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Constanze Kurz / Harald Wolf 38<br />

nach der Vorstellung, welche Projekte müssen dann gemacht werden, mit welchen Methoden, mit<br />

welcher Spezialisierung. Dann sammeln sich die Gruppen, die das machen können, und schon allein<br />

dadurch entsteht ein großes Team von mehreren Labors.“<br />

Ohne solche virtuellen „großen Teams“ funktioniert biowissenschaftliche Forschung nicht.<br />

Immer gibt es bestimmte Testreihen oder chemische Analysen, die sich nicht oder nur mit<br />

großem Mehraufwand mit dem Equipment vor Ort durchführen lassen; immer bedarf es der<br />

Substanzen oder Organismen – zentrale Informationsträger der biowissenschaftlichen Forschung<br />

–, die nur im Austausch leihweise wechselseitig zur Verfügung gestellt werden. Wichtig<br />

sind deshalb entsprechende (Hochschul-)Standortvorteile, durch die das regionale Umfeld<br />

mit einem möglichst passenden Spezialisierungsprofil der eigenen und der Nachbardisziplinen<br />

die Forschungsprozesse beschleunigen und durch die vielbeschworene „kritische<br />

Masse“ den Informations- und Anregungsaustausch befördern helfen. Andererseits dürfen –<br />

aus der Karrieresicht der Aspiranten – solche Kooperationen nur wohl dosiert und stets nur<br />

mit großer Vorsicht eingegangen werden: Weil „ich in der ersten Phase … meiner universitären<br />

Karriere darauf schauen muss, dass ich mich selbst befördere und nicht irgendwelche anderen Leute<br />

befördere.“<br />

Als zentrale ForschungsarbeiterInnen im Labor bilden die Aspiranten das Rückgrat der<br />

„Nachtwissenschaft“ (siehe Abschnitt 3.1). Am Experimentiertisch, der „Bench“, sind sie es,<br />

die am unmittelbarsten den Unwägbarkeiten und der Unkontrollierbarkeit des „Stofflichen“<br />

ausgesetzt sind. Sie berichten fasziniert und sarkastisch zugleich davon, wie dicht der Nebel<br />

des Nicht-Wissens hier oft ist:<br />

„Die Bakterien wollen nicht so, wie ich will, die Substanzen wollen nicht so, wie ich will, das Wetter<br />

spielt mir manchmal einen Strich durch die Rechnung und alles Mögliche. Die sind so widerborstig die<br />

Systeme, mit denen wir umzugehen haben… Wir machen exakte Naturwissenschaft…“<br />

„Wir drehen da an Schaltern herum, von denen wir keine Ahnung haben, und ich sehe das tagtäglich<br />

im Labor. Ich arbeite mit Einzellern, und gelinde gesagt machen die, was sie wollen. Und sie machen<br />

selten das, was wir wollen.“<br />

Diese besondere Sperrigkeit der lebendigen Experimentierobjekte erfordert eine Haltung der<br />

Experimentatoren, die Präzision, „Frustrationstoleranz“, Geduld und doch gegebenenfalls Entschlossenheit,<br />

eingeschlagene Wege denn doch auch einmal abzubrechen, vereint.<br />

„Man muss genau sein. Man muss hartnäckig sein, trotzdem flexibel, nicht alles geht so einfach. Man<br />

muss Sachen beenden können und trotzdem lange genug an verschiedenen Sachen probieren. Also<br />

nicht sofort beenden, die Biologie ist von vornherein variabel. Da muss man schon eine gute<br />

Mischung finden zwischen Flexibilität und Hartnäckigkeit.“<br />

Das Experimentieren selbst ist oft eine individuelle Tätigkeit, der unmittelbare Experimentieraufbau,<br />

die Testreihen etc. bleiben in dem Bereich biowissenschaftlicher Laborforschung, in<br />

dem wir uns bewegten, für den Einzelnen in der Regel überschaubar. Dadurch aber, dass die<br />

Modellorganismen genmanipuliert werden müssen, damit sie die für das Experiment gewünschten<br />

Eigenschaften besitzen und chemische Analysen oder Messreihen mit speziellen<br />

Geräten durchzuführen sind, ergeben sich unmittelbare Kooperationsbezüge zu anderen in der<br />

Gruppe und vor allem zu entsprechenden Spezialisten in anderen Bereichen. Die<br />

Gruppenleiter wachsen dabei bereits stärker aus dem Experimentieralltag heraus und übernehmen<br />

stärker andere Funktionen. Ihnen unterstehen Gruppen von drei bis zehn Personen,<br />

zusammengesetzt aus Doktoranden, Diplomanden und technischem Personal. Ab einer bestimmten<br />

Gruppengröße ziehen sich die Leiter von der Arbeit an der „Bench“ zurück:<br />

„Seit gut einem Jahr mache ich selber keine Experimente mehr. Ich helfe noch mal bei Experimenten,<br />

aber ich stehe praktisch jetzt nicht mehr an der Laborbank, weil dafür einfach der Betreuungsaufwand<br />

für die ganzen Mitarbeiter so groß geworden ist, dass dafür keine Zeit mehr bleibt… Im Wesentlichen

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