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neurologisch - Österreichische Gesellschaft für Neurologie

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GESELLSCHAFTS-<br />

NACHRICHTEN<br />

SCHWERPUNKT<br />

NEUROLOGIE IN<br />

ÖSTERREICH<br />

KONGRESS-<br />

HIGHLIGHTS<br />

FÜR DIE PRAXIS<br />

Impulskontrollstörungen und<br />

andere repetitive Verhaltensstörungen<br />

beim M. Parkinson<br />

Eine Reihe neuropsychiatrischer Komplikationen der Parkinson-Erkrankung wie Demenz, Halluzinose oder<br />

Depression sind seit Langem bekannt. Die letzten Jahre haben aber zunehmend Erkenntnisse zu selteneren,<br />

jedoch klinisch wesentlichen Störungen von Verhalten und Kognition erbracht, die als Komplikation der<br />

dopaminergen Therapie bei einem Teil der PatientInnen auftreten. Am häufigsten unter diesen impulsasso -<br />

ziierten, repetitiven Verhaltensstörungen sind die Impulskontrollstörungen, die schon bei der Ersteinstellung<br />

auftreten können. Eher später im Krankheitsverlauf und meist unter höheren Medikamentendosen können<br />

sich die spezifische repetitive Verhaltensstörung „Punding“ sowie das dopaminerge Dysregulationssyndrom<br />

entwickeln. Alle drei Formen können isoliert oder in jeder Kombination auftreten (Abb. 1).<br />

Dopaminerges<br />

Dysregulationssyndrom (DDS)<br />

Aufgrund des progredienten neurodegenerativen<br />

Prozesses beim M. Parkinson und der<br />

daraus resultierenden motorischen Behinderung<br />

steigen im Lauf der Erkrankung die<br />

Dosen dopaminerger Medikamente, die zur<br />

adäquaten Behandlung der Motorik erfor -<br />

derlich sind. Beim Großteil der PatientInnen<br />

entstehen motorische Komplikationen, die<br />

komplexe Einnahmeschemata erforderlich<br />

machen können. Eine Minderheit prädisponierter<br />

PatientInnen steigert jedoch die Dosis<br />

weiter, über das zur Behandlung der Motorik<br />

erforderliche Maß hinaus. Daraus können typische<br />

kognitive und Verhaltensänderungen<br />

entstehen, die das dopaminerge Dysregulationssyndrom<br />

(DDS) ausmachen.<br />

Klinische Charakteristika<br />

DDS kann sich langsam aus verschriebener<br />

Bedarfsmedikation heraus entwickeln. Prädisponierte<br />

PatientInnen mit gutem Ansprechen<br />

auf dopaminerge Substanzen nehmen bereits<br />

einen Bedarf nach der nächsten Einnahme<br />

wahr, wenn sie sich in einem On-Zustand mit<br />

guter Beweglichkeit und oft auch mit Dyskinesien<br />

befinden. Das Aufsuchen mehrerer<br />

VerschreiberInnen und Internetbezug kommen<br />

vor, ebenso Horten und Verstecken von<br />

Medikamentenvorräten.<br />

Die typischen Verhaltensänderungen beim<br />

voll entwickelten DDS sind Beschaffungs- und<br />

Verleugnungsstrategien, Impulsivität, Reizbarkeit,<br />

manipulatives Verhalten und Aggressivität.<br />

Hypomanie kann vorkommen. Es besteht<br />

mangelnde Einsicht im Hinblick auf den<br />

Schaden, der für die PatientInnen selbst und<br />

für andere entsteht. Versuche einer Dosisreduktion<br />

führen meist zu Dysphorie oder Aggression;<br />

negative soziale Konsequenzen sind<br />

häufig 1–3 .<br />

Prävalenz<br />

Derzeit sind keine epidemiologischen Daten<br />

verfügbar. Spezialisierte Zentren berichteten<br />

über ein Auftreten eines DDS bei 3,48 bis<br />

4,1% 9 der Parkinson-PatientInnen.<br />

Prädisponierende<br />

und assoziierte Faktoren<br />

Alter und Persönlichkeit: Das DDS betrifft<br />

vorwiegend PatientInnen mit frühem Erkrankungsbeginn<br />

und nimmt mit zunehmender<br />

Krankheitsdauer zu 2, 6 . Hohe Werte bei Tests<br />

auf „impulsives Sensation-Seeking“ zeigen<br />

Persönlichkeitsmerkmale an, die mit einem<br />

erhöhten Risiko für Dysregulation (und Impulskontrollstörungen<br />

im Allgemeinen) einhergehen.<br />

Dementsprechend haben DDS-PatientInnen<br />

mit höherer Wahrscheinlichkeit als<br />

andere Parkinson-PatientInnen in der Vorgeschichte<br />

Erfahrungen mit oder Abhängigkeit<br />

von illegalen Drogen oder Alkohol 6 . Auch Depression<br />

ist mit höherem DDS-Risiko verbunden;<br />

es bestehen Hinweise auf einen Zusammenhang<br />

mit künstlerischem oder kreativem<br />

beruflichem Hintergrund 19 .<br />

Medikamente: DDS ist mit hohen dopaminergen<br />

und L-Dopa-Äquivalenzdosen assoziiert,<br />

nicht aber mit einer bestimmten Medikamentenklasse<br />

wie etwa Dopaminagonisten.<br />

Dies steht im Gegensatz zu isolierten<br />

Impulskontrollstörungen, bei denen ein enger<br />

Zusammenhang mit Agonisten besteht 2, 3, 5 .<br />

Impulskontrollstörungen<br />

Priv. Doz. Dr.<br />

Regina Katzenschlager<br />

Neurologische Abteilung,<br />

SMZ Ost/Donauspital Wien<br />

Diese sind laut DSM-IV durch das Unvermögen<br />

definiert, einem Impuls zu widerstehen,<br />

der für einen selbst oder für andere schädlich<br />

ist 4 . Bei Parkinson-PatientInnen finden sich<br />

am häufigsten pathologisches Glücksspiel,<br />

Hypersexualität (einschließlich forensisch relevanter<br />

Handlungen) und impulsives Kaufen<br />

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