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Constanze Kurz / Harald Wolf 20<br />
4. Arbeit und berufliche Orientierungen von BiowissenschaftlerInnen<br />
heute: Auf dem Weg zum Post-Akademiker?<br />
Im nun folgenden empirischen Hauptteil befassen wir uns ausführlich mit den Tätigkeiten von<br />
BiowissenschaftlerInnen und ihrem Arbeits- und Berufsverständnis. Die Darstellung bezieht<br />
sich auf die in Abschnitt 2 explizierten Analysedimensionen. Sie kreist vor allem um die<br />
Frage, wie die BiowissenschaftlerInnen vom soeben beschriebenen institutionellen Umbau<br />
tangiert werden, wie sie mit den Ökonomisierungsbestrebungen umgehen und insbesondere,<br />
wie ihre Handlungsorientierungen in Bezug auf den Transfer und die Kommerzialisierung<br />
ihrer Forschungsergebnisse aussehen. Befinden sie sich tatsächlich auf dem Weg zum „postakademischen<br />
Wissenschaftler“?<br />
Wichtig ist hier zunächst die aktuelle berufliche Position der BiowissenschaftlerInnen. Sie<br />
begründet einen je spezifischen Status in der sozialen Hierarchie des Feldes, der sich <strong>als</strong><br />
wichtige Bestimmungsgröße sowohl im Hinblick auf die Ausdifferenzierung der beruflichen<br />
Wahrnehmungsweisen und Aspirationsniveaus <strong>als</strong> auch im Hinblick auf die Transferaktivitäten<br />
und Transferorientierungen erweist. Es zeigt sich deutlich, dass die Realisierung<br />
individueller Anspruchs- und beruflicher Karrierekonzepte von der Verteilung und<br />
Verfügbarkeit kulturellen, sozialen, symbolischen und ökonomischen Kapit<strong>als</strong> abhängig ist,<br />
die zugleich mit unterschiedlich ausgeprägten Möglichkeitsräumen und Gelegenheitsstrukturen<br />
zum Wissenstransfer korrespondieren. Solche Differenzierungen bringt bereits<br />
eine grobe Unterscheidung in „Arrivierte“ (4.1) und „Aspiranten“ (4.2) zum Ausdruck, die<br />
wir der Darstellung zugrunde legen.<br />
4.1 Die Arrivierten: „Auf dem Gipfel der Wissenschaft gibt es sehr viel<br />
weniger Muße, <strong>als</strong> man annehmen sollte“ 25<br />
4.1.1 Gesicherte Position in der Konkurrenz des wissenschaftlichen Feldes:<br />
„Als Professor hat man doch das Höchste erreicht“<br />
Die 19 Biowissenschaftler (von den 33 befragten, davon 16 Männer und 3 Frauen), die zur<br />
Gruppe der Arrivierten zu zählen sind, zeichnen sich durch ein verbeamtetes Beschäftigungsverhältnis<br />
in der Besoldungsgruppe C3 oder C4 (darunter ein W3 Professor) aus.<br />
Die Professorinnen des Samples sind unverheiratet und haben keine Kinder. Die Professoren<br />
sind verheiratet oder leben in Partnerschaften mit in der Regel mindestens einem Kind. Sie<br />
beklagen, dass sie kaum Zeit für ihre Kinder haben bzw. hatten. Sie heben <strong>als</strong> eine wichtige<br />
Voraussetzung ihrer beruflichen Karriere hervor, dass ihre Partnerinnen ihre Arbeitssituation<br />
„tolerieren“. 26<br />
Die Position eines Hochschullehrers hat ein Teil der Befragten bereits seit mehr <strong>als</strong> 15 Jahren,<br />
der andere Teil seit etwa fünf Jahren inne. Ernsthafte berufliche Veränderungsambitionen<br />
legen auch die Jüngeren nicht an den Tag. Einen Wechsel in ein Unternehmen würden zwei<br />
Befragte nicht gänzlich ausschließen wollen, Aktivitäten in diese Richtung haben sie bislang<br />
nicht angestrengt. In diesen durchgängig fehlenden Aufstiegs- und Veränderungsaspirationen<br />
spiegelt sich die feste Überzeugung der Arrivierten wider, dass man mit dem professoralen<br />
Status „das Höchste erreicht hat.“<br />
25 Merton 1985: 151.<br />
26<br />
In zwei Fällen ist die Partnerin habilitiert (ohne Kinder), die anderen arbeiten in qualifizierten, in der Regel<br />
aber nicht akademischen Berufen.