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Constanze Kurz / Harald Wolf 24<br />
Festzuhalten ist, dass Leistungsanreize, die keine sind, schwerlich <strong>als</strong> Transformationsriemen<br />
einer Neunormierung geeignet erscheinen (vgl. Etzkowitz 1989: 26 f.). Gerade weil sie keine<br />
echte Wettbewerbssituation schaffen (können), dürften sie eher für beträchtliche interne<br />
Spannungen sorgen.<br />
(2) Die Lehre<br />
Ohne Zweifel ist die Lehre für die Professoren gleichbedeutend mit einer hohen zeitlichen<br />
Belastung (10 bis 12 Wochenstunden), zumal sie in der Regel die Betreuung umfänglicher,<br />
stark frequentierter Praktika sowie zahlreicher Diplomarbeiten einschließt. Mit den Jahren, so<br />
der Befund, hilft die Routine, diese Anforderung zu bewältigen, ist der inhaltliche Rahmen für<br />
Vorlesungen, Skripte und Praktika weitgehend abgesteckt und in erster Linie im Hinblick auf<br />
aktuelle Wissenschaftsentwicklungen zu überarbeiten.<br />
Alle Professorinnen und Professoren unseres Samples sind sowohl im Grundstudium <strong>als</strong> auch<br />
im Hauptstudium (bzw. in Bachelor- und Masterstudiengängen) engagiert. Im Interesse der<br />
Qualität der Ausbildung sehen die Arrivierten es <strong>als</strong> eine wichtig Aufgabe an, in den großen<br />
Einführungsvorlesungen und Praktika des Grundstudiums und damit von Studienbeginn an<br />
ein Verständnis für das Fach, seine besonderen Anliegen und methodisch-experimentellen<br />
Vorgehensweisen gerade auch selbst zu vermitteln. Wie bereits Fleck vermerkt hat, ist die Initiationsphase<br />
nicht nur für das Verständnis wissenschaftlicher Praxis von zentraler Bedeutung<br />
(vgl. Schäfer/ Schnelle 1999). Zugleich wird hier die Basis für die sozialen Praxen gelegt, die<br />
über Mitgliedschaft, Identität und Verbleib in der community entscheiden (vgl. Beaufays<br />
2003, Engler 2001). So haben es die Arrivierten in einer „anregenden Umgebung“ (Merton<br />
1985: 164) selbst erlebt. Eine solche sollen ihre Studierenden <strong>als</strong> wichtiges Element einer<br />
guten Ausbildung ebenfalls erhalten. Spätestens im Hauptstudium geht damit die Einführung<br />
der Studierenden in die Forschungstätigkeit einher, werden Forschungs- und Lehrtätigkeit<br />
enger miteinander verzahnt:<br />
„Im Vordiplom legt man die Basis, da berichte ich über Dinge, die quasi mit meiner Forschung nichts<br />
zu tun haben (…) und im Hauptstudium, da kann ich dann quasi in meine Forschung einleiten. Also es<br />
bringt nichts, den Leuten Lehrbuchwissen zu vermitteln, sondern die sollen ja Forschungsfragen<br />
angehen. Das war ja auch das, was mich früher fasziniert hat.“<br />
Obwohl die Wissenschaft der Startpunkt der Arrivierten in die Lehre war, sie Lehren nicht<br />
gelernt und allenfalls eine schwache Ahnung von den mit der Lehre verbundenen Anforderungen<br />
hatten, ist sie ein elementarer Bestandteil und wichtiger Bezugspunkt des beruflichen<br />
Selbstverständnisses von arrivierten Biowissenschaftlerinnen geworden:<br />
„Am MIT gab es eine extrem harte, extrem tough(e), manchmal ungenehme, aber extrem beeindruckende<br />
Professorin, die gesagt hat: Der einzige Grund, warum wir unsere Wolkenkuckucksheimspielereien<br />
betreiben dürfen ist, weil wir dadurch Leute für die Gesellschaft ausbilden (…) Die<br />
Lehre steht über der Forschung. Das ist eine Universität, im Gegensatz zu Max-Planck, die einzige<br />
Institution, die sich dazu bekennt.“<br />
Ganz vereinzelt ist in unserem Sample der Fall anzutreffen, dass arrivierte Biowissenschaftler<br />
sich aus ihrer Forschungstätigkeit weitgehend verabschiedet und die Lehre zu ihrer Hauptaufgabe<br />
gemacht haben. In jedem Fall werden institutionelle Veränderungen, die die Lehre<br />
betreffen, sensibel registriert. Insbesondere die derzeit in vollem Gang befindliche Einführung<br />
der Bachelor- und Masterstudiengänge ist ein Vorgang, der alle Gemüter heftig erhitzt:<br />
„Die Exzellenz entsteht nicht dadurch, dass ich vorher ein Bachelor-Papier verfasst habe, was auf drei<br />
Seiten sagt, was in dieser Vorlesung alles dran kommt, klein ziseliert. Es könnte sogar sein, dass ich<br />
nächstes Jahr tatsächlich mal etwas anderes sagen will. Aber ich habe mich vorher festgelegt,<br />
rechtlich, verbindlich für den Studenten. Wenn das nicht drinsteht, dann kann der Student mich<br />
verklagen, weil ich ja jetzt etwas anders mache. Er könnte ja dann eine schlechtere Note kriegen und