CD des Monats Marteria Den Himmel gekauft Endlich angekommen. Marterias Selbstfindungsphase ist mit einem vergoldeten Album und einer Platin-veredelten EP vorläufig abgeschlossen, der Mann darf sich getrost zum deutschen Pop-Establishment zählen. Ausruhen will er sich auf diesem Status aber nicht, lieber legt der HipHop-Visionär ein weiteres wegweisendes Album vor, das die Grenzen des Genres neu definiert. Die Vita des Berliners ist hinlänglich bekannt, zudem nachzuhören auf „Endboss“, dem Opener seines Erfolgsalbums „Zum Glück in die Zukunft“. Weitaus interessanter die Frage, was sich für den Ex-U17- Nationalspieler, das Ex-Model, den Ex- 90 bpm Schauspielschüler in den vergangenen dreieinhalb Jahren verändert hat. Marten, seit 2006 veröffentlichst du Platten, abwechselnd als Marteria und dein Alter Ego Marsimoto. Mit „Zum Glück in die Zukunft“ gelang dir 2010 der kommerzielle Durchbruch, wie hat sich das angefühlt? Ich war einfach nur froh, Musik machen zu dürfen. Und ich hab mich gefreut, dass das mit Marsimoto letztes Jahr so viel Spaß gemacht hat. Ich werde in Interviews oft gefragt, wie ich an „Zum Glück in die Zukunft 2“ rangegangen bin, weil doch die zweite Platte immer so eine schwere Aufgabe sei. Das haben aber weder ich noch mein Produzententeam Die Krauts so empfunden. Wir hatten einfach voll Bock, Mucke zu machen. Die Platte klingt so, wie sie klingt, weil sie total schnell, innerhalb eines halben Jahres entstanden ist. Bei der letzten musste ich mich selbst und meinen Weg erst finden. Seit damals habe ich so viel gelernt, dass ich nun zum ersten Mal nicht mehr in der Schülerrolle bin. Bei „Zum Glück in die Zukunft“ gab es viele strategische Überlegungen, so hast du zum Beispiel ganz bewusst auf Schimpfwörter verzichtet, dir die Textinhalte sorgsam überlegt, die Soundästhetik war euch enorm wichtig. Gab es diese Metaebene diesmal nicht? Nein, weil wir heute ein ganz anderes Standing haben. Damals hatten wir ja keine wirklich große Fanbase. Ich hab’s mir neulich mal ausrechnen lassen: Pro Show kamen bei uns »Ich war einfach nur froh, Musik machen zu dürfen. Und ich hab mich gefreut, dass das mit Marsimoto letztes Jahr so viel Spaß gemacht hat.« im Schnitt 73 Gäste (lacht). Es gab keinen großen Hype, zumindest keinen, den wir gespürt hätten. Deshalb war diese Platte so enorm wichtig. Wir wollten sie so geil machen, damit wir eine Chance haben, zu bestehen. HipHop war damals in einer ganz anderen Situation als heute, wurde nicht im Radio gespielt, war kein Mainstream. Es ging nur um Messerstecher und Scheiße. HipHop wurde mit etwas Negativem assoziiert. Daher haben wir versucht, mit dieser Platte diese Nische ein bisschen geil zu machen. Und das mussten wir bei „ZGidZ 2“ nicht mehr. Ich konnte – mit all den Erfolgen und einer soliden Fanbase im Rücken – meine gesammelten Erfahrungen ausspielen. Deswegen ist die neue Platte viel freier – und auch besser. Der zweite Teil von „Zurück in die Zukunft“ ist ja auch besser als der erste (lacht). Ist der Albumtitel alleine der Analogie zur Filmreihe geschuldet? Es war von Anfang an klar, dass es zwei Teile geben wird. Aber keinen dritten, denn der dritte Film war scheiße (lacht). Ich hatte auf dem ersten Album einfach noch nicht alles gesagt. Und so hat jeder Song auf der neuen Platte einen Parallelsong zu einem auf der ersten. Am deutlichsten wird das natürlich bei „Gleich kommt Louis“. Der Titel hätte eigentlich auf die erste Platte gemusst. Damals hab ich nur nicht die richtigen Worte gefunden. Inwieweit haben deine Reisen der vergangenen Jahre das Themenspektrum auf „ZGidZ 2“ beeinflusst? Ich habe viele Songs auf Reisen geschrieben, doch die Inhalte sind allgemeingültig. Ich hab mir angeschaut, wie die Leute denken, was ihnen wichtig ist und welche Parallelen es gibt, z. B. zwischen den Kids hier und denen in Uganda oder Nepal. Und da gibt es ganz viele Parallelen, die Menschen haben die gleichen Bedürfnisse. Darum geht es auf dem Album. Davon abgesehen: Hast du dich selbst dabei verändert? 08
CD des Monats Das Entertainment Magazin von 09