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Metamorphose

Ausgabe 2011

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»Alexx und ich denken über einen Stil hinaus.<br />

Wir kreieren Atmosphären, Orte und ganze Welten«<br />

Alexx (l.) & Anton, hier inszeniert<br />

von Bernd Preiml. Anton sagt<br />

über den Fotografen, mit ihm<br />

zu arbeiten sei wie zu träumen:<br />

„Alles ist möglich, solange<br />

du es dir vorstellen kannst“<br />

Werk VI . <strong>Metamorphose</strong><br />

> Isst sie allein oder mit Freunden? Welche Musik hört sie? Und<br />

diesen Charakter bringen wir schließlich mit ans Set.<br />

Und bei einem Produkt-Shooting?<br />

Alexx ...versuchen wir genauso eine Atmosphäre zu schaffen<br />

und eine Geschichte zu erzählen. Vielleicht war die Person gerade<br />

noch im Raum oder hat diesen Gegenstand gerade noch<br />

berührt. Es geht darum, den Objekten Leben einzuhauchen.<br />

Dadurch bekommen die Bilder eine gewisse Tiefe.<br />

Macht ihr alles gemeinsam? Oder hat jeder seine Stärken und<br />

Schwächen?<br />

Alexx Grundsätzlich arbeiten wir an jedem Projekt gemeinsam.<br />

Doch meine Stärke ist sicherlich, konzeptionell zu<br />

arbeiten. Das ist vor allem bei Produkt-Shootings oder der<br />

Schaufenstergestaltung wichtig. Anton ist sehr gut, wenn es<br />

um das Styling am Model selbst geht. Er ist in der Lage, in<br />

die unterschiedlichsten ästhetischen Welten einzutauchen<br />

und dem Auftraggeber das zu liefern, was er möchte. Die<br />

Chance, dem Kunden gerecht zu werden, ist gemeinsam sehr<br />

viel größer.<br />

Anton Natürlich haben wir beide unsere eigenen Stärken und<br />

Schwächen. Wir reden jedoch drüber. In unserer Welt dreht<br />

sich alles um Kollaboration. Das gilt auch für uns. Auch wenn<br />

wir sehr gut zusammenarbeiten, bekämpfen sich unsere Ideen<br />

ab und an. Letztendlich sind wir zwei verschiedene Menschen,<br />

die wie einer arbeiten.<br />

Alexx Es ist ein großes Geschenk, jemanden zu haben, mit<br />

dem ich ständig im Dialog bin. Wir stärken einander.<br />

Könnt ihr euren Stylingstil beschreiben? Was macht euch<br />

einzigartig?<br />

Alexx Es gibt Dinge, zu denen wir immer wieder zurückfinden.<br />

Wir schätzen Werte und Qualität. Das heißt nicht, dass<br />

wir ständig in der Vergangenheit wühlen. Wir versuchen immer,<br />

unsere Sicht auf die Dinge mit in die Bilder einfließen<br />

zu lassen. Ein gutes Beispiel ist die Strecke „Le Baron“ für die<br />

deutsche L’Officiel Hommes. Uns gefiel der Gedanke, einen<br />

morbiden Charakter wie den des Barons in einen zeitgenössischen<br />

Kontext zu setzen.<br />

Anton Die Strecke hat kein Verfallsdatum. Wir haben nicht<br />

die Renner der Saison fotografiert, sondern auf die Authentizität<br />

des Charakters geachtet. Uns geht es generell weniger um<br />

Trends. Wir wollen vielmehr ein Gefühl vermitteln. Es geht<br />

um die Stoffe, die Haare, ihre Bewegung im Wind und weniger<br />

darum, ob diese eine Hose geht oder nicht. Um eine gewisse<br />

Ästhetik eben. Unser Ziel ist ein schönes Bild. Wie wir dahin<br />

kommen, ist mir egal.<br />

Was unterscheidet ein gutes von einem schlechten Bild?<br />

Anton Der Unterschied liegt darin, das Model nicht zu verkleiden,<br />

sondern ein reales Gefühl zu kreieren. Man hat gewonnen,<br />

wenn die Models bzw. Objekte das werden, was du<br />

dir vorgestellt hast.<br />

Alexx Manchmal sieht man Bilder, die nichts über den Charakter<br />

des Models aussagen. Das sind Situationen, in denen du<br />

merkst: Das Model ist tatsächlich nur ein Mannequin. Dann<br />

musst du umschalten und in ihren Charakter eintauchen. Wir<br />

suchen nicht nach der offensichtlichen Schönheit, sondern<br />

eher was sich darunter verbirgt.<br />

Anton Zwei der ersten Fotografen, mit denen ich gearbeitet<br />

habe, waren David LaChapelle und Steven Meisel. Ich bin sehr<br />

naiv an die Sache herangegangen. Diese Unvoreingenommenheit<br />

sehe ich heute als großen Bonus.<br />

Alexx Das ist eine Sache, die uns beide stark verbindet. Wenn<br />

wir etwas wollten, haben wir es einfach gemacht. In New York<br />

war es damals möglich, als ausgebildeter Koch zu sagen: „Ich<br />

mache jetzt etwas mit Mode“, und damit dann tatsächlich<br />

erfolgreich zu sein. Das wäre in Deutschland undenkbar gewesen.<br />

Wir beide glauben, dass jeder in der Lage ist, alles zu<br />

können. Auch Dinge, die man nicht gelernt hat. Nicht, was auf<br />

einem Papier steht bestimmt, wer du bist, sondern das, was du<br />

daraus machst.<br />

Ihr arbeitet für Joop, Adidas oder S.Oliver. Wie ist es, für solche<br />

großen und unterschiedlichen Marken zu stylen?<br />

Alexx Wenn wir ein Editorial machen, sind allein wir für<br />

das Team verantwortlich. Arbeitet man aber für Marken wie<br />

S.Oliver, ist der Kunde meist tiefer involviert. Dann versuchen<br />

wir, in die DNA des Kunden einzutauchen und das bestmögliche<br />

Ergebnis zu liefern. Dabei geht es dann nicht immer nur<br />

um unsere Bedürfnisse.<br />

Anton Manchmal muss man sich durchboxen. Aber es ist unser<br />

Ziel, durch jede Tür mit dem gleichen Paket zu kommen.<br />

Wir pushen uns gegenseitig – warum dann nicht auch die anderen?<br />

Dafür werden wir gebucht.<br />

Kann man bei Werbejobs überhaupt kreativ arbeiten?<br />

Alexx Es gab auch schon den Fall, dass ein Kunde für uns eine<br />

bestimmte Tasche produzierte, weil wir unbedingt diese eine<br />

für das Shooting wollten. Das ist jedoch eine Ausnahme. Ansonsten<br />

musst du mit dem arbeiten, was dir geboten wird.<br />

Anton Dieser „McGyver-Aspekt“ macht es für mich gerade<br />

so spannend. Du hast zur Verfügung: ein Gummiband, einen<br />

Rock und eine Papiertüte. Kreiere daraus einen Look. Ich liebe<br />

das. Gewisse Rahmenbedingungen sind manchmal sogar gut.<br />

Wir stehen nicht dafür, etwas komplett Neues zu kreieren, sondern<br />

bereits Existierendem eine neue Bedeutung zu geben. Es<br />

begehrenswert zu machen.<br />

Was bedeutet euch Mode privat?<br />

Anton Für mich ist Mode Dekoration deiner Selbst. Man<br />

muss mit ihr spielen, aber ich schätze vor allem den emotionalen<br />

Aspekt. Kleidung reflektiert Gefühle. Wenn du traurig<br />

bist, kannst du das schönste Kleid anziehen und trotzdem sieht<br />

es nicht gut aus. Fühlst du dich aber gut, kannst du dir eine<br />

braune Papiertüte überziehen und großartig aussehen. Ich hoffe,<br />

dass wir diesen Gedanken in unseren Bildern rüberbringen.<br />

Ganz egal, ob das Model ein Clownskostüm oder ein Büro-<br />

Outfit trägt.<br />

Alexx Ich war schon früh daran interessiert, wie sich Leute<br />

kleiden. Die Art, wie Kleidung gemacht wird. Die Stimmung,<br />

die sie verbreiten kann. Sie sagt viel über einen Menschen aus.<br />

Das Wichtigste ist, dass immer du die Kleidung trägst und<br />

nicht andersherum. Leider sieht man das oft auf der Straße. Die<br />

Menschen bewegen sich anders, wenn sie sich in ihrer Kleidung<br />

unwohl fühlen.<br />

Wie würdet ihr euer persönliches Styling beschreiben?<br />

Alexx Bei mir entwickelte sich schnell ein Bewusstsein, was mir<br />

persönlich gefällt und ich bin eher der Typ, der bei einem Stil<br />

bleibt. Einfach weil ich mich darin wohlfühle. Trotzdem habe<br />

ich noch Freude daran, mich durch Mode auszudrücken. Als ich<br />

jung war, fuhr ich oft in die Stadt und ließ mir Hosen zurücklegen,<br />

die mir gefielen. Ich kam immer wieder und probierte sie<br />

an, bis ich sie mir endlich leisten konnte. Ich denke für dich,<br />

Anton, ist zu viel manchmal gerade gut genug, oder? (lacht)<br />

Anton (lacht) Meine prägenden Jahre waren in einer Stylingwelt,<br />

in der mehr tatsächlich meistens mehr war. Aber ich habe<br />

von Anfang an gelernt, das zu reflektieren. Man kann immer<br />

überladen sein. Aber auf unterschiedliche Art und Weise. Zum<br />

Beispiel kann der Charakter, den wir in unseren Geschichten<br />

kreieren, von Gedanken überladen sein. Letztendlich ist Mode<br />

nicht definierbar. Ich mag, dass sie alles sein kann.<br />

Ihr seid seit acht Jahren in Berlin. Was hält euch hier?<br />

Alexx Ich mag die kreative Freiheit, die dir diese Stadt bietet.<br />

Berlin lässt jeden leben und sein wie er ist. Die Stadt will nicht<br />

so viel von dir und lässt dich eher in Ruhe. Berlin ist immer in<br />

Bewegung und dadurch scheint alles möglich. Es fühlt sich an<br />

wie ein Puzzle, bei dem ständig ein Teil fehlt.<br />

Ist es ganz anders als in Paris oder New York?<br />

Alexx Wir haben nach New York eine Zeit in Paris gelebt und<br />

für mich gibt es einen schönen Vergleich: Mit Paris hast du<br />

eine Affäre. Mit Berlin bist du verheiratet. Letzteres hat etwas<br />

Beständiges und verlangt wenig. Paris hingegen fordert dich<br />

ständig und kostet viel.<br />

Ist dafür aber aufregend...<br />

Alexx Genau. In New York zu leben war ebenfalls eine Herausforderung.<br />

Die Stadt ist voller Energie und kickt dich jeden Tag.<br />

In Berlin liegt die Schönheit eine Schicht tiefer. Hier gibt es viel<br />

Hässlichkeit, in der aber auch wahnsinnig viel Potenzial liegt.<br />

Anton In New York hat dich die Stadt schnell gepackt. Sie<br />

legt das Tempo vor. Nach dieser stressigen Zeit war es schön,<br />

in eine Stadt zu kommen, in der du dein Leben bestimmst, und<br />

nicht dein Leben dich.<br />

Und in Sachen Mode?<br />

Alexx Im Vergleich zu anderen Städten wie<br />

Paris oder Mailand ist Berlin sehr kommerziell.<br />

Die Stadt ist die perfekte Plattform für<br />

günstige Labels oder Denim-Marken. Berlin<br />

sollte niemals versuchen, etwas zu sein, was<br />

es nicht ist. Dafür gibt es schlichtweg keinen<br />

Bedarf.<br />

Anton Eigentlich sind Städte auch nicht<br />

miteinander vergleichbar. Für Berlin ist es<br />

einfach wichtig, etwas Eigenes und Neues zu<br />

werden und nicht eine Kopie von Paris oder<br />

New York. Vergleiche gab es genug. Jetzt ist<br />

es Zeit zu sein.<br />

Für „Arti-Fishal“<br />

ließen sich Alexx<br />

& Anton auch<br />

von Dior Homme<br />

inspirieren<br />

Werk VI . <strong>Metamorphose</strong><br />

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