Armut grenzt aus ... - Der PARITÄTISCHE Hessen
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Thema<br />
MobileTafel bringt dasEssenins H<strong>aus</strong><br />
Einbesonderes Angebot für bedürftige ältere Menschen in Erkner<br />
Fast 900Tafeln sorgeninDeutschland füreinebesondereFormder Umverteilung: Sie sammeln<br />
überschüssige, aber verzehrfähige Lebensmittel, die sonst meist vernichtet würden,<br />
einund gebensie an Bedürftige weiter.Eine Vor<strong>aus</strong>setzungdafür:Die Menschen müssendie<br />
Waren selbst abholen. Was aber ist mit älteren, körperlich eingeschränkten Personen, die<br />
diesnicht mehr können?Für siehat die Gesellschaft fürArbeits-und Sozialrecht e.V. (Gefas)<br />
im brandenburgischenErknerein eigenesAngebot geschaffen: eine „MobileTafel“.<br />
Rainer Koglin vor einer<br />
seiner Stationen: Er liefert<br />
als Mitarbeiter der Mobilen<br />
TafelNahrungsmittel an<br />
bedürftige ältere Menschen,<br />
die sich diese nicht selbst<br />
beim Sozialen Zentrum<br />
Erkner abholenkönnen.<br />
Foto:Bernd Schüler<br />
Sanft ziehen, fest drücken, es hilft<br />
allesnichts. Eben noch hatRainer<br />
Koglin den Kofferraum beladen<br />
–und jetztlässt sich dieHeckklappe des<br />
blauen Kombis nicht mehr öffnen. Man<br />
hört es zwar klacken, aber nichts bewegt<br />
sich.Zur Notmusseralsoauf denRücksitz<br />
klettern,umdie Plastikkörbe her<strong>aus</strong>zuholen.<br />
„Die Leute sollen doch ihr<br />
Essen bekommen“, sagt der 59-Jährige<br />
und setzt sich hinters Lenkrad.<br />
Jeden Dienstag Mittag fährt Rainer<br />
Koglin seineTour, dieihn durchsanierte<br />
Plattenb<strong>aus</strong>iedlungen führt. Vier Kundinnen<br />
und einen Kunden hat erheute<br />
auf der Liste, und wenn der Ehrenamtliche<br />
anderthalb Stunden später zum Sozialen<br />
ZentrumErknerzurückkehrt,mit<br />
leeren Plastiksteigen,hat die„Mobile Tafel“<br />
wieder einmal ihrenDienstgetan:Sie<br />
hat ältere Menschen versorgt, die den<br />
weiten Weghin<strong>aus</strong> zum Sozialen Zentrum<br />
nicht allein schaffen würden. Dort,<br />
hinter demBahnhof desidyllischgelegenenStädtchensunweitvon<br />
Berlin,hat die<br />
Gefas e.V. vor sieben Jahren eine Tafel<br />
aufgebaut. Ein Angebot, das von allen<br />
Seiten schnellangenommenwurde:vom<br />
regionalen Handel,der seitherWaren zur<br />
Verfügung stellt, ebenso wie von Menschen,<br />
die sich hier nach Vorlage ihres<br />
Hartz-IV- oder Renten-Bescheids ergänzend<br />
Lebensmittel besorgenkönnen.<br />
Bis zu1.500 Tafel-Nutzer monatlich<br />
„Es will in unserer Stadt zwar niemand<br />
über <strong>Armut</strong> sprechen“, sagt Sonja Krämer,<br />
dieRegionalleiterin derGefas,„aber<br />
natürlich gibt eshier viele Bedürftige.<br />
1.200 bis 1.500 Menschen nutzen jeden<br />
Monat unsere Tafel.“ Tagtäglich haben<br />
ihre Mitarbeiterinnen undMitarbeiter zu<br />
vielen von ihnen Kontakt, sei esbei der<br />
Sozialberatung, inder Kleider- oder Möbelkammer<br />
und insbesondere bei der<br />
Seniorenarbeitdes Trägers. So kamSonja<br />
Krämer auch zu Ohren, dass so mancher<br />
ältere Mensch in Erkner das Tafel-<br />
Angebot gerne nutzen würde, dies aber<br />
aufgrund körperlicherEinschränkungen<br />
nichtkann.Deshalb beantragte siebeim<br />
Jobcenterein Projekt: Vier Kräfte,die dafür<br />
neben ihrem Arbeitslosengeld-II-Regelsatz<br />
eine Mehraufwandsentschädigung<br />
(MAE) erhalten, wurden bewilligt,<br />
einTransporter standbereit. Im Sommer<br />
2010 hatdie „MobileTafel“ihren Betrieb<br />
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