14.07.2014 Aufrufe

download als PDF - SOFI

download als PDF - SOFI

download als PDF - SOFI

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Constanze Kurz / Harald Wolf 32<br />

Vor allem ist die Forschungsarbeit auf die Ziele des Unternehmens hin orientiert, und ihr<br />

Erfolg bemisst sich nicht nach dem wissenschaftlichen Reputations- und Währungssystem,<br />

sondern nach wirtschaftlichen Rentabilitätsvorstellungen: „Aber die Währung in Pharma ist ganz<br />

klar, ist Cash. Was zum Schluss zählt, ist Cash.“ Eindeutig restriktiver <strong>als</strong> im Hochschulkontext<br />

sind die zeitlichen Bedingungen unter denen ein potenzieller Wirkstoff zu produzieren ist:<br />

„Forschung in Pharma hat eine Zeitachse, entweder du kannst etwas in einer gewissen Zeitspanne<br />

aussagen oder nicht.“ Unverrückbar ist zudem, dass nicht der arrivierte Biowissenschaftler,<br />

sondern das Pharmaunternehmen entscheidet, wann die Kooperation – möglicherweise früher<br />

<strong>als</strong> ursprünglich vereinbart – beendet ist, sei es aufgrund einer unberechenbaren Unternehmensentscheidung,<br />

sei es, weil die wissenschaftliche Problemlösungskompetenz nicht ausreicht.<br />

Und schließlich stellt sich die nicht eben einfach zu lösende Aufgabe, den Wissenstransfer<br />

in einer Weise zu regeln, die einerseits den Bedürfnissen der Industrie auf Geheimhaltung<br />

und Sicherung intellektueller Eigentumsrechte, anderseits die Befriedigung von<br />

Publikationsinteressen des Arrivierten zulässt:<br />

„Diesen Teil habe ich auch publizieren können, hochrangig. Was ich nicht publizieren konnte, ist<br />

dieses kleine Molekül, der potenzielle nächste Wirkstoff. (…). Das heißt, es gab gewisse Sachen, die<br />

durfte ich nicht erzählen. Die waren aber für mich auch gar nicht wichtig. Weil ich mache die X, ich<br />

mache nicht die Moleküle, das machen meine Kollegen in der Industrie. Ich gucke mir deren Moleküle<br />

mit meinen Methoden an, und diese Methoden mussten entwickelt werden, erstmal, damit man sie<br />

sich überhaupt anschauen kann. Und dazu brauchte es meine Mitarbeiter und mich.“<br />

Die direkte Zusammenarbeit mit der Industrie verlangt vom Arrivierten Verhandlungsgeschick,<br />

professionelles Auftreten, Frustrationstoleranz und ein tieferes Verständnis für die<br />

Sichtweisen und Entscheidungskriterien, die in der Industrieforschung gelten. Hinzu kommt<br />

das Erfordernis, die Arbeits- und Entscheidungsabläufe, die im Hochschullabor üblich sind,<br />

mit denen des Kooperationspartners zu synchronisieren und effizient zu organisieren. Auch ist<br />

im Auge zu behalten, dass unberechenbare Abbruchentscheidungen des Unternehmens<br />

nachteilige Folgen für die MitarbeiterInnen haben können; mit der Folge, dass in Industrieprojekten<br />

in der Regel Postdocs eingesetzt werden, da sie im Unterschied zu Diplomanden<br />

und Doktoranden in Bezug auf ihre wissenschaftlichen Qualifizierungsinteressen nicht<br />

zwingend auf die Weiterführung einer Kooperation angewiesen sind. Kurzum: die<br />

BiowissenschaftlerInnen sind sowohl mit erheblichen manageriellen Herausforderungen <strong>als</strong><br />

auch mit der Notwendigkeit konfrontiert, sich den im Anwendungskontext gelten Normen<br />

anzupassen. Davon betroffen ist nicht nur der Organisationsmodus universitärer Forschung,<br />

sondern auch die (stoffliche) Art des erzeugten Wissens bzw. der erzeugten Forschungsergebnisse,<br />

die direkt in den Innovationsprozess zu überführen sind. Mithin sind die<br />

Leitplanken für eine vergleichsweise kurzfristig orientierte Produkt- und Verfahrensentwicklung<br />

vorgeben, die freilich kaum gezielt stimuliert werden kann und ausgesprochen<br />

riskant ist (vgl. Abschnitt 3.2). Diese Risiken sind für die BiowissenschaftlerInnen zwar nicht<br />

Existenz bedrohend, können sich allerdings negativ auf ihr Forschungsbudget sowie die<br />

langfristige Weiterentwicklung ihres Forschungsansatzes auswirken. Nicht zuletzt geben die<br />

BiowissenschaftlerInnen die Eigentumsrechte an ihren Forschungsergebnissen zumindest in<br />

Teilen an die Industrie ab, was negative Folgen für das wissenschaftliche Reputationsinteresse<br />

und die Reputationsmöglichkeiten mit sich bringen kann.<br />

Die Konflikte, die sich aus den jeweils spezifischen normativen Leitvorstellungen der<br />

industriellen und wissenschaftlichen Wissensproduktion ergeben, scheinen regulierbar zu<br />

sein. Dabei zeichnen sich freilich nicht unerhebliche Verschiebungen des wissenschaftlichen<br />

Normengefüges ab, insbesondere in Bezug auf die Norm des Kommunalismus, die relativiert<br />

wird. Evident ist auch, dass administrative und kalkulatorische Anforderungen durch direkte<br />

Kooperationen mit der Industrie weiter an Gewicht gewinnen. Beides ändert (bislang) wenig<br />

daran, dass die in direkten Kooperationen engagierten BiowissenschaftlerInnen der<br />

Behandlung von wissenschaftlichen Grundlagenproblemen weiterhin einen ausgesprochen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!