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Reviews<br />
Alternative<br />
| CD<br />
Snakadaktal<br />
„Sleep In The Water“<br />
VÖ 21.02.<br />
Vertrieb RTD<br />
90 bpm<br />
Der Weg von Australien<br />
zu uns herüber ist trotz digitaler Zukunft<br />
offenbar doch noch ziemlich weit. Anders ist<br />
es nämlich kaum zu erklären, dass „Sleep In<br />
The Water“ und mit ihm diese bezaubernde<br />
Newcomerband aus Melbourne erst ein halbes<br />
Jahr nach heimatlicher Veröffentlichung<br />
bei uns aufschlagen. Dort hat man die fünfköpfige<br />
Indie- bzw. Dreampop-Entdeckung<br />
bereits zu einem der Acts des Jahres 2013<br />
werden lassen, dank eines Umwegs über<br />
die britischen Inseln könnte es 2014 hier so<br />
weit sein. Denn die Mischung aus verträumten<br />
Synthieflächen, perlenden Gitarren und<br />
männlichem wie weiblichem Gesang evoziert<br />
nicht nur wavige 80er- und 90er-Jahre-<br />
Ikonen, sondern vor allem Vergleiche mit<br />
The XX, deren Fans sich auch bei den etwas<br />
poppigeren australischen Kollegen wiederfinden<br />
dürften. Schön! <br />
cb<br />
William<br />
Fitzsimmons<br />
„Lions“<br />
VÖ 14.02.<br />
Vertrieb Rough Trade<br />
90 bpm<br />
William Fitzsimmons’<br />
Alben kommen mit einer überschaubaren<br />
Anzahl von Instrumenten aus. Auch „Lions“<br />
ist eher sparsam instrumentiert – ohne verrückte<br />
Gitarrenriffs. So erzeugt der amerikanische<br />
Singer-Songwriter, der früher als<br />
Psychotherapeut arbeitete, eine geradezu<br />
andächtige Wirkung. Im Fahrwasser des melancholischen<br />
Neo-Folk erzählt er mit seiner<br />
sanften Stimme nachdenklich-persönliche<br />
Geschichten. „Josie’s Song“ hat er seiner<br />
Adoptivtochter und deren biologischer Mutter<br />
gewidmet. Besonders genau sollte man<br />
dem Titelstück „Lions“ lauschen, welches<br />
darauf verweist, dass in jedem von uns zugleich<br />
ein Heiliger und ein Sünder stecken.<br />
Diese Erkenntnis verpackt der 35-Jährige<br />
nicht in komplizierte Sätze, er begreift seine<br />
Lieder als etwas, das für jeden ganz unmittelbar<br />
zugänglich sein sollte. <br />
dl<br />
HELMUT<br />
„Polymono“<br />
VÖ 14.02.<br />
Vertrieb RTD<br />
90 bpm<br />
Würde hinter HELMUT<br />
wirklich ein Helmut stehen, wir würden wahrscheinlich<br />
mit schrägen und neu interpretierten<br />
Schlagerperlen rechnen, höchstens aber<br />
noch mit akustisch-verträumten Songwriter-<br />
Vignetten auf Deutsch. Weil aber hinter dem<br />
bewusst in Großbuchstaben geschriebenen<br />
Namen ein Adrian (Schull) steckt, noch dazu<br />
einer, der seine Beats, Loops und Kompositionen<br />
bereits an unterschiedlichsten Livestellen<br />
(u. a. vor Au Revoir Simone, Beirut) zu<br />
Gehör gebracht hat, wird aus dem abschreckenden<br />
Namen schnell Schall, Rauch und vor<br />
allem alles einnehmender Klang. „Polymono“<br />
klingt ganz so, wie wir es von Schlafzimmer-<br />
Dreampop-Tüftlern der Marke Maps kennen:<br />
schrullig, verträumt, majestätisch, bescheiden.<br />
Und zaubert uns zehn Tracks lang ein<br />
seliges Grinsen ins atmosphärisch umwölkte<br />
Gesicht. <br />
cb<br />
Der Englische<br />
Garten<br />
„Die aufgeräumte Stadt“<br />
VÖ bereits erschienen<br />
Vertrieb Broken Silence<br />
Bohren &<br />
der Club of Gore<br />
„Piano Nights”<br />
VÖ bereits erschienen<br />
Vertrieb Pias<br />
Ja, Panik<br />
„Libertatia“<br />
VÖ bereits erschienen<br />
Vertrieb RTD<br />
90 bpm 90 bpm<br />
100 bpm<br />
Unwissende Berliner<br />
Ihre Songs heißen<br />
Blöd aber auch. Dass<br />
erleiden in München regelmäßig einen Kulturschock:<br />
Die schillernde Isarmetropole ist<br />
so ungewohnt aufgeräumt und fast schon<br />
klinisch sauber. Für störenden Wildwuchs ist<br />
hier kein Platz. Wild wirkt auch Der Englische<br />
Garten nicht, auf den ersten Blick zumindest.<br />
Doch im Schutze üppig arrangierter, von Bläsern<br />
getragener Gitarrenpopsongs britischer<br />
Prägung, die den Geist von The Jam, Specials<br />
und Dexys Midnight Runners atmen, wuchert<br />
sarkastisch-subversive Zersetzungslyrik. Wie<br />
etwa, wenn man im Titeltrack die allgegenwärtige<br />
Schickimicki-Moral seiner Stadt aufs Korn<br />
nimmt oder mit „Kakerlaken“ allen schrägen<br />
Profilneurotikern seinen aufrichtigen Hohn<br />
ausspricht. Das ist Punk mit Pop-Mitteln.<br />
Und ganz wie in München trifft hier die Sinne<br />
verwöhnender Glamour auf harten Asphalt.<br />
„Fahr zur Hölle”, „Segeln ohne Wind”, „Unrasiert”<br />
oder „Verloren (alles)”, dauern durchschnittlich<br />
um die sechs Minuten, kommen<br />
ohne Gesang aus und beschwören – so das<br />
kultige Quartett aus Mülheim an der Ruhr –<br />
„die Fortschreibung der erhabenen Langsamkeit“.<br />
Was den Nagel auf den Kopf trifft:<br />
„Piano Nights“, das siebte Bohren-Album in<br />
20 Jahren, ist das ungenierte Ausloten von<br />
Zeit, Raum und Ton. Mit einem sphärischen,<br />
oft auch düsteren und mystischen Sound aus<br />
Keyboards, Klavier, Saxofon, Vibrafon, Bass,<br />
Drums sowie Chören, der an einen Zwitter aus<br />
Pink Floyd und gepflegtem Lounge-Jazz erinnert.<br />
Zudem nimmt er sich alle Zeit der Welt,<br />
ist die Ruhe in Person und driftet allenfalls mal<br />
ins Sinfonisch-Orchestrale ab. Fazit: Bei dieser<br />
„Dark Side Of The Ruhr“ passiert alles und<br />
die derzeit vielleicht beste deutschsprachige<br />
Indie- bzw. längst schon Popband gar<br />
nicht wirklich deutsch, sondern ursprünglich<br />
österreichisch ist. Wahlberliner hin oder<br />
her. Blöd auch, dass man bereits für „DMD<br />
KIU LIDT“ sämtliche musikjournalistischen<br />
Superlative zu hören bekam. Denn wo soll<br />
man da jetzt noch für dieses nach einer möglicherweise<br />
fiktiven Piratenkolonie benannte<br />
Manifest anknüpfen? „Libertatia“ führt<br />
den Weg der zum Trio geschrumpften Österreicher<br />
konsequent in Richtung schmeichelnder<br />
Indie- und vor allem Discopop fort,<br />
kombiniert die englisch-deutsch-poetische<br />
Sprachverwirrung und -schöpfung mit Tiefe,<br />
Herz und Melodie. Blumfeld auf Pop<br />
vielleicht, Schamoni in ernst, auf jeden Fall<br />
aber ein erstes gewichtiges Ausrufezeichen<br />
Charming! <br />
mw nichts – aber mit Stil. <br />
ma 2014. cb<br />
Das Entertainment Magazin von<br />
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