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musicals – Das Musicalmagazin

Heft 166 (April / Mai 2014)

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st.gallen<br />

wie etwa die geheimnisvolle Insel Avalon<br />

oder die Gralssuche, bleiben ebenfalls außen<br />

vor. Hinsichtlich der Frage, unter welchem<br />

Leitgedanken die Geschichte erzählt werden<br />

soll, haben sie sich für eine sehr brave Variante<br />

entschieden. Aus nicht nachvollziehbaren<br />

Gründen lässt Wildhorn trotz des Erfolges<br />

seines ganz und gar dramatisch endenden<br />

Erstlings ‘Jekyll & Hyde’ viele seiner<br />

Werke auf Happy End bürsten. Diese Artus-Version<br />

ist weit entfernt von einem tiefschürfenden<br />

und psychologisierenden mythischen<br />

Drama, wie es etwa John Boormans<br />

filmisches Meisterwerk ‘Excalibur’ darstellt.<br />

Außer, dass es eben die bösen Kräfte zu besiegen<br />

gilt, ist in dieser Artus-Welt vieles in<br />

Ordnung. In etlichen Varianten des Stoffes<br />

ist es etwa so, dass Guinevere Lancelot tatsächlich<br />

liebt, während sie an Artus nur dessen<br />

Herrschaftsideal von edler Gesinnung<br />

und Ritterlichkeit schätzt. Da Lancelot in<br />

dieser Fassung kein Ritter aus Frankreich,<br />

sondern ein Jugendfreund Artus' ist, wäre<br />

dieser Umstand sogar ungleich tragischer<br />

für den Titelhelden. Hier wird das Liebesverhältnis<br />

von Guinevere und Lancelot jedoch<br />

als eine Art “Liebesunfall” geschildert,<br />

der im Nachhinein <strong>–</strong> Reue der beiden Beteiligten<br />

vorausgesetzt <strong>–</strong> auch wieder korrigiert<br />

werden kann. Von Endzeitstimmung,<br />

die der Stoff auch in sich trägt, also keine<br />

Spur <strong>–</strong> dementsprechend thematisiert diese<br />

Adaption auch nicht das Aufeinanderprallen<br />

von heidnischer und christlicher Kultur. Für<br />

diesen Konflikt steht eigentlich Merlin,<br />

Grenzgänger zwischen dies- und jenseitiger<br />

Welt. Hier muss er sich jedoch mit den irdischen<br />

Verführungskünsten Morganas auseinandersetzen,<br />

denen er nach anfänglicher<br />

Standhaftigkeit schließlich doch noch nachgibt<br />

und daraufhin seine Gabe des zweiten<br />

Gesichts verliert, wodurch er entkräftet dieser<br />

Welt entfliehen muss. Keine schlechte<br />

Idee eigentlich, doch steht sie dem Merlin<br />

dieser Fassung, der um die menschlichen<br />

Schwächen nur allzu gut weiß und zuvor<br />

keinerlei menschgeartete Regung an den<br />

Tag legt, ein wenig schlecht zu Gesicht <strong>–</strong><br />

diese Wendung hätte man besser vorbereiten<br />

müssen, um sie nachvollziehbar und<br />

glaubhaft zu gestalten.<br />

Fotos Mitte: v.l.n.r. Annemieke van Dam (Guinevere), Thomas Borchert (Merlin) und Sabrina Weckerlin<br />

(Morgana); Foto unten: Patrick Stanke (Artus; vorne) und Sabrina Weckerlin (Morgana; rechts außen)<br />

Versucht man, das musikalische Werk von<br />

Frank Wildhorn in unterschiedliche Schaffensphasen<br />

einzuteilen, kristallisieren sich<br />

drei wesentliche Abschnitte heraus. In der<br />

ersten Phase hörte sich Wildhorn immer<br />

nach Wildhorn an, später fand er Gefallen<br />

daran, sich spielerisch anderen Musikstilen<br />

oder Komponisten zu nähern <strong>–</strong> ‘Wonderland’<br />

ist ein Musterbeispiel hierfür. Aktuell<br />

versucht er tatsächlich, für jedes Werk eine<br />

unverwechselbare musikalische Ausdrucksform<br />

zu finden <strong>–</strong> ‘Tears Of Heaven’ etwa ist<br />

solch ein Werk und auch ‘Artus <strong>–</strong> Excalibur’<br />

überzeugt durch Eigenständigkeit. Damit<br />

ist noch nicht einmal das ornamentale Beiwerk<br />

der Instrumentierung gemeint, mit<br />

der seine Kompositionen je nach Handlungsort<br />

mit ostasiatischen oder nun in diesem<br />

Fall mit keltischen Klängen ausgeschmückt<br />

werden. Vielmehr ist es so, dass<br />

sich seine Songs nun in einem weitaus<br />

größeren Maße auf die dramaturgische Situation<br />

einlassen und Wildhorn inzwischen<br />

auch einen bedachteren Umgang mit seinen<br />

Notenfolgen pflegt <strong>–</strong> Doppelungen, wie sie<br />

früher immer wieder stückübergreifend zu<br />

beobachten waren, gibt es in dieser Form<br />

nicht mehr.<br />

Schon der Beginn dieses Werkes ist einnehmend<br />

<strong>–</strong> der leitmotivische Song “<strong>Das</strong> Feld<br />

der Ehre” führt stimmungsvoll in die Geschichte<br />

ein, wobei der Begriff “Ehre” in<br />

Verbindung mit einem Schlachtfeld wohl<br />

einer typisch amerikanischen Sicht dieser<br />

Welt geschuldet sein dürfte. Gemäß dem<br />

dem Stück vorangestellten Motto “Enjoy<br />

the legend” liefern rockige Up-Tempo-<br />

Songs wie etwa “Schwert und Stein” den<br />

perfekten Soundtrack für eine klassische<br />

Abenteuer- und Heldengeschichte. Immer,<br />

wenn Merlin ins Spiel kommt, verfügt die<br />

Musik hingegen über dramatische Bedeu-<br />

6 www.<strong>musicals</strong>-magazin.de<br />

<strong>musicals</strong> 04.14

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