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Constanze Kurz / Harald Wolf 30<br />

4.1.4 Transferaktivitäten und Transferorientierungen: „Es gibt nicht<br />

angewandte und Grundlagenforschung, sondern es gibt gute und<br />

schlechte Forschung“<br />

(1) Patentierung<br />

Nur wenige der arrivierten Biowissenschaftler verfügen über ein Patent, der eine oder andere<br />

fasst eine Patentierung ins Auge – zumal der Wegfall des Hochschullehrerprivilegs den<br />

Vorteil bringt, vom Kostenrisiko der Anmeldung und Verwertung befreit zu sein (siehe<br />

Abschnitt 3.3). Das Gros legt keine Patentierungsambitionen an den Tag – entweder, weil<br />

entsprechende Forschungsresultate nicht (oder noch nicht) vorliegen oder die Spezifik des<br />

Forschungsfeldes ein limitierender Faktor ist: „Da sind wir zu weit weg von.“<br />

Die insgesamt gering ausgeprägte Patentierneigung ist nicht allein Ausdruck des besonderen<br />

stofflichen Charakters und der Unplanbarkeiten biowissenschaftlicher Wissensproduktion.<br />

Eine weitere Begrenzung liegt darin, dass Patente keine angemessene Grundlage dafür<br />

abgeben, Prestige und Position im wissenschaftlichen Feld zu festigen. Denn anders <strong>als</strong> im<br />

Wirtschaftssystem, wo Patente Innovations- und Marktvorteile sichern, sind sie im<br />

Wissenschaftssystem ohne Reputationsfunktion, ohne Wert in der Konkurrenz um Anerkennung<br />

und Drittmittel. Nicht zuletzt können Patente, die gerade in den Biowissenschaften auch<br />

Rechte auf Entdeckungen sind, einer ungehinderten Kommunikation <strong>als</strong> dem „vielleicht<br />

wichtigsten sozialen Element für die Rate der Erfindung“ (Merton nach Breithecker-Amendt<br />

1992: 28), entgegenstehen, mithin mit der Norm des Kommunalismus in Konflikt geraten.<br />

Dies taucht in den Erzählungen der Arrivierten eher <strong>als</strong> eine zu akzeptierende<br />

Rahmenbedingung ihrer Forschung auf.<br />

Deutlich ist, dass die Produktion patentierfähigen Wissens für die Arrivierten kein originäres<br />

Handlungsziel ist oder systematische Erfindertätigkeit umfasst. Sie ist viel mehr eine sich<br />

eventuell bietende Gelegenheit, die gewissermaßen <strong>als</strong> Nebenprodukt der Forschungstätigkeit<br />

abfallen kann und selbst dann nicht zwangsläufig zu einer Patentierung führen muss: „Das liegt<br />

mir irgendwie völlig fern.“ Anders gesagt: Es gibt auch die Möglichkeit, den politisch gesetzten<br />

Anspruch einer stärkeren Kommerzialisierung der Forschungsergebnisse zu unterlaufen.<br />

Diejenigen, die Patente/Patentbeteiligungen besitzen oder anstreben, haben daraus bislang<br />

noch keinen nennenswerten Profit ziehen können. Diesen würden sie nicht ausschlagen, sind<br />

von ihm aber in keiner Weise abhängig. Dies schließt ein, dass Arrivierte bei Gelegenheit<br />

ganz gerne damit kokettieren, dass er oder sie möglicherweise schon „steinreich“ wäre, wenn,<br />

ja wenn man sich bietende Gelegenheiten in der Vergangenheit genutzt hätte.<br />

(2) Kooperationen<br />

Seit geraumer Zeit heftig umstritten ist, ob und wie weit sich im Gefolge von Kooperationen<br />

die systemischen Grenzen und die ihnen unterlegten Leitvorstellungen entdifferenzieren (vgl.<br />

Weingart 2001: 210 ff.). Unsere Befunde zeigen, dass es zwischen akademischer und industrieller<br />

Forschung eine Reihe von Kooperationen gibt, die – wie in Abschnitt 3.4 dargelegt –<br />

in Form, Inhalt und Umfang erheblich differieren.<br />

Eine Beraterrolle für die Industrie haben in der Regel nur die wissenschaftlich hoch<br />

renommierten Arrivierten auf Basis persönlicher Kontakte zur Industrie inne. Der Nutzen, den<br />

die Industrie aus der Zertifizierung ihrer Forschung durch die institutionalisierte Wissenschaft<br />

zieht, ist für die Arrivierten nicht eindeutig zu fassen. Greifbarer ist hingegen der ökonomische<br />

Nutzen, den die Arrivierten aus der Beraterfunktion ziehen. Er hält sich in überschau-

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