Armut grenzt aus ... - Der PARITÄTISCHE Hessen
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Thema<br />
sprechpartner und-partnerinnen.Das ist<br />
besonders in sozialenBrennpunktenein<br />
wichtigesAngebot.<br />
„Ichhabe<br />
noch eine<br />
Chance“<br />
EinLernortfürs Leben<br />
Wo sehenSie fürdie ZukunftHer<strong>aus</strong>forderungen?<br />
Angesichts der schlechten Finanzsituation<br />
der Kommunen ist es eine wichtige<br />
Aufgabe, den Bestand unserer Jugendfarmen<br />
und Aktivspielplätze zu<br />
sichern. Die Angebote unterliegen ja<br />
demKinder- undJugendhilferecht. Die<br />
Kommunen betrachten die Finanzierung<br />
aber meist als freiwillige Leistung.<br />
Das hat zur Folge, dass manche<br />
gar nichts zahlen. Dabei sind die Angebote<br />
ein wichtiger Bestandteil der sozialen<br />
Infrastruktur und könnten so<br />
günstig von den Kommunen gar nicht<br />
gemacht werden. Eine wichtige Forderung<br />
unseres Verbandes ist daher, dass<br />
die Kommunen sich auf der Grundlage<br />
des Sozialgesetzbuches VIII an der<br />
Finanzierung beteiligen, denn dieses<br />
verlangt eine angemessene Förderung<br />
junger Menschen durch Angebote der<br />
Jugendarbeit, die sich an deren Bedürfnissen<br />
und Interessen orientieren.<br />
Wiewirkt sich die steigendeZahlvon Ganztagsschulen<br />
für ihreEinrichtungen <strong>aus</strong>?<br />
Hier ist es wichtig, Kooperationen mit<br />
Schulen<strong>aus</strong>zubauenoderneueBündnisse<br />
zu knüpfenund gemeinsamKonzepte<br />
zu entwickeln, die es ermöglichen, dass<br />
Schulkinder die Erfahrungs- und Erlebnisräume<br />
der Jugendfarmen und Aktivspielplätze<br />
auch künftig nutzen können.<br />
Nicht nur im Rahmen von Schulprojekten,<br />
sondernauchoffeneNachmittagsangebote.Wenndafür<br />
keineZeitmehrbliebe,<br />
wäre das eine fataleEntwicklung.<br />
Das <strong>Armut</strong>srisiko ist besonders groß für<br />
Menschen, die keinen Schul- und Berufsabschluss<br />
haben. Sie finden häufig keine oder<br />
nur schlecht bezahlte Arbeit. InDortmund<br />
hat die Werkhof Projekt gGmbH speziell<br />
für diese Zielgruppe ein vielfältiges Förderspektrum<br />
entwickelt. Doch eines der Projekte,<br />
die Produktionsschule, muss Ende<br />
März schließen.<br />
Kleine Stiche beim Nähen können auch große Schritte inder persönlichen Entwicklung<br />
sein. Die Werkhof Projekt gGmbH leistet einen wichtigen Beitrag, umjunge Menschen vor<br />
dauerhafter Arbeitslosigkeitzubewahren.<br />
Foto: Ulrike Bauer<br />
Milena setzt sauber einen Stich<br />
neben den anderen. Aus weißem<br />
und rosafarbenem Stoff<br />
näht sieeineUmhängetasche.Das Material<br />
zuschneiden, die Stücke umgekehrt<br />
zusammenlegen, die Innentasche festheften<br />
und alles zusammennähen. Das<br />
klappt allesschon ganz prima. Wenn die<br />
Tasche fertig ist,wirdsie sich an einKinderkleid<br />
wagen. Eine ziemliche Her<strong>aus</strong>forderung<br />
für eine Näh-Anfängerin.<br />
Doch die 17-Jährige ist überzeugt: „Das<br />
kriege ichschon hin.“Nicht so guthinbekommen<br />
hatsie dieSache mitder Schule.<br />
Mit 14 hat Milena die Hauptschule<br />
verlassen –ohne Abschluss. Danach hat<br />
siemehrere Schulersatzmaßnahmen besucht.<br />
„Aber die haben mir eigentlich<br />
auch nichts gebracht“, sagt sie. Jetzt<br />
kommt Milena regelmäßig indie Produktionsschule<br />
der Dortmunder Werkhof<br />
Projekt gGmbH. Unter betriebsähnlichen<br />
Bedingungenarbeitenund lernen<br />
dort junge Frauen und Männer unter 25<br />
Jahren mitdem Ziel,den Wegins Berufsleben<br />
zufinden. Zwei Bereiche stehen<br />
zurAuswahl:die Textilwerkstattund der<br />
ökologische Gemüseanbau. Für viele<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der<br />
vom Jobcenter geförderten Maßnahme<br />
ist es nach langer Zeitdas ersteMal,dass<br />
sie morgens zeitig aufstehen und einer<br />
geregelten Tätigkeit nachgehen. Sich an<br />
festeStrukturenzugewöhnen, ist fürsie<br />
gar nicht so leicht. Ihr Leben ist häufig<br />
von massiven Problemen geprägt: Manche<br />
sind psychisch beeinträchtigt oder<br />
familiärer Gewalt <strong>aus</strong>gesetzt, andere<br />
haben eine Suchterkrankung oder sind<br />
bereits verschuldet. Eine positive Perspektivesehen<br />
nurdie wenigsten fürsich.<br />
„Unser Ansatz ist es,den jungen Leuten<br />
Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, diesie<br />
motivieren,aktiv daranzuarbeiten, dass<br />
sie eine bessere Zukunft haben“, beschreibt<br />
Agnes Hugo den <strong>aus</strong> der<br />
Reformpädagogik stammenden Ansatz<br />
der Produktionsschule. Die 30-jährige<br />
Diplom-Pädagogin weiß: „Viele der jungenLeute,die<br />
unsere Produktionsschule<br />
besuchen,stammen <strong>aus</strong>Familien,deren<br />
18 www.der-paritaetische.de 2 | 2012