musicals – Das Musicalmagazin
Heft 166 (April / Mai 2014)
Heft 166 (April / Mai 2014)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
st.gallen<br />
wie etwa die geheimnisvolle Insel Avalon<br />
oder die Gralssuche, bleiben ebenfalls außen<br />
vor. Hinsichtlich der Frage, unter welchem<br />
Leitgedanken die Geschichte erzählt werden<br />
soll, haben sie sich für eine sehr brave Variante<br />
entschieden. Aus nicht nachvollziehbaren<br />
Gründen lässt Wildhorn trotz des Erfolges<br />
seines ganz und gar dramatisch endenden<br />
Erstlings ‘Jekyll & Hyde’ viele seiner<br />
Werke auf Happy End bürsten. Diese Artus-Version<br />
ist weit entfernt von einem tiefschürfenden<br />
und psychologisierenden mythischen<br />
Drama, wie es etwa John Boormans<br />
filmisches Meisterwerk ‘Excalibur’ darstellt.<br />
Außer, dass es eben die bösen Kräfte zu besiegen<br />
gilt, ist in dieser Artus-Welt vieles in<br />
Ordnung. In etlichen Varianten des Stoffes<br />
ist es etwa so, dass Guinevere Lancelot tatsächlich<br />
liebt, während sie an Artus nur dessen<br />
Herrschaftsideal von edler Gesinnung<br />
und Ritterlichkeit schätzt. Da Lancelot in<br />
dieser Fassung kein Ritter aus Frankreich,<br />
sondern ein Jugendfreund Artus' ist, wäre<br />
dieser Umstand sogar ungleich tragischer<br />
für den Titelhelden. Hier wird das Liebesverhältnis<br />
von Guinevere und Lancelot jedoch<br />
als eine Art “Liebesunfall” geschildert,<br />
der im Nachhinein <strong>–</strong> Reue der beiden Beteiligten<br />
vorausgesetzt <strong>–</strong> auch wieder korrigiert<br />
werden kann. Von Endzeitstimmung,<br />
die der Stoff auch in sich trägt, also keine<br />
Spur <strong>–</strong> dementsprechend thematisiert diese<br />
Adaption auch nicht das Aufeinanderprallen<br />
von heidnischer und christlicher Kultur. Für<br />
diesen Konflikt steht eigentlich Merlin,<br />
Grenzgänger zwischen dies- und jenseitiger<br />
Welt. Hier muss er sich jedoch mit den irdischen<br />
Verführungskünsten Morganas auseinandersetzen,<br />
denen er nach anfänglicher<br />
Standhaftigkeit schließlich doch noch nachgibt<br />
und daraufhin seine Gabe des zweiten<br />
Gesichts verliert, wodurch er entkräftet dieser<br />
Welt entfliehen muss. Keine schlechte<br />
Idee eigentlich, doch steht sie dem Merlin<br />
dieser Fassung, der um die menschlichen<br />
Schwächen nur allzu gut weiß und zuvor<br />
keinerlei menschgeartete Regung an den<br />
Tag legt, ein wenig schlecht zu Gesicht <strong>–</strong><br />
diese Wendung hätte man besser vorbereiten<br />
müssen, um sie nachvollziehbar und<br />
glaubhaft zu gestalten.<br />
Fotos Mitte: v.l.n.r. Annemieke van Dam (Guinevere), Thomas Borchert (Merlin) und Sabrina Weckerlin<br />
(Morgana); Foto unten: Patrick Stanke (Artus; vorne) und Sabrina Weckerlin (Morgana; rechts außen)<br />
Versucht man, das musikalische Werk von<br />
Frank Wildhorn in unterschiedliche Schaffensphasen<br />
einzuteilen, kristallisieren sich<br />
drei wesentliche Abschnitte heraus. In der<br />
ersten Phase hörte sich Wildhorn immer<br />
nach Wildhorn an, später fand er Gefallen<br />
daran, sich spielerisch anderen Musikstilen<br />
oder Komponisten zu nähern <strong>–</strong> ‘Wonderland’<br />
ist ein Musterbeispiel hierfür. Aktuell<br />
versucht er tatsächlich, für jedes Werk eine<br />
unverwechselbare musikalische Ausdrucksform<br />
zu finden <strong>–</strong> ‘Tears Of Heaven’ etwa ist<br />
solch ein Werk und auch ‘Artus <strong>–</strong> Excalibur’<br />
überzeugt durch Eigenständigkeit. Damit<br />
ist noch nicht einmal das ornamentale Beiwerk<br />
der Instrumentierung gemeint, mit<br />
der seine Kompositionen je nach Handlungsort<br />
mit ostasiatischen oder nun in diesem<br />
Fall mit keltischen Klängen ausgeschmückt<br />
werden. Vielmehr ist es so, dass<br />
sich seine Songs nun in einem weitaus<br />
größeren Maße auf die dramaturgische Situation<br />
einlassen und Wildhorn inzwischen<br />
auch einen bedachteren Umgang mit seinen<br />
Notenfolgen pflegt <strong>–</strong> Doppelungen, wie sie<br />
früher immer wieder stückübergreifend zu<br />
beobachten waren, gibt es in dieser Form<br />
nicht mehr.<br />
Schon der Beginn dieses Werkes ist einnehmend<br />
<strong>–</strong> der leitmotivische Song “<strong>Das</strong> Feld<br />
der Ehre” führt stimmungsvoll in die Geschichte<br />
ein, wobei der Begriff “Ehre” in<br />
Verbindung mit einem Schlachtfeld wohl<br />
einer typisch amerikanischen Sicht dieser<br />
Welt geschuldet sein dürfte. Gemäß dem<br />
dem Stück vorangestellten Motto “Enjoy<br />
the legend” liefern rockige Up-Tempo-<br />
Songs wie etwa “Schwert und Stein” den<br />
perfekten Soundtrack für eine klassische<br />
Abenteuer- und Heldengeschichte. Immer,<br />
wenn Merlin ins Spiel kommt, verfügt die<br />
Musik hingegen über dramatische Bedeu-<br />
6 www.<strong>musicals</strong>-magazin.de<br />
<strong>musicals</strong> 04.14