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Constanze Kurz / Harald Wolf 36<br />
kommt und international schon mehrere Stationen hinter sich hat, werden solche Hemmnisse<br />
artikuliert:<br />
„Die Bürokratie an dieser Universität ist enorm, und ich würde sagen zu 80% sinnlos. … Da sind<br />
irgendwelche Apparate gebaut, die sollten mehr Gerechtigkeit, mehr Durchsichtigkeit, vielleicht<br />
weniger Verschwendung bringen. Tatsache ist, was im Endeffekt passiert: Die Uni bezahlt mich, nicht<br />
um Forschung zu machen, sondern 70% meiner Zeit mit Papierkram zu verbringen.“<br />
Ähnlich kritisch sieht man bisweilen die <strong>als</strong> umständlich und lästig empfundene Projektabwicklung<br />
mit Förderinstitutionen wie DFG und vor allem BMBF, wo sich der Verwaltungsaufwand<br />
immer mehr erhöht habe („BMBF ist ganz schlimm, die wollen jetzt alle halbe Jahre<br />
eine Abrechnung machen“). Zum ohnehin hohen Druck, die nötige Finanzierung sicherzustellen,<br />
kommen in den Augen der Befragten hier manch unnötige Formalitäten, die von der<br />
„eigentlichen Arbeit“ abhalten:<br />
„Wenn ich weniger Anträge schreiben müsste und damit einfach mehr Luft hätte, mich noch stärker<br />
um die Forschung zu kümmern, das würde die Produktivität sicherlich noch eine ganze Ecke<br />
erhöhen.“<br />
(2) Die Lehre<br />
Insbesondere bei stärker ins Gewicht fallenden Lehrverpflichtungen, <strong>als</strong>o bei Assistentenstellen<br />
oder Juniorprofessuren, spielen die erwähnten zum Teil großen Arbeitsbelastungen<br />
eine Rolle. Vor dem Hintergrund des Forschungsimperativs empfindet diese Teilgruppe –<br />
zumindest phasenweise – die Tätigkeit <strong>als</strong> übermäßig lehrelastig. Für die Vorlesungszeit<br />
schätzt sie den Lehranteil der Arbeitszeit auf bis zu zwei Drittel. Vorlesungen mit teilweise<br />
mehreren Hundert Hörern und große Praktika, die man betreuen muss, sind keine Seltenheit.<br />
Dabei gibt es durchaus auch ein hohes Engagement für die Lehre, die einigen Befragten „total<br />
viel Spaß macht“, wobei aber der „Grundkursemassenbetrieb“, der mit dem Übergang zu den<br />
neuen BA-Studiengängen an Bedeutung zugenommen hat, in jedem Fall <strong>als</strong> belastend<br />
empfunden wird.<br />
Entscheidend ist: Das Lehrengagement „rächt“ sich letztlich – weshalb man nachgerade ein<br />
schlechtes Gewissen offenbart, wenn man nach dem Stellenwert der Lehrtätigkeit gefragt<br />
wird: „Also das ist eine offene Wunde, in der Sie da bei mir rumbohren. Also ich weiß, dass ich viel<br />
mehr Forschung hätte machen müssen für die Ansprüche, die gestellt sind, und hab’ sehr viel Lehre<br />
gemacht.“ Der Mittelbau der Postdocs, so wird deutlich, sichert zwar ein Gutteil der universitären<br />
Ausbildung, doch tut er dies im Grunde gegen die eigenen Karriereinteressen. Denn<br />
deren Realisierung hängen eigentlich nur ab von einem „produktiven“ drittmittelfinanzierten<br />
Forschungsbetrieb mit hohem Publikationsoutput, für den die Lehre nur Sand im Getriebe<br />
darstellt und kein weiter verwertbares „Kapital“ abwirft.<br />
(3) Die Forschung<br />
Akquisition<br />
Während die Rolle der „normalen“ Postdocs in der Regel auf kleinere Zuarbeiten im<br />
Akquisitionsgeschäft beschränkt bleibt, müssen die Arbeitsgruppenleiter unter den Aspiranten<br />
selbst für die Finanzierung der Gruppe sorgen. Und experimentelle biowissenschaftliche Forschung,<br />
auch „kleineren Zuschnitts“, lässt sich immer nur kollektiv und eben mit „Betriebsmitteln<br />
größeren Umfangs“ (Weber) organisieren.<br />
„Forschung ist nur möglich, wo Geld ist, weil meine Forschung nicht bei mir am Schreibtisch läuft,<br />
sondern ich brauche die vielen Hände der Doktoranden im Labor. Da sind zwei Hände nicht genug,<br />
und für die brauche ich Geld.“