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musicals – Das Musicalmagazin

Heft 166 (April / Mai 2014)

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ausbildung<br />

The Drowsy Chaperone<br />

Konservatorium Wien Privatuniversität, Wien<br />

Nach der Deutschland-Premiere in Hof im vergangenen April<br />

stellte sich ‘The Drowsy Chaperone’ nun auch in Österreich erstmals<br />

vor: Der 2. und 3. Jahrgang des Studiengangs Musikalisches<br />

Unterhaltungstheater am Konservatorium Wien nahmen sich dieser<br />

Show an und bereiteten daraus einen Abend, der auch den Zusehern<br />

ohne Familien- oder Freundesbande zu den Darstellern einen<br />

Riesenspaß bereitete.<br />

Als Persiflage und gleichzeitige Hommage an die Broadway-Musicals<br />

der 20er-Jahre entwickelte sich ‘The Drowsy Chaperone’ von<br />

einem Hochzeitsgeschenk an einen Musical-Freak zu einem der<br />

überraschendsten Broadway-Hits der letzten Jahrzehnte (fünf<br />

Tonys und 13 Nominierungen!). Der Abend steht und fällt mit<br />

dem “Mann im Sessel”, einem verhaltensauffälligen Fan längst vergessener<br />

Shows. Um dem für ihn so unbefriedigenden Alltag zu<br />

entgehen, gestaltet er sich in seinem New Yorker Apartment eine<br />

eigene Welt u.a. aus alten »<strong>musicals</strong>«-Ausgaben und Schallplatten.<br />

Als er sich eine seiner Lieblingsshows, ‘The Drowsy Chaperone’,<br />

wieder einmal anhört, finden sich nach und nach die Darsteller<br />

daraus in seinem Wohnzimmer wieder, so etwa die Titelfigur der<br />

beschwipsten Anstandsdame und deren Nichte, der Bühnenstar Janet<br />

van de Graaff, die ihre Bühnenkarriere zugunsten der Hochzeit<br />

mit dem Schönling Robert Martin aufgeben will. Doch der Abend<br />

vor der Hochzeit führt ins Chaos, mit daran beteiligt sind ein vergesslicher<br />

Trauzeuge, ein Impressario mit einer minderbemittelten<br />

Freundin, zwei Gangster, die als Bäcker posieren, ein weiblicher<br />

Pilot, der durchs Zimmer fliegt, und so weiter.<br />

Wie in den 20er-Jahren dürfen die Darsteller dieser Rollen ihre<br />

Spezialnummern ohne Rücksicht auf die Handlung spielen, Tiefgang<br />

oder Logik sind nicht angesagt. Was diese Show von anderen<br />

Parodien dieser altertümlichen<br />

Musicalkonzepte wie etwa ‘The<br />

Boyfriend’ abhebt, ist eben die<br />

Person des “Mannes im Sessel”,<br />

der uns mit urkomischen Betrachtungen<br />

durch den Abend<br />

führt.<br />

Die Originalbesetzung vom<br />

Broadway (Bob Martin, Beth<br />

Leavel und Sutton Foster) blieb<br />

sowohl auf Tour als auch in<br />

London unerreicht, was der<br />

Show in späteren Produktionen<br />

etwas an Wirkung nahm. In<br />

Hof im letzten Jahr stand mit<br />

Karsten Jesgarz ein wunderbarer<br />

“Mann im Sessel” auf der<br />

Bühne, andere Rollen waren<br />

nicht gleichermaßen gut besetzt.<br />

Aber das darf auch nicht<br />

verwundern, schließlich sind<br />

Darsteller mit dem nötigen<br />

Flair für Vaudeville schon in<br />

Amerika nicht mehr leicht zu<br />

finden.<br />

Doch die Show in Wien hatte<br />

von Beginn an keine Entschuldigungen<br />

nötig, die 105 Minuten<br />

ohne Pause vergingen wie<br />

im Flug. Natürlich waren nicht<br />

alle Rollen <strong>–</strong> nicht zuletzt aus<br />

Altersgründen <strong>–</strong> hundertprozentig<br />

gedeckt, doch ich habe<br />

in den letzten Jahren schon genügend<br />

professionelle Shows<br />

gesehen, die gegen diese<br />

Schulaufführung absackten.<br />

Wunderbar vor allem Ulrike<br />

Hallas als kieksendes Dummchen<br />

Kitty, das keinen Lacher<br />

liegen ließ, sowie David Rod -<br />

riguez-Yanez als lächerlicher “Latin<br />

Lover” Aldolpho. Ebenfalls<br />

mehr als nur rollendeckend, da<br />

mit wunderbarem Stepptanz<br />

und Rollschuhtalent auftrumpfend:<br />

Adrien Papritz als Robert<br />

Martin. Kimberly Reidl als Janet<br />

van de Graaff hätte sicher beweisen<br />

können, dass die Choreografie<br />

ihrer Nummer<br />

“Schlicht” gegenüber dem Original<br />

nicht unbedingt derart<br />

vereinfacht hätte werden müssen.<br />

Daniel Tejeda Saenz und<br />

Jantus Philaretou als die beiden<br />

Gangster ließen keinen der<br />

fürchterlichen Kalauer aus, Nicolas<br />

Huart war ein angepasst<br />

trockener Butler Underling,<br />

Laura Friedrich Tejedo würde ich<br />

gerne in einer noch größeren<br />

Rolle als der der Fliegerin Trix<br />

sehen. Ebenfalls durchgehend<br />

Fotos: Rolf Bock<br />

Foto oben links: Niklas-Sven Kerck (Mann im Sessel; Mitte)<br />

Foto unten: Niklas-Sven Kerck (Mann im Sessel)<br />

Foto oben rechts: Glenna Weber (Drowsy Chaperone)<br />

Foto unten: Kimberly Reidl (Janet van de Graaff; rechts)<br />

44 www.<strong>musicals</strong>-magazin.de<br />

<strong>musicals</strong> 04.14

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