PDF , 7.6 MB - Landtag Brandenburg - Land Brandenburg
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<strong><strong>Land</strong>tag</strong> <strong>Brandenburg</strong> P-AASFF 5/44-2 S. 15<br />
Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie 23.10.2013<br />
44. (öffentliche Sitzung) Stenogr. Dienst/ri-wz<br />
Auftrag schon ein relativ großer Auftrag ist. Bei Bauaufträgen ist ein 50 000-Euro-<br />
Auftrag demgegenüber ein sehr kleiner Auftrag. Also kommt man in das <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
mit seinen bürokratischen Hindernissen und Anforderungen bei<br />
Bauaufträgen schon sehr schnell hinein, was, wie ich glaube, nicht unbedingt beabsichtigt<br />
ist. Wenn Sie sich die europäischen Schwellenwerte ansehen, stellen Sie<br />
fest, dass man im europarechtlichen Bereich bei Dienstleistungen und Lieferungen<br />
ab 200 000 Euro und bei Bauaufträgen ab 5 Millionen Euro hineinkommt. So groß ist<br />
üblicherweise im Vergaberecht die Spreizung. Dies wird in der Frauenförderverordnung<br />
im <strong>Land</strong>esgleichstellungsgesetz nicht beachtet.<br />
Der obere Schwellenwert der Anwendbarkeit dieser Regelung liegt ausweislich der<br />
Frauenförderverordnung bei den europarechtlichen Schwellenwerten, die ich gerade<br />
genannt habe, also bei 200 000 Euro und bei 5 Millionen Euro. Das liegt daran, dass<br />
diese Regelung, die ich gleich vorstellen werde, europarechtlich höchst problematisch<br />
ist und die <strong>Land</strong>esregierung deshalb darauf verzichtet hat, sie in den Anwendungsbereich<br />
der europarechtlichen Regelungen auszudehnen. Das hat aber nun<br />
einmal zur Folge, dass wir Frauenförderung im Vergaberecht bei Großaufträgen derzeit<br />
nicht haben. Frauenförderung findet im Vergaberecht nur bei kleinen Aufträgen<br />
statt, also unter 5 Millionen Euro bei Bauaufträgen und unter 200 000 Euro bei Leistungen.<br />
Ich schaue in die überraschten Gesichter und kann mir nicht vorstellen, dass<br />
das im Sinne des Erfinders ist. Ich komme gleich auf das Problem zu sprechen, warum<br />
man diese oberen Schwellenwerte eingeführt hat.<br />
Die Regelung, um die es im Kern geht und die das Problem in rechtlicher Hinsicht<br />
darstellt, ist das Eintrittsrecht, das die Frauenförderverordnung vorsieht. Kurz gefasst<br />
besagt die Regelung, dass jemand, der bis zu 20 % teurer als der Bestbietende ist,<br />
das Recht hat, in das Angebot des Bestbietenden einzutreten - also zu dessen Preis<br />
anzubieten -, wenn er mehr Frauen beschäftigt und mehr Frauen in Führungspositionen<br />
beschäftigt.<br />
Vergaberecht ist immer Vergabetaktik. Jeder, der sich um Vergaben bewirbt, versucht<br />
natürlich, seinen Vorteil aus vergaberechtlichen Regelungen zu ziehen. Das<br />
bedeutet in der Praxis im Prinzip für denjenigen, der mehr Frauen beschäftigt und<br />
mehr Frauen in Führungspositionen beschäftigt, eine zweite Chance. Er kann vergabetaktisch<br />
erst einmal ein bisschen teurer anbieten, dann gucken, wie der Preis am<br />
Ende ist, und sich dann entscheiden, ob er zu diesem Preis anbieten will und in diesen<br />
Preis eintritt oder nicht. Faktisch führt das zu teureren Angeboten. Vielleicht hätte<br />
dieser, der etwas zu teuer angeboten hat, wenn er diese Regelung nicht für sich nutzen<br />
könnte, von vornherein günstiger angeboten und dem öffentlichen Auftraggeber<br />
ein besseres Angebot unterbreitet, wozu er aufgrund dieser Regelung keine Veranlassung<br />
hat. Die Vergabe wird letztlich durch diese Regelung etwas teurer.<br />
Das Problem in der Praxis ist aus meiner Sicht die Akzeptanz. Wenn Sie in die Stellungnahme<br />
- ich habe sie eben gerade überflogen - des Bauindustrieverbandes oder<br />
der Fachgemeinschaft Bau schauen, werden Sie das bestätigt finden. In der Praxis<br />
wird diese Regelung im Prinzip nicht gelebt. Sie ist ein Kuriosum. Ich gebe häufiger<br />
Seminare für Vergabestellen von Kommunen. Da kann man immer wieder für überraschte<br />
Gesichter sorgen. Selbst Leute, die sich seit Jahren mit Vergaberecht be-