Nr. 87, Januar/Februar/März - Hundwil
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AUS DER GEMEINDE<br />
Einbürgerung der anderen Ausländer zu einer Gebühr von maximal 300 Franken.<br />
Zwei weitere Übelstände wurden vom Kalendermann erwähnt:<br />
Eine bedenkliche Erscheinung bildet ferner der starke Geburtenrückgang zu<br />
Stadt und Land. Man fängt an, sich zu fürchten vor Kindern und besonders vor<br />
viel Kindern. Dagegen sollte von allen wohlmeinenden Kreisen angekämpft<br />
werden. Geburtenrückgang ist eine Volkskrankheit. …<br />
Bös ist auch ein ungesundes Spekulationsfieber, das in den letzten zwei Jahren<br />
einen Bankkrach um den andern gezeitigt und böse in den Volksersparnissen<br />
mancher Kantone gewütet hat. Sind doch im Tessin allein durch den<br />
Krach der drei Hauptbanken an 40 Millionen tessinisches Volksvermögen verloren<br />
gegangen…<br />
Aus dem Ausland gab es wenig Positives zu berichten:<br />
…Wie gerne möchte er den Lesern jedesmal nur Gutes, nur Freundliches berichten,<br />
nur solches was die Herzen erfreut und die Sorgen verscheucht. Aber<br />
es ist seit einigen Jahren wie verhext; es brodelt auf unserer Erdkugel wie in<br />
einem Hexenkessel, und man kommt aus der Unruhe und der Verwirrung nicht<br />
mehr heraus. Die sichere Ruhe scheint von den Völkern gewichen zu sein, weil<br />
sie von einer Überraschung in die andere gejagt werden. Da ist es schon gut,<br />
wenn man sucht die Ruhe und den Frieden, wo sie immer noch am schönsten<br />
und dauerhaftesten zu finden sind, bei sich und in seiner Familie.<br />
An Konflikten wurden der zweite Balkankrieg erwähnt, der mit der Niederlage<br />
Bulgariens geendet hatte. Der Friedensschluss stärkte zunächst Serbien, was<br />
Österreich gar nicht passte, es musste aber mit Rücksicht auf Deutschland<br />
ruhig bleiben. Durch eine überaus ungeschickte Diplomatie hatte Österreich<br />
seinen ehemaligen Bündnispartner Rumänien auf die Seite Russlands getrieben,<br />
was England und Frankreich mehr als recht war, denn jede Schwächung<br />
der Mittelmächte war für sie von strategischem Vorteil.<br />
Eine besondere Rolle spielte das Fürstentum Albanien, von Grossmächten als<br />
„Mine“ gegen Serbien geschaffen, mit einem preussischen Adligen als Fürsten.<br />
… Zuerst freilich erschien die Geschichte als der reinste honigsüsse Appenzellerfladen…<br />
Doch schon bald brach ein Aufruhr los und das Land hatte<br />
unter einem erbitterten Bürgerkrieg zu leiden, in dem auch noch Italien und<br />
Österreich gegeneinander intrigierten.<br />
Der Fluch unehrlicher Politik, so liesse sich das Kapitel Albanien für Österreich<br />
überschreiben. Es wurde bereits gesagt, dass die Beziehungen zwischen Serbien<br />
und Österreich sich seit dem Balkankrieg ungemütlicher als je gestalteten.<br />
… Auf Betreiben Österreichs wurde Serbien das Streben nach einem Hafen<br />
an der Adria verwehrt, was dort den Volkskorn zum Kochen brachte. Das<br />
brachte der Idee, alle Serben, auch jene, die in österreichischen Gebieten lebten,<br />
in einem Gross-Serbien zu vereinen, grosse Zustimmung und war auf<br />
dem Weg zum 1. Weltkrieg nicht ohne Bedeutung.<br />
H. Menet<br />
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