LGG gilt dem Wortlaut nach für Auftragsvergaben sowohl unterhalb als auch<br />
oberhalb der sog. EU-Schwellenwerte (für Bauvergaben > 5 Mio. €). Für Auftrags-
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vergaben oberhalb der Schwellenwerte, bei denen das Europarecht also unmittelbar zu<br />
beachten ist, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-346106<br />
(„Rüffert"), bei dem es um die Prüfung der Zulässigkeit von Tariftreueverlangen des<br />
öffentlichen Auftraggebers ging, entschieden, dass - verkürzt gesagt - Beschränkungen<br />
der Dienstleistungsfreiheit dann nicht gerechtfertigt sind, wenn solche Bedingungen nur<br />
für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe und nicht allgemein gelten. Da der<br />
EuGH eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits dann bejaht, wenn<br />
die Tätigkeit eines Dienstleistenden (z. B. Bauunternehmen aus anderen Ländern)<br />
behindert oder weniger attraktiv gemacht wird, ist die Bevorzugung von Unternehmen,<br />
die mehr Frauen und mehr Frauen in höheren Positionen beschäftigen, ein solcher<br />
Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit. Eine Rechtfertigung dieses Eingriffs aus<br />
„zwingenden Gründen des Allgemeininteresses" käme nur dann in Betracht, wenn die<br />
Regelung für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt und nicht nur für öffentliche Auftragsvergaben.<br />
Da das LGG nur für Betriebe gilt, die sich um öffentliche Aufträge bewerben<br />
und andere Wirtschaftsteilnehmer davon nicht betroffen sind, verstößt diese Regelung<br />
gegen europäisches Recht (Entsende-Richtlinie).<br />
Vor dem Hintergrund, dass die <strong>Land</strong>esregierung zur praktischen Bedeutung der<br />
Anwendung des Gesetzes keine Aussagen treffen kann, ist anzunehmen, dass es (auch<br />
außerhalb der Bauvergaben) bislang nicht beachtet und umgesetzt wurde. Da die (vor<br />
allem kommunalen) Vergabestellen nach unserer Beobachtung bereits die geltenden<br />
Vorschriften des <strong>Brandenburg</strong>ischen Vergabegesetzes nicht in dem erforderlichen Maße<br />
umsetzen, obwohl wegen der damit einhergehenden zusätzlichen Aufgaben umfängliche<br />
Kostenerstattungsregeln implementiert wurden, muss davon ausgegangen werden, dass<br />
auch im Bereich der Frauenförderung eine ordnungsgemäße Überprüfung der<br />
Anwendung des Gesetzes nicht stattfinden kann. Damit steht ein Verstoß gegen einen<br />
weiteren vergaberechtlichen Grundsatz im Raum: Der öffentliche Auftraggeber darf<br />
keine Anforderungen stellen, deren Einhaltung durch den Bieter er entweder nicht<br />
nachprüfen will oder nicht nachprüfen kann. (Solche Kriterien verletzen die Transparenz<br />
und die Objektivität des Vergabeverfahrens, vgl. EuGH v. 04.12.2003, C-448101, Rz 51<br />
„Wienstrom").<br />
7. § 14 Abs. 1 LGG, ist aus unserer Sicht bei Bauauftragsvergaben realistisch nicht<br />
umsetzbar. Es wird daher angeregt nicht nur untergesetzlich, sondern bereits im<br />
<strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz direkt zu regeln, dass die Bevorzugung im Falle von<br />
Bauauftragsvergaben keine Anwendung findet.<br />
§ 14 Abs. 1 LGG könnte somit wie folgt lauten: „(1) Beim Abschluss von Verträgen über<br />
Leistungen, ausgenommen Bauleistungen, mit einem geschätzten Auftragswert von<br />
über 50.000,00 EUR soll bei gleichwertigen Angeboten bevorzugt werden, wer sich der<br />
Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat."<br />
Bauindustrieverband<br />
Fachgemeinschaft Bau<br />
Berlin-<strong>Brandenburg</strong> e.V. Berlin und <strong>Brandenburg</strong> e. V.<br />
14.10.2013