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Constanze Kurz / Harald Wolf 34<br />

nend für das breite Mittelfeld der BiowissenschaftlerInnen gelten darf. 29 Diese Gruppe der<br />

zwischen Ende 20 und 40 Jahren alten promovierten Nachwuchskräfte – der „Postdocs“ im<br />

Jargon des Feldes – , die sich <strong>als</strong> Anwärter auf universitäre Dauerstellungen auf dem mühsamen<br />

Pfad eines akademischen Aufstiegs befinden, eint in der Tat eines: die bereits gemachte<br />

Erfahrung und vor allem die sichere Erwartung einer großen Unsicherheit ihrer beruflichen<br />

Perspektive. Ohne feste Anstellung, nur mit einem befristeten Vertrag – sei es <strong>als</strong> wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter auf einer Qualifizierungsstelle oder in einem Drittmittelprojekt, <strong>als</strong><br />

Hochschulassistent oder <strong>als</strong> Juniorprofessorin – müssen sie alle Energien darauf verwenden,<br />

mit den feldspezifisch erlaubten Mitteln – wissenschaftlichen, finanziellen, „politischen“ – die<br />

Voraussetzungen für ihre nächste „Entfristung“ zu schaffen, sei es in der Form einer<br />

nochm<strong>als</strong> befristeten Projekt- oder Gruppenleiterstelle, sei es in der Form der angestrebten<br />

Dauerstellung <strong>als</strong> ProfessorIn.<br />

Alle 14 befragten Aspiranten (8 Männer, 6 Frauen) leben in Partnerschaften, eine ganze Reihe<br />

von ihnen ist verheiratet und/oder hat Kinder. Die prekäre Berufssituation prägt auch der<br />

Familie bzw. der Situation in der Partnerschaft ihren Stempel auf. Man ist auf eine mit den<br />

Partnern eng abgestimmte Berufsplanung angewiesen, Kinderwünsche werden zum Teil<br />

bewusst zurückgestellt, um die beruflich <strong>als</strong> notwendig erachtete Mobilität nicht<br />

einzuschränken. Besonders für die Biowissenschaftlerinnen, die schon ein Kind haben, wird<br />

die gesamte Lebens- und Arbeitskonstellation zur Belastung: „Manchmal ist es eine reine<br />

Katastrophe“. Wenn sie Glück haben, wechselt der Partner, um die Kinderbetreuung sicher zu<br />

stellen, auf eine Halbtagsstelle und hält ihnen für ihre beruflichen Ambitionen den Rücken<br />

frei: „Wir wollen, dass ich Hochschullehrerin werde.“. Im Vordergrund steht für fast alle der hohe<br />

Einsatz für die wissenschaftliche Karriere. Nur wenige – und zwar Frauen mit dem ersten<br />

kleinen Kind – stellen diese klare Prioritätensetzung in Frage: „Vorher war der Beruf alles, und<br />

jetzt kommt erstmal die Familie.“<br />

Das Einschlagen der akademischen Laufbahn haben die Aspiranten im Laufe ihres Studiums<br />

oder auch erst während der Promotion meist gründlich gegen Alternativoptionen – in der<br />

Regel die, <strong>als</strong> Biowissenschaftler in die Industrieforschung zu gehen – abgewogen und dann<br />

bewusst und entschieden präferiert. Die akademische Forschung erscheint fast allen im<br />

Prinzip <strong>als</strong> „Traumjob“, für den auch gewisse Nachteile – die im Vergleich zur Alternative<br />

Industrieforschung nicht gerade üppige Bezahlung und vor allem die hohe Ungewissheit über<br />

den weiteren Karriereverlauf – in Kauf genommen werden:<br />

„Die wirtschaftliche Unsicherheit: finde ich schon, dass das ein Tribut ist, den ich da zolle für die<br />

spannende Tätigkeit, <strong>als</strong>o wenn das nicht mit so viel Leidenschaft auch verbunden wäre und auch<br />

Freude mit den jungen Leuten und so, … dann würde ich das sicher nicht machen …“<br />

Die Laufbahn orientiert sich in aller Regel an dem üblichen, von den potenziellen „Arbeitgebern“<br />

im biowissenschaftlichen Feld erwarteten Laufbahnmuster: Es schließt nach der Promotion<br />

insbesondere eine längere Postdoc-Phase im Ausland ein, bevorzugt in den USA, dem<br />

Mekka der Biowissenschaften. Hier finden wichtige Prägungen statt, werden wichtige wissenschaftliche<br />

und – sehr vereinzelt – auch schon erste industrielle Kontakte geknüpft. Man<br />

kommt in mehr oder weniger enge Berührung mit der internationalisierten Welt der arrivierten<br />

BiowissenschaftlerInnen. Mehrfach wählen die Befragten den vor diesem Hintergrund et-<br />

29<br />

„Die großen Institute medizinischer oder naturwissenschaftlicher Art sind ‚staatskapitalistische’ Unternehmungen.<br />

Sie können nicht verwaltet werden ohne Betriebsmittel größten Umfangs. Und es tritt da der gleiche<br />

Umstand ein wie überall, wo der kapitalistische Betrieb einsetzt: die ‚Trennung des Arbeiters von den<br />

Produktionsmitteln’. Der Arbeiter, der Assistent <strong>als</strong>o, ist angewiesen auf die Arbeitsmittel, die vom Staat zur<br />

Verfügung gestellt werden; er ist infolgedessen vom Institutsdirektor ebenso abhängig wie ein Angestellter in<br />

einer Fabrik: - denn der Institutsdirektor stellt sich ganz gutgläubig vor, dass dies Institut ‚sein’ Institut sei, und<br />

schaltet darin -, und er steht häufig ähnlich prekär wie jede ‚proletaroide’ Existenz und wie der assistant der<br />

amerikanischen Universität.“ (Weber 1919: 584)

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