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Metamorphose

Ausgabe 2011

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das gleiche<br />

ist nicht dasselbe<br />

Mode ist sehr zugänglich geworden.<br />

Aber hilft das, guten Stil zu etablieren?<br />

von Sina Linke<br />

Werk VI . <strong>Metamorphose</strong><br />

Elektronische Klänge ertönen, das Licht<br />

geht an und über den grünen Kunstrasen<br />

laufen Männer in perfekt geschnittenen<br />

karierten Anzügen, Westernhemden und<br />

mit Nieten besetzten Golftaschen über den<br />

Schultern. Die Prada Show für den Sommer<br />

2012 war ein voller Erfolg. Woher ich<br />

das weiß? Ich war dabei. Nicht in Mailand,<br />

aber beim Abendbrot via Livestream vor dem Laptop.<br />

Immer mehr Designer entscheiden sich dafür, ihre<br />

Entwürfe in Echtzeit über das Internet preiszugeben.<br />

Warum auch nicht, denn dank etlicher Modeblogs und<br />

Webmagazine wie Style.com sind die Bilder ohnehin<br />

schon zu sehen, bevor sich der Designer überhaupt vor<br />

seinem Publikum verbeugen konnte. Da zeigt man es<br />

doch lieber gleich selbst. Anschließend kommentieren<br />

junge Modebegeisterte rund um den Globus das Gesehene<br />

im Internet. Ob in Onlinemagazinen oder auf<br />

Mode- oder Streetstyle-Blogs, jeder darf und kann seine<br />

Meinung ins World Wide Web blasen. Dabei spielt es<br />

keine Rolle, ob man ein 15-jähriges Mädchen aus Chicago ist<br />

(Tavi Gevinson) oder die Modechefin der japanischen Vogue<br />

(Anna Dello Russo). Nie zuvor war die Mode so zugänglich.<br />

Ein einziger Mausklick reicht und man bekommt die wichtigsten<br />

Neuigkeiten und die Trends der kommenden Saison.<br />

Aber auch Menschen, die sich nicht für Jil Sander, Gucci und<br />

Prada interessieren, werden nahezu täglich mit High Fashion<br />

konfrontiert, ohne es überhaupt zu wissen. Ein kleiner Stadtbummel<br />

genügt. Denn Zara, Topshop, Mango und H&M haben<br />

in ihren Schaufenstern die neusten Looks aus Paris, Mailand<br />

und New York. Wie das geht? Ganz einfach: durch – sagen wir<br />

mal – Inspiration. Der spanische Modekonzern Zara geht dabei<br />

am auffälligsten vor. Die Trends werden lediglich massentauglich<br />

gemacht – aus Seide wird Polyester und eine transparente<br />

Hose wird blickdicht. Dann gehen die getarnten Designerstücke<br />

weltweit zu Spottpreisen tausendfach über die Ladentheken.<br />

Mode erreicht nicht länger nur einen kleinen, elitären<br />

Kreis – aufgrund von großen Modeketten sind es Millionen<br />

Menschen weltweit geworden. Jeder, der in den<br />

letzten Wochen an einem Schaufenster von Mango oder<br />

Topshop vorbeigelaufen ist, kann sagen, dass man diesen<br />

Sommer viel Farbe trägt. Dass dafür Designhäuser<br />

wie Jil Sander oder Gucci verantwortlich sind, ist dabei<br />

allerdings kaum jemandem bewusst. Schauspieler, Popstars<br />

und It-Girls sind die Multiplikatoren. Durch Zeitschriftenformate<br />

wie InStyle oder inTouch ist es ganz<br />

einfach geworden, deren Stil zu kopieren. Die Outfits<br />

der Stars werden bis ins kleinste Detail analysiert, damit<br />

die Leserschaft die teuren Designerlooks mit günstigen<br />

Alternativen von Zara und Co. nachstylen kann. Get the<br />

look – so steigern die Bekleidungsketten ihre Umsätze.<br />

Aber im Wettstreit um steigende Verkaufszahlen<br />

kann man auch einen anderen Weg wählen. Anstatt<br />

zu imitieren, schmückt man sich bei H&M lieber mit<br />

dem Namen des Designers. Kollektionen von u.a. Karl<br />

Lagerfeld, Stella McCartney, Alber Elbaz und Roberto<br />

Cavalli sorgen jährlich für einen Ansturm auf die Bekleidungskette.<br />

Die Grenzen zwischen Massen- und Designermode verschwimmen.<br />

Denn es wird nicht kopiert, es wird vom Designer<br />

direkt dafür entworfen. Wie von Donatella Versace, deren Visionen<br />

für die breite Öffentlichkeit ab dem 17. November 2011<br />

in ausgewählten H&M-Filialen hängen werden. Versace-Fans<br />

und solche, die es lieben, ein Luxuslabel zu tragen, werden an<br />

diesem Tag wieder für Rekordumsätze sorgen. Und die Designer?<br />

Die steigern ihren Bekanntheitsgrad.<br />

Ein Kleid von Lanvin for H&M im Schrank und bei einer<br />

Modenschau bequem von der Couch aus dabei sein – die<br />

Mode hat sich gewandelt. Sie ist offener und zugänglicher<br />

geworden. Eine Entwicklung, von der vor allem der gute<br />

Geschmack profitieren könnte. Ob wir dadurch in Zukunft<br />

weniger Modesünden auf Deutschlands Straßen zu sehen bekommen?<br />

Hoffentlich!<br />

Fotocredit<br />

Werk VI . <strong>Metamorphose</strong><br />

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