neurologisch - Ãsterreichische Gesellschaft für Neurologie
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NEUROLOGIE AKTUELL<br />
Epilepsie<br />
Zusammengestellt im Namen des Beirats „Epilepsie“:<br />
Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner<br />
2. Neurologische Abteilung, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien<br />
Neue Definition der medikamentösen<br />
Therapieresistenz bei Epilepsie<br />
Tab.: Outcome-Dimensionen<br />
Die Internationale Liga gegen Epilepsie hat<br />
kürzlich eine neue Definition für medikamentös<br />
therapieresistente Epilepsien vorgestellt 1 .<br />
Diese Definition soll in der täglichen klinischen<br />
Praxis anwendbar sein und so dem/der<br />
primär versorgenden Arzt/Ärztin (AllgemeinmedizinerIn,<br />
NeurologIn, EpileptologIn) ein<br />
Werkzeug in die Hand geben, um PatientInnen<br />
mit medikamentös therapieresistenten<br />
Epilepsien rasch zu erkennen und eine rasche<br />
Zuweisung an ein entsprechend spezialisiertes<br />
Zentrum zu ermöglichen.<br />
Anfallskontrolle Auftreten von Nebenwirkungen Outcome-Kategorie<br />
1. Anfallsfrei A. Nein 1A<br />
B. Ja 1B<br />
C. Unbestimmt 1C<br />
2. Therapieversagen A. Nein 2A<br />
B. Ja 2B<br />
C. Unbestimmt 2C<br />
3. Unbestimmt A. Nein 3A<br />
B. Ja 3B<br />
C. Unbestimmt 3C<br />
Die Definition umfasst<br />
2 „hierarchische“ Ebenen („Level“):<br />
In Ebene 1 (Level 1) wird das Ergebnis (Outcome)<br />
einer therapeutischen Intervention<br />
klassifiziert. Dabei werden einerseits die<br />
Anfallskontrolle (Kategorie 1: anfallsfrei; Kategorie<br />
2: nicht anfallsfrei bzw. Therapie -<br />
versagen; Kategorie 3: unbestimmt) sowie<br />
anderseits die Nebenwirkungen (A: keine<br />
Neben wirkungen; B: Nebenwirkungen; C:<br />
unbestimmt) beurteilt.<br />
Das Wesentliche der neuen Definition ist<br />
dabei, dass das Ergebnis (Outcome) einer therapeutischen<br />
Intervention nur dann in eine<br />
der genannten Kategorien klassifiziert werden<br />
kann, wenn diese Intervention passend<br />
(„appropriate“) und adäquat („adequate“)<br />
war. Eine Intervention ist dann passend („appropriate“),<br />
wenn für die vorliegenden Anfallstypen<br />
bzw. für das vorliegende Epilepsiesyndrom<br />
ein passendes Medikament gewählt<br />
wurde, d. h. die Wirksamkeit wurde bereits<br />
gezeigt, am besten in einer randomisierten<br />
kontrollierten Studie. Eine Intervention ist<br />
dann adäquat („adequate“), wenn die Therapie<br />
in einer ausreichenden Dosierung für<br />
eine ausreichend lange Zeit erfolgte.<br />
Das Ergebnis (Outcome) einer Intervention<br />
wird als unbestimmt definiert, wenn sie nicht<br />
adäquat war, d. h. die Therapie wurde auf<br />
Grund von Nebenwirkungen bei unzureichender<br />
Dosierung abgebrochen (z. B. auf Grund<br />
einer allergischen Reaktion) oder der/die PatientIn<br />
wurde im Follow-up verloren.<br />
Die Dauer der Anfallsfreiheit wird festgesetzt<br />
als entweder 12 Monate oder 3-mal das<br />
längs te anfallsfreie Intervall vor der Intervention,<br />
was immer länger ist. Wenn ein(e) PatientIn<br />
weniger als 12 Monate, aber länger<br />
als 3-mal das längste anfallsfreie Intervall vor<br />
der Intervention anfallsfrei geblieben ist, wird<br />
sein/ihr Outcome als „unbestimmt“ klassifiziert,<br />
erleidet er/sie einen erneuten Anfall innerhalb<br />
von 12 Monaten, wird er/sie als<br />
„nicht anfallsfrei“ bzw. „Therapieversagen“<br />
klassifiziert.<br />
Nebenwirkungen werden entsprechend der<br />
World Health Organization 2 (1972) definiert<br />
als „any response to an intervention which<br />
is noxious and unintended, and which occurs<br />
when the intervention is applied with modalities<br />
normally used in humans for the<br />
treatment of epilepsy“, also jegliche Reaktion<br />
auf eine Intervention, die schädlich und unbeabsichtigt<br />
ist und die bei einer Intervention<br />
unter Modalitäten auftritt, die normalerweise<br />
für die Behandlung von Epilepsien angewendet<br />
werden.<br />
In Ebene 2 (Level 2) erfolgt dann die Definition<br />
der therapieresistenten Epilepsie.<br />
„Drug resistant epilepsy may be defined as<br />
failure of adequate trials of two tolerated<br />
and appropriately chosen and used AED schedules<br />
(whether as monotherapies or in combination)<br />
to achieve sustained seizure freedom“,<br />
d. h. eine therapieresistente Epilepsie<br />
wird definiert als das Versagen von adäquaten<br />
Versuchen mit 2 tolerierten und passend<br />
gewählten und verwendeten Antiepileptika-<br />
Therapieplänen (entweder als Monotherapie<br />
oder als Kombinationstherapie), um anhaltende<br />
Anfallsfreiheit zu erreichen.<br />
In anderen Worten entspricht eine Therapieresistenz<br />
einem Ergebnis (Outcome) der Kategorie<br />
2 für mindestens 2 Therapiepläne,<br />
wobei für die derzeitige Therapie kein Ergebnis<br />
(Outcome) der Kategorie 1 gegeben sein<br />
darf. Dabei ist zu beachten, dass die Epilepsie<br />
eines/einer Patienten/-in als dynamischer und<br />
nicht als statischer Prozess anzusehen ist und<br />
die Einstufung als therapieresistent nur für<br />
einen gegebenen Zeitpunkt gültig ist und<br />
nicht bedeutet, dass der/die PatientIn niemals<br />
anfallsfrei werden kann. Zudem ist es möglich,<br />
dass ein(e) PatientIn zu einem gegebenen<br />
Zeitpunkt weder die Definition von Anfallsfreiheit<br />
noch von Therapieversagen erfüllt,<br />
das Ansprechen auf die Therapie wird<br />
dann vorübergehend als „unbestimmt“ klassifiziert.<br />
1 Kwan P, Arzimanoglou A, Berg AT, Brodie MJ, Allen<br />
Hauser W, Mathern G, MosheSL, Perucca E, Wiebe S,<br />
French J, Definition of drug resistant epilepsy: Consensus<br />
proposal by the ad hoc Task Force of the ILAE<br />
Commission on Therapeutic Strategies. Epilepsia 2010;<br />
51:1069–77<br />
2 World Health Organization.International Drug Monitoring:<br />
the Role of National Centres. Techn Rep Series WHO,<br />
Geneva, 1972, p. 498<br />
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