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musicals – Das Musicalmagazin

Heft 166 (April / Mai 2014)

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undblick<br />

Foto: Dan Schneider<br />

Foto: Dan Schneider<br />

Foto: Matthias Stutte<br />

Foto: Hagen König<br />

‘Die letzten 5 Jahre’ in Hamburg:<br />

Linda Stark (Cathy)<br />

‘Die letzten 5 Jahre’ in Hamburg:<br />

Sascha Kurth (Jamie)<br />

‘The Black Rider’ in Krefeld: vorne v.l.n.r. Henrike Hahn (Käthchen),<br />

Adrian Linke (Stelzfuß) und Daniel Minetti (Bertram)<br />

‘Annie Get Your Gun’ in Radebeul: vorne Michael<br />

König (Frank Butler) und Susanne Engelhardt (Annie)<br />

Krefeld<br />

Radebeul<br />

Matberg sich hiervon abwendet, bleibt fraglich.<br />

<strong>Das</strong>s sich das Paar in der Mitte der<br />

Handlung in einem Boot zur Hochzeit trifft<br />

<strong>–</strong> Jamie kommt allein, Cathy steigt dazu,<br />

nach dem Duett steigt Jamie aus und Cathy<br />

fährt allein weiter <strong>–</strong>, ist hingegen szenisch<br />

sehr gelungen.<br />

Sascha Kurth bringt von der ersten Sekunde<br />

an die volle Lebensenergie von Jamie über<br />

die Rampe. Man glaubt ihm, wie sehr er<br />

Cathy liebt, kauft im die Leidenschaft für<br />

seinen Traum, ein erfolgreicher Buchautor<br />

zu werden, ab und kann sogar verstehen,<br />

warum er sich sukzessive aus der Beziehung<br />

zurückzieht. Stimmlich und auch in seiner<br />

Gestik erinnert er anfänglich stark an Patrick<br />

Stanke, der dieselbe Rolle 2005 in<br />

Wuppertal gespielt hat. Im Laufe des<br />

Abends gelingt es ihm aber, der Figur eine<br />

eigene Facette zu geben.<br />

Linda Stark hat eine wunderschöne, warme<br />

Stimmfarbe. Leider erreicht sie die hohen<br />

Partien der Rolle kaum und überspielt dieses<br />

Manko mit Lautstärke. Dadurch wirkt<br />

Cathy wesentlich weniger verletzlich. Ihre<br />

Lebensfreude zum Ende des Stücks wirkt etwas<br />

aufgesetzt. Durch die klare Abmischung<br />

von Starks Gesang wirkt Cathy um<br />

ein Vielfaches härter als notwendig. Bei<br />

Kurth hingegen hat die Tontechnik hervorragende<br />

Arbeit geleistet. Er muss nicht gegen<br />

die Band ansingen und überzeugt auch<br />

in den leisen, gefühlvollen Stücken.<br />

Die Band spielt Jason Robert Browns<br />

schwungvolle Kompositionen sehr akkurat.<br />

Die Streicher erzeugen in den richtigen Momenten<br />

Gänsehaut, während Gitarre und<br />

Keyboard für Energie und Druck sorgen.<br />

Insgesamt ist ‘Die letzten 5 Jahre’ im<br />

Sprechwerk eine gelungene Inszenierung,<br />

die es dem Publikum jedoch zu leicht<br />

macht. Dadurch verliert das Stück das gewisse<br />

Etwas, egal wie sehr die Protagonisten<br />

auch überzeugen mögen.<br />

Michaela Flint<br />

The Black Rider<br />

Theater<br />

Stattliche 24 Jahre nach der Hamburger<br />

Uraufführung von Tom Waits', Robert<br />

Wilsons und William S. Burroughs' ‘The<br />

Black Rider’ ist es gar nicht mehr so einfach,<br />

diesem postmodernen Klassiker neue<br />

Seiten abzugewinnen. Regisseur Frank<br />

Matthus geht die Aufgabe betont entspannt<br />

an <strong>–</strong> und gewinnt vielleicht gerade deshalb.<br />

Man hat den Neuzeit-‘Freischütz’ auf deutschen<br />

Stadttheaterbühnen sicher schon<br />

schriller, absurder und ausgelassener gesehen<br />

als in Krefeld. Doch sich auf dieses<br />

Rennen einzulassen, hätte vermutlich in<br />

die Irre geführt. Stattdessen gelingt es Matthus,<br />

mit einem vor Spielfreude sprühenden<br />

Ensemble das Wesen des ‘Black Riders’<br />

freizulegen. Alles ist Jahrmarkt, alles ist<br />

Geisterbahn <strong>–</strong> aber allzu ernst sollte man<br />

des Lebens Tragik dann doch nicht nehmen.<br />

<strong>Das</strong> wird perfekt unterstützt vom<br />

grellen Rummel, den Johanna Maria Burkharts<br />

Bühne auffährt, und auch von Maske<br />

und Kostüm, für die sie ebenfalls verantwortlich<br />

zeichnet. Weiß geschminkt mit<br />

überbetonten Augen, erscheinen die Handelnden<br />

wie irre Clowns, denen die Choreografie<br />

von Ralph Frey dazu noch permanent<br />

linkische Bewegungen verordnet. Auf diesem<br />

Silbertablett holen die Hauptdarsteller<br />

den Triumph grandios nach Hause. Adrian<br />

Linke findet als Stelzfuß den rechten Mix<br />

aus etwas Bedrohlichkeit und viel Revuequalität.<br />

Henrike Hahn als Käthchen und<br />

Paul Steinbach als Wilhelm schaffen hinreißend<br />

komisch-romantische Duett-<br />

Momente. Daniel Minettis Bertram und<br />

Esther Keils Anne begeistern als hart am<br />

Wahnsinn rotierendes Försterehepaar. Alle<br />

miteinander überzeugen auch gesanglich<br />

und kosten so gemeinsam mit der erstklassigen<br />

Kill Young Devil Band unter Leitung<br />

von Jochen Kilian Waits' schaurig-schönen<br />

Vaudeville-Rock aus. Dieser ‘Black Rider’<br />

lohnt sich für Einsteiger und Wiederholungstäter.<br />

Torsten Zarges<br />

Annie Get Your Gun<br />

Landesbühnen Sachsen<br />

<strong>Das</strong>s auf mich eine Zeitreise warten würde,<br />

damit hatte ich nicht gerechnet, als ich<br />

nach Radebeul aufbrach, um mir Irving<br />

Berlins Klassiker ‘Annie Get Your Gun’ aus<br />

dem Jahr 1946 anzusehen. Doch bei den<br />

Landesbühnen Sachsen scheint die Zeit<br />

stillzustehen. Wer sich also ansehen möchte,<br />

wie man Musicals an deutschen Stadttheatern<br />

vor <strong>–</strong> sagen wir einmal <strong>–</strong> 50 Jahren<br />

aufführte (Musicals als Operette nämlich),<br />

der mache sich auf. Sehr interessant,<br />

sehr desillusionierend.<br />

‘Annie Get Your Gun’ ist jenes Stück mit<br />

der strahlenden Hymne auf das amerikanische<br />

Show-Biz “There's no business like<br />

show-business …”. Doch mit Show-Business<br />

hatte die Inszenierung des Intendanten Manuel<br />

Schöbel nichts zu tun. Der lange Abend<br />

war weder lustig noch anrührend noch<br />

sonst wie packend. Er war schlichte deutsche<br />

Stadttheater-Routine der alten Art, ohne<br />

Idee und Grund. Bei der Fülle bekannter<br />

Melodien scheint es unwichtig gewesen zu<br />

sein, dass die Geschichte die typische<br />

Nachkriegsbotschaft bereithält: Frau, mach<br />

dich dümmer, als du bist, wenn du geheiratet<br />

werden willst. Ohnehin hat der Regisseur<br />

sich offenbar nicht entscheiden können,<br />

ob er die Handlung über die Kommerzialisierung<br />

des Wilden Westens mit seinen<br />

Cowboys und Indianern, den Colts und Federhauben,<br />

der Kriegsbemalung und dem<br />

Tamtam ernst nehmen oder vielleicht doch<br />

lieber parodieren sollte. Schwamm drüber,<br />

nicht wichtig, ist doch nur ein Musical, inszeniert,<br />

um das regionale Publikum zu unterhalten.<br />

Zur dramaturgischen Wurstigkeit passte<br />

die Besetzung. Als Interpreten standen für<br />

die Hauptpartien vorwiegend die Sänger<br />

und Sängerinnen aus dem Opernensemble<br />

zur Verfügung, angereichert durch den<br />

Opernchor (Bürger, Showgäste, Indianer)<br />

und das Ballett. Musicaldarsteller sucht<br />

man auf der Bühne vergeblich. Und so<br />

war's dann leider auch. Von dem Berühren-<br />

<strong>musicals</strong> 04.14<br />

www.<strong>musicals</strong>-magazin.de<br />

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